Torggler, Stadtrecht und Stadtgericht in Klagenfurt (1937) :: Transkription Speer 2010

Torggler, Stadtrecht und Stadtgericht in Klagenfurt (1937) :: Transkription Speer 2010

Inhaltsverzeichnis

[Seite: Titel] [=> Seite]

Dr. Karl Torggler, Stadtrecht und Stadtgericht in Klagenfurt. Beiträge zur Geschichte des Verfahrensrechtes in den österreichischen Alpenländern. [Klagenfurt 1937] :: Elektronische Edition 2010. Aktualisierung 18. Januar 2017

[Seite: S. V] [=> Seite]

Vorwort.

Das Gerichtsverfahren in Klagenfurt ist tief in die Neuzeit hinein durch das Nebeneinanderbestehen zweier Instanzen, Stadtrecht und Stadtgericht, gekennzeichnet. Das erste bietet in Zusammensetzung und Verfahren das Bild eines deutschen mittelalterlichen Gerichtes, das zweite ist stark vom gemeinen Rechte beeinflußt. Die vorliegende Arbeit umspannt einen Zeitraum von rund 250 Jahren, beginnend mit dem Zeitpunkte, von dem an Gerichtsprotokolle erhalten sind, bis zu den Josephinischen Justizreformen. Sie will das Eindringen des gemeinen Rechtes in das deutschrechtliche Gerichtsverfahren einer Kleinstadt und die Verarbeitung dieser Lehren schildern. Klagenfurt ist in zweifacher Hinsicht hiefür geeignet: einerseits erfolgte die Rezeption des römisch-kanonischen Prozesses in den österreichischen Alpenländern und besonders in Kärnten allmählich gegenüber einem zähen Widerstande des einheimischen Gerichtsbrauches, so daß sich die mittelalterlichen Verfahrensformen lange in großer Reinheit erhielten. Anderseits sind für Klagenfurt wenn auch nicht lückenlose, so doch ausreichende Quellen vorhanden, während die Archive der wichtigsten Gerichte in Kärnten, des Landrechtes und der Landeshauptmannschaft, verlorengingen. Das Fehlen beinahe jeglicher Nachrichten und die Ungeklärtheit wichtiger Fragen (z.B. des Verhältnisses zwischen Land- und Hoftaiding) verbot hingegen, den Beginn der Darstellung früher anzusetzen.

In erster Linie wurden die Klagenfurter Archive (Stadt Klagenfurt, Kärntner Landesarchiv, Geschichtsverein für Kärnten) benützt. Das Wiener Staatsarchiv lieferte einige wertvolle Nachrichten. Die im Grazer Landesregierungsarchiv erliegenden Prozeßakten konnten nur zum geringen Teile verwertet werden, obwohl die Grazer Regierung seit 1564 die oberste Instanz für die Klagenfurter Zivilgerichte war. Die Appellationsakten sind nicht erhalten, die Restitutionsakten infolge der Registrierungsweise der Regierung beinahe unbenutzbar. Es sind zwar die Akten in den Repertorien der verschiedenen Unterabteilungen (Gutachten, Expedita, Expeditum, Copeyen, vgl. Inventar des steiermärkischen Statthaltereiarchives in Graz, Wien 1918, 27) innerhalb der einzelnen Monate des betreffenden Jahres unter den Namen der beteiligten Parteien zu finden, doch fehlt jeder Hinweis, aus welchem Gebiete sie stammen. Infolgedessen konnten nur jene Akten bearbeitet werden, die bekannte Klagenfurter [Seite: S. VI] [=> Seite] Parteien betreffen. Dagegen war es möglich, für die Theresianische Zeit eine Anzahl Akten allgemeinen Inhaltes auszubeuten.

Der Schlußabschnitt soll das Verhältnis des Klagenfurter Verfahrens zum deutschrechtlichen und zum gemeinen Zivilprozesse und besonders zur Entwicklung des Rechtsganges in den Alpenländern der innerösterreichischen (Steiermark, Kärnten, Krain) und niederösterreichischen Gruppe (diese Länder sowie Nieder- und Oberösterreich) klarlegen. Dieser Versuch wurde dadurch erschwert, daß schon dem mittelalterlichen Verfahren Süddeutschlands nicht annähernd jene Bearbeitung zuteil wurde wie dem Gebiete des Sachsenspiegelrechtes und auch in zusammenfassenden Werken die süddeutschen Verhältnisse meistens nur stiefmütterlich behandelt wurden. Für die Neuzeit fehlt den österreichischen Alpenländern (mit Ausnahme einiger älterer Arbeiten von Schenk, Chorinsky, Menger, die sich meistens mit Einzelfragen befassen) eine wissenschaftliche Behandlung des Zivilprozesses bis zu den Josephinischen Reformen völlig. Es mußte daher weitgehend auf die vorhandenen Prozeßordnungen und das zeitgenössische Schrifttum zurückgegriffen werden. Ich hoffe damit in gewisser Beziehung einen allerdings dürftigen Ersatz für die fehlende zusammenfassende Darstellung des Rechtsganges in den niederösterreichischen Ländern während der Neuzeit bis zur allgemeinen Gerichtsordnung von 1781 zu geben.

Ersparnisgründe nötigten im übrigen zur äußersten Beschränkung bei Angabe der benützten Quellen. Es wurden im allgemeinen aus den Protokollen nur die jeweils ältesten Belegstellen und auch sie nur mit dem Datum und nicht der Band- und Blattzahl angeführt. Eine allfällige Überprüfung ist trotzdem möglich, da auch in späterer Zeit die Anzahl der Rechtsstreite nicht so groß war, daß man nicht an Hand dieser Angabe die fragliche Stelle finden kann.

Die wichtige gereimte Schilderung des Stadtrechtsverfahrens wurde von mir mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften in Wien unter dem Titel "Das Klagenfurter Stadtrecht in Reimen" (Archiv f. vaterl. Geschichte u. Topographie, Jhg. 22, Klagenfurt 1927) mit Erläuterungen herausgegeben. Meine "Darstellungen des Kärntner Rechtes und Rechtsganges" (ebendort, Jhg. 24/25, Festgabe für Dr. Martin Wutte, Klagenfurt 1936) geben einen Überblick über die Schilderungen des einheimischen Rechtsganges während des hier behandelten Zeitraumes.

Betont muß werden, daß das Klagenfurter Gerichtsverfahren in keiner Weise von slawischen Rechtsgedanken beeinflußt wurde, obwohl es sich um eine Grenzstadt im gemischtsprachigen Gebiete handelte. Die slowenische Bevölkerung beherrschte — so wie heute — die deutsche Sprache. Nur einmal (A 103, Bl. 117, 1631) wird erwähnt, daß sich der Beklagte "windisch" verantwortete. Es ist [Seite: S. VII] [=> Seite] dies ein neuer Beweis für den rein deutschen Charakter des Kärntner Rechts- und Kulturlebens im späteren Mittelalter.

Allen jenen, die meine Arbeit gefördert haben, danke ich auf das herzlichste, vor allem dem verstorbenen Herrn Landesarchivdirektor i. P. Dr. Jaksch-Wartenhorst in Klagenfurt, dem Anreger dieser Arbeit und meinem väterlichen Freunde, seinem Nachfolger Herrn Hofrat Dr. Wutte, den Herren des Grazer Landesregierungsarchives und der Innsbrucker Universitätsbibliothek, dem seinerzeitigen Verwalter des Klagenfurter Stadtarchives Herrn Kanzleirat Lebmacher.

Die Drucklegung wurde durch eine Unterstützung der Stadtgemeinde Klagenfurt ermöglicht, der dafür mein wärmster Dank gebührt.

Innsbruck, März 1937.

[Seite: S. IX] [=> Seite]

Verzeichnis der Abkürzungen.

A.Hs. Allgemeine Handschriftensammlung (QV.)
Ampfinger Luschin, Hanns Ampfingers Bericht über das gerichtliche Verfahren in Kärnten 1544, Carinthia I 1913, 162 ff.
AP.Protokolle des verordneten landschaftlichen Ausschusses (L A.).
Banniza Banniza, Vollständige Abhandlung von den sämtlichen österreichischen Gerichtsstellen, Wien 1767.
Bar v. Bar, Beweisurteil des germanischen Prozesses, Hannover 1866.
BeckmannBeckmann, Idea iuris statutarii et consuetudinarii Stiriaci et Austriaci cum jure Romano collati, Graz 1688.
BischoffBischoff, Steiermärkisches Landrecht des Mittelalters, Graz 1875.
Bischoff, Form. Anhang I hiezu (Formeln von Gerichtsbriefen der Landschranne).
Briegleb, EP. Briegleb, Geschichte des Exekutivprozesses, 2. Aufl., Stuttgart 1845.
Briegleb, SP. Briegleb, Einleitung in die Theorie der summarischen Prozesse, Leipzig 1859.
Brunner I Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte, 1. Bd., 2. Aufl., Leipzig 1906.
Brunner II Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte, 2. Bd., 2. Aufl. (bearbeitet von Freih. v. Schwerin), München u. Leipzig 1928.
CansteinCanstein, Lehrbuch der Geschichte und Theorie des öst. Zivilprozeßrechtes, Bd. 1, Berlin 1880.[Digitalisat MPIER]
Carinthia I Carinthia I, Mitteilungen des Geschichtsvereines für Kärnten, Klagenfurt.
CarpzovCarpzov, Processus iuris in foro Saxonico, Jena 1690.
Chorinsky Chorinsky, Österreichischer Exekutivprozeß, Wien 1879.
Cod.austr.Codex austriacus, Wien 1704 ff. [Bd. I digital Bd. II digital]
Darst. Torggler, Darstellungen des Kärntner Rechtes und Rechtsganges, Archiv f. vaterl. Geschichte und Topographie, Jhg. 24/25, Klagenfurt 1936, 127 bis 138.
Endemann Endemann, Zivilprozeßverfahren nach der kanonistischen Lehre (Sonderabdruck aus d. Zschr. für deutschen Zivilprozeß, Berlin 1890).
Endemann, Bew.Endemann, Beweislehre des Zivilprozesses, Heidelberg 1860.
Erberg, Obs. Erberg, Observationes practicae (Anm. VI, 2).
Erl. Erläuterungen z. Hist. Atlas der öst. Alpenländer, 1/4, Kärnten, v. Jaksch u. Wutte, Wien 1914.
[Seite: S. X] [=> Seite]
Fasz. (ohne Zusatz z.B. 116/2) Schublade 116, Faszikel 2, des Kärntner Landesarchivs.
FinsterwalderFinsterwalder, Practicarum observationum ad consuetudines Archiducatus Austriae superioris accomodatarum libri quattuor, Salzburg 1719. [DRWSigle] [BSB-Digitalisat Ausgabe Salzburg 1687]
FormaForma practicandi (in vierzig Fragen).
Fröauff[Philipp Ernst von] Fröauff, Observationes der Kärntnerischen Landt Practic.
GailGail, Practicarum observationum libri duo, 1647. [[BSB-Digitalisat Ausgabe München 1673]
GB. Kärntner Gerichtsbeschreibungen, herausg. v. Wutte (Archiv für vaterl. Geschichte u. Topographie, Jhg. 20/21), Klagenfurt 1913.
Gierke U. Gierke, Untersuchungen z. deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, herausg. von Otto v. Gierke.
Gobler Gobler, Der gerichtliche Process ..., Frankfurt 1549. [Digitalisat der Ausgabe 1536]
G.R.A. Reg. Landesregierungsarchiv in Graz, Regierungsakten.
Greneck Greneck, Theatrum jurisdictionis Austriacae, Wien 1752.
Groß Groß, Beweistheorie im kanonischen Prozeß, Bd. 1, Wien 1867, Bd. 2, Innsbruck 1880.
GV. Archiv des Geschichtsvereines für Kärnten.
Holl Obs. Observationen (Hollenburger Sammelband, GV. Hs. 11/36).
Hs. Handschrift.
I.G.S. Josephs des Zweyten Gesetze und Verfassungen im Justizfache, Prag und Wien 1786 ff.
Jus.stat. Observationis (!) super Jus. stat. Carinthie (GV. Hs. 11/36).
Kleinfeller Kleinfeller, Geschichtliche Entwicklung des Tatsacheneides in Deutschland, Berlin 1891.
König König, Prozess und Practica (Umarbeitung v. Gregorius), 1599.
Kr. Landesschrannen-Ordnung dess Hertzogthumbs Crain v. 1577 (Neudruck, Laibach 1688).
Kraus Kraus, Des Erzherzogthums Khärndten . . . Landts Recht Proces unnd gerichtliche Verfahrung (GV. Hs. 6/33).
L. ... Laybach New Reformierte Gerichts-Ordnung v. 1586 (Neudruck, Graz 1666).
LA. Kärntner Landesarchiv.
L.u.AP. Protokolle des Kärntner Landtages und großen Ausschusses (LA., seit 1662).
Lg. Lanndtsgebreich in Steyer und Kärndten (GV. Hs. 3/12).
LP. Protokolle des Kärntner Landtages und großen Ausschusses.
Lro. Kärntner Landrechtsordnung von 1577 (Graz 1578).
Luschin1 Luschin, österr. Reichsgeschichte, Bamberg 1896.
Luschin2 Luschin, österr. Reichsgeschichte, 1. Bd., Bamberg 1914.
Mayer-Homberg Mayer-Homberg, Beweis und Wahrscheinlichkeit nach älterem deutschem Recht, Marburg 1921.
Meibom v. Meibom, Deutsches Pfandrecht, Marburg 1867.
Menger Menger, Zulässigkeit neuen tatsächlichen Vorbringens in den höheren Instanzen, Wien 1873.
[Seite: S. XI] [=> Seite]
Mynsinger Mynsinger, Singularum observationum libri quattuor, 1563.
Oe. I Gerichts Ordnung des Lanndsrechten des . . . Ertzhertzogthumbs Oesterreich vnder der Enns, 1540.
Oe. II Gerichts Ordnung des Lanndtsrechten des . . . Ertzhertzogthumbs Oesterreich vnder der Enns, 1557.
Ordnung Ordnung und gebrauch, so bey der . . . Landtshaubtmannschaft in Khärndten observiert wirdt (GV. A. Hs. 1230).
Perneder Perneder, Gerichtlicher Prozess, Ingolstadt 1549.
Planck I [Digitalisat nicht frei zugänglich] Planck, Das deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter, Bd. 1, Braunschweig 1879.
Planck II [Digitalisat nicht frei zugänglich] Planck, Das deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter, Bd. 2, Braunschweig 1879.
Planck, BF. Planck, Recht zur Beweisführung (Zeitschrift für das deutsche Recht, 10).
Planck, BU. Planck, Lehre vom Beweisurteil, Göttingen 1848.
Planitz Planitz, Die Vermögensvollstreckung im deutschen mittelalterlichen Recht, Bd. 1, Die Pfändung, Leipzig 1912.
Planitz, Arrest Planitz, Grundlagen des deutschen Arrestprozesses, Leipzig 1922.
Rampichl Rampichl(er), Tribunal seu Judicium humanuni communibus legibus et stylo curiae huius Archi-Ducatus Carinthiae accomodatum, Klagenfurt 1715.
RB. Ständisches Registraturbuch (LA.).
Rechbach Rechbach, Observationes ad Stylum Curiae Graecensis, Graz 1680.[Ausgabe 1719]
Rechbach Appendix Rechbach, Appendix (zu Rechbach), Graz 1682.
Reutter Reutter, Viginti quinque tabulae juridicae, quibus accesserunt variae differentiae juris communis et Austriaci, Regensburg 1674.
RO. Rechtsordnung ... Khärndten ... (vgl. III, § 1).
RP. Ratsprotokoll der ständischen Verordneten (LA., seit 1695).
Rw. Kärntner Rechtswörterbuch (GV. Hs. 11/39).
Schenk, ZP. Schenk, Übersicht der österreichischen Gesetzgebung über Zivilprozeßrecht bis Schluß des XVI. Jh., Wien 1864.
Schenk, SP.Schenk, Der österreichische summarische Prozeß, Wien 1864.
Schmidt Schmidt, Lehrbuch des deutschen Zivilprozesses, 2. Auf., Leipzig 1906.
Schröder Schröder und Freiherr v. Künssberg, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 7. Aufl., Berlin und Leipzig 1932.
Schwarzenthaler Schwarzenthaler, Tractatus Judiciarii ordinis, Frankfurt 1592.
Schwartz Schwartz, Vierhundert Jahre deutscher Zivilprozeß, 1898.
Schwsp. Laßberg Schwabenspiegel, Ausgabe von Laßberg, 1840.
Sohm Sohm, Die litis contestatio in ihrer Entwicklung vom früheren Mittelalter bis zur Gegenwart, München u. Leipzig 1914.
Ssp. Sachsenspiegel Landrecht, Ausgabe von Homeyer, 3. Aufl., 1861.
[Seite: S. XII] [=> Seite]
St. I Ordnung des Landrechten in Steyer (Anhang II zu Bischoff).
St. II Des ... Fürstentum Steyr bestaettung der Newen Reformation des Lanndsrechtens daselbst, Wien 1533.
St. III Ainer ... Landschafft des ... Fürstenthumbs Steyr, New verfasste Reformation des Landts und Hofrechts daselbst (v. 1574), Augsburg 1575.
St. IV Des ... Fürstenthumbs Steyr Gerichtsordnung ... reformiert in Jahr 1622, München 1622.
St.Lr. Steiermärkisches Landrecht (siehe unter Bischoff).
StA. Klagenfurter Stadtarchiv.
Stadtr. Torggler, Das Klagenfurter Stadtrecht in Reimen (Archiv für vaterl. Geschichte u. Topographie, Jhg. 22), Klagenfurt 1927.
Str. Text des gereimten Stadtrechtes.
Stintzing Stintzing, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft, 1. Abt. München u. Leipzig 1880, 2. Abt. 1884.
Stölzel, Entw. Stölzel, Entwicklung der gelehrten Rechtssprechung, Bd. 2, Berlin 1910.
Suttinger, Obs. Suttinger, Observationes practicae, Nürnberg 1656.
Suttinger, Cons. Suttinger, Consuetudines Austriacae, Nürnberg 1718.
Thasser Thasser, Progymnasmata actionum forensium, Wien 1708.
Thiel I Thiel, Hof- und Zentralbehörden Innerösterreichs 1564 bis 1625, Archiv f. öst. Geschichte, Bd. 105, 58 ff.
Thiel II Thiel, Hof- und Zentralbehörden Innerösterreichs 1564 bis 1625, Archiv f. öst. Geschichte, Bd. 111, 531 ff.
Vorschlag Vorschlag einer verbesserten Landesrechts-Ordnung in ... Kärnten (GV. A. Hs. 443).
Vossius V(ossius), Legum et Consuetudinum Austriacarum ... cum Romano jure Collatio, Wien 1770.
Vossius Cor. Vossius, Corollarium ad suam ... Collationem, Wien 1775.
Wach Wach, Der italienische Arrestprozeß, Leipzig 1868.
Walther Walther, Tractatus Aureus (beigedruckt zu Suttinger, Cons.), nunmehr auch herausgegeben von Rintelen, Leipzig 1937.
Weingärtler Weingärtler, Con- et discordantia juris consuetudinarii Austriaci supra Anasum cum jure communi ..., Nürnberg 1674.
Weistümer Österreichische Weistümer, gesammelt von der Akademie der Wissenschaften in Wien, 1870 ff.
Werunsky Werunsky, Österreichische Reichsgeschichte, Wien 1894 ff.
Wetzell Wetzell, System des ordentlichen Zivilprozesses, Leipzig 1878.
WienerStr. Wiener Stadtrechtsbuch, Ausgabe von Schuster, Wien 1873.
Wolff Wolff, Gerichtsverfassung und Prozeß im Hochstift Augsburg in der Rezeptionszeit (Archiv f. Geschichte d. Hochstiftes Augsburg, Bd. VI), 1913.
WSB. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, 1848 ff.
[Seite: S. XIII] [=> Seite]
W.St.J.Oe.A. Wiener Staatsarchiv, Innerösterreichische Akten.
ZRG. Zeitschrift für Rechtsgeschichte (1861 ff.) vom 14. Bd. an Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, germ. Abt.

Verweisungen auf Paragraphe und Anmerkungen ohne Zusatz beziehen sich auf den gleichen Abschnitt, bei anderen Verweisungen ist der betreffende Abschnitt in römischen Ziffern angeführt.

Inhaltsverzeichnis.

[Seite: S. XIV] [=> Seite]

Seite
I. Das Stadtgericht bis zum Jahre 15881-10
§ 1. Quellen 1
§ 2. Allgemeines1-2
§ 3. Das Verfahren bis zur Endentscheidung3-5
§ 4. Rechtsmittel und Rechtsmittelverfahren5-7
§ 5. Besondere Verfahrensarten7
§ 6. Die Zwangsvollstreckung7-8
§ 7. Konkursverfahren und Konkursrecht8-10
II. Das Stadtrecht bis zum Jahre 158811-14
§ 1. Quellen11
§ 2. Allgemeines11
§ 3. Verfahren bis zum Endurteile11-13
§ 4. Rechtsmittel und Rechtsmittelverfahren13
§ 5. Die Zwangsvollstreckung13
§ 6. Abkommen und Wiederaufleben des Stadtrechtsverfahrens13-14
III. Das Stadtgericht vom Jahre 1588 bis zum Jahre 168014-33
§ 1. Ouellen14-15
§ 2. Allgemeines15-16
§ 3. Das Prozeßverfahren bis zum Beweisabschied oder Kontumazerkenntnis16-19
§ 4. Beweisverfahren und Endabschied19-20
§ 5. Rechtsmittel und Rechtsmittelverfahren20-24
§ 6. Abgekürzte Verfahrensarten24-25
§ 7. Das Zwischenverfahren bis zur Zwangsvollstreckung25-26
§ 8. Die Zwangsvollstreckung26-29
§ 9. Das Arrestverfahren29-30
§ 10. Das Konkursverfahren30-33
IV. Das Stadtrecht vom Jahre 1588 bis zum Jahre 168033-44
§ 1. Quellen33
§ 2. Allgemeines33-34
§ 3. Das Verfahren bis zum Urteile35-37
§ 4. Rechtsmittel und Rechtsmittelverfahren37-39
§ 5. Kostenbestimmung39
§ 6. Das Zwangsvollstreckungsverfahren39-42
§ 7. Aufhebung des Canto-rechtes und Ende des Stadtrechtsverfahrens42-44
V. Das Stadtgericht von 1680 bis zu den Reformen Josefs II.44-51
§ 1. Quellen44
§ 2. Allgemeines44-45
§ 3. Das Verfahren bis zur Entscheidung erster Instanz45-47
§ 4. Das Rechtsmittelverfahren47-48
§ 5. Das Zwischenverfahren nach der Entscheidung erster Instanz und die Zwangsvollstreckung48-50
§ 6. Das Konkursverfahren50
§ 7. Die Justizreformen Josefs II. und das Ende des Stadtgerichtes51
VI. Zusammenfassung51-68
§ 1. Einleitung51-52
§ 2. Das Stadtrechtsverfahren in seiner Stellung zum deutsch-mittelalterlichen und zum gemeinen Prozesse52-55
§ 3. Das Stadtgerichtsverfahren in seiner Stellung zum deutsch-mittelalterlichen und zum gemeinen Prozesse55-58
§ 4. Die gemeinsamen Einrichtungen des Stadtrechtes und Stadtgerichtes in ihrem Verhältnisse zum deutschmittelalterlichen und gemeinen Prozesse58-66
§ 5. Herkunft des Stadtrechtes und Stadtgerichtes, ihr gegenseitiges Verhältnis, die weitere Entwicklung des Verfahrens, Gesamtbild66-68
Anmerkungen69-123
Sachverzeichnis124
[Seite: S. 1] [=> Seite]

I. Das Stadtgericht bis zum Jahre 1588.

§ 1. Quellen.

Das älteste städtische Ratsprotokoll (A 2) enthält eine Sammlung von Abschieden aus den Jahren 1533 bis 1553. Weiterhin sind Protokolle der Stadtgerichtsverhandlungen für die Zeit vom 30. Juni 1563 bis 14. Jänner 1564 und vom 2. März 1571 (mit Ausnahme des Jahres 1580 beinahe geschlossen) bis Ende 1587 erhalten. Hiezu kommen vereinzelte Nachrichten in den Ausschußprotokollen des Landesarchives. Über das Verfahren bei der Landeshauptmannschaft gibt art. 26 des Berichtes Ampfingers (siehe II, § 1) einige Andeutungen.

§ 2. Allgemeines.

Die Besetzung des Stadtgerichtes erfolgt durch den Stadtrichter als Vorsitzenden, 6 bis 13 Beisitzer, entnommen aus den Mitgliedern des inneren und äußeren Rates, und den Stadtschreiber. Die Abschiede ergehen im Namen von Richter und Rat der Stadt Klagenfurt (Protokolle seit 1533). Erstmals am 17. Juli 1582 taucht die Bezeichnung "ersamer Magistrat" auf.

Zuständig ist das Stadtgericht für alle Arten von Zivilklagen. Es ist die erste Instanz gegenüber allen in der Stadt ansässigen Nichtadeligen weltlichen Standes — soweit sie nicht als Untertanen der Grundobrigkeit unterstehen —1.1 und in allen Streitigkeiten über in der Stadt gelegene unbewegliche Güter, ausgenommen jene, die Eigentum von Mitgliedern der Landstände oder anderen Adeligen sind (Ratsprotokolle seit 1533). Die niederen Landschaftsangestellten wurden durch einen zwischen den Verordneten1.2 und der Stadt am 10. Jänner 1581 abgeschlossenen Vergleich in allen gerichtlichen Handlungen, außer bei Verfehlungen im Dienste oder bei der Arbeit, dem Stadtgerichte unterworfen.1.3

Privilegien, Klagen gegen Fremde anzubringen, außer wenn diese Vermögen in Klagenfurt hatten, gab es nicht. Der Gerichtsstand der Widerklage wird (wie im Landrechte bis zur Landrechtsordnung von 1577, vgl. Ampfinger art. 36) ausdrücklich abgelehnt (9. Jänner 1541, 31. Mai 1573). Dagegen sind Vereinbarungen, in denen sich die Parteien unter Festsetzung einer Peen der Zuständigkeit des Stadtgerichtes oder dem Schiedssprüche von Richter und Rat unterwerfen, nicht selten (21. September 1549, 30. Juni 1563 usw.).[Seite: S. 2] [=> Seite]

Die Bürger (nicht auch sonstige Inwohner) konnten es ablehnen, vor dem Stadtgerichte zu verhandeln, und die Zuständigkeit des Stadtrechtes in Anspruch nehmen. Derartige Exzeptionen wurden seitens des Stadtgerichtes stets zugelassen.1.4

Geringfügige Sachen (anscheinend bis zu 10 fl.) konnte, wenn der Beklagte geständig war, der Stadtrichter allein entscheiden.1.5

Als Parteien erscheinen nicht nur physische, sondern auch juristische Personen (Gotteshäuser, Spital, Handwerksbruderschaften), diese vertreten durch ihre Kirch- oder Zechpröpste. Unmündige werden durch ihre Vormünder (Gerhaben) vertreten, Konkursanten allenfalls durch Versprecher (siehe § 7).1.6

Erteilungen von Prozeßvollmachten (in schriftlicher Form) sind nachweisbar (17. November 1541 usw.), ebenso Advokaten (Landschrannenprokuratoren) als Bevollmächtigte oder Rechtsbeistände der persönlich erscheinenden Partei. Konnte eine Partei ohne ihr Verschulden sich nicht rechtzeitig einen Rechtsbeistand beschaffen, so war dies ein Grund zur Verlegung der Verhandlung (z.B. 30. März 1577).

Die Nachrichten über Prozeßkautionen sind spärlich. Am 21. November 1579 müssen bei einer Mehrzahl von Klägern die Auswärtigen Haftungsübernahme für die allfälligen Prozeßkosten geloben, am 7. November 1585 wird zwischen Ortsansässigen das Verlangen des Klägers auf Kautionsleistung, als beim Stadtgerichte nicht üblich, abgelehnt. Stillhalten während des Prozesses durch Parteienvereinbarung wird erwähnt (14. Mai, 13. Juli 1585).

Auf ehafte (echte) Not weist ein Vermerk vom 11. September 1549 hin, wonach der Kläger zur Rechtfertigung seines Verbotes (vgl. § 6 a. E.) am dritten Tage seine Klage hätte einbringen müssen. Seine ihn daran hindernde "Leibesschwachheit" wird als "ehaft" anerkannt.

Die Landstände haben die Oberaufsicht über das Stadtgericht, seitdem ihnen Maximilian I. am 24. April 1518 Klagenfurt geschenkt hatte1.7, und üben sie durch die Verordneten oder ihren Vorsitzenden, den ständischen Burggrafen, aus. Eingriffe kommen kommen selten vor.1.8

Die Beendigung eines Rechtstreites durch Vergleich ist nachweisbar.1.9

Was die Prozeßkosten anlangt, so hat der obsiegende Teil1.10 frühestens nach Rechtskraft der Hauptentscheidung oder auch erst im Vollstreckungsverfahren seinen Schadenzedel (Taxzedel) einzubringen, der dem Gegner zu seinen Einwendungen zugestellt wird.1.11 Dann erfolgt die Taxierung, gegen die Appellation zulässig ist.1.12 [Seite: S. 3] [=> Seite]

§ 3. Das Verfahren bis zur Endentscheidung.

Der Einbringung der Klage hatte ein gütliches Ersuchen vorauszugehen (16. März 1541 usw.). Erwähnt werden nur schriftliche Ersuchen, doch sind mündliche jedenfalls zulässig gewesen.

Die Klage konnte mündlich oder schriftlich eingebracht werden. Im ersten Falle wurde der Gegner durch den Gerichtsdiener namens der Klagspartei vorgefordert (14. Oktober 1572 usw.). Bei Nichterscheinen des Beklagten mußte ein neuer Termin geworben werden, doch hatte er dem Kläger die Kosten der nutzlosen Tagsatzung zu ersetzen.1.13 Bei grober Widersetzlichkeit (mehrfaches Nichterscheinen) wurden auch Haftstrafen angewendet, um ihn zum Erscheinen zu zwingen (20. November 1575, 23. März 1577), dagegen ist ein Erkenntnis in der Hauptsache gegen den Beklagten vor Streiteinlassung nicht nachweisbar und fehlen Nachrichten über Straffolgen bei Nichterscheinen des Klägers.

Der Gerichtsbrauch schwankte, ob Beklagter die Einbringung einer schriftlichen Klage verlangen könne. In verwickelten Fällen und bei größeren Streitbeträgen wurde derartigen Anträgen öfters Folge gegeben.1.14

Der Beklagte ist zur sofortigen Antwort bei mündlicher Klage nicht verpflichtet, sondern kann Bedacht begehren, der vom Gerichte in der Dauer von 3 bis 14 Tagen bewilligt wird.1.15 Bei Anerkenntnis erfolgt der richterliche Befehl, das Begehren binnen vierzehn Tagen zu erfüllen. Für diesen Leistungsbefehl wird vorwiegend der Ausdruck "Geschäft" gebraucht.1.16 Die Bestreitung geschieht entweder durch Exzeptionen (Anm. 25) oder in der Hauptsache.1.17 Wird die Exzeption abgewiesen, so hat der Beklagte sofort hauptsächlich zu antworten, widrigenfalls Haftstrafen verhängt werden.1.18 Sind Beweiserhebungen notwendig, so muß wie im schriftlichen Verfahren die zum Beweise zugelassene Partei ihren Weisungsanzug dem Gegner übermitteln.1.19

Bei schriftlicher Einbringung wird die Klagsschrift dem Gegner mit dem Auftrage übersandt, seine Verantwortung einzubringen.1.20 Bleibt die erste Aufforderung erfolglos, so ergeht ein neuerlicher Auftrag.1.21 Daß unbedingt drei Geschäfte zur Einbringung der Verantwortung erlassen werden müssen, ist nicht nachweisbar, ebensowenig ein Kontumazerkenntnis vor Streiteinlassung.1.22

Die Verantwortung wird dem Kläger zu seiner Gegenäußerung, diese wieder dem Beklagten übersandt.1.23 Meistens erfolgen beiderseits je drei Schriften.1.24 Bei Nichteinbringung ergeht eine neue Aufforderung (Frist 8 oder 3 Tage, 6. August 1563, 1. Jänner 1564 usw.). Erfolgt dann die Einbringung nicht und gewährt der Gegner keine Fristerstreckung, so kann die betreffende Schrift nicht mehr eingebracht werden (25. Oktober 1575). Weitere Säumnisfolgen sind [Seite: S. 4] [=> Seite] nicht nachweisbar. Strafandrohungen für den Fall der Nichteinbringung kommen vor (19. August 1581). Enthalten die gewechselten Schriften Dinge, welche nicht zur Sache gehören, oder Beleidigungen, so kann das Gericht sie zurückstellen und eine neue Frist erteilen (z.B. 2. September 1575). Wird die eingebrachte Exzeption abgewiesen,1.25 so trägt das Gericht dem Beklagten auf, hauptsächlich zu antworten, und findet der Schriftenwechsel in der vorerwähnten Weise statt (3. November 1573, 5. Jänner 1574 usw.).

Ist Beweisführung notwendig, so wird auf Grund des Vorbringens einem der Streitteile aufgetragen, Weisung zu führen. Wird das Klagsvorbringen bestritten, so hat Kläger zu beweisen, Einwendungen (z.B. jene der erfolgten Zahlung) der Beklagte.1.26 Dem Gegner wird vorbehalten, seine Gegenweisung einzubringen.1.27

Die zur Weisung zugelassene Partei hat binnen 14 Tagen einen Schriftsatz (Anzug) einzubringen.1.28 Bei nicht rechtzeitiger Einbringung werden auf Verlangen des Gegners neuerliche Fristen erteilt.1.29 Wird die Weisung dann nicht geführt, so kann der Gegner ihre Deserterkennung beantragen, worauf der Abschied als Kontumazerkenntnis ergeht (4. August 1550, 16. Mai 1571). Der Anzug des Beweisführers hat — zumindest wenn es sich um Zeugenbeweise handelt — die Weisartikel zu enthalten, auf welche die Zeugen zu vernehmen sind.1.30 Er wird dem Gegner übersandt, der seine allfällige "Notdurft" und im Falle eines Zeugenverhörs seine Fragstücke (an die Zeugen zu richtende Fragen) einbringen muß.1.31 Bringt er eine Exzeption vor (z.B. Ablehnung eines Zeugen), so wird vorerst — allenfalls nach vorausgegangenem Schriftwechsel (z.B. 10. Mai 1578) — über sie entschieden.1.32 Die gesamte Weisung auf einmal zu führen, ist nicht unbedingt erforderlich, sondern kann man sich die Einbringung von Additionalanzügen vorbehalten (13. November 1573, 16. März 1588).

Beim Zeugenbeweise übergibt das Gericht dem Beweisführer die Zeugenladungen und die Verständigung des Gegners. Die Vereidigung der Zeugen hat zu unterbleiben, wenn der Gegner den Eid erläßt (5. Juni 1574). Amtspersonen haben über ihre Wahrnehmungen unbeeidet auszusagen. Die Zeugen werden dann — offensichtlich in Abwesenheit der Parteien — über die Weisartikel und allenfalls vorliegende Fragstücke einvernommen und ihre Aussage verschlossen aufbewahrt (21. Juli 1579 usw.). Vernehmung ohne ordentlichen Anzug und Fragstücke (2. Dezember 1572, 7. März 1581) oder ohne ordentlichen Beweisabschied (4. März 1552) ist ungültig. Zur Vernehmung auswärtiger Zeugen stellt das Gericht dem Beweisführer Ersuchschreiben (Compaßbriefe) an das zuständige Gericht aus, denen die Weisartikel beigeschlossen sind (6. Jänner 1577, 10. November 1582). Eine bestimmte Fallfrist zur Durchführung ist beim Beweise durch Zeugen nicht nachweisbar, bei [Seite: S. 5] [=> Seite] Urkunden fällt sie mit jener zur Einbringung des Weisungsanzuges zusammen.

Außerhalb des Beweisverfahrens wird einmal eine Zeugenvernehmung als Weisung ad perpetuam rei memoriam zugelassen (6. Februar 1573), da ein Zeuge schwer krank war, obwohl der Prozeß noch gar nicht begonnen hatte. Neun Jahre später wird im Laufe des Prozesses die Eröffnung dieser Weisung bewilligt (9. Oktober 1582).

Als Beweismittel werden Urkunden, Zeugen und Augenschein genannt. Als Urkunden werden Schuldbriefe, Urbare, Ratsprotokolle und Akten erwähnt.1.33 Augenschein ist bei Besitzstörungs- und Servitutsstreitigkeiten nachweisbar (1. Jänner 1563, 6. Dezember 1579, 14. Juni 1583). Zum Zeugenbeweis wird auch die Vernehmung des Gegners gerechnet.1.34 Auch sie erfolgt unter Zugrundelegung eines Weisungsanzuges (10. April 1551 usw.) und kann sich der Gegner seiner Vernehmung durch Beweisführung seinerseits entziehen (8. März 1575).

Zwischen Beweismittel und Beweisart steht der Beweis durch Abrechnung, "Raitung", hauptsächlich, wenn sich der Kläger zur Dartuung seiner Ansprüche auf gute Raitung beruft. Im Beweisbeschlusse wird den Parteien aufgetragen, miteinander abzuraten, worauf der weitere Abschied erfolgt.1.35

Was die Beweisregeln anlangt, so wird gewöhnlich eine Mehrheit von Zeugen angeboten.1.36 Mehr läßt sich nicht feststellen, da die Protokolle bei ungenügendem Beweiserfolge nur die Formel enthalten, Kläger habe sein "Berühmen" nicht genugsam erwiesen (17. Dezember 1575, 4. April 1582).

Nach Vollführung der Weisung hat der Gegner seine allfällige Gegenweisung binnen 14 Tagen einzubringen.1.37 Bei Verzug werden neuerliche Termine gewährt (4. Dezember 1574). Dann erfolgt auf Antrag bei einer Tagsatzung die Weisungseröffnung und die Erteilung der Abschriften an die Parteien.1.38 Daraufhin sind die Schlußschriften, und zwar je eine, einzubringen.1.39 Ist dann von beiden oder bei Säumnis auch nur von einer Partei die Schlußschrift eingebracht worden (17. April 1574, 8. Juli 1578), so werden sie auf Antrag samt den übrigen Aktenstücken verlesen und ergeht der Abschied.1.40 Wird der Abschied ohne Beweisführung gefällt, also bei Rechtsfragen, so wird eine kurze Begründung beigefügt (z.B. 16. August 1572, 27. November 1573).

Als Entscheidungsform findet sich der Bescheid bei liquiden Schuldbriefen (vgl. § 5),1.41 bei Zahlungsbefehlen auf Grund Geständnisses und in Gewaltsachen (1. Februar 1575).1.42

§ 4. Rechtsmittel und Rechtsmittelverfahren.

Ordentliche Rechtsmittel sind Appellation und Beschwerde. Im allgemeinen gilt die Regel, daß gegen Abschiede appelliert werden muß, gegen Bescheide nur Beschwerde zulässig ist (23. August 1575, 2. März 1577 usw.). Das Stadtgericht erklärt aber die Appellation gegen einen als Bescheid ergangenen Beweisbeschluß für zulässig (15. Dezember 1582) und wird die dagegen gerichtete Beschwerde von den Verordneten abgewiesen, nachdem der Rat in seinem Berichte mehrere ähnliche Fälle angeführt hatte.

Der Instanzenzug ging zuerst an die Verordneten, dann an die nö. Regierung in Wien (Abschied der Verordneten vom 10. Jänner 1535, Ampfinger art. 36), seit 1563 an jene in Graz.1.43

Das Appellationsverfahren ist vorerst äußerst einfach. Binnen 14 Tagen nach Eröffnung des Abschiedes ist die Appellation zu heben, binnen 14 Tagen muß sie "geführt", das heißt von den Verordneten erledigt zurückgebracht oder eine Fristerstreckung (Schub) erwirkt werden, widrigenfalls sie auf Antrag des Gegners für desert erkannt wird.1.44 Ein Bedacht für die Parteien, ob sie appellieren wollen, ist ursprünglich nicht nachweisbar.1.45 Die Hebung der Appellation scheint darin bestanden zu haben, daß der Appellant den angefochtenen Abschied samt den sonstigen Aktenstücken in Abschrift beim Stadtgerichte behebt und den Verordneten zur Überprüfung vorlegt. Apostelbriefe werden vorerst nicht erwähnt.

Späterhin hat der Verurteilte regelmäßig Anspruch auf Bedacht.1.46 Dann wird auf Anrufen eine Tagsatzung zur Hebung (Aufrichtung) erteilt. Eine bestimmte Frist für das Begehren um Aufrichtung ist nicht nachweisbar, wahrscheinlich wurde es mit der Erklärung zur Appellation verbunden.1.47 Aus einer Appellation an die Regierung ergibt sich, daß die zusammengerichteten Akten samt einem Vorlageberichte (Apostelbrief) dem Appellationswerber zur Weiterbeförderung übermittelt wurden.1.48

Die Appellation wurde von den Verordneten schriftlich erledigt, vom Appellanten an das Stadtgericht gebracht und bei einer Tagsatzung eröffnet.1.49 Der beschwerte Teil hat nun zehn Tage Bedacht (16. März 1583) und muß zehn Tage nach der Erklärung die Appellation heben (10. März 1584). Das weitere Verfahren deckt sich mit dem bei der Appellation gegen Abschiede erster Instanz.1.50

Bestimmte Fristen zur Einbringung der Beschwerde sind nicht nachweisbar. Sie hat keine aufschiebende Wirkung, sondern muß Einstellung des Verfahrens von den Verordneten erwirkt werden (22. März 1577). Das Stadtgericht hat sich zur Beschwerde zu äußern (15. Dezember 1582).

Eine Revision ist nicht nachweisbar, dagegen wurde in drei Fällen um Restitution bei der nö. Regierung geworben, von der das Gesuch dem Landesfürsten zur Entscheidung vorzulegen war (19. Jänner 1585). Das Stadtgericht hatte über das Ansuchen einen Bericht zu erstatten (10. März 1585), zu dem die Gegenseite ihre Einwendungen gegen die Wiedereinsetzung binnen 14 Tagen [Seite: S. 7] [=> Seite] einbringen mußte (26. November 1588). Auch das Restitutionsansuchen hatte keine aufschiebende Wirkung (30. Juli 1585).1.51

§ 5. Besondere Verfahrensarten.

Gegenüber Schuldbriefen, die "lauter", "richtig", "unconditioniert", "unvermailigt" oder "liquidiert", also ordnungsmäßig ausgestellt und ohne äußere Mängel sind, können keine Gegenansprüche geltend gemacht werden.52 Die Klage erfolgt regelmäßig mündlich (20. Jänner 1573 usw.). Nach "gebräuchlicher Fürforderung" (13. November 1573) zur Verhandlung ergeht — wenn nicht etwa gegen die Rechtsbeständigkeit des Geschäftes oder die Echtheit der Urkunde Einwendungen erhoben werden (z.B. 3 Dezember 1575) — in Bescheidform das Geschäft auf Zahlung binnen 14 Tagen, auf das die 8- und 3tägigen folgen.1.53 Ein allfälliger Prozeß wird mündlich durchgeführt.1.54 Appellation des Beklagten ist nicht zulässig, wohl aber Beschwerde (2. März 1579, 18. März 1581).

Ein Mandatverfahren läßt sich nur in einem Falle nachweisen. Es wird auf Grund einer Verschreibung der nicht erschienene Gegner zur Zahlung verschaffen (1. September 1579). Das zweite Geschäft erfolgte in Gegenwart des Beklagten (20. Oktober 1579).

Bei Klagen von Ausländern (Landesfremden) besteht eine kürzere Frist zur Einbringung der Verantwortung (8 Tage, 14. August 1574). Vor allem wird aber bei ihren Klagen, sowohl bei Schuldbriefen als auch sonst, nur ein Leistungsbefehl auf 3 Tage erlassen, worauf dann sofort die Exekution folgt.1.55

§ 6. Die Zwangsvollstreckung.

Im Zahlungsgeschäfte (Anm. 16), sonst im Abschiede wird der verlierenden Partei1.56 die Erfüllung innerhalb einer bestimmten Frist aufgetragen.1.57 Bleibt die Erfüllung aus, so erfolgen neuerliche Leistungsaufträge (Geschäfte) meistens auf 8 Tage.1.58 Daß ursprünglich schon nach Ablauf der zweiten Leistungsfrist Zwangsvollstreckung in das Vermögen möglich war, ist unwahrscheinlich, da schon am 20. März 1552 drei Leistungsaufträge (Abschiede genannt) in der gleichen Rechtssache nachweisbar sind. Später müssen jedenfalls drei Leistungsaufträge (Geschäfte) auf 14, 8 und 3 Tage ergehen.1.59 Ausnahmsweise begegnen weitere Leistungsfristen (3 Tage, 14. April 1573, 12. Juli 1581).

Ebenso mannigfaltig wie die Fristen sind die Mittel der Zwangsvollstreckung. Vorerst überwiegen Geld- und Haftstrafen. Geldstrafen (Peen), zuweilen in recht beträchtlicher Höhe (20 fl., 50 fl., 10 Dukaten), werden manchmal schon für Zuwiderhandeln gegen den ersten Leistungsauftrag angedroht.1.60 Haftstrafen (Leistung, Verschaffung aufs Rathaus, auf den [Seite: S. 8] [=> Seite] Turm) haben das gleiche Anwendungsgebiet (10. Juli, 18. Dezember 1574 usw.). Im allgemeinen werden Strafen erst nach Erfolglosigkeit eines Leistungsauftrages, und zwar zuerst Geld-, dann Haftstrafen angedroht.1.61

Die Vollstreckung in das Vermögen ist vorerst seltener, wird aber später das vorherrschende Exekutionsmittel. Sie wird nach fruchtlosem Ablauf der dritten Leistungsfrist durch die Bewilligung der Aufweisung (Pfändung) eingeleitet.1.62 Als weitere Schritte werden die Schätzung der aufgewiesenen Güter (30. Mai 1552, 18. Juli 1573 usw.) und die Einantwortung (24. Oktober 1587) oder der Ansatz (15. Juni 1549) erwähnt. Bei Liegenschaften, die dem Gläubiger schon in dem eingeklagten Schuldbriefe verschrieben waren, bildete die Einantwortung den ersten Exekutionsschritt.1.63

Zur Sicherung gefährdeter Ansprüche kann auf Anrufen ein Verbot (Aufhaltung, Arrestierung) über Vermögensstücke (19. September 1539, 10. Jänner 1550 usw.), allenfalls auch Personalarrest (11. September 1549) erlassen werden. Dieses Sicherungsmittel ist gegenüber einem angesessenen Gegner unzulässig (28. Jänner 1576). Der Sicherungswerber hatte das Zutreffen der Verbotsgründe nachzuweisen1.64 und wurde durch Abschied über die Zulässigkeit des Verbotes entschieden.1.65

§ 7. Konkursverfahren und Konkursrecht.

Die Konkurseröffnung erfolgt durch Ausschreibung eines "offenen" (14. Dezember 1548) Ediktes über das Vermögen des Schuldners.1.66 Konkurseröffnung über das Vermögen lebender Schuldner ist früh nachweisbar (9. August 1550, 10. September 1563 usw.), doch dürfte auch in Kärnten der Ausgangspunkt der Verlassenschaftskonkurs gewesen sein. An lebende Schuldner erfolgt vor Konkursverhängung (nötigenfalls mehrmals) die Aufforderung, ihre Schulden zu bezahlen und hiefür Vorschläge zu machen.1.67 Als Konkurseröffnungsgrund wird mehrfach das Vorhandensein allzu vieler Schulden erwähnt, ohne daß zwischen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung genau unterschieden wird.

Lebt der Gemeinschuldner, so kommt es meistens zu keiner Vertreterbestellung. Er bleibt im Verfahren Prozeßpartei und hat als solche die Gläubigerforderungen gegebenenfalls zu bestreiten (27. August 1550, 18. Dezember 1574). Nur wenn er dem Verfahren nicht zuwarten kann (und wohl auch aus anderen Gründen), werden zwei Versprecher bestellt, denen das vorhandene Vermögen nach Inventaraufnahme übergeben wird (12. Jänner 1575, 29. Jänner 1586). Bei Verlassenschaften oblag die Vermögensobsorge ursprünglich anscheinend dem Stadtgerichte selbst, da die Bestellung von Versprechern erstmals am 19. Juni 1574 erfolgte. Sie werden ins Gelübde genommen (21. Februar 1584) und obliegt ihnen neben [Seite: S. 9] [=> Seite] der Vermögensverwaltung auch die Ausübung der Parteistellung des Gemeinschuldners, besonders die Erstattung von Einreden gegen die angemeldeten Forderungen (6. Februar 1576 usw.).

Welche Rechtsmittel gegen die Konkurseröffnung zustanden, ist nicht ersichtlich. Die Aufhebung eines Ediktes durch den Burggrafen, da eine dritte Person sich zur Zahlung aller Schulden verpflichtet hatte, wird erwähnt (4. April 1573).

Die Ausschreibung des Ediktes erfolgte gewöhnlich in den größeren Orten Kärntens.1.68 Die Durchführung oblag dem Stadtschreiber (10. März 1572, 6. März 1573). Im Edikte wird der Termin bestimmt, bis zu dem Forderungen anzumelden sind (Ediktstag).1.69

Die Anmeldung erfolgte mündlich (30. Oktober 1584) oder schriftlich (31. Mai 1542 usw.), gewöhnlich unter Vorlage der Urkunden oder unter Beibringung eines Auszuges. Dem Stadtschreiber ist ein Einschreibgeld zu entrichten (20. Februar 1573). Vereinzelt kann ein zweiter Ediktstag zur Anmeldungseinbringung abgehalten werden (7. August 1579). In späterer Zeit wird meistens entweder beim Ediktstage selbst (z.B. 24. April 1574) oder außerhalb (z.B. 8. August 1572) ein zweiter Tag (Termin) anberaumt, an dem die Gläubiger die Beweise für ihre Forderungen, Probationen genannt, einzubringen haben, so daß dieser Termin auch ausdrücklich Probationstag genannt wird.1.70 Die eingebrachten Probationen und die Einreden der Versprecher (vgl. Anm. 70) werden den Gläubigern übermittelt, damit diese zur Priorität der einzelnen Forderungen ihre Notdurft einbringen können (4. Dezember 1574, 14. Juli 1576). Die Bestreitung der Rangordnung ist also Sache der Gläubiger, nicht des Schuldners.

Hierauf erfolgt der Ediktsabschied, der die Feststellung und Reihung der Forderungen sowie die Aufteilung des Vermögens auf die einzelnen Gläubiger enthält.1.71 Gegen den Abschied ist Appellation in gebräuchlicher Zeit an die Verordneten und weiterhin an die Regierung möglich (26. April 1577 usw.). Nach Rechtskraft erfolgt die Aufteilung des Vermögens (8. Juli 1579, 21. Februar 1584).

Dies ist der in den 70er und 80er Jahren des 16. Jahrhunderts nachweisbare Vorgang. Früher war das Verfahren anscheinend etwas anders gestaltet.1.72 Der Abschied erfolgte am ersten oder zweiten Ediktstage und stellte für die streitigen Forderungen nur Beweisthema und Beweisrolle fest. Er konnte infolgedessen auch nicht die endgültige Vermögensaufteilung enthalten, die vermutlich mittels gesonderter Erkenntnisse erfolgte. Der Rechtsmittelzug wies schon die spätere Gestaltung auf (27. August 1550).

Über die Verteilung des Massevermögens1.73 sind einige Nachrichten erhalten. Die Fahrnis wurde geschätzt (7. Juli 1584) [Seite: S. 10] [=> Seite] und im Ediktsabschiede den Gläubigern gemäß den liquidierten Forderungen verhältnismäßig zugewiesen. Die Verwertung war ihre Angelegenheit.1.74 Teilweise anders gestaltete sich das Verfahren bei Liegenschaften. Eine Schätzung findet auch hier statt (22. Oktober 1575 usw.). Dann werden entweder im Ediktsabschiede einzelne Gläubiger in der Höhe ihrer Forderung auf die Liegenschaft gewiesen und sie ihnen nach Rechtskraft eingeantwortet1.75 oder sie wird einem einzelnen Gläubiger (zuweilen einer dritten Person) unter der Bedingung übereignet, daß er die im Range vorausgehenden Gläubiger entsprechend ihren Forderungen befriedige (21. Juli 1576) oder die ganzen Schulden bezahle (9. Juli 1577). Daneben findet sich (erstmals 27. August 1550) die Liegenschaftsversteigerung, die sich in den meisten folgenden Konkursen nachweisen läßt (27. April 1571 usw.). Sie wird meistens als Vergantung, Ausrufung im Canto, oder Cantorecht bezeichnet und erfolgt (durch längere Zeit hindurch) auf der "ordentlichen Stätte".1.76 Der Zuschlag wurde jenem erteilt, der am letzten Tage das Meiste über den Schätzwert (26. Februar 1577) bot.1.77 Im allgemeinen wurde nur ein Cantorecht abgehalten, doch konnte es vom Rate bei unbefriedigendem Ergebnisse verschoben werden (4. Juli 1581, 4. Juli 1586). Die Zahlung des Meistbotes hatte meistens am nächsten Tage zu erfolgen.1.78 Dann wird dem Ersteher vom Rate ein Kaufbrief ausgestellt. Anscheinend galt die Zwangsversteigerung als letztes Auskunftsmittel. In zwei Fällen wird vorerst Zuweisung des Hauses an die Gläubiger versucht und erst nach Ediktsabschied die Verteilung beschlossen.1.79

Als Strafe gegen den Gemeinschuldner wird Aufsagung des Bürgerrechtes, verbunden mit Stadtverweis, verhängt.1.80

Eine feste Klasseneinteilung besteht nach den erhaltenen sechs Ediktsabschieden nicht. Ein Vorrang für öffentliche Abgaben ist nur einmal feststellbar (27. August 1550). Sie werden hier anscheinend im gleichen Range wie die Pfandforderungen befriedigt. Die Gerichtskosten des Konkurses stehen zweimal an erster (21. Februar, 7. April 1584), einmal unter Hypothekarforderungen an zweiter Stelle (16. März 1583). Dann folgen die vertragsmäßigen Pfandrechte dem Alter nach (27. August 1550 usw.), hierauf die Ansprüche der Witwe auf Grund ihres Heiratsbriefes, wobei zwischen eingebrachtem Heiratsgut einerseits, Morgengabe und Widerlage anderseits nicht unterschieden wird.1.81 Ein Vorzugsrecht genießen auch die Lidlohnforderungen der Dienstboten.1.82 Die übrigen "gemeinen Schulden" werden anteilsmäßig befriedigt.1.83 [Seite: S. 11] [=> Seite]

II. Das Stadtrecht bis zum Jahre 1588.

§ 1. Quellen.

Als Quellen kommen vor allem die Stadtgerichtsprotokolle in Betracht, die auch die Vorgänge im Stadtrechte enthalten. Zum Vergleiche mit dem Landrechte wurden der Bericht Ampfingers vom Jahre 1544 über das gerichtliche Verfahren in Kärnten und die Umarbeitung des landrechtlichen Teiles dieser Arbeit2.1 herangezogen, in vereinzelten Fällen auch die Landrechtsordnung von 1577 und die Darstellung des Landschrannenadvokaten Kraus (siehe IV, § 1).

§ 2. Allgemeines.

Die Zusammensetzung des Stadtrechtes erfolgt aus den Mitgliedern des äußeren und inneren Rates unter dem Vorsitze des Stadtrichters. Die Zahl der Beisitzer schwankt zwischen mindestens 7 und 14. Klagen können im Stadtrechte sowohl um Schuld (Geldforderungen), Gut (Fahrnisse) als auch um Liegenschaften und Rechte eingebracht werden. Die persönliche Zuständigkeit ist auf Bürger als Beklagte beschränkt (24. März 1536, 24. Jänner 1537 usw.).

Persönliches Erscheinen (wie im Landrechte, Ampfinger art. 2) ist nicht notwendig. Vollmachtserteilungen können nur vor dem Stadtrechte mit Vergreifung des Gerichtsstabes erfolgen (13. November, 13. Dezember 1573). Als gesetzliche Vertreter erscheinen Vormünder (Gerhaben, 8. Oktober 1551) und bei Handwerksbruderschaften die Zechleute (11. April 1576). Die Beiziehung von und die Vertretung durch Advokaten ist sehr häufig (30. Juni 1563 usw.). Prozeßbeendigung durch gerichtlichen Vergleich ist nachweisbar (7. März 1572).

Die Nachrichten über die Expens (Prozeßkosten, unter Umständen Schadenersatz) sind dürftig. Es ist nicht zu entnehmen, ob wie im Landrechte (Ampfinger art. 23) bei Klagsabweisung der Beklagte ursprünglich keinen Anspruch auf Kostenersatz hatte. Kostenersatzpflicht für einzelne durch Verschulden einer Partei notwendig gewordene Prozeßschritte ist nachweisbar.2.2.

§ 3. Verfahren bis zum Endurteile.

Der Klage hat ein — schriftliches oder mündliches — gütliches Ersuchen vorauszugehen (16. März 1541, 20. Februar 1573). Die Klage (im ältesten Protokoll A 2 ständig "rechtliche Klage" genannt) enthält eine kurze Darstellung des Sachverhaltes, das Begehren mit der allfälligen "Entgeltnus" (Schadenersatz und Buße) und die Angabe, mit welcher Art von Beweismitteln Kläger [Seite: S. 12] [=> Seite] im Bestreitungsfalle weisen will.2.3 Ob die Klage nur schriftlich eingebracht werden kann (Ampfinger art. 6) oder mündliche Einbringung und Protokollierung zulässig ist, läßt sich nicht nachweisen. Man unterscheidet Klagen zu Tagen (24. März 1536 usw.) und auf ein Geschäft (26. Februar 1543 usw.). Bei der ersten Art muß in vier verschiedenen Stadtrechten geklagt werden. Wenn der Beklagte sich auch das vierte Mal nicht verantwortet, wird Behebnus erteilt.2.4. Beim ersten Tage wird dem Kläger Gerichtszeugbrief und Ladung des Beklagten zuerkannt (11. Dezember 1576). Eine weitere Verständigung des Beklagten ergeht nicht und kann Kläger die weiteren drei Tage an den nächsten stattfindenden Stadtrechten (in jedem Rechte je einen) klagen oder auch ein oder mehrere Stadtrechte hindurch nichts unternehmen (stillehalten). Er muß aber immer darauf gefaßt sein, daß der Gegner an einem der Rechtstage erscheint und die Tage durch Urteil aberkennen läßt, so daß er neu klagen muß (z.B. 8. März 1571, vgl. Ampfinger art. 7).

Klagen auf ein Geschäft sind nur bei Forderungen auf Lidlohn oder aus landschadenbündigen Schuldbriefen zulässig;2.5 bei ihnen ergeht an den Beklagten der Auftrag, binnen 14 Tagen zu zahlen oder die Klage im nächsten Stadtrechte zu verantworten (vgl. Lro. art. 23, 24).

Die Verantwortung des Beklagten erfolgt entweder mit Exzeptionen2.6 oder hauptsächlich.2.7 Als eine besondere Art der Verantwortung wird bei dinglichen Klagen das Recht erwähnt, den Vormann als Schermer zu stellen, der an Stelle des Beklagten in den Prozeß eintritt (15. Oktober 1575 usw.).2.8 Vor der Verantwortung Bedacht auf das nächste Stadtrecht zu nehmen, ist gestattet (z.B. 15. Oktober 1577). Im Falle von Behinderungen können Stillstände (Schübe) erlangt werden.2.9 Für die Verantwortung gilt der Grundsatz der Formstrenge. Will man sich mit einer Exzeption verteidigen, so darf man sich nicht zur "Antwort", sondern nur zu "Recht" anbieten, sonst ist man mit allen Exzeptionen abgeschnitten (30. Juni 1563, Ampfinger art. 10). Wird die Exzeption abgewiesen, muß der Beklagte sofort in der Hauptsache antworten (20. Oktober 1573, Ampfinger art. 10). Der Kläger hat auf die Einwendungen des Beklagten zu erwidern und sind auf jeder Seite bis zu drei Reden nachweisbar (29. August 1572, 2. Juni 1576). Schließlich machen beide Parteien den Urteilsvorschlag, sie "setzen zu Recht" (29. August 1572). Der Beweisbeschluß oder die Endentscheidung ergehen als Urteil2.10 in der Weise, daß nach dem Rechtssatze ein Mitglied des Rates des Urteiles angefragt wird, das es dann (meistens nach Bedachtnahme auf das nächste Stadtrecht) ausspricht.2.11 Die Klagsabweisung aus formellen Gründen (Aberkennung der Tage) hat Kostenfolgen, hindert jedoch die Neueinbringung nicht (29. August 1572). Eine Spezialisierung des Beweissatzes in der Richtung einer [Seite: S. 13] [=> Seite] genauen Bezeichnung dessen, was die Partei weisen soll, ist nicht ersichtlich (30. Juni 1563, 15. Oktober 1575).

Bestimmte Regeln, wem der Beweis aufzutragen ist, werden nicht erwähnt. Über den Umstand des erfolgten gütlichen Ersuchens und der Ladung ist Kläger beweispflichtig (20. Februar 1573). Wird ein Streitteil zur Weisung zugelassen, so hat er in der Zeit bis zum nächsten Stadtrecht seinen Weisungsanzug einzubringen der — falls darin Zeugenvernehmungen beantragt werden — dem Gegner zur Einbringung von Fragstücken auf die Weisartikel des Anzuges übermittelt wird.2.12 Nachrichten über die Art und Weise der Beweisführung fehlen. Dem Gegenteil wird — anscheinend auch ohne Antrag — bei Fällung des Beweisurteils die Gegenweisung vorbehalten.2.13 Die Führung einer ergänzenden Weisung durch Einbringung eines Additionalanzuges war möglich.2.14

Haben die Parteien erklärt, mit ihrer Weisung geschlossen zu haben, verzichtet eine Partei oder wird sie ihr aberkannt (22. Juni 1571, 15. Oktober 1575), so erfolgt die Eröffnung der Weisungen und auf Verlangen Abschriftenerteilung. Beide Parteien haben dann bis zum nächsten Stadtrecht ihre Schlußschriften einzubringen, die noch in diesem verlesen werden, worauf der Rechtssatz der Parteien und das Urteil folgt (22. Juli 1571, 16. Mar 1572 usw.).

§ 4. Rechtsmittel und Rechtsmittelverfahren.

Die Nachrichten über die Appellation sind spärlich.2.15 Sie ist bei sonstiger Aberkennung bis zum nächsten Stadtrechte zu führen (21. August, 10. September 1576). Die Abgrenzung der Appellation von dem anderen ordentlichen Rechtsmittel, der Beschwerde, ist schwankend.2.16 Der Rechtszug ging wie im Stadtgerichte an den verordneten Ausschuß und von hier an die nö. Regierung (12. Dezember 1579, 18. November 1581, Ampfinger art. 36). Restitution wegen einer Weisung wird erwähnt (5. März 1574), ob sie von den Verordneten oder dem Landesfürsten erteilt wurde, ist nicht ersichtlich.

§ 5. Die Zwangsvollstreckung.

Hierüber ist aus den Ratsprotokollen nichts ersichtlich.

§ 6. Abkommen und Wiederaufleben des Stadtrechtsverfahrens.

Unter der Bevölkerung scheint das schwerfällige Verfahren nicht beliebt gewesen zu sein. Die Anzahl der abgehaltenen Stadtrechte sinkt ständig.2.17 Nach dem 18. November 1581 wurde überhaupt kein Stadtrecht mehr abgehalten. Am 10. Juni 1586 beschloß jedoch der Rat, die Stadtrechte wiederum anzufangen und die Verordneten von dieser Absicht in Kenntnis zu setzen. Die Stände verhielten sich zustimmend und enthält die vom großen Ausschusse [Seite: S. 14] [=> Seite] entworfene Bürgermeister- und Stadtrichterinstruktion den Auftrag an Bürgermeister, Richter und Rat, die Stadtrechte, wie sie von alters her gebräuchlich und üblich gewesen, alsbald wiederum anzustellen und "continue" zu observieren.2.18 Diesen Weisungen entsprechend wurde am 23. Februar 1588 das erste "renovierte" Stadtrecht abgehalten.

III. Das Stadtgericht vom Jahre 1588 bis zum Jahre 1680.

§ 1. Quellen.

Als Quellen für diesen Zeitabschnitt kommen in erster Linie die Stadtgerichtsprotokolle in Betracht. Von 1600 an werden sie getrennt für die Amtsgeschäfte des Bürgermeisters und des Stadtrichters geführt. Bis 1650 sind sie halbwegs geschlossen, späterhin nur mehr für die Jahre 1661, 1668, 1675 bis 1677 erhalten. Im Landesarchive haben die lückenhaft vorhandenen Verordnetenprotokolle sowie die Registraturbücher (erhalten für 1624, 1635 und von 1639 an) vereinzelte Nachrichten. Wertvolles Material liefern die Faszikel 82/1-7, 83/1-3, 126/1-4, 128/1 dieses Archives, deren Inhalt Appellations-, Restitutions- und vereinzelt auch Beschwerdeakten bilden. In einigen Fällen konnten auch Restitutionsakten des Grazer Regierungsarchives verwendet werden.

Für das Verfahren bei der Landeshauptmannschaft kommt die "Rechtsordnung ... nach Wellicher bey dem Schronengericht und anderen dess Landts Instanzien procediert werden solle ...", der ständische Entwurf vom Jahre 1629 (GV. Hs. 5/30), in Betracht. Art. 59 sollte das Verfahren bei der Landeshauptmannschaft und den anderen Instanzen mit Ausnahme des Landrechtes regeln und blieb im landesfürstlichen Gegenentwurfe von 1638 (Fasz. 184/8, W.St.J.Oe.A. Kärnten, Fasz. 40) sowie dem neuen ständischen Entwürfe von 1668 vollkommen unverändert (Fasz. 185/1). Er kann ohne weiteres als Quelle des geltenden Rechtes benützt werden, da der bestehende Rechtszustand im wesentlichen aufrechterhalten werden sollte.3.1

Die erste zusammenhängende Darstellung des Verfahrens bei der Landeshauptmannschaft, die "Ordnung und gebrauch ...", stammt aus späterer Zeit (vgl. Darst. 131). Auch die "Lanndtsgebreich" (Darst. 130 f.), die "Hollenburger Observationen" (Darst. 131) und die "Observationis (!) super Jus stat. Carinthie" (Darst. 132) geben wertvolle Nachrichten über das Gerichtsverfahren. In einzelnen Fällen werden auch [Seite: S. 15] [=> Seite] die Darstellungen, die zeitlich der nächsten Periode angehören (vgl. V, § 1), herangezogen.

§ 2. Allgemeines.

Die Zusammensetzung des Stadtgerichtes erfuhr eine Änderung durch die Einführung des Bürgermeisteramtes, die auf Ansuchen der Bürgerschaft am 24. September 1587 der große Ausschuß bewilligte (AP. 1587). Nach der Amtsinstruktion3.2 hatte in Zivilstreitigkeiten der Bürgermeister über die Klagen um Erb, Eigen und im Burgfried liegende Güter inner- und außerhalb des Stadtrechtes zu richten, der Stadtrichter3.3 über die Klagen um "gemeine" Schulden, die nicht auf Liegenschaften verpfändet waren. Das galt auch für die Exekutionen, doch hielt sich diese künstliche Aufteilung nicht. Es zeigte sich vielmehr das Bestreben, alle größeren und verwickelteren Streitigkeiten (auch in Schuldensachen) vor dem Bürgermeister durchzuführen,3.4 und ist nach der Aufweisung kein weiterer Exekutionsschritt vor dem Stadtrichter nachweisbar (Protokolle seit 1606). Die geringere Bedeutung des vom Stadtrichter abgehaltenen Ratstages drückt sich in der schwächeren Besetzung (meist nur 4 oder 5 Beisitzer) und darin aus, daß das mündliche Verfahren vorherrscht. Eine wichtige Rolle spielt der Stadtschreiber, der kein Rechtsgelehrter ist und bis zur Bestellung ständiger Rechtsberater (siehe vor Anm. 14) wohl der geistige Urheber der Prozeßentscheidungen gewesen sein dürfte.3.5

Die Zuständigkeit des Stadtgerichtes erfuhr keine wesentliche Änderung.3.6 Die Landschaftsbeamten (Offiziere genannt) unterstehen ihm nicht (RB. 29. August 1639), außer im Falle der Delegierung (29. Juli 1596, 17. März 1626) oder wenn es sich um städtische Liegenschaften handelt (16. April 1618). Dieser Standpunkt wird von den Verordneten im Dekrete vom 1. Oktober 1648 und dem mit der Stadt am 17. Februar 1660 abgeschlossenen Vergleiche festgehalten.3.7

Fremde können vor dem Stadtgericht geklagt werden, wenn sie in Klagenfurt Waren haben oder am Orte anwesend sind.3.8 Bei Entlassungen aus dem Gemeindeverbande wird in den Abschiedsbriefen zur Aufrechterhaltung der gerichtlichen Zuständigkeit bestimmt, daß die Abziehenden inner Jahr und Tag im Stadtgerichte bezüglich hiesiger Sachen beklagt werden können und sie für die hiesigen Sachen Gewaltsträger, allenfalls auch Kaution bestellen müssen (12. Oktober 1596 usw.).

Das Recht der Bürger, als Beklagte die Zuständigkeit des Stadtrechtes anzurufen, blieb aufrecht. Die Stellungnahme des Stadtgerichtes schwankte.3.9 Im allgemeinen zogen die Parteien die Klage vor dem Stadtgerichte vor und erklärten öfters, die Stadtrechtsklage fallen zu lassen und im Gerichte zu prozedieren, [Seite: S. 16] [=> Seite] wogegen niemals eine Einwendung erhoben wurde (3. Jänner 1589, 16. Februar 1590 usw.). Auch nach einem Beschlusse des Magistrates vom 15. März 1639, daß Klagen über 10 fl. auf das Stadtrecht verwiesen werden sollen, sind derartige Exzeptionen vorerst selten.3.10 Sie häufen sich, als ab 1670 nach mehrjähriger Pause wieder Stadtrechte abgehalten werden. Es wird ihnen — ausgenommen bei Zahlungsunfähigkeit des Beklagten (Prozeß gegen Rudolph, 1675) — stets Folge gegeben.3.11

Die Prozeßfähigkeit zeigt keine Änderungen.3.12 Die Bestellung von "curatores ad lites" stand dem Stadtgerichte zu (RB. 20. November 1637). Beim Tode eines Abwesenden erklären die ernannten curatores ad lites, daß sie nicht weiter tätig sein können, da sie nicht curatores bonorum seien (16 Jänner 1618).

Vollmachtserteilungen erfolgen wie in der Vorperiode schriftlich oder mündlich durch Ergreifung des Gerichtsstabes vor dem Rate.3.13 In größeren Prozessen sind Rechtsbeistände (Landschrannenprokuratoren, Stadtschreiber, Landschrannenschreiber und Sekretäre der Landeshauptmannschaft) die Regel (Protokolle seit 1588). Der Umstand, nicht mit einem Prokurator versehen zu sein, oder dessen Verhinderung gilt als Vertagungsgrund (9. März 1612 usw.). Die Stadt selbst besoldet seit dem 7. Juli 1603 ständig zwei Landschrannenprokuratoren, damit diese den Stadtrechten beiwohnen und sich auch sonst in Rechtssachen zur Verfügung stellen. Dies trug zweifelsohne zur Angleichung des städtischen Verfahrens an das bei der Landschranne und der Landeshauptmannschaft bei. Stärkere Verwendung lateinischer Fachausdrücke und Anführungen aus juridischen Schriftstellern lassen sich gegen 1600 nachweisen.3.14

Prozeßkautionen werden gegenüber landesfremden Klägern verlangt und auch auferlegt (19. Jänner 1600 usw.). Nicht ansässige Beklagte können veranlaßt werden, Sicherheit dafür zu leisten, daß sie sich vor Prozeßaustragung nicht aus der Stadt entfernen.1.15 Die Verordneten üben wie bisher die Oberaufsicht über die Tätigkeit des Stadtgerichtes aus. Eingriffe in das Verfahren sind im allgemeinen nicht nachweisbar, dagegen dringen sie des öfteren auf dessen Beschleunigung.3.16

§ 3. Das Prozeßverfahren bis zum Beweisabschied oder Kontumazerkenntnis.

Wie in der Vorperiode hat jeder Klage ein gütliches Ersuchen vorauszugehen, widrigenfalls der Beklagte exzipieren kann.3.17 Bei mündlicher Klage ergeht an den Gegner die Aufforderung, vor Gericht zu erscheinen, um anzuhören, was Kläger gegen ihn vorbringe. Die Vorladung hat anscheinend der Kläger — durch den Gerichtsboten — zu besorgen.1.18 Bei Anerkenntnis wird [Seite: S. 17] [=> Seite] sofort der Leistungsauftrag auf 14 Tage erlassen, was der Hauptvorteil der mündlichen Klage ist. Dagegen scheinen Kontumazerkenntnisse gegen den Beklagten, bevor dieser sich in den Prozeß eingelassen hatte, ursprünglich unzulässig gewesen zu sein: sie lassen sich erst spät bei mindestens dreimaligem Nichterscheinen nachweisen.3.19

Sich Bedacht bis zum nächsten Ratstage zu nehmen, ist gestattet (z.B. 17. Juni 1589). Üblich ist die Einbringung von mündlichen Klagen bei Lidlohnstreitigkeiten und Schuldbriefen.3.20 Sie sind häufig im Verfahren vor dem Stadtrichter. Der mundliche Prozeß behauptete sich durch die ganze Periode neben dem schriftlichen und dem Mandatverfahren (z.B. noch 17. April und 26. Oktober 1668). Er stimmt mit dem schriftlichen Prozesse in der Art der Verantwortung und dem Beweisverfahren samt darauffolgendem Schriftenwechsel vollkommen überein, ebenso in Zahl und Art der dem Abschiede folgenden Leistungsaufträge,3.21 so daß auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann.

Mehrere Entscheidungen gehen dahin, daß bei verwickelter Rechtslage, größeren Beträgen und anscheinend auch dann, wenn das Ersuchen schriftlich erfolgt war, eine schriftliche Klage eingebracht werden muß.3.22 Sie wird wie früher dem Gegner zur Verantwortung innerhalb 14 Tagen übersandt.3.23 Beim dritten Geschäfte wird Fällung eines Kontumazerkenntnisses (Abschied oder Erkanntnus genannt) angedroht.3.24 Vereinzelt wird dem Beklagten nach den drei "stadtgebräuchigen" Geschäften noch eine weitere Frist "zum Überfluß" zur Einbringung seiner Verantwortung erteilt (z.B. 9. Mai 1595). Um 1610 ist dies aber eine ständige Einrichtung geworden.3.25

Bringt der Beklagte innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Fristen eine Exzeption3.26 oder hauptsächliche Verantwortung3.27 ein, so wird diese dem Gegner zu seiner Ablainung (ferneren Notdurft, Replik, neuerlichen Schrift) übersandt.3.28 Dann folgt die Antwort (andere Schrift, Duplik) des Beklagten,3.29 hierauf das schließliche Anrufen (schließliche Notdurft) des Klägers und die schließliche Notdurft des Beklagten (30. August 1590, 3. August 1598 usw.). Die übliche und gleichzeitig Höchstzahl der von jeder Seite einzubringenden Schriften ist demnach drei (vgl. Lg. art. 96). Bei weniger wichtigen Prozessen sind es auch nur zwei.3.30 Vereinzelt findet sich auch nur je eine Schrift (Klezko-Khnor, 1600, Fasz. 82/1).

Bei allen Schriften gelten die oben erwähnten Fristen von 14, 8 und 3 Tagen (3. Juni, 8. August 1598 usw.). Später sind auch peremptorische und superperemptorische Verordnungen (z.B. 4. April 1618) nachweisbar. Bringt der Kläger eine dieser Schriften trotz Fristablauf nicht ein, so erfolgt das Erkenntnis auf Grund des beiderseits Vorgebrachten.3.31 Wird die erhobene Exzeption abgewiesen, so [Seite: S. 18] [=> Seite] ist die hauptsächliche Verantwortung nicht innerhalb 14, sondern 8 Tagen einzubringen (23. April 1599); erfolgt sie nicht, so sind die Schlußschriften zu erstatten (14. Juni 1595). Das Erkenntnis nach Abführung des Schriftenwechsels lautet auf Beweiszulassung, Stattgebung oder Ablehnung der Exzeption und allenfalls Entscheidung in der Hauptsache. Wird einer dilatorischen Einwendung Folge gegeben, so kann gleich neuerlich geklagt werden (21 September 1598, 31. Jänner 1668).

Neben diesem Verfahren entwickelt sich das Mandatverfahren. Sein Anwendungsgebiet ist anfangs auf Forderungen beschränkt, die ausreichend bescheinigt sind.3.32 Späterhin begegnen jedoch Mandate bei Geldschulden jeder Art und auch bei sonstigen vertretbaren Sachen (Getreide, 8. November 1619), besonders bei Schuldbriefen (27. Jänner 1601 usw.). Der Vorgang spielt sich in der Weise ab, daß auf "Anrufen" dem Beklagten zuerst mit 14-, dann mit 8- und 3tägiger Fristsetzung aufgetragen wird, zu zahlen oder seine Einwendungen einzubringen.3.33 Geschieht dies nicht, so wird auf neuerliches Anrufen die Aufweisung (Behebnus) erteilt.3.34 Werden Einwendungen eingebracht, so geht der weitere Prozeß in den üblichen Formen des schriftlichen Verfahrens vonstatten (5. März 1590, 11. Juli 1598 usw.).

Seit ungefähr 1619 zeigt sich die Neigung, an Stelle des umständlichen Schriftenwechsels eine mündliche Verhandlung, Verhör genannt, abzuhalten, vor allem bei Streitigkeiten über Nebenfragen, sogenannten "Inzidenzstreitigkeiten"3.35), bald aber auch in der Hauptsache selbst.3.36 Daneben wird an Stelle der schriftlichen Klage wiederum die mündliche zugelassen. Diese Bestrebungen stießen allerdings auf Widerstand. Vor allem wehrten sich die Beklagten gegen die dadurch drohende Verfahrensabkürzung. Die Stellungnahme der Verordneten war schwankend.3.37 Am 17. März 1626 wird ein (anscheinend an diesem Tage gefaßter) Beschluß des Magistrates erwähnt, "die vilfeltigen bey diser stöll zuvor nicht gebreuchliche mündliche verhören abzustellen und in allen etwass wichtigen casibus ein procesl mit vier schrifften schließen zulassen". Der Gerichtsbrauch war aber trotzdem nicht einheitlich3.38 und setzte sich Ende der 30er Jahre des 17. Jahrhunderts die Einschaltung eines mündlichen Verhöres in das schriftliche Verfahren endgültig durch, wahrscheinlich in Anlehnung an den Gerichtsbrauch bei der Landeshauptmannschaft.3.39 Nach dem 14. Jänner 1639 sind weder im Mandatverfahren Behebnuserteilungen, noch im schriftlichen Verfahren Kontumazabschiede ohne mündliches Verhör nachweisbar.

Der nunmehrige Vorgang ist dadurch gekennzeichnet, daß der Beklagte in seinen Einwendungen ein Verhör verlangt (28. Jänner, 19. November 1632 usw.) oder der Kläger darum anruft (z.B. 6. März 1629). Im allgemeinen wird das erstemal für den Beklagten [Seite: S. 19] [=> Seite] das Verhör nicht peremptorisch angeordnet, so daß bei Nichterscheinen neuerliche Ladung erfolgen muß.3.40 Zur Fällung eines Kontumazerkenntnisses ist jedenfalls peremptorische Anberaumung erforderlich.3.41

§ 4. Beweisverfahren und Endabschied.

Der Streitteil, dem Weisung aufgetragen wurde,3.42 hatte innerhalb der im Abschied vorgeschriebenen Frist (meistens 14 oder auch 8 Tage) mit seinem Weisungsanzug einzukommen.3.43 Urkunden sind dem Anzüge beizuschließen (Capler-Gottfrid, 1661, Fasz. 82/5). Beim Beweise durch Zeugen hatte der Anzug ihre genaue Benennung und die Weisartikel, über die sie zu vernehmen sind, zu enthalten. Die Artikel müssen dem Klagsinhalte genau entsprechen.3.44 Der Anzug wird dann — unter Beischluß der allfälligen Urkundenabschriften — dem Gegner zugestellt, der beim Zeugenbeweis seine Fragstücke einzubringen hat.4.45 Innerhalb dieser Fristen waren auch allfällige Exzeptionen gegen den Weisungsanzug einzubringen.3.46 Die Exzeption wird dem Weisungsführer zur Gegenäußerung geschickt (20. November 1609) und dann — allenfalls nach Durchführung eines weiteren Schriftenwechsels — darüber entschieden (9. Februar 1594, 11. Dezember 1609). Eine Fallfrist für die Abhaltung des Zeugenverhöres ist nicht nachweisbar.

Die Vorladung der Zeugen ergeht von Amts wegen (19. September 1588 usw.), doch hat für die Zustellung der Zeugenführer zu sorgen (20. Juni 1614). Nichterschienene werden peremptorisch geladen (29. Jänner 1644). Der Gegner ist von der Vernehmung zu verständigen (z.B. 5. Mai 1588). Bei auswärtigen Zeugen werden dem Beweisführer Kompaßschreiben an die zuständigen Gerichte mit dem Ersuchen um Vernehmung übergeben, denen Anzug und Fragstücke beizuschließen sind (RB. 9. November 1650).

Es ist zulässig, sich im Hauptweisungsanzuge einen Additionalanzug vorzubehalten, der vor Abführung des Beweisverfahrens über den Hauptanzug einzubringen ist und bei dem sich der Vorgang wiederholt (Prozeß Capler-Gottfrid, a.a.O.). Hat der Beweisführer mit seiner Weisung geschlossen,3.47 so hat der Gegner mit der Gegenweisung einzukommen.3.48 In dem Punkte, ob nach Weisungsschluß noch Beweise aufgenommen werden können, schwankt der Gerichtsbrauch.3.49

Auch dieses Verfahren erleidet Abänderungen. Die Weisungsfrist, innerhalb welcher der Anzug eingebracht und dem Gegner übersandt werden muß, erfährt eine Erweiterung auf 6 Wochen 3 Tage.3.50 Dafür findet keine weitere Fristgewährung, sondern auf Anrufen des Gegners Deserterkennung der Weisung oder Gegenweisung statt.3.51 Innerhalb einer gleich langen Frist muß die Weisung vollführt sein. Bei Zeugenvernehmungen genügt es, binnen der Frist die Vernehmung vom Gerichte zu begehren, welchem [Seite: S. 20] [=> Seite] Schritte zwei Aufträge an den Gegner, seine Fragstücke binnen 14 und dann 8 Tagen einzubringen, vorausgegangen sein müssen (6. März 1668, ebenso Ordnung Bl. 177). Die Entscheidung, ob die Weisung desert ist, oder über eingebrachte Exzeptionen ergeht in einem Verhöre.3.52 Die Vornahme des Zeugenverhöres, die Eröffnung der Weisung und Abschriftenerteilung erfolgt wie bisher (12. November 1588 usw.).

Die Beweismittel wiesen keine Änderung auf. Gelegentlich werden Präsumptionen erwähnt (Capler-Gottfrid, a.a.O., Schlußschrift Caplers, 1661 oder 1662). Beim Beweise durch Vernehmung des Gegners als Zeugen wird auch jetzt daran festgehalten, daß daneben kein anderes Beweismittel zulässig ist.3.53 Erscheint auf mehrfache Ladung der zur Eidesablegung Verpflichtete nicht oder verweigert er die Ablegung, so gilt er als geständig.3.54 Die Annäherung dieses Beweismittels an den gemeinrechtlichen zugeschobenen Eid äußert sich darin, daß ein Zurückschieben des Eides zulässig ist.3.55 Gegenüber diesem Beweissystem bleibt ursprünglich kein Raum für einen vom Richter auferlegten notwendigen Eid. Der erste dahinzielende Antrag wird abgewiesen.3.56 Die Verordneten ließen aber jedenfalls zu Ende der Periode das iuramentum suppletorium zu (Guetsold-Stocker, 9. September 1680, Fasz. 82/7, vgl. Anm. 57).

Der Beweis durch Raitung ist weiterhin üblich (z.B. 25. Juli 1588, 9. Mai 1620). Er erfolgt vor Gerichtskommissären, die Parteien haben sich über die einzelnen Posten zu äußern und entscheidet über die strittig gebliebenen das Gericht (Abschied vom 23. März 1600, Künstl-Wirt, Fasz. 82/1).

Inwieweit die gemeinrechtlichen Beweisregeln galten, ist nicht recht ersichtlich, da sich Akten und Protokolle meistens mit der Wendung begnügen, daß genugsam oder nicht genugsam erwiesen worden sei (13. November, 11. Dezember 1612 usw.). Anzunehmen ist, daß gegen Ende der Periode — allenfalls mit Ausnahme der Unzulässigkeit des iuramentum suppletorium — die gemeinrechtliche Beweislehre volle Gültigkeit hatte.3.57

Nach Abführung des Beweisverfahrens, Eröffnung der Weisung und Abschriftenerteilung hat jede Partei eine Schlußschrift innerhalb 14 Tagen einzubringen.3.58 Bei beharrlicher Nichteinbringung erfolgte endlich der Abschied über das Eingekommene.3.59 Zur Eröffnung müssen beide Teile geladen werden.3.60 Vereinzelt ist in der ersten Hälfte dieser Periode noch die Androhung und Verhängung von Geldstrafen zur Erzwingung einzelner Prozeßschritte nachweisbar (z.B. 27. Oktober 1592, 4. August 1620).

§ 5. Rechtsmittel und Rechtsmittelverfahren.

Die ordentlichen Rechtsmittel sind wie bisher die Appellation3.61 und die Beschwerde. Appellationen sind vor allem [Seite: S. 21] [=> Seite] zulässig gegen Endabschiede und Beweisbeschlüsse. Die Abgrenzung gegenüber der Beschwerde ist nicht vollkommen fest.3.62 Im allgemeinen ist gegen Bescheide nur Beschwerde möglich. Sie ist daher das Rechtsmittel des Beklagten bei liquiden Schuldbriefen,3.63 beider Parteien bei richterlichen Verfügungen im Laufe des Prozesses3.64 und der Zwangsvollstreckung.3.65 Sie kann jedenfalls gegen alle gerichtlichen Verfügungen ergriffen werden, die inappellabel sind.

Im Appellationsverfahren hat die Anmeldung entweder sofort mündlich nach Abschiedseröffnung (z.B. 14. Februar 1618) oder schriftlich innerhalb 10 Tagen3.66 zu erfolgen. Ein besonderes Verfahren über die Zulassung läßt sich vorerst nicht nachweisen. Späterhin erfolgt die Entscheidung über die Zulassung bei mündlicher Anmeldung sofort (27. August 1618 usw.). Die schriftliche Anmeldung wird dem Gegner zur Äußerung übersandt (4. August 1619 usw.). Will er sie nicht zulassen, so hat er eine Exzeptionsschrift einzubringen (z.B. 4. August 1636). Im Falle einer Exzeption erfolgt ursprünglich ein Schriftenwechsel,3.67 in späterer Zeit hat der Appellationswerber um ein Entscheidungsverhör über die Zulässigkeit einzukommen.3.68 Die Entscheidung im Verhöre ist anscheinend endgültig.3.69

Die Aufrichtung der Appellation besteht in der nach Ladung beider Parteien erfolgenden Zusammenrichtung der Akten und der Aushändigung des Apostelbriefes für die Verordneten.3.70 Erscheint der Appellationswerber zur Aufrichtung nicht, so ist die Appellation desert (z.B. 22. August 1614). Kommt der Gegner nicht, so wird ursprünglich sofort in seiner Abwesenheit aufgerichtet (22. September 1588). Späterhin ergehen mehrmalige Ladungen und kommt es anscheinend erst beim dritten Nichterscheinen zu einer Aufrichtung ex offo (z.B. 29. August 1614, 26. Mai 1623). Die Aufrichtung hat — mindestens später — nach Stadtgebrauch innerhalb von 6 Wochen 3 Tagen nach der Anmeldung zu erfolgen.3.71 Wurde in erster Instanz schriftlich verfahren, so ist die Aufrichtung sehr einfach. Es werden die von den Parteien eingebrachten Schriften samt den übrigen Prozeßakten (Zeugenvernehmungen, Urkunden, Abschied) zusammengestellt und samt dem Apostelbrief dem Appellanten übergeben.3.72 Neuerungen, so der Beischluß von Urkunden, die nicht in erster Instanz verwendet worden waren, sind unzulässig.3.73 Diese Vereinfachung der Appellationsaufrichtung war wohl der Hauptgrund für das Stadtgericht, in verwickelten Fällen, bei denen man mit Appellation rechnen mußte, schriftliche "Verfahrung" aufzutragen.

Wurde bei rein mündlichem Verfahren appelliert (ein allerdings seltener Fall, der nur eintrat, wenn ohne Beweisverfahren auf Klage und Antwort ein Enderkenntnis gefällt oder gegen den Beweisabschied ein Rechtsmittel ergriffen wurde), so wurde ursprünglich nur der Abschied mit einem Apostelbrief vorgelegt.3.74 Seit ungefähr [Seite: S. 22] [=> Seite] 1600 konnten die Parteien nach erfolgter Appellationsanmeldung ihren Standpunkt in Schriften niederlegen.3.75 Die Zahl der von jeder Partei einzubringenden Schriften richtet sich nach jener der "Reden", die sie in erster Instanz gehabt hatten, eine Überschreitung ist unzulässig.3.76 Zuerst brachte der Appellant seine erste Appellationsschrift ein, die dem Gegner mit dem Auftrage, seine Schrift binnen 14 Tagen einzureichen, übermittelt wurde.3.77 Der Vorgang wiederholt sich bei den weiteren Schriften. Sind endlich sämtliche eingebracht oder einzelne aberkannt, so findet auf Anrufen des Appellanten die Aufrichtung in der üblichen Weise statt.3.78

Die Frist von 6 Wochen 3 Tagen zwischen Anmeldung und Aufrichtung wurde beim Verfahren mittels Schriftenwechsels nur in den seltensten Fällen eingehalten.3.79 Anscheinend galt für jede Schrift einschließlich der Übersendung an den Gegner (zumindest in späterer Zeit) eine eigene Fallfrist von 6 Wochen 3 Tagen.3.80 Das Neuerungsverbot gab eine bequeme Handhabe, das Verfahren zu verlängern. Man entdeckte im gegnerischen Schriftsatze Neuerungen und verlangte mittels schriftlicher Exzeption deren Abänderung, worüber entschieden werden mußte.3.81 Dadurch erreichte man auf jeden Fall eine bedeutende Verlängerung der Einbringungsfrist für den eigenen Schriftsatz und schob die Appellationsaufrichtung hinaus. Dies erklärt den langen Zeitraum, der meistens zwischen Abschied und Aufrichtung lag.3.82 Als in erster Instanz auch bei schriftlichem Verfahren die Einschiebung eines Verhöres üblich wird, kommen in einfachen Fällen Appellationen ohne Appellationsschriften, aber mit Beischluß von Protokollauszügen über das Parteivorbringen vor (Järitz-Großegger, 1649, Fasz. 82/5).

Nach Aufrichtung wird der Apostelbrief samt Akten dem Appellanten zur Vorlage an die Verordneten übergeben, was als Hebung der Dingnus bezeichnet wird (vgl. Anm. 61). Der Apostelbrief wurde auf eine Fallfrist von 14 Tagen ausgestellt, binnen welcher der Appellationswerber die Erledigung oder einen Schub der Verordneten beizubringen hatte.3.83 Der (schriftliche) Schub lautete dahin, daß die Verordneten wegen ihrer Amtsgeschäfte die Sache nicht entscheiden konnten, und enthielt eine Fristverlängerung auf 8 Wochen von der Ausstellung an (Fasz. 82/1 ff.). Vor Ablauf dieser Frist mußte Appellant gegebenenfalls einen neuen Schub erwirken.3.84 Bei nicht fristgemäßer Beibringung der Entscheidung oder des Schubes an das Stadtgericht erfolgt auf Verlangen des Gegners die Deserterkennung der Appellation.3.85

Die Appellationserledigung durch die Verordneten erfolgte ursprünglich ohne mündliche Verhandlung.3.86 Der Appellant hatte dann den ganzen Akt dem Stadtgerichte zu übergeben. Dieses ordnete eine Tagsatzung an, bei der die Eröffnung auch in Abwesenheit des Gegners erfolgte (6. Februar 1618 usw.). Der weitere Rechtszug ging an die nö. (seit 1620 i. ö.) Regierung nach [Seite: S. 23] [=> Seite] Graz.3.87 Vorgang und Fristen bei der Anmeldung und Aufrichtung decken sich mit der Appellation an die Verordneten, wenn vor dem Stadtgerichte schriftlich prozessiert worden war.3.88 Der Apostelbrief wurde auf 6 Wochen ausgestellt und lauten die Schübe auf 16 Wochen (Fasz. 128/1).

Eine eigentümliche Erscheinung in der ersten Hälfte dieses Zeitraumes ist der Versuch, durch sogenannte "Rührschriften" der Appellationsinstanz den eigenen Standpunkt vor Augen zu führen. Dies war vor allem bei Appellationen in schriftlichen Prozessen zweckmäßig, da hier die Parteien keine Gelegenheit hatten, zum Abschiede und seiner Begründung Stellung zu nehmen. Diese auch "Supplicieren" betitelten Schriftstücke beginnen mit der Bitte um alsbaldige Erledigung der eingebrachten Appellation und knüpfen daran eine ausführliche Darstellung des beiderseitigen Standpunktes.3.89

Gegen das Überhandnehmen des Schriftwesens und die dadurch bewirkte Verlängerung des Appellationsverfahrens machte sich in Kärnten eine Gegenströmung bemerkbar. RO. art. 59 sieht vor, daß in Zukunft bei den Gerichts- und Grundherrschaften am Lande der Appellant anstatt schriftlicher Appellationsaufrichtung innerhalb 6 Wochen nach Eröffnung des Abschiedes seine Beschwerde einbringen und um mündliches Verhör bei der Landeshauptmannschaft anrufen müsse. Wurde auch der Entwurf nie Gesetz, so setzte sich diese Bestimmung doch durch.3.90 Das erste Verhör in einer Appellationssache gegen einen Stadtgerichtsabschied ist am 13. April 1638 aus den Registraturbüchern nachweisbar.3.91 Dann folgen diese Verhöre "loco scriptae appellationis" rasch aufeinander in allen Arten von Rechtsstreitigkeiten. Besonders häufig werden sie seit den 60er Jahren des 17. Jahrhunderts.3.92 Daneben besteht aber die schriftliche Verfahrensart bei Appellationen in größeren Prozessen fort (z.B. Capler-Gottfrid, 1662, Fasz. 82/5). Vielleicht damit im Zusammenhange steht eine Aufforderung der i. ö. Regierung (10. Dezember 1628, Fasz. 128/1), in Zukunft Appellationen an die dritte Instanz durch die Verordneten vorlegen zu lassen. Dieses Verlangen wurde zwar fallen gelassen, als der Magistrat am 13. Jänner 1629 nachwies, daß ein derartiger Vorgang nie gebräuchlich war. Nach Einbürgerung der Appellationsverhöre erfolgt jedoch die Aufrichtung der Appellation an die dritte Instanz ständig bei den Verordneten.3.93

Das Verfahren bei der Beschwerde ist naturgemäß stets ein schriftliches geblieben. Eine Fallfrist läßt sich nicht nachweisen. Die Verordneten fordern Bericht vom Stadtgericht ab.3.94 und erfolgt nach dessen Einbringung die Entscheidung. Aufschiebende Wirkung hatte die Beschwerde nicht, sondern mußte man von den Verordneten einen Einstellungsbefehl erwirken.3.95 Der weitere Rechtszug ging ebenfalls an die Regierung (z.B. 10. Mai 1595). [Seite: S. 24] [=> Seite]

Revisionen sind nur durch eine kurze Bemerkung bezeugt (13. Juni 1634), die eine "revisio actorum" nach einem bis in die dritte Instanz durchgeführten Prozesse erwähnt, ohne nähere Anhaltspunkte für das Verfahren zu geben. Andere Quellen gewähren ein deutliches Bild vom Wesen dieses Rechtsmittels, das in einer nochmaligen außerordentlichen Überprüfung des Prozeßstoffes besteht.3.96

Sehr häufig wird dagegen die Restitution erwähnt, die ebenfalls im General von 1623 (Anm. 96) gesetzliche Regelung fand. Zu Beginn der Periode erteilen die Verordneten Restitutionen für Verfahrenshandlungen im Stadtgerichte.3.97 Nach Erlassung des Generals sind keine Restitutionen durch die Verordneten vorgekommen. Das Anwendungsgebiet der "restitutio in integrum" wird im General (Punkt 6) dahin abgegrenzt, daß Restitution wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes, Arglist, Furcht, Betruges, Ungeschicklichkeit oder Fahrlässigkeit des Prokurators oder Gerhaben nicht erteilt werden soll, da hier "ordinaria remedia" ausreichten, außer wenn der Restitutionswerber nachweise, daß sie in diesem Falle nicht genügen.3.98 Auf prozessualem Gebiete sind also Restitutionen unbeschränkt zulässig und geht dies auch aus den Akten hervor.3.99

Die Frist zur Einbringung beträgt in Prozessen nach dem General (P. 1) 6 Monate von der Entscheidung an, gegen die man restituiert werden will. Was das Verfahren anlangt, so wird das Gesuch unmittelbar bei Hof eingebracht,3.100 neu aufgefundene Urkunden sind beizuschließen und ist nachzuweisen, daß sie erst jetzt aufgefunden wurden (General P. 5). Es ergeht dann vom Hofe (i. ö. geheime Stelle) ein Befehl zur Erstattung eines Berichtes samt Gutachten an die Regierung, von dieser an die Verordneten und weiter an das Stadtgericht.3.101 Der Restitutionswerber hat darauf zu achten, daß der Bericht des Gegners samt dem Gutachten der unteren Instanzen innerhalb 3 Monaten erstattet wird (General P. 1). Das Stadtgericht hat den Gegner vor Einbringung des Gutachtens einzuvernehmen.3.102 Wird keine Äußerung eingebracht, so erstattet der Magistrat sein Gutachten ex offo (8. März 1633). Es folgen die Gutachten der Verordneten und der Regierung, worauf die Entscheidung vom Hofe (der geheimen Stelle) gefällt wird.3.103 Ausschlaggebend ist, wie aus den Grazer Akten hervorgeht, das Regierungsgutachten und beschränkt sich die Tätigkeit der geheimen Stelle meistens auf ein reines "placet". Auch dieses außerordentliche Rechtsmittel wurde von säumigen Schuldnern gern zur Verzögerung des Verfahrens benützt, wobei besonders die Aussicht auf Exekutionsaufschub gelockt haben dürfte.3.104

§ 6. Abgekürzte Verfahrensarten.

Das Verfahren bei Schuldbriefen hat sich nicht geändert. [Seite: S. 25] [=> Seite] Es ist das Hauptgebiet der mündlichen Klage.3.105 Aufrechnung ist im allgemeinen unzulässig.3.106 Bei Erhebung von Einwendungen kommt es allenfalls auch zu einem Schriftenwechsel (z.B. 24. Juli 1612 13. Februar 1618), wohl aber nur, wenn die Klage im Mandatverfahren erfolgte. Späterhin wird auch über schriftliche Einwendungen in einem Verhör entschieden (17. April 1668).

Auch bei Klagen von Fremden überwiegt das mündliche Verfahren. Schon die erste Ladung ergeht peremptorisch (17. Juli 1609, 4. Juni 1635). Es erfolgt nur ein Leistungsgeschäft auf 3 Tage (24 August 1591 usw.) und dann sofort die Behebnuserteilung.3.107 Auch die Frist zur Aufweisung (8 Tage, 13. März 1607) und zur Ablösung (3 Tage, 19. August 1614) ist verkürzt. In Wechselklagen, die übrigens sehr selten vorkommen, gilt kein besonderes Verfahren (5. Jänner 1591).

Die Bemessung der Kosten (Expenstaxierung) erfolgt wie bisher in einem abgesonderten Verfahren, wobei auch der Schaden unter die Kosten gerechnet wird. Der siegende Teil hat seine Expens (Schadenzedl) nach endgültiger Beendigung des Hauptprozesses, somit nach Befriedigung der Hauptsache oder nach Einantwortung, bei Klagsabweisung nach deren Rechtskraft einzubringen.3.108 Die Expens wird dem Gegner zur Einbringung von Einwendungen übersandt. Es finden sich die üblichen Fristen von 14, 8, 3 Tagen, später peremptorische und superperemptorische Aufträge (22. Juni 1593 usw.). Neben Einreden gegen die Höhe begegnen auch Exzeptionen gegen die Verpflichtung zum Kostenersatze überhaupt.3.109 Die Entscheidung erfolgt ursprünglich durch Abschied (Taxierung, Taxierungserkenntnis), ohne mündliches Verfahren (17. Juni 1597 usw.). Appellation in den Formen des schriftlichen Verfahrens ist zulässig.3.110 Auf die Taxierung folgen die üblichen drei Zahlungsgeschäfte, später sind auch peremptorische und superperemptorische Geschäfte nachweisbar (z.B. 15. Mai 1619) und begegnen an Stelle der Geschäfte die Warnungen auf 14 und 8 Tage (8. August 1675).

§ 7. Das Zwischenverfahren bis zur Zwangsvollstreckung.

Auf den Abschied oder das gerichtliche Geständnis im mündlichen Verfahren erfolgen — mit Ausnahme des Mandatverfahrens, bei dem nach dem dritten Geschäfte ohne weiteres die Behebnus erteilt wird (Anm. 34) — zu Beginn der Periode die drei üblichen "unconditionierten" (Domenig-Perner, 1620, Fasz. 126/4) Leistungsgeschäfte auf 14, 8 und 3 Tage.3.111 Ein weiteres Geschäft "zum Überfluss" kommt vereinzelt vor (z.B. 21. August 1590). Um 1612 wird dies aber zur Regel.3.112 In vielen Fällen ergehen noch superperemptorische Geschäfte.3.113 Für sie bürgert sich der Name peremptorische und superperemptorische Verordnung ein (21. April 1617, 2. Juli 1619 usw.). [Seite: S. 26] [=> Seite]

Erstmals am 9. Februar 1635 taucht hiefür die Bezeichnung Warnung auf.3.114 Inwieweit Zusammenhänge mit der gleichzeitigen Einfügung des Verhöres in das schriftliche Verfahren bestehen, läßt sich nicht feststellen. Die Leistungsfrist in den Warnungen beträgt erstmals 14, dann 8 Tage.3.115 Zumeist wird schon nach zwei Warnungen die Behebnus (§ 8) erteilt (29. März 1639 usw.). Der Aufweisung vom 20. März 1668 gehen aber nachweisbar drei Warnungen auf 14, 8 und 3 Tage voraus. Die drei Geschäfte, die der peremptorischen und superperemptorischen Verordnung vorausgingen, verschwinden und erfolgen gleich die Warnungen.3.116 Damit hat sich das Zwischenverfahren jenem bei der Landeshauptmannschaft angeglichen, bei der dem Abschiede die Warnungen auf 14 und 8 Tage und die Aufweisung folgen (Ordnung Bl. 177 f.).

§ 8. Die Zwangsvollstreckung.

Zu Beginn dieses Zeitabschnittes kommen neben der Zwangsvollstreckung in das Vermögen auch noch die anderen Exekutionsarten häufig vor, so Androhung und Verhängung einer Geldstrafe (Peen),3.117 später jedoch nur mehr in Ausnahmsfällen, so z.B. gegen Vormünder (17. März 1600, 15. Mai 1643) und nur als vorläufiges Zwangsmittel, bei dessen erfolgloser Anwendung Aufweisung bewilligt wird. Die Geldstrafe behauptet sich jedoch in Fällen, bei denen Vermögensexekution nicht zum Ziele führen würde (gegenüber Ausländern 21. Februar 1592, Räumung einer Wohnung 30. Juni 1606, eines Ackers 9. Juni 1595).

Die Zwangsvollstreckung in das Vermögen beginnt mit der Erteilung der Aufweisung.3.118 Daneben findet sich "Fronbote erteilt", öfters mit dem Zusatz "zur Aufweisung" (17. Juli 1590 usw.) und bald — wohl im Anschlüsse an den Sprachgebrauch des Stadtrechtes — "Behebnus" mit oder ohne den Beisatz "zur Aufweisung". Diese Bezeichnung wird unterschiedslos neben den älteren Ausdrücken verwendet.3.119

Behebnus konnte ursprünglich nur im versammelten Rate bewilligt werden, doch wurde mit Beschluß vom 17. März 1608 der Stadtrichter ermächtigt, für jene Geldforderungen, die vor ihm geklagt worden waren, mit Zuziehung von 2 oder 3 Ratsmitgliedern die Behebnus zu erteilen.3.120 Bevor die warnungsweisen Geschäfte gebräuchlich waren, wird auf das Begehren um Aufweisung öfters dem Verpflichteten noch eine kurze Frist zur Erfüllung gewährt (13. Februar 1588 usw.). Der Fronbote schreitet bei der Aufweisung ein und meldet schriftlich oder mündlich dem Stadtgerichte, auf welche Gegenstände der betreibende Gläubiger gewiesen hat.3.121 Für den Bericht ist die Bezeichnung "Relation" üblich (9. Juli 1595 usw.). Er wird von Amts wegen dem Verpflichteten entweder zur Nachricht (4. September 1618) oder schon mit der Aufforderung zugeschickt, innerhalb stadtgebräuchlicher Zeit (14 Tage) die [Seite: S. 27] [=> Seite] aufgewiesenen Stücke abzulösen.3.122 Später gilt allgemein eine längere Ablösungsfrist von 6 Wochen 3 Tagen.3.123 Wird nicht abgelöst, so erfolgt auf Antrag des Betreibenden die Schätzung der aufgewiesenen Stücke durch vom Gericht bestimmte Schätzleute.3.124 Sie wird dem Stadtgerichte übermittelt und werden vereinzelt schon jetzt die Parteien von ihrem Ergebnisse verständigt (3. April 1599). Im allgemeinen erfolgt jedoch die Zusendung der Schätzung an den Schuldner erst gleichzeitig mit dem Anbot, der gerichtlichen Aufforderung, die geschätzten Stücke gegen Zahlung der Hauptsache und Kosten binnen 14 Tagen abzulösen, widrigenfalls die Einantwortung erfolge.3.125 Der nächste Schritt ist das Begehren um Einantwortung (27. Oktober 1592 usw.) oder Ansatz (22. Dezember 1593 usw.). Diese Bezeichnungen werden unterschiedslos verwendet (24. September 1612, Ansatz- oder Einantwortungsbrief). Gegen Ende des 16. Jahrhunderts taucht für den Einantwortungsbeschluß die dem Stadtrechte entlehnte Bezeichnung Stadtscherm(b) auf.3.126 Bis zur Einantwortung konnte der Schuldner die Pfandstücke einlösen (7. Jänner 1620) und blieben sie in seinem Besitze, wobei ihm allerdings jede Verfügung bei Strafe untersagt war (15. September 1593).

Abweichungen ergeben sich bei der Aufweisung auf Geldsummen oder Forderungen, da hier die Schätzung und das Anbot in Wegfall kommen (8. Dezember 1612, 14. November 1617). Bei Spolienklagen (Klagen wegen Besitzentziehung) bestand die Vollstreckung in der Einantwortung des Streitgegenstandes (9. April 1647, 17. August 1649). Bei Faustpfändern entfällt die Aufweisung und erfolgen Schätzung, Anbot und Einantwortung anscheinend sogar ohne Durchführung eines Prozeßverfahrens.3.127

Der Verpflichtete konnte vor der Einantwortung seine allfälligen Einwendungen (Exzeption, Protestation, später auch Widersetzlichkeit) einbringen (15. Oktober 1599 usw.). Daran knüpft sich ein schriftliches Verfahren mit den üblichen Fristen (z.B. 15. Oktober 1599), später werden derartige Einwendungen in Verhören entschieden.3.128 Dritte Personen konnten nach vorangehendem gütlichem Ersuchen (9. Oktober 1635) entweder, wenn sie ein besseres Recht zu haben glaubten, auf die Priorität, sonst auf das Übermaß (den über die Forderung des Betreibenden samt Anhang hinausgehenden Wert der Pfandstücke) einreden. Ursprünglich war die Einrede in die Priorität noch nach der Einantwortung zulässig,3.129 späterhin mußte sie vorher erfolgen.3.130 Die Einrede wurde dem betreibenden Gläubiger zur Äußerung übersandt und fand darüber ein Schriftenwechsel (2 oder 3 Schriften) statt (23. Oktober 1599 usw.). Später erfolgte die Entscheidung durch Verhör (vgl. Anm. 35). Die Nachrichten darüber, welche Ansprüche Priorität hatten, sind dürftig.3.131 [Seite: S. 28] [=> Seite]

Die Einantwortung schafft ursprünglich einen endgültigen Rechtszustand nur zwischen dem Betreibenden und dem Verpflichteten. Sie gibt dem Gläubiger den Besitz und die volle Verfügungsgewalt über die Pfandstücke (Text der ältesten Ansatzbriefe vom 5. Juni und 7. Oktober 1598). Doch geht die Einantwortung nur so weit, als Hauptsache, Zinsen, Kosten und Schaden ausmachen.3.132 Sie schützt nicht gegen Ansprüche von Gläubigern, die ein besseres Recht zu den Gütern haben. Diese können innerhalb Jahr und Tag ihre Ansprüche durch Einrede, nachher durch Klage geltend machen (siehe Anm. 129 und Lg. art. 10, 69). Der betreibende Gläubiger wird also bei Grundeigentum erst durch den Ablauf der Verjährungsfrist von 30 Jahren und 1 Tag völlig geschützt.3.133

Diesem unsicheren Zustande wurde bald abgeholfen. Als für die Einantwortung im Stadtgerichte die Bezeichnung Stadtscherm üblich wurde (Anm. 126), begann man ihr auch die Wirkung des stadtrechtlichen Stadtschermes, der jegliche Ansprüche dritter Personen ausschließt, beizulegen. Wann sich diese Auffassung durchgesetzt hat, ist nicht genau ersichtlich, da die Protokolle nur sehr selten vollständige Texte der erteilten Einantwortungen enthalten.3.134 Daß diese Wirkung dem im Stadtgerichte erteilten Stadtscherme zugeschrieben wurde, beweisen die folgenden Reformversuche, die andernfalls nicht verständlich wären. Der stadtgerichtliche Stadtscherm war für Dritte in Wirklichkeit nicht allzu gefährlich, weil wohl jedermann von größeren Prozessen und Exekutionen gegen seine Mitbürger Kenntnis hatte und rechtzeitig in die Priorität einreden konnte.

Immerhin setzten bald Gegenmaßnahmen ein. Man erwog, das Vollstreckungsverfahren nach der Behebnus in das Stadtrecht zu verlegen (23. März 1615, Stadtrechtsprotokoll A 31). Durch Beschluß der Verordneten vom 29. Juli 1619 wurde tatsächlich den betreibenden Gläubigern aufgetragen, die Relation über die Aufweisung und die weiteren Exekutionsschritte im Stadtrechte durchzuführen.3.135 Langen Bestand hatte diese Einrichtung nicht. Die Regierung wies anläßlich einer Beschwerde den Magistrat an, dem Betreibenden die Güter ohne die Verpflichtung, im Stadtrechte Pfand vorzutragen, einzuantworten (28. Juli 1623, Mikhez-Perner, Fasz. 126/4). Von dieser Entscheidung an wird niemals mehr nach durchgeführtem Prozesse im Stadtgerichte im Stadtrechte Pfand vorgetragen, die Einantwortungen werden vielmehr (später zweifellos mit endgültiger Wirkung gegen Dritte) im Stadtgerichte erteilt.3.136

Ungefähr zur gleichen Zeit vollzieht sich eine durchgreifende Änderung in der Reihenfolge der Exekutionsschritte. Ebenso wie im Stadtrechte sind, beginnend um 1620, im Stadtgerichte beim Vorhandensein mehrerer Gläubiger Kommissionen zur Auseinandersetzung zwischen den einzelnen Gläubigern untereinander und mit dem Schuldner nachweisbar (12. April 4. August [Seite: S. 29] [=> Seite] 1622) Das Verfahren scheint sich bewährt zu haben und lag der Gedanke nahe, mit dieser Auseinandersetzung die Schätzung der aufgewiesenen Güter, die bisher vor der Einantwortung geschah, zu verbinden. Seit 1629 kommt die gesonderte Schätzung in Wegfall und findet sich bei allen Exekutionen nach der Einantwortung eine Rait- Schätz- und Abtailcommission.3.137 Das Schema Relation — Aufforderung zur Ablösung — Schätzung — Anbot — Einantwortung ändert sich in Relation — Aufforderung zur Ablösung — Einantwortung — Schätzung und Abteilung. Für die Kommission hat zuerst der Betreibende, dann der Verpflichtete eine gleiche Anzahl von Mitgliedern (2 oder 3) zu benennen, der Magistrat bestellt dann den Obmann.3.138 Die Aufgabe der Kommission war die Feststellung der Gläubigerforderungen und ihrer Reihenfolge, die Schätzung der gepfändeten Gegenstände und ihre Aufteilung (bei teilbaren in Natur, bei unteilbaren zu ideellen Teilen) nach der ziffermäßigen Forderungshöhe auf die einzelnen Gläubiger. Sie hat ihre Entscheidung dem Magistrat zur Genehmigung vorzulegen.3.139

§ 9. Das Arrestverfahren.

Der Arrest (Verbot) kann beim Zusammentreffen dreier Bedingungen begehrt werden: Liquidität des Anspruches,3.140, Zahlungsunfähigkeit des Gegners3.141 und daß die Einbringlichkeit der Forderung andernfalls — besonders durch erschwerte Prozeßführung — gefährdet wäre (9. Dezember 1597, 15. November 1661). In den erhaltenen Fällen werden die Erfordernisse meistens nur einzeln angeführt. Besonders gegenüber Fremden scheint die Bedingung der Zahlungsunfähigkeit nicht strenge verlangt worden zu sein.3.142 Der Arrest wird nicht nur bei Geldforderungen, sondern auch bei dinglichen Ansprüchen an Fahrnissen (10. Dezember 1601) und Liegenschaften (Sämitzs Erben-Strußniggs Gerhaben, 1606, Fasz. 126/4) angewendet.

Der Antragsteller erklärt unter Angabe des Arrestgrundes, auf bestimmte, namhaft zu machende Güter einen Arrest zu schlagen.3.143 Der Bewilligung muß anscheinend auf jeden Fall die Justifizierung folgen. Sie geschieht ursprünglich in der Weise, daß der Antragsteller binnen drei Tagen seine schriftlichen Belege über die Arrestvoraussetzungen einbringt, widrigenfalls der Arrest auf Verlangen des Gegners "relaxiert" wird.3.144 Die Arrestationsschrift samt Belegen wird dem Gegner zur Einbringung seiner Einwendungen übersandt.3.145 Dann ergeht auf Arrestationsschrift und Ablehnung oder "in contumaciam" das Erkenntnis.3.146 Nach rechtzeitiger Einbringung der Justifizierung liefen für den Antragsteller keine weiteren Notfristen. Nach 1600 ist die Justifizierung im mündlichen Verhöre möglich.3.147 Der Antragsteller muß darauf dringen, daß die Justifizierungstagsatzung bei sonstiger Relaxierung [Seite: S. 30] [=> Seite] innerhalb 6 Wochen 3 Tagen stattfindet.3.148 Das mündliche Verfahren verdrängt schließlich das schriftliche vollkommen.

Neben dem Realarrest (auf Geld, Waren, Forderungen) kommt gegenüber Fremden und Nichtbürgern auch Personalarrest in der gemilderten Form zur Anwendung, daß ihnen bei Pön das Verlassen der Stadt untersagt wird (30. Juni 1592, 26. Juni 1613). Die Wirkung des Arrestes ist ein Verfügungsverbot (z.B. Sämitzs Erben-Strußniggs Gerhaben, a.a.O.), aber anscheinend kein Pfandrecht.3.149 Ursprünglich ist die endgültige Entscheidung im Arrestprozesse gleichzeitig Erkenntnis in der Hauptsache.3.150 Anschließend ergehen die "unconditionierten" Zahlungsgeschäfte auf 14, 8 und 3 Tage sowie die Behebnus und kann Einantwortung verlangt werden (Domenig-Perner, a.a.O., 9. März 1618). Daneben zeigt sich später eine Trennung von Arrest- und Hauptprozeß, indem die Entscheidung im Arrestverfahren nur bis zur Austragung der Hauptsache Wirksamkeit hat, und ist dies zu Ende der Periode die Regel.3.151 Die verwendeten Fachausdrücke sind lange noch deutsch, so wird "Verbot" erst um 1600 durch "Arrest" verdrängt. Der Ausdruck "Relaxierung" begegnet erstmals am 24. Oktober 1595, während die übliche Bezeichnung "Arrest hat nicht statt" sich noch spät findet (15. November 1661). Neben Justifizieren wird "Ausfindigmachen" gebraucht, und zwar in der Zusammenstellung "justifizieren oder ausfindig machen" (24. Oktober 1595).

§ 10. Das Konkursverfahren.

Die Ansätze zu einer Art Vorkonkurs werden weiterentwickelt.3.152 Vollkommen ausgebildet ist das Verfahren im Falle Siegfried Schickh. Es wird wegen Überschuldung — anscheinend von Amts wegen — auf 5. September 1617 ein Handelstag ausgeschrieben, an dem die Gläubiger mit ihren Anmeldungen und Liquidierungen gehört und diese dann dem Schuldner zur Erstattung von Einreden übersandt werden, worauf wieder die Gläubiger mit ihren "Ablainungen" verfahren und schließlich am 16. August 1619 das "Prioritätserkenntnis" wie im Konkursverfahren erfolgt, gegen das Appellation zulässig ist.3.153 Auch ein außergerichtlicher Ausgleich wird erwähnt, bei dem der Schuldner mit seinen Gläubigern akkordiert (18. Mai 1618). Eine bedeutende Rolle spielen vom Landesfürsten bewilligte Moratorien, die mehrfach sowohl vor als nach Konkurseröffnung erwähnt werden (z.B. 9 Juli 1596 14. Juni 1598).

Die Eröffnung des Konkurses (Ediktausschreibung) erfolgt wie früher von Amts wegen oder auf Verlangen der Gläubiger.3.154 Anläßlich der Wiederbelebung des Stadtrechtsverfahrens versuchte man, die Konkurse in dieses Verfahren, wohl wegen dessen Öffentlichkeit, zu verlegen. Ein Beschluß läßt sich nicht nachweisen, doch findet in den nächsten Jahren nicht nur das Verfahren bei neuen [Seite: S. 31] [=> Seite] Konkursen dort statt, sondern werden auch bereits früher im Stadtgerichte eröffnete Edikte im Stadtrechte zu Ende geführt.3.155 Bald begegnen aber wieder einzelne Verfahrensschritte in den Stadtgerichtsprotokollen3.156 und lassen sich nach dem Jahre 1598 (mit Ausnahme der Ausrufung von Liegenschaften im Canto, IV, § 6) keine Ediktshandlungen im Stadtrechte nachweisen. Eröffnungsgrund ist Überschuldung und das Vorhandensein mehrerer Gläubiger.3.157

Die Ausschreibung des Ediktes, nach dem das ganze Verfahren seinen Namen führt und in der ein Cridatag (Ediktstag) bestimmt wird, erfolgt wie bisher (Str. V. 166 f., 24. April 1591 usw.), ebenso die Bestellung der Versprecher bei herrenlosen Verlassenschaften.3.158 Die Aufgabe der Versprecher ist einerseits die Verwaltung der ihnen überantworteten (15. Jänner 1596 usw.) Güter des Gemeinschuldners, anderseits die Vertretung der Konkursmasse nach außen. Sie vereinigen den Wirkungskreis des gemeinrechtlichen "curator bonorum" und "curator litis". Sie treiben die Schulden ein, verwahren die Fahrnisse, verwalten und verpachten die Liegenschaften.3.159 Sie haben auf die Anmeldungen und Probationen der Gläubiger die Einreden zu erstatten und die schließliche Notdurft einzubringen, wozu ihnen die geschäftlichen Aufzeichnungen des Schuldners zur Verfügung gestellt werden (10. November 1590 usw.). Die Zahl der Versprecher beträgt 2 oder 3 (3. Jänner 1589 usw.). Sie werden vereidet und hiebei ihr Pflichtenkreis mit dem Ausdruck zusammengefaßt, "den Erben und Gläubigern zu dienen, Recht zu nehmen und zu geben" (3. Jänner 1589). Für ihre Tätigkeit werden sie entlohnt (z.B. Edikt Schadenpökh, a.a.O.). Späterhin begegnet nur mehr ein Versprecher, der meistens als curator bezeichnet wird (17. Februar 1645 usw.).

Der nächste Schritt im Verfahren ist die mündliche oder schriftliche Anmeldung der Gläubigerforderungen am Ediktstage. Das vom Stadtschreiber zusammengestellte Anmeldungslibell wird den Versprechern oder, falls keine bestellt sind, dem Schuldner zur Erhebung von Einreden übersandt.3.160 Nach einzelnen Nachrichten sind der Anmeldung die Belege (Probationen) beizuschließen.3.161 In den meisten Fällen ist jedoch ein eigener Probationstag nachweisbar (14. März 1588 usw.). Auf die Anmeldungen haben die Versprecher (der Gemeinschuldner oder seine Erben) Einreden zu erstatten.3.162 Die Bezeichnung Probationstag wurde für zwei Einrichtungen verwendet, für den Termin, bis zu dem die Probationen zu erfolgen hatten, wenn die Belege nicht schon mit der Anmeldung beigebracht worden waren, und für jene Frist, die den Gläubigern im Falle der Bestreitung ihrer Anmeldungen zum weiteren Beweise gesetzt wurde.3.163 Im späteren Gerichtsbrauche beziehen sich die Bezeichnungen "endliche Notdurft und Probation, schließlicher Probationstag, peremptorischer Probationstag [Seite: S. 32] [=> Seite] (4. August 1605, 24. Februar 1612 usw.)" wohl auf den Probationstag der zweiten Art.

Im Falle der Bestreitung der Forderungen erfolgt ursprünglich die Probationstagsatzung (der zweiten Art) zur Beweisaufnahme (14. März 1588 usw.). In späterer Zeit sind im Rahmen des Ediktverfahrens Prozesse mit Weisung, Gegenweisung und Schlußschriften nachweisbar.3.164 Die Versprecher (der Schuldner) haben mit der Priorität der einzelnen Forderungen nichts zu tun, dagegen begegnet öfters der Vermerk, daß die Gläubiger um die Priorität disputiert haben (8. Jänner 1627 usw.).

Hierauf ergeht der Ediktsabschied (Ediktserkenntnus, prioritetliche Erkenntnis), in dem über den Bestand und die Reihung der Forderungen entschieden wird.3.165 Gegen den Abschied konnte Appellation an die Verordneten ergriffen werden, die sich in der im schriftlichen Prozesse erster Instanz üblichen Weise abspielte (Edikt Präßberger, Apostelbrief vom 7. September 1588, Fasz. 82/1, usw.). Gegen Ende der Periode ist die Abwicklung des Konkursverfahrens zum Teil in die Hand von Kommissionen gelegt (z.B. 15. Jänner 1644), doch erfolgt die Verabschiedung nach wie vor durch den Magistrat (3. Februar 1645, 24. Mai 1661). Die Universalität des Konkurses, die jede Einzelexekution unmöglich macht, zeigt sich in der Abweisung eines Begehrens auf Aufweisung mit der Begründung, daß bereits ein Edikt ausgeschrieben sei (12. Juni 1668). Dagegen umfaßt der Konkurs nur das im Klagenfurter Gerichtssprengel gelegene Vermögen des Schuldners (13. November 1612).

Die Verteilung des Massevermögens erfolgt derart, daß Fahrnisse und Forderungen wie bisher den Gläubigern nach vorgenommener Schätzung zugewiesen werden.3.166 Bei den Liegenschaften begegnen die mannigfachsten Verwertungsarten: Einantwortung an einen Dritten um den Schätzwert mit der Verpflichtung, die an die Priorität erkannten Gläubiger zu bezahlen (13. April 1612), Zuweisung an die Gläubiger,3.167 vor allem aber Ausrufung im Canto (2. Mai 1588, 15. Oktober 1591 usw.). Diese fand stets im Stadtrechte statt, auch als der sonstige Ediktsprozeß längst wieder im Stadtgerichte abgewickelt wurde. Nach Abschaffung des Cantorechtes (vgl. IV, § 7) mußte man auf die anderen Verwertungsarten zurückgreifen.3.168 Als Strafe für den Konkursanten wird vereinzelt die Aufkündigung des Bürgerrechtes und die Verweisung aus dem Burgfrieden verhängt (5. Juni 1612).

Über das materielle Konkursrecht gibt eine Reihe von Entscheidungen Aufschluß.3.169 Eine feste Klasseneinteilung gibt es nicht. An erster Stelle stehen die Forderungen der Stadt aus öffentlichen Abgaben und Gerichtskosten. Dann folgen der Reihe nach die Belohnung für die Tätigkeit des Stadtschreibers, des Ratsdieners, der Versprecher, die Ärztekosten, Apothekerkosten, [Seite: S. 33] [=> Seite] anvertraute Gelder, Lidlohnforderungen, Begräbniskosten, Hauszins, Bauaufwendungen. Ganz fest ist jedoch diese Reihenfolge nicht. Die nächste Stelle nehmen die Schuldbriefe dem Alter nach ein. Hiebei ist der nicht erwähnte, da als selbstverständlich aufgefaßte Umstand zu berücksichtigen, daß sie üblicherweise eine Spezialverpfändung oder die Landschadenbundklausel enthielten. Sehr umstritten ist die Stellung der Frau hinsichtlich des Heiratsgutes.3.170 Eine Einantwortung als Vorzugspost wird nur in einem Falle erwähnt.3.171 Eine grundsätzliche Regelung erfolgte am 16. August 1619, als der Rat beschloß, in allen Edikterkenntnissen die landschadenbündigen Schuldbriefe den anderen gemeinen Schuldbriefen, wenn diese auch älteren Datums seien, "wegen des Privilegs" in der Priorität vorzusetzen. Es dürfte dies die Bekräftigung einer strittig gewordenen älteren Übung gewesen sein.

Die unverbrieften Forderungen hatten Anspruch auf quotenmäßige Befriedigung, doch gingen sie mit Ausnahme des Ediktes Perschnigg und Steinacher (Anm. 169) leer aus. Das Vorzugsrecht der privilegierten Forderungen galt nach allen erhaltenen Abschieden nur für die Hauptsache (vgl. außerhalb des Konkurses Anm. 131).

IV. Das Stadtrecht vom Jahre 1588 bis zum Jahre 1680.

§ 1. Quellen.

Als Quellen kommen vor allem 9 Stadtrechtsprotokolle (1588 bis 1623, 1627 bis 1644) in Betracht, ferner das "Klagenfurter Stadtrecht in Reimen", entstanden zwischen 1606 und 1617. Daran reihen sich eine Sammlung von Stadtrechtsakten (Stadtarchiv Fasz. 33) und ein umfangreicher Akt im Landesarchive (Fasz. 118/8) mit wertvollen Nachrichten (vgl. Anm. 53). Das Verfahren im Landrechte behandeln "des Ertzhertzogthumbs Khärndten neu aufgerichte Landtrechtsordnung im 1577 jahr" (gedruckt Graz 1578), der Entwurf für eine Rechtsordnung vom Jahre 1629 und die folgenden Entwürfe (vgl. III, § 1) und der "... Lanndts Recht Proces ..." des Landschaftsadvokaten Johann Kraus4.1 Für die spätere Zeit ist die Darstellung bei Rampichl (Tribunal, 127-172, vgl. V, § 1) von Bedeutung.

§ 2. Allgemeines.

Das Wiederaufleben der Stadtrechte im Jahre 1588 und die Nichtregelung einzelner Verfahrensschritte in der Landrechtsordnung veranlaßten eine Reihe von Satzungen über Art und Zeit der [Seite: S. 34] [=> Seite] Appellationsführung in Konkurssachen, die Abhaltung der Versteigerungen im Stadtrechte, die Form des gütlichen Ersuchens, die Art der Vollmachtserteilung zwischen Ehegatten.4.2

In der Besetzung des Stadtrechtes trat keine Änderung ein, ebensowenig in der Zuständigkeit. Klagen unter 10 fl. konnten nicht im Stadtrechte eingebracht werden (Str. V. 7 ff., 75 ff.). Das Stadtrecht dient auch zur Amortisation verlorener Urkunden, die an vier Rechtstagen öffentlich ausgerufen werden müssen (14. Dezember 1609, 11. Jänner 1610, Lro. art. 40), zur Aufforderung, Ansprüche geltend zu machen (Sprung-Pucher, 1606, Fasz. 82/1), und zur Berufung unbekannter Schulden (26. Jänner 1615).4.3 Persönliches Erscheinen ist nicht notwendig, der Gewaltsam wird entweder schriftlich oder durch Ergreifung des Gerichtsstabes übertragen.4.4 Ein "Curator in litem" oder "ad lites" wird erwähnt (22. März 1610 usw.). Ehafte Not muß durch einen Scheinboten gemeldet werden. Es handelt sich in allen aus den Protokollen ersichtlichen Fällen um Krankheit (13. März 1590 usw.). Die Zustellung hat dort zu erfolgen, "wo einer wohnt und der Rauch aufgeht" (5. Jänner 1643). Nach Ableben eines Streitteiles werden die Rechtsnachfolger oder die für den Nachlaß bestellten Kuratoren zum Prozeßeintritte aufgefordert (14. Oktober 1591 usw., vgl. Lro. art. 17). In diesen Zusammenhang gehören gerichtliche Anfragen (auf Antrag) an Erbberechtigte, ob sie erben wollen oder nicht (16. Oktober 1591, 7. September 1593). Im Falle einer Schermverkündigung (Berufung auf den Rechtsvorgänger, z.B. 28. Mai 1590, vgl. Lro. art. 32) wird dem Schermer zugeschrieben, im nächsten Stadtrechte zu erscheinen. Fristerstreckung ist möglich (6. August 1590). Tritt er in den Prozeß nicht ein, so muß ihn Beklagter bei sonstiger Behebnus weiterführen (30. Jänner 1590 usw.).

Als allgemeine Regel für das Verfahren gelten die Vorschriften der Landrechtsordnung (Str. V. 1 ff.). Sie werden öfters als geltendes Recht erwähnt (24. Juli 1589 usw.). Fachausdrücke oder Anführungen aus dem gemeinen Rechte sind nicht häufig.4.5 Wichtig für das Verfahren war die vom Rate am 7. Juli 1603 mit zwei Landschrannenadvokaten (Georg Zechner und Anton Prätorius) getroffene Abmachung, worin diese sich gegen eine Bestallung von 10 Talern jährlich verpflichteten, den Stadtrechten ordentlich beizuwohnen und auch sonst der Stadt mit Rat und Dienst beizuspringen. Diese Einrichtung war, wie spätere Nachrichten (19. März 1607 usw.) beweisen, eine ständige. Sehr hinderlich für das Stadtrechtsverfahren war die geringe Anzahl der jährlich abgehaltenen Stadtrechte, meistens nur 3 oder 4 (von 1598 bis 1601 überhaupt keines), zuweilen nur 1 oder 2, nur in fünf Jahren werden je 6, einmal (1643) 8 Stadtrechte abgehalten.[Seite: S. 35] [=> Seite]

§ 3. Das Verfahren bis zum Urteile.

Das gütliche Ersuchen hat, wie im Landrechte, bei allen Klagen zu erfolgen, und zwar entweder mündlich durch zwei Beschickleute oder schriftlich mindestens 8 Tage vor dem Stadtrechte, in dem die Klage eingebracht werden soll.4.6 Die Klage erfolgt in der Regel schriftlich, bei einer mündlichen Klage wird gelegentlich deren schriftliche Einbringung anbefohlen (14. März 1588). Das Begehren hat sich genau an das gütliche Ersuchen anzuschließen.4.7 Auf die Klage werden dem Kläger durch Umfrage unter allen Beisitzern der Gerichtszeugbrief des ersten Tages und die Ladung an den Beklagten erteilt.4.8 Der Kläger muß zu vier Gerichtstagen erscheinen und seine Klage vorbringen (seinen 1., 2., 3. und 4. Tag klagen), bevor der Beklagte verpflichtet ist, in Antwort einzutreten (8. September 1588 usw., Lro. art. 9). Der Kläger muß jederzeit auf die Verantwortung des Beklagten gefaßt sein; ihm werden, wenn der Beklagte in Antwort eintritt und er nicht verhandelt, die Tage aberkannt und muß er von neuem gütlich ersuchen und klagen.4.9

Verhandelt Beklagter auch am vierten Tage nicht, so wird dem Kläger "Behebnus" erteilt, die in Kraft tritt, falls der Gegner nicht bis zu Tagesende in Antwort eintritt (29. November 1588 usw., Kraus 5). Die Verpflichtung, von einer Fortsetzung des Prozesses den Gegner zu verständigen, wenn vorher einverständlich das Verfahren unbesucht geblieben war, besteht wie früher (14. Dezember 1593 usw.). Wenn ein Streitteil am Erscheinen verhindert ist, kann er einen Stillstand von den Verordneten erbitten, der jeweils auf ein Stadtrecht erteilt wird.4.10

Bei landschadenbündigen Schuldbriefen und Lidlohnforderungen ergeht wie bisher auf die Klage an den Beklagten ein Geschäft, dem Kläger binnen 8 oder 14 Tagen zu zahlen oder im nächsten Stadtrechte, dessen Zeitpunkt gleichzeitig bekanntgegeben wird, auf die Klage zu antworten.4.11 Geschieht dies nicht, so wird im gleichen Stadtrechte Behebnus erteilt.4.12

Die Verantwortung des Beklagten erfolgt entweder durch Exzeptionen oder hauptsächlich.4.13 Der Grundsatz der Formstrenge zeigt sich darin, daß, wer Exzeptionen einwenden will, sich nicht zur Antwort, sondern nur zu Recht andingen darf, widrigenfalls er hauptsächlich antworten muß.4.14 Nach Anhörung des Vorbringens — auf jeder Seite im allgemeinen zwei, höchstens drei Reden, deren letzte einen Urteilsvorschlag mit der Bezeichnung "Rechtssatz" enthält4.15 — wird ein Beisitzer des Urteiles angefragt, das entweder über die Exzeption oder schon in der Hauptsache entscheidet oder schließlich einer Partei Weisung auferlegt (1. August 1588 usw., Lro. art. 16). Überhaupt ergehen ursprünglich sämtliche Entscheidungen über widersprechende Parteienbehauptungen in der [Seite: S. 36] [=> Seite] Weise, daß der Richter einen Beisitzer des Urteil es anfragt und dieser es ausspricht.4.16

Bei einseitigem Parteienvorbringen im Zuge des Verfahrens (Erteilung der Gerichtszeugbriefe bei der Klage zum ersten Tage, Behebnus, erstem Scherm, Anbot, Stadtscherm) ergeht keine Urteilsanfrage, sondern wird durch eine Umfrage unter allen Beisitzern entschieden, wofür die Bezeichnung "hat Frag und Urtl gebracht von den Beisitzern" üblich ist.4.17 Vereinzelt vorher, häufig seit 1607 wird bei Erkenntnissen in Fragen prozessualer Natur und bei Nebenentscheidungen überhaupt von der Urteilsform abgewichen. Die Bezeichnung ist ursprünglich wechselnd,4.18 späterhin bürgert sich der Ausdruck "Bescheid" ein.4.19

Jene Partei, der Weisung aufgetragen wird,4.20 hat spätestens bis zum nächsten Stadtrechte einen Weisungsanzug — der beim Zeugenbeweise die Weisartikel, auf welche die Zeugen zu vernehmen sind, enthalten muß (8. September 1593) — einzubringen und dem Gegner zu übermitteln (24. Juli 1589 usw.), widrigenfalls die Weisung für desert erkannt wird.4.21 Im Landrecht erfolgt die Aberkennung der Weisung auf Verlangen des Gegners nach mündlichem Verhör und hat entweder Entbrechung des Beklagten "heut und zu tagen" von der Klage, also endgültige Aberkennung des Anspruches, oder Behebnuserteilung zur Folge (Lro. art. 13). Dies gilt auch im Stadtrechte.4.22 Gegen den Anzug kann der Gegner entweder exzipieren4.23 oder seine Fragstücke bis zum nächsten Stadtrechte nach Zusendung des Anzuges einbringen (12. Mai 1614, Lro. art. 13, Abs. 3).

Der Beweis kann seit der neuen Landrechtsordnung (Lro. art. 6, 13) gleichzeitig mit Urkunden und Zeugen geführt werden. Die Vorstellung der Zeugen erfolgt regelmäßig im nächsten Stadtrechte.4.24 Beweisverfahren und Beweismittel weisen im allgemeinen keine Abweichung vom Stadtgerichte auf.4.25 Wenn die Vernehmung des Gegners als Zeugen angeboten wird, ist ursprünglich ein Zurückschieben des Eides unzulässig.4.26 Der Beweisführer ist nicht verpflichtet, alle Beweismittel in einem Anzüge anzubieten, sondern sind Additionalanzüge bis zum Höchstausmaße von vier Anzügen nachweisbar (12. November 1592 usw.). Spätestens nach Erklärung des Beweisführers, mit seiner Weisung geschlossen zu haben, muß der Gegner zur Gegenweisung greifen.4.27 Das Verfahren deckt sich vollkommen mit jenem bei der Weisung.

Nach Abführung der Weisung und allfälligen Gegenweisung erfolgt in einem Stadtrechte auf Antrag die Eröffnung der Weisung und Erteilung von Abschriften (5. Dezember 1593, Lro. art. 15). Dann sind die Schlußschriften (je eine) bis zum nächsten Stadtrecht einzubringen.4.28 In diesem werden Weisung und Gegenweisung verlesen, die Parteien setzen zu Recht und ergeht das Urteil (z.B. 28. Jänner 1592). Daß Kläger bis zum Eintritt des [Seite: S. 37] [=> Seite] Beklagten in das Verfahren von der Klage fällt, kommt mehrfach vor (3. Jänner 1589 usw.). Auch noch im Beweisverfahren ist Fallen von der Klage ohne Zustimmung des Gegners möglich (24. Juli 1589 usw.).

Das Urteil als Endentscheidung lautete auf die Verurteilung des Beklagten (z.B. 8. September 1593), endgültige Abweisung (heut und zu Tagen Entbrechung, z.B. 28. Jänner 1592) oder derzeitige Abweisung (Fällung der Tage, Abnehmung, Entratung). Diese erfolgt nach art. 5 und 12 Lro. bei Verstößen gegen die Vorschriften über gütliches Ersuchen und Zustellung (soweit sie wesentlich sind), bei Nichterscheinen des Klägers, wenn Beklagter in Antwort eintreten will, und bei Formmängeln der Klage. Das gilt auch im Stadtrechte (Str. V. 35 ff., 23. Jänner 1588, usw.).

§ 4. Rechtsmittel und Rechtsmittelverfahren.

Wird vom Rechtsprecher das Urteil ausgesprochen, so muß der beschwerte Teil entweder (allenfalls nach Bedenkzeit) noch in währendem Rechte appellieren oder begehren, daß die anderen Beisitzer befragt werden.4.29 Im ersten Falle wird nicht mehr weitergefragt, im zweiten entscheidet dann Stimmenmehrheit und kann kein Teil appellieren.4.30 Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde im Stadtrechte der gleiche Vorgang eingehalten, da das gereimte Stadtrecht keine Abweichung erwähnt. Ein Nachweis läßt sich jedoch nicht erbringen, da die Satzung vom 23. Mai 1588 (Stadtr. 22) offensichtlich nur die Appellation in Konkurssachen regelt (vgl. Stadtr. Anm 54).4.31

Nach Appellationsanmeldung wurde vorerst durch Urteil, späterhin auch durch Bescheid (z.B. 22. März 1610) darüber erkannt, ob die Appellation zuzulassen sei. Unzulässig war sie für den Beklagten gegen landschadenbündige Schuldbriefe, wohl mit Rücksicht auf die Landschadenbundformel,4.32 weiters, wenn das Urteil auf Grund einer Vorschrift der Landrechtsordnung oder einer Satzung, also "nach wissentlicher Ordnung" gefällt wurde, in welchem Falle nur Beschwerde ergriffen werden konnte (28. Jänner 1591 usw.). Jedenfalls erfuhr das Anwendungsgebiet der Beschwerde dadurch eine Erweiterung, daß später viele Entscheidungen in Bescheidform ergingen, wogegen nur Beschwerde zulässig war,4.33 über die Art des Verfahrens bei der Beschwerde fehlt jegliche Nachricht.

Bei der Appellation wickelte sich der weitere Vorgang in der Weise ab, daß abwechselnd Kläger und Beklagter ihre gerichtlichen Vorträge (Reden) schriftlich niederzulegen und dem Gegner zu übersenden hatten.4.34 Der Schriftenwechsel sollte so rasch geschehen, daß die Aufrichtung der Appellation (Zusammenrichtung der Akten und Ausstellung des Apostelbriefes, RO. art. 47) spätestens im nächsten Stadtrechte erfolgte (24. Juli 1589, vgl. RO. [Seite: S. 38] [=> Seite] art. 47). Sind jedoch beide Parteien einverstanden, so kann die Aufrichtung in der Weise verschoben werden, daß von Stadtrecht zu Stadtrecht erklärt wird, man werde zwischen hin und nächstem Stadtrechte die Appellation aufrichten (z.B. 13. August 1612). Später gilt eine Frist von 6 Wochen (6 Wochen 3 Tagen).4.35 Bei Säumnis in der Einbringung sollte, wenn es der Appellant war, Deserterklärung der Appellation, sonst Aufrichtung ex offo erfolgen (17. Juni 1630). Es wurde aber öfters erst dann eine Frist zur Aufrichtung bestimmt (7. Februar 1596, 13. August 1596).

Der Instanzenzug blieb unverändert. Die Bestimmung, daß binnen 6 Wochen nach Appellationshebung entweder die Entscheidung oder ein jeweils auf 6 Wochen (Lro. art. 43) zu erteilender Schub gebracht werden müsse (Lro. art. 16, Abs. 1), wurde streng eingehalten und wurden auch bei geringen Verzögerungen Deserterkenntnisse mit Erfolg begehrt (24. Juli 1589 usw.). Schübe werden von den Verordneten ohne weiteres erteilt (20. Jänner 1589 usw.). Kommt die Appellationserledigung innerhalb der ersten sechs Wochen ein, so erfolgt die Eröffnung ohne Verständigung des Gegners im nächsten Stadtrechte, sonst wird der Gegner vom Einlangen und vom Eröffnungstermine in Kenntnis gesetzt (Lro. art. 16, 27. Jänner 1592).

Gegenüber der Entscheidung des Stadtrechtes über eine Widersetzung im Exekutionsverfahren (Hasenberger-Goldbergerin, Bescheid vom 14. November 1679, Fasz. 92/7) fand vor den Verordneten ein Verhör wegen Nullität statt (14. November 1679). Ebenso wurde über die Zulässigkeit der weiteren Appellation durch Verhör vor den Verordneten entschieden (3. Jänner 1680). Ob auch gegenüber Stadtrechtsurteilen Appellationserledigung durch Verhör stattfand, ist fraglich.4.36 Die Appellation an die Regierung als dritte Instanz weist keine Besonderheiten auf. Selbstverständlich entfällt ein neuerlicher Schriftenwechsel und werden einfach die vorhandenen Akten dem Apostelbrief beigeschlossen.4.37

Revision als außerordentliches Rechtsmittel wird gegen ein in allen Instanzen bestätigtes Stadtrechturteil erwähnt (22. Februar 1589). Die Befugnis zur Restitution wird zu Beginn der Periode auch von den Verordneten in Anspruch genommen, soweit ersichtlich jedoch nur für Prozeßhandlungen (vgl. Str. V. 113 ff.). Das vorläufig erledigte Ansuchen des Restitutionswerbers wird dem Gegner zu seiner Äußerung mitgeteilt, dann hat der Magistrat sein Gutachten einzubringen. Das Restitutionsgesuch hindert Behebnuserteilung und weitere Exekution nicht, sondern muß ein Schub erteilt werden (28. Mai 1590). Von den vier in den Protokollen ausführlicher erwähnten Restitutionsgesuchen zu Beginn dieses Zeitraumes wurden drei durch die Verordneten (z.B. 26. Juli 1605) und nur eines durch die Regierung (6. August 1590) entschieden. Durch das kaiserliche General von 1623 (vgl. III, § 5) fand die [Seite: S. 39] [=> Seite] Befugnis der Verordneten zur Restitutionserteilung ihr Ende. Die wenigen späterhin im Stadtrechte nachweisbaren Restitutionen (z.B. 8. August 1642) wurden vom Landesfürsten erteilt. Das Verfahren deckt sich mit dem im Stadtgerichte.

§ 5. Kostenbestimmung.

Die Taxierung der Expens erfolgte — wenn einem Teile im Urteile Expensen zuerkannt wurden — regelmäßig nach Rechtskraft der Klagsabweisung (28. Mai 1590 usw.) oder nach Erteilung des Stadtscherms.4.38 Wurde Exekution für die Kosten allein geführt oder wurden die Kosten — wie es späterhin möglich war — schon vor Erteilung des Stadtscherms taxiert (RO. art. 52), so führt die neue Expens die Bezeichnung Superexpens.4.39 Die Taxierung erfolgte in der Weise, daß der Sieger im Stadtrechte erklärte, seine Expens bis zum nächsten Rechte einzubringen (28. Mai 1590 usw.). Er mußte dann spätestens 8 Tage vor dem Stadtrechte den Expens-(Schaden-)Zedl samt Abschriften sämtlicher eingebrachten Schriften (12. Dezember 1616) einbringen, sonst war der Anspruch erloschen (28. Jänner 1592). Im Stadtrechte selbst wird dann die Taxierung begehrt (8. August 1611) und erfolgt deren Eröffnung im nächsten Rechte.4.40 Die rechtskräftig festgestellten Kosten mußten (zumindest später) innerhalb 6 Wochen 3 Tagen (14. Oktober 1630) bezahlt werden, widrigenfalls die Exekution in der üblichen Weise erfolgte (4. September 1593 usw.).

§ 6. Das Zwangsvollstreckungsverfahren.

Durch die Behebnuserteilung, das Urteil oder die Taxierung der Expens erhält der Sieger das Recht, sofort mit dem Fronboten auf die Güter des Gegners aufzuweisen (20. Februar 1589 usw., Lro. art. 18, Str. V. 141 ff.). Der Fronbote hat die Aufweisung im Beisein der Partei oder ihres Stellvertreters durchzuführen, und zwar, wenn auf ein benanntes Stück geklagt war, auf dieses und zur Deckung der Kosten und des Schadens auf weitere Sachen, bei anderen Forderungen auf für Hauptsache samt Anhang ausreichende Güter, wobei aber jedes Übermaß vermieden werden soll.4.41 Der Gläubiger stellt dann im nächsten Stadtrechte den Fronboten vor und läßt ihn Relation über die aufgewiesenen Güter tun, worauf er einen Gerichtszeugbrief des ersten Scherms erhält, in dem zugesichert wird, "ihn zu den Stadtrechten zu schützen".4.42 Daraufhin muß der Gläubiger die Pfandstücke in vier Stadtrechten (sie brauchen nicht aufeinanderzufolgen) öffentlich ausrufen lassen (Pfandfürtragen, 24. Juli 1589 usw.). Der Schuldner kann das Pfand lösen. Andere Gläubiger können ihre Ansprüche einredeweise auf die Priorität, den gleichen Rang oder das Übermaß geltend machen.4.43 Daraus entstehende Prozesse hindern die Fortführung des Pfandfürtragens nicht und wird allenfalls der Stadtscherm [Seite: S. 40] [=> Seite] unbenommen der Einreden erteilt (1. Dezember 1597, 3. März 1614, RO. art. 51).

Löst der Schuldner bis zum vierten Tage Pfandfürtragen die Pfandstücke nicht, so wird an diesem Tage dem Betreibenden das Anbot erkannt, d.h. dem Schuldner werden die gepfändeten Gegenstände zur Ablösung binnen 14 Tagen angeboten.4.44 Wird nicht abgelöst, so kann die betreibende Partei im Stadtrechte nach Verlesung des Anbotes verlangen, daß ihr der Stadtscherm erteilt wird. Mit dessen Erteilung erhält der Gläubiger volles Eigentum an den in Betracht kommenden Gütern. "Es kann von diesen Gütern ihn kein Mensch mit Recht abhalten (Kraus 10).4.45 Es folgt dann die wirkliche Einantwortung (Ansetzung) der Güter durch den Fronboten. Um sie kann jederzeit angesucht werden und verstreichen oft zwischen Stadtscherm und ihrer in Urteilsform erfolgenden Erteilung mehrere Jahre (14. Dezember 1593 usw.). Widersetzte sich der Verpflichtete der Exekution, so wurde darüber vom Stadtrechte, und zwar zumindest in späterer Zeit durch Bescheid entschieden (Hasenberger-Goldbergerin, 14. Juni 1679, Fasz. 82/7).

Das Unvollkommene dieses Verfahrens ist offensichtlich. Einerseits keine Feststellung des Wertes und daher (mit Ausnahme der bedeutungslosen Vorschrift, daß man nicht zu viel aufweisen dürfe) kein Schutz gegen einen Gläubiger, der sich auf mehr Stücke als notwendig den Stadtscherm erteilen läßt, wobei er erst im Falle einer Veräußerung den Mehrerlös herausgeben muß. Anderseits kein Mittel, bei Vorhandensein mehrerer Gläubiger rasch durch amtswegige Versilberung der Pfandstücke Zahlung der einzelnen Forderungen zu erlangen, da der nachstehende Gläubiger erst abwarten muß, ob und wann sein Vormann das Pfand veräußert.

Diesen Übelständen versuchte man auf zweierlei Weise abzuhelfen. Die eine steht im Zusammenhang mit der zeitweiligen Zuständigkeit des Stadtrechtes im Konkursverfahren. Es wurde (auch wenn das Konkursverfahren sich sonst im Stadtgerichte abspielte) die diesem Verfahren eigentümliche Art der Versilberung des unbeweglichen Massevermögens durch Versteigerung, das Cantorecht, ins Stadtrecht verlegt.4.46 Die erhaltenen Cantorufe und Zuschlagserteilungen zeigen, daß der Cantoruf in der Ratsstube und auf beiden Stadtplätzen dreimal, und zwar in verschiedenen Stadtrechten erging, die Bewertung der Stücke genannt wurde und der Fronbote sie jedermann öffentlich anbot.4.47 Ein Mindestgebot gab es nicht, dagegen wurde vom Betreibenden der Preis, um den er es bewerte (22. August 1642), oder jener, um den er es selbst behalten wolle (10. Dezember 1635), genannt.4.48 Nach Erlag des Meistbotes wurde vom Rate der Kaufbrief ausgestellt und die Liegenschaft eingeantwortet (23. August 1606, 10. Dezember 1635). Das Meistbot wird unter die Gläubiger nach der Priorität verteilt (z.B. [Seite: S. 41] [=> Seite] 23. August 1606). Verschiebungen und Zufristungen kommen auch im Zuge des Cantorechtes vor (7. Dezember 1593, 5. Februar 1596).

Bald wurde das Cantorecht nicht nur im Konkursverfahren verwendet, sondern jedem betreibenden Gläubiger gestattet, nach der Schätzung im Stadtgerichte oder sogar nach dem Stadtscherm um Cantorecht einzukommen. In dieser Richtung ergeht — ohne daß etwa mehrere Gläubiger vorhanden sein müssen — eine ganze Anzahl von Versteigerungsbewilligungen (zumeist nicht in Urteilsform), auch wenn schon der Stadtscherm im Stadtrechte oder die Einantwortung im Stadtgerichte erteilt war.4.49 Das Recht des Betreibenden auf Ausruf im Canto blieb allerdings nicht unangefochten, besonders seit die später zu erwähnende Schätzung in das Verfahren eingefügt worden war. Zu wiederholten Malen wurde von den Verpflichteten eingewendet, daß der Cantoausruf unzulässig sei, wenn schon der Stadtscherm (die Einantwortung im Stadtgerichte) erteilt worden war, der Betreibende um eine Rait-, Schätz- und Abteilungscommission angesucht oder sie stattgefunden hatte.4.50

Auch in anderer Richtung wurde der Versuch unternommen, das Exekutionsverfahren auszubauen, und zwar zugunsten der Schuldner, während das Cantorecht die Gläubiger begünstigte. Man knüpfte an eine Ergänzung des landrechtlichen Exekutionsverfahrens an. In der landesfürstlichen Proposition für das Jahr 1606 war der Mißbrauch gerügt worden, daß sich Gläubiger für geringfügige Forderungen den Landscherm auf viel wertvollere Stücke erteilen ließen. Der Landtag beschloß, es beim Landscherm mit der Beschränkung bleiben zu lassen, daß man zwar aufweisen könne, wie man wolle, aber keinem Creditor, er habe eingeredet oder den Landscherm erhalten, von den aufgewiesenen Gütern "nach der gebreuchigen Schazung"4.51 mehr passiert werden solle, als sich seine Forderung an Hauptsumme, Interesse, Kosten und Schaden erstrecke. Werde wegen der Kosten keine Einigung erzielt, so müsse sich der Gläubiger ungeachtet seines Landscherms die Mäßigung (durch das Gericht) gefallen lassen. Was nach Vergnügung der Gläubiger von den geschätzten Gütern übrig bleibe, solle "dem Debitori widerumben volgen und verbleiblich sein". Die landesfürstliche Resolution vom 19. Februar 1606 genehmigte diesen Beschluß und wurde dadurch der Schätzung nach erlangtem Landscherm, der gerichtlichen Kostenbestimmung und dem Rechte des Schuldners, den Überschuß herauszubekommen, eine gesetzliche Grundlage gegeben (LA. Fasz. 211/2).4.52

Im Stadtrecht wird erstmals am 27. November 1617 anläßlich eines Ansuchens um Erteilung des Stadtscherms erwähnt, daß jede Partei zwei Schätzcommissäre bestellt habe. Am 7. Juni 1621 geht von Abteilungscommission die Rede. Diese Rait-Schätz-Abteilungscommission bildet nun die Regel (7. Juni 1621, 7. März 1622 usw.). Allerdings dauerte es einige Zeit, bis sich ein fester [Seite: S. 42] [=> Seite] Gerichtsbrauch entwickelte. Die Schätzung findet zuerst anscheinend noch vor dem Stadtscherm statt (27. November 1617, 29. November 1621) und wird mehrmals nur von einer Abteilungscommission gesprochen (z.B. 7. Juni 1621). Über die Einzelheiten des Verfahrens fehlen Nachrichten, doch war die Entscheidung über die Priorität der einzelnen Forderungen dem Stadtrechte selbst vorbehalten (7. Juni 1621, 31. März 1637). Dem Gegner wird zur Benennung der Kommissäre Frist bis zum nächsten Stadtrechte erteilt (15. November 1632) und kommt es allenfalls auch zu einer neuen Fristerteilung (14. Februar 1633), sonst erfolgt die Bestellung durch das Gericht (15. Oktober 1629). Gegen die Schätzung konnte eine Überschätzung begehrt werden, die als endgültige Wertfestsetzung galt (z.B. 7. März 1642).

Die einzige Spur eines Arrestverfahrens ist ein Antrag auf Arrestverhängung, der unter anderen Gründen deshalb abgewiesen wurde, weil der Hauptprozeß nicht im Stadtrechte anhängig war (14. Oktober 1602).

§ 7. Aufhebung des Cantorechtes und Ende des Stadtrechtsverfahrens.

4.53

Während vorher eine Einflußnahme der Stände auf das Stadtrechtsverfahren nicht nachweisbar ist, greifen sie im Jahre 1643 in entscheidender Weise ein. Veranlaßt wurde ihr Einschreiten durch eine Eingabe der Bürgerswitwe Elisabeth Hutter. Ein gewisser Clemens Carrer hatte gegen den Nachlaß ihres Mannes im Stadtrechte Einantwortung und dann Schätzung durch die Rait-, Schätz-und Abteilungscommission erlangt, bei der dessen Hausanteil mit ungefähr 560 fl. bewertet worden war. Auf seine Beschwerde erfolgte Überschätzung mit einem Ergebnisse von 640 (nach Angabe der Hutter sogar von über 680) fl. Da dies dem Gläubiger zu viel war, wartete er ab, bis eine gewisse Appollonia Anitschin im Stadtrechte auf den Stadtscherm procedierte, und redete ihr in die Priorität ein. Anitschin brachte dann den Hausanteil zur Versteigerung, wobei ein Betrag von 300 fl. erzielt wurde (Stadtrechtsprotokoll 23. August 1642). Auf die Eingabe forderten die Verordneten vom Magistrate eine Äußerung darüber ab, ob die Stadt ein Privilegium habe, daß nach Stadtscherm und Schätzung der Ansetzer sich auf das Cantorecht berufen könne, da das Stadtrecht sich doch ganz nach dem Landrechte richte, dies aber dort nicht üblich sei. Der Bericht des Bürgermeisters vom 3. Juli 1643 betonte, daß zwar kein Privilegium vorhanden, aber das Cantorecht jedenfalls von den Verordneten stillschweigend gebilligt worden sei, da mehrere Cantorechtsbeispiele vorlägen. Er begründete die Notwendigkeit dieses Verfahrens damit, daß durch hohe Schätzungen die Kläger oft zu Schaden kämen. Die Verordneten überließen die Entscheidung dem Landtage. Dieser verfügte am 28. Juli 1643 die Abschaffung des Cantorechtes mit der [Seite: S. 43] [=> Seite] Begründung, daß die minderen Instanzen kein anderes Recht als die höheren hätten und sich nach deren Gerichtsbrauch richten müssen (LP. 1643). Am selben Tage erging (RB. 1643, 1. Bd.) ein Dekret an den Stadtmagistrat, das eine ausführliche Begründung der Maßregel enthielt. Danach war das Cantorecht weder bei der Landschranne noch der Landeshauptmannschaft oder den anderen Städten und Märkten gebräuchlich4.54 und hielt man sich dort an Rait-, Schätz- und Abteilungskommissionen. Diese wurden für das Verfahren nach erlangtem Stadtscherm sowohl im Stadtrecht wie im Stadtgericht für zwingend erklärt und wurde als einziges Rechtsmittel die Überschätzung zugelassen. Um allzu hohe Schätzungen zu vermeiden, solle der Magistrat den Kommissionen sachkundige Handwerksmeister beiziehen. Der Magistrat scheint nur widerstrebend dieser Verfügung nachgekommen zu sein, da deren Befolgung am 7. November (RB. 1643, 2. Bd.) neuerlich eingeschärft werden mußte.

In den folgenden Jahrzehnten nahm die Verwendung des Stadtrechtsverfahrens noch weiter ab, so daß in den Jahren 1661 bis 1670 wegen Mangels an Prozessen kein Stadtrecht abgehalten wurde, obwohl der Magistrat (wie er in einem Berichte aus dem Jahre 1679 ausführt) stets die Stadtrechte anstellte und die Anstellung auf der gewöhnlichen Tafel verzeichnen ließ. Nach dem Jahre 1670 kamen aber die Stadtrechte plötzlich wieder in Mode, anscheinend hauptsächlich deshalb, weil der Advokat Dr. Sauer die Vorschrift, daß ein Bürger stets ins Stadtrecht exzipieren könne (vgl. § 2), entdeckte, dadurch zahlreiche Klagsabweisungen im Stadtgerichte erwirkte und die Kläger zur langwierigen Prozeßführung im Stadtrechte zwang. Dies scheint eine Mißstimmung unter der Bevölkerung hervorgerufen zu haben. Ein Memorial vom 5. April 1673 darüber, was die Verordnetenstelle noch vorzunehmen habe, beschäftigte sich eingehend mit den Stadtrechten und sprach sich gegen deren Abhaltung aus. Die Verordneten forderten daraufhin am 5. Mai 1673 sofortige Einstellung der Stadtrechte oder Bericht über deren "fundamenta". Nach Einlangen des Berichtes wurde mit Dekret vom 10. Juli 1674 dem Magistrat die Verabschiedung zweier behängender Prozesse im "Summarirecht" und die Einhaltung dieses Verfahrens in allen weiteren Prozessen aufgetragen, doch scheint die letztere Maßregel nicht durchgeführt worden zu sein. Aus dem Jahre 1678 sind Gutachten der beiden Advokaten v. Willenberg und Eißner erhalten. Beide sprechen sich über das Stadtrecht ungünstig aus.4.55 Nach mehreren vorläufigen Verfügungen der Verordneten erging am 23. Jänner 1680 die endgültige Resolution der Stände. Sie gestattete die Abhaltung der Stadtrechte auch für die Zukunft, doch wurde dem Kläger freigestellt, entweder im Stadtrechte oder Summarirecht zu klagen. Im Stadtrechtsprozesse solle ein Monat für einen Tag in Rechten gehalten und das Stadtrecht monatlich an [Seite: S. 44] [=> Seite] bestimmten Tagen abgehalten werden. Aus dem Formular der Stadtschermerteilung habe der Zusatz, daß der Landesfürst und seine untergeordneten Instanzen den Ansetzer schirmen sollen, zu entfallen.

Tatsächlich wurde durch diese Verfügung das Stadtrechtsverfahren beseitigt. Keine Spur in den Protokollen oder Akten deutet darauf hin, daß es noch weiterbestand, als ihm 1680 seine letzte künstliche Stütze — die Möglichkeit, durch Berufung auf das Stadtrecht sich dem Summariverfahren zu entziehen und den Prozeß zu verlängern — entzogen wurde.

V. Das Stadtgericht von 1680 bis zu den Reformen Josefs II.

§ 1. Quellen.

Das Material für diese Periode ist spärlich. Die städtischen Protokolle sind nur für die Jahre 1723 und 1724 und dann (mit Lücken) als Ratsprotokolle ab 1760, als Verhörsprotokolle ab 1772 erhalten. Im Landesarchive ist eine Anzahl von Akten (Fasz. 82/7, 83/1-2, 83/8, 84/1, 254/1, 4-13, 255/3) vorhanden. Die ständischen Registraturbücher, die Ausschuß- und Verordnetenprotokolle enthalten einiges. Es müssen daher die Schilderungen über das Gerichtswesen bei der Landeshauptmannschaft herangezogen werden, was unbedenklich ist, da sich das Stadtgerichtsverfahren bereits zu Ende der Vorperiode an das bei der Landeshauptmannschaft angeglichen hatte. Als solche Darstellungen kommen die Observationen von Fröauff und das Tribunal von Rampichl in Betracht. Auch das Kärntner Rechtswörterbuch liefert verschiedene Nachrichten.5.1 Für die spätere Zeit sind die Hauptquellen der "Vorschlag einer verbesserten Landesrechts-Ordnung in dem Erzherzogtum Kärnten"5.2 und die "Schilderung des Erzherzogtums Kärntens vor und während der Regierung weiland Kaiserin Maria Theresia" des Landeshauptmannes Vinzenz Grafen Rosenberg (GV. Hs. 7/34), die im ursprünglichen Entwürfe 1777 entstand und dann vom Verfasser umgearbeitet wurde.

§ 2. Allgemeines.

Die Zuständigkeit des Stadtgerichtes erfuhr durch das Absterben des Stadtrechtes eine bedeutende Erweiterung.5.3 Im übrigen sind wenig Änderungen nachweisbar.5.4 Zuständigkeitsstreitigkeiten mit dem ständischen Bauzahlmeisteramte wegen der Gerichtsbarkeit über die auf Landschaftsgrund stehenden Häuser, deren Einkünfte die Stände 1625 dem Bürgerspital gewidmet hatten, [Seite: S. 45] [=> Seite] endeten zuungunsten der Stadt (RB. 9. März 1708, vgl. Fasz. 116/2, 116/3). Dagegen bestätigten die Verordneten zweimal die städtische Gerichtsbarkeit über die niederen Landschaftsangestellten.5.5 Streitigkeiten mit dem Stadtpfarramte entschieden die Verordneten schließlich dahin, daß dem Stadtpfarrer die Gerichtsbarkeit am Grunde in seiner Eigenschaft als Grundobrigkeit verblieb, während die Personaljurisdiktion über die dort wohnenden Bürger dem Stadtgerichte zustand (16. März 1696, Fasz. 122/9). Gegen die Erlassung der Wechselordnung vom 20. Mai 1722, die im 1. Titel, § 1, alle Wechselstreitigkeiten einem Wechselgerichte unterstellte, protestierte am 27. April 1723 der Magistrat bei den Verordneten.5.6 Eine Einschränkung der Tätigkeit des Rates ergab sich aus der immer häufiger werdenden Anwendung von Kommissionen (28. Juli 1760 usw.). In Konkurssachen wurden sie auf Befehl des landesfürstlichen Kommissärs Grafen Villana-Perlas zwingend eingeführt (9. Juni 1760). Die Zusammensetzung des Stadtgerichtes blieb unverändert. Nur zeigt sich eine schwächere Besetzung (selten mehr als vier oder fünf Beisitzer) und scheint immer der Bürgermeister den Vorsitz geführt zu haben. Wichtig ist, daß an Stelle des Stadtschreibers ein rechtskundiger Stadtsyndikus tritt (1724 ff.). Auch die Oberaufsicht der Verordneten über das Stadtgericht erfuhr keine Veränderung.5.7 Eine Prozeßkaution wird nur einmal erwähnt.5.8 Ein allgemeines iuramentum calumniae blieb dem Kärntner Gerichtsbrauche fremd (Rampichl 105). Die Vertretung durch Anwälte (Prokuratoren, späterhin Advokaten) ist sehr häufig.

§ 3. Das Verfahren bis zur Entscheidung erster Instanz.

Im ordentlichen Verfahren hat der Klage mit Ausnahme der possessorischen Klagen und bei Interdikten (Rampichl 174) ein gütliches Ersuchen vorauszugehen.5.9 Die schriftliche Klage wird dem Gegner mit 14tägiger Auflage zur Zahlung oder Bedenkeneinbringung übersandt, worauf die weiteren Compellierungsauflagen (Compellen, Auflagen) mit 8 und 3 Tagen Termin ergehen.5.10 Nach fruchtlosem Fristablauf muß der Kläger um Anberaumung eines Verhöres einkommen (8. Jänner 1723 usw.). Das gleiche gilt, wenn der Beklagte eine Verantwortung einbringt, da dann der Kläger ein Verhör zur Entscheidung über diese Einwendung zu verlangen hat.5.11 Das Verhör wird vereinzelt schon das erstemal peremptorisch ausgeschrieben (22. Mai 1723, 9. Juli 1763 usw.), im allgemeinen jedoch erst das zweitemal.5.12 Die gebräuchliche Wendung ist, daß das Verhör "sub poena praeclusi et contumacia" anberaumt wird (9. und 16. Juli 1763 usw., z.B. 28. November, 11. Dezember 1779). Beim peremptorischen Verhöre erfolgen (auch wenn der Gegner ausbleibt) längere Ausführungen des Klägers und gegebenenfalls des Beklagten sowie [Seite: S. 46] [=> Seite] beiderseits die Stellung eines Abschiedsvorschlages, der als "Schluß" bezeichnet wird (z.B. 8. November 1779). Es ergeht dann entweder der Abschied in der Hauptsache5.13 oder der Beweisabschied. Auf eine Verpflichtung des erscheinenden Streitteiles, seine Behauptungen erweisen zu müssen (also ein Eremodizialverfahren), deutet nichts hin (ebenso Vorschlag a.a.O., 2. Tl., art. 1, § 14).5.14

Der spätere Gerichtsbrauch ermöglicht es, die Compellen zu vermeiden, und schafft so eine abgekürzte Verfahrensart. Der Ausgangspunkt dürfte darin liegen, daß zur Feststellung der Liquidität von Forderungen, die bei Konkurstagsatzungen, Verlassenschaftsabhandlungen oder Rait-, Schätz- und Abteilungskommissionen bestritten werden, gleich um ein Verhör geworben werden kann (10. September, 4. November 1763 usw.). Daran anknüpfend entwickelt sich anscheinend die Übung, daß überhaupt bei allen jenen Ansprüchen, die (wenn auch nur außergerichtlich) bestritten werden, ohne förmliche Klagseinbringung die Anberaumung eines Verhöres verlangt werden kann.5.15 Der gleiche Vorgang wird auch bei Aufforderungsklagen eingehalten5.16 und hat sich auf diese Weise wieder ein — mit Ausnahme des Antrages — rein mündliches Verfahren entwickelt, während sonst von der mündlichen Klage und der Mandatsklage der Vorperiode nur Spuren erhalten sind.5.17 Auch die anderen besonderen Verfahrensarten haben sich nicht erhalten. Schuldbriefe (z.B. Schiechl-Järitz, 1683, Fasz. 254/13) und Wechsel (Anm. 6) werden im ordentlichen Verfahren erledigt. Prozesse mit Schriftenwechsel scheinen in späterer Zeit selten vorgekommen zu sein (z.B. 9. Juni 1760). Die Verteidigung des Beklagten erfolgt nach wie vor mit Exzeptionen oder in der Hauptsache. Ob peremptorische Exzeptionen tatsächlich bis zum Endabschiede eingewendet werden konnten (Rampichl 100), ist für das Stadtgericht zweifelhaft.

Wurde auf Weisung erkannt,5.18 so ist vorerst der Weisungsanzug zu legen. Er wird dem Gegner zur Einbringung seiner allfälligen Bedenken zugesendet, sonst wird bei Zeugenbeweis das Examen ex offo angeordnet.5.19 Die Einbringung des Anzuges hat bei der Landeshauptmannschaft und wohl auch beim Stadtgericht innerhalb 6 Wochen 3 Tagen, von der Zulassung zur Weisung an gerechnet, zu erfolgen, 5.20 dann muß binnen weiteren 6 Wochen 3 Tagen vom Gegner die Einbringung von Bedenken mit 14- und 8tägigem Termine und auch noch die ex-offo-Ausfertigung des Zeugenexamens oder — wenn er Einwendungen erhebt — die Anberaumung eines Entscheidungsverhöres ausgewirkt werden.5.21 Bei Nichteinhaltung dieser Fristen kann der Gegner ein Verhör zur Deserterkennung der Weisung verlangen.5.22 Von der Auswirkung des Examens an laufen für den Beweisführer keine Notfristen.

Was die Beweismittel anlangt, so wurde gleich zu Beginn der Periode die Zulässigkeit des vom Richter auferlegten ergänzenden [Seite: S. 47] [=> Seite] Parteieneides, zu dem sich die Parteien meistens von vornherein anbieten, mehrfach anerkannt.5.23 Der Beweis durch den Gegner als Zeugen ist noch immer nachweisbar (Graf Goëß-Kriegl, Weisungsanzug Kriegls vom 14. März 1759, Fasz. 83/9). Rampichl (159, 174 f.) verweist für die Beweisregeln auf seinen allgemeinen Teil, in dem er die gemeinrechtliche Lehrmeinung wiedergibt (106 bis 117). Auch die Entscheidung der Verordneten im Prozesse Guetsold-Stocker, a.a.O. ("semiplene probiert, daher zum juramentum suppletorium zugelassen"), spricht deutlich für die allgemeine Gültigkeit der gemeinrechtlichen Beweisvorschriften.

Nach Eröffnung der Weisung sind die Schlußschriften einzubringen und erfolgt dann der Abschied.5.24 Bezüglich Ersatz und Feststellung der Expensen hat sich nichts geändert.5.25 Gegen den Unfug, daß für jede Prozeßhandlung mehrfache Fristen gegeben wurden, wendete sich eine kaiserliche Resolution vom 18. Oktober 1749 (Patentsammlung, LA.), wonach in Zukunft sämtliche Termine peremptorisch sind und ihre Dauer nach Entfernung, Beschaffenheit der Sachen und Parteien (z.B. Krankheit) abgestuft wird, jedoch Verlängerung möglich ist. Diese Neuerung ist im Klagenfurter Stadtgerichte überhaupt nicht durchgedrungen, bei der Landeshauptmannschaft erst infolge der Hauptentschließung.

§ 4. Das Rechtsmittelverfahren.

Das Anwendungsgebiet der Appellation ist unverändert. Über die Beschwerde fehlen jegliche Nachrichten. Der Instanzenzug geht nach wie vor vom Magistrat an die Verordneten und dann an die i. ö. Regierung.5.26 Erst durch das Patent vom 18. April 1782, J.G. S. 45, wurde das inner- und oberösterreichische Appellationsgericht als allgemeine zweite Instanz eingeführt.

Hinsichtlich des Verfahrens ist in der zweiten Instanz der Grundsatz der Mündlichkeit beinahe vollkommen durchgedrungen, so daß nahezu immer die Appellationen im Verhöre entschieden werden.5.27 Wird der Appellant von seinem Gegner zur Appellation nicht gutwillig zugelassen, so erfolgt in der ersten Hälfte dieser Periode die Entscheidung über die Zulässigkeit durch Verhör beim Stadtgericht.5.28 Die Appellation an die i. ö. Regierung ist immer schriftlich und sind je zwei Appellationsschriften bei den Verordneten einzubringen (Hagenlocher-Frankenberger, 1691-1692, Fasz. 254/10). Der Vorgang deckt sich mit jenem am Schlüsse der Vorperiode (Guetsold-Stocker, 28. Februar 1682, Fasz. 82/7, usw.). Dem Appellanten wird mit dem rotulierten Akte ein Apostelbrief an die Regierung mitgegeben, wonach die Appellation inner sechs Wochen erledigt zurückzubringen oder ein Schub zu legen ist.5.29

Eine Zurückdrängung des Stadtgerichtsverfahrens, über deren Zeitpunkt nichts Näheres bekannt ist, ergibt sich aus dem Stadtratsprotokolle vom 19. Dezember 1760, wonach die Appellation ohne [Seite: S. 48] [=> Seite] vorläufige Zu- oder Aberkennung an die Verordneten weiterzuleiten war, weil sie an die Verordneten "sub titulo reformatorii" gehe.5.30 Das mündliche Appellationsverfahren bei den Verordneten erhielt sich bis zum Ende des behandelten Zeitraumes.5.31 Bedeutende Änderungen lassen sich gegen Ende der fünfziger Jahre des 18. Jahrhunderts für das Verfahren dritter Instanz nachweisen.5.32 Die Appellationsschriften sind auf je eine herabgesetzt (Graf Goëß-Kriegl 1759, Fasz. 83/8, usw.). Das Neuerungsverbot wird zweckmäßiger gestaltet.5.33 Die Fristbestimmung in den Apostelbriefen für die Erledigung der Appellation und infolgedessen die SchÜberteilung entfällt. Seitens der Regierung werden die "rationes decidendi" von den Verordneten abgefordert (Graf Goëß-Kriegl, a.a.O.) und später von Amts wegen zusammen mit dem Aktenrotel dem Appellanten zur Vorlage an die Regierung übergeben.5.34 Die Kollationierung der Appellationsschriften erfolgt nunmehr immer auf Verlangen des Appellationsgegners.5.35

Eine Revision im Stadtgerichtsverfahren ist nicht nachweisbar. Dagegen sind die Nachrichten über die Restitution verhältnismäßig reichlich. Das Verfahren blieb im allgemeinen unverändert (Woratitsch-Bernardin, 1681, Fasz. 254/5, usw.). Die Einstellung erfolgte erstmals auf 2 Monate oder 6 Wochen und wird nötigenfalls erneuert (mehrmalige Erneuerungen auf je 14 Tage, Rechbach-Jerizische Creditoren 1689, Fasz. 254/13). Die endgültige Entscheidung über die Restitutionserteilung erfolgte nach der Auflösung der i. ö. geheimen Stelle im Jahre 1749 durch das im selben Jahre geschaffene Judicium revisorium. Die Befugnis der Regierung, ad appellandum zu restituieren, bestand weiter.5.36 Derartige Restitutionen wurden späterhin ex offo ohne Einhaltung des früher üblichen Verfahrens erteilt, wozu die Regierung schon früher berechtigt gewesen wäre (Rechbach 42).5.37

§ 5. Das Zwischenverfahren nach der Entscheidung erster Instanz und die Zwangsvollstreckung.

Wurde nicht innerhalb 10 Tagen appelliert, so ergehen auf den Abschied (Vergleich, Anerkenntnis) über Antrag die Warnungsauflagen zur Erfüllung.5.38 Nach ergebnislosem Fristablauf erfolgt das Begehren um Erteilung der Aufweisung oder, wie sie öfters genannt wird, "executio ex primo decreto".5.39 Über das Ergebnis hat der Fronbote dem Magistrate Relation zu tun.5.40 Innerhalb der nächsten 6 Wochen und 3 Tage können andere Gläubiger auf die Priorität oder das Übermaß einreden,5.41 nachher nur mehr auf das Übermaß (10. Februar 1763, Vorschlag a.a.O., § 8). Innerhalb der gleichen Frist kann der Schuldner das Pfand (wenn es nicht die ersiegte Hauptsache ist) ablösen (Fröauff a.a.O., Rampichl a.a.O.). Nach Fristablauf steht dem Betreibenden das Recht zu, die Einantwortung, auch "executio ex secundo [Seite: S. 49] [=> Seite] decreto" genannt, zu verlangen,5.42 worüber dann durch den Fronboten Bericht zu erstatten ist und im Falle einer Widersetzlichkeit ein Verhör stattfindet (Bericht Dr. Hellers a.a.O., 9. Dezember 1760, usw.). Die Einantwortung gibt volles Eigentum, so weit die Forderung reicht.5.43 Daß Einreden erhoben wurden und darüber ein Prozeß schwebt, hindert die Einantwortung nicht, da der betreibende Gläubiger für die Einreder mit Exekution führt und nur seine Expensen einen Vorzug vor den anderen Gläubigern haben (Fröauff a.a.O., vgl. die Exekutionen bei Rotts Erben-Wunder, Fasz. 254/11).

Nach der Einantwortung folgt als letzter Schritt die Rait-, Schätz- und Abteilungscommission, deren Anordnung auch gleichzeitig mit dem Ansuchen um Einantwortung begehrt werden kann (16. April 1723 usw.). Der Kommission obliegt die Feststellung der Forderungen (besonders Taxierung der Kosten) und der ihnen gebührenden Rangordnung, die Schätzung der Pfandstücke und ihre Aufteilung unter die einzelnen Gläubiger.5.44 Bei der Einantwortung von Häusern läßt sich jeder einzelne Gläubiger auf einen bestimmten Hausteil ansetzen, wobei ihm als Zeichen des erfolgten Ansatzes die Schlüssel übergeben werden.5.45 Als bevorrechtete Forderung gelten die öffentlichen Abgaben (Herrenforderungen), Versatz und anvertraute Güter, vertragsmäßige Pfandrechte und die Dotalansprüche der Ehegattin.5.46 Dann werden die Forderungen des Betreibenden (falls ihm nicht infolge eines vertragsmäßigen Pfandrechtes ein besserer Rang zusteht) und der Einreder auf das Übermaß, schließlich allenfalls jene der nur anmeldenden, aber nicht einredenden Gläubiger befriedigt.5.47 Zugewiesen wird in der Weise, daß die Gläubiger in der ihnen zuerkannten Rangordnung den Aufgriff auf die vorhandenen Vermögensstücke ausüben. Bei Geld und Schuldbriefen entfällt die Schätzung und Ablösung, bei Faustpfändern die Einantwortung (Vorschlag a.a.O., § 14). Zur Erzwingung persönlicher Leistungen sind Geldstrafen (Penalauflagen genannt) nachweisbar und haben der Abforderung der Strafe mehrfache (meistens dreimalige) Androhungen vorauszugehen (18. Oktober 1723 usw.).

Verletzt die Exekutionsführung Rechte Dritter, so können sie wegen Nullität des Verfahrens ein Verhör bei den Verordneten erwirken.5.48 Vom gewöhnlichen Verfahrensgange wird öfters abgewichen. So treten Verpflichtete ihre Güter freiwillig den Betreibenden mit der Verpflichtung ab, den Wertüberschuß herauszugeben (Juri-Appoth, 27. August 1685, Fasz. 254/6, usw.), oder es verlangt der Schuldner die Anordnung einer Rait-, Schätz- und Abteilungscommission mit Einberufung sämtlicher Gläubiger (26. September 1772).

Das Arrestverfahren weist gegenüber dem Rechtszustande am Ende der Vorperiode keine Veränderungen auf (vgl. Vorschlag, [Seite: S. 50] [=> Seite] 3. Tl., art. 4). Zur Justifikation muß innerhalb 6 Wochen 3 Tagen ein Verhör geworben werden.5.49 Die Relaxierung eines Arrestes kann nur nach Abhaltung eines Verhöres erfolgen (z.B. 23. Juli 1763). Das Verfahren in der Hauptsache ist von dem in der Arrestsache vollkommen getrennt und teilt auch nicht den Gerichtsstand.5.50

§ 6. Das Konkursverfahren.

Das Konkursverfahren vollzieht sich im wesentlichen in der gleichen Weise wie vorher. Neu ist die Einführung einer ständigen Kommission im Jahre 1760 (vgl. § 2).5.51 Der Masseverwalter (es wird nur mehr einer bestellt) wird als Curator des Vermögens ("über weiland Gregor Frankenberger hinterlassenes Vermögen", Kaufbrief vom 8. Juli 1686, Fasz. 254/10), der Creditmassa (22. Mai 1772) und genauer als curator bonorum et ad lites (Auftrag des Magistrates vom 22. Juni 1686, a.a.O.) bezeichnet. Seine Stellung ist die eines Vertreters der Erben und Creditoren und handelt er in ihrem Namen (Kaufbrief vom 8. Juli 1686, a.a.O.). Es kommen auch konkursähnliche Vorgänge vor.5.52

Über das materielle Konkursrecht gibt die magistratliche Abhandlung vom 29. Mai 1686 in der Ediktsache Verlassenschaft Frankenberger (a.a.O.) näheren Aufschluß. Es werden die Herrenforderungen des Magistrates, die Massekosten (einschließlich Entlohnung des Curators), die Begräbniskosten, die Sprüche des mütterlichen Erbes aus erster Ehe, die Ansprüche der zweiten Frau laut Heiratsbrief auf Heiratsgut, Widerlage, Paraphernalgut, Morgengabe und halbe Fahrnis, ein Schuldbrief samt Interesse, ein Lidlohn, wiederum ein Schuldbrief,5.53 sowie eine alte Erbschaftsforderung in die Priorität gesetzt, der Rest den anderen Konkursgläubigern verhältnismäßig zugewiesen. Der Hauptbestandteil des Vermögens, das Haus, war vom Curator mit Zustimmung des Magistrates freihändig verkauft worden, als Mindestpreis hatte der Magistrat die Erzielung des inventarischen Schätzwertes verlangt, der 800 fl. betrug; verkauft wurde es um 833 fl. Auch das Handwerkzeug sollte der Curator bestmöglichst freihändig verkaufen. Die Zuweisung erfolgte bei den nicht veräußerten Sachen entsprechend dem Schätzungsergebnisse. Die Stadtforderung und die Inventurskosten wurden auf Hauskaufschilling und Fahrnisse, die Pfandgläubiger auf den Hauskaufschilling, die Kurrentgläubiger auf die restliche Ladenware und das Geschirr gewiesen.5.54

Am 25. Februar 1763 erfolgt die öffentliche Versteigerung eines den Gläubigern bereits im Zuge des Konkursverfahrens eingeantworteten Hauses. So kommt das Cantorecht als freiwillige Versteigerung wiederum zum Vorschein. [Seite: S. 51] [=> Seite]

§ 7. Die Justizreformen Josefs II. und das Ende des Stadtgerichtes.

Weder das Verfahren noch die Zuständigkeit oder die Zusammensetzung des Stadtgerichtes hatten innerhalb dieser Periode wesentliche Änderungen erfahren. Vollkommenen Wandel schafften dagegen die Justizreformen Josefs II. An die Stelle des gewohnheitsrechtlichen Prozesses trat mit 1. Juni 1782 das Verfahren nach den Vorschriften der allgemeinen Gerichtsordnung vom 1. Mai 1781, J.G. S. 13, das Konkursverfahren wurde durch die allgemeine Konkursordnung vom 1. Mai 1781, J.G. S. 14, die Zuständigkeit im Rechtsmittelverfahren durch das Patent vom 18. April 1782, J.G. S. 45, und im allgemeinen durch die Jurisdiktionsnorm für Kärnten vom 11. Februar 1784, J.G. S. 238, geregelt.5.55 Ein Hofdekret vom 18. September 1783 befahl, Vorschläge zur Neugestaltung des Stadtmagistrates zu erstatten.5.56 Nach längeren Verhandlungen wurde schließlich am 17. Juli 17845.57 vom i. ö. GÜbernium bestimmt, daß der Magistrat aus dem Bürgermeister, vier Räten und einem Sekretär zu bestehen habe. Die Bewerber um diese Stellen sollten von Seite der politischen Behörde unter dem Vorsitze eines Kreishauptmannes und unter Zuziehung eines Appellationsrates als Vertreter des i. ö. Appellationsgerichtes geprüft werden. Aus jenen, die ein Wahlfähigkeitszeugnis erhielten, hatte dann ein von der Bürgerschaft zu wählender 24gliedriger Ausschuß die Wahl vorzunehmen. Der Bürgermeister war jeweils auf vier Jahre zu wählen. Er und die Räte waren von der politischen Behörde zu bestätigen, die Räte jedoch nicht auf eine bestimmte Anzahl von Jahren. Der Magistrat hatte in einem Senate sowohl die Geschäfte "in politicis" wie "in justitialibus" zu führen und unter der Bezeichnung Wechselgericht auch als solches tätig zu sein. Jede andere persönliche Gerichtsbarkeit über Nichtadelige war aufgehoben, so daß der neue Magistrat mit dieser Ausnahme für sämtliche Bewohner des Stadtgebietes zuständig war. Der obenerwähnte Ausschuß wurde am 20. August 1784 gewählt und fand nach Wahl und Bestätigung des Bürgermeisters und der Räte am 12. März 1785 die Vereidigung des neuen Magistrates statt.

VI. Zusammenfassung.

§ 1. Einleitung.

Das Klagenfurter Stadtrecht und Stadtgericht soll nun in Zusammenhang mit dem Zivilprozess der geschilderten Zeit gebracht werden. Zwei Aufgaben sind zu lösen: Vorerst, welche Bestandteile des Rechtsganges deutschrechtlichen und welche gemeinrechtlichen (römisch-kanonischen) Ursprunges sind, weiters, welche Stellung das Klagenfurter Gerichtsverfahren im Rahmen des Zivilprozesses der [Seite: S. 52] [=> Seite] altösterreichischen Alpenländer (ausgenommen Tirol und Vorarlberg, die gesonderte Entwicklungen haben) einnimmt. Hiebei sind natürlich in erster Linie Kärnten und dann Steiermark als das Hauptland der innerösterreichischen Ländergruppe (Steiermark, Kärnten, Krain)6.1 zum Vergleich heranzuziehen. Zu diesem Zwecke werden zuerst die dem Stadtrechte und Stadtgerichte eigentümlichen, dann die beiden Gerichten gemeinsamen Einrichtungen behandelt. Eine Erörterung der Herkunft von Stadtrecht und Stadtgericht, ihrer Stellung zueinander und der Entwicklung des Verfahrens bildet den Schluß.

§ 2. Das Stadtrechtsverfahren in seiner Stellung zum deutsch-mittelalterlichen und zum gemeinen Prozesse.

6.2

Die Zusammensetzung des Stadtrechtes aus einem Richter und mindestens sieben Beisitzern (vgl. Ampfinger art. 3, Kraus Bl. 3, Rechbach 71 und für das steirische Recht St. III art. 5, Abs. 5) stimmt mit dem mittelalterlichen Rechtsbrauche überein (Planck I 109, Schröder 179, Anm. 21, 609). Ebenso ist die strenge Scheidung zwischen Richter und Urteiler überliefertes deutsches Rechtsgut.6.3 Was die Zuständigkeit anlangt, so ist das Stadtrecht entsprechend der im Spätmittelalter allgemeinen Kompetenzregelung nach Personen (Schröder 655) das bürgerliche Standesgericht, und zwar auch für das bürgerliche Gut (vgl. Werunsky 71).

Die eine der beiden Klagsarten, die Klage zu Tagen, ist deutschrechtlichen Ursprunges. Sowohl das germanische wie das mittelalterliche deutsche Recht verlangen für das Ladungsungehorsamsverfahren mehrmalige erfolglose Ladung des Beklagten oder Abhaltung von drei bis vier Gerichtstagen.6.4 Der Unterschied in der Zählung erklärt sich daraus, daß in manchen Rechten der Gerichtstag, an dem die Klage eingebracht wurde, mitzurechnen war, in anderen nicht.6.5 Das Klagenfurter Stadtrecht und das Kärntner Landrecht schließen sich der zweiten Zählweise an.6.6 Auch die einzelnen Verfahrensabschnitte verleugnen ihren deutschrechtlichen Ursprung nicht. Es ergeht (wie in Steier, St. Lr. Lr. 60, vgl. St. III art. 29, 32) nur eine einmalige Ladung. Dies erklärt sich aus der Auffassung des Stadtrechtes als eines öffentlichen Taidings.6.7 In das Mittelalter zurück reicht die Vorschrift, für jeden Tag einen Gerichtszeugbrief zu lösen,6.8 und die Möglichkeit für den Beklagten, sich an jedem Rechtstage zu verantworten.6.9

Die Klage auf ein Geschäft ist aus zwei Wurzeln entstanden. Bei Lidlohnforderungen handelt es sich um ein Mahnverfahren. Eine abgekürzte Verfahrensart für derartige Forderungen allerdings nur von Fremden (Gästen) kennt schon St. Lr. art. 145 (vgl. Wiener Str. art. 45). Dagegen scheint die Ausdehnung dieses Verfahrens und die Umbildung in ein Mahnverfahren eine Kärntner Sonderbildung [Seite: S. 53] [=> Seite] zu sein.6.10 Bei landschadenbündigen Schuldbriefen handelt es sich um ein Exekutivverfahren.6.11 Das ursprüngliche Recht des Gläubigers auf eigenmächtige Befriedigung an der Schuldnerhabe6.12 ist allerdings dahin abgewandelt, daß bei Schuldverschreibungen, die mit einer besonderen Formel ausgestattet sind, ein abgekürztes Verfahren stattfindet und die Verteidigungsmöglichkeit des Schuldners beschränkt ist.6.13 Diese rein deutschrechtliche Einrichtung wurde allerdings von der späteren Jurisprudenz (Rampichl 173, Beckmann 270, 531) als das "instrumentum guarentigiatum" des italienischen Rechtsbrauches aufgefaßt.6.14

Deutscher Prägung ist der Vorgang beim Urteile, sowohl bei Beiurteilen, wie z.B. beim Beweisurteile, als auch dem Endurteile (im Bestreitungs- und im Säumnisfalle). Auf die Frage des Vorsitzenden erfolgt der Urteilsvorschlag beider, im Säumnisfalle eines Streitteiles.6.15 Daran schließt sich — gewöhnlich nach Besprechung mit den anderen Beisitzern (vgl. Planck I 254 f., Erberg obs. 3) — die Urteilsfindung durch den vom Vorsitzenden befragten Rechtsprecher und — falls nicht gedingt wird — die Urteilsfolge der übrigen Beisitzer. Das stimmt vollkommen mit dem mittelalterlichen Gerichtsbrauche überein.6.16

Im Rechtsmittelverfahren weist die Bezeichnung Dingnus (Anm. II, 15, IV, 29)6.17 auf den Zusammenhang mit dem mittelalterlichen Geding, Dingnus des bairisch-österreichischen Rechtsgebietes, hin. Über das Wesen der bairischen Dingnus herrschen vollkommen entgegengesetzte Auffassungen.6.18 Die Dingnus Kärntens zeigt jedenfalls deutlich ihren Ursprung aus der Urteilsschelte6.19 des mittelalterlichen Rechtes, allerdings nicht in ihrer ursprünglichen Form, sondern als Rechtszug an ein höheres Gericht. Dies beweist die eigentümliche Beschränkung der Zulässigkeit des Dingens. Es muß gedingt werden, sobald der zuerst befragte Beisitzer sein Urteil ausgesprochen (also es gefunden) hat. Wird weiter abgefragt, entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Das deckt sich mit der Auffassung einiger mittelalterlichen Rechtsquellen.6.20 Im innerösterreichischen Rechtsgebiete muß also gegen das Urteil des Rechtsprechers gedingt werden, bevor der nächstfolgende Beisitzer sein Urteil abgegeben hat.6.21

Die Zwangsvollstreckung weist rein deutschrechtliche Grundzüge auf.6.22 Sie ist obrigkeitlicher Akt (so schon St. Lr. art. 6, 11) und hat jede Spur der außergerichtlichen Privatpfändung abgestreift.6.23 Als Träger des Verfahrens scheint aber im Sprachgebrauche noch immer der Gläubiger auf.6.24 Eine Leistungsfrist wird dem Schuldner nicht gewährt.6.25 Er hat auch im Gegensatze zu den meisten mittelalterlichen Rechtsquellen (Planitz 526 ff., Meibom 55 ff.) keinen Einfluß auf die Pfandwahl.6.28 Die Aufweisung ist unter dieser Bezeichnung dem mittelalterlichen Rechte Innerösterreichs bekannt.6.27 Eine Pfandwegnahme (Besitzentziehung) ist mit [Seite: S. 54] [=> Seite] ihr nach Kärntner Recht nicht verbunden.6.28 Die Relation6.29 und der erste Scherm6.30 haben im Steirer und Krainer Rechte kein Gegenstück.6.31

Das viermalige Pfandfürtragen dient zwei Zwecken: der Schuldner hat die Möglichkeit, die Pfänder zu lösen, dritte Personen können ihre Ansprüche darauf geltend machen.6.32 Es deckt sich dieser Schritt mit dem Pfandaufgebote des mittelalterlichen deutschen Rechtes (Planitz 627 ff., Meibom 81 ff.), wenn man als Zweck des Aufgebotes neben der von Planitz betonten richterlichen Kontrolle auch die "Proklamation" (Meibom 83) erblickt.6.33 Die Einreden dritter dinglich Berechtigter lassen sich schon im steirischen Gerichtsbrauche des Mittelalters nachweisen (vgl. Anm. 32), so daß ihr deutschrechtlicher Ursprung außer Zweifel steht.6.34 Der vierte6.35 Tag des Pfandfürtragens dient dazu, vom Gerichte das Anbot an den Beklagten zu erwirken, inner 14 Tagen die gepfändeten Güter zu lösen. Dies ist das mittelalterliche Einlösungsanbot (Planitz 637 ff., Meibom 85 f.).

Der Stadtscherm beinhaltet die Eigentumsübertragung der gepfändeten Sache an den Gläubiger und die endgültige Friedewirkung. Das Kärntner Recht hielt demnach am Pfandverfalle (Planitz 642 ff.) mit der auffallenden Eigentümlichkeit fest, daß die mit dieser Verwertungsart sonst stets verbundene Schätzung (Planitz 646 ff.) fehlt. Infolgedessen war auch die Verpflichtung des Gläubigers, den Mehrwert herauszugeben (Anm. IV, 45, vgl. Planitz 648 f., 658 f.), bis er die Pfandstücke veräußerte, wirkungslos. Die tatsächliche Einantwortung (Ansatz) der Pfänder hat ursprünglich keine rechtliche Bedeutung. Erst verhältnismäßig spät wurde durch die Einführung der Schätzung die Angleichung an Steiermark vollzogen.6.36 Sie liegt in der Zeit nach dem Pfandverfalle und ist der Einantwortung verbunden.

Zeitweise spielt in das Vollstreckungsverfahren bei Liegenschaften das Cantorecht hinein, das dem Pfandverkauf im Gerichte entspricht (Planitz 681 f.). Verkäufer ist der Gläubiger, nicht das Gericht (Planitz 680, 688) und ist der Verkauf ein einseitiges Gläubigerrecht, das sich aus dem ihm durch Erteilung des Stadtscherms zustehenden Eigentumsrechte ergibt (Anm. IV, 49).

Das Vollstreckungsverfahren kennzeichnet sich durch eine Auflösung in eine überreiche Anzahl von Einzelschritten [Pfändung, gerichtliches Aufgebot, Einlösungsanbot6.37, Pfandverfall6.38] und durch eine eigentümliche Mischung von altertümlichen (Festhalten am Pfandverfall, Fehlen der in den Pfandverfallsgebieten sonst stets nachweisbaren Schätzung) und neuen, durch Gerichtsbrauch entstandenen Bestandteilen (Verfahrensöffentlichkeit, Einredemöglichkeit, Entwicklung des Versteigerungsgedankens).

Das Stadtrechtsverfahren als solches weist eine große Anzahl altertümlicher Formeln, die in das Mittelalter zurückgehen, auf [Seite: S. 55] [=> Seite] (vgl. die Formeln bei Kraus, Hs. 517 und Rampichl). Ein Überrest der Formstrenge hat sich bei der Klagsbestreitung erhalten.6.39 Der Grundsatz des Parteienbetriebes (vgl. Planck I 169 ff.) beherrscht — wie aus dem Aufbau des Verfahrens hervorgeht — den Prozeßgang. Dagegen ist die Mündlichkeit stark zurückgedrängt (vgl. Planck I 133 ff.). Die Klagseinbringung erfolgt in der Regel schriftlich und tritt auch im weiteren Verfahren die Protokollierung stark hervor.6.40 Die mündlichen Schlußreden nach dem Beweisverfahren sind durch Schlußschriften völlig verdrängt.6.41 Im allgemeinen hat aber das Stadtrecht mit großer Zähigkeit an dem aus dem Mittelalter überlieferten Verfahren festgehalten.

§ 3. Das Stadtgerichtsverfahren in seiner Stellung zum deutschmittelalterlichen und zum gemeinen Prozesse.

6.42

Für die Zusammensetzung ist eine bestimmte Anzahl von Beisitzern nicht erforderlich, Spuren der Tätigkeit des Stadtrichters als Einzelrichter sind nachweisbar (I, § 2). Die Zuständigkeit umfaßt auch die Inwohner und sogar allenfalls Fremde. Für die Form der Klage (ob schriftlich oder mündlich) ist neben der Höhe des Streitwertes der Umstand entscheidend, ob voraussichtlich Beweisaufnahmen notwendig sind und mit einem Beweismittelverfahren gerechnet werden muß.6.43

Die mündliche Klage beginnt mit der Vorforderung des Gegners durch den Fronboten, die — nötigenfalls unter Strafdrohung — wiederholt wird.6.44 Kontumazerkenntnisse sind erst spät nachweisbar.6.45 Auf Klagsvortrag und Verantwortung ergeht dann bei Anerkenntnis der Leistungsauftrag des Gerichtes ohne Fällung eines Erkenntnisses,6.46 sonst Abschied in der Hauptsache oder Zulassung zur Weisung. Dieses Verfahren deckt sich nicht ganz mit dem älteren steirischen Gerichtsgebrauch. Hier ist die Klage schriftlich zu verfassen und ergeht gleich das erstemal peremptorische Ladung zur mündlichen "Verfahrung" (Forma Frage 4, 12). Der Unterschied läßt sich daraus erklären, daß im Stadtgericht der Beklagte bei der Fürforderung vom Klagsinhalte nicht unterrichtet wurde und sich daher auch nach dem Klagsvortrage Bedacht nehmen konnte, ob er die Klage bestreiten wolle oder nicht.6.47 Jedenfalls ist es nicht notwendig, gemeinrechtliche Einflüsse anzunehmen.

Die schriftliche Klage wird dem Gegner zur Äußerung übermittelt. Wahrscheinlich schon ursprünglich war eine dreimalige Aufforderung zur Verantwortungseinbringung üblich. Im Bestreitungsfalle wurden meistens drei Schriften gewechselt, worauf ohne Anberaumung einer Tagsatzung Endentscheidung oder Beweiserkenntnis folgte. Diese Prozeßart zeigt Ähnlichkeit mit dem gemeinrechtlichen Verfahren.6.48 Sie geht sogar weiter, da sie jegliche mündliche Verhandlung beseitigt.6.49 Die Entscheidung (sei [Seite: S. 56] [=> Seite] es Bescheid oder Abschied) kommt als Mehrheitsbeschluß der Beisitzer zustande.6.50

Das Verfahren bei Schuldbriefen (auch bei landschadenbündigen) ist das übliche, doch ist die Möglichkeit von Einwendungen beschränkt und Appellation unzulässig.6.51

Dagegen stellt der Fremdenprozeß6.52 eine besondere Verfahrensart dar, die durch raschere Abwicklung gekennzeichnet ist, unabhängig davon, ob der Fremde in der Kläger- oder Beklagtenrolle auftritt. Als Gast (Fremder) gilt jeder, der außerhalb des Landes gesessen ist, was gegenüber dem Mittelalter einen Fortschritt bedeutet.6.53 Die Fristen sind verhältnismäßig lang.6.54 Der Fremdenprozeß ist rein deutschrechtlich und weist keine wesentlichen Unterschiede gegenüber Steiermark und Österreich auf.6.55

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts nimmt das Mandat- oder Mahnverfahren stark zu (Text bei III, 32). Sein Ursprung ist deutschrechtlich (Skedl, Mahnverfahren, 1891, 3 ff., Planitz 251 ff.), was sich besonders in den Ausdrücken äußert. Gerade in Kärnten lag eine Anknüpfung an das land- und stadtrechtliche Verfahren bei landschadenbündigen Schuldbriefen nahe. Die Erlassung des Zahlungsbefehles (Geschäftes) erfolgt ohne Einvernahme des Schuldners und wohl auch ohne richterliche Prüfung.6.56 Das Geschäft enthält die mit Präklusivwirkung versehene Aufforderung zur Einbringung von Einwendungen (Skedl 23 ff., 36 ff., Planitz 253 ff.), beinhaltet also eine Fristsetzung und keine Ladung (Skedl 37 f., 51 f., vgl. Briegleb EP. 111 ff.). Die Einbringung von Einwendungen setzt anscheinend das Mandat außer Kraft. Da auch Strafandrohungen in den Geschäften im allgemeinen nicht vorkommen, ist eine Ähnlichkeit mit den Reskripten des späteren gemeinen Rechtes unleugbar (vgl. Skedl 65 ff., 84 f.).6.57 Daß dem Schuldner eine dreimalige Aufforderung zugeht, ist wohl eine örtliche Sonderbildung.

Vielleicht eine bewußte Maßnahme gegen die gerade beim Mandatverfahren auf die Spitze getriebene Schriftlichkeit ist die Einschiebung eines Verhöres in den schriftlichen Prozeß.6.58 Sie hat dem mündlichen Verfahren mindestens teilweise seinen gebührenden Platz zurückerobert.

Von den Rechtsmitteln ist die Appellation stark gemeinrechtlich beeinflußt, vor allem in der zehntägigen Frist zur Appellationsanmeldung. Ursprünglich mußte anscheinend die Appellation sofort angemeldet werden, worauf 10 Tage für die Hebung offenstanden. Dies deutet auf einen Übergangszustand hin, in dem ein Zusammenwerfen der deutschrechtlichen sofortigen Anmeldungspflicht mit der Interpositionsfrist des römisch-kanonischen Prozesses,6.59 stattfand. Alle weiteren Fristen sind partikularrechtlich gestaltet, die beiden Abschnitte "introducendae" und "prosequendae appellationis" in einem zusammengezogen.6.60 Die im 17. Jahrhundert an Stelle der schriftlichen Appellationserledigung [Seite: S. 57] [=> Seite] tretenden Verhöre sind in Zweckmäßigkeitserwägungen begründet und haben möglicherweise ihr Vorbild im steirischen Gerichtsbrauche.6.61

Für das Zwangsvollstreckungsverfahren ist es von Bedeutung, daß der Abschied als Enderkenntnis im Gegensatze zum Stadtrechtsurteile noch nicht die Befugnis zur Exekution gibt, sondern erst — wie im Mittelalter — das richterliche Gebot, ihn zu erfüllen.6.62

Das sich nach Abschied oder Anerkenntnis einschiebende Zwischenverfahren zeigt durch die Dreizahl der Geschäfte und die deutschen Ausdrücke seinen Ursprung.6.63 Die Einschränkung auf zwei Warnungen deckt sich mit dem Verfahren bei der Landeshauptmannschaft (Anm. V, 38) und dem Gerichtsgebrauche in Steiermark.6.64

Das Exekutionsverfahren bei der Zwangsvollstreckung in das Vermögen hat eine Fülle sonderrechtlicher Unterabschnitte6.65 In den Grundzügen stimmt es mit der steirischen Praxis überein, besonders auch darin, daß die Schätzung ursprünglich vor der Einantwortung stattfindet.6.66 Die Verfahrensgrundsätze (Anbotszwang, Pfandverfall, Einredemöglichkeit) entsprechen jenen des Stadtrechtes, doch sind einige bedeutsame Unterschiede nachweisbar.

Vor allem ist, besonders zu Beginn der behandelten Periode, die Exekution durch mittelbaren Zwang sehr verbreitet. Die Schätzung ist im Stadtgerichtsverfahren, das nicht durch gesetzliche Vorschriften gehemmt ist, schon früh nachweisbar. Die Einantwortung gibt bis gegen 1600 dem Betreibenden noch kein Eigentum.6.67 Von den einzelnen Exekutionsschritten weist die Widersetzlichkeit deutlich auf die mittelalterliche Pfandwehr hin.6.68 Die Einredemöglichkeit ist ursprünglich weiter ausgedehnt als im Stadtrechte, jedoch durch mangelnde Verfahrensöffentlichkeit erschwert, wogegen sich verschiedene Reformversuche richten (siehe im Text bei III, 135).

Die Verlegung der Schätzung hinter die Einantwortung und ihre Verknüpfung mit der Aufteilung der Pfandstücke auf die einzelnen Gläubiger vollzieht sich entsprechend der Entwicklung im Stadtrechtsverfahren und beruht auf Zweckmäßigkeitsgründen. Das deutschrechtliche Wesen des Verfahrens wird dadurch nicht berührt.6.69 Ebenso ist die später übliche Bezeichnung der beiden Hauptabschnitte, Aufweisung und Einantwortung, als "executio ex primo" und "ex secundo decreto" eine äußerliche Angleichung an die gemeinrechtliche Gerichtssprache.6.70

Ursprünglich herrscht eine große Mannigfaltigkeit der Exekukutionsmittel. Wenn auch das gemeine Recht Geld- und Haftstrafen kennt (Wetzell 641 ff.), so ist ihr Vorherrschen in Klagenfurt eher aus der richterlichen Zwangsgewalt abzuleiten (vgl. Planitz 105 f., 114, Anm. 46). Sie sind Mittel, den Schuldner zu einer Zeit, [Seite: S. 58] [=> Seite] als noch unmittelbare Vermögensvollstreckung unzulässig ist, zur Erfüllung zu nötigen, also Zwangsmittel im Urteilsungehorsamsverfahren (Planitz 100 f.). Damit stimmt überein, daß sie in den Hintergrund treten, sobald sich die Zwangsvollstreckung in das Vermögen entfaltet.

Das Arrestverfahren6.71 deckt sich im wesentlichen mit jenem der anderen österreichischen Länder6.72 und der gemeinrechtlichen Praxis Deutschlands,6.73 doch weist es mehrere Anklänge an seinen deutschrechtlichen Ursprung auf. Der Sprachgebrauch ist bis gegen 1600 deutsch.6.74 Gegenüber Fremden wird das Erfordernis der Zahlungsunfähigkeit nicht streng beobachtet (vgl. Planitz ZRG. 52, 87 ff.). Spuren des Generalarrestes sind nachweisbar.6.75. Der Arrest ist zwar in erster Linie Sicherungsmittel, doch sind Hinweise auf seine ursprüngliche Verwendung als Befriedigungsmittel nachweisbar (vgl. Planitz, Arrest 70 ff., 80 ff.). Denn bis gegen 1620 ist bei Geldforderungen das Arrestverfahren gleichzeitig Verfahren in der Hauptsache (Text bei III, 150), was mit dem deutschen mittelalterlichen Rechte übereinstimmt.6.76 Allerdings hat sich in diesem Punkte der Gerichtsbrauch in Kärnten6.77 bedeutend rascher der gemeinrechtlichen Übung angeschlossen als in Steiermark und Österreich.6.78

Zusammenfassend zeigt das Stadtgericht gegenüber dem Stadtrechte6.79 eine größere Anzahl von Verfahrensarten, ein völliges Zurücktreten der Formstrenge und einen in Wandlung begriffenen Rechtsgang. Der Grundsatz des Parteienbetriebes herrscht auch hier unbeschränkt, die Mündlichkeit ist zeitweise stark zurückgedrängt.

§ 4. Die gemeinsamen Einrichtungen des Stadtrechtes und Stadtgerichtes in ihrem Verhältnisse zum deutsch-mittelalterlichen und gemeinen Prozesse.

Bei der Partei- und Prozeßfähigkeit läßt sich bei beiden Gerichten gegenüber dem gemeinen Rechte (Wetzell 91 ff.) keine besondere Abweichung feststellen. Stellvertretung6.80 ist schon zu Beginn des behandelten Zeitraumes möglich. Das Stadtgericht läßt stets schriftliche6.81 außergerichtliche Vollmachtserteilung zu, wogegen das Stadtrecht bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts am Erfordernisse der Vollmachtserteilung vor Gericht mittels Ergreifung des Gerichtstabes festhält.6.82

Der Parteienwechsel in der Beklagtenrolle auf Grund der Gewährleistung durch Eintritt des Schermers in den Prozeß ist nach deutschrechtlichen Grundsätzen geordnet.6.83. Eine Nebenintervention im Sinne der gemeinrechtlichen Übung (Wetzell 47 ff.) ist in Klagenfurt nicht nachweisbar, ebensowenig eine Spur davon, daß die "laudatio auctoris" eine prozeßhindernde Einrede sei (Gillis 83 ff., 88 f.). Sehr beschränkt ist das Anwendungsgebiet des Voreides der Parteien, da ein [Seite: S. 59] [=> Seite] "iuramentum calumniae" nur in Ausnahmsfällen vorkommt.6.84 Das Kautionswesen entspricht im wesentlichen der Ausbildung dieser Einrichtung im gemeinen Rechte.6.85 Bezüglich der Prozeßkosten ist es fraglich, ob sich der Grundsatz der Kostenersatzpflicht seitens der unterlegenen Partei zu Beginn der Periode im Stadtrechte durchgesetzt hatte,6.86 später war dies zweifelsohne der Fall.6.87 Das Verfahren bei der Kostenbestimmung deckt sich mit dem in den anderen österreichischen Ländern.6.88

Im Rechtsgange selbst ist der erste noch außergerichtliche Schritt, das gütliche Ersuchen, eine Sonderbildung des österreichischen Rechtsgebietes.6.89 Ihr ist wohl ein hohes Alter zuzusprechen.6.90 Bei der Klage ist in Kärnten — wie in den anderen Ländern der österreichischen Gruppe — die gemeinrechtliche Artikulierung niemals durchgedrungen.6.91

Die Verteidigung des Beklagten mittels Exzeption oder in der Hauptsache weist bei Stadtrecht und Stadtgericht keinen Unterschied auf. Die Bezeichnung Exzeption findet sich in der Kärntner Rechtssprache schon bei Ampfinger (art. 10) und in den ersten ausführlicher erhaltenen Protokollen (Anm. I, 25, II, 6). Es lassen sich aber zwei Eigentümlichkeiten feststellen. Vor allem ist in Kärnten die Verpflichtung der Kumulierung oder das sogenannte Eventualprinzip6.92 in der Weise ausgebildet, daß sämtliche Exzeptionen (ob sie gemeinrechtlich als dilatorische oder peremptorische aufzufassen wären) gemeinsam einzubringen sind (Anm. I, 25, II, 6, III, 26, IV, 13). Kärnten steht darin im niederösterreichischen Rechtsgebiete allein6.93 und lassen sich ähnliche Vorschriften nur vereinzelt in deutschen Partikularrechten nachweisen.6.94 Zur Erklärung muß die zweite Eigentümlichkeit herangezogen werden. Bis spät ins 17. Jahrhundert fehlt die Unterteilung der Exzeptionen in dilatorische und peremptorische6.95 und deckt sich der Exzeptionsbegriff keineswegs mit der gemeinrechtlichen Lehre. Ein Reihe von Einwendungen werden nicht als Exzeptionen aufgefaßt6.96 und gibt Lro. art. 12, Abs. 6, als Beispiele von Exzeptionen nur solche Einreden, die nach mittelalterlichem deutschem Rechte zur Antwortsverweigerung berechtigen würden.6.97 Dies weist darauf hin, daß sich im Kärntner Gerichtsbrauche unter dem fremden Namen der Exzeption die Antwortverweigerung des deutsch-mittelalterlichen Prozesses verbirgt.6.98

Die Litiskontestation6.99 ist kein ausgeprägter, förmlicher Prozeßabschnitt und wird als einseitiger Prozeßakt des Beklagten aufgefaßt.6.100 Auch hier läßt sich in Kärnten eine Eigentümlichkeit feststellen. Entgegen der theoretisch richtigen Auffassung und der gemeinrechtlichen Übung6.101 umfaßt die Litiskontestation bis ins 17. Jahrhundert die Verteidigung mit Exzeptionen und die Verantwortung in der Hauptsache.6.102 Es verbirgt sich also unter einer fremdländischen Bezeichnung eine deutsche Einrichtung, der, [Seite: S. 60] [=> Seite] sei es durch Ablehnung der Verantwortung (Antrag auf Prozeßabweisung), sei es durch Antwort (Antrag auf Sachabweisung), bewirkte Eintritt des Beklagten in das Verfahren6.103 Infolgedessen hat die Litiskontestation auch nicht die umfassende Bedeutung, die ihr im gemeinen Rechte als dem den Prozeß in zwei Teile trennenden Einschnitt (Planck BU. 139 ff., 177) zukommt. Das Kärntner Verfahren hält vielmehr an der Dreiteilung des mittelalterlichen deutschen Prozesses (Verhandlung über die Antwortpflicht des Beklagten, Parteienbehauptungen in der Sache selbst, Beweisverfahren) fest, wobei besonders der Prozeßabschnitt des Beweiserkenntnisses hervortritt.6.104

Die bedeutendste sachliche Wirkung der gemeinrechtlichen Litiskontestation, die Unterbrechung der Verjährung, tritt in Kärnten schon mit Klagseinbringung ein.6.105 Verfahrensrechtlich lassen sich so gut wie keine Wirkungen der Kriegsbefestigung feststellen. Sie ist ein leerer Sammelbegriff. Ihr wird weder in der Landrechtsordnung noch in den späteren Entwürfen ein besonderer Artikel gewidmet oder ihrer Wirkungen Erwähnung getan.6.106 Am meisten zeigt sich dies bei der Klagsänderung. Sie steht mit der Litiskontestation in keinerlei Zusammenhang. Es sind vielmehr andere Umstände für ihre Unzulässigkeit maßgebend: der Kläger muß bereits in der Klage angeben, welche Beweisart er wählt (Text bei II, 3, und Anm. IV, 7), die Klage hat dem gütlichen Ersuchen gleichlautend zu sein (Text bei IV, 7), Neuerungen im Weisungsverfahren (Anm. IV, 23) sind unzulässig. Infolgedessen ist für eine Klagsänderung von der Zustellung der Klage oder ihrem Vortrage bei der Verhandlung an kein Raum6.107 und bleibt der Kläger an Beweisgegenstand und Beweisform gebunden.6.108 Die Bindung an die einmal gewählte Beweisform wurde allerdings nach und nach fallen gelassen (Anm. I, 34, Text bei IV, 26), dagegen blieb der Grundsatz, daß die Klage dem gütlichen Ersuchen entsprechen müsse, anscheinend bis zu den Justizreformen Josefs II. aufrecht.6.109 Die Folgen waren für den Kläger nicht allzu schlimm. Entdeckte er im Stadtrechtsverfahren den Fehler, bevor sich Beklagter in Antwort eingelassen hatte, so bot die Vorschrift, daß bei Nichtverhandeln des Klägers die Tage aberkannt wurden (Text bei II, 5, und IV, 9), die Möglichkeit, einer Sachentscheidung aus dem Wege zu gehen. Ähnliches galt wohl auch im Stadtgerichte (Anm. III, 19). Daraus hat sich anscheinend bald ein Recht der Klagspartei auf Fallenlassen der Klage entwickelt, das sogar zeitweise noch im Beweisverfahren galt (IV, § 3 a.E., vgl. auch Anm. V, 22) und nur Kostenfolgen hatte.6.110

Immerhin fand schließlich auch in Kärnten die Gleichsetzung der hauptsächlichen Antwort mit der Litiskontestation statt und wurden dieser die gemeinrechtlich üblichen Wirkungen zugeschrieben.6.111 Dagegen läßt sich die spezielle Litiskontestation [Seite: S. 61] [=> Seite] des sächsischen und späteren gemeinen Rechtes6.112 in Kärnten als Zwangsvorschrift nicht nachweisen, wenn auch spezielle Bestreitung der Klagstatsachen vorkommt (Anm. I, 17, III, 27).

Das Säumnisverfahren gegen den Beklagten vor Streiteinlassung,6.113 also das Ladungsungehorsamsverfahren im Stadtrechte, entspricht dem, das sich in den meisten deutschen Rechtsgebieten des Spätmittelalters für den Schuldprozeß ausgebildet hatte. Es ist nicht mehr Straf-, sondern Sachurteil6.114 mit Sicherungen für den Schuldner, die im gütlichen Ersuchen, in den mehrfachen Gerichtstagen, der Notwendigkeit, gleich beim ersten Gerichtstage den Klagsgegenstand zu bezeichnen, bestehen (vgl. Planitz 433 f.). An diesem Kontumazverfahren im engeren Sinne haben Stadt- und Landrecht wie eine Reihe anderer deutscher Rechtsgebiete gegenüber dem gemeinen Rechte festgehalten und niemals das Eremodizialprinzip angenommen, nach dem auch bei Ungehorsam des Gegners der Kläger zum Beweise der Klagstatsachen verhalten wird.6.115 Beim Kläger kennt das Stadtrecht bei Säumnis vor Streiteinlassung nur die Möglichkeit der Tagefällung, also die Entbindung von der Instanz unter Kostenersatzpflicht. Ihn treffen Kontumaznachteile, nicht Kontumazfolgen.6.116 Bei Säumnis nach der hauptsächlichen Verantwortung, also regelmäßig im Verfahren nach dem Beweisurteil, erfolgt stets die Endentscheidung auf Grundlage dessen, was seitens der Streitteile eingekommen ist. Es gilt also das Eremodizialprinzip in der Weise, daß Nichtvornahme einer Prozeßhandlung nur den Ausschluß von dieser Handlung, demnach Teilversäumnis zur Folge hat.6.117

Im Stadtgerichte entspricht das Säumnisverfahren nach Antwort in der Hauptsache ganz jenem im Stadtrechte, nur daß — entsprechend dem Stadtgerichtsverfahren überhaupt — mehrfache Fristen vorkommen. Dagegen ist ein Kontumazerkenntnis vor diesem Verfahrensabschnitt erst in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts nachweisbar. Der Gedanke liegt nahe, hierin eine Annäherung an die gemeinrechtliche Praxis (vgl. Anm. 115) zu erblicken, zumal da die ursprünglich im Stadtgericht häufige Anwendung von Zwangsmitteln auch in verschiedenen Gebieten des gemeinen Rechtes — zumindest wahlweise — vorkommt.6.118 Dem widerspricht jedoch der Umstand, daß — sobald im Stadtgerichte Säumniserkenntnisse vor dem Beweisabschied nachweisbar sind — diese Kontumazerkenntnisse im engeren Sinne ohne Eremodizialverfahren sind (Anm. III, 19, 24).6.119 Die Erklärung liegt aller Wahrscheinlichkeit nach darin, daß das Stadtgericht ursprünglich auf der Zwangsgewalt des Richters beruhte und dieser zwar den Ungehorsam gegen seinen Ladungsbefehl bestrafen, nicht aber Entscheidungen fällen konnte, solange sich Beklagter nicht in den Streit eingelassen hatte.6.120 [Seite: S. 62] [=> Seite]

In engem Zusammenhang mit dem Säumnisverfahren steht die Einrichtung der ehaften (echten) Not.6.121 Ihr deutschrechtlicher Ursprung zeigt sich besonders in der Beschränkung auf wenige, genau festgesetzte Einzeltatbestände.6.122 Die echte Not muß durch einen Scheinboten6.123 gemeldet werden, der entweder durch Eid in die Seele des Auftraggebers oder durch ein Schreiben, in dem dieser bei seinem Eide die Unmöglichkeit des Erscheinens anzeigt, zu beweisen hat.6.124 Echte Not verhindert Säumniserkenntnis, zwingt aber nicht zur Vollmachtserteilung.6.125 Inwieweit in späterer Zeit eine Entwicklung zum Begriffe der höheren Gewalt stattfand, ist nicht ersichtlich.6.126

Was das Beweisrecht anlangt, so steht das steirische Landrecht, das auch in Kärnten gegolten hat (Bischoff 65, Darst. 128), zwar gegenüber den deutschrechtlichen Beweisregeln des Frühmittelalters6.127 bereits auf einer höheren Entwicklungsstufe, hält aber an der Einseitigkeit der Beweisrolle fest (art. 45, 50).6.128 Das Beweissystem der Klagenfurter Gerichte und des Landrechtes zu Beginn der behandelten Periode ist eine Weiterentwicklung dieses Beweisrechtes. Der Parteieneid ist verschwunden, die drei ursprünglich miteinander unvereinbaren (Anm. II, 3) Beweisarten, Zeugen, Urkunden und eidliche Vernehmung des Gegners, sind voll ausgebildet,6.129 der Gegenbeweis ist unbeschränkt zulässig.6.130 Inwieweit diese Entwicklung sich selbständig vollzog oder durch das kanonische und gemeine Recht beeinflußt wurde, ist im einzelnen schwer festzustellen. Der Unvereinbarkeit der drei Beweisarten liegt zweifelsohne eine (deutschrechtliche) Sonderbildung zugrunde.6.131 Die von den Zeugen verlangten persönlichen Erfordernisse (Anm. III, 46) lassen sich ebensogut mit den Bestimmungen des mittelalterlichen deutschen (Planck II 47 ff., BF. 214 ff.) wie mit jenen des gemeinen Rechtes (Endemann, Bew. 203 ff., Wetzell 206 ff.) vereinen. Am deutlichsten zeigt sich die deutschrechtliche Grundlage bei der Vernehmung des Gegners. Sie wird als eine Abart des Zeugenbeweises aufgefaßt und ist daneben jeder andere Beweis unzulässig.6.132 Ist die Bezeichnung als Zeuge außerhalb Kärntens nur vereinzelt nachweisbar,6.133 so entspricht die Erscheinung als solche dem spätmittelalterlichen Rechtszustande, wonach das Wissen des Beklagten ein für den Kläger verwertbares Beweismittel ist.6.134 Daraus erklärt sich, daß der Eid vom Gegner nicht zurückgeschoben werden kann.6.135

Es ist aufschlußreich, den Kampf des gemeinen Rechtes mit diesen deutschrechtlichen Grundsätzen, besonders beim Parteieneid, zu betrachten. Die Theorie des notwendigen und des Schiedseides6.136 konnte nur schwer Boden gewinnen. Der notwendige Eid steht im Widerspruch zu dem in Kärnten geltenden Grundsatze der Parteienwillkür auf dem Gebiete des Beweisrechtes — natürlich im Rahmen der zulässigen Beweismittel — und der Unvereinbarkeit [Seite: S. 63] [=> Seite] verschiedener Beweisarten. Der Schiedseid war mit Rücksicht auf die Möglichkeit, den Gegner als Zeugen zu führen, überflüssig. Die Kenntnis der römisch-kanonischen Beweislehre führte — da die Vernehmung des Gegners als Zeugen ins Belieben des Klägers gesetzt war — dazu, darin den gemeinrechtlich zugeschobenen (Schieds-)Eid zu erblicken,6.137 und wurde daher um die Mitte des 17. Jahrhunderts anerkannt, daß der vom Gegner verlangte Eid zurückgeschoben werden kann (Anm. III, 55, und IV, 26). Länger brauchte es, um den notwendigen Eid durchzusetzen. Es gelang dies allem Anscheine nach dadurch, daß man von der beweisführenden Partei Anbot zum "iuramentum suppletorium" verlangte.6.138 Gegen 1700 ist jedenfalls auf dem Gebiete der Beweismittel die gemeinrechtliche Lehre vollkommen durchgedrungen.6.139

Eine Einrichtung des Beweisrechtes ist noch zu erörtern: die Möglichkeit für den Beweisgegner, sich seiner Einvernahme als Zeuge durch Führung eines Gegenbeweises zu entziehen. Dies ist bereits um 1575 nachweisbar (Text nach I, 34, Anm. III, 55) und entspricht der Gewissensvertretung des sächsischen Rechtes, die sich später auch im gemeinen Rechte durchsetzte.6.140 Die Entwicklung in Kärnten scheint sich jedoch selbständig vollzogen zu haben.6.141

Ob die Beweisregeln durch das gemeine Recht beeinflußt waren, läßt sich schwer beantworten, da weder die Landrechtsordnung noch die späteren Entwürfe Vorschriften enthalten und man daher auf dürftige Bemerkungen in den "Lanndtsgebreich" und den Protokollen angewiesen ist (Text bei I, 36, und III, 57, Anm. IV, 25). Die Notwendigkeit von mindestens zwei Zeugen beim Zeugenbeweise (vgl. Lg. art. 25) beruht kaum auf gemeinrechtlichen Lehren,6.142 da dies auch die Mindestzahl des deutschen Rechtes und gerade in Kärnten schon während des Mittelalters nachweisbar ist.6.143 Daß Gerichtsurkunden vollen Beweis liefern, wird als selbstverständlich nirgends erwähnt (vgl. Planck II 180 ff.). Bei Privaturkunden ist neben dem Petschaft eigene Unterschrift oder Bestätigung durch zwei Zeugen erforderlich.6.144 Gemeinrechtliche Anschauungen dürften nur für die Beweiskraft der Handelsbücher — sie liefern halben Beweis und sind durch Zeugenvernehmung zu ergänzen (Anm. I, 36, III, 57) — ausschlaggebend gewesen sein.6.145 Gegen Mitte des 17. Jahrhunderts sind allerdings die gemeinrechtlichen Beweisregeln wohl schon in allen Punkten durchgedrungen.6.146 Die Beweislast trifft den Behauptenden, was der gemeinrechtlichen Übung entspricht.6.147

Beweisurteil im Stadtrecht und Beweisabschied (Beweisbescheid) im Stadtgerichte sind nach deutschrechtlicher Auffassung das Gericht bindende, der Rechtskraft fähige Entscheidungen, die einen deutlichen Prozeßeinschnitt bilden.6.148 Das Beweiserkenntnis ist die Voraussetzung der Beweisführung, ohne dieses [Seite: S. 64] [=> Seite] Beweis anzutreten ist nicht gestattet (Anm. III, 43, vgl. Lg. art. 86), wobei Ausnahmen nur bei Urkunden möglich sind (Anm. I, 19). Eine Antizipation der Beweisführung wie im gemeinrechtlichen Prozesse ist also unzulässig.6.149 Der Inhalt des Beweiserkenntnisses ist meistens dürftig. Notwendig ist nur der Ausspruch über die Zuteilung der Beweislast.6.150 Außer zu Beginn und am Ende des behandelten Zeitraumes überwiegt der generelle Beweissatz.6.151 Der Gegenbeweis ist natürlich unbedingt zulässig. Eine Bezeichnung der Beweismittel fehlt, da hiefür volle Parteienfreiheit gilt.6.152 Das Beweiserkenntnis enthält auch keine Beweisfrist, da diese gewohnheitsrechtlich geregelt ist.6.153

Die Art und Weise der Beweisführung bewegte sich, seit Protokolle erhalten sind, ganz in den Formen der gemeinrechtlichen Praxis.6.154 Auch die Schlußschriften nach Durchführung der Weisung beruhen auf gemeinrechtlichen Anschauungen.6.155 Beim Enderkenntnis entspricht die kurze Begründung im Falle einer vorausgehenden Beweisführung, nämlich daß entweder genugsam oder nicht genugsam gewiesen wurde, dem späteren deutschmittelalterlichen Rechte, das auch nur in Ausnahmsfällen eine ausführliche Beweisprüfung kennt.6.156

Im Rechtsmittelverfahren deuten die Fristen für die Appellationserledigung auf den deutschrechtlichen Ursprung hin, da sie den mittelalterlichen Fristen für das Dingen inner und außer Landes entsprechen6.157 und im entschiedenen Gegensatze zu den entsprechenden Terminen des römisch-kanonischen Prozesses stehen.6.158 In die gleiche Richtung zeigen die Notwendigkeit der Schuberteilung durch die Oberinstanz bei nicht rechtzeitiger Erledigung6.159 und vor allem das Neuerungsverbot. In Klagenfurt wie im ganzen inner- und niederösterreichischen Rechtsgebiete hat sich die Grundregel des gemeinen Prozesses, daß im Appellationsverfahren Neues vorgebracht werden kann,6.160 nicht durchgesetzt, sondern sich das deutschrechtliche Neuerungsverbot behauptet.6.161 Dagegen entspricht der Vorgang bei der Appellations-aufrichtung, besonders der Apostelbrief, und das weitere Verfahren dem gemeinen Rechte,6.162 wenn auch Schriftlichkeit des Urteilsschelteverfahrens sich im späteren deutschmittelalterlichen Prozesse findet (Planck I 291, 295). Erwähnung verdient jedoch die sonderrechtliche Art der Appellationsaufrichtung, wenn in erster Instanz mündlich verhandelt worden war.6.163

Von den übrigen Rechtsmitteln ist die Beschwerde offensichtlich eine Schöpfung des Gerichtsgebrauches. Sie hängt in gewissem Sinne mit der Regel des kanonischen Rechtes zusammen, wonach gegen jede Entscheidung appelliert werden kann,6.164 unterscheidet sich aber von der Appellation durch die eigene Bezeichnung und dadurch, daß sie weder aufschiebende Wirkung hat, noch dem Gegner Gelegenheit zur Äußerung gibt.6.165 Die Revision [Seite: S. 65] [=> Seite] ist dagegen gemeinrechtlichen Ursprunges und weist keine Sonderheiten auf.6.166 Das gilt auch von der Restitution,6.167 deren Anwendungsgebiet mit Rücksicht auf das Neuerungsverbot sehr bedeutend ist.6.168

Klagenfurt besaß schon in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts ein ausgebildetes Konkursverfahren mit gerichtlicher Beschlagnahme des gesamten schuldnerischen Vermögens, Verlautbarung der bevorstehenden Verteilung auf eine Weise, die den Gläubigern Gelegenheit zur Anspruchsanmeldung gibt, und Vermögensverteilung auf die Gläubiger unter gerichtlicher Leitung.6.169 Wenn auch ältere Nachrichten fehlen, so spricht vieles dafür, daß sich die Entwicklung auf rein deutschrechtlicher Grundlage, unbeeinflußt von dem in Italien ausgebildeten Konkursprozeß, vollzog.6.170 Vor allem ist die Entwicklung im wesentlichen zu einer Zeit abgeschlossen, in der Einflüsse fremden Rechtes sonst wenig nachweisbar sind. Dann zeigen die ältesten Prioritätserkenntnisse, besonders hinsichtlich der Forderungsreihung, große Ähnlichkeit mit den älteren Konkursordnungen Augsburgs und Ulms, die zweifellos frei von gemeinrechtlichen Einflüssen sind.6.171 Die Bezeichnungen sind im wesentlichen deutsch (vgl. Stobbe 287). Auch der Umstand, daß Konkurseröffnung auf Antrag des Schuldners unbekannt ist, widerspricht der gemeinrechtlichen Lehre und deutet auf selbständige Entwicklung hin.6.172 Bei den Versprechern beweist schon der Name6.173 den deutschrechtlichen Ursprung. Sie vereinigen die gemeinrechtlich getrennte Tätigkeit des "curator bonorum" und "curator ad litem" (vgl. Skedl 42 ff.) und werden bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts als Vertreter des Schuldners und nicht der Gläubiger aufgefaßt.6.174 Der Grundsatz der öffentlichen Verlautbarung findet sich — wenn man auch von der Öffentlichkeit des Pfandfürtragens absieht — in der Form des Aufgebotes bei der Schranne schon im mittelalterlichen innerösterreichen Rechte (vgl. Anm. IV, 3) und wird die Verwendung des Aufgebotes für das Konkursverfahren ausdrücklich bezeugt6.175 Von hier ist nur ein Schritt zur Aufschlagung des Ediktes (vgl. Stobbe 36 ff.).

Späterhin hat allerdings ein Eindringen gemeinrechtlicher Rechtsgedanken stattgefunden, das sich in der Rechtssprache und besonders im materiellen Konkursrechte äußert.6.176 Im allgemeinen weist das Konkursrecht in Klagenfurt keine bedeutenden Unterschiede gegenüber dem Rechtszustand in Kärnten6.177 und den anderen österreichischen Ländern auf,6.178 mit einer Ausnahme, dem Cantorecht.6.179

Wie schon betont, hat Kärnten wie die anderen Länder der inner- und niederösterreichischen Gruppe am Pfandverfall festgehalten. Wie man nun in Klagenfurt, zuerst im Konkurs-, späterhin im Zwangsvollstreckungsverfahren, zur Versteigerung von Liegenschaften gelangte, liegt völlig im Dunkeln. Sicher ist [Seite: S. 66] [=> Seite] nur, daß sich die Entwicklung auf gewohnheitsrechtlichem Wege vollzog und eine Beeinflussung durch auswärtiges Recht kaum anzunehmen ist.6.180

§ 5. Herkunft des Stadtrechtes und Stadtgerichtes, ihr gegenseitiges Verhältnis, die weitere Entwicklung des Verfahrens, Gesamtbild.

Beim Vergleiche beider Gerichte drängt sich unwillkürlich die Frage nach Herkunft und Alter auf. Quellenmäßig läßt sie sich nicht beantworten, da keine mittelalterliche Urkunde einen Hinweis auf das städtische Gerichtsverfahren enthält. Der Ausdruck "Stadtrecht" als technische Bezeichnung für eine Gerichtsart ist unbekannt.6.181 Auch aus dem Klagenfurter Stadtrechtsprivileg von 1338 und dem Rechtshilfevertrag der Städte St. Veit, Völkermarkt und Klagenfurt vom 28. Jänner 1386 läßt sich nichts entnehmen.6.182 Es muß daher versucht werden, aus der Art der Zusammensetzung und des Verfahrens Rückschlüsse auf Alter und Herkunft der beiden Gerichte zu ziehen.

Alle Umstände deuten darauf hin, daß dem Stadtrechtsverfahren ein höheres Alter zuzuschreiben ist. Vor allem zeigt es bedeutend größere Ähnlichkeit mit dem mittelalterlichen Rechtsgange und weist — besonders auch im Vollstreckungsverfahren — ein geschlossenes System auf, das sich während des behandelten Zeitraumes nur wenig ändert. Das Stadtgerichtsverfahren ist bis gegen das Ende des 17. Jahrhunderts einer ständigen Wandlung unterworfen und den Einflüssen des gemeinrechtlichen Prozesses stark ausgesetzt. Das Stadtrechtsverfahren ist ferner wie das im Landrechte ausgebildet, welches zweifelsohne gegenüber der Landeshauptmannschaft eine ältere Verfahrensart darstellt.6.183 Sehr bezeichnend ist, daß das Stadtgerichtsverfahren ursprünglich keine unmittelbare Exekution kennt, sondern sich mit mittelbaren Zwangsmitteln begnügen muß und dem Stadtrechtsprozesse als gütliches Verfahren gegenübergestellt wird, wenn es auch zu Beginn des behandelten Zeitraumes schon ein Prozeßverfahren ist.6.184 Es läßt sich daher kaum bezweifeln, daß das Stadtrecht die ältere Gerichtsart darstellt.

Schwieriger ist die Frage der Entstehung beider Gerichtsformen zu beantworten. Die Verhältnisse beim Stadtrechte liegen bedeutend klarer. Es ist seiner Zusammensetzung, Zuständigkeit und Verfahrensart nach ein mittelalterliches, durch Exemtion entstandenes, auf Bürger im engeren Sinne beschränktes Stadtgericht.6.185 Verwickelter ist die Sachlage beim Stadtgerichte. Ihm stand wohl seit jeher die Strafgerichtsbarkeit zu.6.186 Dagegen scheint sich der Ausbau der Zuständigkeit in Zivilsachen in mehreren Stufen vollzogen zu haben. In erster Linie kommt hier der Fremdenprozeß, das Gastgericht, in Betracht. Das Stadtrecht, das nur an wenigen, lange vorher verlautbarten Tagen zusammentrat, bot nicht die Möglichkeit einer raschen Durchführung, wie sie das Fremdenrecht [Seite: S. 67] [=> Seite] erforderte. So mußten im Falle des Gastgerichtes die Ratsmitglieder zu außerordentlichen Sitzungen zusammentreten und den Rechtsstreit unter Absehung von den Formvorschriften in kürzerer Frist erledigen.6.187 Sobald nicht nur die Bürger, sondern auch die sonstigen Inwohner der städtischen Zivilgerichtsbarkeit unterstanden,6.188 drängte sich wohl unwillkürlich der Gedanke auf, Prozesse gegen diese Bevölkerungsklasse (bei denen es sich vielfach um geringfügige Streitigkeiten handelte) außerhalb des Stadtrechtes in einem abgekürzten Verfahren bei außerordentlichen Ratssitzungen zu erledigen.6.189

Mit der allmählich zunehmenden Bedeutung des Stadtgerichtsverfahrens6.190 — sie wurde wohl auch dadurch gefördert, daß sich Bürger freiwillig diesem rascher arbeitenden Gerichte unterwarfen — kehrte sich für die bürgerliche Bevölkerung im engeren Sinne die Zuständigkeitsregelung geradezu um. Wollte der Bürger sich dem Stadtgerichte nicht unterwerfen, so mußte er den ihm gebührenden Gerichtsstand vor dem Stadtrechte ausdrücklich in Anspruch nehmen. Damit ist die Vorherrschaft des Stadtgerichtes eigentlich schon entschieden.6.191

Worauf stützte sich die Zuständigkeit des in der Form des Stadtgerichtes zusammentretenden Rates (besonders gegenüber den Vollbürgern)? Das Stadtgerichtsverfahren zu Beginn des hier behandelten Zeitraumes gibt bedeutsame Fingerzeige. Es fällt vor allem auf, daß hier im Gegensatze zum Stadtrechtsverfahren Versäumungserkenntnis gegenüber dem nichterscheinenden Beklagten und unmittelbare Zwangsvollstreckung in das schuldnerische Vermögen ursprünglich nicht nachweisbar sind, sondern vielmehr der Ausbleibende mit Strafen zur Erscheinung, der Nichterfüllende auf gleiche Weise zur Leistung gezwungen wird. Der Schlüssel zur Lösung dieser Frage liegt in der Zwangsgewalt des Richters. Erscheint der Beklagte nicht oder leistet er dem Erkenntnisse keine Folge, so verletzt er dadurch das richterliche Gebot, das ihm Erscheinen (Erfüllung) auferlegte, und wird straffällig.6.192

Der weitere Verlauf zeigt ein immer stärkeres Zurückdrängen des Stadtrechtes und die Ausbildung des Stadtgerichtsverfahrens, besonders auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung. Gegen 1600 ist diese Entwicklung im wesentlichen zum Abschlüsse gekommen und das Mandatverfahren unter fühlbarer Beeinflussung durch das gemeine Recht ausgebildet. Nun setzt gegen die übertriebene Schriftlichkeit und Fristenhäufung eine kräftige Gegenströmung ein, die zur Einschiebung von Verhören in das schriftliche Verfahren führt.6.193 Nach der Verdrängung des Stadtrechtes bleibt das Gerichtsverfahren bis zu den Josephinischen Justizreformen im wesentlichen unverändert.

Wenn auch die allgemeine Gerichtsordnung von 1781, beeinflußt vom Gerichtsbrauche der böhmisch-mährischen Ländergruppe [Seite: S. 68] [=> Seite], sich stärker an gemeinrechtliche Lehren anlehnt und besonders in der Frage der Mündlichkeit einen Rückschritt gegenüber dem bisherigen Verfahren in Innerösterreich mit sich bringt,6.194 so behält sie doch die Hauptgrundsätze des früheren Verfahrens, die formale Ordnung und das Eventualprinzip,6.195 bei, bedeutet also keinen Bruch mit der Vergangenheit.

Zusammenfassend ergibt sich folgendes Bild: Die äußere Form des Prozesses bewahrt ihre deutschrechtliche Prägung, gemeinrechtliche Einflüsse machen sich vorerst hauptsächlich in der zunehmenden Schriftlichkeit und der Behandlung einzelner Verfahrensschritte geltend, besonders jener, die im alten Rechte nicht eingehend geregelt waren. Hiebei leistet das Stadtrecht, das an den gesetzlich festgelegten Vorschriften des Landrechtes einen festen Anhaltspunkt hat, bedeutend stärkeren Widerstand als das Stadtgericht mit seinem rein gewohnheitsrechtlichen Verfahrensgange. Das weitere Vordringen des gemeinen Rechtes vollzieht sich im Wege einer Durchsetzung der alten Prozeßformen mit fremdem Geiste. Immerhin ist die Arbeit mehr als eines Jahrhunderts notwendig, um die Rezeption durchzuführen, wofür das Beweisrecht ein bezeichnendes Beispiel liefert. Vollständig war der Sieg des fremden Rechtes niemals. Wichtige deutschrechtliche Grundsätze, wie z.B. hinsichtlich der Säumnisfolgen, des Neuerungsverbotes im Rechtsmittelverfahren, des Fehlens einer Appellationssumme, hielten stand, daneben schafft der Gerichtsbrauch selbständig neue Formen, wie das Mandatverfahren, das Cantorecht, die auf deutschen Rechtsgedanken beruhen, und gelingt es, der Mündlichkeit wieder eine gebührende Stellung im Rechtsgange zu verschaffen. Dagegen sterben allerdings die zu reiner Formelhaftigkeit herabgesunkenen, gleichsam erstarrten Formen des Stadtrechtsprozesses ab. Die im deutschen Rechtsbewußtsein wurzelnde und vom gemeinen Rechte begünstigte Fristenhäufung wird allerdings nicht überwunden. Hier schafft erst die allgemeine Gerichtsordnung Wandel, die in ihrem auf naturrechtlichen Anschauungen beruhenden Grundsatze der völligen Parteienfreiheit mit dem Wesen des Kärntner Gerichtsverfahrens übereinstimmt.

Index

Index

Die Fundstellen werden nur durch das Unicodesymbol für Links dargestellt: 🔗

Fußnoten
1.1.
Die Gerichtsbarkeit der Grundherrschaften gegenüber ihren im Stadtgebiete wohnenden Untertanen und der Edelleute über die von ihnen verköstigten Diener und das von ihnen selbst bewohnte Schloß oder Haus ist für Klagenfurt urkundlich allerdings nicht nachweisbar (vgl. Erl. 15, 18 f., und Rw. "Burgfried"). Über die Gerichtsbarkeit der Geistlichkeit in Ehesachen vgl. Anm. III, 6.
↑ (Zurück)
1.2.
Der verordnete Ausschuß (die Verordneten) ist die Exekutivbehörde der Kärntner Landstände. Über seine Entwicklung vgl. Wutte, Carinthia I 1935 30.
↑ (Zurück)
1.3.
Fasz. 116/2 und städtisches Ratsprotokoll 1594, Bl. 108 ff. Der Unterstellung war ein Beschluß der Verordneten vorausgegangen (AP. 3. Juli 1579).
↑ (Zurück)
1.4.
16. Juli 1550, 21. Mai 1552, 10. Juli 1574, 14. Juni 1583.
↑ (Zurück)
1.5.
2. Februar, 14. März 1575 usw. In Fremdenprozessen war dies auch bei höheren Beträgen möglich (105 fl., 29. Dezember 1587). Daß der Stadtrichter wie der Landeshauptmann (Torggler, Carinthia I 1935, 86, Anm. 10) an die Meinung der Besitzer nicht gebunden war, ist nirgends ersichtlich und unwahrscheinlich.
↑ (Zurück)
1.6.
1549, 12. Februar 1572 usw.
↑ (Zurück)
1.7.
Die Schenkungsurkunde ist in der Kärntner Landeshandfeste (Leipzig, 1610), 85 ff., abgedruckt. Eine Zusammenfassung der Stellung Klagenfurts in der Ständezeit enthält Torggler, Klagenfurt als ständische Stadt (Die Städte Deutschösterreichs, Bd. IV, Klagenfurt, Berlin-Friedenau 1929, 61 ff.).
↑ (Zurück)
1.8.
Erwähnt wird, daß der Burggraf den Befehl erteilt, eine Klage schriftlich einzubringen (18. Juli 1577), und eine Frist um 14 Tage erstreckt (26. November 1572). Einem Beklagten, der sich innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht verantworten will, wird auferlegt, entweder eine Einstellung vom Burggrafen zu bringen oder seine Verantwortung einzulegen (26. Jänner 1577).
↑ (Zurück)
1.9.
3. März 1542 usw. Die Erfüllung wird durch Vereinbarung der Landschadenbundklausel (Anm. II, 5) gewährleistet, allenfalls auch durch Festsetzung einer Geldstrafe (24. August 1545).
↑ (Zurück)
1.10.
Auch der obsiegende Beklagte hat Anspruch auf Kostenersatz (28. Mai 1540, 10. Juni 1552).
↑ (Zurück)
1.11.
10. Juni 1552, 18. Juli 1573 usw. Die Frist beträgt 14 Tage (27. Oktober 1586).
↑ (Zurück)
1.12.
11. Februar 1575, 23. April 1576 usw.
↑ (Zurück)
1.13.
14. Oktober 1572 usw. Die Bezeichnung ist Verhör.
↑ (Zurück)
1.14.
16. Mai, 14. Oktober 1572 usw., es wurde aber auch bei beträchtlichen Summen gegenteilig entschieden (396 fl., 18. Februar 1578, 530 fl., 26. März 1582), besonders wenn unverdächtige Urkunden vorlagen. Das Gericht konnte auch von Amts wegen schriftliche Klagseinbringung anordnen und die Anzahl der zu wechselnden Schriften festsetzen (1541, 17. Juli 1574 usw.).
↑ (Zurück)
1.15.
31. August 1577, 1. Februar 1579 usw. Ein Bedacht von 14 Tagen wird als stadtgebräuchig bezeichnet (7. Jänner 1581). Bei liquiden Schuldbriefen wird Bedacht nur als Ausnahme bewilligt (31. März 1582).
↑ (Zurück)
1.16.
6. August 1563, 20. Juli 1571 usw.
↑ (Zurück)
1.17.
Eine Verpflichtung zur speziellen Bestreitung besteht nicht. Neben Bekämpfung der einzelnen Klagstatsachen (30. Oktober 1571, 14. August 1574, 20. Juni 1579) begegnen auch ganz allgemeine Bestreitungen (22. Jänner 1572, 18. Februar 1578, 2. Mai 1582).
↑ (Zurück)
1.18.
3. März 1578. Bei einem Abrechnungsprozesse wird verfügt, daß beide Parteien erst dann vom Ratshause gelassen werden, wenn sie abgeraitet haben (21. September 1584).
↑ (Zurück)
1.19.
6. März, 4. Mai 1571. In einfachen Fällen kommt es auch zum Endabschiede ohne Beweisanzug (z.B. bei sofortiger Vorlage der notwendigen Urkunden, 12. Februar, 17. August 1577).
↑ (Zurück)
1.20.
14. Jänner 1564 usw. Die Frist beträgt meistens 14 Tage (15. Jänner 1572 usw.), zuweilen 8 Tage (17. Juli 1574, 25. Mai 1575). Außer Land ist sie 6 Wochen (25. Jänner 1584). Am 5. April 1581 erfolgt die Verlesung des Anzuges und der Weisartikel des auswärtigen Klägers und der Verantwortung des Beklagten, dann ergeht erst der Bescheid. Hier scheint tatsächlich die Klage in Weisartikel zerlegt gewesen zu sein, also eine Klagsartikulierung vorzuliegen.
↑ (Zurück)
1.21.
Auf 3 oder 8 Tage (19. Jänner 1577, 19. Oktober 1579 usw.), ausnahmsweise auf 14 Tage (14. Juli 1576).
↑ (Zurück)
1.22.
Am 1. Juni 1585 wird allerdings die Einbringung peremptorisch aufgetragen. Haftstrafen zur Erzwingung der Verantwortung kommen vor (26. Jänner 1577).
↑ (Zurück)
1.23.
Vereinzelt begegnet auf schriftliche Klage mündliche Verantwortung (22. Jänner 1572), entgegengesetzt auf mündliche Klage schriftliche Einrede (30. Oktober 1571). Am 21. November 1579 widerspricht der Kläger, als der Beklagte auf die schriftliche Klage mündlich antworten will. Die Entscheidung fehlt.
↑ (Zurück)
1.24.
1541, 21. September 1549 usw., in geringfügigen Sachen auch nur zwei oder eine (z.B. 3. Juli 1571, 26. August 1572). Die letzte Schrift darf keine Neuerungen enthalten (21. September 1549, 14. Mai 1576). Einbringungsfrist ist 14 oder 8 Tage (7. Oktober, 29. Dezember 1575 usw.).
↑ (Zurück)
1.25.
Die Vorschrift, daß alle Exzeptionen vor Einlassung in der Hauptsache (Kriegsbefestigung) gemeinsam einzubringen sind (Ampfinger art. 10), hat auch im Stadtgerichte gegolten. Dies ergibt sich daraus, daß im Falle einer Exzeptionsabweisung dem Beklagten sofort aufgetragen wird, "hauptsächlich" zu antworten. Es sind in erster Linie Exzeptionen nachweisbar, die gemeinrechtlich als dilatorisch bezeichnet werden (mangelnde Sicherheitsleistung 21. Oktober 1579, Ladungsfehler 3. März 1578, keine Verpflichtung zur Antwort vor Vertragserfüllung durch die Gegenseite 11. April 1576). Die Einwendung der erfolgten Zahlung wird im Stadtgerichte nicht als Exzeption bezeichnet, sondern zur Antwort in der Hauptsache gerechnet (10. Juni 1572, 17. Juli 1574, 6. Februar 1576), ebenso wird die Einwendung gegen einen Schuldschein, weniger erhalten zu haben, nicht Exzeption genannt (31. August 1577). Die peremptorischen Exzeptionen des gemeinen Rechtes können nach Beweisabschied nicht mehr geltend gemacht werden. So wird bei einer Klage auf Zahlung eines versprochenen Heiratstaidings die Exzeption des Beklagten gegen den Weisungsanzug, er brauche nicht zu zahlen, da die Frau untreulich gehaust, abgewiesen (14. Juni 1578). Ebenso wird die Exzeption, Beklagter habe als Miterbe nur den quotenmäßigen Anteil zu bezahlen, vom Gerichte mit der Begründung abgelehnt, er habe die Klage "völlig zu verantworten angenommen und darwider nicht excipirt auch die Sachen zu entlicher verabschidung komen lassen" (22. April 1586). Die Bezeichnung der Entscheidung über die Exzeption schwankt (Abschied 1. Dezember 1572, Bescheid 3. November 1573).
↑ (Zurück)
1.26.
6. März 1571, 10. Juni 1572 usw. Im ältesten Protokolle sind zahlreiche Fälle einer Spezialisierung des Beweisthemas (z.B. 19. November 1540, 1. Juli 1552), später ist dies eine Ausnahme (5. April 1581, 27. März 1582). Die Bezeichnung des Beweiserkenntnisses wechselt (Abschied 8. Februar 1535, 13. November 1540 usw., Bescheid 6. August 1563 usw.).
↑ (Zurück)
1.27.
16. Mai 1572 usw. Am 7. März 1581 wurde die Gegenweisung aberkannt, weil Beklagter ursprünglich die Klage verneint und "kheiner Gegenweisung gedacht" habe. Dagegen wird am 3. August 1583 eine Gegenweisung erwähnt, derer sich der Beklagte ursprünglich begeben hatte.
↑ (Zurück)
1.28.
28. November 1542 usw. Vereinzelt längere Fristen (4-6 Wochen, 5. September 1544, 31. August 1577).
↑ (Zurück)
1.29.
8-14 Tage (6. August 1563, 4. Juli 1581 usw.). Auch eine dritte Aufforderung kommt vor (3 Tage, 10. September 1563).
↑ (Zurück)
1.30.
10. April 1564 usw. Urkunden sind, soweit sie der Beweisführer besitzt, beizuschließen (13. November 1573).
↑ (Zurück)
1.31.
Frist 14 Tage (6. März 1571 usw.), auch neuerliche Fristen (8 Tage, 3. November 1582, 18. Februar 1587).
↑ (Zurück)
1.32.
16. August 1572, 18. Dezember 1574 usw. Bei Exzeptionsabweisung ergeht eine neue Aufforderung zur Einbringung der Fragstücke (8-14 Tage, 3. November 1573, 18. Februar 1587 usw.).
↑ (Zurück)
1.33.
7. September 1574, 14. April 1576, 12. Jänner 1577 usw.
↑ (Zurück)
1.34.
Daneben ist jeder andere Beweis unzulässig (16. August 1572, 10. Mai 1578 usw.). Ob wie im Landrechte vor der Lro. von 1577 gleichzeitiger Zeugen- und Urkundenbeweis unzulässig war, ist nicht ersichtlich (vgl. Anm. 36 a.E.). Der Beweisführer hat die Wahl, ob er auf Vernehmung des Gegners oder der anderen Zeugen verzichten will (16. August 1572, 10. Mai 1578).
↑ (Zurück)
1.35.
Frist 14 oder 8 Tage (3. Jänner 1584 usw.) Ein Ratsherr ist als Gerichtsverwalter anwesend. In einem Raitprozesse wird nach erfolgter Abrechnung den Parteien aufgetragen, die richtigen Posten inner 14 Tagen bei Gericht zu erlegen, hinsichtlich der strittigen solle jede Partei Abschrift erhalten und binnen 14 Tagen ihren Anzug einbringen (22. September 1584). Es erfolgt also die Überleitung in das Beweisverfahren.
↑ (Zurück)
1.36.
(Z.B. 30. Juni 1571.) Beweis durch einen Zeugen genügt nicht. (22. Oktober 1586, ebenso Lg. art. 25.) Über die bestrittene Eintragung in einem Handelsbuche wird ein Zeuge vernommen, der nach der Eintragung bei der Abraitung zugegen war (22. Jänner 1572).
↑ (Zurück)
1.37.
26. Oktober 1574. Bedacht, ob man die Gegenweisung führen will, ist zulässig (17. November 1582). Sie kann auch fallen gelassen werden (12. Jänner 1585).
↑ (Zurück)
1.38.
4. Dezember 1574, 29. November 1575 usw. Wurde die Gegenweisung nicht eingebracht, so erfolgt die Weisungeröffnung ohne ausdrückliche Aberkennung der Gegenweisung (z.B. 4. Dezember 1574). Nichterscheinen hindert die Eröffnung nicht (3. März 1584), außer wenn eine Partei abwesend ist (10. November 1582). Der Urkundenbeweis kennt weder Weisungseröffnung noch Schlußschriften (25. September 1574).
↑ (Zurück)
1.39.
Frist 14 Tage (11. April 1574 usw.), bei einem Ausländer 1 Monat (24. März 1579). Bei Nichteinbringung ergeht eine neue Aufforderung (8 bis 14 Tage, 14. August 1576 usw.), allenfalls eine dritte (8 Tage, 6. Juli 1583).
↑ (Zurück)
1.40.
10. Mai 1575 usw. Der beschlossene Abschied wird schriftlich verfaßt (z.B. 30. Juli 1563). Gelegentlich wird auf Ansuchen schriftliche Abschiedszustellung bewilligt (24. September 1563).
↑ (Zurück)
1.41.
14. Mai 1575 usw. Über einen bestrittenen Schuldbrief wird durch Abschied erkannt (23. Juni 1576).
↑ (Zurück)
1.42.
Das Hauptanwendungsgebiet des Bescheides sind Zwischenentscheidungen prozeßleitender Natur (6. März 1571, 6. Februar 1574 usw.), die Verfügungen im Exekutionsverfahren (15. November 1586 usw.), später auch der Beweisbeschluß (Anm. 26 a.E.). Vereinzelt findet sich allerdings auch bei derartigen Verfügungen die Abschiedsform (1. Juli, 16. August 1574 usw.). Ein Beispiel über das Schwanken zwischen Abschied und Bescheid zeigt der Prozeß Piber-Egger, in dem eine verspätete Exzeption des Beklagten abgewiesen wird (Anm. 25 a.E.), aber als er appellieren will, der Stadtschreiber den Auftrag erhält, den Bescheid in einen ordentlichen Abschied unter dem alten Datum umzuschreiben und den Parteien zuzustellen (17. Juni 1586).
↑ (Zurück)
1.43.
Vgl. Thiel I, 58ff.
↑ (Zurück)
1.44.
21. September 1549, 27. August 1550. In diesem Falle (einem Ediktabschiede) heißt es, daß die Appellation inner 14 Tagen "a dato" zu führen ist. Dies würde darauf hindeuten, daß in Ediktsachen sofortige Hebung erfolgen mußte.
↑ (Zurück)
1.45.
Dagegen erhält vor den Verordneten im Prozesse Stadt Klagenfurt — Wolfgang Tasch dieser Frist für die Erklärung, ob er appellieren wolle (10. Jänner 1535).
↑ (Zurück)
1.46.
4. April 1582 usw. Am 14. Oktober 1585 werden 10 Tage der "gebräuchige Termin" zur Erklärung der Appellation genannt.
↑ (Zurück)
1.47.
12. März 1576 usw. Zwischen Abschied und Aufrichtung lag meistens ein beträchtlicher Zwischenraum (z.B. Abschied 16. Oktober 1576, Aufrichtung 15. Jänner 1577). Verspätete Abschiedseröffnung war nicht die Ursache, da auch im drittinstanzlichen Verfahren oft längere Zeit verstrich (Eröffnung der Entscheidung der Verordneten 12. März 1574, Hebung der Appellation an die Regierung 24. Juli 1574).
↑ (Zurück)
1.48.
27. Februar 1582. In einem mündlichen Prozesse berichtet das Stadtgericht auf den Befehl der Regierung zur Appellationsaufrichtung, daß die Aufrichtung einer "anderen" Appellation unmöglich sei, da mündlich prozediert wurde (15. April 1578). Der Beischluß von Beilagen, die in erster Instanz nicht zugelassen worden waren, ist nicht zulässig, wohl aber deren Erwähnung im Apostelbriefe (11. Juli 1581). Die drei Abschnitte lassen sich besonders deutlich im Falle Schnelco-Khienpergerin nachweisen (Abschiedseröffnung und Bedachtnahme 24. November, Erklärung zur Appellation 8. Dezember, Hebung 14. Dezember 1582).
↑ (Zurück)
1.49.
4. August 1550, 6. August 1563 usw. Die Bezeichnung für die Entscheidung ist Erläuterung (17. Mai 1549) oder Deklaration (12. März 1574).
↑ (Zurück)
1.50.
9. November 1574 usw. Die Frist zur Führung beträgt 6 Wochen (24. März 1536).
↑ (Zurück)
1.51.
Über die Zuständigkeit des Hofrates und (vermutlich seit 1578) des geheimen Rates zu Revisionen und Rechtsbegünstigungen vgl. Thiel I, 36f.
↑ (Zurück)
52.
Sie müssen im ordentlichen Rechtswege geltend gemacht werden (14. Mai 1575 usw.). Nur bei Einwendungen aus dem Geschäfte selbst wird ausnahmsweise gestattet, die Schuldsumme bei Gericht zu erlegen und die Einreden sofort geltend zu machen (Klage eines Villachers, 15. Februar 1577; Klage eines Italieners, 31. August 1577).
↑ (Zurück)
1.53.
9. Dezember 1574 usw. Bedacht wird ausnahmsweise zugelassen (31. März 1582).
↑ (Zurück)
1.54.
3. Dezember 1575, 23. Juni 1576. Schriftliche Klagen bilden eine Ausnahme (17. Februar 1581, 23. Februar 1585). Ist der Beklagte außer Land oder krank, so wird die mündlich erhobene Klage abschriftlich mit dem Auftrage übermittelt, Einwendungen zu erheben oder zu zahlen (25. September 1584, 31. März 1586).
↑ (Zurück)
1.55.
19. Juni 1574, 31. August 1577 usw. Auch förmliche Klagseinbringung wird nicht immer verlangt. So ergehen Zahlungsaufträge an die Schuldner auf Grund von Schreiben des Richters zu Pettau (23. März 1585) und des Burggrafen und Rates von Budweis (14. Juni 1585).
↑ (Zurück)
1.56.
Wird die Klage abgewiesen, so erfolgt vorerst die Expenstaxierung (7. Februar 1581).
↑ (Zurück)
1.57.
Gewöhnlich 14 Tage (9. Jänner 1541 usw.). Kürzere Fristen (3 bis 8 Tage, 9. Oktober 1551, 28. September 1577, 10. Juni 1581) kommen anscheinend nur bei Klagen Fremder oder in dringlichen Fällen vor.
↑ (Zurück)
1.58.
9. Jänner 1574 usw. Auch andere Fristen (3 Tage, z.B. 6. Februar 1552; 10 Tage, 7. Juli 1576; 14 Tage, z.B. 18. Februar 1574) kommen vor.
↑ (Zurück)
1.59.
18. Dezember 1574 usw. Der Vorgang wird als stadtbräuchig bezeichnet (22. September 1587).
↑ (Zurück)
1.60.
28. Juni 1549, 23. Jänner 1574. Sie werden sowohl zur Erzwingung unvertretbarer Leistungen (28. Juni 1549, 23. Jänner 1574) als auch sonst (Zahlung, 23. Oktober 1572, 20. August 1585) angewendet.
↑ (Zurück)
1.61.
Z.B. am 23. Jänner eine Geld-, am 6. Februar 1574 eine Haftstrafe. Bei einer Gewalt (eigenmächtiges Ernten auf einem fremden Felde) wird zugleich mit dem Auftrage auf Wiederherstellung Haft bis zur Erfüllung verhängt (15. Juli 1586).
↑ (Zurück)
1.62.
16. Dezember 1552, 10. September 1563 usw. Am 17. Dezember 1575 wird noch betont, daß man sie anwenden müsse, weil trotz Verhängung der "Leistung" keine Zahlung erfolgt sei.
↑ (Zurück)
1.63.
17. Februar 1581. Abweichungen sind möglich. Am 13. Juni 1576 wird verfügt, daß auf ein vom Schuldner nach Klagseinbringung freiwillig angebotenes Haus gewiesen und dieses dann geschätzt wird. Bei auswärtigen Gläubigern wird Schätzung und Ausrufung eines Hauses im Canto (§ 7) angedroht (23. Jänner 1573).
↑ (Zurück)
1.64.
Klagseinbringung binnen 3 Tagen (11. September 1549). Übersendung der "Arrestationsschrift" an den Gegner zur "Ablainung" (19. Dezember 1587).
↑ (Zurück)
1.65.
24. August 1550 usw. Die Entscheidung über die Forderung wird damit meistens verbunden (4. August 1550, 9. September 1551). Gegen die Aufhebung (Relaxierung) ist Beschwerde zulässig (22. Dezember 1587), für ungerechtfertigt geschlagenen Arrest ist der Antragsteller schadenersatzpflichtig (3. März 1584).
↑ (Zurück)
1.66.
16. Februar 1537, 31. Mai 1542 usw. Der Ausdruck Konkurs wird nicht verwendet. Die Eröffnung erfolgte entweder auf Gläubigerantrag (10. Jänner 1564, 5. November 1575 usw.) oder von Amts wegen (10. Jänner 1563, 25. September 1585). Ein Antragsrecht des Schuldners ist nicht nachweisbar.
↑ (Zurück)
1.67.
18. Juni 1576 usw. Bei Verlassenschaften geht der Eröffnung die Erhebung voraus, ob sich die Erben des verlassenen Vermögens annehmen wollen (19. Juni 1574 usw.).
↑ (Zurück)
1.68.
15. August 1551 usw. Das Edikt über den Kaufmann Artolf wurde auch in Bruck, Judenburg, Graz, Lienz, Brixen und Bozen verlautbart (24. Juli 1584).
↑ (Zurück)
1.69.
10. März 1572, 14. Jänner 1576 usw. Die Frist beträgt mehrere Monate. Nichtanmeldung hat Verwirkung für immer zur Folge (9. März 1538 usw.). Am 28. Juli 1584 wird eine vor Fällung des Ediktabschiedes angemeldete Forderung als verspätet zurückgewiesen. Es kann aber gegen die Fristversäumnis Restitution erwirkt werden (28. Juli 1584) und kommt nachträgliche Zulassung einer Anmeldung auf Befehl der Verordneten vor (8. August 1579).
↑ (Zurück)
1.70.
9. Juli 1577. Fristerstreckungen kommen vor (14 Tage, 23. August 1577). Der lebende Gemeinschuldner hat anscheinend stets schon am Ediktstage allfällige Forderungsbestreitungen zu erklären (8. August 1550, 10. Jänner, 14. Februar 1576) und müssen die Gläubiger wohl nur im Bestreitungsfalle Probationen beibringen. Auch die Erben äußern sich bereits am Ediktstage (14. Dezember 1548). Bei herrenlosen Verlassenschaften ist dies nicht nachweisbar, obwohl Einreden der Versprecher mehrfach vorkommen (4. Dezember 1576, 24. November 1582). Als an einem Probationstage keine Einigung erzielt wird, werden die Anmeldungen den Versprechern zwecks Einrede inner 14 Tagen zugestellt, dann sollen die Gläubiger ihre Verantwortung tun und das Erkenntnis erfolgen (13. Juni 1581).
↑ (Zurück)
1.71.
22. Oktober 1575, 21. August 1576 usw. Den Gläubigern wird zur Eröffnung ein Tag bestimmt (11. Februar 1576 usw.).
↑ (Zurück)
1.72.
Hauptquelle sind die Abschiede Jakob Willinger vom 4. März 1538, Andreas Schnelco vom 14. Dezember 1548, Mathes Schober vom 27. August 1550.
↑ (Zurück)
1.73.
Als solches kommt nur das im Burgfried vorhandene Hab und Gut in Betracht (25. September 1585).
↑ (Zurück)
1.74.
21. Februar 1584 usw. Die Austeilung erfolgt an einem eigenen Tage (z.B. 7. November 1578).
↑ (Zurück)
1.75.
z.B. 5. November 1576, 2. November 1584. In diesem Falle wurde im Abschiede das Haus des Gemeinschuldners unter dem Schätzwerte eingesetzt.
↑ (Zurück)
1.76.
z.B. vom 17. November 1576 bis 2. Februar 1577.
↑ (Zurück)
1.77.
17. November 1576, 11. März 1583. Am 11. August 1579 wurde nur ein Termin anberaumt. Bei diesem bot Dr. Schönpüchler 400 fl. mit dem Ersuchen, ihm mitzuteilen, wenn jemand mehr biete. Als dann 420 fl. geboten wurden, bat er, ihm und dem Gegner einen Tag zu bestimmen (12. November 1579). Das deutet darauf hin, daß das Verfahren noch nicht voll ausgebildet war.
↑ (Zurück)
1.78.
11. März 1583, 17. März 1586. Bei einer längeren Zahlungsfrist (26. Februar 1577) handelte es sich möglicherweise nicht um ein Cantorecht im Konkursverfahren.
↑ (Zurück)
1.79.
5. November, 11. Dezember 1576, 6. April 1579.
↑ (Zurück)
1.80.
23. Juni 1576, 22. Jänner 1586 (in diesem Falle auf Befehl der Verordneten).
↑ (Zurück)
1.81.
9. März 1538, 21. Februar, 7. Juli 1584. Nach den Heiratsbriefen der zwei vorverstorbenen Gattinnen des Gemeinschuldners im Abschiede vom 27. August 1550 war für die Ansprüche der Frau Spezialverpfändung oder Landschadenbundklausel (Anm. II, 5) üblich. An und für sich hatten die Ansprüche der Frau keinen Vorrang vor Spezialverpfändungen oder landschadenbündigen Schuldbriefen, wie die Behandlung der Heiratsansprüche der dritten Frau in diesem Abschiede zeigt.
↑ (Zurück)
1.82.
21. Februar 1584. Hier wird der Lidlohn vor den witiblichen Ansprüchen befriedigt, wahrscheinlich aber nur scheinbar, da die Lidlohnforderungen auf den Hausverkauf, die Witwe auf die Fahrnisse verwiesen wurden.
↑ (Zurück)
1.83.
9. März 1538, 27. August 1550, im gleichen Range mit ihnen die Nebengebühren der Vorzugsposten (21. August 1550).
↑ (Zurück)
2.1.
Ausgabe Ampfingers mit ausführlicher Einleitung von Luschin, Carinthia I 1913, 162-190. Vgl. auch Darst. 128 f. Die der Umarbeitung angeschlossene Schilderung der Verfahrensschritte wird nach der schon von Luschin benutzten Hs. 517 des L A. angeführt.
↑ (Zurück)
2.2.
16. Mai 1572, 5. März 1574, 8. November 1575.
↑ (Zurück)
2.3.
24. März 1536, 20. Februar 1537 usw. Der Gegner wird als Beweismittel häufig angeboten (20. Februar 1537 usw.). Sich auf ihn und andere "Zeugnisse" zu berufen, ist unzulässig (8. Juni 1574, Ampfinger Art. 5). Gleichzeitiger Beweis durch Zeugen und Urkunden war wohl wie im Landrechte ursprünglich unzulässig (Ampfinger art. 5, abweichend Lro. art. 6).
↑ (Zurück)
2.4.
1. Juli 1537 usw. Sie vereinigt die Wirkungen eines Versäumnisurteiles und einer Exekutionsbewilligung (siehe IV, § 6).
↑ (Zurück)
2.5.
26. Februar 1543, 28. Mai 1577. In der Landschadenbundformel verbindet sich der eine Vertragsteil, dem anderen jeden aus der Nichterfüllung des Vertrages entstehenden Schaden auf dessen schlichtes Wort hin zu ersetzen. Neben dieser Beweiserleichterung gibt die Formel das Recht, sich für den Schaden an der gesamten Habe des Gelobenden schadlos zu halten (vgl. Anm. VI, 13).
↑ (Zurück)
2.6.
Nach Ampfinger art. 10 sind alle Exzeptionen (also peremptorische und dilatorische) miteinander vorzubringen, bevor Beklagter in Antwort erkannt wird. In den Protokollen kommen zumeist dilatorische Exzeptionen vor (Einklagung der ganzen Sache gegen einen Miteigentümer 29. August 1572, mangelndes gütliches Ersuchen 23. Oktober 1573, Nichtübereinstimmung der Klage mit dem gütlichen Ersuchen 20. Februar 1573, Nichtzuschreiben bei einer Schermverkündung 19. Juni 1576).
↑ (Zurück)
2.7.
23. Oktober 1573, 15. Oktober 1575.
↑ (Zurück)
2.8.
Die Aufforderung an den Vormann erfolgt durch gerichtlichen Forderbrief (19. Juni 1576, Lro. art. 32), doch genügt auch mündliche Vorforderung (19. Juni 1576). Bei Eintritt des Schermers wird der Beklagte gänzlich "heut und zu tagen" der Klage entbrochen (21. August 1576).
↑ (Zurück)
2.9.
23. März 1571 usw. Sie werden nur von den Verordneten erteilt (z.B. 12. Oktober 1573).
↑ (Zurück)
2.10.
Andere Entscheidungsformen (Bescheid bei Abweisung einer Exzeption 11. September 1563, bei Entscheidung über die Zulässigkeit einer Appellation 24. Juli 1576) sind selten.
↑ (Zurück)
2.11.
29. August 1572, 15. Mai 1573 usw., Ampfinger art. 17, Lro. art. 16. Es enthält bei Rechtsfragen eine kurze Begründung (l6. Mai 1572, 23. Jänner 1573).
↑ (Zurück)
2.12.
10. Jänner 1564, 29. August 1572 usw. Wie im Landrechte (Ampfinger art. 13, Lro. art. 13, Abs. 7) hatte die Führung der Weisung (Einreichung und Übersendung des Anzuges, Einbringung von Fragstücken, Vernehmung der ortsansässigen Zeugen) bis zum nächsten Stadtrechte zu erfolgen (29. August 1572, 26. Oktober 1574). Auswärtige Zeugen waren bis zum übernächsten Stadtrechte zu vernehmen, wobei Fristerstreckung möglich war. Abweichend wurde am 8. November 1575 die im vorhergehenden Stadtrechte auferlegte und erst damals eingebrachte Weisung durch Urteil als rechtzeitig zugelassen und dem Gegner zur Einbringung der Fragstücke Frist bis zum nächsten Stadtrechte gegeben.
↑ (Zurück)
2.13.
30. Juni 1563, 15. Oktober 1575. Sie erfolgt nach Durchführung der Weisung (11. Dezember 1574). Nach Ampfinger art. 15 und Lro. art. 14 mußte, wenn der eine Teil sich zur Weisung erbot, der Gegner seine Gegenweisung anmelden und bis zum nächsten Landrechte einbringen. In der Praxis wurde aber der gleiche Vorgang wie im Stadtrechte eingehalten, wogegen sich der Entwurf von 1629 (RO. art. 40) wandte.
↑ (Zurück)
2.14.
Vorbehalt der Additionalweisung war anscheinend nicht notwendig (11. Dezember 1574). Eine Weisung "ad perpetuam rei memoriam" kommt einmal vor, obwohl erst der erste Tag geklagt war (6. Februar 1573). Der Gegner widersprach erfolglos ihrer Duchführung als der Schrannenordnung widersprechend (15. Mai 1573).
↑ (Zurück)
2.15.
Zweimal findet sich die Bezeichnung "zur Appellation dingen" (15. Oktober 1575, 14. August 1576).
↑ (Zurück)
2.16.
Eine Appellation gegen die Aberkennung der Tage wird als unzulässig zurückgewiesen (29. August 1572). Als die Klage wieder unverändert eingebracht wird, werden die Tage neuerlich aberkannt, jedoch wird die Appellation aus "beweghlichen bedenkhen" zugelassen (23. Oktober 1573). Für das Landrechtsverfahren erwähnen weder Ampfinger und Kraus noch die Lro. die Beschwerde.
↑ (Zurück)
2.17.
In der Zeit vom 30. Juni 1563 bis 14. Februar 1564 waren es noch fünf, im Jahre 1577 zwei, 1578 keines, 1579 eines.
↑ (Zurück)
2.18.
24. September 1587 (RB. 1654, Bl. 427 und Fasz. 118/8). Die Haltung der Stadtrechte sei ein solches "compendium", wodurch die Parteien viel mehr und eher befördert, auch in Prozessen eine bessere Ordnung gebraucht, beschwerliche Auszüge und vorsätzliche Ausflüchte sowie öftere Behelligung der Obrigkeit verhütet würden.
↑ (Zurück)
3.1.
"Maistentails auf dass alt herkhomben gestölt" (kaiserliche Resolution vom 12. Juli 1638, Fasz. 185/1). Die geplanten Änderungen lassen sich aus dem ausführlichen Berichte feststellen, den Landeshauptmann und Landesverweser am 31. Oktober 1669 über den Entwurf von 1668 erstatteten (W.St.J.Oe.A. Kärnten, Fasz. 6, Bl. 61-68).
↑ (Zurück)
3.2.
Abschrift im RB. 1654, Bl. 424 ff. (vgl. II, § 6).
↑ (Zurück)
3.3.
Sämtliche Strafsachen, auch Ehrenbeleidigungen fielen in seine Zuständigkeit (a.a.O., Bl. 426).
↑ (Zurück)
3.4.
So werden z.B. Schuldklagen über 4280 fl. und 385 fl. vor dem Bürgermeister verhandelt (4. Februar und 6. Juni 1617).
↑ (Zurück)
3.5.
Am 21. Juni 1589 wird dem Stadtschreiber nach Abhörung eines Prozesses aufgetragen, den Abschied zu verfassen. Das war wohl die Regel.
↑ (Zurück)
3.6.
Die Gerichtsbarkeit in Ehesachen stand sowohl in der Protestantenzeit als auch nach der Gegenreformation den geistlichen Behörden zu (29. August 1588; 17. November 1637, Fasz. 122/8). Das 1604 gegründete Jesuitengymnasium (später Akademie) hatte die Gerichtsbarkeit über die Studenten (6. Juni 1616, 1. Juni 1627). Über Jurisdiktionsstreitigkeiten mit der im Jahre 1600 errichteten Stadtpfarre und dem Bauzahlmeisteramte vgl. V, § 2. Die Realgerichtsbarkeit der Landstände in ihren Klagenfurter Stadthäusern ergibt sich daraus, daß gegen einen Bürger, der in einem Freihaus wohnt, anstatt der Fahrnisexekution mit Haft vorgegangen werden muß (30. März 1618).
↑ (Zurück)
3.7.
Fasz. 116/2. Dem Magistrate wurde nur die Durchführung des Konkursverfahrens bei jenen Offizieren eingeräumt, die ein Gewerbe betrieben und daher das Bürgerrecht annehmen mußten.
↑ (Zurück)
3.8.
20. Jänner 1616, 10. April 1618. Der Versuch, nach dem Stadtbrande von 1636 weitergehende Privilegien für Klagen gegen Fremde zu erreichen, scheiterte (StA., Fasz. 1).
↑ (Zurück)
3.9.
Bei einer Schuldscheinsklage über 400 fl. wurde die Einwendung abgewiesen, der Prozeß aber doch "aus erheblichen Gründen" ans Stadtrecht verwiesen (26. November 1589); gegenüber einem Ausländer wurde der Einwendung nicht Folge gegeben, jedoch hinzugefügt, daß das dann erlassene Geschäft jenen, die im Stadtrechte schon Pfand vortrügen, nicht zum Nachteile gereiche (8. März 1593). In anderen gleichzeitigen Fällen (Erbschaft, Schuldklage, Streitigkeit um ein Grundstück) wird hingegen der Kläger ins Stadtrecht verwiesen (31. Juli 1590, 22. Jänner 1591, 8. Februar 1592). Die nächste Einwendung erfolgte mit den Worten "die Entscheidung gehöre vor eine andere Instanz", also so undeutlich, daß sie abgewiesen wurde, obwohl nachträglich der Beklagte erklärte, er habe das Stadtrecht gemeint (23. Juli 1624).
↑ (Zurück)
3.10.
3. Mai 1639; 11. Jänner 1642 (zwei Fälle mit dem Hinweis, daß die Beklagten angesessene Bürger seien). Am 15. Februar 1647 wird die Exzeption ins Stadtrecht aberkannt, da Beklagter vorher um Geduld gebeten, also die Forderung anerkannt hatte. Bei der Klage eines Landstandes gegen einen Bürger wies der Klagevertreter darauf hin, daß dieses Privileg den Landstandsmitgliedern als Eigentümern der Stadt nicht zuwider sein könne, worauf die Unzuständigkeitseinwendung fallen gelassen wurde (22 Februar 1647).
↑ (Zurück)
3.11.
26. März, 2. Mai 1675 usw. Es kommen aber auch Verzichte auf diese Einwendung und Vereinbarungen, den Prozeß im Stadtgerichte zu führen, vor (11. Februar 1661, 6. August 1675).
↑ (Zurück)
3.12.
Bei Ableben einer Partei nach Befestigung des Krieges wird das Verfahren auf Anrufen des Gegners oder der Erben fortgesetzt (Maller-Freiberger, 1638-1639). Stirbt sie vorher, so ist das Verfahren nichtig (Lro. art. 17). Durch Tod im Exekutionsverfahren tritt keine Unterbrechung ein (Sembler-Lebnacher, 1620, Lro. art. 20). Die in Betracht kommenden Personen werden jeweils aufgefordert, zu erklären, ob sie erben wollen (3. Februar, 11. April 1601, vgl. Jus stal, Bl. 133' f.).
↑ (Zurück)
3.13.
5. August 1592 usw. Weiterübertragung ist zulässig (z.B. 4. Janner 1605). Bei längerer Abwesenheit kann die Bestellung eines Gewaltsträgers aufgetragen werden (22. Mai 1605).
↑ (Zurück)
3.14.
Eines der ersten Beispiele bietet der Prozeß Klezko-Khnor (1600 bis 1601, Fasz. 82/2).
↑ (Zurück)
1.15.
6. März 1588, 8. März 1597. Bei Vernehmung eines Streitteiles als Zeugen verlangte der Gegner, daß er vor Vernehmung das iuramentum calumniae (also einen speziellen Calumnieneid) ablege, ließ jedoch diese Forderung fallen (2. und 26. März, 16. April 1621). Ein genereller Calumnieneid ist weder in Kärnten (Rampichl 103) noch in Steiermark (Beckmann "iuramentum calumniae") üblich.
↑ (Zurück)
3.16.
AP. 16. August 1594, 13. Mai 1595 usw. Hiebei werden empfindliche Geldstrafen — 30 Dukaten — angedroht und verhängt (AP. 13. April 1595, 4. Juli 1614) oder die Abnahme der Rechtssache in Aussicht gestellt (RB. 27. September 1662). Sind die Verordneten nicht versammelt, so trifft der Burggraf allein die notwendigen Verfügungen (z.B. AP. 19. März 1604).
↑ (Zurück)
3.17.
14. Juni 1633 usw. Bei Gewaltsklagen ist gütliches Ersuchen nachweisbar (22. Dezember 1593), doch kaum erforderlich (12. Juni 1588, Ordnung Bl. 176, Fröauff § 1, Rampichl 174). Das Ersuchen erfolgt schriftlich oder mündlich durch zwei Beschickleute (z.B. 23. August 1624).
↑ (Zurück)
1.18.
12. Juli 1588 usw. Es ergehen nötigenfalls mehrfache Ladungen, die späteren unter Androhung von Geld- und Haftstrafen (30. Juli 1588 usw.) Anberaumung von Verhören "peremptorie" (11. Oktober 1594 usw.), später auch "superperemptorie" (11. Juni 1630) kommt vor. Nichterscheinen macht jedenfalls kostenpflichtig (9. Dezember 1638).
↑ (Zurück)
3.19.
21. Oktober 1644, 11. Jänner 1647, 17. August 1649. Da damals schon in das schriftliche Verfahren die mündliche Tagsatzung eingeschoben war (vgl. bei Anm. 35), kann es sich in einzelnen Fällen um derartige Verhöre handeln. Der Abschied vom 11. Jänner 1647 erfolgte aber bestimmt im Anschluß an eine mündliche Klage. Säumnis des Beklagten hat nach den obigen Abschieden zur Folge, daß dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben wird. Spuren des Eremodizialverfahrens sind nicht ersichtlich. Das stimmt mit dem Gerichtsbrauche der Landeshauptmannschaft überein (Ordnung Bl. 176'): "Ist ainer aber peremptorie citiert worden, ist er in alweg schuldig zu erscheinen, dan in widrigen er in contumaciam condemnirt wirt". Was bei Säumnis des Klägers geschah, ist unklar. Am 17. August 1649 wird Beklagter in contumaciam der Klage entbrochen. Ob dies Sachurteil oder Entbindung von der Instanz war, erscheint zweifelhaft. Für letzteres spricht die Vorgangsweise im Stadtrechtsverfahren (IV, § 3).
↑ (Zurück)
3.20.
5. März 1590 usw. (vgl. § 6). Der Streitwert ist oft beträchtlich (z.B. 600 fl. am 24. April 1591).
↑ (Zurück)
3.21.
6. August 1591 usw. Sie ergehen in Bescheidform (z.B. 17. August 1591).
↑ (Zurück)
3.22.
z.B. 16. Februar 1601, 3. Juli, 16. Oktober 1609. Im Prozesse um ein Vorkaufsrecht wird das Begehren auf schriftliche Klagseinbringung abgewiesen (26. Jänner 1596). Am selben Tage wird schriftliche Verantwortung auf 3 Tage (Kläger ist ein Fremder) zugelassen, da Beklagter wegen Krankheit nicht erscheinen kann. Im Falle Großegger-Jaritz (1648-1649, Fasz. 82/5) wird zuerst mündlich, dann — nach Stattgebung der Exzeption, daß nicht gütlich ersucht worden sei — schriftlich geklagt. Ein Mittelweg wurde eingeschlagen, als ein Beklagter bei einem Abfertigungsanspruch schriftliche Klagseinbringung verlangte. Es wurde ihm die protokollierte Klage zur "Ersehung" übermittelt, worauf er mündlich antworten mußte (16. Juni 1609).
↑ (Zurück)
3.23.
12. Juli 1595 usw. Bei Nichtbefolgung ergehen weitere Geschäfte zuerst auf 8 (z.B. 28. Jänner 1590), dann auf 3 Tage (z.B. 10. August 1592). Beim dritten Geschäfte werden öfters Geldstrafen angedroht (30. März 1590 usw.). Sie sind auch noch später nachweisbar (z.B. Domenig-Perners Erben, 15. Dezember 1619, Fasz. 126/4), dürften aber wie bei der Landeshauptmannschaft (Darst. Anm. 17) allmählich abgekommen sein.
↑ (Zurück)
3.24.
5. März 1590, 5. August 1592 usw. Tatsächlich ergangene Kontumazabschiede lassen sich vereinzelt nachweisen (Domenig-Perners Erben, 26. Februar 1619, a. a. 0.; 28. Juni 1633). Es folgt dann die übliche Exekution mit Zwischenverfahren (Domenig-Perners Erben, a.a.O.).
↑ (Zurück)
3.25.
Es ergeht ein peremptorisches (5. Jänner 1607, 27. August 1612 usw.), meistens auch noch ein superperemptorisches Geschäft (17. Dezember 1612, 16. Februar 1618 usw.).
↑ (Zurück)
3.26.
Das Kumulierungsprinzip für sämtliche Exzeptionen (Anm. I 25) gilt auch weiterhin (z.B. Khienperger-Edlinger als Gewaltsträger der Anna Sembler, 22. Dezember 1624, Fasz. 82/4). Am 11. Oktober 1639 wird die in der Frist zur Fragstückeeinbringung erhobene Exzeption des Beklagten, er brauche auf die Klage nicht zu antworten, als nach der Litiskontestation eingebracht zurückgewiesen; ebenso am 8. August 1631 die Exzeption, daß die Prioritätseinrede verspätet sei, weil diese nicht schon beim ersten Verhöre erhoben, sonder damals nur Verjährung behauptet worden war. Die meisten Exzeptionen sind dilatorische. Seltener sind jene, die gemeinrechtlich als peremptorische anzusprechen wären (z.B. mangelnde Passivlegitimation, Stipler-Waldmann, 28. Jänner 1589, Fasz. 82/ 1; Schurian-Sembler, 1602-1603, Fasz. 82/2; Zahlung an einen Dritten mit Zustimmung des Gläubigers, Persching-Pocobello, 4. Jänner 1616; Schulderlaß, Herling-Tipl, Fasz. 82/3; Erlöschen der Forderung durch Vergleich, Edlinger-Domenig, 6. Juni 1616, Fasz. 82/3). Die Einwendungen, weniger empfangen zu haben, als im Schuldbriefe genannt (Moßhaimber-Ambtmann, 9. Juni 1603, Fasz. 82/2), geleistete Zahlung (Bapst-Truppe, 22. Februar 1633, Fasz. 82/5) und Verjährung (8. August 1631), werden nicht mit dem Fachausdruck Exzeption bezeichnet.
↑ (Zurück)
3.27.
Daß eine Verpflichtung zur speziellen Bestreitung der einzelnen Klagstatsachen besteht, ist auch in diesem Zeiträume nicht nachweisbar.
↑ (Zurück)
3.28.
3. Juni 1598, 30. April 1599 usw.
↑ (Zurück)
3.29.
4. Mai 1599, 6. November 1601 usw.
↑ (Zurück)
3.30.
26. März, 26. Juli 1596 usw., später regelmäßig dann, wenn der Beklagte nur exzipierte (24. Juli 1608 usw.).
↑ (Zurück)
3.31.
16. März, 4. April 1618 usw. Der Ausdruck "in contumaciam" findet sich vereinzelt (Mikhez-Perners Erben, 10. November 1620, Fasz. 126/4), ist aber von Bedeutung, weil gegen einen Kontumazabschied nach der gemeinrechtlichen Lehre Appellation unzulässig ist (Wetzell 708 f.). Die Säumnisfolge nach Streiteinlassung ist also regelmäßig Erkenntnis in der Hauptsache.
↑ (Zurück)
3.32.
z.B. Lidlohn (6. Mai 1595), geständige Schuld (10. Juni 1592, 2. Jänner 1596), anvertrautes Geld (27. Juni 1600).
↑ (Zurück)
3.33.
28. Jänner, 5. März 1590 usw. Die Bezeichnung ist meistens "Geschäft" (z.B. 6. Mai 1595, 5. April 1598).
↑ (Zurück)
3.34.
30. April 1595 usw. Einwendungen, die erst nach Ablauf der drei Geschäfte eingebracht werden, sind verspätet (20. Juni 1592, 11 Jänner 1613).
↑ (Zurück)
3.35.
Im Appellationsverfahren (vgl. § 5), in Weisungssachen (9. März 1627 usw.), bei Ediktsstreitigkeiten (28. Jänner 1627), bei Prioritätsstreitigkeiten im Vollstreckungsverfahren (23. Februar 1629) und sonstigen Exzeptionen oder Inzidenzen (4. Juni 1624 usw.).
↑ (Zurück)
3.36.
16. Dezember 1622, 11. Dezember 1629, 26. Jänner, 4. Juli 1635.
↑ (Zurück)
3.37.
In einem Aufwertungsprozesse ließen sie mit der Begründung, daß nicht nur über vierzig oder mehr Gulden, sondern um bedeutend höhere Summen in mündlichem Verhöre entschieden worden sei, das mündliche Verfahren zu (RB. 12. März 1624, die Regierung änderte allerdings ab, 18. Oktober 1624, Fasz. 128/1), in anderen Fällen (Hauskauf und Erbschaftsstreitigkeit) verfügten sie schriftlichen Prozeß (RB. 15. März 1624).
↑ (Zurück)
3.38.
Das Stadtgericht entschied meistens im Sinne dieses Beschlusses (17. und 24. März 1626, 6. August 1632, 28. Juni 1633). Es läßt aber auch Verhöre zu (26. Mai 1626, 28. Jänner 1633). Von der i. ö. Regierung wird im Falle Jesuitenkonvent-Gößnitzer auf Ansuchen des Konvents den Verordneten aufgetragen, ein mündliches Verhör vor dem Stadtgerichte anhalten zu lassen (G.R.A., Reg. Copeyen 1629, II 8).
↑ (Zurück)
3.39.
26. August, 23. und 27. September 1639 usw. Bei der Landeshauptmannschaft werden im 17. Jahrhundert auf Grund der Klage Zahlungsaufträge auf 14, dann auf 8 und 3 Tage erlassen. Hierauf wird ein Verhör anberaumt, und zwar in Schuldenklagen im allgemeinen das erstemal nur dann für den Beklagten peremptorisch, wenn er einen auf Verhör "dirigierenden" Bericht erstattet hatte, wogegen Kläger immer mit seiner Notdurft gefaßt sein mußte (Ordnung Bl. 176, vgl. auch Holl. Obs. 117 f.).
↑ (Zurück)
3.40.
27. Jänner 1626, 4. März 1633 usw. Auch superperemptorische Anordnung kommt vor (z.B. 6. März 1629, 2. Dezember 1636). In einem Mandatsprozesse ist Kontumazabschied erst beim (frühestens) dritten Verhöre nachweisbar (23. Jänner 1640), in einem Prioritätsstreite beim vierten Verhöre (28. Juni 1633), anderseits wird beim vierten Verhöre gleich Behebung ohne Zwischenverfahren (§ 7) erteilt (10. März 1636).
↑ (Zurück)
3.41.
28. Juli 1633, 23. Jänner 1640, 21. Oktober 1644. War ein Mandatverfahren eingeleitet worden, so gehen der Verhörsanberaumung meistens 3 Geschäfte auf 14, 8 und 3 Tage voraus (21. Oktober 1639, 6. April, 19. Oktober 1668), gelegentlich findet sich sogar noch ein weiteres "Pönalgeschäft" (2 März 1640). Anders ist es natürlich, wenn schon vor dem dritten Geschäfte Exzeptionen eingebracht werden (21. Juni 1641, 2. März 1649).
↑ (Zurück)
3.42.
Der Gegner mußte sich die Gegenweisung nicht ausdrücklich vorbehalten (11. Dezember 1645, ebenso Ordnung Bl. 177). Der die Weisung anordnende Abschied lautete meistens dahin, daß Kläger weisen solle, dem Beklagten die Gegenweisung vorbehalten sei (z. B. 15. Tebruar, 21. März 1608 usw.). Wird der Klage widersprochen, so ist Kläger beweispflichtig (Ausführungen der "Rührschrift" - vgl. § 5 - der Leder- und Schusterbruderschaft im Prozesse Christoph Windischs Erben gegen die Bruderschaft, 1612, Fasz. 82/3). Vom Stadtgericht war der Bruderschaft der Beweis der Ungültigkeit eines Kaufrechtsbriefes auferlegt worden (31. August 1612) Die Verordneten änderten dahin ab, daß die Kläger beweisen mußten, es sei der Kaufrechtsbrief mit Wissen der Bruderschaft zustande gekommen (3 April 1615), wahrscheinlich, weil verschiedene Umstände gegen die Gültigkeit der Beurkundung sprachen. Im allgemeinen mußte jedoch der beklagte Tatsachen, die den Klagsanspruch aufheben, beweisen (Truppe-Bapst, 22. Februar 1633, Fasz. 82/5).
↑ (Zurück)
3.43.
24. April 1591, 14. Jänner 1597 usw. Die Zustellung an den Gegner hat auch noch innerhalb dieser Frist zu erfolgen (Schaz-Maller, 1615, Fasz 128/1). Bei Nichteinbringung ergehen neuerliche Aufträge (14 Tage 19 September 1589, 3 Tage 20. Juli 1591). Weisung ohne Weisungsanzug ist — auch beim Urkundenbeweis — unzulässig (11. Juni 1630).
↑ (Zurück)
3.44.
Lg. art 60, 67. In der Praxis war man weniger streng. Im Falle Capler-Gottfrid, a.a.O., deckt sich der Inhalt der Weisartikel keineswegs genau mit dem Parteienvorbringen.
↑ (Zurück)
4.45.
Frist 14 Tage (21. Februar 1595, 27. Jänner 1609), 8 Tage (15. September 1593), 3 Tage (1. April 1595), bei Nichteinbringung auf Anrufen des Gegners neue Fristen (3-8 Tage, z. B. 18. September 1593, 14. Marz 1595.
↑ (Zurück)
3.46.
Z.B. verspätete Einbringung des Anzuges (14. Juni 1588), Unzulässigkeit einer Person als Zeuge wegen zu naher Verwandtschaft (15. Juni 1661), Infamität eines Zeugen (19. Februar 1594).
↑ (Zurück)
3.47.
Es wird des öfteren eine ausdrückliche Erklärung verlangt 12. Juli 1588 usw.).
↑ (Zurück)
3.48.
Capler-Gottfrid, a.a.0. Frist 14 Tage (14. Jänner 1597 usw.), aber auch 8-10 Tage (19. Jänner 1600, 13. März 1607). Zweite Fristen kommen vor (29. Juli 1600).
↑ (Zurück)
3.49.
Am 12. Jänner 1588 wird die Aufnahme neuer Beweise zugelassen, am 25. September 1590 abgelehnt.
↑ (Zurück)
3.50.
Z.B. 7. Mai 1616. Diese Frist wird schon am 17. Jänner 1624 als gebräuchlich bezeichnet.
↑ (Zurück)
3.51.
6. Juni 1617, 19. Dezember 1633 usw., ebenso Ordnung Bl. 176'. Ausnahmsweise werden, als sowohl Weisung wie Gegenweisung desert wären, beide zugelassen (19. Jänner 1649).
↑ (Zurück)
3.52.
30. August 1618, 19. Februar 1633 usw., Ordnung Bl. 177. Einmal ergeht allerdings Abschied nach beiderseits zwei Schriften (Semblrock-Sturm, 19. November 1630, Fasz. 82/5).
↑ (Zurück)
3.53.
Puschl-Laubinger, 1602, Fasz. 126/3, Domenig-Edlinger, 19. Juli 1607, Fasz. 126/1, Lg. art. 11, 54.
↑ (Zurück)
3.54.
13. März 1649. Stirbt er vorher, so gilt der Eid als nicht geleistet (Khienperger-Edlinger, 7. März 1623, Fasz. 82/4).
↑ (Zurück)
3.55.
23. Februar 1638. Das Stadtgericht läßt auch Wiederzurückschieben zu (Khienperger-Edlinger, 9. März 1611, Fasz. 82/4), doch entscheiden die Verordneten entgegengesetzt (18. Juni 1611). Der Gegner kann der eidlichen Aussage dadurch entgehen, daß er mit anderen Beweismitteln Gegenweisung führt (Domenig-Edlinger, 19. Juli 1607, Fasz. 126/3; Puschl-Laubinger, 21. August 1602, Fasz. 126/3).
↑ (Zurück)
3.56.
Kläger wollte nach Eröffnung des Abschiedes den nach seiner Auffassung "semiplenam probationem" liefernden Zeugenbeweis durch seinen Eid ergänzen. Gegner erwiderte, es sei schon geschlossen worden und könne auch niemand in seinen Säckel schwören. Das Stadtgericht ließ es ohne weitere Begründung beim Abschiede verbleiben (27. August 1647).
↑ (Zurück)
3.57.
Im Prozeß Capler-Gottfrid (a.a.O.) berief sich Kläger auf zwei Zeugen, Beklagter auf sein Handelsbuch und boten beide iuramentum suppletorium an. Ein klägerischer Zeuge konnte über das eigentliche Beweisthema nichts aussagen und wäre daher dem Kläger als Beweispflichtigem nach gemeinem Rechte der Eid aufzulegen gewesen. Der Referent im Appellationsverfahren beantragte dies auch und sei, falls Kläger den Eid nicht ablege, Beklagter nach Ablegung des iuramentum purgatorium der Klage entbrochen. Sowohl Stadtgericht (31. März 1662) wie Verordnete (1. Dezember 1662) gaben jedoch der Klage statt, wohl weil verschiedene Präsumptionen für den Kläger sprachen. Im Ediktsprozesse Brugger boten einige Gläubiger nur den Beweis durch Vernehmung der Witwe des Verstorbenen an (14. und 15. März, 2. Mai 1588), was anscheinend genügte. Im Edikte Prätorius "probiert" ein Gläubiger mit seinem Handelsbuch (8. Februar 1611). Dies deutet auf Beweiserleichterung im Konkursverfahren hin. Im Prozesse um eine Kaufrestschuld berufen sich die Erben nach Christoph Windisch dem leugnenden Schuldner gegenüber auf die eigenhändige Eintragung Windischs in seinem Schuldregister. Das Gericht läßt es dabei verbleiben und gestattet nur den Gegenbeweis des Schuldners. Dieser Vorgang ist dadurch erklärbar, daß der Beklagte wahrscheinlich den Kauf als solchen nicht leugnete und daher für die Zahlung beweispflichtig war (20. Jänner 1598).
↑ (Zurück)
3.58.
12. November 1588, 13. Oktober 1592 usw. Bei Nichteinbringung ergehen weitere "Geschäfte" auf 8 und 3 Tage, später noch peremptorische und superperemptorische (9. Jänner 1589, 27. Oktober 1592 usw.). Die einzigen erhaltenen Schlußschriften (Capler-Gottfrid, a.a.O.) enthalten eine eingehende Erörterung der Ergebnisse des Beweisverfahrens, der für und gegen die eigene Auffassung sprechenden Präsumptionen und zahlreiche Anführungen aus juridischen Schriftstellern.
↑ (Zurück)
3.59.
12. Juli 1588 usw. Aus dem Abschiede vom 11. Dezember 1612 geht deutlich hervor, daß auch bei Säumnis einer Partei eine Sachentscheidung zu fällen war. In späterer Zeit werden die Schlußschriften mit der Weisung bei einem Verhör verlesen (6. April 1668, ebenso Fröauff § 3).
↑ (Zurück)
3.60.
Z.B. 14. Dezember 1632. Dreimalige Ladung im Prozesse Domenig gegen Perner (1619, Fasz. 126/4). Bei Rechtsfragen enthält der Abschied meist eine Begründung (z. B. Pruggmayr-Eizinger, 30. Mai 1603, Fasz. 82/1; Sämitzs Erben-Strußniggs Gerhaben, 27. November 1606, Fasz. 82/3).
↑ (Zurück)
3.61.
Die deutschrechtliche Bezeichnung Dingnus hält sich mit großer Zähigkeit, teils in Zusammensetzung mit Appellation (Ediktsprozeß Präßberger, 1588, Fasz. 82/1, "zu appellieren angedingt"), teils an Stelle dieses Ausdruckes (Hebung der Dingnus, Präßberger, a.a.O., Puschl-Perner, 1589, Fasz. 82/1 usw.).
↑ (Zurück)
3.62.
Im Arrestverfahren wird bald Beschwerde (z.B. 6. März 1588), bald Appellation (Windisch-Windisch, 14. März 1615, Fasz. 82/3) zugelassen, ebenso bei Exzeptionen (Beschwerde, 2. März 1591, Schurian- Sembier, 15. Oktober 1602, Fasz. 82/2; Appellation, Stipler-Waldmann, 30. März 1589, Fasz. 82/1 usw.) Die Aberkennung (Nichtzulassung) einer Appellation wird bald mit Appellation (Schurian-Sembier, 15. Oktober 1602, Fasz. 82/2), bald mit Beschwerde (Tippl-Ambtmann, 1603, Fasz. 126/3) bekämpft.
↑ (Zurück)
3.63.
10. März 1606, 14. August 1610. Das Stadtgericht verweigert am 15. Oktober 1602 die Appellation für eine abgewiesene Exzeption gegen einen liquidierten Schuldbrief, die Verordneten lassen zu (Schurian-Sembler, 4. April 1603, Fasz. 82/3).
↑ (Zurück)
3.64.
Deserterkennung der Appellation (Domenig-Edlinger, 26. Jänner 1610, Fasz. 126/2), Eiderlaß wegen Vorbringens von Urkunden (Puschl-Laubinger, 21. August 1602, Fasz. 126/2), Zulassung einer verspäteten Weisung (Maller-Schaz, 6. Dezember 1615, Fasz. 128/1). Dagegen wird Appellation gegen die Entscheidung über eine Eidesrückschiebung (Khienberger-Edlinger für Sembler, 18. Juni 1611, Fasz. 82/3) und die Erteilung eines Aufschubes für eine Schlußschrift (12. November 1649) zugelassen.
↑ (Zurück)
3.65.
Behebnuserteilung (10. Mai 1595, 27. Juli 1618), Nichtvornahme des wirklichen Ansatzes (Portner-Steyrer, 1602, Fasz. 126/3), Verweigerung der Einantwortung (Mikhez-Perner, 1622, Fasz. 126/3).
↑ (Zurück)
3.66.
Latomus-Präsperger, 1598, Fasz. 82/1, usw. Ebenso Ordnung Bl. 179.
↑ (Zurück)
3.67.
Zwei Schriften (Maller-Perner, 1619).
↑ (Zurück)
3.68.
Z.B. 4. Dezember 1619, 19. August 1644. Der Gegner kann auch selbst die Anberaumung eines Verhöres beantragen (15. Juli 1636).
↑ (Zurück)
3.69.
18. März 1636 usw. Dies war ursprünglich anders (Anm. 62). Um Restitution konnte angesucht werden (Ordnung Bl. 179).
↑ (Zurück)
3.70.
22. November 1588 usw. Sie erfolgt vor dem Stadtschreiber in der Stadtkanzlei (Domenig-Edlinger, 19. Juli 1607, Fasz. 126/1). Später sind Auszüge aus dem Gerichtsprotokolle beizuschließen (Krainer-Schuelsakh, 18. Juli 1671, Fasz. 82/7).
↑ (Zurück)
3.71.
9. August 1624. Wahrscheinlich genügte es zur Fristwahrung, wenn der Appellant rechtzeitig ansuchte und die Aufrichtung betrieb. Die Appellationsakten weisen jedenfalls durchwegs längere Zeiträume zwischen Abschied und Apostelbrief auf (Fasz. 82/1 ff.).
↑ (Zurück)
3.72.
Z.B. Waldmann-Stipler, 1589, und Sembler-Khribl, 1601, Fasz. 82/1.
↑ (Zurück)
3.73.
16. August 1614 usw. Ob eine Neuerung vorliegt, entscheidet das Stadtgericht in einem Verhöre (26. August 1614).
↑ (Zurück)
3.74.
Anna Prunner-Puschlische Gerhaben, 1598, Fasz. 82/1, usw. Daneben griff man zu verschiedenen Auskunftsmitteln. Es enthält z. B. der Beweisabschied eine ausführliche Darstellung des beiderseitigen Vorbringens (Margarete Lebnacher-Lebnachers Gerhaben, 19. Juni 1599, Fasz. 82/1, Schiffer-Mayr, 1. August 1623, Fasz. 82/4) oder die Parteien legen bei der Verhandlung einen ausführlichen Schriftsatz (Sämitzs Erben-Strußniggs Gerhaben, 27. November 1606, Fasz. 82/2).
↑ (Zurück)
3.75.
Die ersten derartigen Appellationsschriften sind im Fasz. 82/2 (Ambtmann-Tippl, Apostelbrief vom 18. April 1603; Schurian-Sembler, Apostelbrief 25. Oktober 1602). Es war dies vermutlich eine Angleichung an den Gerichtsbrauch der Landeshauptmannschaft (Lg. art. 97, RO. art. 59, Ordnung Bl. 179').
↑ (Zurück)
3.76.
9. August 1624. Meistens sind es je 2 Schriften (8. August 1617, 7. Februar 1623 usw.).
↑ (Zurück)
3.77.
4. Juli 1636 usw. Bei Nichteinbringung erfolgen neuerliche (im ganzen drei) Aufträge mit kürzerer Frist (1. August 1636 usw.), schließlich auf Antrag des Appellanten die Deserterkennung dieser Schrift in einem Verhöre (4. September 1668).
↑ (Zurück)
3.78.
Ambtmann-Tippl, 18. April 1603, Fasz. 82/2, usw. Eine Appellationsaufrichtung für die dritte Instanz erfolgte vor Kommissären (1. Juni 1634). Ob dies später die Regel bildete, ist nicht ersichtlich.
↑ (Zurück)
3.79.
Z.B. Schiffer-Mayr, Fasz. 82/4 (Abschied 1. August, Apostelbrief 30. September 1623).
↑ (Zurück)
3.80.
Als "Fatalien" für die Schlußschrift werden 6 Wochen genannt (12. April 1649), Verlängerungen kommen vor (14 Tage, z. B. 17. April 1637). Bei der Landeshauptmannschaft betrug die Frist 6 Wochen 3 Tage, beginnend mit Zustellung der vorhergehenden Schrift an den Gegner (Ordnung Bl. 179'). Innerhalb der für den Appellanten geltenden Frist mußte der Appellationswerber die in Anm. 77 erwähnten drei Aufträge ergehen lassen. Im Prozesse Schletterer als Mierniggs Gewaltsträger-Lebnachers Erben (Fasz. 254/4) hatten die Erben zwar ihre erste Appellationsschrift rechtzeitig gelegt, aber den Kläger zur Einbringung seiner Schrift innerhalb der Fatalien nur einmal compelliert. Das Stadtgericht erkannte auf seinen Antrag die Appellation für desert (5. November 1652).
↑ (Zurück)
3.81.
Z.B. 8. August 1617, 5. Februar 1638. Auf die Einwendung wird entweder dem Gegner schriftliche Äußerung aufgetragen und dann schriftlich entschieden (z. B. 29. August 1636) oder auch sofort ein Verhör angeordnet (z. B. 15. Juli 1636).
↑ (Zurück)
3.82.
Z.B. Maller-Freiberger (Appellationsanmeldung 20. Mai 1636, Aufrichtung nach 19. Februar 1638), Edlinger-Domenig (Fasz. 126/1, Abschied 19. Juli 1607, Deserterkennung der Appellation 26. Jänner 1610).
↑ (Zurück)
3.83.
Fasz. 82/1 ff. Am 3. Juni 1589 wurde im Stadtrate auf die Anfrage, ob die Apostelbriefe außer Landes auf 6 Wochen 3 Tage auszustellen seien, grundsätzlich beschlossen, sie außer Stadtrecht nach Hebung der Dingnus im Lande auf 14 Tage, außer Land auf 6 Wochen 3 Tage zu stellen, und zwar mit dem Zusatze "doch wann man auch bei der Kanzlei kann gelangen". Dies ist wohl nur eine grundsätzliche Festlegung des Gerichtsbrauches und keine Neuerung, zeigt aber, daß die Entwicklung des Appellationsverfahrens noch im Flusse war.
↑ (Zurück)
3.84.
Es sind bis zu acht und neun Schüben (Künstl-Wiert, 1601-1602, Fasz. 82/2, Herling-Tippl, 1617-1618, Fasz. 82/3) nachweisbar. Erledigungen ohne SchÜberteilung sind sehr selten.
↑ (Zurück)
3.85.
23. Juli 1621, ebenso RO. art. 59. Erstmals am 6. September 1630 (Fasz. 83/3), von dort an ständig, beträgt die Fristverlängerung in den Schüben 6 Wochen 3 Tage. Die daneben erwähnte Frist von 6 Wochen ist wohl nur eine verkürzte Ausdrucksweise (6. September 1630, 12. September 1631).
↑ (Zurück)
3.86.
AP. 23. Juli 1595, 23. März 1596 usw. Ein Verordneter oder der Landschaftssekretär erstattete jeweils das Referat. Ein solches ist im Prozesse Capler-Gottfrid (1662, Fasz. 82/5) erhalten.
↑ (Zurück)
3.87.
14. Februar 1618 usw. Über die Regierung vgl. Thiel I 58 ff., II 531 ff.
↑ (Zurück)
3.88.
Z.B. 14. Februar 1618. Das Neuerungsverbot gilt natürlich auch hier.
↑ (Zurück)
3.89.
Sember-Khribl, 1601, Fasz. 82/1, usw. Sie sind in den meisten schriftlichen Prozessen nachweisbar und werden zuweilen zusammen mit dem Apostelbriefe überreicht (Prunnerischer Gerhab-Sixtlin, nach 1609, Fasz. 82/2). Sie kommen auch auf Seite des Appellaten (z. B. Khienperger-Perners Erben, 14. Mai 1611, Fasz. 82/2) und im Verfahren dritter Instanz vor. In der Äußerung der Schuster zum Restitutionsansuchen der Schuster- und Ledererbruderschaft (1618, Fasz. 82/3) wird behauptet, daß bei der Regierung im Gebrauche sei, die Rührschriften gänzlich beiseitezustellen und im wenigsten wahrzunehmen. Diese Haltung wirkte vielleicht auf die Verordneten zurück. Nach 1615 ist jedenfalls nur mehr ein Fall einer Rührschrift ersichtlich (Veldthofferin-Faschingin, 26. Dezember 1630, Fasz. 83/3).
↑ (Zurück)
3.90.
Fröauff § 4 nennt das Ansuchen um Verhör inner 6 Wochen 3 Tagen bei der Landeshauptmannschaft allgemein üblich und gibt in Tl. 2, No. 117, als Beispiel eine Entscheidung vom 13. September 1698.
↑ (Zurück)
3.91.
Von vorhergehenden Registraturbüchern sind allerdings nur jene der Jahre 1624 und 1635 erhalten.
↑ (Zurück)
3.92.
Begründet wird ihre Abhaltung mit Geringfügigkeit der Sache (Expens, RB. 22. Juni 1665), damit, daß Gegner keine Bedenken gegen mündliches Verfahren vorgebracht habe (RB. 1. August 1665), daß bei Entscheidungen über die Nullität eines Abschiedes ein Verhör gebräuchlich sei (RB. 3. August 1658).
↑ (Zurück)
3.93.
Am 1. Juni 1635 geschieht sie noch vor dem Magistrate. Im Prozesse Maller-Freiberger befehlen die Verordneten die Aufrichtung der Appellation beim Magistrat an (16. Mai 1638, RB.). Sie wird von der Regierung mit der Begründung zurückgesandt, daß sie von jener Instanz aufgerichtet werden müsse, bei der sie erledigt worden sei, worauf die Verordneten die Aufrichtung in ihrer Kanzlei anordnen (RB., 6. und 20. August 1638). Dabei blieb es weiterhin (z. B. Hasenberger-Goldbergerin, 1680, Fasz. 82/7).
↑ (Zurück)
3.94.
RB. 21. März 1624, 20. September 1642 und in sämtlichen Akten. Das Stadtgericht hat gegebenenfalls die Gegenseite einzuvernehmen (RB. 2. März 1635). Die Frist zur Berichterstattung betrug 14 Tage (21. März 1624).
↑ (Zurück)
3.95.
27. Juli 1618. Die Beschwerde im Arrestverfahren hat aufschiebende Wirkung und ist eine Fallfrist für ihre Erledigung nachweisbar (6. März 1588).
↑ (Zurück)
3.96.
Es sind dies der über Revision handelnde Abschnitt im kaiserlichen General vom 6. Jänner 1623 (GV. Viktringer Archiv, Fasz. XXV. 630½), Ordnung Bl. 179, Rechbach 37 ff., 51 ff., Beckmann "Revisio". Ergänzt wurde das General durch die kaiserliche Resolution vom 29. Oktober 1657 (Rechbach, Appendix 26 ff.).
↑ (Zurück)
3.97.
AP. 16. Jänner 1592 usw. Selbstverständlich kommen aber auch vom Landesfürsten erteilte Restitutionen vor (23. April 1588 usw.).
↑ (Zurück)
3.98.
Die Praxis ist weniger streng, so kennt Ordnung Bl. 179 die Restitution wegen Verletzung über die Hälfte, Fröauff § 7 die Restitution doli mali.
↑ (Zurück)
3.99.
Es kommen beispielsweise Restitutionsgesuche wegen Fristenversäumnis (11. Mai 1592, 8. Jänner 1619 usw.), ad noviter agendum (Mikhez-Domenig, GRA., Reg. Expeditum, 1624 V 3) vor.
↑ (Zurück)
3.100.
Vgl. Thiel II 521 f., 538. Seit 1639 entscheidet die geheime Stelle über Restitutionen, ohne vorher einen landesfürstlichen Bescheid einzuholen.
↑ (Zurück)
3.101.
17. Jänner 1614, RB. 16. Dezember 1624 usw. (vgl. General P. 1). Mit der Zulassung des Restitutionsansuchens wird regelmäßig die Einstellung einer allfälligen Exekution bewilligt (6 Wochen bis 2 Monate, z. B. 9. März 1635). Verlängerung ist möglich (z. B. Franz Perner-Stadt Völkermarkt, 4 Wochen, G.R.A. Reg. Copeyen, 1618 II 67).
↑ (Zurück)
3.102.
General P. 7, 24. März 1618. Es ergehen zumindest drei Aufforderungen (auch peremptorische und superperemptorische) zur Abgabe einer Äußerung (16. Februar, 8. März 1633 usw.).
↑ (Zurück)
3.103.
24. März 1618 usw. Durch kaiserliche Resolution vom 3. Jänner 1640 wurde der i. ö. Regierung die Ermächtigung zur Restitution "ad apellandum" erteilt (Rechbach 42, Appendix 11).
↑ (Zurück)
3.104.
Deutliche Hinweise darauf bei Rechbach 42, Beckmann "Restitutio" a. E.
↑ (Zurück)
3.105.
8. und 11. Jänner 1588 usw. Später wird auch das Mandatverfahren angewendet (10. Jänner 1612, 3. Juni 1614 usw.).
↑ (Zurück)
3.106.
Z.B. 17. Juli 1618, Lg. art. 22, doch wird zuweilen gestattet, in diesem Falle die eingeklagte Summe bei Gericht zu erlegen (Zanelli-Richtenpaumb, 1606, Fasz. 126/3).
↑ (Zurück)
3.107.
17. September 1596 usw. Im Mandatverfahren ergeht ebenfalls nur ein Alternativauftrag mit dreitägiger Frist und hat die Zahlung nach Abweisung von Einwendungen sofort (zwischen heute und morgen) zu erfolgen (6. und 9. November 1618). Die gleichen kurzen Fristen gelten auch bei Klagen gegen Fremde (16. Juni 1609 usw.).
↑ (Zurück)
3.108.
5. Februar 1594 usw. Sämtliche für den Kostenzuspruch in Betracht kommenden Aktenstücke sind beizuschließen (z. B. 21. August 1618).
↑ (Zurück)
3.109.
14. Oktober 1599, 4. November 1639. Von jeder Seite erfolgt nur eine Schrift (Puechmair-Wolfschedl, 1596, Fasz. 82/1, usw.).
↑ (Zurück)
3.110.
18. August 1597 usw. Später schiebt sich auch hier vor dem Abschied ein Verhör ein (18. November 1639 usw.). Doch kommen auch weiterhin Taxierungen ohne Verhör vor (z. B. 12. März 1675). Verhöre fanden wahrscheinlich nur dann statt, wenn auch andere Einwendungen als gegen die Höhe erhoben wurden. Bei der Landeshauptmannschaft und dem Landrechte kommt es in späterer Zeit dann zu einem Verhör, wenn die Verpflichtung zum Kostenersatze überhaupt bestritten wird (Rw. "Expensen").
↑ (Zurück)
3.111.
16. Juni, 20. Juli 1590 usw., ebenso nach der schließlichen Entscheidung in höherer Instanz (z. B. 11. August 1590).
↑ (Zurück)
3.112.
21. Februar, 6. November 1612 usw. Die Behebnus kann aber immer noch schon nach drei Geschäften erteilt werden (z. B. 24. Februar 1612, 13. März 1633).
↑ (Zurück)
3.113.
Z.B. 8. Juli 1614, 21. April 1617. Der Text der Behebnuserteilungen erwähnt oft nur die vorgeschriebenen drei Geschäfte, auch wenn nach den Protokollen weitere Zahlungsaufträge ergingen (z. B. 6. Juni 1617, Domenig-Perners Erben, 24. April 1620, Fasz. 126/4). Rechtlich von Bedeutung waren also anscheinend nur die drei Geschäfte, die weiteren zwar üblich, aber nicht zwingend vorgeschrieben.
↑ (Zurück)
3.114.
Sie wird vorerst nur selten gebraucht (z. B. 11. März 1635), verdrängt aber gegen 1643 die alten Bezeichnungen vollkommen (27. Jänner, 20. März 1643 usw.).
↑ (Zurück)
3.115.
23. Jänner, 10. Mai 1641 usw. Auch Warnungen auf drei Tage kommen vor (z. B. 2. Oktober 1646).
↑ (Zurück)
3.116.
26. Jänner 1647, 17. Februar 1661, 6. Juli 1668. Das Schwanken zwischen zwei und drei Warnungen erklärt sich daraus, daß das eine Mal die drei Geschäfte, das andere Mal die zwei Verordnungen als Vorbild dienten. Bei Anerkenntnis im mündlichen Verfahren ergingen auch später zuerst die drei Geschäfte, dann die Warnungen (26. Oktober 1668).
↑ (Zurück)
3.117.
8. Juli 1588 usw. (10 bis 50 Dukaten). Auch Haftverhängung ist nachweisbar (2. März 1592 usw.).
↑ (Zurück)
3.118.
13. Februar 1588 usw. Für auswärts erhält der Betreibende einen Compaßbrief, in dem das zuständige Gericht um Vollzug ersucht wird (z. B. 4. Mai 1620).
↑ (Zurück)
3.119.
9. April 1593 usw. Es begegnet sogar der Ausdruck "Aufweisung und Behebnus" (10. Juli 1601). In den Aufweisungsformeln ist nur davon die Rede, daß Kläger die stadtgebräuchigen Geschäfte erstanden hat und ihm der Fronbote zur Aufweisung erteilt wird (z. B. 17. September 1596). Zur Behebnuserteilung muß der Gegner geladen werden (1. August 1609 usw.).
↑ (Zurück)
3.120.
In Eigentumsstreitigkeiten kann die Aufweisung gegen den derzeitigen Inhaber der Güter bewilligt werden; weigert er sich, so muß ein ordnungsmäßiger Prozeß durchgeführt werden (z. B. 13. März 1607).
↑ (Zurück)
3.121.
20. Juli 1592 usw. Die Anzeigepflicht wird dem Gläubiger in der Behebnus auferlegt (26. Mai 1593 usw.).
↑ (Zurück)
3.122.
7. Jänner, 14. August 1593 usw. Die Aufforderung wird vereinzelt "Anbot" genannt.
↑ (Zurück)
3.123.
2. Dezember 1625, 9. Oktober 1629 usw. Schon früher wird die Einantwortung aufgewiesener Stücke angekündigt, "wenn in denen dreien gepreuchigen unterschidlichen 14 tagen das ist der aufweisung, schätzung und ablosung" nicht die Lösung erfolge (z. B. 15. September, 14. November 1593).
↑ (Zurück)
3.124.
5. August 1592 usw. Beide Teile können Überschätzung verlangen (z. B. 9. Mai 1606). Manchmal erhält der Schuldner vor Durchführung der Schätzung noch eine kurze Frist (z. B. 10. August 1597, 17. November 1620).
↑ (Zurück)
3.125.
29. August 1592 usw. Nach einer Entscheidung des Stadtgerichtes vom 11. August 1609 erfolgt zwar das Anbot auf 14 Tage, es muß jedoch die Ablösung auf 3 X 14 Tage gewartet werden.
↑ (Zurück)
3.126.
23. August 1598 usw. Sie wird von der tatsächlichen Einantwortung durch den Fronboten unterschieden (20. Juli 1602, 30. Mai 1606 usw.).
↑ (Zurück)
3.127.
17. März und 24. April 1618. Über Fristverkürzung bei Fremdenprozessen vgl. § 6.
↑ (Zurück)
3.128.
27. April, 12. Juni 1668. Die Entscheidung lautet dahin, ob die Exzeption (Widersetzlichkeit) statthabe oder nicht (23. Oktober 1599 usw.).
↑ (Zurück)
3.129.
1. Dezember 1601. In diesem Falle (Portner-Steyrer) war am 7. Oktober 1598 der "letzte Ansatz" erteilt worden. Im Gerichtszeugbriefe (Fasz. 126/3) heißt es: "wer zu disen stukhen bösser fueg und recht hat, demselben stehen seine sprüch fürderlich einzubringen und zu ersuchen bevor".
↑ (Zurück)
3.130.
Wie bei der Landeshauptmannschaft (Ordnung Bl. 178, Rampichl 181) war es streitig, ob die Einrede nach Ablauf der Ablösungsfrist erfolgen könne (20. Jänner 1609, Veldhofferin-Faschingin, 3. Dezember 1630, Fasz. 82/3).
↑ (Zurück)
3.131.
Kanzleitaxen gehen allen anderen Forderungen vor (23. Jänner 1617). Ansprüchen der Frau aus ihrem Heiratsbrief wurde (in Abänderung der Stadtgerichtsentscheidung) von den Verordneten die Priorität vor einer Verpfändung zuerkannt, doch sind die Einzelheiten unbekannt (Einrede der Witwe Freiburger gegen Rainer, 22. Dezember 1614, Fasz. 82/3). Ein älterer Schuldbrief mit Landschadenbundklausel hat den Vorrang vor einem jüngeren mit Spezialhypothek (8. August 1631). Zinsen und Kosten haben gleichen Rang mit dem Kapitale (Guetsold-Stocker, 27. Februar 1679, Fasz. 82/7). Bei der Landeshauptmannschaft sind Steuern, Rüstgeld, Kontribution, Quittungen, heiratliche Sprüche, ältere Schuldbriefe oder größere Verobligationen, particulares hypothecae auf den aufgewiesenen Gütern "und dergleichen" Vorzugsposten (Ordnung Bl. 177). Die Aufzählung in RO. art. 51 stimmt im wesentlichen damit überein, berücksichtigt aber auffallenderweise die öffentlichen Abgaben überhaupt nicht.
↑ (Zurück)
3.132.
29. November 1592, 7. Oktober 1598. Der Gläubiger muß einen etwaigen Überrest herausgeben (5. Juni 1599, Tippl-Ambtmann, 7. Dezember 1605, Fasz. 82/3). Wahrscheinlich konnte der Ausfolgungsanspruch nur im Falle eines späteren Pfandverkaufes geltend gemacht werden (Tippl-Ambtmann, a.a.O.).
↑ (Zurück)
3.133.
Der Ansatzbrief enthält allerdings (z.B. 5. Juni 1599) den Vermerk, daß sich der Gläubiger mit diesem Briefe handfesten und schützen könne, doch ist dies gegenüber Dritten eine ziemlich inhaltslose Formel. Über die Verjährungsfristen in Kärnten vgl. Ampfinger art. 27, Lro. art. 26, Lg. art. 4. Die Vorschrift, daß, wer Jahr und Tag etwas ruhig besessen habe, nur durch ordentliche Klage und Nachweis des besseren Rechtes entsetzt werden könne, galt für jeden ruhigen Besitz (18. Februar 1592, Lg. art. 10, 69).
↑ (Zurück)
3.134.
Gegen den am 7. Oktober 1598 in der alten Form erteilten Ansatz werden Prioritätseinreden erhoben (Anm. 129); die Stadtscherme vom 5. Juni 1599 und 10. Mai 1606 enthalten den Vorbehalt für die Ansprüche besser Berechtigter nicht mehr.
↑ (Zurück)
3.135.
Abschrift im Akt Mikhez-Perner, Fasz. 126/4). Ob dies in allen Fällen oder nur dann gelten sollte, wenn mehrere Gläubiger vorhanden waren, ist unsicher. Die Verordneten scheinen nur an jene Fälle gedacht zu haben, in denen eine Mehrheit von Gläubigern vorhanden war (Entscheidung vom 2. September 1622, Mikhez-Perner, a.a.O., nach der jener "proper concurrentes creditores" im Stadtrechte Pfand fürtragen soll). Der Verfügung der Verordneten von 1619 war ein Stadtgerichtserkenntnis vom 29. Juli 1619 vorausgegangen, das in einem Einzelfalle Relation und Pfandfürtragen im Stadtrecht verfügt hatte, weil mehrere Gläubiger vorhanden waren. Dies wurde besonders damit begründet, daß das Stadtgerichtsverfahren ein stillschweigendes Recht sei. Jedenfalls sind Fälle nachweisbar, in denen das Stadtgericht den Stadtscherm ohne Pfandfürtragen erteilte (25. Juni, 1. Juli 1620). Im zweiten Falle allerdings "unvorgegriffen den Prioritäten". Einantwortungen erfolgen nach wie vor im Stadtgerichte (28. Februar 1620 usw.).
↑ (Zurück)
3.136.
3. Dezember 1625, 30. Juni 1626 usw. Der Ausdruck Stadtscherm wird zwar vermieden (z. B. Bericht des Magistrates vom 3. Juli 1643, Fasz. 118/8, wonach dem Kläger nur die Einantwortung erteilt wurde, da er vor dem Stadtgericht geklagt hatte). Die Verordneten gebrauchen jedoch den Ausdruck Stadtscherm unterschiedslos für das Stadtgericht und das Stadtrecht (Dekret vom 28. Juli 1643 RB.). Die Einantwortung vom 4. August 1635 enthält noch den Vermerk, daß sie den Stadtforderungen und den anderen Kreditoren, so Priorität haben, unschädlich sei; die nächste mit vollkommenem Text enthaltene Einantwortungsurkunde (2. November 1649) hat diesen Beisatz nicht mehr, sondern spricht von der Einantwortung "vor frey aigenthumlichen".
↑ (Zurück)
3.137.
7. Dezember 1629, 15. März 1630 usw. Der Gerichtsbrauch war die letzten Jahre vorher schwankend. Es wurde manchmal die alte Reihenfolge eingehalten (z. B. 16. Juli 1628), es fanden aber auch Schätzungen nach der Einantwortung statt (30. Juni 1629). Bei der Landeshauptmannschaft erfolgten nach der Einantwortung Kommission und Schätzung (Ordnung Bl. 178 f.).
↑ (Zurück)
3.138.
20. Jänner 1640 usw. Bei Nichternennung erfolgt vorerst neuerliche Aufforderung (6. Februar 1640), dann Bestellung durch das Stadtgericht (z. B. 18. Jänner 1675). Ablehnungen der vom Gegner benannten Kommissäre kommen vor (z. B. 20. Jänner 1640).
↑ (Zurück)
3.139.
26. Jänner 1644 usw. Eine neuerliche Schätzung (Überschätzung) muß auf Antrag bewilligt werden (Carrer-Hutter, um 1640, Fasz. 118/8).
↑ (Zurück)
3.140.
Erwiesen durch Schuldbriefe, anerkannte Abrechnungen, Inventare, Kontoauszüge, Abschiede (18. Dezember 1601, 15. März 1605 usw.).
↑ (Zurück)
3.141.
Dieses Erfordernis ergibt sich daraus, daß gegen Bürger und Ansässige (Besitzer von Grund und Boden) Arrestschlagung im allgemeinen unzulässig ist (20. Juli 1592, 12. Mai 1609 usw.).
↑ (Zurück)
3.142.
Z.B. 10. Mai 1613, 9. März 1618. Die Entscheidung der Landeshauptmannschaft vom 21. März 1686 (Fröauff 2. Tl. n. 6) spricht ausdrücklich von den drei im Text erwähnten "requisita".
↑ (Zurück)
3.143.
15. März 1605 usw. Zuweilen findet eine Vorprüfung statt, ob der Arrest zu verhängen sei (z. B. 9. Dezember 1597). Am 9. Dezember 1598 wird Arrest auf sämtliches unter dem Gerichtsstab befindliche Gut des Schuldners erteilt.
↑ (Zurück)
3.144.
24. Oktober 1595 usw. Meistens werden die Belege schon der Erklärung, den Arrest zu schlagen, beigeschlossen (5. August 1615).
↑ (Zurück)
3.145.
Frist 14 Tage (12. Mai 1609 usw.). Nötigenfalls ergehen weitere Geschäfte in der üblichen Weise (drei Geschäfte, dann peremptorisch und superperemptorisch, Domenig-Perner, 1615-1619, Fasz. 126/4).
↑ (Zurück)
3.146.
Bescheid (15. März 1605 usw.). Abschied (z. B. 28. Februar 1615). Im Falle Windisch-Windisch (1615, Fasz. 83/3) erfolgen je drei Schriften. Über Rechtsmittel vgl. Anm. 62.
↑ (Zurück)
3.147.
Sämitzs Erben-Strußniggs Gerhaben 1606, Fasz. 82/2, usw.
↑ (Zurück)
3.148.
28. Juni 1617 usw. Bei Nichterscheinen des Gegners erfolgt neuerliche Ladung (9. Oktober 1618), nach dritter Ladung Kontumazerkenntnis (20. Oktober 1639, 26. September 1675).
↑ (Zurück)
3.149.
Im Falle Bader-Steyrer (15. März 1605) heißt es, daß der Arrest statthabe, wenn keine älteren oder liquidierten Schulden vorkommen. Verwahrer und Drittschuldner werden vom Gericht verständigt (9. März 1618, 5. April 1661).
↑ (Zurück)
3.150.
Windisch-Windisch, Abschied vom 28. Februar 1615, Fasz. 82/3.
↑ (Zurück)
3.151.
16. Oktober 1618, 28. Juni 1639 usw. Bei der Einfügung von Bestimmungen über den Arrest in den Landrechtsordnungsentwurf von 1668 wird ausdrücklich festgesetzt, daß die Arrestjustifikation nur eine "Versicherung" gebe und der Prozeß in der Hauptsache vor dem ordentlichen Gerichsstande des Arrestaten abgeführt werden müsse. Darin liege der wesentliche Unterschied zwischen dem Gerichtsbrauch in Kärnten und Steiermark (1675, Fasz. 185/1).
↑ (Zurück)
3.152.
Der Magistrat schreibt über das Vermögen eines Bürgers einen Handelstag aus, bei dem alle Gläubiger ihre Anforderungen einzubringen haben und, wenn keine Einigung erzielt wird, ein Cridatag ausgeschrieben werden soll (20. November 1600).
↑ (Zurück)
3.153.
Fasz. 128/1, Ratsprotokolle. Während des ganzen Verfahrens bleibt der Schuldner verfügungsberechtigt. Er stellt Schuldbriefe aus, seine Schwester prozessiert gegen ihn, er schließt mit seiner Mutter einen "Akkord" ab.
↑ (Zurück)
3.154.
24. April 1591, 27. November 1595 usw. Der Schuldner hat anscheinend kein Antragsrecht (10. März 1608).
↑ (Zurück)
3.155.
Stadtrechtsprotokoll 23. Februar, 5. August 1588, 6. April 1593 usw.
↑ (Zurück)
3.156.
Aufforderungen an die Versprecher zur Abgabe von Erklärungen (z. B. 3. Februar 1590), die Ausschreibung eines Probationstages (7. Jänner 1591), die Ediktsausschreibung selbst (24. April 1591).
↑ (Zurück)
3.157.
Str. V. 161 ff., Ediktsabschied Ambtmann, 7. August 1612, Fasz. 82/3, usw. Die Eröffnung erfolgt auf Beschluß des Rates (24. April 1591 usw.), solange das Ediktsverfahren sich im Stadtrechte abspielt, ergeht sie in Urteilsform (Stadtrechtsprotokoll, 6. April 1593). Ein Formular im Bleiburger Sammelband (GV.A.Hs. 1230, Bl. 150) erwähnt auch Zahlungsunfähigkeit als Eröffnungsgrund.
↑ (Zurück)
3.158.
3. Jänner 1589 usw. Lebt der Gemeinschuldner, so werden Versprecher erst dann bestellt, wenn es notwendig ist (15. Jänner 1596 usw.). Vorher kann der Gemeinschuldner zwar über das Konkursvermögen nicht verfügen, ist jedoch Prozeßpartei und hat als solche die Einreden auf die Gläubigeranmeldungen zu erstatten (13. Dezember 1593 usw.).
↑ (Zurück)
3.159.
13. Juli 1612 usw. Schadenpökh, Fasz. 82/3, 7. März 1618. Sie haben über ihre Verwaltung Raitung zu legen. Der Magistrat bestellt Einreder und geht über Einrede und schließliche Notdurft mit Erkenntnis vor. Dagegen kann von den Versprechern und allen "interessierten Gläubigern appelliert werden (10. September 1591, Edikt Schadenpökh, 1616 f., Fasz 82/3).
↑ (Zurück)
3.160.
3. Februar 1590 usw. Mehrere Anmeldungstagsatzungen kommen nicht vor und werden verspätete Anmeldungen nicht mehr zugelassen (8. November 1636, ebenso Lg. art. 92 und das Bleiburger Formular) Es wird aber durch die Verordneten Restitution erteilt (16 Jänner 1592, AF.) und läßt die Regierung trotz Ablauf des Cridatages die Anmeldung weiterer Forderungen (Stadtrechtsprotokoll 27. November 1595) zu.
↑ (Zurück)
3.161.
16. Jänner 1618, Bleiburger Formular, a.a.O. Deshalb wird einmal der erste Ediktstag als "Crida- und Probationstag" bezeichnet (8. Mai 1626).
↑ (Zurück)
3.162.
3. Februar 1590, 13. Dezember 1593 usw. Die Frist ist sehr verschieden (ehestens, bis zum nächsten Stadtrecht, 14 Tage, 1 Monat). Bei Nichteinbringung ergehen neuerliche Aufträge (8 Tage, 10. November 1590 usw.), vermutlich insgesamt drei.
↑ (Zurück)
3.163.
Die Nachrichten sind allerdings nicht klar. Im Edikt Brugger widersprechen die Versprecher an dem Tage selbst, an dem die Gläubiger ihre Probationen (auch Zeugen) vorbringen, den Forderungen (14. März 1588). In zahlreichen Edikten erfolgen zuerst Einreden, dann ein Probationstag (Jast, Aufforderung zum Einreden 3. Februar, 10. November 1590, Probationstag 4. Februar 1591; Prätorius, Ediktstag 10. Jänner 1611, Einrede, Probationstag 8. Februar 1611; usw.), in anderen ist ein Probationstag vor den Einreden nachweisbar (z. B. 8. September 1593 Probationstag auf nächstes Stadtrecht ausgeschrieben, 13. Dezember 1593 Einreden sind bis zum nächsten Stadtrecht einzubringen; Schadenpökh, a.a.O., nach dem Abschied vom 22. Oktober 1612; "zuerst Crida- und Ediktstag ausgeschrieben, folgendes ein Probationstag publiziert, nochmals über Gläubigeranforderung die Versprecher mit Einreden vernommen"). Der scheinbare Widerspruch löst sich am einfachsten durch die im Text gegebene Erklärung. Sie entspricht dem heutigen Konkursrechte (sofortige Bescheinigung, Beweis nur im Bestreitungsfalle). Verschiedene Nachrichten lassen sich für diese Auffassung heranziehen. Z.B. werden den Versprechern Einreden auf die Anmeldungen und Probationen der Gläubiger aufgetragen und sollen dann die Gläubiger nach erfolgten Einreden und Probationen verfahren (Edikt Weiß, 16. Jänner 1618). Im Edikt Stängel meldet die schuldnerische Witwe ihre Forderung im Ediktverfahren an und bringt auf die Einrede der Versprecher Probationen vor (Ediktabschied vom 15. Jänner 1613, Fasz. 82/3).
↑ (Zurück)
3.164.
13. November 1612, 31. August 1617 usw. Auch in diesem Verfahren werden mehrfache Fristen gegeben (z. B. zuerst 6 Wochen, dann 14 Tage 9. August 1605).
↑ (Zurück)
3.165.
2. Mai 1588 usw. Das Amtswegige des Verfahrens zeigt sich darin, daß auch Posten "ausgestellt" werden können, die von den Versprechern nicht bestritten wurden (Ediktsabschied Ambtmann, 31. März 1615, Fasz. 82/3).
↑ (Zurück)
3.166.
28. Februar 1594 usw. Die Vorrangsgläubiger wählten der Reihe nach sich die ihnen passenden Vermögensstücke aus der Masse, wofür die Bezeichnung "aufgreifen" verwendet wird (5. November 1622).
↑ (Zurück)
3.167.
Im Falle Anm. 166 werden die Grundstücke den Gläubigern zugewiesen. Das Haus, auf das ebenfalls Gläubiger griffen, wurde anscheinend freihändig verkauft. Im Edikte Waltendorf verlangten einige Gläubiger vermöge ihres Aufgriffsrechtes die Einantwortung des Hauses, es kommt aber schließlich zum Ausrufe im Canto (16. November 1627, 15. Oktober 1629).
↑ (Zurück)
3.168.
Am 24. Juni 1661 wird das Haus des Gemeinschuldners einem Dritten, der die mit 613 fl. 22 kr. der Priorität nach erkannten Gläubigerforderungen bezahlte, mit dem Vorbehalte übergeben, daß er es gegen Zahlung dieser Summe herausgeben müsse, bis dorthin aber keinen Zins für die Benützung zu zahlen brauche.
↑ (Zurück)
3.169.
Es sind dies die Ediktsabschiede Gabriel Reiner und Jakob Sellacher (28. Februar 1594), Georg Jast (2. Dezember 1606, Fasz. 126/3), Georg Gern (13. April 1612), Hans Weiß (22. Juni 1627, Fasz. 254/4), Veit Steinacher (17. Februar 1645), Mathias Perschnigg (20. Dezember 1645), Anton Turban (24. Mai 1661), das Prioritätserkenntnis Schickh (vgl. bei Anm. 153), die Abteilungen Paul Wapler (25. August 1606) und Leopold Schadenpökh (5. November 1622).
↑ (Zurück)
3.170.
Gegen den Ediktsabschied Prätorius (4. Juli 1618, Fasz. 82/4) appellierte der Kurator für die Kinder der vorverstorbenen Frau, weil der mütterlichen Gutsforderung die Entlohnung der Versprecher und zwei vor Einbringung des Heiratsgutes ausgestellte Schuldbriefe im Range vorgestellt worden waren. Obwohl er geltend machte, daß heiratliche Sprüche nach geschriebenen Rechten und Landesbrauch allen anderen nicht privilegierten Forderungen außer Herrenforderungen vorzögen, bestätigten die Verordneten den Abschied (10. April 1620, a.a.O.). Im Abschiede Schickh (10. August 1619) hat aber das Heiratsgut den Vorrang vor älteren Schuldbriefen mit Landschadenbundklausel, ebenso im Ediktsabschiede Gern (13. April 1612) vor einem älteren Schuldbrief (vgl. Anm. 131). Der für Morgengabe und Widerlage begehrte Vorrang wird mit der Begründung abgelehnt, daß der Gatte vor seiner Verheiratung anderen schuldig gewesen und einem anderen das Seinige nicht verschreiben könne (Prioritätserkenntnis Schickh, a.a.O.).
↑ (Zurück)
3.171.
Abschied Anton Turban (24. Mai 1661). Es ist dies der einzige Beleg für ein richterliches Pfand als Prioritätpost.
↑ (Zurück)
4.1.
Vgl. hierüber Darst. 129. Die Anführungen erfolgen nach der besseren Handschrift, GV. Hs. 6/33.
↑ (Zurück)
4.2.
23. Mai 1588 usw. Abgedruckt Stadtr. 22. Ein Einfluß der Stände auf ihre Erlassung ist nicht nachweisbar.
↑ (Zurück)
4.3.
Die im Landrechte übliche "Meldung" von Rechten, um sie vor Verjährung zu schützen (Lro. art. 41, Lg. art. 41, R O. art. 58) ist nicht nachweisbar (vgl. über diese Einrichtung Luschin, Berufen von Brief und Siegel, ZRG. 12, 46 ff., und Bischoff 185 ff.).
↑ (Zurück)
4.4.
Str.V. 65 ff., 1. August 1588 usw. Auf die gleiche Weise werden übertragbare Schuldbriefe weiterbegeben (Lro. art. 27, 19. November 1592). Die Vollmachtübertragung an Ehegatten wurde durch die Satzung vom 9. November 1592 erleichtert (Stadtr. 22).
↑ (Zurück)
4.5.
Z.B. exceptio non impletae conditionis 4. Februar 1591, Krieg in der Hauptsache befestigt 14. Oktober 1591, Erbschaftsantritt cum beneficio inventarii 4. Februar 1591, 7. September 1593 (als ungebräuchlich abgelehnt), 14. Oktober 1602, civilis possessio 7. April 1593.
↑ (Zurück)
4.6.
Str. V. 16 f., 40 ff., Satzung vom 28. Jänner 1591 (Stadtr. 22) usw. Wohnt der Gegner außerhalb des Burgfriedens, so erhöht sich die Frist auf 14 Tage, ist er außer Land, auf 6 Wochen (Str.V. 25 ff.). Wird nicht oder nicht fristgemäß ersucht, so ist dies Grund zu einer Exzeption und führt zur Aberkennung der bereits geklagten Tage (Str. V. 30 ff., Lro. art. 5, 25. Mai 1588 usw.).
↑ (Zurück)
4.7.
Es darf bei sonstiger Aberkennung der Tage nur ein Begehren gestellt werden (Str. V. 50 ff., Lro. art. 6, 12, Abs. 5, 13. März 1590). Für Hauptsache und Zinsen müssen gesonderte Klagen eingebracht werden (z. B. 7. Juli 1603). Die Art der Beweismittel, die der Kläger gebrauchen will, ist anzugeben (14. Oktober 1602, Lro. art. 6).
↑ (Zurück)
4.8.
10. März 1608, Lro. art. 6, Kraus Bl. 4, Rampichl 151.
↑ (Zurück)
4.9.
Lro. art. 12, 31. Jänner 1589 usw. Die am ersten Tage ergehende Ladung muß dem Beklagten mindestens 8 Tage vor dem nächsten Stadtrechte übergeben werden (Str. V. 20 ff., Satzung vom 28. Jänner 1592 in Stadtr. 22). Weitere Ladungen ergehen nicht. Der Kläger erhält über jeden geklagten Tag einen Gerichtszeugbrief.
↑ (Zurück)
4.10.
20. Jänner 1589 usw. Wenn die Parteien über den Stillstand einig sind, bedarf es keiner Bewilligung der Verordneten (30. Juni 1607 usw.).
↑ (Zurück)
4.11.
Str.V. 56 ff., Lro. art. 23, 24. Juli 1589 usw. Einwendungen können bei landschadenbündigen Schuldbriefen mit Erfolg nur wegen Verletzung von Formvorschriften oder wegen Zahlung erhoben werden (z. B. 31. Jänner 1589, 15. März 1590), dagegen wird bei Aufrechnungsansprüchen der Beklagte auf die Geltendmachung mittels eigener Klage verwiesen (29. November 1588 usw.), ebenso bei der Einwendung, das Geld nicht erhalten zu haben, wenn der Schuldbrief selbst als echt anerkannt wird (13. März 1591).
↑ (Zurück)
4.12.
10. März 1607 usw., Kraus Bl. 10 ff. Sind im Schuldbriefe Pfänder bestellt, so muß der Kläger entweder zu Tagen klagen oder sich des Pfandes begeben, worauf er auf ein Geschäft klagen kann (21. April 1616, 15. November 1632, Str. a.a.O., Lro. art. 24, Abs. 2).
↑ (Zurück)
4.13.
Kraus Bl. 5. Als Exzeptionen werden u.a. genannt: mangelndes gütliches Ersuchen, Nichtübereinstimmung der Klage mit dem Ersuchen, Streitanhängigkeit, Unzuständigkeit, mangelnder Gewaltsam oder Nichtverständigung von seiner Übertragung, Mängel in der Form des Schuldbriefes, Verzicht auf den Anspruch, Klage gegen einen Mitschuldner auf das Ganze (21. Februar, 24. Juli 1589, 5. März 1590 usw.). Eine Unterteilung der Exzeptionen in dilatorische und peremptorische erwähnen weder die Protokolle noch Lro. art. 12, Abs. 6, oder Kraus (Bl. 5 ... wirdt er gelassen, mit aller seiner rechtlichen notturfft, exceptionweiß oder mit ja oder nein den krieg zu befösstigen). Erst RO. art. 34 unterscheidet zwischen dilatorischen Exzeptionen, wegen derer man sich "zu Recht", und peremptorischen, für die man sich anstatt der Kriegsbefestigung (nötigenfalls auch vorher) "zur Antwort" anbieten müsse, und die miteinander einzubringen sind, öfters ist nicht zu ersehen, ob die Verantwortung des Beklagten als Exzeption oder hauptsächliche Antwort aufgefaßt wird. So verteidigt sich die Beklagte im Prozesse Gößnitzer-Schickh (1625-1630, Fasz. 82/5) gegenüber einer von ihrem Sohne herrührenden Schuld damit, daß sie nicht Inhaberin der Verlassenschaft des Sohnes sei. Diese Einwendung wird im ganzen Prozesse niemals als Exzeption bezeichnet.
↑ (Zurück)
4.14.
Str. V. 83 ff., 30. April 1607, 18. Oktober 1611. Ist eine Exzeption am dritten Tage eingebracht und abgewiesen worden, so muß vor Behebnuserteilung der vierte Tag geklagt werden (26. Oktober 1611). Am 22. April 1641 verlangt Kläger bei einer die Hauptsache berührenden Verantwortung, daß der Beklagte wie bei der Schranne der Klage "klagtermaßen" widersprechen müsse. Das Urteil geht dahin, er müsse "klagtermaßen" oder "totaliter" widersprechen.
↑ (Zurück)
4.15.
3. Jänner 1589 usw. Bei streitigen Rechtsfragen wird — wenn es sich um kein Endurteil handelt — die Anfrage "Rechtens" anstatt des Rechtssatzes gestellt (z.B. 28. Februar 1594).
↑ (Zurück)
4.16.
3. Jänner, 30. Oktober 1589 usw. Der Rechtsprecher nimmt sich in der Regel zur Unterredung mit den anderen Beisitzern (Rampichl 156) Bedacht auf das nächste Stadtrecht (2. Jänner 1589 usw.). Seit der Zuziehung von Advokaten als Beratern im Stadtrechte werden regelmäßig zuerst diese befragt (19. März 1607 usw., vgl. Rampichl 151) und wird dann erst vom Rechtsprecher das Urteil gesprochen. Dessen Urteilerrolle ist daher - außer wenn die beratenden Advokaten uneins sind (z. B. 18. Oktober 1611) - wohl meistens formeller Natur.
↑ (Zurück)
4.17.
Z.B. 11. November 1593, 20. Mai 1613, ebenso Rampichl 151. Bei den rein formellen Verfahrensschritten (Erteilung des Gerichtszeugbriefes des zweiten und dritten Tages der Klage und des Pfandfürtragens) werden im Landrechte nicht einmal sämtliche Beisitzer, sondern nur der älteste Advokat und einige Beisitzer gefragt (Rampichl 151). Dies hat wohl auch im Stadtrechte gegolten.
↑ (Zurück)
4.18.
Zu Recht erkannt 19. März 1607, 1. Juli 1608, Erkanntnus 1. Dezember 1608, Bescheid z.B. 22. März 1610.
↑ (Zurück)
4.19.
23. Juni 1614, 16. Dezember 1615 usw. Derartige Bescheide ergehen bei Beweisbeschlüssen, bei der Zwischenentscheidung über die Art der Klagsbestreitung, darüber, ob Beklagter das Jurament prästieren muß, über die Zulässigkeit der Appellation und besonders im Exekutionsverfahren (23. Juni 1614, 16. Dezember 1615 usw.). Im Landrechte kam der Bescheid durch Mehrheitsbeschluß der Beisitzer zustande (Rampichl 159), das galt sicher auch im Stadtrechte.
↑ (Zurück)
4.20.
Bezeichnung des Beweisthemas ist im allgemeinen nicht üblich (1. August 1588 usw.), kann aber vorkommen (10. März 1610, 31. Marz 1634). Neues Vorbringen nach dem Beweisurteile ist unzulässig (14. Oktober 1591).
↑ (Zurück)
4.21.
28. Mai 1590 usw., Lro. art. 13. Fristerstreckungen sind möglich (12. Mai 1597).
↑ (Zurück)
4.22.
14. März 1605, 11. Juli 1606 usw. Bei Säumnis des Klägers wurde zuweilen milder vorgegangen. Es wurde der Prozeß hin und ab erklärt oder dem Kläger gestattet, von der Klage zu fallen, so daß neuerliche Einbringung zulässig war (31. Oktober 1589, 28. Mai 1590, 28. November 1595).
↑ (Zurück)
4.23.
Weil er nicht dem Vorbringen und dem "Vernein" entspricht, also "impertinenter" gestellt ist (29. November 1588, 30. Oktober 1589), nicht der vorgeschriebenen Form entsprechende Weisartikel enthält (7. September 1593 usw.). Über die Exzeption (sie kann bis zur Zeugenvorstellung erfolgen) wird — allenfalls nach Schriftenwechsel (Puschl-Konßnitsche Gerhaben, 1588 f., Fasz. 83/1) — durch Urteil entschieden.
↑ (Zurück)
4.24.
21. Februar 1589 usw. Sie werden dort anscheinend nur beeidigt und dann außerhalb des Stadtrechtes vernommen (z.B. 8. Juli 1595).
↑ (Zurück)
4.25.
In dem in Anm. 23 a.E. erwähnten Prozesse wird vom Kläger der Stadtschreiber als Zeuge geführt mit dem Bemerken, daß er nach geschriebenem Rechte ebensoviel wie 7 Zeugen gelte (Apostelbrief vom 17. April 1589). Ist ein Schuldbrief nur mit dem Petschaft des Ausstellers versehen, aber nicht von ihm gefertigt, so muß die Forderung anderweitig erwiesen werden (10. November 1592). Gerichtliche Ausstellung ist nicht notwendig, sondern genügt Petschaft und eigenhändige Unterschrift (22. März 1620), worauf auch die ständige Formel in den Schuldscheinklagen "Schuldschein mit Handschrift und Petschaft" (z. B. 21. März 1639) hindeutet.
↑ (Zurück)
4.26.
10. November 1592. Leistet der Gegner das Jurament nicht, so wird Behebnus erteilt bzw. der Beklagte der Klage entbrochen (7. Februar 1594 usw.). Das gleiche gilt bei Nichterscheinen, doch ist im Krankheitsfalle Ablegung des Juramentes in einem anderen Stadtrechte möglich (22. März 1610). Neben der Vernehmung des Gegners andere Beweise anzubieten, ist unzulässig (23. Juni 1614). Lro. art. 38 will das Zurückschieben des Eides zulassen und wird schon bei dem eingangs erwähnten Falle vom Beklagten behauptet, es sei schon oft zurückgeschoben worden. In einem am 16. Juni 1640 entschiedenen Streitfalle handelt es sich nur mehr darum, ob ein Zurückschieben auch dann möglich ist, wenn die Partei, die den Eid ursprünglich leisten sollte, allein "notitia facti" hat.
↑ (Zurück)
4.27.
30. Oktober 1589 usw. Das Erbieten zur Gegenweisung erfolgt gewöhnlich gleichzeitig mit jenem zur Weisung (z.B. 4. Juni 1589). Vorbehalt der Gegenweisung wird erwähnt (z.B. 13. November 1593). Über die Zulassung zur Gegenweisung ergeht ein Urteil (7. November 1590, 12. November 1592).
↑ (Zurück)
4.28.
28. Jänner 1592 usw. Erstreckung ist möglich (7. April 1596). Die Schlußschriften haben nur die Einreden auf die gegnerische Weisung zu enthalten und hindert Nichteinbringung die Urteilsfällung nicht (Lro. art. 15).
↑ (Zurück)
4.29.
Lro. art. 16, Abs. 2, Kraus Bl. 6. Während Ampfinger nur Appellation und appellieren gebraucht, verwendet Lro. art. 16 daneben auch dingen (Abs. 2, 3) und Dingnus (Abs. 8, 10), ebenso RO. art. 47 Kraus a.a.O. spricht von "... dingt und appelliert". In den Protokollen begegnet häufig die Bezeichnung "dingt sich zur Appellation an" (28. Janner 1588 usw.
↑ (Zurück)
4.30.
Lro. art. 16. Hiebei ist das Landrecht, solange es bestand, geblieben (Rampichl 161, vgl. die kaiserliche Resolution vom 21. Mai 1726 in Fasz 184/8). Nach RO. art. 47 hätte die Appellation allerdings erst nach vollkommener Abfrage gegen den Mehrheitsbeschluß der Beisitzer angemeldet werden müssen. Der Gerichtsbrauch milderte die Scharfe dieser Bestimmung dadurch, daß der des Urteils angefragte Beisitzer es regelmäßig erst nach Rücksprache mit den anderen Beisitzern aussprach und sich so in den meisten Fällen die Auffassung der Mehrheit zu eigen machte. Auch war es eine große Seltenheit, wenn eine Partei, gegen die das erste Urteil ausgefallen war, es auf das Ergebnis der weiteren Umfrage ankommen ließ (Bericht der Landschrannenprokuratoren, 1726, Fasz. 184/8). In späterer Zeit wurde (ebenso in Krain, Erberg, obs. 3) diese Umfrage als Berufung an den Ring (an die Gesamtheit der Beisitzer) aufgefaßt (Rampichl 161, Bericht von 1726 a.a.O.). Eine weitere Milderung erfolgte dadurch, daß, wie erwähnt, in prozeßrechtlichen und Nebenfragen später nicht mehr durch Urteil, sondern durch Mehrheitsbeschluß in der Form eines Bescheides entschieden wurde.
↑ (Zurück)
4.31.
Am 28. November 1588 wies der des Urteils angefragte Rechtsprecher die Exzeption des mangelnden gütlichen Ersuchens ab. Der Beschwerte verlangte weitere Umfrage und entschied die Mehrheit, daß der Exzeption stattzugeben sei. Dagegen dingte sich die andere Partei zur Appellation an und wurde zugelassen. Diese Nachricht würde beweisen, daß die Appellation auch nach beendeter Umfrage zulässig war. Das ist deshalb sehr unwahrscheinlich, weil es unverständlich wäre, warum dann überhaupt noch ein Rechtsprecher des Urteiles angefragt wurde. Eher herrschte im Stadtrechte die Auffassung, daß die Bestimmung, sofort nach dem Urteile des ersten Beisitzers zu appellieren, nur bei Endurteilen gelte. Diese Meinung konnte darin eine Stütze finden, daß Lro. art. 16 nur auf Endurteile Bezug nimmt. Die ganze Darstellung bei Rampichl (161) hat jedenfalls nach ihrer Einreihung (sie behandelt das nach dem Beweisverfahren gefällte Urteil) nur das Urteil als Endentscheidung im Auge und gilt das gleiche für Kraus Bl. 6.
↑ (Zurück)
4.32.
12. März 1590 usw., Str. V. 135 ff., Lro. art. 25. Der Kläger konnte appellieren (9. Dezember 1612, RO. art. 20).
↑ (Zurück)
4.33.
22. März 1614 usw. Am 23. Jänner 1634 wird jedoch gegen einen in Bescheidform erlassenen Beweisbeschluß Appellation zugelassen, ein Zeichen dafür, welche Verwirrung durch die Einbürgerung der Bescheidform herbeigeführt worden war.
↑ (Zurück)
4.34.
Lro. art. 16, Abs. 6. Die Zahl der im Verfahren erster Instanz gehaltenen Vorträge durfte nicht überschritten werden (z. B. 23. Juni 1614, ebenso RO. art. 47).
↑ (Zurück)
4.35.
23. Juni 1614 usw. Sie wird als dem Landrechte entsprechend bezeichnet (11. April 1616). Innerhalb dieser Frist muß die erste Schrift eingebracht und dem Gegner zugestellt werden (16. Dezember 1615) und gilt dies wohl auch für die späteren Schriften. Jedenfalls findet nach Lro. art. 16, Abs. 5, ein abwechselndes "Schriftenstellen" statt. Meistens vergingen zwischen Urteil und Appellationsaufrichtung Jahre (Urteil 18. September 1593 - Aufrichtung 7. Februar 1596, Urteil 5. Dezember 1594 - Aufrichtung 7. Februar 1596), wozu vor allem das Neuerungsverbot beitrug, das Entscheidungen über die Zulässigkeit des Inhaltes der Schriften notwendig machte (5. April 1593, 23. Juni 1614).
↑ (Zurück)
4.36.
Diesbezüglich muß ich meine Bemerkung Stadtr. 11 richtigstellen.
↑ (Zurück)
4.37.
30. Oktober 1589 usw. Im Falle Hasenberger-Goldbergerin, a.a.O., erfolgte die Appellationsaufrichtung, da bei den Verordneten ein mündliches Verhör stattgefunden hatte, mit je zwei Schriften.
↑ (Zurück)
4.38.
29. Jänner 1592 usw. Bezahlte der Gegner die Hauptsache vorher oder erklärte sich vor Ausgang der Anbotsfrist zur Lösung bereit (vgl. § 6), so mußte Kläger gefaßt sein, noch im selben Stadtrechte seine Expens einzubringen (Lro. art. 22. Str. V. 190 ff.; 24. Juli 1589).
↑ (Zurück)
4.39.
14. Februar 1633. Nach Einführung der Schätz- und Raitcommission erfolgte die Taxierung der Expens durch sie (18. November 1632).
↑ (Zurück)
4.40.
24. Juli 1589 usw. Der Gegner konnte bis dorthin seine Einwendungen auf den ihm zugesandten Expenszedl schriftlich einbringen (19. Juni 1606 usw., Lro. art. 22, Str.V. 189 ff.). Beide Teile können gegen die Taxierung appellieren (10. Mai 1595 usw., Lro. art. 22)
↑ (Zurück)
4.41.
Lro. art. 18, Kraus Bl. 13 ff., Str.V. 145 ff. Der Fronbote hat die aufgewiesenen Güter zu verzeichnen und dem Verpflichteten jede Verfügung darüber zu untersagen (Lro. art. 18, Kraus Bl. 14). Den Besitz an den Pfandstücken erlangt daher die betreibende Partei durch die Aufweisung noch nicht (RO. art. 50, Rampichl 164).
↑ (Zurück)
4.42.
Lro. art. 18, Str. V. 152 ff., 26. Februar 1589 usw.
↑ (Zurück)
4.43.
Lro. art. 18, Str. V. 155 ff., 28. Mai 1590 usw. Vor dem ersten Tage Pfandfürtragen darf nicht eingeredet werden (Kraus Bl. 16 f.). Die Verhandlung über die Einrede erfolgt mündlich vor dem Stadtrechte (10. November 1592 usw.). Sofortige Beibringung der Beweise ist ursprünglich nicht eriorderhch, sondern kann im nächsten Stadtrechte erfolgen (14. November 1592), anders der spätere Gerichtsbrauch (26. Oktober 1613, 18. November 1619).
↑ (Zurück)
4.44.
3. Dezember 1591 usw., Lro. art. 19, Str. V. 179 ff. Einreden waren nach dem Anbote nicht mehr gestattet (Kraus Bl. 17, 22. August 1622, abweichend Rampichl 169, der sie bis zur Landschermerteilung als zulässig erachtet). Das Anbot muß dem Gegner spätestens 8 Tage vor dem Stadtrechte, in dem man den Stadtscherm begehren will, überantwortet sein (7. Februar 1596, Str. V. 179).
↑ (Zurück)
4.45.
Lro. art. 19, Str.V. 184 ff., 20 Mai 1591 usw. Die erhaltenen Stadt-schermtexte (26. Mai 1604 in Fasz. 118/8, 11. August 1614 usw.) enthalten eine kurze Schilderung des Verfahrens unter Bezeichnung der Personen und der Streitsache, die Aufzählung der Gegenstände, derer der Betreibende von Gerichts wegen gewaltig gemacht worden war, soweit seine Forderung mit Anhang reicht, weiters, daß er mit den Gütern handeln, tun und lassen könne wie mit seinen eigenen, doch eine allfällige Überteuerung (Mehrbetrag über die Forderung im Verkaufsfalle) den anderen Berechtigten oder dem Schuldner herausgeben müsse. Der Schlußsatz lautet, daß nach gerichtlicher Erkanntnus der Bürgermeister den Gläubiger bei den Pfändern handhaben und schermen muß, wovon der Name stammt. Ausnahmsweise (26. Mai 1604) kommt hiezu noch die Verpflichtung, im Falle des Verkaufes die Sache zuerst dem Schuldner anzubieten, was auf ein abgeschwächtes Rückkaufrecht deuten würde. Damals wird die Verpflichtung zur Herausgabe der Überteuerung nur für den Fall eines späteren Verkaufes, am 11. August 1614 und 23. März 1615 ganz allgemein auferlegt.
Laut Beschluß des Rates vom 10. November 1629 wurde noch die Bestimmung aufgenommen, daß der Stadtscherm den Rechten der Stadt unbenommen sei. Der Schlußsatz wurde dahin erweitert, daß nicht nur der Bürgermeister, sondern auch der Landesfürst und die nachgesetzten Obrigkeiten den Gläubiger schützen und schermen sollen (erstmals am 25. Februar 1630 nachweisbar).
Die Landrechtsformulare bei Kraus (Bl. 29) und Rampichl (171) stimmen mit der Ausnahme überein, daß der Zusatz, Gläubiger könne mit seinen Gütern tun, wie er wolle, sowie die Verpflichtung zur Herausgabe der Überteuerung fehlen.
↑ (Zurück)
4.46.
Beschluß vom 24. Mai 1588, der auch die Durchführung regelt (abgedruckt Stadtr. 22). Der Grund dürfte die größere Wirkung der Entscheidungen dieses Gerichtes (besonders des Stadtscherms) gewesen sein. Es begegnen nun zahlreiche Cantorufe im Stadtrechte (4. Oktober, 7. Dezember 1593 usw. bis 22. September 1642).
↑ (Zurück)
4.47.
Das drittemal mit der Erklärung, daß dem, der bei Sonnenschein — zwischen drei und vier Uhr nachmittags (27. Februar 1606), zur ersten, zweiten, dritten, vierten Stunde (10. Dezember 1635), von morgen bis vier Uhr nachmittags (23. August 1642) — beim Cantorufe am meisten auf das Haus lege, die aufgebotene Liegenschaft nach Cantorecht käuflich erfolgt werde. Str.V. 169 ff. verlangt Cantoruf in vier verschiedenen Stadtrechten. Die Stelle heißt in der von mir erst später entdeckten Handschrift (vgl. Carinthia I 1931, 59 f.) "zum canto recht lauft" statt wie in meiner Ausgabe "zum lant recht lauft". Die neue Lesart ist zweifellos besser und zeigt, daß der Verfasser im Anschluß an die Vierzahl aller Verfahrensschritte im Land- und Stadtrechte gegen das Stadtrecht Stellung nahm, das sich mit dreimaliger Ausrufung im Canto begnügte. Mein früherer Auslegungsversuch (Stadtr. Anm. 47) hat zu entfallen.
↑ (Zurück)
4.48.
Nach dem Berichte des Bürgermeisters vom 3. Juli 1643 (Fasz. 118/8) erfolgte der Ausruf um einen "beyleiffigen billichen Preis".
↑ (Zurück)
4.49.
10. Juli 1595 usw. Man konnte auf das bewilligte Cantorecht verzichten und sich mit dem gewöhnlichen Exekutionsverfahren zufrieden geben (7. März 1622).
↑ (Zurück)
4.50.
30. Oktober 1628 usw. Der Stadtmagistrat stellte sich auf den Standpunkt, daß der Betreibende, wenn er selbst die Schätzung beantragt hatte, nur Überschätzung begehren könne, dadurch aber das Recht der anderen Gläubiger auf Ausrufung im Canto nicht berührt werde (Bericht vom 3. Juli 1643, a.a.O.). Im übrigen wurde der Cantoruf nach Stadtscherm oder Einantwortung als zulässig anerkannt (30. Oktober 1628, 26. März 1635, 15. Oktober 1638). Die Verordneten erachteten in Ediktsachen das Cantorecht für zulässig (erwähnt im Stadtrecht am 30. Oktober 1628).
↑ (Zurück)
4.51.
Weder die Lro. noch Kraus kennen eine Schätzung. Sie muß sich daher nach 1585 im Wege des Gerichtsbrauches entwickelt haben.
↑ (Zurück)
4.52.
Der Vorgang war nach RO. art. 53 und Rampichl 172 folgender: Nach Erteilung des Schermes haben Kläger und Beklagter noch im selben Hoftaiding Kommissäre namhaft zu machen, widrigenfalls sie ex offo bestellt werden. Die Kommission hat die Schätzung und Aufteilung der Güter an die Gläubiger unter Feststellung der einzelnen Forderungen vorzunehmen und allenfalls noch nicht liquidierte Expensen zu taxieren. Wenn die Gläubiger nicht zufrieden sind, soll die Schranne entscheiden. Reichen die Güter nicht aus, so sind bei jedem Gläubiger Hauptsache und Kosten, dann die Interessen zu decken. Ein Überschuß ist dem Schuldner herauszuzahlen.
↑ (Zurück)
4.53.
Über diese Vorgänge gibt Faszikel 118/8 des Landesarchivs, betitelt "Schriften die Stadt-Conto (so!) und sumari rechten zu Klagenfurt betreffend" Auskunft und beziehen sich die Anführungen, wenn nichts anderes bemerkt, immer darauf.
↑ (Zurück)
4.54.
Das steht im Widerspruch zur Begründung des Stadtgerichtserkenntnisses über die Raitung der Versprecher im Edikte Strußnigg, wonach dessen Behausung "wie in derlei Fällen nicht allein allhie, sondern auch anderer Ort gebreuchig und gewöhnlich gewest" im Canto ausgerufen wurde (27. Juni 1617, Fasz. 82/3).
↑ (Zurück)
4.55.
Willenberg findet, daß die Gründe, die 1587 die Stände zur Wiedereinführung der Stadtrechte bewogen, nicht mehr zuträfen, da ein rascheres Verfahren mit Rücksicht auf die Verarmung der Bürgerschaft dringend notwendig sei. Im Stadtrecht verstehe niemand den Prozeß und leide mit Rücksicht auf die Gleichheit des Verfahrens das Ansehen des Landrechtes. Ein Recht auf das Stadtrecht hätte Klagenfurt mit Rücksicht auf die Aufhebung aller Privilegien anläßlich der Schenkung der Stadt an die Stände nicht. Er schlägt vor, die Stadtrechte zwar zu belassen, aber es dem Kläger freizustellen, ob er dort oder im Summarirecht klagen wolle. Dann würde das Stadtrechtverfahren von selbst aufhören. Ähnlich äußert sich Eißner.
↑ (Zurück)
5.1.
Vgl. über diese drei Arbeiten Darst. 131-135.
↑ (Zurück)
5.2.
GV.A.Hs. 443 (vgl. Darst. Anm. 18). Die Handschrift trägt am Titel den Zusatz "und Normalresolution ddo. Klagenfurt 17. Juni 1757". Tatsächlich muß dieser Entwurf bald nach dem Jahre 1747 ausgearbeitet worden sein, jedenfalls vor Vereinigung der Landschranne mit der Landeshauptmannschaft im Jahre 1748, da in Tl. 1, art. 2, bei der Kompetenzabgrenzung das Bestehen beider Gerichte vorausgesetzt wird. Gesetzeskraft erlangte er nicht, da schon die Erlassung einer allgemeinen Gerichtsordnung geplant war. Dagegen ist ein Promemoria in 12 Punkten zur Verbesserung der Justizgebrechen in Kärnten mit Bemerkungen des Landrechtes (Benennung der ehemaligen Landeshauptmannschaft nach ihrer Vereinigung mit der Landschranne) vom 8. März und der Regierung vom 9. April 1756 erhalten (G.R.A. Reg. 1756 IV 77). Es bildet die Grundlage zur kaiserlichen Resolution vom 18. März 1757 (G.R.A. Reg. 1757 V 33), die zweifellos mit der erwähnten Normalresolution wesensgleich ist. Sie regelt in 18 Punkten die dringendsten Gebrechen des Landrechtsverfahrens und wird am Schlüsse als "Hauptentschließung" bezeichnet.
↑ (Zurück)
5.3.
Mit Ausnahme einiger Exekutionsakte in Fasz. 82/7 und 128/1, die auf früher erflossenen Stadtrechtsurteilen fußen, lassen sich keinerlei Spuren eines Weiterbestehens nachweisen.
↑ (Zurück)
5.4.
Die Gerichtsbarkeit der landständischen Adeligen in ihren Häusern (Personalburgfriede, vgl. Anm. I, 1) führt bei Verlassenschaftsabhandlungen zu mehrfachen Konflikten mit dem Stadtgerichte (z.B. 1749, Fasz. 129/2). Am 3. August 1777 wurde von der i. ö. Regierung die Zuständigkeit des Magistrates zu Inventuren bei in landständischen Häusern verstorbenen Bürgerspersonen entgegen dem Abschiede der Verordneten bejaht (Fasz. 84/1).
↑ (Zurück)
5.5.
RB. 15. August 1689, 9. Juli 1725. Bald darauf muß aber eine andere Regelung erfolgt sein, da um 1740 das Bauzahlamt die Zivilgerichtsbarkeit über alle landschaftlichen Handwerker hatte (Rw. "Bauzahlmeister").
↑ (Zurück)
5.6.
Bis dorthin waren die Wechselprozesse beim Stadtgerichte geführt worden (Rotts Erben-Wunder, 1691, Fasz. 254/11).
↑ (Zurück)
5.7.
Besonders zufrieden waren die Verordneten mit der Tätigkeit des Magistrates nicht. Am 27. Februar 1703 (RB.) wird ihm auferlegt, nicht leichtfertig den Parteien die Appellationen abzuschneiden, am 2. Juli 1731 (RB.) wird er ermahnt, bei Abgabe von Gutachten unparteiischer vorzugehen, widrigenfalls die einzelnen Ratsmitglieder bestraft würden. Späterhin besaß das Stadtgericht nicht mehr das Recht, über die Zulässigkeit der Appellationen zu erkennen (vgl. § 4).
↑ (Zurück)
5.8.
Ein zur Juramentsleistung erschienener Beklagter verlangte, daß der Kläger vorher Kaution "de judicato sisti" und "judicatum solvi" leiste, weil er seinen Wohnsitz im Inlande seither aufgegeben habe. Das Stadtgericht gab statt (30. Oktober 1776).
↑ (Zurück)
5.9.
Fröauff § 1, Rampichl a.a.O. Gütliche Ersuchen werden z.B. bei den Verhören Perkhoffer-Peßmann vom 9. April 1774 (Ersuchen vom 14. Mai 1773), Kirche Luschari-Markl vom 19. Juni 1779 (5. September 1778) erwähnt.
↑ (Zurück)
5.10.
Schiechl-Järiz 5. November 1683, Fasz. 254/13, 15. Februar 1723 usw.
↑ (Zurück)
5.11.
Graf Goëß-Kriegl, 23. Februar 1758, Fasz. 83/8. Die einfachste Antragsform lautet dahin, daß zur Behauptung der "incaminierten" Schuldenklage ein Verhör anberaumt werde (22. Mai, 18. Juni 1723 usw.). Sie kommt in Schuldenklagen vor, bei denen die Einbringung einer Verantwortung nicht nachweisbar ist. In allen anderen Fällen enthält der Antrag die "thesis", den Satz, über den im Verhöre zu entscheiden ist, in der Form einer Alternativfrage (z.B. Actionsrede Graf Goëß gegen Kriegl, 1758, a.a.O.: ob der Beklagte die ... judicialiter eingestandenen 681 fl. samt Entrathung, was gut Raitung bringt, ungehindert seines Verweigerungsberichtes zu bezahlen schuldig sei oder nicht?). Das ist keine Besonderheit des Stadtgerichtsverfahrens. Fröauff und Rampichl erwähnen davon allerdings nichts. Um 1740 wurden aber bei der Landeshauptmannschaft "alle ictiones thesice ausgeschrieben ..." (Rw. "Verhöre"). Das älteste erhaltene landeshauptmannschaftliche Verhörsprotokoll (GV. A. Hs. 395, 4. bis 23. August 1727) enthält mit Ausnahme dreier Schuldenklagen, einer Arrestjustifikation und der Reformierung einer Kommissionsrelation lauter in Thesenform ausgeschriebene Verhöre. Im erstinstanzlichen Verfahren vor den Verordneten sind Thesen schon um 1700 nachweisbar (RB. 22. März 1693, 29. März 1700 usw.).
Möglicherweise sind im Stadtgericht auch bei nicht widersprochenen Schuldenklagen Thesen üblich und ist der vorerwähnte Gegensatz ein scheinbarer, auf mangelhafter Protokollführung beruhender. Es wird jedenfalls in Schuldenklagen über Thesen entschieden, ohne daß vorher Einwendungen nachweisbar sind (Verhöre vom 8. Juli 1773, 9. April 1774).
↑ (Zurück)
5.12.
22. April 1763 usw. Fröauff § 1 verlangt, daß bei peremptorischer Ladung zwischen ihrer Zustellung und dem Verhör eine 14tägige Frist liegen müsse, ebenso Vorschlag 2. Tl. art. 1, § 14, der (wie der Wortlaut andeutet, als Neuerung) bei Nichterscheinen eines der Streitteile beim ersten Verhöre Erkenntnis in contumaciam fordert. Bei der Landeshauptmannschaft ist auch seit der Hauptentschließung von 1757 (vgl. Anm. 2) das erste Verhör peremptorisch. Beim Stadtgerichte sind Kontumazerkenntnisse bei der ersten Verhandlung sehr selten (Schurian-Thomassin, 10. Juli 1779).
↑ (Zurück)
5.13.
Allenfalls als Kontumazerkenntnis (Goldperg-Stocker, 26. April 1701, Fasz. 85/3). Am 3. Juni 1780 anerkannt Beklagter das Klagebegehren und nimmt Kläger das Geständnis "in vim sententiae" an, was protokolliert wird. Anerkenntnis ersetzt also den Abschied.
↑ (Zurück)
5.14.
Das ganze Verfahren stimmt mit dem gewöhnlichen Prozeß bei der Landeshauptmannschaft überein (Fröauff § 1, Rampichl 173 ff. Vorschlag 2. Tl. art. 1, § 1-4, 14-15). Das dort auch vorkommende "summari" Verfahren ist im Stadtgericht nicht nachweisbar.
↑ (Zurück)
5.15.
16. Februar 1761, 26. März 1763 usw. Im (schriftlichen) Antrage war die "thesis", über die entschieden werden sollte, anzugeben. Beim ersten Verhör konnte anscheinend kein Versäumniserkenntnis ergehen (Kirche Luschari-Markl, 17. September 1779 ff.).
↑ (Zurück)
5.16.
7. November 1772. Eine Aufforderungsklage erwähnt erstmals eine Nachricht vom 27. Juni 1760. Es wird auf Antrag dem Gegner auferlegt, binnen 6 Wochen 3 Tagen wahrzunehmen, daß er vom Antragsteller etwas zu fordern habe.
↑ (Zurück)
5.17.
Am 10. Juli 1723 gesteht auf eine mündlich eingebrachte Klage der Beklagte nicht. Es erfolgt daraufhin der Bescheid, daß die Klage nach Ordnung — also offenbar schriftlich — vorgebracht werden müsse, weil sich die Parteien nicht in Güte vergleichen. Auf ein Mahnverfahren könnte ein Vermerk vom 16. Dezember 1723 hindeuten, nach dem einer auf Grund des Ergebnisses einer Beschau geklagten Partei aufgetragen wird, "Satisfaktion" zu tun oder ihren Bericht einzugeben.
↑ (Zurück)
5.18.
Das Beweisthema wird im Erkenntnis spezialisiert (Graf Goëß-Kriegl, Entscheidung der Verordneten vom 24. Juli 1758, Fasz. 83/8, usw.), ebenso damals bei der Landeshauptmannschaft (Rw. "Weisung"). Die Fassung des Weisungsbescheides ist maßgebend, ob sich der Gegner die Gegenweisung vorbehalten muß oder vorerst die Abführung des gegnerischen Beweisverfahrens abwarten kann (Weisungsdecisum vom 20. Mai 1780, Rw. a.a.O.).
↑ (Zurück)
5.19.
26. Februar 1780. Über Einwendungen wird in einem Verhöre entschieden (10. Mai 1760 usw.).
↑ (Zurück)
5.20.
Additionalweisung kann vorbehalten und binnen 6 Wochen 3 Tagen nach Eröffnung der Hauptweisung geführt werden (Apostelbrief vom 30. Mai 1697 im Prozesse Rudolph-Feldner, Fasz. 83/1). Die Hauptentschließung (P. 7) schafft die Additionalanzüge ab, und sind auch in Klagenfurt weiterhin keine Additionalanzüge nachweisbar.
↑ (Zurück)
5.21.
Fröauff § 3, Rampichl 159 f., Vorschlag 3 Tl. art. von Weisungen.
↑ (Zurück)
5.22.
Ist der Kläger säumig, so erfolgt im Verhöre die Deserterkennung der Weisung und Entbrechung des Beklagten von der Klage in contumaciam (Graf Thun-Wallers Erben, 20. August 1683, Fasz. 254/8). Dieses Erkenntnis erging erst, nachdem drei anberaumte Verhöre vom Kläger nicht besucht worden waren, im vierten, obwohl er schriftlich erklärt hatte, von der Klage zu fallen.
↑ (Zurück)
5.23.
Guetsold-Stocker (von den Verordneten), 9. August 1680, und Wallerische Erben-Caschier, 11. April 1681, beide Fasz. 82/7. In diesem Falle wurde allerdings von den Verordneten der Abschied aus unbekannten Gründen dahin abgeändert, daß Kläger zum Eide nicht zugelassen wurde (vgl. auch Rampichl 116 f.).
↑ (Zurück)
5.24.
Der Apostelbrief vom 30. Mai 1697 (Rudolph-Feldner, a.a.O.) erwähnt, daß die Schlußschriften formiert und judicialiter abgelesen worden seien. Am 6. Juni 1772 ist von einer Deduktionsschrift des Beweisführers, einer Impugnationsschrift des Gegners die Rede. Bezüglich ihrer beantragt der Beweisführer am 1. August 1772 Anberaumung eines Verhöres zur Deserterkennung und ergeht auch der Abschied nur über Weisung und Deduktionsschrift (24. Juli 1773). Er lautet auf Zulassung des Klägers zum iuramentum suppletorium und erging dann der Endabschied — offenbar wegen Nichteinbringung der gegnerischen Schlußschrift — in contumaciam (6. September 1773).
↑ (Zurück)
5.25.
Guetsold-Stocker, 1684, Fasz. 82/7, Vorschlag Tl. 1 art. 2, § 19, Rw. "Expensen".
↑ (Zurück)
5.26.
Rampichl 185. Von Juni 1747 bis Jänner 1750 bestand allerdings im Zuge der Justizreformen Maria Theresias eine eigene Appellationskammer für Kärnten in Klagenfurt (Thiel II 618, 621, G.R.A.Reg. Gutachten, 1747 VI 6, Expedita, 1749 XI 94, letzterer Akt nicht mehr vorhanden). Sie wurde angeblich infolge des Protestes seitens Bambergs und Salzburgs wieder aufgehoben (Rosenberg Bd. 1, 42).
Nach einer Verordnung der obersten Justizstelle vom 1. September 1775 waren in "Justizgeschäften" zu den Verordnetensessionen 2 Landräte beizuziehen, doch wurde dies dahin gemildert, daß zwei rechtsverständige Räte (des ständischen Ausschusses) beigezogen wurden (Rosenberg Bd. 1, 93).
↑ (Zurück)
5.27.
Wallerische Erben-Caschier, 23. März 1682, Fasz. 82/7, usw. Auch wenn der Abschied nach Weisung und Schlußschriften ergangen und ein Apostelbrief ausgestellt ist, kann die Appellationsentscheidung in einem Verhöre erfolgen (Rudolph-Feldner, 11. September 1697, Fasz. 83/1 und 85/2).
↑ (Zurück)
5.28.
Juri-Appoth, 29. Jänner 1686, Fasz. 254/6, usw. Bei Abänderung des Erkenntnisses ist Durchführung eines Beweisverfahrens vor den Verordneten möglich (Graf Thun-Wallers Erben, 4. September 1690, Fasz. 83/1, usw.).
↑ (Zurück)
5.29.
Guetsold-Stocker, 18. März 1684, a.a.O., usw. Von der Regierung werden Schübe in der Dauer von je 16 Wochen erteilt. Die Eröffnung der Entscheidung erfolgt (zumindestens später) in der ständischen Registratur (Graf Goëß-Kriegl, 14. Mai 1762, Fasz. 84/1, usw.).
↑ (Zurück)
5.30.
Nach einer von der i. ö. Regierung am 18. November 1760 mitgeteilten landesfürstlichen Resolution hatte in Zukunft bei Appellationsanmeldungen ohne weitere Verfahrung "sofort" darüber entschieden zu werden, ob die Appellation zulässig sei oder nicht (Justizprotokoll der Verordneten, 16. Dezember 1760). Diese Vorschrift wird von nun an bei den Verordneten befolgt (Weinzirl-v. Aineth 9. Juli 1774, Niederl-Scherian 5. April 1781, Fasz. 84/1).
↑ (Zurück)
5.31.
Die Verhöre scheinen öfters nicht von den Verordneten, sondern einem Juristen der Landschaft als Delegierten abgehalten worden zu sein (RP. 24. April 1758, 23. August 1759). In Expenssachen ist dies schon früher nachweisbar (Guetsold-Stocker, 29. Juli 1686, a.a.O.).
↑ (Zurück)
5.32.
Eine genauere Zeitangabe ist wegen des Verlustes der stadtischen Protokolle unmöglich. Mit dem "Vorschlag" und der "Hauptentschließung ergeben sich zahlreiche Berührungspunkte.
↑ (Zurück)
5.33.
Im Prozesse Graf Goëß-Kriegl wird, als dieser seiner Gegenappellationsschrift eine Beilage (Entscheidung der Landeshauptmannschaft im Aktivprozesse gegen Graf Goëß) anfügt und der Kläger Korrigierung der Schrift verlangt, nach durchgeführtem Verhöre (25. August 1760, Fasz. 84/1) von den Verordneten Kriegl die Wahl gelassen, ob er die Schrift korrigieren oder dem Gegner eine schriftliche Gegenäußerung gestatten wolle, worauf er letzteres wählt. Später entscheiden die Verordneten dahin, daß auf die in einer Gegenappellationsschrift enthaltenen facta als Neuerungen bei der Entscheidung keine Rücksicht zu nehmen sei. (Niderl-Scheriau, 11. September 1781, Fasz. 84/1). Nach Vorschlag (3. Tl. art. 4, § 7) sind gerügte Neuerungen vom Sekretär im Apostelbriefe zu erwähnen. Eine weitere "disceptatio" darüber ist nicht gestattet.
↑ (Zurück)
5.34.
Schicketanz-Teschmann, 11. Juli 1764, Fasz. 83/9, usw. Hauptentschließung P. 1 verfügte allgemein, daß in Kärnten die rationes decidendi aufzuzeichnen und im Apostelbriefe oder einem eigenen Berichte der höheren Instanz mitzuteilen seien, was — wie sich aus Promemoria P. 1 ergibt — früher nicht üblich war.
↑ (Zurück)
5.35.
Weinzirl-Aineth, 21. März 1775, Fasz. 84/1, usw. Über das Appellationsverfahren an die i. ö. Regierung vgl. auch "Praktische Einleitung für Steyermark", Tl. 1, Graz 1780, 227-233.
↑ (Zurück)
5.36.
Siehe Anm. III, 103, Hagenlocher-Frankenberger, 16. September 1690, Fasz. 254/10, usw.
↑ (Zurück)
5.37.
Graf Goëß-Kriegl, 10. Juli 1759, Fasz. 83/8, usw. Die Regierung hatte auch die Befugnis, in Prozessen bis zu 150 fl. die Restitution "adversus lapsa fatalia" und "adversus contumaciam" zu erteilen ("Praktische Einleitung", a.a.O., 233). Über das Verfahren in Restitutions- und Revisionssachen vgl. "Praktische Einleitung", a.a.O., 223 bis 226, 263-280.
Seit der im Jahre 1763 erfolgten Errichtung des steiermärkischen Guberniums war diesem das "Judicium revisorium" angegliedert ("Praktische Einleitung", a.a.O., 253, 262 f.).
↑ (Zurück)
5.38.
Auf 14 (Bericht Dr. Hellers vom 30. August 1707 im Akt Lippitschin-Warenhauser, Fasz. 255/2, usw.), dann auf 8 Tage (15. Dezember 1760 usw.). Eine dritte (dreitägige) Compellierung ist vereinzelt (13. Februar 1779). Auch bei der Landeshauptmannschaft erfolgen 2 Warnungen (Fröauff § 2, Rampichl 173, 179 ff.).
↑ (Zurück)
5.39.
Struppl-Wunder, um 1682, Fasz. 254/11, 22. Jänner 1723 usw. Die Aufweisung gibt wie bisher dem Betreibenden keinen Besitz am Pfand.
↑ (Zurück)
5.40.
Rotts Erben-Wunder, 6. März 1691, Fasz. 254/11, 20. August 1763 usw. Hat sich der Verpflichtete widersetzt, so findet ein Verhör über die Berechtigung der Widersetzlichkeit statt (29. August 1723 usw.). Die Anberaumung erfolgt meistens schon das erstemal peremptorisch (z.B. 1. Februar 1772).
↑ (Zurück)
5.41.
Bericht vom 25. Juni 1692 in Rotts Erben-Wunder, a.a.O., Fröauff § 2, Rampichl 180, Vorschlag a.a.O., § 5.
↑ (Zurück)
5.42.
Schiechl-Järiz, 26. Juni 1685, Fasz. 254/13, 14. September 1723 usw.
↑ (Zurück)
5.43.
Gegenbericht Struppls zum Restitionsansuchen Wunder (26. Juni 1692, Fasz. 254/11).
↑ (Zurück)
5.44.
Bericht Dr. Hellers, a.a.O., 1. Dezember 1723. Ein Überschuß wird freigegeben und muß bei unteilbaren Gegenständen der Mehrwert in Geld zur Ausfolgung an den Verpflichteten bei Gericht erlegt werden (Fröauff a.a.O., Vorschlag a.a.O. § 12-14). Die Kommission hat Relation an den Magistrat zu erstatten, der sie kundmacht (Schiechl-Järitz 26. Mai 1685, Fasz. 254/13, 1. Dezember 1723).
↑ (Zurück)
5.45.
Schiechl-Järitz, 30. März 1688, a.a.O. Diese "wirkliche Anweisung" gewährt den Gläubigern das Recht, die Liegenschaft demjenigen zu verkaufen, der mehr darum gibt, und vom Kaufschillinge unbeschadet der öffentlichen Abgaben ihren Teil einzuziehen. Bis dahin haben die Gläubiger keinen Zinsenanspruch, jedoch kommen ihnen die Hauserträgnisse zugute (Schiechl-Järitz, 26. Mai 1685, a.a.O.).
↑ (Zurück)
5.46.
Nach dem Gutachten der Verordneten vom 27. September 1692 (Rotts Erben-Wunder, Fasz. 254/11) sind dies Paraphernalgut, Heiratsgut und Widerlage.
↑ (Zurück)
5.47.
Schiechl-Järitz, 26. September 1685, a.a.O., Rotts Erben-Wunder, 15. Dezember 1691, a.a.O. Vgl. auch die Rangordung im Konkurse (§ 6). Aus den zwei Commissionsrelationen läßt sich über die Reihung der bevorrechteten Forderungen untereinander (besonders hinsichtlich der Ansprüche der Ehegattin) nichts entnehmen, da in beiden Fällen das vorhandene Vermögen zur Befriedigung der Gläubiger ausreichte.
↑ (Zurück)
5.48.
Stocker-Guetsold, nach 1679, Fasz. 82/7.
↑ (Zurück)
5.49.
29. August 1723 usw. Dann laufen keine weiteren Fristen.
↑ (Zurück)
5.50.
Bericht Dr. Hellers vom 30. August 1707 (Anm. 38).
↑ (Zurück)
5.51.
Die Erkenntnisse dieser Kommission bedürfen der Genehmigung des Magistrates (28. Juli, 22. August 1760 usw.).
↑ (Zurück)
5.52.
Am 18. Juni 1723 erklärt ein Beklagter, daß die Klage notwendig eine Rait- Schätz- und Abteilungscommission nach sich ziehe, und unterwirft sich im Einverständnis mit dem Kläger einer solchen, wozu jeder Gläubiger geladen wird. Da auch "juridica" vorkommen, wird der Stadtsyndikus zur Abhaltung dieser Kommission bestimmt.
↑ (Zurück)
5.53.
Es handelt sich offenbar um Schuldbriefe mit Pfandbestellung oder Landschadenbundklausel, da unter den "gemeinen" Forderungen wiederum ein Schuldbrief aufscheint.
↑ (Zurück)
5.54.
Das Haus scheint jedoch schließlich der Witwe, die daran ein Zugriffsrecht in Anspruch nahm und restituiert wurde, um den Betrag von 1200 fl. eingeantwortet worden zu sein (Akt im Fasz. 254/10, RB. 30. September 1700).
↑ (Zurück)
5.55.
Eine allerdings flüchtige Darstellung der Justizorganisation Josefs II. bietet Domin-Petrushevecz, Neuere österreichische Rechtsgeschichte (Wien 1869, 89 ff.).
↑ (Zurück)
5.56.
Die folgenden Aktenstücke sind in Fasz. 121/3 (LA.) enthalten.
↑ (Zurück)
5.57.
Die kaiserliche Entschließung war am 15. Juli 1784 erflossen (Domin-Petrushevecz 102). Als Vorbild diente die Organisierung des Wiener Stadtmagistrates (Domin-Petrushevecz 95 f.).
↑ (Zurück)
6.1.
Über Innerösterreich vgl. Luschin2 6, Thiel, Carinthia I 1913, 130 ff.
↑ (Zurück)
6.2.
Zu Vergleichszwecken für Kärnten dient das in II, § 1, IV, § 1, erwähnte Quellenmaterial, weiters kommen in Betracht: für Steiermark das steirische Landrecht des Mittelalters, die in der Landrechtsausgabe Bischoffs abgedruckten Gerichtsbriefformulare, die Ordnung des Landrechtes von 1503 (ebendort), die Landrechtsordnungen von 1533 und 1574, die Gerichtsordnung von 1622; für Krain die Landschrannenordnung von 1571, die neureformierte Gerichtsordnung der Stadt Laibach von 1586 und Erbergs Observationes practicae; für Niederösterreich die Gerichtsordnungen von 1540 und 1557. Das Schrifttum ist in Anm. 42 aufgezählt. Über die verschiedenen Rechtsordnungen vgl. Luschin1 375, 377 f., 380, Luschin2 159, Schenk ZP. 63, 81 ff., 95 ff., 104, 118 ff., Menger 72, 75, 82 f., Canstein 103 f., 117 ff., Motloch, Landesordnungen und Landhandfesten (österr. Staatswörterbuch2) 335 ff., 343.
Das Verfahren beim niederösterreichischen Landrechte weist größere Übereinstimmung mit dem Stadtgerichts- als mit dem Stadtrechtsverfahren auf. Ein unmittelbarer Einfluß der Steirer auf die Kärntner Gesetzgebung zeigt sich entgegen der Annahme Mengers (85) und Cansteins (119) erst im Kärntner Entwürfe von 1629.
↑ (Zurück)
6.3.
Vgl. Brunner II 300 ff., Schröder 393, 844, 948, Planck I 248 ff., Hasenöhrl, österreichisches Landrecht im 13. und 14. Jahrhundert (Wien 1867), 115, Wretschko, Das österreichische Marschallamt im Mittelalter (Wien 1897), 130 ff. Die Sonderung erhielt sich auch in Deutschland vereinzelt in die Rezeptionszeit hinein (vgl. Lenel, ZRG. 47, 440 ff.), länger in den österreichischen Alpenländern, so in Niederösterreich bis zum Jahre 1557 (Ö. II Bl. 2), in den innerösterreichischen Landschrannen bis zu deren Aufhebung unter Maria Theresia (vgl. für Kärnten Ampfinger art. 17. Lro. art. 16, Abs. 2, Kraus Bl. 6, Rechbach 72, Rampichl 156, für Steiermark St. I art. 19, III art. 1, Abs. 3, IV art. 2, Abs. 3, für Krain Erberg obs. 3).
↑ (Zurück)
6.4.
Vgl. Schröder 91, Brunner II 449 f., Planitz 40, Anm. 61, 432 f., Planck I, 341 ff., 350 f., für Österreich Hasenöhrl, a.a.O., 211 f.,Wiener Str. art. 20, 90, 121.
↑ (Zurück)
6.5.
Planck I, 341 f. Viermalige Vorladung ist in Wien gebräuchlich (Ratsbeschluß vom 31. August 1370, Tomaschek, Rechte und Freiheiten der Stadt Wien, Wien 1879, I No. 82, vom 5. Juni 1417, II No. 120). Vier Gerichtstage begegnen im brandenburgischen Gerichtsverfahren (Kuhns, Geschichte der Gerichtsverfassung und des Prozesses in der Mark Brandenburg, Berlin 1865-67, II 461 ff.).
↑ (Zurück)
6.6.
Ebenso das Verfahren bei der krainischen Landschranne (Kr. art. 1, 9, Erberg obs. 15) und in Laibach bis zum Jahre 1586 (L. art. 4). Dagegen hat Steiermark bis zum Jahre 1622 (damals wurde das Verfahren auf 2 Tage eingeschränkt, St. IV. art. 25) nur 3 Tage (St. Lr. art. 5, 55, St. II art. 32), ebenso das mittelalterliche Bergtaiding zu Sittersdorf in Kärnten (Mell, Carinthia I 1913, 143, 144, 147). In den wenigen aus dem Mittelalter erhaltenen Kärntner Gerichtsurkunden sind stets vier Tage nachweisbar, so bei Berufung von Brief und Siegel (18. August 1455, GV.), bei Säumnisurteil (9. März 1495, GV.), beim Pfandfürtragen (29. Februar 1464, GV.). In Niederösterreich haben sich im schriftlichen Verfahren 3 Termine erhalten (Ö. II Bl. 22 f., Schenk ZP. 98 f.).
↑ (Zurück)
6.7.
Planck I, 345. Die richtige Vermutung schon bei Rampichl (154 f.): "ratio esse potest, quod secundum nostrum stylum iudicia sint publica ..."
↑ (Zurück)
6.8.
St. Lr. art. 5, 47, 59, 60, vgl. Bischoff Form. 2, 11, 14, 22.
↑ (Zurück)
6.9.
St.Lr. art. 57, 152, St. III art. 32, Bischoff Form. 18, vgl. Planck II, 319 ff.
↑ (Zurück)
6.10.
In Niederösterreich, bei der Steirer und Krainer Landschranne ist das Mahnverfahren unbekannt, vgl. aber für Baiern art. 299 des Rechtsbuches Kaiser Ludwigs von 1346 (Ausgabe von Freyberg 1834).
↑ (Zurück)
6.11.
Über das Exekutivverfahren vgl. Briegleb EP., Bar, 255 ff., Wach 15 ff., 54 ff., Meibom 464 ff., Plank II 270 ff., Planitz 284 ff., Kisch, Pfändungsklausel, ZRG. 48, 41 ff., für Österreich Schenk S P. 43 ff., Chorinsky 14 ff., 34 f., 36 ff.
↑ (Zurück)
6.12.
Vgl. Planitz 21 ff., 153 ff., Brunner II, 585 ff. Für Kärnten spricht schon das Privileg Rudolfs I. vom 3. November 1276 (Landhandfeste 2 ff.) das Verbot eigenmächtiger Pfändung ohne richterliche Genehmigung aus.
↑ (Zurück)
6.13.
Über die Landschadenbundformel vgl. Stadtr. Anm. 10. Dem dort angegebenen Schrifttum sind noch Schenk SP. 49 ff. und Ankershofen, Carinthia 1833, 64 ff., hinzuzufügen. Die Auffassung Planitzs (289), daß der Pfändungsklausel keine besondere exekutivische Bedeutung zukommt, trifft für das innerösterreichische Rechtsgebiet nicht zu. Hier ist sie Voraussetzung des Exekutivverfahrens. Über die sachliche Bedeutung der Schadenbundklausel vgl. Anm. 176.
Gleich ist das Verfahren in Steier (Bischoff Form. 3, St. I art. 5, II art. 5, III art. 36, IV art. 27, Beckmann "Landschaden-Bund") und in Krain (Kr. art. 9, Erberg obs. 15). In Steier seit dem Jahre 1622 (St. IV art. 27) und später auch in Krain (Erberg, a.a.O.) tritt dieses Verfahren bei allen Verträgen ein, welche die Landschadenbundformel enthalten. In Österreich ist bei allen "lauteren" Schuldensachen der Exekutivprozeß anzuwenden (vgl. Anm. 11 a.E.). Für Innerösterreich, besonders Krain vgl. jetzt auch die slowenische Arbeit von Dolenc "Das Rechtsinstitut der Klausel des allgemeinen Landschadenbundes" in den slowenischen Ländern, Zbornik znanstvenih Razprav, VII, Laibach 1930, 32 ff.
↑ (Zurück)
6.14.
Die Auffassung Brieglebs (EP. 8 ff" 123 ff.), daß der Exekutivprozeß in Deutschland auf den Einfluß des italienischen "in strumentum guarentigiatum" zurückzuführen sei, wurde für Österreich bereits von Chorinsky (14 ff., 24 ff.) widerlegt.
↑ (Zurück)
6.15.
Siehe im Texte bei II, 10, und IV, 15. Auch bei den einzelnen Verfahrensschritten und beim Versäumnisurteil (Behebnus) erfolgt stets der Urteilsvorschlag des Klägers (Formeln bei Kraus, in Hs. 517 und bei Rampichl). In Hs. 517 wird er geradezu als Urteil bezeichnet (Bl. 238, 238 ... urteilt also). In einem Villacher Gerichtsbrief vom 18. November 1457 (GV.) und einer "Appellation" (Apostelbrief des Gerichtes Stall vom 4. Mai 1530, LA. Finanzprokuratursakten II n. 334) wird ebenfalls der Urteilsvorschlag der Parteien als Urteil bezeichnet.
Über dem Ausdrucke Behebnus ähnliche Bezeichnungen der mittelalterlichen Rechtssprache siehe Planitz 402, 428.
↑ (Zurück)
6.16.
Planck I, 248 ff., 262 ff. Vgl. auch Brunner II, 300, 472 ff. Wie in Kärnten bis zum Jahre 1622 (St. IV art. 2, Abs. 4, wodurch die Entscheidung durch Mehrheitsbeschluß eingeführt wurde) in Steiermark (St. Lr. art. 77, St. I art. 11, II art. 32, III art. 75) Doch war hier und in Krain die weitere Abfrage außer Übung gekommen, so daß man die Sache so auffaßte, als sei das Urteil des gefragten ersten Beisitzers entscheidend (St. IV art. 2, Abs. 4, Erberg obs. 3, vgl. auch Rampichl 157, 161).
↑ (Zurück)
6.17.
Über Ableitung und Bedeutung dieses Ausdruckes vgl. Stölzel, Entw. 323, Oeding und Appellation, Hof, Hofgericht und Räte, Abschied und Urteil (Berlin 1911) 21, Anm. 1, Rosenthal, ZRG. 44, 527.
↑ (Zurück)
6.18.
Rosenthal (Geschichte des Gerichtswesens und der Verwaltungsorganisation Baierns, 1, Jena 1888, 124 ff.; ZRG. 44, 527 ff.; Das bairische Hofgericht und das Hofgeding, Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 11, 415 ff.) sieht darin ein wahres Rechtsmittel, das mit der Appellation nahezu wesensgleich ist. Stölzel (Entw. 321 ff., Geding 7 ff.) faßt das Dingen als Urteilsschelte auf und behauptet, daß in Baiern die Appellation erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts durch die Rezeption eingeführt wurde. Der Auffassung Rosenthals schließt sich beispielsweise Brunner II, 65, Anm. 12, an.
↑ (Zurück)
6.19.
Über die Urteilsschelte im allgemeinen vgl. Schröder 400, 852 f., A. S. Schultze, Privatrecht und Prozeß in ihren Wechselbeziehungen (1883) 145 ff. Über die fränkische Zeit siehe Brunner II, 471 ff., Seelmann, Rechtszug im älteren deutschen Recht (Gierke U. 107), 87 ff., 147, über das sächsische Rechtsgebiet Planck I, 268 ff. Für den Übergang der Urteilsschelte in das römisch-kanonische Rechtsmittel der Appellation vgl. Stölzel Entw. 109 ff., 131 ff., 220 ff., 540 ff., 565 ff., und das Schrifttum in Anm. 18.
Die Übereinstimmung mit der Urteilsschelte äußert sich sogar in nebensächlichen Einzelheiten. Nach Kraus Bl. 6 wird über den Ausspruch des Rechtsprechers nur dann weitergefragt, wenn ... ein oder annder theill ferrer annfrag des rechtens begert ...", nach sächsischem Rechte macht Zustimmung der Parteien die Umfrage entbehrlich (Planck I, 266).
↑ (Zurück)
6.20.
Vgl. Brunner II 475, Homeyer, Richtsteig Landrechts (Berlin 1857) art. 49, § 7 und Note 62, Planck I 274 f.
↑ (Zurück)
6.21.
In Steiermark wird dieser Satz im Mittelalter wie folgt ausgedrückt (St.Lr. art 17): "wann paid vorsprechen ertaillent, so mag man woll urteil gedingen, ee man vber den dritten khombt", art. 77, "wann man vber den dritten fragt, so mag man nicht gedingen"; (Pettauer Stadtrecht, Ausgabe von Bischoff, WSB. 113, art. 57) ... man redlich urtail ... dingt ... ee daz der richter vber den dritten gevragt hat; (steirisches Bergtaiding, Weistümer VI, 411) "... ess mag ain jeder ... mit recht dingen, doch ee und die urteil an den dritten kombt ..." .In späterer Zeit verlangen St. II art. 32, III art. 75, Erberg obs. 3 und die Kärntner Rechtsquellen (Anm. IV, 30), es müsse gedingt werden, sobald der erste Beisitzer seinen Urteilsspruch abgegeben hat (was allerdings entsprechend dem schon in St. I art. 11 gemachten Vorschlag in Steiermark durch St. IV art. 63 dahin abgeändert wurde, daß erst nach durchgeführter Umfrage gedingt werden muß, welche Bestimmung R O. art. 47 in Kärnten einführen wollte). Der Widerspruch zwischen den mittelalterlichen und den späteren Rechtsquellen ist nur scheinbar. Wie aus St.Lr. art. 17 und besonders art. 21 "es mag niemant gedingen, es haben paid ee ertailt, der antwurter und der clager" hervorgeht, rechnete man beide Parteien (ihre Vorsprecher) unter die drei Personen, nach deren Befragung gedingt werden mußte. Über die Bedeutung von "über" als "über hinaus" und von "an (e)" als "außer" vgl. Götze, Frühneuhochdeutsches Glossar (Bonn 1920) 213, 9. Es mußte also auch schon im mittelalterlichen Rechte nach dem Ausspruche des ersten Beisitzers gedingt werden (vgl. die übrigen Belege bei Bischoff 84). Auch im Villacher Gerichtsbriefe vom 18. November 1457 (Anm. 15) wird nach dem Urteile des Mannes am Ring, den der Stadtrichter zuerst fragte, gedingt.
In Oberösterreich mußte gedingt werden, sobald "der beisitzer einer oder zwen auf das höchst ihr gutbedunken gesprochen haben", und wurde dies durch das Patent Kaiser Friedrichs III. vom 2. April 1490 abgeschafft (Strnadt, Archiv f. öst. Geschichte 97, 185). Vgl. auch den ebendort abgedruckten Gerichtsbrief vom 23. Oktober 1430 (293).
↑ (Zurück)
6.22.
Für das Zwangsvollstreckungsverfahren des Mittelalters kommt vor allem das grundlegende Werk von Planitz, Vermögensvollstreckung im deutschen mittelalterlichen Recht (Bd. 1, Die Pfändung, Leipzig 1912), in Betracht. Vgl. auch Meibom 39-247, Planck II 234 ff.
↑ (Zurück)
6.23.
Vgl. Anm. 12. Die letzten Überbleibsel finden sich bei Kostenforderungen der Gastwirte gegen Ortsfremde (Stadtrecht von Straßburg, 1402, GB. 168, vgl. Planitz 329 ff.) und bei Ansprüchen gegen Ortsfremde überhaupt (Aufzeichnung des St. Veiter Stadtrechtes, 1295-1335, GB. 172).
↑ (Zurück)
6.24.
Text bei IV, 41, und ähnlich St. III art. 15. Vgl. Planitz 410, Anm. 54, 452 ff. Weniger fest ist der Sprachgebrauch nur bei der Relation des Fronboten, da öfters davon die Rede geht, daß der Fronbote aufgewiesen habe (z. B. 20. Februar 1589, 16. Oktober 1591, vgl. auch Ampfinger art. 24, Kraus Bl. 23, Rampichl 164).
↑ (Zurück)
6.25.
Ebenso St. IV art. 67, Abs. 1, Kr. art. 7, L. art. 17, vgl. Planitz 403 ff.
↑ (Zurück)
6.28.
Wie Kärnten das österreichische Recht (Oe. II Bl. 36, Schwarzenthaler 435, Suttinger obs. 112, 116, Finsterwalder 1, obs. 101) In Steiermark schreibt St. IV art. 67, Abs. 1, die Reihenfolge der Gegenstände, auf die anzusetzen ist, vor, ebenso L. art. 19, während sonst in Krain der Gläubiger freie Hand hat (Beckmann "Ansatz") und sich auch in Steiermark der Gerichtsbrauch nicht an die vorgeschriebene Reihenfolge hielt (Beckmann "Executio").
↑ (Zurück)
6.27.
St.Lr. art. 6, 11. In der späteren Steirer Gerichtssprache wird die Bezeichnung Ansatz verwendet (St. III art. 15, 40, IV art. 67, 69, Beckmann "Ansatz"), ebenso in Österreich (Oe. II Bl. 36 f., Schwarzenthaler 67, Suttinger obs. 112). Für Kärnten wird Ansatz in dieser Bedeutung nur von Ampfinger (art. 24) gebraucht. In Krain spricht man von Aufweisung oder Spännung (Kr. art. 7, L. art. 17, 19).
↑ (Zurück)
6.28.
Vgl. Planitz 586 ff. Auch im steirischen mittelalterlichen Rechte scheint bei unbeweglichen Gütern neben der Aufweisung eine gesonderte Ansetzung vor Schermerteilung stattgefunden zu haben, also mit der Aufweisung Besitzentziehung nicht verbunden gewesen zu sein (Bischoff Form. 16), anders späterhin dort (St. III art. 15, IV art. 67, 69, Beckmann "Ansatz") und in Österreich (Oe. II Bl. 37, Schwarzenthaler 65, Suttinger obs. 112). Über Krain fehlen Nachrichten.
↑ (Zurück)
6.29.
Lro. hat diesen Ausdruck nicht, doch war er beim Landrecht üblich (Kraus Bl. 6', 23'). Die amtliche Bezeichnung dürfte Meldung gewesen sein (Formular bei Kraus Bl. 23').
↑ (Zurück)
6.30.
Der Urteilsvorschlag des Betreibenden, mit dem er den ersten Scherm begehrt, lautet im Landrecht (Kraus Bl. 24, Rampichl 164): "Der Weisbote hat recht und wohl gemeldet, man gebe dem N. deswegen einen Gerichtszeugbrief des ersten Scherm." Dies weist auf die ursprungliche Bedeutung des Aktes als Überprüfung der ordnungsgemäßen Durchführung der Pfändung (Planitz 626, 630, Anm. 43) und vorläufige Friedewirkung hin.
↑ (Zurück)
6.31.
In Steier stellt (zumindest später) der Weisbote eine Urkunde über den durchgeführten Ansatz aus (St. III art. 15, IV art. 67, Abs. 1, Beckmann "Ansatz").
↑ (Zurück)
6.32.
Die Landrechtsformel (Kraus Bl. 26 f., Rampichl 166) lautet: "Kommt der Beklagte und will die Pfand ledigen oder lösen, oder jemand anderer, der in die Pfand zu reden hat, der werde gehört." Beide im Texte erwähnten Zwecke lassen sich auch in St.Lr. art. 6, 137, und bei Bischoff Form. 13, 14, 24 nachweisen. Im späteren Rechte deutet jedoch bei dem auf drei (seit 1622 auf zwei) Rechtstagen erfolgenden Anbot nichts mehr auf den zweiten Zweck hin (St. III art. 40, IV art. 62, Beckmann "Anbot"), ebensowenig in Krain, wo dreimaliges Fürtragen üblich ist (Kr. art. 7, L. art. 17).
↑ (Zurück)
6.33.
Die Zeitgenossen sahen in der öffentlichen Aufforderung die Hauptbedeutung des Pfandfürtragens. Kraus leitet seine Darstellung mit den Worten ein (Bl. 7'): "So mues der clager umb derselben ansprach willen (damit ein anderer auch zu seinen recht hierinnen khomen kan) ein neuen process annfahen."
↑ (Zurück)
6.34.
Vgl. hiezu Meibom 83 und für das Eigentumsrecht an Sachen in der Gewahrsame des Schuldners Planitz 513 ff.
↑ (Zurück)
6.35.
Ein dreimaliges Aufgebot ist in vielen Rechtsgebieten nachweisbar (Planitz 630, Anm. 43). Das viermalige Pfandfürtragen ist eine örtliche Sonderbildung (vgl. Anm. 5, 32).
↑ (Zurück)
6.36.
In Steiermark ist die Schätzung schon spätestens 1574 vorerst vor, späterhin (Beckmann "Anbot", "Commissarii") nach Schermerteilung üblich (St. III art. 40, IV art. 69, Forma Frage 25), in Krain wird sie für Laibach erwähnt (L. art. 20, Abs. 5).
↑ (Zurück)
6.37.
Planitz (637, Anm. 59) kann im Gebiete des Pfandverfalles das Einlösungsanbot nur in einem Falle nachweisen, es ist aber noch im spateren Steirer (St. III art. 40, IV art. 69, Beckmann "Anbot"), Krainer (Kr. art. 7, Lr. art. 17) und österreichischen (Oe. II Bl. 37 f., Schwarzenthaler 446 f., Suttinger obs. 117, 118, Thasser Tract. III 40 f.) Rechte allgemein üblich. Die gegensätzliche Bestimmung im St. Gallener Banntaiding (16. Jh., Weistümer VI 61) bezog sich wohl nur auf grundherrliche Ansprüche (Dienst- und Zinsforderungen).
↑ (Zurück)
6.38.
Über das Verhältnis von Aufgebot und Angebot zur Einlösung als Komplikation eines früher einfacheren Verfahrens siehe Planitz 641. In Innerösterreich hat diese Entwicklung jedenfalls schon im 14. Jahrhundert begonnen (St.Lr. art. 6, 8, 137, Bischoff Form. 13, 14 16, 22, 24)
↑ (Zurück)
6.39.
Text bei Anm. IV, 14. Vgl. Schröder 844 f., Brunner I 252, II 463. Planck II 31 ff., 229 ff., Mayer-Homberg 69 f.
↑ (Zurück)
6.40.
Gegenüber den dürftigen Protokollierungen bei der Landschranne (Millstätter Prozesse 1529-1570, Wien, St. A. Oe. Akten, Kärnten, Fasz. 1, Bl 222-227, und GV., Millstätter Archiv, Fasz. 20; Schrannenprotokoll 1646, GV.A. Hs. 394) fällt die eingehende Sachdarstellung der Stadtrechtsprotokolle auf. Deshalb sind in Klagenfurt Gedenkherrn (vgl. Ampfinger art 19, Lro. art. 16, St. II art. 32, III art. 75, IV art. 63, Kr. art. 32, L art 15, Menger 80 ff.) nicht nachweisbar. Im Landrechte ist im 17. Jahrhundert die Klage zu Tagen schriftlich, die auf ein Geschäft mündlich (Holl. Obs Bl. 116).
↑ (Zurück)
6.41.
Im Landrecht kennt Ampfinger art. 16 nur die mündliche Bekämpfung der Weisung, anders schon Lro. art. 15 und die Fassung des art. 16 in B (Luschin, Carinthia I 191, 179, Anm. d), in Steiermark wurden die Schlußschriften spätestens 1574 eingeführt (St. III art. 66, IV art. 58), für Krain fehlen Nachrichten. In Niederösterreich wurde im Landrechte der mündliche Rechtssatz (Oe. I Bl. 1) 1575 beseitigt und das schriftliche Verfahren durchgeführt (Oe. II Bl. 19 ff., 31, Schenk ZP. 96, Chorinsky 10 ff.) Für Oberösterreich siehe Schenk ZP. 91 f.
↑ (Zurück)
6.42.
Zu Vergleichszwecken dient für Kärnten das in I, § 1, III, § 1, V § 1, verzeichnete Quellenmaterial, weiters kommen in Betracht: für Steiermark außer einigen Nachrichten in den Landrechtsordnungen von 1574 und 1622 die "Forma practicandi" in vierzig Fragen (gegen Ende des 16. Jahrhunderts, benützt nach LA. Hs. 517), Rechbach (Observationes und Appendix) und Beckmann; für Niederösterreich außer den Gerichtsordnungen von 1540 und 1557 und den verschiedenen im "Codex austriacus" abgedruckten Prozeßgesetzen (vgl. hierüber Canstein 105) die Arbeiten von Walther, Schwarzenthaler, Suttinger (Observationes und Consuetudines), Reutter, Thasser, Greneck, Banniza und von L. F. V.(ossius) (Collatio und Corolarium); für Oberösterreich Weingärtler und Finsterwalder. Über diese Arbeiten vgl. Luschin1 364 ff., 376, 379 f., Canstein 107 ff., 121, Chorinsky 63, Anm. 2, 78, Anm. 45, Vormundschaftsrecht Niederösterreichs (Wien 1878) 15 ff. Die vollen Titel sind aus dem Abkürzungsverzeichnis ersichtlich.
Für Krain fehlen Nachrichten, da auch die Laibacher Gerichtsordnung für das bei Klagen bis zu 30 fl. zuständige Verfahren vor dem Stadtrichter (art. 5) keine Vorschriften enthält.
Für das sächsische Recht, das mehrfache Ähnlichkeiten aufweist, wurden die Werke von Chilian König und Carpzov benützt (Titel im Abkürzungsverzeichnis, vgl. hiezu Stintzing I 560 ff., II 94 ff.).
↑ (Zurück)
6.43.
In ähnlicher Weise (hauptsächlich nach der Streitsumme) erfolgt während der Rezeptionszeit die Abgrenzung in zahlreichen Territorien, vgl. Perneder Bl. 28, Gobler Bl. 12', 21, Schwartz 26, 28, 34, 36, 49, 185, 190, 195 f., 200, 202, 228, 241, 248 (mit einer bezeichnenden Stelle aus der bairischen Landrechtsordnung von 1616), 272, 285, 314, 327, 338, Wolff 239.
In Niederösterreich unterscheidet man im 18. Jahrhundert zwischen "in ius vocatio" und "citatio" und verlangt für erstere schriftliche Klagseinbringung (Vossius 86). Mündlicher Prozeß findet bei Schuldklagen unter 30 fl. statt. Überleitung in das schriftliche Verfahren ist möglich (Vossius 121).
↑ (Zurück)
6.44.
Über mehrfache Ladungen im deutschen Rechte vgl. Anm. 4, im kanonischen Rechte Endemann 26 f.
↑ (Zurück)
6.45.
Auch bei der Landeshauptmannschaft konnte anscheinend ursprünglich Streiteinlassung nur durch Strafen erzwungen werden (vgl. Ordnung Bl. 176, Holl. Obs. Bl. 117 f.) Der ursprüngliche Rechtszustand hat Berührungspunkte mit dem älteren germanischen und fränkischen Rechte (Schröder 91, Brunner II 447 ff., Planitz 6 f.) und mit mittelalterlichen Partikularrechten (Planitz 89 ff.).
↑ (Zurück)
6.46.
Über Leistungsaufträge ohne Urteil im deutsch-mittelalterlichen Rechte vgl. Planitz 389 f., Planck II 403 ff., im kanonischen Rechte (praeceptum) vgl. Endemann 72, 74, 113.
Ähnlich wie Kärnten (auch in der Bezeichnung Geschäft) ist das bairische Recht der Rezeptionszeit, vgl. Perneder Bl. 28', Stölzel, Entw. 426. Das österreichische und steirische Recht entbehrt einer näheren Untersuchung, nach Schwarzenthaler (197) schließt sich der Gerichtsbrauch der gemeinrechtlichen Übung an. Es muß daher anscheinend — mit Ausnahme des Exekutivprozesses — in allen Fällen ein Erkenntnis erfolgen (Schwarzenthaler 182, Banniza 147, Vossius 349).
↑ (Zurück)
6.47.
Aus den dürftigen Nachrichten bei Ampfinger art. 26 läßt sich entnehmen, daß bei der Landeshauptmannschaft mündliche Klagseinbringung möglich war. Die "citatio" in Österreich (Anm. 43) erfolgte auf bloßes Ansuchen (Vossius 86). Eine ähnliche Gestaltung wie das Klagenfurter Verfahren weist der mündliche Prozeß im Hochstift Augsburg auf (Wolff 239, 259 ff.). Über sonstiges mündliches Verfahren in der Rezeptionszeit vgl. Schwartz 42 f. In Österreich wurde im Landrechte schon 1557 das mündliche Verfahren beseitigt (siehe Anm. 41, 49), war aber bei der Regierung um 1590 noch üblich (Schwarzenthaler 48, 289 f., 291, vgl. Chorinsky 10 ff., Schenk ZP. 98 ff., Beckmann "Processus"). Ganz setzte sich die Schriftlichkeit besonders in den niederen Instanzen wohl nie durch und trat im 18. Jahrhundert eine Rückkehr zur Mündlichkeit ein (Schenk ZP 53 f., SP. 33 ff., Chorinsky 47, Anm. 8, 70 f., 73 f., Banniza 146 f., 150, Vossius 121, 133 f., Cor. 44 f.).
↑ (Zurück)
6.48.
Vgl. Wetzell 895 ff., Schwartz 78 ff., 123, Gail 1 obs. 61 f., 73, 79 ff. Über das kanonische Verfahren vgl. Endemann 17 ff., über den italienischen Städteprozeß Schmidt 73 ff.
↑ (Zurück)
6.49.
Rein schriftlich ist das Verfahren im niederösterreichischen Landrechte seit 1557 (Ö. II Bl. 19' ff., 30 ff., Schwarzenthaler 152, 289). Zur Zeit Suttingers gibt es aber schon wieder, wenn auch nur formelle, Tagsatzungen (obs. 3). Sonst läßt sich in der gemeinrechtlichen Praxis erst im 17. Jahrhundert rein schriftliches Verfahren nachweisen (R. Schmidt, 84, 92). Über die schriftliche Gestaltung einzelner Prozeßakte vgl. Wetzell 121, Anm. 35, Sohm 210.
↑ (Zurück)
6.50.
Nach der Instruktion für Bürgermeister und Stadtrichter von 1587 (Anm. III, 2) steht ihnen nur der Vorsitz zu. Dagegen war der Landeshauptmann bis ins 18. Jahrhundert an das Votum der Beisitzer nicht gebunden (RW. "Landeshauptmann"), ebenso in Steier (Rechbach 46 f.).
↑ (Zurück)
6.51.
Die Beschränkung der Einreden gilt gegenüber allen liquiden Urkunden (vgl. über diesen Begriff im Texte bei I, 52, und Chorinsky 17 ff., 24) Inwieweit Einwendungen die Zwangsvollstreckung hemmten, lag wohl im Ermessen des Gerichtes, wobei grundsätzlich das Unrichtige das Richtige nicht ablehnen konnte (Lg. art. 22, 74). So weit wie in Steiermark und Niederösterreich (Schenk SP. 44 ff., Chorinsky 26 f.) scheint man in Kärnten mit dem Abschneiden der Einredemöglichkeit nicht gegangen zu sein, da Rampichl (137 ff.) die mildere Praxis Kärntens jener Krains (vgl. Kr. art. 9) gegenüberstellt. Die gemeinrechtliche Regel, daß Beweise "altioris indaginis" nicht aufgenommen werden dürfen (Briegleb EP 101 f., SP. 304 ff.) ist in Kärnten nicht nachweisbar (vgl. Chorinsky 26, Anm. 8). Übrigens siegte auch in Niederösterreich nach langem Schwanken (Chorinsky 26 ff., 29 ff., 38 ff., 63 ff., 89 ff.) im 18. Jahrhundert der Grundsatz der vollen Einredemöglichkeit (Chorinsky 92 f.). Bei Ablehnung von Einwendungen ist die Nachklage (Briegleb EP. 103 n., SP. 351 ff., Chorinsky 26) stets zulässig.
Diese Grundsätze des Kärntner Gerichtsbrauches lassen sich ungezwungen aus dem deutschen Rechte (vgl. Anm. 11, 14) erklären, ohne daß eine Beeinflussung durch die italienisch-gemeinschaftliche Praxis angenommen werden muß (über diese vgl. Briegleb EP. 93 ff., SP 202 ff.
↑ (Zurück)
6.52.
Über den mittelalterlichen Fremdenprozeß vgl. Planck II, 411 ff., Rudorff, Rechtsstellung der Gäste im mittelalterlichen städtischen Prozesse (Gierke U. 88, 1907), Alfred Schultze, Über Gästerecht und Gastgerichte in den deutschen Städten des Mittelalters (Hist. Zeitschrift 101, 473 ff.), Planitz, Studien zur Geschichte des deutschen Arrestprozesses (ZRG. 52, 228 ff., 271 ff.). Das Klagenfurter Fremdenrecht des behandelten Zeitraumes paßt zur Auffassung Rudorffs (Gastgericht eine Begünstigung des Fremden, 153 ff., dagegen Schultze 516 ff.), doch sagt dies nichts für die mittelalterliche Entwicklung. Die älteste Nachricht (Rechtsaufzeichnung von St. Veit, zwischen 1295 und 1335, G B. 172) spricht für die Anschauung Schultzes, das steirische Landrecht (art. 76, 145), das vermutlich aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammende Weistum der Grafschaft Ortenburg (L.A. Hs. 517, Bl. 64 ... sondern ein gast soll in dreyen tagen, geferttigt werden") und das Bürgerrecht von Obervellach (Abschrift von 1606, Carinthia I 1883, 118) für die Rudorffs.
↑ (Zurück)
6.53.
Über die Bedeutung von Gast vgl. Rudorff 15 ff., Schultze 475 ff, 524 ff.
↑ (Zurück)
6.54.
Vgl. Rudorff 189 ff., der 2-3tägige Fristen schon als Ausnahme bezeichnet (191 f.).
↑ (Zurück)
6.55.
Vgl. Beckmann "Ausländer", Suttinger Cons. "Ausländer", Finsterwalder 2, obs. 19. Im niederösterreichischen Landrechte haben Fremde nur dann Anspruch auf das Extraordinariverfahren, wenn sie die ordentlichen Rechte nicht auswarten können (Oe. II, Bl. 29', Suttinger obs. 3).
↑ (Zurück)
6.56.
Vgl. Planitz 253 f., Anm. 37, Skedl a.a.O., für die italienische Praxis vgl. Skedl 18 ff., für die gemeinrechtliche Skedl 36 ff., 42 f.
↑ (Zurück)
6.57.
Wie in der gemeinrechtlichen Lehre und Praxis (Skedl 39 ff., 49 ff., 77 ff., 87, anders bei den Italienern 34 f.) ist eine Grenze zwischen antizipierter Exekutionszulassung und antizipierter einseitiger Beweisführung im Urkundenprozesse nicht vorhanden und gibt es nur einen einheitlichen Mandatsbegriff. Da sich aber die gleiche Erscheinung beim Geschäfte des Landrechtsverfahrens nachweisen läßt, besteht kein Anlaß, Beeinflussung durch das gemeine Recht anzunehmen. Dagegen ist die Schriftlichkeit des Verfahrens — wenn Einwendungen erhoben werden — auf die durch das gemeine Recht hervorgerufene Zersetzung des mündlichen Prozesses zurückzuführen.
In Steiermark und Österreich besteht für ein eigenes Mandatverfahren mit Rücksicht auf die große Ausdehnung des Exekutivprozesses (vgl. Schenk SP. 43 ff., Chorinsky 4 ff., 22 ff.) wenig Bedürfnis, so daß es sich erst nach der Prozeßnovelle von 1681 (Cod. Austr. I, 25 ff.) in der niederösterreichischen Praxis des 18. Jahrhunderts (Chorinsky 57 f., 63 ff., Vossius 136 ff., Cor. 46) ausbildet.
↑ (Zurück)
6.58.
Die endgültige Beantwortung dieser Frage würde eine eingehende Untersuchung der steirischen Praxis erfordern, da die Nachrichten über das Verfahren bei der Kärntner Landeshauptmannschaft keine genügenden Anhaltspunkte bieten (vgl. Anm. III, 39). Für Steiermark siehe im Text nach Anm. 46. Über die vom Wechselprozeß und den Kontokorrentklagen ausgehende Verbreitung des mündlichen Verfahrens in Niederösterreich während des 18. Jahrhunderts siehe Chorinsky 80 ff., 88 ff. und Anm. 47 a.E.
↑ (Zurück)
6.59.
Wetzell 721 f., vgl. auch Gail 1, obs. 139.
↑ (Zurück)
6.60.
Vgl. Wetzell 735 ff., Gail 1, obs. 139. Das ältere steirische Recht stimmt mit dem Kärntner Verfahren überein (Forma Frage 37 f.), das ältere österreichische Recht hat nur eine Frist für Aufrichtung, Einführung und Erledigung der Appellation (Ö. II, Bl. 33', Schwarzenthaler 360, 362, 365, vgl. Schenk ZP. 48 f.), wogegen später Steiermark — soweit dort nicht die Appellation in einem Verhöre erledigt wird — und Österreich sich der gemeinrechtlichen Übung anschließen (Beckmann "Appellationis fatalia", Suttinger obs. 93 ff., Appellationsedikt von 1670, Cod. austr. I, 86 ff., Reutter, ad tab. 24 n. 78 f., Finsterwalder 1, obs. 84 ff.)
↑ (Zurück)
6.61.
Forma Frage 37, 38 kennt nur das schriftliche Appellationsverfahren, das auch in einem Grazer Stadtmagistratsprozesse nachweisbar ist (G.R.A. Reg. Expedita 1618 XI 5). Auch die Kanzleitaxen des Landschrannenschreibers und des Landeshauptmannschaftssekretärs enthalten keine Ansätze für Verhörsprotokolle (St. IV art. 8, 9). Dagegen erwähnt Forma Frage 32, daß bei der Regierung "zu Zeiten" mit Zustimmung beider Parteien Verhöre an Stelle der schriftlichen Appellation zugelassen würden und diese auch beim landesfürstlichen Kellergerichte und einigen anderen Instanzen üblich seien. Bei Rechbach (39 f., 46, 57) steht das mündliche Appellationsverfahren gleichberechtigt neben dem schriftlichen und ist nach Beckmann ("Appellationsprozessen") bei Prozessen aus Steiermark die Regel. Das mündliche Verfahren bürgerte sich allem Anscheine nach auf gewohnheitsrechtlichem Wege ein (vgl. Menger 84). Daß Zweckmäßigkeitsgründe maßgebend waren, betont R O. art. 59 ... weillen aber wegen ermanglung der rechten und gerichtlichen proceß erfahrnen Personen sich dits offtmals vil beschwörungen ... erregt, so soll es hinfüro also gehalten werden ..." (ähnlich Rampichl 112).
↑ (Zurück)
6.62.
Vgl. Planitz 120 ff. Über die Bezeichnung des Leistungsgebotes als Geschäft vgl. Stölzel, Entw. 323, Anm. 1, 330, Anm. 1.
↑ (Zurück)
6.63.
Dreimalige Zahlungsgebote im Mittelalter siehe bei Planitz 391, Anm. 21, 406, Anm. 43, 408, Anm. 46.
↑ (Zurück)
6.64.
Vgl. Forma Frage 21, Beckmann "Executio". In Österreich erfolgt nach Abschied (Urteil) vorerst (mit Ausnahme des Exekutivverfahrens oder wenn das Erkenntnis eine Leistungsfrist enthält) ein eigener Gebotsbrief (Ö. II, Bl. 36 f., Schwarzenthaler 445 f.). Nur bei der Regierung wird anscheinend gleich der Ansatz (vgl. Anm. 66) erteilt (Schwarzenthaler 62 f., 445). Die Exekutionsordnung von 1655 (Cod. Austr. I, 299 ff.) sieht kein Zwischenverfahren vor, doch bürgerte sich im Gerichtsbrauch eine "Warnung" ein (Suttinger obs. 111, Banniza 125 f., Vossius 351).
↑ (Zurück)
6.65.
Ebenso das Verfahren bei der Landeshauptmannschaft (Ordnung Bl. 177' ff., Fröauff § 2, Rampichl 178).
↑ (Zurück)
6.66.
Nach Forma Frage 25 ergeht — außerhalb des Landrechtsverfahrens — nach erfolgtem Ansatz (entspricht der Aufweisung, gibt jedoch dem Betreibenden Besitz, Forma Frage 21, Beckmann "Ansatz") ein dreimaliges Anbot auf 6 Wochen und 3 Tage, 14 Tage und ein letztes, mit dem die Bewilligung der Schätzung verbunden ist (ebenso Beckmann "Ansatz" a.E.). Das österreichische Verfahren (auch das landrechtliche) stimmt in allen Hauptpunkten mit dem Klagenfurter überein, außer daß Schätzung und Kommission stets nach dem Urlaub (der dem Land- oder Stadtscherm Innerösterreichs entspricht) stattfinden und ein Edikt zur Ausübung des Einstandrechtes der Verwandten ergeht. Vgl. Chorinsky 38, Anm. 2, und die dort erwähnten Belegstellen, denen noch Thasser Tract. III, 28 ff., Reutter ad tab. 4, n. 1 ff., hinzuzufügen sind.
↑ (Zurück)
6.67.
In Steiermark verschafft der Stadt- oder Landscherm volles Eigentum (Forma Frage 25, Beckmann "Ansatz" a.E.), ebenso in Österreich der Urlaub (Schwarzenthaler 67 f., 447, Thasser Pars I, 75 ff., Vossius 239). über die Verwendung der Bezeichnung Stadtscherm im Klagenfurter Stadtgerichte und ihre Wirkung siehe im Text bei III, 134 ff.
↑ (Zurück)
6.68.
Planitz 706 ff. Über den Ausdruck vgl. Planitz 728, Anm. 7.
↑ (Zurück)
6.69.
Vgl. die Darstellung des kanonischen Exekutionsverfahrens bei Endemann 135 ff., des gemeinrechtlichen bei Wetzell 633 ff., 985 f.
↑ (Zurück)
6.70.
Das Wesen der Einrichtung bleibt unverändert (Text bei V, 39). Die Ausdrücke sind jenen bei der Landeshauptmannschaft nachgebildet (Fröauff § 2, Rampichl S. 179 f., Vorschlag, 2. Tl., art. 2, § 3 ff.). Für den gemeinrechtlichen Sprachgebrauch vgl. Perneder Bl. 14 ff., 76 ff., Schwarzenthaler 64 ff., Suttinger obs. 112, 129 und Rampichl 124 ff.
↑ (Zurück)
6.71.
Von den Darstellungen des Kärntner Gerichtsbrauches streifen Lg. art. 71, 72, 75 arrestrechtliche Fragen, die angeschlossene Formelsammlung enthält (Bl. 146') ein Anrufen um eine Justifizierungstagsatzung, wonach es landsgebräuchlich war, die "allegierten" Arrestursachen in einem mündlichen Verhör summarisch zu "ventilieren". Fröauff überliefert eine Reihe arrestrechtlicher Entscheidungen der Landeshauptmannschaft. Eine gesetzliche Regelung wurde 1675 versucht (Anm. III, 151), eingehend wird der Arrest im Vorschlag (3. Tl. art. 4) behandelt.
↑ (Zurück)
6.72.
Für Steiermark vgl. Beckmann "Arrestum". Die gesetzlichen Vorschriften sind äußerst dürftig (Landgerichtsordnung von 1574, Teil III, art. 17), eine umfassende Regelung war in den späteren Gerichtsordnungsentwürfen beabsichtigt (Bericht der i. ö. Regierung über die Emendanda der Steyrischen Gerichtsordnung. 1732, GV. Hs. 3/8, Bl. 267 ff.), für Österreich siehe Oe. II Bl. 19f., Suttinger Cons. "Arrest", Finsterwalder 1. obs. 31, Greneck 378 ff., Vossius 89.
↑ (Zurück)
6.73.
Vgl. hierüber Kisch, Der deutsche Arrestprozeß in seiner geschichtlichen Entwicklung (Wien-Leipzig 1914), 104 ff., 136 ff.; über die Entstehung des mittelalterlichen deutschen Arrestprozesses siehe Planitz, ZRG. 47, 94 ff.; 52, 223 ff.; 53, 87 ff., und zusammenfassend: Grundlagen des deutschen Arrestprozesses (Leipzig 1922), sowie Oertel, Entwicklung und Bedeutung des Grundsatzes anteiliger Gläubigerbefriedigung im älteren deutschen Rechte (Leipziger Dissertation 1901) 11 ff., 44 ff., Planck II, 358 ff.
↑ (Zurück)
6.74.
Über den Ausdruck "Verbieten" vgl. Oertel S. 47 f.
↑ (Zurück)
6.75.
Anm. III, 143, vgl. Planitz, Arrest 35 ff.
↑ (Zurück)
6.76.
Kisch 40, Planitz ZRG. 53, 137 ff., Arrest 29, 37, 80, 93. Entgegengesetzt der italienische Arrestprozeß des Spätmittelalters (Wach 167 ff.) und der gemeinrechtliche Gerichtsbrauch (Kisch 127 ff.).
↑ (Zurück)
6.77.
Anm. III, 151, vgl. auch Fröauff 2. Tl. Nr. 6, 8, 61, 77.
↑ (Zurück)
6.78.
In Steiermark (Beckmann "Arrestum") und Österreich (Suttinger obs. 9 n. 10) erfolgen nach Arrestjustifizierung zwei Zuschreiben und dann die Zwangsvollstreckung, gilt also die Arrestentscheidung als Erkenntnis in der Hauptsache (vgl. Anm. III, 151), anders später in Österreich (Thasser Tract. I 79 ff., Greneck 381).
Im allgemeinen glaube ich mich für Klagenfurt der Auffassung von Planitz (Arrest 90 ff.) anschließen zu können, wonach die Rezeption des italienischen Arrestprozesses rein äußerlich war und im wesentlichen die deutschrechtlichen Grundsätze erhalten blieben (entgegengesetzt Kisch 129 ff.).
↑ (Zurück)
6.79.
Über die Bezeichnung des Stadtgerichtsverfahrens gegenüber dem Stadtrechte als "Summarirecht" vgl. IV, § 7.
↑ (Zurück)
6.80.
Vgl. Rosenberg, Stellvertretung im Prozesse (Berlin 1908) über das deutsche Recht 434 ff., 472 ff., über das römisch-kanonische Recht und das italienische Statutenrecht 391 ff.; Planck I, 190 ff.
↑ (Zurück)
6.81.
Über diese römisch-kanonische Form vgl. Rosenberg 402 f. Sie ist schon im deutschen Mittelalter nachweisbar (Rosenberg 465).
↑ (Zurück)
6.82.
Dies entspricht dem steirischen Rechte des Mittelalters (St. Lr. art. 20, vgl. Rosenberg 459, Anm. 1, 462, Anm. 7, 481 f.). Das Kärntner Landrecht läßt lange Zeit keine Stellvertretung zu (Stadtr. Anm. 3). Im steirischen Landrecht wurde die Verpflichtung zu persönlichem Erscheinen erst 1622 endgültig aufgehoben (vgl. Bischoff 85, St. III art. 42, IV art. 43). In Krain ist die Vollmachtsübertragung im Landrechte nur mittels Ergreifung des Gerichtsstabes (Kr. art. 6, Erberg obs. 24), in Laibach seit 1586 auch schriftlich möglich (L. art. 8). Österreich kennt keine Beschränkungen (Oe. II Bl. 16 f., Schwarzenthaler 129, 146).
↑ (Zurück)
6.83.
Vgl. Lro. art. 32. Über Gewährleistung im deutschen Rechte vgl. A. S. Schultze (Anm. 19) 571 f., Gillis, Gewährschaftszug und Laudatio actoris (Gierke U. 118, 1913). Das steiermärkische und krainische Recht stimmt im allgemeinen mit Kärnten überein (St. III art. 78, IV art. 49, Forma Frage 15, Beckmann "Evictio", "der Scherm", "die Scherm". "Schermweigerungen", Erberg obs. 33). Nach österreichischem, sonst ebenfalls auf deutscher Grundlage aufgebautem Rechte haftet der Vormann nur, wenn der Scherm ausdrücklich bedungen war (Oe. I Bl. 5, II Bl. 25, Suttinger Cons. "Schirmung", "Schirm", Suttinger obs. 31, 33, Thasser Tract. III 75 ff., Vossius 247 f.).
↑ (Zurück)
6.84.
Das innerösterreichische Recht (vgl. Beckmann "iuramentum calumniae", L. art. 13, Abs. 3) weist hier einen wohltuenden Unterschied gegenüber der gemeinrechtlichen Übung (Wetzell 312 ff., Schwartz 103, Perneder Bl. 55 f.. Gobler Bl. 52' ff., Gail I, obs. 83 ff.) und dem Gefährdeeide des deutschen mittelalterlichen Rechtes (Schröder 392 f., Brunner II, 456 ff., Meyer-Homberg 90 ff., Planck I 222, II 102) auf. Auch das sächsische Recht lehnt den generellen Kalumnieneid ab (König 266, Carpzov 401, Kleinfellner 107). Das österreichische Recht verwendet bis 1670 den Gefährdeeid im Appellationsverfahren (Oe. I Bl. 14, II Bl. 32', Schwarzenthaler 167, Suttinger obs. 91, 92, Weingärtler 281, Finsterwalder 1, obs. 87, vgl. Schenk, Z.P. 94, Anm. 14).
↑ (Zurück)
6.85.
Vgl. Wetzell 915 ff., für das kanonische Recht Endemann 46 ff. Über den übereinstimmenden Gerichtsbrauch in Kärnten, Steiermark und Österreich siehe Rampichl 101 f., Rw. "Caution", St. III art. 27, IV art. 25, Forma Frage 14, Beckmann "Cautio", Schwarzenthaler 122 f., Suttinger obs. 24, Banniza 161 f.. Vossius 91 ff.
↑ (Zurück)
6.86.
II, § 2 a. E. Lro. art. 22 behandelt nur die klägerischen Kosten, erst RO. art. 45, 50, 52 wollte die Frage zugunsten des siegenden Beklagten regeln. Nach deutschem Recht haben die Streitteile keinen Kostenersatzanspruch, doch setzt die gegenteilige Entwicklung schon im Mittelalter ein (Planck I 153 f., Planitz 550 f.). In Steiermark hat Lr. (art. 32, 33, 48, 69) noch keine allgemeine Kostenersatzpflicht, anders St. I art. 5, 6, II art. 33, 34, III art. 76. Die Krainer Landschranne kennt mit wenigen Ausnahmen keinen Kostenersatzanspruch des Beklagten (Kr. art. 1, 8), anders L I art. 22. In Österreich gilt Kostenersatzpflicht (Oe. II Bl. 31' f., Schwarzenthaler 460 ff., Suttinger obs. 133).
↑ (Zurück)
6.87.
Vgl. für das kanonische Recht Endemann 143 ff., Wetzell 565 ff. Nach Harrasowsky, Codex Theresianus (Bd. 3, Wien 1884, 305, Anm. 11) wurden in Kärnten Kosten nur im Falle einer offenbar mutwilligen Prozeßführung zugesprochen, für Klagenfurt ist diese Einschränkung nicht nachweisbar.
↑ (Zurück)
6.88.
St. III art. 76, Abs. 1, IV art. 66, Abs. 1, Kr. art. 7, L. art 22, Schwarzenthaler 471 f., 475 ff., Suttinger obs. 133.
Die Möglichkeit der Expenstaxierung zusammen mit dem Erkenntnisse in der Hauptsache — wie im gemeinen Rechte (Wetzell 570, Anm. 83) — und die Verbindung der richterlichen Bemessung mit einem Parteieneide (Gail 1, obs. 151 n. 11, Schwarzenthaler 472 ff., König 595, 607, Carpzov 785 ff.) ist dem österreichischem Rechtsgebiete fremd.
↑ (Zurück)
6.89.
Vgl. für Kärnten Kraus Bl. 4, Ordnung Bl. 176, Holl obs. Bl. 111 bis 114', Fröauff § 1, Rampichl 132 ff., 174, für Steiermark St. III art. 20, IV art. 23, Forma Frage 1, 2, Beckmann "gütliche Ersuchung", für Krain L. art. 3, Erberg obs. 13. Nach Beckmann war das gütliche Ersuchen auch in Österreich üblich, jedenfalls aber nicht zwingend, da es in keiner der zahlreichen Darstellungen erwähnt wird.
↑ (Zurück)
6.90.
Für alle Übung spricht die Darstellung bei Kraus a.a.O., die Fassung von St. III art. 20 und die bezeichnende Stelle bei Rampichl (132) ... "laudabili more ab antiquissimo tempore ... inducta sit consuetudo".
Es ist möglich, daß der Ladungsakt, der ursprünglich vor zwei Zeugen erfolgen mußte (Planck I 345, 350), sich sonderrechtlich in das gütliche Ersuchen vor und die Ladung nach der Klage spaltete und beim Ersuchen zu Beweiszwecken Schriftlichkeit oder Zuziehung von zwei Zeugen gefordert wurde. Wenn die Auslegung der Stelle Lex. Baiw. XIII, 2, bei Planitz (147 ff.) zutrifft, so war schon im frühmittelalterlichen Baiern außergerichtliche Mahnung vor Klagseinbringung erforderlich und kann sich diese Vorschrift in einem abgelegenen Grenzgebiete erhalten haben, während sie im Hauptlande außer Übung kam. Gegen diese Auslegung Brunner II, 453, besonders Anm. 69.
↑ (Zurück)
6.91.
Für Klagenfurt vgl. Anm. I, 20. Die bei Schwarzenthaler 180, Suttinger obs. 53 und Beckmann "Articulus" erwähnten Artikel sind solche des Beweisverfahrens. Für das gemeine Recht vgl. Wetzell 630, 970 f., Schwartz 102 f., 109, 117 f., Kleinfeller 65 ff., Schmidt 85, für das mit der Klagsartikulierung in Zusammenhang stehende kanonische Positionenwesen vgl. Endemann 46 ff. In Sachsen vermochte sich die Artikulierung ebenfalls nicht durchzusetzen (Planck BU. 185, Kleinfeller 108 ff., 119 f., Schmidt a.a.O.).
↑ (Zurück)
6.92.
Über dieses Prinzip und sein deutschrechtliches Wesen vgl. Albrecht, Ausbildung des Eventualprozesses im gemeinen Zivilprozesse (Marburg 1837), Planck BU. 33 ff., 38 ff., Briegleb S P. 45 ff., Wetzell 964 ff.
Schwartz 76, 82 ff., 109, 112, 118, 121, 139, 247, 259, 415 ff., 484 ff. Das kanonische Recht zeigt nur dürftige Ansätze (Endemann 42 ff.).
↑ (Zurück)
6.93.
Nach St. III art. 52, IV art. 48, Forma Frage 12, 13, Beckmann "Exceptio", Oe. I Bl. 1, II Bl. 22, Schwarzenthaler 142 ff., Suttinger obs. 38, Reutter ad tab. 24 n. 167, Thasser Pars I 31 ff., Erberg obs. 30 sind die dilatorischen Einwendungen vor Kriegsbefestigung gemeinsam einzubringen. Peremptorische Exzeptionen einzuwenden, ist (wie Rampichl 100, St. IV a.a.O., Beckmann a.a.O., Schwarzenthaler 152 erklären) auch nach der Litiskontestation zulässig, wogegen allerdings Suttinger (obs. 40) dem Gerichtsbrauche folgend verlangt, daß sie zusammen mit der Antwort in der Hauptsache erhoben werden. In Österreich müssen später entsprechend den Kompilationsentwürfen des 17. Jahrhunderts (vgl. Chorinsky 41 ff., Canstein 112) alle Exzeptionen, dilatorische und peremptorische, gemeinsam eingebracht werden (Vossius 147, Cor. 45 f.). In Laibach (art. 10) sind alle Exzeptionen vor Kriegsbefestigung geltend zu machen, doch bezieht sich dies mit Rücksicht auf Erberg a.a.O. vielleicht nur auf die dilatorischen.
↑ (Zurück)
6.94.
Gerichtsordnung der Stadt Stade von 1606 (Schwartz 59), Elbinger Gerichtsbrauch (Schwartz 272), Jus terrestre von 1598 in Polnisch-Preußen (Schwartz 274), ähnlich die Danziger Willkür von 1761 (Schwartz 276).
Über das Schwanken des Exzeptionsbegriffes und der Vorschriften über die Zeit ihrer Einbringung in der älteren sächsischen Praxis siehe Planck BU. 185 f., König 278 ff.
↑ (Zurück)
6.95.
Vgl. Anm. I, 25, III, 26, IV, 13. Bei der Landeshauptmannschaft unterscheidet das General vom 13. Februar 1612 (Anm. 193) zwischen deklinatorischen, dilatorischen und peremptorischen Exzeptionen, setzt aber anscheinend deren gemeinsame Einbringung voraus (L A. Hs. 517, Bl. 315').
↑ (Zurück)
6.96.
Exceptio non numeratae pecuniae, solutionis, praescriptionis (vom österreichischen Schrifttum werden sie entsprechend dem gemeinrechtlichen Standpunkte unter die peremptorischen Einreden gerechnet, vgl. Schwarzenthaler 132, Suttinger obs. 40, Thasser Pars I 34, Rampichl 99, Wetzell 164 f.) und die nach gemeinrechtlicher Lehre (vgl. Albrecht, Exceptionen des gemeinen deutschen Zivilprozesses, München 1835, 207 f.) dilatorische Exzeption "plus petitionis".
↑ (Zurück)
6.97.
Es wird nur eine Person an Stelle mehrerer (z. B. bei Erbschaften) oder es wird jemand um Sachen, die er nicht zu verantworten hat, oder Güter, die er nicht besitzt, geklagt. Allerdings wird hinzugefügt "und was solche beweglichen Ursachen" sind. Vgl. Planck I 391 ff., 399 ff.
↑ (Zurück)
6.98.
Vgl. über die Antwortverweigerung Planck I 373 ff., BF. 262 ff., B U. 42 f. Sie war vor der Antwort in der Hauptsache geltend zu machen (Planck I 412 f.). Eine Verbindungspflicht der einzelnen Weigerungsgründe bestand allerdings nicht (Planck I 413 f.), doch läßt sich das Auftreten dieser Vorschrift ungezwungen aus der Entwicklung des Eventualprinzipes erklären (vgl. Anm. 92).
↑ (Zurück)
6.99.
Vgl. Sohm, besonders 208 ff., aus der älteren Literatur Albrecht (Anm. 96) 132 ff., Wetzell 114 ff. Für das kanonische Recht vgl. Endemann (52 ff.) und für die Beseitigung der Litiskontestation durch die spätere Reichsgesetzgebung Albrecht (Anm. 92) 47 f.
In Kärnten überwiegt die Bezeichnung Kriegsbefestigung. Litiskontestation gebraucht Ampfinger in art. 8, der auch zwischen ihr und der Verteidigungs mittels Exzeptionen unterscheidet. Dagegen verwendet er in art. 10 und 11 "Antworter" und "antworten". Lro. art. 7 gebraucht für beide Verteidigungsarten (Exzeption und Verantwortung in der Hauptsache) ... Klag verantworten", dagegen (art. 17) bei Behandlung des Falles, was zu geschehen habe, wenn eine Partei nach dem vierten Tage stirbt, den Ausdruck "Kriegsbefestigung", der sich sinngemäß ebenfalls auf beide Verteidigungsarten bezieht. Str. V. 108, 113 verwendet anscheinend Kriegsbefestigung im gleichen Sinne, wogegen R O. art. 34 diesen Ausdruck im Sinne der gemeinrechtlichen Lehre gebraucht. Ordnung, die Hollenburger Observationen und Fröauff verwenden ihn nicht. Bei Rampichl (99, 102 f.) wird Litiskontestation entsprechend dem gemeinrechtlichen Sprachgebrauch verwendet, an zwei späteren Stellen (157, 160) im Teile seiner Arbeit, der den Kärntner Gerichtsbrauch behandelt, werden darunter beide Verteidigungsarten verstanden. In den Protokollen wird Kriegsbefestigung nicht häufig (11. September 1563, 22. Jänner 1573, 2. Juni 1576, 14. Oktober 1591, 22. März 1610), Litiskontestation erst spät gebraucht (11. Oktober 1639 in Anm. III, 26).
↑ (Zurück)
6.100.
Vgl. die Protokollstellen in Anm. 102, Kraus Bl. 5 (Anm. IV, 13) und Rampichl 157 ... "si reus litem contestatur", während er im allgemeinen Teil die Litiskontestation als zweiseitigen Akt auffaßt (99, 102 f.), wie dies auch bei Beckmann "Litis contestatio", Schwarzenthaler 156 ff., Weingärtler 260, Thasser Pars I S. 29 ff. geschieht. Nach Erberg obs. 34 ist sie ein einseitiger Akt.
Über die Entwicklung zur Einseitigkeit der Litiskontestation in Deutschland vgl. Albrecht (Anm. 96) 140 ff., Wetzell 121 f., Sohm 210 f.
↑ (Zurück)
6.101.
Vgl. Wetzell 120 ff., Sohm 208 ff. Die in Anm. 100 erwähnten österreichischen Schriftsteller schließen sich der gemeinrechtlichen Lehre an.
↑ (Zurück)
6.102.
Vgl. Anm. 99. Kraus verwendet Kriegsbefestigung in diesem Sinne (Anm. IV, 13). Dazu kommen verschiedene Belegstellen aus den Stadtrechtsprotokollen (2. Juni 1576) "mit vernein befestigt", (14. Oktober 1591) "in der haubtsache befestigt", die nur dahin ausgelegt werden können, daß man neben der Kriegsbefestigung durch Antwort in der Hauptsache auch eine solche durch Exzeption kannte. Allerdings wird auch — besonders später — Litiskontestation im gemeinrechtlichen Sinne gebraucht (vgl. Anm. 99 und in Klagenfurt z.B. das Gegenvermelden Khienpergers vom 5. Juli 1624 im Prozesse Khienperger-Edlinger, Fasz. 82/4).
↑ (Zurück)
6.103.
Vgl. Schmidt, Klagänderung (Leipzig 1888) 30 ff., 97 ff., Planck B U. S. 186. Die gleiche Auffassung der Kriegsbefestigung wie in Kärnten findet sich in der vorpommerschen Hofgerichtsordnung von 1566 (Schwartz 300).
↑ (Zurück)
6.104.
Vgl. hierüber und über die Beibehaltung dieser Dreiteilung im sächsischen Prozeß auch nach der Rezeption Planck B U. 42 ff., 184 ff.
↑ (Zurück)
6.105.
Zur Unterbrechung der Verjährung verlangen Lro. art. 26, R O. art. 36 rechtliche "Forderung" innerhalb der Verjährungsfrist, ohne der Litiskontestation zu gedenken, ebenso St. III art. 38, IV art. 51 gütliches oder rechtliches Ersuchen, ähnlich Kr. art. 10. In späterer Zeit kennt man in Innerösterreich eine außergerichtliche Unterbrechung der Verjährung (Harrasowsky, Codex Theresianus, Bd. 2, Wien 1884, 154, Anm. 9).
↑ (Zurück)
6.106.
Auch in Steiermark (vgl. Str. 1 bis IV) und Krain (Kr. I, Erberg obs. 34) ist dies nicht der Fall.
↑ (Zurück)
6.107.
RO. art. 18, Abs. 8, worin erstmals die Klagsänderung behandelt wird, läßt, wenn ein "Ihrsall" in der Klage vorgekommen und sowohl Ladung wie Gerichtszeugbrief ergangen ist — also nach Verrichtung des ersten Tages — nur zu, von der Klage zu fallen.
↑ (Zurück)
6.108.
Ebenso im sächsischen Prozesse, allerdings erst von der Gewer an (Schmidt 102 ff.).
↑ (Zurück)
6.109.
Die Theorie (Rampichl 93) stand jedoch wie die steirische (Beckmann "Libellus"), krainische (Erberg obs. 22) und österreichische (Schwarzenthaler 11, Suttinger obs. 16, Thasser Pars I 26 ff., Vossius 99, Weingärtler 255, Finsterwalder 1, obs. 28) Lehre und Übung und das gemeine Recht (Schmidt 94 ff., 125 ff.) auf dem Standpunkte, daß vor Litiskontestation die Klagsänderung (gegebenenfalls unter Kostenfolgen) zulässig sei.
↑ (Zurück)
6.110.
Es besteht weitgehende Übereinstimmung mit dem sächsischen Rechte, in dem Säumnis des Klägers stets nur Verlust der Instanz zur Folge hat und Fallenlassen mit dieser Einschränkung gestattet ist (Schmidt 114 f.). Allerdings ist späterhin die Praxis wieder strenger (Schmidt 120 ff.). Auch nach der späteren gemeinrechtlichen (von Sachsen beeinflußten) Übung hat Beklagter Anspruch auf ein Sachurteil nur gegen den tatsächlich säumigen Kläger, nicht aber gegen jenen, der die Klage freiwillig fallen läßt (Schmidt 126 f.).
Nach St. III art. 49, IV art. 60 kann Kläger (anscheinend während des ganzen erstinstanzlichen Verfahrens) auch gegen den Willen des Beklagten von der Klage fallen, wenn er schwört, daß es nicht gefährlicherweise geschehe, und die Kosten ersetzt. Für Österreich fehlen Nachrichten.
↑ (Zurück)
6.111.
Rampichl 103 f. Vgl. Wetzell 123 ff., für das kanonische Recht Endemann 56 ff., für den damit übereinstimmenden Rechtszustand in Steiermark und Österreich Beckmann "Litis contestatio", Schwarzenthaler 162 f., Suttinger obs. 37, Thasser Pars I 30, Weingärtler 261, Finsterwalder 1, obs. 41.
↑ (Zurück)
6.112.
Kleinfeller 74 f., 110 ff., 119 ff., 172 ff., Sohm 212 ff., Schwartz 122, 140 f., 147, 211, 247, 258 f., 481 f. Keine spezielle Litiskontestation wurde in Sachsen Ernestinischer Linie verlangt (Muther, Gewissensvertretung im gemeinen deutschen Recht, Erlangen 1860, 79 f., Kleinfeller 121).
↑ (Zurück)
6.113.
Streiteinlassung oder Verantwortung bedeutet im folgenden nicht die Litiskontestation des gemeinen Rechtes, sondern die erste Beteiligung des Beklagten am Prozesse.
↑ (Zurück)
6.114.
Planitz 418 ff., 422 ff., 428 ff., Planck II 279 ff., Schwartz 409 ff.
↑ (Zurück)
6.115.
Über die gemeinrechtlichen Verfahrensmöglichkeiten vgl. Wetzell 612 ff., 981 ff., Schwartz 101 f., für die Scheidung des Säumnis- in Eremodizial- und Kontumazialverfahren (im engeren Sinne) vgl. Schmidt, 74 f., 81, 551 f.
In Krain gilt das gleiche wie in Kärnten (Kr. art. 1, 2, L. art. 14, Erberg obs. 29). In Steiermark herrschte ursprünglich das Kontumazialprinzip (St. III art. 39, 40, 47, IV art. 42, 62, 69, Forma Frage 12), später war anscheinend für den Beklagten die Möglichkeit gegeben, innerhalb Jahresfrist nach dem Ansätze (siehe Anm. 66) gegen Kostenersatz in den Prozeß einzutreten (Beckmann "Contumacia"). Ob dies entgegen dem klaren Wortlaute der Gerichtsordnungen auch im Landrechte möglich war, ist fraglich. In Österreich erfolgte bei Ladungsungehorsam Kontumazerkenntnis mit der Möglichkeit des Wiedereintrittes in den Prozeß wie in Steiermark (Oe. II Bl. 38 f., Schwarzenthaler 62 f., 66, Suttinger Cons. "Contumacia" "Ungehorsam", Weingärtier 253 f., Finsterwalder 1, obs. 35). Später überwog das Säumnisverfahren im engeren Sinne ohne Wiedereintrittsmöglichkeit (Greneck 420 f., Banniza 146 f., 163, Vossius 129, 137 ff.).
Über Gebiete, die am deutschrechtlichen Kontumazprinzipe festhielten, vgl. Schwartz 27, 29, 52, 271, 307, 323. Dazu gehört, wenn auch in etwas abgeschwächter Form, Sachsen (Schwartz 134, 151, 153, 169 f., vgl. König 263 ff., Carpzov 242 ff.).
↑ (Zurück)
6.116.
Im deutschen mittelalterlichen Rechte tritt im allgemeinen auch nur Entbindung von der Instanz ein, doch kann nach Landrecht der Beklagte bei fortgesetztem Nichterscheinen des Klägers auch endgültige Entbindung von der Klage erwirken (Planck II 319 ff.). Das spätrömische und zum Teil das gemeine Recht hat die Möglichkeit des Eremodizialverfahrens (Wetzell 610 ff.). Wie Kärnten Steiermark (Forma Frage 12, Beckmann "Contumacia") und Österreich (Suttinger ob s. 23 n. 7 ff., Thasser Pars I S. 72, Finsterwalder 1, obs. 35). In Krain tritt bei Nichterscheinen des Klägers am endhaften Tage Sachverlust ein und wird die Milderung der Kontumazfolgen dahin, daß die klägerische Abwesenheit in den Vorterminen nur Entbindung von der Instanz zur Folge hat, als Neueinführung bezeichnet (Kr. art. 1, 2, L. art. 14).
↑ (Zurück)
6.117.
Text bei IV, 21, und Anm. IV, 28. Im mittelalterlichen deutschen Rechte hat Säumnis für beide Teile Prozeßverlust zur Folge (Planck II 317 ff., 321). Dieser Standpunkt hat sich wohl nirgends behauptet (vgl. für Sachsen König 346, Carpzov 241 f.). In Steiermark (Forma a.a.O., Beckmann a.a.O.), Krain (L. art. 13, Abs. 1, 6) und Österreich (Schwarzenthaler 318, Suttinger obs. 23, 77, Thasser Pars I 72 f., Vossius 130 ff., Finsterwalder 1, obs. 35) entspricht der Gerichtsbrauch jenem Kärntens.
Der Vorgang bei der Weisungsdesertion (Text bei IV, 22) steht nicht im Gegensatze zum Eremodizialprinzipe, da mit der Nichtführung des Beweises für den Beweispflichtigen notwendig Sachverlust verbunden ist, bei Nichtführung des Gegenbeweises eine Sachentscheidung in der Hauptsache erfolgen muß.
Lehrreich ist der Vergleich mit dem französischen Rechte, in dem die Entwicklung vom Ungehorsams- über das Kontumazial- zum Eremodizialverfahren führte (Mitteis, Studien zur Geschichte des Versäumnisurteiles besonders im französischen Rechte, ZRG. 55, 137 ff.). Das Kontumazialprinzip erhielt sich besonders im Verfahren vor der Litiskontestation (Mitteis 200, 228), sonst hat Fristversäumnis Teilausschluß zur Folge (Mitteis 192, 221, 237).
↑ (Zurück)
6.118.
Vgl. Schwartz 33, 35 f., 756, für das kanonische Recht Endemann 175 f.
↑ (Zurück)
6.119.
Beim Kläger hat vermutlich das gleiche wie im Stadtrechte gegolten (vgl. für Steiermark und Österreich Anm. 116 und für die Entwicklung im späteren sächsischen Rechte Schmidt, Klagänderung 114, wonach Entbindung von der Instanz erfolgt).
↑ (Zurück)
6.120.
Vgl. Anm. 45. Hier berührt sich das Verfahren mit dem älteren Ladungsungehorsamsverfahren (vgl. darüber Planitz 88 ff., für Übergänge zum Kontumazialverfahren Planitz 413 ff.).
↑ (Zurück)
6.121.
Vgl. hierüber A. Schmidt, Echte Not (Leipzig 1888), Planck II 326 ff., Planitz 341. In Kärnten wird natürlich nur der süddeutsche Ausdruck "ehafte Not" (Schmidt 14 ff.) verwendet.
↑ (Zurück)
6.122.
Nach Lro. art. 30 (vgl. Schmidt, Anm. 137, 206, 219, 266) Gefangenschaft, schwere Krankheit und große wilde Wässer.
↑ (Zurück)
6.123.
Über diesen Ausdruck vgl. Schmidt 123 f., Anm. 47, 349 ff., Götze (Anm. 21) 186. Schein ist jedoch nicht von sunne, sondern von schin = Beweis abzuleiten (vgl. Lexer, Mittelhochdeutsches Wörterbuch 2, 747, Schmeller-Fromann, Bayrisches Wörterbuch 2, 424, Grimm, Deutsches Wörterbuch 8/2426/8 b, c, siehe auch RO. art. 29 "scheinpot oder gewaltsträger").
↑ (Zurück)
6.124.
Lro. art. 30, Planck II 330, Schmidt 130 ff.
↑ (Zurück)
6.125.
Vgl. Rosenberg (Anm. 80) 451. Lro. art. 30 und St. II art. 23 geben dem Gegner das Recht, wenn sich ein Kranker zweimal mit echter Not entschuldigt und keinen Vertreter stellt, das drittemal auf seine Kosten die Abhaltung des Rechtes am Krankenbette zu verlangen. Über die verfahrensrechtlichen Wirkungen der echten Not siehe Schmidt 149 ff. Während schon St.Lr. art. 166 echte Not auch beim Kläger kennt, kann nach Ampfinger (art. 9) ehafte Not dem Kläger nicht helfen, dagegen spricht (Lro. art. 30 äußert sich zu dieser Frage nicht) R O. art. 29 von beiden Streitteilen.
↑ (Zurück)
6.126.
R O. art. 29 hat diesen Schritt getan, da die Aufzählung mit den Worten schließt "... und was etwo dergleichen verhinderlichen Ursachen ... mer sein mögen". Das gilt in Steiermark (St. III art. 23, IV art. 41) und Krain (Kr. art. 1, 2, L. art. 14). In Österreich ist wahrscheinlich schon die Aufzählung in Oe. I Bl. 7 nicht mehr taxativ, später ist dies bestimmt nicht der Fall (Suttinger obs. 23 a.E., Vossius 96). Vgl. Schmidt 110 ff. und über die Beeinflussung durch die Rezeption 114 ff.
↑ (Zurück)
6.127.
Vgl. Brunner II 498 ff., Planck II 1 ff., Mayer-Homberg 85 ff., 211 ff., 238 ff., 241 ff., 278 ff., für Baiern Pfordten, Beweisführung nach Kaiser Ludwigs Oberbayr. Landrechte von 1346, ZRG. 12, 346 ff., für das österreichische Rechtsgebiet Hasenöhrl (Anm. 3) 218 ff., Beweiszuteilung im österreichischen Rechte des Mittelalters (WSB. 139).
↑ (Zurück)
6.128.
Der Parteieneid mit Zeugen (vgl. Planck II 45 ff.) kommt im Zivilverfahren nur in wenigen, wahrscheinlich schon veralteten Stellen vor (art. 3, 14 181) Es überwiegt der Zeugenbeweis (art. 16, 29, 32, 33, 45, 71, 152) und ist auch der Urkundenbeweis zumindest beim Gerichtszeugnisse entwickelt (art. 66, 71, 83, vgl. Planck II 193 ff.). Die Möglichkeit, den Gegner selbst als Beweismittel zu benützen (vgl. Anm. 132), wird mehrfach erwähnt (art. 1, 4, 14, 75, 148, 152).
↑ (Zurück)
6.129.
Über die Entwicklung in Baiern vgl. Pfordten 423 ff. Präsumptionen sind in Kärnten erst spät nachweisbar (Anm. III, 57). Vgl. für das kanonische Recht Groß I 54 ff., II 93 ff., für dieses und das gemeine Recht Endemann Bew. 89 ff. Über Raitung (Text bei I, 35) vgl. Rechtsbuch Kaiser Ludwigs (Anm. 10), art. 283, 285.
↑ (Zurück)
6.130.
Über Ansätze zum Gegenbeweise im deutsch-mittelalterlichen Rechte vgl. Mayer-Homberg 272 f. und Planck BF. 317, über den Gegenbeweis im kanonischen Rechte Groß I 23 ff., Endemann 50, 52 f. Planck BU. 70, 139, 201, 289 erblickt in der Zulässigkeit des Gegenbeweises den Einfluß des römisch-kanonischen Rechtes. Diese Erscheinung läßt sich aber ungezwungen aus der Entwicklung eines materiellen Beweisrechtes erklären, da bei Anbieten gleichwertiger Beweismittel (vgl. Planck BU. 72) die Beweisrolle nicht oder nur schwer zugeteilt werden konnte.
↑ (Zurück)
6.131.
Vgl. über die Unvereinbarkeit verschiedener Beweisarten Planck BU. 39 ff., 50 f., Bar 46 f., 53 f., Hänel, Beweissystem des Sachsenspiegels (Leipzig 1858) 77, 80, 130 f., Brunner II 498 ff., Schröder 394 ff., doch herrschte dieser Grundsatz keineswegs durchgehends (Mayer-Homberg 226 ff.).
↑ (Zurück)
6.132.
Die Vernehmung des Gegners erfolgt wie die anderer Zeugen über einen in Weisartikel gegliederten Anzug (vgl. Kleinfeller 14 ff., 103 f., 136 ff.). Da die Weisartikel "auf die Geschichte und nicht aufs Recht" gestellt werden müssen (R O. art. 38, Abs. 5, vgl. St. IV art. 52, Abs. 9), ist demnach der von ihm abgelegte Eid Tatsachen- und nicht Rechtseid, dies um so mehr, als der Eid des Gegners in Kärnten stets als Beweismittel aufgefaßt wurde, was beim zugeschobenen Eide des kanonischen und gemeinen Rechtes sehr bestritten war (Endemann Bew. 467 ff., 477 f., Kleinfeller 97 f., 160 f., 187 f., 213 ff., 235 ff.). Immerhin ist es nicht ausgeschlossen, daß der Gerichtsbrauch weniger streng war und wie in Deutschland der Rechtseid (Planck II 27 ff., Kleinfeller 14 ff.) neben dem Tatsacheneid noch lange weiterbestand (Endemann Bew. 445, 491 f., Kleinfeller 103 f., 136 ff., 206, 220 ff.). Sich an Stelle der sonstigen Beweise nachträglich auf den Gegner als Zeugen zu berufen (Anm. I, 34) war auch in Sachsen möglich (Kleinfeller 131 ff., 149).
↑ (Zurück)
6.133.
Vgl. Nissen, Gewissensvertretung (Leipzig 1861) 87, Wiener Str. art. 5, 6, 8 12 und die in Anm. 128 angeführten Stellen aus St. Lr. Auch Schwarzenthaler (180) erwähnt die Möglichkeit, in Ermanglung von Zeugen den Gegner auf Weisungsartikel "uti testis" vernehmen zu lassen. Allerdings wird auch im kanonischen mittelalterlichen Prozesse der richterliche Erfüllungseid unter den Zeugenbeweis eingereiht (Endemann Bew. 571 ff., Kleinfeller S. 60 f.), doch ist eine durch kanonisches Recht erfolgte Beeinflussung schon deshalb ausgeschlossen, weil in Kärnten der Erfüllungseid erst sehr spät nachgewiesen werden kann (vgl. Anm. 138).
↑ (Zurück)
6.134.
Planck I 474 ff., B F. 300 f., B U. 64, Hasenöhrl WSB. 139, 96 ff., Mayer-Homberg 142 f.
↑ (Zurück)
6.135.
Vgl. hiezu Muther (Anm. 112) 33 f., 35, 43, für Sachsen 45 f., 53 ff. Über das Eindringen der gemeinrechtlichen Lehre vgl. Nissen 97 ff.
↑ (Zurück)
6.136.
Vgl. über den Eid im kanonischen Recht Endemann 106, Hinschius, Beiträge zur Lehre von der Eidesdelation (Berlin 1860), Groß II 63 ff., 228 ff., 315 ff., in der italienischen Lehre Endemann Bew. 453 ff. Über den Schiedseid und sein Eindringen in das deutsche Recht siehe Endemann Bew. 466 ff., Muther 3 ff., Nissen 23 ff., 71 ff., Kleinfeller S. 83 f., über die Annäherung des Schiedseides an den notwendigen (richterlichen) Eid vgl. Muther 28 ff., Nissen 65 ff., Kleinfeller 77 f., 80 f., 93 ff., 98 f.
↑ (Zurück)
6.137.
Ebenso in Sachsen (Muther 57 ff.). Dagegen ist unwahrscheinlich, daß der Kärntner Gerichtsbrauch eine Ablehnung des dem Gegner zugeschobenen Eides zuließ. Allerdings steht Rampichl (116 f.) auf dem Standpunkt jener gemeinrechtlichen Lehre, die eine bestimmte Beweisquote für die Berechtigung zur Eideszuschiebung verlangte (vgl. hierüber Muther 10 f., 13 f., 19 f., 24 ff., Nissen 23 ff., Endemann Bew. 463, 566), ebenso in Österreich Schwarzenthaler 276 f. (siehe jedoch Anm. 133 und Suttinger obs. 145), während in Steiermark nach St. IV art. 59, Beckmann "iuramentum" (wohl in Erinnerung an das Ziehen auf den Gegner) kein vorhergehender Beweis notwendig war. In der Praxis Kärntens zeigt sich ebenfalls keine Spur von diesem Erfordernis, sondern wird noch im 18. Jahrhundert der Gegner als Zeuge aufgefaßt (Text nach Anm. V, 23). Auch der sächsische Gerichtsbrauch des 16. Jahrhunderts kennt diese Voraussetzung nicht (Muther 55 f.). In Laibach müssen andere Beweismittel fehlen, wenn der Anzug in den Gegner gestellt werden darf, doch ist wiederum dieser Eid rückschiebbar (L. art. 14, Abs. 3).
↑ (Zurück)
6.138.
Ausdrücklich angeordnet wird dies nirgends, doch ist das häufige Anerbieten zum Ergänzungseide auffallend (Anm. III, 57, und im Text bei V, 23). Vgl. über die schwankende gemeinrechtliche Praxis Endemann Bew. 582, Gail 1, obs. 108. R O. art 38 und die späteren Entwürfe kennen das iuramentum suppletorium noch nicht.
↑ (Zurück)
6.139.
In Kärnten beschäftigt sich erst R O. art. 38, 42 eingehender mit der Lehre von den Beweismitteln, im wesentlichen übereinstimmend mit dem Klagenfurter Gerichtsbrauch. Nach Rampichl (106 ff.) gilt die gemeinrechtliche Lehre zur Gänze. Dies ist auch in Österreich der Fall (Schwarzenthaler 205 ff., Suttinger obs. 49, 58, 143 ff., Thasser Tract. I 146 ff., 179 ff., Vossius 253 f., 336, Weingärtler 264, 268 ff., Finsterwalder 1, obs. 55 ff.). Die Verwertung des gegnerischen Wissens als Beweismittel ist gegenüber dem mittelalterlichen Rechte (vgl. Anm. 133 und Hasenöhrl WSB. 139, 96 ff.) in Niederösterreich frühzeitig verschwunden, so daß schon bei Suttinger keine Spur davon zu finden ist. Dagegen ist es in Oberösterreich möglich, den Gegner neben anderen Zeugen zu führen (Finsterwalder 1, obs. 64), was sich auch im sächsischen mittelalterlichen Rechte nachweisen läßt (Ssp. II 22, § 5, Planck II 77 ff.). In Steiermark ist aus St. III art. 64 nicht viel zu entnehmen, dagegen zeigen St. IV art. 52, 56, 59 (vgl. Schenk Z P. 135) und Beckmann ("Instrumentum", "Iuramentum", "Testis" ff.), daß im allgemeinen die gemeinrechtliche Lehre auf dem Gebiete der Beweismittel durchgedrungen war (vgl. Anm. 137).
Eine bemerkenswerte Übereinstimmung mit Kärnten in der Entwicklung der Beweismittel weist das Bremer Gerichtsverfahren auf (vgl. Kühtmann, Romanisierung des Zivilprozesses in der Stadt Bremen, Gierke U. 36, 1891, 18 ff., 77 ff.). Bedeutend romanistischer ist z.B. das Verfahren im Hochstifte Augsburg (Wolff 274 ff.).
↑ (Zurück)
6.140.
Über Gewissensvertretung vgl. die Arbeiten von Muther und Nissen (Anm. 112, 133) sowie zusammenfassend Wetzell 288 ff. Als Entstehungszeit für Sachsen nimmt Muther (112 ff.) die Zeit von 1530 bis 1540, Nissen (129 f.) den Anfang des 16. Jahrhunderts an. Die Rezeption in das gemeine Recht vollzog sich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (Muther 129 ff., Nissen 164 ff.). Für Kärnten umschreibt R O. art. 38 diese Einrichtung wie folgt: "wann derjenige welchem das iurament deferirt, sich dessen mit andern schrifft oder lebendigen beweisungen entdschitten wolte". Die Gegenbeweise müssen im nächsten Hoftaiding nach Übersendung des Weisungsanzuges namhaft gemacht werden und entscheidet das Gericht über die Zulässigkeit. Falls der Gegenbeweis mißlingt, ist das "deferirte iurament" zu leisten. Ein Gegenbeweis des Deferenten ist unzulässig, weil er sich dessen durch die "Relation" (richtig sollte es "Delation" heißen) begeben hat. Im sächsischen Recht ist nach anfänglichem Schwanken der Gegenbeweis des Deferenten seit 1572 ausgeschlossen (Muther 123 f., 211 ff., Nissen 122 ff., 140 ff.) und auch die Einbringung von speziellen Fragstücken unzulässig. Letzteres galt in Kärnten wohl kaum. Eidregreß nach mißlungener Gewissensvertretung war in Sachsen bis zum Jahre 1724 statthaft (Muther 116 ff., 141 ff., Nissen 113 ff. 151 ff.), anders zumeist im gemeinen Recht (Nissen 141 ff., 181 f.).
↑ (Zurück)
6.141.
Hiefür spricht, daß in Kärnten die Einrichtung als solche verhältnismäßig früh nachweisbar ist und die in Sachsen und im Gebiete des gemeinen Rechtes allgemein übliche Bezeichnung "Gewissensvertretung" nie verwendet wird. Gegenüber der Auffassung Muthers 114, 283 f., 285 f. (Recht des zum Losschwören Berechtigten, anstatt des Eides Beweismittel von höherer Gewalt benützen zu können) und Nissens 54 ff., 105 ff., 160 f. (auf religiösen Motiven basierender Beweis zur Abwehr eines Eides) erblicke ich in der Gewissensvertretung nur eine notwendige Folge des dem Beweisgegner zustehenden Rechtes auf Führung des Gegenbeweises. Hiebei ist allerdings zu berücksichtigen, daß dem in Entwicklung begriffenen materiellen Beweisrechte Zeugen oder Urkunden als stärkere Beweismittel gelten wie der Eid (vgl. Muther a.a.O., Mayer-Homberg 211 ff.). Gelang der Gegenbeweis, so war der ursprünglich angebotene Beweis überflüssig, mißlang er, so mußte der Eidesbeweis aufgenommen werden. Eine ähnliche Auffassung vom Wesen der Gewissensvertretung findet sich bei Briegleb SP. 322. In Steiermark und Krain läßt sich die Gewissensvertretung nicht nachweisen, wohl aber in Tirol (Landesordnung von 1532, 2. Buch, Titel 34, von 1573, 2. Buch, Titel 34, vgl. Nissen 76 ff.). In Österreich zeigen sich Spuren in den Kompilationsentwürfen des 17. Jahrhunderts (vgl. Canstein 112).
↑ (Zurück)
6.142.
Über diese aus dem kanonischen Rechte stammende Vorschrift vgl. für dieses Groß I 126, II 291 ff., für das gemeine Recht Nissen 205 f., Endemann Bew. 58 f., 233 ff., Wetzell 218 f.
↑ (Zurück)
6.143.
Planck II 129 ff. Stadtrechtsaufzeichnung von St. Veit, GB. 172, 173, Stadtrecht von Straßburg (1402), GB. 168, Klagenfurter Stadtrecht von 1338, Chmel, öst. Geschichtsforscher 1, 210, St. Veiter Stadtrecht von 1308, Schwind-Dopsch 162.
↑ (Zurück)
6.144.
Anm. IV, 25, Lg. art. 23, 24. Für Steiermark vgl. Beckmann "Handschrifft und Pettschaft", für Österreich Chorinsky 14 ff. Gemeinrechtliche Beeinflussung ist nicht zu bemerken.
↑ (Zurück)
6.145.
Übereinstimmend Steiermark (Beckmann "Handels-Bücher") und Österreich (Schwarzenthaler 256, Suttinger obs. 73, Vossius 253 f.). Für das gemeine Recht siehe Endemann Bew. 310 ff., Wetzell 226 ff.
↑ (Zurück)
6.146.
In Steiermark herrscht nach Beckmann ("Juramentum", ,"Probatio", "Testis" ff., "Zeugen" ff.) die gemeinrechtliche Theorie. Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts arbeiten auch untere Instanzen mit der gemeinrechtlichen Beweislehre, so der Grazer Stadtmagistrat (semiplena probatio durch einen Zeugen, iuramentum suppletorium, Bericht vom 13. September 1618), und die Regierung fügt dem Gutachten (13. September 1618) hinzu, daß nicht zu glauben sei, es habe ein so grober Ignorant vertreten, der nicht gewußt hätte, daß ein Zeuge gerichtlich nichts erweise (GR. A. Reg. Expedita 1618 XI 5). Das gleiche gilt für Österreich (Schwarzenthaler 230, 251 f., 267 f., 282 f., Suttinger obs. 73, 146, Finsterwalder 1, obs. 54, 64, Greneck 406 ff., Vossius 253 f.).
Daß in den Alpenländern, besonders in Steiermark der Grundsatz freier Beweiswürdigung gegolten habe, ist eine leere Behauptung Schenks (ZP. 70, 82, 135), die von Canstein (122) und auch noch von Sperl (Lehrbuch der bürgerlichen Rechtspflege I, 1, Wien 1925, 16) übernommen wurde.
↑ (Zurück)
6.147.
Vgl. für das kanonische Recht Endemann 78 ff., Bew. 21 ff., für das gemeine Recht Endemann Bew. 49 ff.
↑ (Zurück)
6.148.
Vgl. Planck B U. 53 ff., 82 ff., Bar 242 ff. Das sächsische (Planck B U. 200, 203 f.) und ihm folgend das spätere gemeine Recht (Planck B U. 213 ff.) halten im Gegensatze zum römischen und früheren gemeinen Rechte (Planck B U. 121 ff., 142 ff., 194 f.) an diesem Grundsatze fest. Mit Rücksicht auf das Fehlen einer speziellen Beweisentscheidung (siehe im Text bei Anm. 151) bot sich in Kärnten nicht allzu oft Veranlassung, das Beweiserkenntnis anzufechten. Es geschah dann, wenn das Erkenntnis die durch das Ergebnis des Beweisverfahrens bedingte Endentscheidung (vgl. Planck BU. 214 ff., 296) mitenthielt (vgl. Anm. III, 42).
↑ (Zurück)
6.149.
Vgl. Wetzell 959 f., Planck BU. 357 ff. Wie Kärnten, Steiermark (Forma Frage 27, Beckmann "Weisung") und Krain (Kr. art. 32, Abs. 8, L. art. 13, Abs. 1), wogegen in Österreich Beweisantizipation nicht ausgeschlossen ist (Schenk ZP. 71, Suttinger obs. 49, Vossius 257), die Regel war dies aber wohl nicht (Oe. I Bl. 3, II Bl. 25', Beckmann a.a.O.). Bei Urkunden ist freiwillige Beweisführung auch in Sachsen zulässig (Planck, B U. 200).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet die Beweisaufnahme zum ewigen Gedächtnis, die in Kärnten (obwohl nach Ampfinger art. 36, Abs. 2, bekämpft, was sich aber auch auf die Beweisantizipation beziehen könnte) schon früh nachweisbar ist (im Text vor I, 33, vgl. RO. art. 41). Sie ist auch in den anderen österreichischen Ländern üblich (vgl. St. IV art. 54, Beckmann "Weisungen ad perpetuam rei memoriam", Suttinger obs. 50, Vossius 258, Finsterwalder 1, obs. 52) und offenbar gemeinrechtlich beeinflußt (vgl. Wetzell 230 ff.).
↑ (Zurück)
6.150.
Vgl. Planck BU., 47 f., 66 ff., 197, 201.
↑ (Zurück)
6.151.
Auch im späteren mittelalterlichen Rechte des Sachsenspiegelgebietes ist der Beweissatz nicht immer spezialisiert (Planck B U. 72 ff.). Gerade die sächsische Praxis hielt lange am generellen Beweissatze fest (Planck BU. 195 f., 201 f., 222 f., 274, Anm. 1), während späterhin die Spezialisierung vorherrschte (Planck B U. 220 ff.). In den österreichischen Alpenländern scheinen sowohl spezialisierte wie generelle Beweissätze zulässig gewesen zu sein (Ordnung Bl. 176', Fröauff § 3, Beckmann "Sententia", Erberg obs. 36, Schwarzenthaler 316, 320).
↑ (Zurück)
6.152.
Ebenso die spätere sächsische Praxis (Planck BU. 81, 203) im Gegensatze zum Mittelalter (Planck BU. 50 ff., 77 ff.). An die Art des Beweismittels ist allerdings ursprünglich der Kläger durch seine Erklärung in der Klage gebunden.
↑ (Zurück)
6.153.
Über den damit grundsätzlich übereinstimmenden mittelalterlichen Rechtszustand vgl. Planck II 515, BU. 52 f., 81 f., Brunner II 511 f., über die Abweichung im sächsischen Rechte nach der Rezeption siehe Planck B U. 202. Daß im Stadtgerichte zeitweise Beweisantretung innerhalb der Frist genügt und Erstreckung möglich ist, entspricht der gemeinrechtlichen (Planck BU. 81, 187) und der späteren Übung in Kärnten und Steier (Ordnung Bl. 177, Fröauff § 3, Forma Frage 29, Beckmann "Probatio" a.E.), während Krain (Kr. art. 32, Abs. 9, L. art. 13, Abs. 2) und anscheinend auch Österreich (Oe. II Bl. 28, Suttinger obs. 52) gesonderte Fristen für die Durchführung haben.
↑ (Zurück)
6.154.
Vgl. für das gemeine Recht Wetzell 214 ff., 949 ff., 975 ff., Endemann Bew. 223 ff. Über die aus dem kanonischen Rechte stammenden Weisartikel und Fragstücke vgl. Endemann 84, 88 ff., Kleinfeller 68 ff., 127, 145, 177 f., 200, 210 f., 226, 241 f.
Damit stimmte der Gerichtsbrauch in Kärnten (Ampfinger art. 13, 14, 16, Lro. art. 14, 15, Ordnung Bl. 177, Fröauff § 3), Steiermark (St. III art. 64, 65, 67, 68, IV art. 53, 55 ff., Forma Frage 27 ff., Beckmann "Probatio", "Weisung" ff., "Zeugen" ff.). Krain (Kr. art. 32, Abs. 7 ff., L. art 13, Erberg obs. 35 ff.) und Österreich (Oe. II Bl. 25 ff.. Schwarzenthaler 225 ff., 231 ff., Suttinger obs. 52 ff., Thasser Tract. V, 5 ff., Vossius 256 f., Weingärtler 262 ff., Finsterwalder 1, obs. 48 ff., 54) überein. Vgl. auch Schenk ZP. 74, 88, 92, 99 f. Die einzige Ausnahme von der gemeinrechtlichen (Perneder Bl. 63 ff., Gobler Bl. 72' ff., Gail 1, obs. 155), sächsischen (König 403, Carpzov 478) und späteren österreichischen Praxis (Schwarzenthaler 286 ff., Suttinger obs. 57, Thasser Tract. V, 24 ff., Vossius 255, Finsterwalder 1, obs. 49) besteht darin, daß in Klagenfurt wie in Niederösterreich bis zum Jahre 1557 (Oe. II Bl. 26') und in ganz Innerösterreich Ampfinger art. 16, R O. art. 38, Ordnung Bl. 177, Fröauff § 3, Beckmann "Weisungsarticul", Erberg obs. 37). Einwendungen gegen die Zulässigkeit eines Beweises nach Einbringung des Weisungsanzuges, also vor der allfälligen Zeugenvernehmung, erfolgen mußten. Das ist zweifellos überliefertes deutsches Rechtsgut (vgl. Mayer-Homberg 164 ff., Brunner II 574, 577 ff., Planck II 99 f., 223 f., Schröder 397). Mit welcher Zähigkeit man an diesem Überbleibsel des mittelalterlichen Beweisverfahrens festhielt, zeigt der Umstand, daß in Steiermark der im Jahre 1574 unternommene Versuch einer Angleichung an den gemeinrechtlichen Rechtszustand (St. III art. 64, Abs. 7) bereits 1622 wieder fallen gelassen wurde (St. IV art. 52, Abs. 6).
↑ (Zurück)
6.155.
Über Schlußausführungen und Schlußschriften vgl. für Kärnten Ampfinger art. 16 (mündlich), Handschrift B (Luschin 179, Anm. d) und Lro. art. 15 (schriftlich), Fröauff § 3, für Steiermark Forma Frage 29, St. II art. 86 (bis dorthin mündlich), St. III art. 58, Beckmann "Weisung", für Krain Kr. art. 26 (mündlich), für Österreich Oe. I Bl. 1 (je 3 Schriften), Oe. II Bl. 21, 29' (je 2 Schriften), Schwarzenthaler 291 (vor der Regierung mündlich), Suttinger obs. 48, 75, Finsterwalder 1, obs. 57, Vossius 132. Sie haben wohl ihr Vorbild in den Disputationen und Allegationen des kanonischen Rechtes, die allerdings in der Regel mündlich erfolgen (Endemann 106 ff.), doch kennt auch das mittelalterliche deutsche Recht Verhandlungen über Mißlingen und Gelingen des Beweises (Planck II 226).
↑ (Zurück)
6.156.
Planck BU. 83 ff. Ebenso in Steier (Beckmann "Sententia") und Österreich (Schwarzenthaler 320).
↑ (Zurück)
6.157.
Vgl. Planck I 289, Ssp. II 12, § 4, Schwsp. (Laßberg) art. 114, österreichisches Landrecht art. 1, Pettauer Stadtrecht art. 51. Allerdings wird der Fristenlauf entsprechend den geänderten Verhältnissen von der Hebung der Appellation (vom Tage der Ausstellung des Apostelbriefes) an berechnet.
↑ (Zurück)
6.158.
Vgl.Wetzell 726 ff., 734 ff. In Steiermark lief zumindest in späterer Zeit für die Prosequierung der Appellation eine halbjährige Frist (Beckmann "Appellationis fatalia"), in Österreich späterhin eine solche von einem Vierteljahr (Suttinger obs. 96), was bis zum Appellationsedikt von 1670 (Anm. 60) galt. In Krain ist die Frist zur Aufrichtung und Erledigung der Appellation für Laibach an den Vizedom 4 Wochen, an die Regierung 18 Wochen (L. art. 15). Diese Frist galt auch im Landrechte (Kr. art. 32), außer wenn der Landesfürst in Krain weilte (6 Wochen).
↑ (Zurück)
6.159.
Der Schub ist in Steiermark (Beckmann "Schub"), Krain (Kr. art. 32, L. art. 15) und bis zum Jahre 1670 in Österreich (Schwarzenthaler 365 f., Suttinger obs. 96) nachweisbar.
↑ (Zurück)
6.160.
Wetzell 735 ff., Schwartz 27, 32 f., 36, 45, 75 f., 98, 205, Menger 14 ff., 49 ff., 86 ff.
↑ (Zurück)
6.161.
Siehe hierüber die eingehende Darstellung bei Menger 71 ff. Diese Erscheinung erklärt sich aus dem Wesen der Urteilsschelte, die nicht die Anfechtung eines Gerichtsurteiles, sondern das Mittel ist, für ein künftig zu sprechendes Urteil auf Grund des Vorgebrachten einen möglichst richtigen Inhalt zu finden. Vgl. A. S. Schultze (Anm. 19) 147, Planck I 297 f.
↑ (Zurück)
6.162.
Vgl. für das kanonische Recht Endemann 122 ff., für das gemeine Recht Wetzell 725 ff., für einzelne Gebiete Kühtmann (Anm. 139) 88 ff., Wolff 286 ff., König 579 ff., Carpzov 635 ff., 648 ff. Auch Kärnten (Ampfinger art. 18 ff., Lro. art. 16, Ordnung Bl. 179 f., Fröauff § 4, RW. "Appellieren", "appellation"), Steiermark (St. III art. 75, IV art. 63, Forma Frage 37, 38, Beckmann "Appellatio"), Krain (Kr. art. 32, L. art. 15) und Österreich (Oe. II Bl. 33' ff., Schwarzenthaler 359 ff., 365 f., 368 ff., Suttinger obs. 93 ff.) folgen der gemeinrechtlichen Lehre.
↑ (Zurück)
6.163.
Sie ist dem gemeinen Rechte unbekannt, findet sich aber in Kärnten bei Landrecht und Landeshauptmannschaft (vgl. Anm. 162), in Steiermark (St. I art. 11, II art. 32, III art. 75, IV art. 63, Forma Frage 37), Krain (Kr. art. 32, L. art. 15) und Österreich (soweit hier ein mündliches Verfahren vorkommt, Oe. I Bl. 15' f., Vossius 425). Vgl. auch Schenk ZP. 96, 98, Menger 72, 81 ff.
Der in Anm. 15 erwähnte Villacher Gerichtsbrief von 1457 (gerichtet vom Stadtrichter an den bambergischen Vizedom in Wolfsberg) enthält eine Schilderung des beiderseitigen Parteienvorbringens, das Urteil und schließt damit, daß der Kläger an den Vizedom dinge. Dies entspricht dem bei mündlichen Stadtgerichtsprozessen in Klagenfurt ursprünglich üblichen Vorgang (Anm. III, 74) und deckt sich mit dem Inhalte der Appellation von 1530 des Gerichtes Stall (Anm. 15).
↑ (Zurück)
6.164.
Vgl. Endemann 122 ff. und für das gemeine Recht Wetzell 660 ff., Planck BU. 130, 132 ff.
↑ (Zurück)
6.165.
In den Gesetzen und Darstellungen des Landrechtes und der Landeshauptmannschaft wird die Beschwerde nicht behandelt. In Steiermark und Österreich ist diese Bezeichnung nicht nachweisbar. Schwarzenthaler 348 f., 356, Suttinger obs. 83, Beckmann "Appeliren", Vossius 419 reihen das Rechsmittel gegen Interlokute unter den Begriff der Appellation ein, doch sind die Fristen gekürzt. In Krain spricht Kr. art. 32, Abs. 1, vom Beschweren gegen ein Beiurteil, L. art. 16 führt die Aufschrift "von Beschwerungen" und behandelt u.a. eine innerhalb drei Tagen einzubringende "Beschwer" gegen die Versagung der Appellation.
↑ (Zurück)
6.166.
Vgl. Wetzell 773 ff. Für das übereinstimmende Steirer Recht siehe Forma Frage 34, für Österreich Schwarzenthaler 379 ff., Suttinger obs. 100 f., Revisionsordnung von 1655 (Cod. Austr. III 154 ff.), Vossius 428 ff.
↑ (Zurück)
6.167.
Vgl. Wetzell 674 ff. Das Verfahren in Kärnten deckt sich mit jenem in Steiermark (St. IV art. 65, Forma Frage 35 f., Beckmann "Restitutio") und Österreich (Schwarzenthaler 382 ff., Suttinger obs. 102, Reutter ad tab. 24 n. 97 ff., Vossius 111 ff.).
↑ (Zurück)
6.168.
L. art. 16 betont, daß die Restitution ein landesfürstliches Regal sei, ebenso Schwarzenthaler 385.
↑ (Zurück)
6.169.
Es hat sich das Konkursverfahren hier bedeutend früher entwickelt, als dies nach Auffassung Skedls (Grundlagen des öst. Konkursrechtes in ihrer hist. Entwicklung, Leipzig 1913, 11 ff., 18 ff.) der Fall war.
Vgl. die Darstellung in Lg. art. 92 (... alles ... wie es biss her unwidersprechlich von alters herkhomen ist ..."). Auch in Niederösterreich ist zur Zeit Walthers († 1584) das Konkursverfahren schon vollkommen entwickelt (vgl. dessen Tractat VI).
↑ (Zurück)
6.170.
Diese Auffassung wird von Meibom 457 f., Oertel (Anm. 73) 30 ff., Planitz Arrest 57 ff. vertreten. Entgegengesetzt Stobbe, Zur Geschichte des Konkursprozesses (1888) 21 ff., Kisch (Anm. 73) 61 ff.
↑ (Zurück)
6.171.
Vgl. Hellmann, Konkursrecht der Reichsstadt Augsburg (1905) 104, Zur Geschichte des Konkursrechtes der Reichsstadt Ulm (1909) 9 ff.
↑ (Zurück)
6.172.
Ebenso wohl ursprünglich in Niederösterreich, da dort die Cessio bonorum nach Suttinger (Cons. "Cessio bonorum") nicht landesüblich ist, was sich auch aus den anderen Darstellungen des Konkursverfahrens (vgl. Anm. 178) ergibt. Noch Vossius (358) betrachtet sie als Ausnahme. Dagegen war (zumindest später) in Steier nach Beckmann "Edictum" und dem Regierungsgutachten von 1732 (Anm. 72), Bl. 280, Konkurseröffnung auf Schuldnerantrag möglich. Vgl. Stobbe 25 ff., Oertel 40. Über Strafen gegen den Konkursanten vgl. Stobbe 105, Oertel 36 ff.
↑ (Zurück)
6.173.
Über diese abgeschwächte Form statt Vorsprecher siehe Götze (Anm. 21) 82, 89.
↑ (Zurück)
6.174.
Ebenso im böhmischen Rechte (Skedl 43 ff.), entgegengesetzt Stobbe 43 ff., Oertel 78 ff. und (für das Augsburger Recht) Hellmann 74 ff.
In Österreich ist noch im 18. Jahrhundert der "curator ad lites" als Schuldnervertreter aufzufassen und wird vom Gericht bestellt (Thasser Tract. IV 236, Vossius 358, vgl. Skedl 50 ff.). Das gilt auch in Steiermark für beide Arten von Kuratoren (Beckmann "Curator ad lites"; Regierungsgutachten von 1732 Bl. 280' hinsichtlich des "curator bonorum") Dagegen steht beim "curator bonorum" in Österreich den Gläubigern ein Wahlrecht zu, was ihn als Gläubigervertreter kennzeichnet (Greneck 373 ff., Vossius 361, vgl. Skedl 45 ff., 51 ff). In Kärnten und wohl auch im älteren österreichischen und steirischen Rechte findet sich die Bestellung zweier verschiedener Arten von Kuratoren nicht.
↑ (Zurück)
6.175.
Lg. art. 92, vgl. Stadtr. Anm. 47 a.E.
↑ (Zurück)
6.176.
Prioritätseinräumung für Sterbfall- und Begräbniskosten, für die Ansprüche der Frau auf Heiratsgut und Widerlage, für Verwendungshypotheken und Pupillaransprüche. Ebenso macht sich in Österreich (Walther Tract. VI Cap. 2 ff., Suttinger obs. 150, Thasser Tract. IV S. 236, Greneck 304 ff., Vossius 360) und in Steiermark (Beckmann "Concursus", "Edictum", Regierungsgutachten von 1732 Bl. 289 ff.) frühzeitig der Einfluß des gemeinen Rechtes geltend. Über die gleichgerichtete Entwicklung in Augsburg siehe Hellmann 105 ff., in Ulm Hellmann 12 ff. (vgl auch Stobbe 82 ff.).
Eine Sonderstellung nimmt in ganz Innerösterreich die Landschadenbundformel ein, der die gleichen Wirkungen wie einer vertragsmäßigen Verpfändung zugeschrieben werden und die ursprünglich nur einem älteren Spezialpfande nachsteht. Beckmann ("Landschaden-Bund") und Erberg (obs. 15) fassen sie als Generalhypothek auf (vgl. Planitz 274 ff.). Sie dürfte aber auf eine Stufe mit dem im nördlichen Deutschland des späteren Mittelalters üblichen "Geloben bei allem Gute" zu stellen sein (vgl. A. Schultze, Über Gläubigeranfechtung und Verfügungsbeschränkungen des Schuldners nach deutschem Stadtrecht des Mittelalters, ZRG. 54, 259 ff., Schröder 796, Anm. 93 a). In Österreich hatte die Landschadenbundklausel (zumindest im 17. Jahrhundert) keine hypothekarische Wirkung (Suttinger Cons. "Land-Schaden-Bund").
↑ (Zurück)
6.177.
Siehe hierüber Lg. art. 92, Rampichl 183, 187, dessen "certamen creditorum" (Darst. Anm. 22) leider verschollen ist und das Ediktausschreibungsformular in GV. A. Hs. 1230, Bl. 161 (um 1675).
↑ (Zurück)
6.178.
Vgl. Beckmann "Concursus", "Edictum", Regierungsgutachten von 1732, Bl. 280 ff., Walther Tract. VI, Suttinger obs. 150, Thasser Tract. IV 233 ff., Greneck 303 ff., 361 ff., Banniza 175 f., Vossius 358 ff. und Skedl 23, Anm. 38, 28 ff., 38 ff., 50 ff., 71 ff., 90 ff., 119 ff. Eine feste Klasseneinteilung gibt es zwar in Österreich, nicht aber in Steiermark (Beckmann "Edictum").
↑ (Zurück)
6.179.
Über die Ableitung dieses Wortes siehe Planitz 680, Anm. 181. Die Versteigerung im Konkursverfahren findet sich außer in Salzburg (Anm. 180 und Skedl 119 f.) erst in der späteren niederösterreichischen Praxis (Greneck 304, Vossius 359, 361 ff., vgl. Skedl 120, Anm. 194) und aushilfsweise in Krain (L. art. 21, vgl. Anm. 180).
↑ (Zurück)
6.180.
Viele Tiroler Rechte haben schon im Spätmittelalter den gerichtlichen Pfandverkauf ausgebildet (Planitz 676 ff., besonders Anm. 168) und ist er später mit hilfsweisem Pfandverfalle (vgl. Planitz 655 ff.) die allgemeine Regel (Tiroler Landesordnung von 1526, 1. Buch, 2. Tl., art. Stillligen und Failführung der Phanndt ff., von 1532, 2. Buch, Titel 64 ff., von 1573, 2. Buch, Titel 64 ff.). Doch waren die Beziehungen zwischen Tirol und dem einem anderen Rechtsgebiete angehörenden Kärnten stets gering. Zudem tritt nach Tiroler Recht bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und Abtretung seiner Güter nicht Verkauf, sondern Aufteilung an die Gläubiger nach vorhergegangener Schätzung ein (Landesordnung von 1573, 2. Buch, Titel 80). Noch weniger kommt eine Beeinflussung durch die anderen bei Planitz (678 ff.) erwähnten Rechte in Frage.
Eher käme das salzburgische Recht in Betracht, da dieses Erzbistum ausgedehnte Besitzungen in Kärnten hatte. Im salzburgischen Gmünd war schon in der ältesten Satzung von 1423 der Pfandverkauf vorgeschrieben (Weistümer VI 466, vgl. Planitz 658, Anm. 125), desgleichen zu Beginn der Neuzeit im landesfürstlichen, Salzburg benachbarten Obervellach ("Carinthia I" 1883, 118). Nach der Salzburger Landesordnung von 1525 (GV. Hs. 3/10, vgl. Luschin 1 385) tritt erst nach dreimaligem vergeblichem Verkaufsversuche Pfandverfall ein (Bl. 94', 96').
Auch im bambergischen Wolfsberg findet zu Ende des Mittelalters öffentlicher Pfandverkauf mit dreimaliger Berufung statt (29. Februar 1464, GV.), doch geht viermaliges Pfandfürtragen voraus, so daß der Vorgang jenem in Laibach ähnelt. Hier hat der Gläubiger, wenn ihm das durch Scherm zugeteilte Gut nicht "annehmlich", mehr wert als seine Forderung oder er mit der Schätzung nicht zufrieden ist, das Recht auf gerichtlichen Pfandverkauf im Cantorecht. Das Verfahren ist mit kleinen Abweichungen so geregelt wie in Klagenfurt (L. art. 20). Im Konkursverfahren sollen ebenfalls die Güter versteigert werden, wenn kein freihändiger Verkauf möglich ist (L. art. 21).
Trotzdem ist für Klagenfurt selbständige Entwicklung anzunehmen, weil der gerichtliche Verkauf sich im Gegensatz zu Salzburg und Laibach immer auf Liegenschaften beschränkte und — anscheinend aus reinen Zweckmäßigkeitsgründen im Konkursverfahren geschaffen — erst allmählich Eingang in das gewöhnliche Vollstreckungsverfahren fand.
↑ (Zurück)
6.181.
"statrecht" in den mittelalterlichen Klagenfurter Urkunden (5. Februar 1320, 17. September 1338, 28. Jänner 1380 usw. G V.) bedeutet das Recht der Stadt und wird in diesem Sinne auch im Stadtrechtsprivileg von 1338 (Chmel, öst. Geschichtsforscher 1, 206 ff.) und in den Landschadenbundformeln der Urkunden (z. B. 28. Jänner 1380, 25. Mai 1400 GV.) gebraucht. Ebensowenig wird in der Kärntner Landesordnung vom September 1338 (Schwind-Dopsch 175 f.) Landrecht im späteren Sinne für Landschranne verwendet, sondern erst in den Freiheitsbriefen Kaiser Friedrichs III. vom 5. Jänner 1444 (Kärntner Landhandfeste von 1610, Bl. 19 f.) und Maximilians I. vom 17. Jänner 1494 (a.a.O. Bl. 36 f.). In der ersten Urkunde ist der Sprachgebrauch noch nicht vollkommen fest.
↑ (Zurück)
6.182.
Sowohl in der ersten (Chmel 209, zweimal) wie in der zweiten Urkunde (Schwind-Dopsch 277) wird nur der Gerichtsstand vor dem Stadtrichter erwähnt. Der Sprachgebrauch in den anderen mittelalterlichen Rechtsaufzeichnungen Kärntens (Gmünd, Weistümer VI No. 6, St. Veit G B. 172 ff., Straßburg G B. 167 ff., Gurk G B. 165 f., Weitensfeld G B. 2 f., St. Veiter Stadtrechtsprivileg von 1308, Schwind-Dopsch 162, von 1444. 359) ist vollkommen gleich. Es scheint sich also die Bedeutung des Wortes "Recht" für eine Gerichtsart in Kärnten erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts festgelegt zu haben.
↑ (Zurück)
6.183.
Vgl. Str. V 1 bis 12 und die bezeichnende Stelle bei Rampichl 186 f. "ex veteribus actis et actitatis reperi, iudicia fuisse in pagis et oppidis absoluta secundum primum modum procedendi a nobis supra declaratum in § 2 (Verfahren im Landrecht), modernis tamen temporibus ... potius processus iudiciarius alter in § 3 iudicii capitaneatus undique est receptus". Für das höhere Alter des Landrechtsverfahrens spricht auch die Dürftigkeit der Vorschriften für Verhörsachen (dem späteren Verfahren vor der Landeshauptmannschaft) bei Ampfinger (art. 26) gegenüber dem geschlossenen Landrechtssystem in art. 1 bis 25.
↑ (Zurück)
6.184.
"Von niemanden guetlich oder rechtlich geclagt" (Abschied Leonhard Steyrer-Benedikt Steyrer 16. Februar 1543), vgl. auch den Abschied zwischen Agnes Witwe Vellacher-Erhart Tischler vom 16. Juli 1550. in welchem dem Beklagten zugebilligt wird, außer und "ane recht nicht antworten zu müssen.
Über Güteverfahren in Österreich siehe Chorinsky 60 f., in Steiermark Anm. 191 a.E.
↑ (Zurück)
6.185.
Vgl. Werunsky 70 f., 73 ff., Luschin2 269 ff., Luschin, Geschichte des älteren Gerichtswesens in Österreich (Wien 1879) 146, 150, Schröder 658, 697. Einen selbständigen Gerichtsbezirk besaß Klagenfurt spätestens 1334, wahrscheinlich iedoch schon im 13. Jahrhundert (Erl. 125).
↑ (Zurück)
6.186.
Vgl. die Zuständigkeitsaufteilung zwischen Bürgermeister und Stadtrichter (Anm. III, 3) und die älteren Gerichtsprotokolle. Wann Klagenfurt die Blutgerichtsbarkeit bekommen hat, ist unbekannt, spätestens im 15. Jahrhundert (Wutte, Carinthia I 1911, 71).
↑ (Zurück)
6.187.
Vgl. die Ausführungen über die Zusammensetzung der Gastgerichte bei Schultze 525, Rudorff 177 (Anm. 52). Dieser hebt besonders die geminderte Zahl der Schöffen hervor, was sich auch im Klagenfurter Stadtgerichte feststellen läßt. Über Verfahren und Zuständigkeit siehe Schultze 521 ff., Rudorff 188 ff., Planitz ZRG. 52, 229 ff., 281 ff.
Eine Regelung des Gastrechtsverfahrens — allerdings nur für einen bestimmten Personenkreis — erblicke ich im sogenannten Rechtshilfevertrag der Städte St. Veit, Völkermarkt und Klagenfurt vom 28. Jänner 1386 (Schwind-Dopsch 277 f.), der m.E. den Bürgern der vertragsschließenden Städte wechselseitig in Geldschulden ein abgekürztes Verfahren gegenüber dem umständlichen Klagen zu Tagen gewährte und in den Verfahrensbestimmungen Ähnlichkeit mit dem späteren Stadtgerichtsprozesse aufweist.
↑ (Zurück)
6.188.
Wann und wie die nichtadeligen Bewohner der Stadtgerichtsbarkeit unterstellt wurden, ist unbekannt. Das Stadtrecht von 1338 kennt eine Gerichtsbarkeit gegen Nichtbürger nur in Vergeltungsfällen und bei Eigentumsprozessen über Liegenschaften. Möglicherweise hat sich die sonstige Zuständigkeit nur im gewohnheitsrechtlichen Wege auf Grund der dem Stadtrichter zustehenden Zwangsgewalt (vgl. die folgenden Ausführungen im Texte) entwickelt. Nach Erl. (19) geht in Kärnten die Zivilgerichtsbarkeit über Inwohner ins Mittelalter zurück.
↑ (Zurück)
6.189.
Ein urkundlicher Nachweis läßt sich nicht erbringen, doch lag der Gedanke, eine dem Gastrechte ähnliche Verfahrensart zu wählen, schon deshalb nahe, weil nach dein Sprachgebrauche des Stadtrechtes von 1338 die Insassen unter die dem "purger" gegenübergestellte Kategorie des "auzzerman" fielen (Chmel 209, 210) und daher gegen sie als Fremde das Gastrecht anzuwenden war.
Auch die im späteren Mittelalter im österreichischen Rechtsgebiete eingetretene Umwandlung der außergerichtlichen Pfandnahme in eine richterliche mit vorhergehender Forderungsprüfung (vgl. Planitz 268 ff.) kann bei der Entwicklung der Stadtgerichtszuständigkeit eine Rolle gespielt haben. Nachweisbar ist dies aber nicht, außer wenn man den Rechtshilfevertrag von 1386 (vgl. Anm. 187) als solchen Beleg auffassen will.
↑ (Zurück)
6.190.
Bis zum Jahre 1518 war die Zahl der freien Einwohner (im wesentlichen auf Gesinde und Handwerksgesellen beschränkt) wohl gering, da ohne Erlaubnis des Rates kein Unadeliger vor der Erklärung, das Bürgerrecht zu erwerben, in der Stadt wohnen durfte. Dies wurde nach der Schenkung anders, als der Ausbau der Stadt zahlreiche Handwerker und Gewerbetreibende herbeizog (vgl. Wutte, Carinthia I 1916, 59).
↑ (Zurück)
6.191.
Daß Streitbeträge unter 10 fl. auf jeden Fall außerhalb des Stadtrechtes zur Austragung vor dem Stadtrichter gelangen müssen, scheint eine spätere Neuerung zu sein. Dafür spricht der Umstand, daß im steirischen Landrecht erst durch St. II art. 11 für die Zukunft Klagen unter 10 Pfund Pfennig auf das "gütliche" Verfahren vor Landeshauptmann oder Landesverweser verwiesen wurden (vgl. St. III art. 34, IV art. 35). Auch nach Kr. art. 14 ist die Zehnpfundgrenze eine Neuerung.
↑ (Zurück)
6.192.
Über die richterliche Gebotsgewalt vgl. Brunner I 203, II 302, 604 ff., Seelmann (Anm. 19) 16, über die Bedeutung des richterlichen Gebotes für die Entwicklung des Verfahrens Planitz 113 ff., 129 ff., 251 ff.
↑ (Zurück)
6.193.
Über das Verfahren bei der Landeshauptmannschaft vgl. Anm. III 39. Auch hier hatten sich Ansätze zum schriftlichen Verfahren gezeigt. Dagegen wendet sich das General des Landeshauptmannes vom 13. Februar 1612 (LA. Hs. 517, Bl. 315 ff.). Es verbietet u.a. Einbringung schriftlicher Exzeptionen, sobald einmal ein Verhör angeordnet ist, verlangt mündlichen Vortrag der Klage und Antwort anstatt des Verlesens schriftlicher Aufsätze, hebt die superperemptorischen Tagsatzungen auf und verfügt, daß die zweite Tagsatzung peremptorisch anzuordnen und bei ihr auf Anrufen des Klägers oder Beklagten das Erkenntnis zu fallen ist Das entspricht ziemlich genau den Verhältnissen, wie sie im Klagenfurter Stadtgericht um die Mitte des 18. Jahrhunderts herrschten. Über die Zustande in Steiermark und Österreich vgl. Anm. 49, 58.
↑ (Zurück)
6.194.
Vgl. über die allgemeine Gerichtsordnung die Zusammenfassungen bei Canstein 276 ff., Schwartz 672 ff. und besonders bei Klein-Engel, Zivilprozeß Österreichs (Mannheim-Berlin-Leipzig 1927) 30 ff.
↑ (Zurück)
6.195.
Vgl. hierüber Menger, System des öst. Zivilprozesses 1 (Wien 1876) 317 ff., 352 ff. Auf den Zusammenhang des Prinzipes der formalen Ordnung mit deutschrechtlichen Auffassungen haben besonders Planck BU. 225, Anm. 2, 370, Menger 324, Anm. 2, hingewiesen (vgl. auch Canstein 206, Anm. 1). In Kärnten zeigt sich eine Abweichung vom Grundsatze der Formalordnung darin, daß die Angabe der Beweismittel aus dem instruktioneilen Prozeßabschnitt in das Beweisverfahren verlegt wurde, was auch im sächsischen Prozesse der Rezeptionszeit der Fall ist (vgl. Planck BU. 184 ff.). Über das Eventualprinzip siehe Anm. 92.
↑ (Zurück)