[Quelle: Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie. Herausgegeben von dem Geschichtsvereine für Kärnten mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften in Wien. 22. Jahrgang (1927) 3-26. Digitale Edition: Verantwortlich Dr. Heino Speer. Die Edition erfolgt mit Genehmigung des Geschichtsvereins für Kärnten. Gedruckte Exemplare sind dort noch zum Preis von 3 Euro erhältlich.]
Der Geschichtsverein für Kärnten besitzt unter der Signatur XXV 630 1/2 eine aus dem Archive des Klosters Viktring stammende gereimte Darstellung über das Verfahren vor dem Stadtrechte in Klagenfurt, welche bereits von Luschin-Ebengreuth in seiner österreichischen Reichsgeschichte Seite 379 erwähnt wurde. Die das Stadtrecht enthaltende Papierhandschrift umfaßt 27 Blätter in Folio und zerfällt in zwei deutlich unterscheidbare Teile. Der erste Teil enthält auf Fol. 1 bis 4' unter dem Titel "Dass lobliche stattrecht zu Clagenfurt" die oberwähnte Darstellung und besteht aus drei Bögen, bei denen nur das vordere Blatt beschrieben ist, und einem zur Gänze beschriebenen Halbbogen. Die Hinterseite des ersten Bogens, welcher als Decke der ganzen Handschrift dient, weist wieder den vorerwähnten Titel auf. Der zweite Handschriftbestandteil enthält von Fol. 5 bis 23' das kaiserliche Generale über die Revision und Restitution vom 6. Jänner 1623, eine kurze Darstellung, wie Bußen und Strafen für verübte Gewalttaten festzusetzen sind, die Instruktion für den Weisboten (das Exekutionsorgan des Landschrannengerichtes und der Landeshauptmannschaft) in Kärnten, die kärntnerische Spännungsordnung (Ordnung der Steuerexekution) von 1582 sowie Beschwerdeartikel und einen Bericht der Kärntner Stände in Lehenssachen. Er besteht aus zehn Bögen, welche — mit Ausnahme des ersten, dessen rückwärtiges Blatt leer ist — derart beschrieben sind, daß zuerst die vorderen, dann die rückwärtigen Blätter den fortlaufenden Text enthalten. Beide Handschriftenteile rühren von derselben geübten Schreiberhand aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts her und sind in der Weise miteinander vereinigt, daß die Bögen dies zweiten Teiles nach dem Fol. 4 bis 4' umfassenden Halbbogen eingelegt sind. Umschlag und Foliierung sind neu. Fraktur ist für die Aufschriften der einzelnen Artikel und mehrmals für den Artikelanfang [Seite: S. 4] [ => Seite] verwendet, Fremdwörter sind mit lateinischen Buchstaben geschrieben.
Das gereimte Stadtrecht will in 198 Versen, welche in eine Einleitung und zehn (bis auf den vierten) mit Inhaltsüberschriften versehene Artikel untergeteilt sind, eine Darstellung der Zuständigkeit und des Verfahrens im Klagenfurter Stadtrechte geben. Hiebei dient als Grundlage die Kärntner Landrechtsordnung1 und will der Verfasser nur die Besonderheiten, welche sich beim Stadtrechte ausgebildet haben, hervorheben. Die Arbeit ist zwar ohne jede selbständige juristische Bedeutung, verdient aber sowohl aus dem Gesichtspunkte der originellen Idee, diesen spröden Stoff in Reimen zu behandeln, als auch deshalb Beachtung, weil sie genaue Kunde über ein Rechtsverfahren gibt, welches tief in die sogenannte Rezeptionszeit hinein die mittelalterlichen Formen bewahrte.
Bevor ich auf die Frage der Entstehungszeit und des vermutlichen Verfassers eingehe, möchte ich zum besseren Verständnis eine kurzgefaßte Darstellung der Zuständigkeit und des Verfahrens im Klagenfurter Stadtrechte vorausschicken. Hiebei werden die Ergebnisse einer größeren Arbeit, welche ich über das Zivilprozeßverfahren in Klagenfurt vom 16. bis 18. Jahrhundert verfaßte und die noch ungedruckt ist, verwertet.2
Das Stadtrecht ist das für Klagen gegen Bürger der Stadt Klagenfurt zuständige Gericht, und zwar sowohl wegen beweglicher als auch wegen unbeweglicher Sachen und Rechte, doch nur dann, wenn der Streitwert mindestens 10 fl. beträgt. Hinsichtlich unbeweglicher Sachen ist weitere Voraussetzung, daß sie im Stadtgebiete gelegen sind. Weiters können dort auch Injurienklagen angebracht und verlorene Urkunden amortisiert werden. Nicht nachweisbar ist die Meldung von Rechten, um sie vor Verjährung zu schützen (wie es nach Lro. Art. 41 im Landrechte geschieht), doch dürfte dies sicher vorgekommen sein. Widerklagen sind nicht nachweisbar; nach Lro. Art. 7 sind sie zulässig, soweit sie Grund und Boden betreffen oder auf "aufrichtigen Schuldbriefen" beruhen. Schließlich spielt sich im Stadtrechte noch die Zwangsversteigerung der Liegenschaften und zeitweise auch das Konkursverfahren ab, worüber weiter unten Näheres zu erörtern sein wird. Nicht geklagt können im Stadtrechte die Inwohner oder sonstigen nichtadeligen Bewohner Klagenfurts werden, für welche nur das Stadtgericht kompetent ist. Die Landstände, sonstige Adelige und die Angestellten der Landschaft (mit Ausnahme der Arbeiter) unterstehen, auch wenn sie in Klagenfurt wohnen, der städtischen Gerichtsbarkeit überhaupt nicht.
Die Zusammensetzung des Stadtrechtes erfolgt aus dem Stadtrichter als Vorsitzendem, einer wechselnden Zahl von [Seite: S. 5] [ => Seite](mindestens sieben) Beisitzern, welche den Mitgliedern des inneren und äußeren Rates entnommen werden, und dem Stadtschreiber. Nach der Einführung des Bürgermeisteramtes hat ab 1. Jänner 1588 der Bürgermeister bei Prozessen über Erb, Eigen und im Burgfried liegende Güter den Vorsitz, sonst der Stadtrichter. Ein Ablehnungsrecht der Parteien gegen einzelne Mitglieder des Gerichtes besteht nicht.
Persönliches Erscheinen ist nicht vorgeschrieben.3 Die Übertragung des Gewaltsames erfolgt ursprünglich nur vor Gericht unter Ergreifung des Gerichtsstabes, später (erstmals am 15. Oktober 1591 nachweisbar) auch durch Erteilung einer schriftlichen Vollmacht. Vertretung durch Advokaten (Landschrannenprokuratoren) ist häufig. Als gesetzliche Vertreter erscheinen für Minderjährige die Gerhaben (Vormünder), für Handwerksbruderschaften die Zechleute, für Kirchen die Kirchpröpste, für Konkursanten oder herrenlose Verlassenschaften die Versprecher, welche vom Stadtgerichte bestellt werden; aus späterer Zeit wird gelegentlich auch ein Abwesenheitskurator erwähnt.
Stirbt eine Partei vor Streiteinlassung, so sind die Tage ab, also das Verfahren ist nichtig, während bei Ableben eines Streitteiles nach Kriegsbefestigung die Erben einzutreten haben.
Jeder Klage hat ein gütliches Ersuchen entweder schriftlich oder durch zwei Beschickleute mindestens acht Tage (wohnt jedoch der Gegner außerhalb Klagenfurts, mindestens vierzehn Tage, wohnt er außer Landes, mindestens sechs Wochen) vorauszugehen. Dieselben Fristen gelten für alle weiteren im Laufe des Prozesses an den Gegner notwendig werdenden Zustellungen.
Die Klage hat dem gütlichen Ersuchen gleichzulauten; sie enthält eine kurze Darstellung des Sachverhaltes, die Benennung der Beweismittel und das Begehren.
In jeder Klage darf nur ein Begehren gestellt werden, so daß bei Einklagung eines Kapitals das verfallene Interesse mit eigener Klage geltend gemacht werden muß. Bei Einklagung von Zinsen oder in Abrechnungsprozessen überhaupt pflegt man sich in der Klage hinsichtlich der Anspruchshöhe darauf zu berufen, was gute Raitung bringen wird. Die Einbringung der Klage erfolgt ursprünglich4 wohl meistens mündlich, später in der Regel schriftlich.
Die Normalform ist die Klage zu Tagen. Bei ihr wird nach Vortrag bzw. Verlesung im Stadtrechte zuerst der Kläger oder, falls er vertreten ist, sein Prokurator "Rechtens" gefragt, welcher Erteilung des Gerichtszeugsbriefes über den ersten Tag und Ladung des Beklagten verlangt. Nach Umfrage unter den Beisitzern wird diesem Begehren stattgegeben. Der Kläger muß [Seite: S. 6] [ => Seite] dann noch an drei Gerichtstagen bei verschiedenen Stadtrechten (also insgesamt an vier Tagen) erscheinen und sich darüber Gerichtszeugsbriefe erteilen lassen. Eine weitere Ladung des Beklagten erfolgt nicht und ist dieser erst am vierten Tage verpflichtet, in Antwort einzutreten. Tut er dies nicht, so wird dem Kläger auf sein Begehren Behebnus (Versäumnisurteil) und noch im selben Stadtrechte der Fronbote. zur Aufweisung (Pfändung) erteilt. Der Beklagte kann jedoch an jedem der vier Rechtstage in Antwort eintreten und werden dem Kläger, falls er nicht verhandelt, die Tage aberkannt, so daß er neu klagen muß, wenn er seinen Anspruch weiterverfolgen will. Bei gerechtfertigter Verhinderung muß der betreffende Streitteil seinen Scheinboten senden und findet, falls vom Stadtrechte ehafte Not angenommen wird, Vertagung statt.
Der Beklagte kann die Klage entweder mit Exzeptionen oder in der Hauptsache bestreiten. Hiebei gilt das Prinzip der Formalstrenge insofern, als der Beklagte, wenn er sich mit Exzeptionen verteidigen will, sich nicht zur Antwort, sondern nur zu Recht anbieten darf. Vereinzelt zeigt, sich auch die Möglichkeit daß der Beklagte sich vor der Verantwortung Bedacht auf kurze Zeit nehmen darf.
Erscheint dem Stadtrechte auf Grund des Parteienvorbringens, für welches jeder Streitteil das Recht auf zwei, allerhöchstens drei "Reden" hat, Beweis erforderlich, so wird durch Urteil ein Streitteil zur Weisung zugelassen, wobei dem Gegner — anscheinend, ohne daß er es besonders verlangen muß — die Gegenweisung vorbehalten wird. Als Beweismittel dienen Zeugen und Urkunden, allenfalls auch Augenschein. Vor der Landrechtsordnung von 1577 war es dem Kläger untersagt, gleichzeitig mit Zeugen und Urkunden zu weisen. Zum Zeugenbeweis wird auch die Vernehmung des Gegners gerechnet und gilt hier die Besonderheit, daß, wenn man sich auf den Gegner zieht, jeder andere Beweis unzulässig ist. Parteienvernehmung in eigener Sache ist ausgeschlossen.
Nach Zulassung zur Weisung hat jene Partei, der sie aufgetragen ist, bis zum nächsten Stadtrechte einen Weisungsanzug einzubringen und dem Gegner zu übermitteln, widrigenfalls die Weisung für "desert" erkannt wird. Dies hat je nachdem, ob Kläger oder Beklagter säumig ist, entweder Entbrechung des Beklagten "heut und zu tagen" von der Klage oder Behebnuserteilung zur Folge.5
Urkunden sind dem Weisungsanzuge beizuschließen und hat dieser im Falle des Zeugenbeweises die Weisartikel zu enthalten, auf welche die Zeugen zu vernehmen sind. Gegen den Weisungsanzug kann der Gegner entweder exzipieren (weil er nicht dem Vorbringen entspricht, die angebotenen Beweismittel unzulässig [Seite: S. 7] [ => Seite] sind usw.) oder er kann seine Fragstücke, über welche die Zeugen vernommen werden sollen, einbringen. Fragstückeeinbringung oder Exzeption hat bis zum nächsten Stadtrechte nach Einbringung des Weisungsanzuges zu erfolgen. Über die Berechtigung der Exzeption wird durch Urteil entschieden.
Die Zeugenvernehmung erfolgt regelmäßig im ersten Stadtrechte nach Einbringung des Weisungsanzuges, allenfalls auch durch andere Gerichte. Wird der Gegner als Zeuge vernommen, so ist es diesem nicht gestattet, der anderen Partei den Eid zuzuschieben, was in wiederholten Entscheidungen bekräftigt wird. Die Streitteile haben nach Vereidigung der Zeugen abzutreten, so daß sie deren Vernehmung nicht beiwohnen. Der Beweisführer ist nicht verpflichtet, alle seine Beweismittel auf einmal anzubieten, sondern begegnen vielmehr häufig Additionalanzüge. Die Gegenweisung, zu der man ebenfalls durch Urteil zugelassen wird, spielt sich ebenso wie die Weisung ab.
Nach Abführung des Beweisverfahrens erfolgt auf Antrag im Stadtrechte die Eröffnung der Weisung und die Erteilung von Abschriften. Dann ist bis zum nächsten Stadtrechte von jedem Streitteil eine Schlußschrift einzubringen. Im Stadtrecht wird Weisung und Gegenweisung verlesen, die Parteien tun ihre Rechtssätze und ergeht dann das Urteil.
Dies erfolgt — wie alle im Laufe des Verfahrens notwendigen Urteile — in der Weise, daß ein Rechtsprecher vom Vorsitzenden des Urteils angefragt wird. Gewöhnlich nimmt sich dieser (zwecks Besprechung mit den anderen Beisitzern) Bedacht auf das nächste Stadtrecht. Hat er dann sein Urteil abgegeben, so muß sofort, bevor noch der zweite Beisitzer des Urteils angefragt wird, gedingt (späterhin begegnet der Ausdruck "appelliert") werden. Sonst entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen und ist eine Appellation unzulässig.
Das Urteil lautet entweder bei derzeitiger Abweisung der Klage6 auf Aberkennung (Fällung) der Tage oder bei endgütiger Abweisung auf Entbrechung "heut und zu tagen". Bei Stattgebung der Abweisung heißt es, daß der Kläger seine Klage behabt hat.
Wird appelliert, so ist mittels Urteils über die Zulässigkeit zu entscheiden.7 Das weitere Verfahren vollzieht sich nach der Landrechtsordnung in der Weise, daß das mündliche Parteienvorbringen erster Instanz in Schriften gestellt und die Appellation aufgerichtet wird. Ebenso dürfte sich der Vorgang ursprünglich im Stadtrechte abgespielt haben,8 doch hat hier schon frühzeitig eine Protokollierung der Parteienvorträge (Reden) bei der Verhandlung selbst stattgefunden. Die Aufrichtung muß bis zum nächsten Stadtrechte geschehen, späterhin gilt hiefür eine Frist von sechs Wochen, welche jedoch sehr selten eingehalten [Seite: S. 8] [ => Seite] wird. Bei Säumnis erfolgt, wenn sie auf Seite des Appellanten liegt, Deserterkennung (Verfallserklärung) der Appellation, sonst deren Aufrichtung ex offo. Neuerungen sind unbedingt ausgeschlossen.
Die Appellation wird dann samt einem Apostelbrief dem Appellanten zur Vorlage an den verordneten Ausschuß der Kärntner Stände (als der Herren der Stadt seit der Schenkung Maximilians I. vom 24. April 1518) übergeben. Er muß die schriftliche Erledigung innerhalb sechs Wochen bringen oder sonst einen Schub (Fristerstreckung) bei den Verordneten erwirken. Der weitere Rechtszug geht an die niederösterreichische Regierung nach Wien (seit 1564 an jene in Graz) und zeigt das diesbezügliche Verfahren keine Besonderheiten.
Als eine Art außerordentliches Rechtsmittel dient die Beschwerde, welche gesetzlich nicht geregelt ist.
Revision als außerordentliches Rechtsmittel wird gelegentlich in jenen Fällen erwähnt, in denen Appellation unzulässig ist, also insbesondere in Gewaltsachen.
Häufig findet sich bei Versäumung von Fristen, Auffindung von neuen Beweismitteln und in ähnlichen Fällen die Restitution (Wiedereinsetzung in den früheren Stand). Die Befugnis zur Restitutionserteilung wird ursprünglich sowohl von den Verordneten als auch vom Landesfürsten in Anspruch genommen; durch das kaiserliche Generale vom 6. Jänner 1623 wird sie jedoch zu einem ausschließlich landesfürstlichen Rechte erklärt. Das Verfahren bei derselben ist jenes der gemeinrechtlichen Praxis und insbesondere im erwähnten Generale geregelt.
Ist Behebnus erteilt oder das Urteil unappelliert geblieben, so kann der Kläger bis zum nächsten Stadtrechte in der Weise Exekution führen, daß er auf Güter des Gegners unter Zuhilfenahme des Fronboten weist, welcher Vorgang in der Gerichtssprache Aufweisung heißt. Damit ist eine Besitzentziehung nicht verbunden. Im nächsten Stadtrechte hat der Betreibende durch den Fronboten Relation (Bericht) über die aufgewiesenen Güter tun zu lassen und erhält den Gerichtszeugsbrief des ersten Scherms, eine Beweisurkunde über die erfolgte Pfändung, in welcher zugesichert wird, den Gläubiger zu den Stadtrechten zu schützen. Der Gläubiger muß dann die Pfandstücke in vier Stadtrechten öffentlich ausrufen lassen (Pfand fürtragen), wobei dritte Personen ihre Ansprüche einredeweise und zwar auf die Priorität, den gleichen Rang oder das Übermaß (Überteuerung) geltend machen können. Löst der Schuldner bis zum vierten Tage des Pfandfürtragens die Pfandstücke nicht, so wird an diesem Tage dem Betreibenden das Anbot erteilt, das heißt, es werden dem Schuldner die [Seite: S. 9] [ => Seite] Pfandstücke zur Ablösung angeboten. Erfolgt diese nicht, so wird auf Verlangen des Gläubigers ihm im nächsten Stadtrechte der Stadtscherm erteilt, wodurch er das volle Eigentum an den Pfandstücken erhält. Daran schließt sich die wirkliche Einantwortung durch den Fronboten.
Der siegreiche Teil kann vom Gegner Ersatz von Kosten und Schaden9 verlangen. Die Taxierung der Expens (unter welchem Begriff Kosten und Schaden zusammengefaßt werden) erfolgt bei Klagsabweisung nach deren Rechtskraft, sonst normal erst nach Erteilung des Stadtscherms. Erfüllt aber der Schuldner vorher, so muß der Gläubiger im nächsten Stadtrechte seine Expens einbringen, nach Anbotserteilung sogar noch im selben Stadtrechte. Der Expenszedl wird dem Gegner zur Einbringung seiner Einwendungen übersandt und erfolgt im nächsten Stadtrechte nach Expenseinbringung die Taxierung.
Eine besondere Verfahrensart gilt bei landschadenbündigen10 Schuldbriefen und bei Klagen auf Lidlohn, worunter sämtliche Lohnansprüche, auch zum Beispiel Ärzte- und Advokatenhonorare, verstanden werden. Hier ergeht gleich auf die Klage ein Geschäft, mit welchem der Gegner aufgefordert wird, innerhalb vierzehn Tagen zu erfüllen oder im nächsten Stadtrechte seine Einwendungen zu erheben. Tut er dies nicht, so wird in diesem Stadtrechte Behebnus erteilt. Im Falle von Einwendungen spielt sich das weitere Verfahren wie im normalen Prozeß ab, jedoch ist bei landschadenbündigen Schuldbriefen die Appellation des Beklagten unzulässig.
Die Kompetenz des Stadtrechtes war auch gegenüber Bürgern keine ausschließliche, mindestens seit Gerichtsprotokolle in Klagenfurt erhalten sind, also seit 1536. Es konnte aber der Bürger, wenn er im Stadtgerichte geklagt wurde, die Antwort verweigern und sich auf das Stadtrecht ziehen. Die Zuständigkeit des Stadtgerichtes ist wahrscheinlich aus mehreren Wurzeln entstanden, wenn sich auch Genaues mangels jeglichem urkundlichen Belege über das Klagenfurter Gerichtsverfahren im Mittelalter nicht feststellen läßt. Gegenüber Inwohnern war anscheinend — seit diese überhaupt einer städtischen Gerichtsbarkeit unterstanden — das Stadtgericht immer zuständig, ebenso, hinsichtlich Klagen gegen Bürger mit einem Streitwerte unter 10 fl. Dagegen hat sich seine Kompetenz in sonstigen Rechtsstreitigkeiten gegen Bürger wohl erst im Laufe der Zeit entwickelt, und zwar einerseits auf Grund der Zwangsgewalt des Richters, durch welche er die Bürger zum Erscheinen vor seinem Gerichte — wenn auch nicht zur Anerkennung seiner Zuständigkeit — zwingen konnte, anderseits auf Grund der freiwilligen Unterwerfung unter die Entscheidung des Stadtgerichtes, welche im ältesten Gerichtsprotokoll öfters erwähnt wird.[Seite: S. 10][ => Seite]
Das Verfahren im Stadtgerichte, auf welches hier leider nicht näher eingegangen werden kann, ist bedeutend mehr von der gemeinrechtlichen Praxis beeinflußt als jenes im Stadtrechte. Es spielt sich im allgemeinen schneller ab als das im Stadtrechte und ist besonders charakterisiert durch starke Anwendung des Mandatverfahrens.
Das Stadtrechtsverfahren hat im Laufe der Zeit nachweisbar in einigen Punkten Änderungen erlitten. Schon in der Zeit nach 1579 sind keine Stadtrechte mehr nachweisbar, weil dieses schwerfällige und zeitraubende Verfahren (es fanden im Jahre durchschnittlich höchstens vier bis sechs Stadtrechte statt, wodurch schon der gewöhnliche Prozeß ohne Streit von der Klagseinbringung bis zur Stadtschermerteilung zwei bis drei Jahre dauerte) wenig beliebt war. Auf Wunsch des Stadtrates bewilligten jedoch die Verordneten im Jahre 1587 die Wiederabhaltung der Stadtrechte und zeigt, sich in den nächsten Jahren sogar eine gewisse gesetzgeberische Tätigkeit des Rates, die sich in der Erlassung einer Reihe von Satzungen äußert, welche die Art und Zeit der Appellationsführung in Konkurssachen, die Abhaltung der Versteigerungen im Stadtrechte, die Form des gütlichen Ersuchens, die erleichterte Vollmachtserteilung zwischen Ehegatten regeln und in den Protokollen durch den Beisatz "ist beschlossen" oder "statuiert" gekennzeichnet sind. Sie werden im Anhange mitgeteilt.
Das Wichtigste unter diesen Neuerungen ist die Verlegung der Liegenschaftsversteigerung in das Stadtrecht. Während im allgemeinen in Innerösterreich im Exekutionsverfahren das Prinzip des Pfandverfalles herrscht, hat sich in Klagenfurt im. Konkursverfahren auf nicht mehr erweisbare Weise der Gerichtsbrauch ausgebildet, Liegenschaften mittels Aufrufes am öffentlichen Platze um einen ungefähren Preis durch den Fronboten versteigern zu lassen, welches Verfahren den Namen Cantorecht führte. Anläßlich der Wiedereinführung der Stadtrechte wurde das Konkursverfahren ins Stadtrecht verlegt, allerdings ohne dauernde Wirkung, da sich die konkurrierende Zuständigkeit des Stadtgerichtes erhielt und schon gegen 1597 auf diesem Gebiete das schwerfällige Stadtrechtsverfahren wieder verdrängte. Im Zusammenhang mit der Überleitung des Konkursvorfahrens in das Stadtrecht wurde am 24. Mai 1588 beschlossen, das Cantorecht fortan unter schwebendem Stabe im Stadtrechte abzuhalten, wobei dieses um vier Uhr nachmittags sein Ende zu finden hatte. Diese Regelung hat sich erhalten und erfolgte die Versteigerung in der Weise, daß die Liegenschaft dreimal an verschiedenen Tagen im Stadtrechte ausgerufen und erst am letzten Tage dem Meistbietenden der Zuschlag erteilt wurde. Daran anknüpfend entwickelte sich ziemlich rasch im Wege des [Seite: S. 11][ => Seite] Gerichtsbrauches eine Befugnis der betreibenden Gläubiger, auch außerhalb des Konkurses bei Liegenschaften an Stelle des Stadtscherms die Versteigerung im Canto zu begehren. Hievon wurde insbesondere bei allzu hoher Schätzung im Stadtgerichte bzw. — seit sich die Schätzung für das Stadtrechtsverfahren eingebürgert hatte — im Stadtrechte Gebrauch gemacht. Klagenfurt hat hier in allem Anscheine nach selbständiger Entwicklung eine Befriedigungsart ausgebildet, zu der das übrige Innerösterreich erst durch die Justizreformen Josefs II. gelangte. Allerdings wurde das Cantorecht bereits durch Landtagsbeschluß vom 28. Juli 1643 als dem allgemeinen Gerichtsgebrauche widersprechend beseitigt und fand die Versteigerung für Fahrnisexekutionen überhaupt nie Anwendung.
Weiterhin zeigen sich im Stadtrechtsverfahren, ebenso wie im Landrechte, Tendenzen, das Anwendungsgebiet der Urteile, gegen welche, wie erwähnt, Appellation nach dem Urteilsvorschlage des ersten Rechtsprechers ergriffen werden mußte, einzuschränken. Es werden daher, und zwar ungefähr nach 1610, die Zwischenentscheidungen in immer größerem Umfange im Wege von Bescheiden oder Abschieden gefällt, gegen welche die Beschwerde bzw. die Appellation ohne jene beengende Formvorschrift zulässig war. Nach 1640 erfolgt im Appellationsverfahren die Entscheidung häufig in einem Verhöre vor den Verordneten, also durch ein mündliches an Stelle des schriftlichen Berufungsverfahrens.
Ferner bürgert sich der Brauch ein (erstmals am 27. Februar 1606 nachweisbar, auch hier wahrscheinlich analog dem Landrechte), daß die Expensen schon vor der Stadtschermerteilung taxiert werden. Einem Hauptmangel des Verfahrens, daß in keinem Stadium der Exekution eine Schätzung stattfindet und der Betreibende nur im allgemeinen angehalten wird, nicht übermäßig aufzuweisen, wird ungefähr um dieselbe Zeit im Anschluß an eine Neuerung im Landrechtsverfahren abgeholfen. Hier war nämlich durch eine landesfürstliche Resolution vom 19. Februar 1606 die Schätzung obligatorisch gemacht und in die Zeit nach erteiltem Landscherm verlegt worden, wodurch indirekt auch das Recht des Schuldners, den Überschuß über die Forderung des Gläubigers samt Anhang herauszubekommen11, gesichert wurde. Diese Neuerung fand bald auch im Stadtrechte Anwendung; erstmals ist sie am 27. November 1617 nachweisbar.
Von großer Bedeutung war schließlich der Umstand, daß seit dem Jahre 1603 die Stadt ständig zwei Landschrannenadvokaten besoldet, damit diese den Stadtrechten beiwohnen und sonst der Stadt in Rechtssachen mit Rat und Tat beistehen. Dadurch wurde zweifellos der Anschluß an die Praxis des Landrechtes sehr [Seite: S. 12][ => Seite] gefördert, wenn auch die Beeinflussung begreiflicherweise im einzelnen nicht nachweisbar ist. Im Jahre 1619 versuchte man das Zwangsvollstreckungsverfahren zwecks größerer Publizität dieser Vorgänge ganz in das Stadtrecht zu verlegen, was allerdings an einer Entscheidung der Regierung aus dem Jahre 1622 scheiterte. Auch die Maßregel, alle Klagen über 10 fl. in das Stadtrechtsverfahren zu verweisen (Beschluß des Rates vom 15. März 1639), hatte keinen dauernden Erfolg. Vielmehr nahm trotz all dieser Reformen die Beliebtheit des Stadtrechtes ständig ab, da die Schwerfälligkeit des Verfahrens die Parteien abschreckte. Eine künstliche Nachblüte feierte es nur, als ein findiger Advokat im Stadtgerichte wieder die Einwendung, daß für Bürger nur das Stadtrecht zuständig sei, zur Anwendung brachte. Es geschah dies in den Jahren nach 1670, führte aber, da zahlreiche Parteien sich beschwerten, schließlich dazu, daß die Stände am 23. Jänner 1680 zwar die weitere Abhaltung der Stadtrechte gestatteten, doch es dem Kläger freistellten, ob er im Stadtrechte oder vor dem Stadtgerichte klagen wolle. Damit war dem ersteren Verfahren die letzte künstliche Stütze entzogen und läßt sich von diesem Zeitpunkte an die Abhaltung von Stadtrechten nicht mehr nachweisen.
Zusammenfassend ergibt sich folgendes Bild: Das Stadtrecht ist das alte Gericht der Klagenfurter Vollbürgergemeinde. Es hält an den deutschrechtlichen Grundsätzen der Scheidung zwischen Urteiler und Richter, der Unscheltbarkeit eines ausgegebenen Urteiles sowie überhaupt an den aus dem Mittelalter überlieferten Verfahrensformen zähe fest, wobei das Vorbild des Landrechtes von ausschlaggebender Bedeutung ist. Es verliert mit der Entwicklung des sich stärker an das gemeine Recht anlehnenden Stadtgerichtsverfahrens immer mehr an Bedeutung und stirbt ab, als den Bürgern das Recht entzogen wird, den Gerichtsstand vor dem Stadtrechte verlangen zu können.
Was die Frage der Abfassungszeit des gereimten Stadtrechtes anlangt, so dienen als Anhaltspunkte für den Termin, vor welchem es nicht entstanden sein kann, nachstehende Umstände:
Zur Bestimmung des Zeitpunktes, nach welchem das Stadtrecht nicht niedergeschrieben worden sein kann, dient folgendes:
Daraus ergibt sich, daß die Abfassung in den Jahren 1606 bis 1617 erfolgt sein muß.
Die Person des Verfassers ist in Dunkel gehüllt, doch glaube ich auch diesbezüglich eine Hypothese wagen zu können. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß der Autor ein Bewohner der Stadt Klagenfurt war, der über ziemliche Rechtskenntnisse verfügte. Trotzdem halte ich es für ausgeschlossen, daß er ein Rechtsgelehrter war, weil ein Landschrannenprokurator ader eine andere juristisch geschulte Persönlichkeit sich wohl kaum herbeigelassen hätte, den zähen Stoff in derben Knittelversen zu behandeln, sondern eher ein schwulstiges Latein angewendet haben würde13. Daran können auch die nicht allzu zahlreichen Ausdrücke aus der gemeinrechtlichen Gerichtssprache, soweit sie lateinischer Herkunft sind, meines Erachtens nichts ändern, da sich diese jeder Laie aneignen konnte, der öfters Gelegenheit hatte, Verhandlungen vor dem Stadtrechte beizuwohnen.
Nun zeigt das gereimte Stadtrecht große Ähnlichkeit mit einer anderen, ungefähr um dieselbe Zeit entstandenen Arbeit, [Seite: S. 14][ => Seite] mit der bekannten von Khull (Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie, 18. Jahrgang, Klagenfurt 1897, Seite 73 bis 111) herausgegebenen Reimchronik von Klagenfurt. Die holperigen Verse, die unbeholfene Sprach- und Reimtechnik, die mundartliche Färbung und die eingestreuten lateinischen Fachausdrücke, wie sie damals wohl auch der Halbgebildete anwandte, lassen sich in beiden Werken in gleichem Ausmaße feststellen14. Meines Erachtens ist es daher kaum allzu gewagt, im Verfasser der Reimchronik und des gereimten Stadtrechtes ein und dieselbe Person zu vermuten: Der Autor der Reimchronik verfügt neben einigen recht oberflächlichen Kenntnissen hinsichtlich zeitgenössischer Ereignisse über ein sehr ansehnliches Wissen bezüglich der älteren Geschichte seiner Vaterstadt15, und zwar auch aus Zeiten, von denen er nicht alles durch mündliche Tradition erfahren haben konnte. Man muß daher annehmen, daß er Einblick in das städtische Archiv gehabt hat, und würde dies in erster Linie auf einen Stadtschreiber als Verfasser hindeuten. Es trifft dies jedoch kaum zu. Der Autor der Reimchronik lebte nach der Gegenreformation in Klagenfurt, ist aber, wie seine Bemerkung über die Geistlichkeit16, die Darstellung der Gegenreformation von 160417, die Schilderung des Zusammenstoßes zwischen Propst Latomus und Stadtrichter Winkler18 und sein warmes Lob auf Franz von Khevenhüller19 zeigen, wohl stets wie die meisten seiner Mitbürger ein heimlicher Protestant geblieben. Nun mußte der damalige Stadtschreiber Jodok Koch 1604 als Protestant auswandern und wurde in seinem früher niemals erwähnten Nachfolger Primus Hauer sicher ein verläßlicher katholischer Parteigänger auf diesen einflußreichen Posten befördert. Es scheiden daher beide aus dem Kreise der möglichen Verfasser aus. Dagegen ist es sehr wahrscheinlich, daß der Autor ein Mitglied des Rates war und so vermöge seiner Stellung sowohl Einblick in die für die Verfassung der Reimchronik nötigen Urkunden hatte, als auch sich die für die Verfassung des Stadtrechtes erforderlichen Kenntnisse des Verfahrens in seiner amtlichen Tätigkeit als Beisitzer erwarb.
Den einzigen sicheren Anhaltspunkt über die Lebenszeit des Verfassers enthalten zwei Stellen der Reimchronik (Vers 900, 1042), nach welchen er Ereignissen der Jahre 1606 und 1608 als Augenzeuge beiwohnte. Er dürfte zwischen 1540 und 1560 geboren worden sein, da er eine Reihe von Begebenheiten, insbesondere Elementarereignisse aus der ersten 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, in einer Art und Weise schildert, als ob er sie aus den Erzählungen seiner Kindheit oder teilweise aus eigener Wahrnehmung kennen würde20. Zur Zeit der Abfassung seines Werkes21 fühlt er bereits sein Ende herannahen (Vers 1231f., [Seite: S. 15][ => Seite] 1243 f.) und ist er mit seiner Arbeit offensichtlich nicht fertig geworden, da die in den Schlußversen 1355 ff. angekündigte Darstellung der Feierlichkeiten bei der Krönung des Erzherzogs Matthias zum König von Ungarn im Jahre 1612 fehlt.
Hier glaube ich nun an eine aus dem 17. Jahrhundert stammende Notiz anknüpfen zu können, welche die Reimchronik mit dem Namen Paul Khepiz 22 in Verbindung bringt23. Eine Person dieses Namens existierte, ist aber nach den über ihr Leben vorhandenen Daten24 keineswegs der Verfasser. Höchstens hat Paul Khepiz die Chronik durch die Verse erweitert, welche außerkärntnerische Ereignisse behandeln, im Drucke von 179025 fehlen und auch in den Prosaauszügen nicht benützt sind. Wohl aber passen alle obenerwähnten Umstände sowohl hinsichtlich der zeitlichen Entstehung des Stadtrechtes und der Reimchronik als auch hinsichtlich Alter und Stellung ihres Verfassers auf ein anderes Mitglied der Familie Khepiz, den Bäckermeister und Ratsherrn Lorenz Khepiz26, den Großvater des Paul Khepiz.
Sein Geburtsdatum ist unbekannt, er wird am 15. April 1581 Bürger, was nach der damaligen Übung, nur jene als Bürger aufzunehmen, die ein eigenes Haus hatten und verheiratet waren27, auf ein Alter von ungefähr fünfundzwanzig bis dreißig Jahren hindeutet. Im Jahre 1591 war er jedenfalls schon Bäckermeister, da er seinen Sohn Christoph als Lehrling aufdingt28. Er erscheint weiters seit 1604 als Mitglied des äußeren Rates, ist im Jahre 1612 Viertelmeister am Völkermarktertor, wird am 2. August 1612 Mitglied des inneren Rates, jedoch schon im Juni 1613 anläßlich der Richterwahl von der Gmain herausgenommen. Am 29. Juli 1614 hat er noch gelebt, muß aber vor Jahresschluß gestorben sein, da am Quatembersonntag vor Weihnachten 1614 seiner Witwe Elena (richtiger Magdalena) das Backen gestattet wird, solange sie im Backhause bleibt28. Er war zweimal verheiratet und hatte, soweit dies aus den Taufbüchern und dem Testamente seiner zweiten Frau Magdalena nachweisbar ist, insgesamt elf oder zwölf Kinder, von denen ihn neun überlebten. Er muß eine angesehene Stellung in der Bürgerschaft eingenommen haben, da seine ältesten Kinder von Mitgliedern der damals ersten Klagenfurter Bürgerfamilie Windisch, so vom Bürgermeister Christoph Windisch, aus der Taufe gehoben werden und unter den Taufpaten seiner späteren Sprößlinge der Bürgermeister Georg Grinz aufscheint. Bemerkenswert ist auch, daß er mit der Familie des Landschrannenadvokaten Hans Kraus, des Mitverfassers der Kärntner Landrechtsordnung von 1577 und Autors einer Darstellung des Landrechtsprozesses, in Beziehungen stand29. Alle diese Umstände machen es sehr wahrscheinlich, [Seite: S. 16][ => Seite] in Lorenz Khepiz den Verfasser der Reimchronik und des gereimten Stadtrechtes zu sehen.
Im folgenden wird die einzige erhaltene Handschrift des gereimten Stadtrechtes wiedergegeben werden. Hiebei werden die damals gebräuchlichen Wortkürzungen aufgelöst, die Interpunktionen nach modernen Grundsätzen gesetzt und große Anfangsbuchstaben nur bei Eigennamen verwendet, während in der Handschrift jede Zeile mit einem großen Anfangsbuchstaben beginnt und mit einem Beistrich endet. Im übrigen halte ich mich streng an die Schreibweise der Handschrift und werden offensichtliche Schreibverstöße derselben in den Anmerkungen richtiggestellt. Ebenso wird bei den einzelnen Artikeln in Anmerkungen auf die jeweils einschlägigen Artikel der Landrechtsordnung von 1577 verwiesen und aus Zweckmäßigkeitsgründen auch eine Numerierung der Verse vorgenommen.
Im Anhange folgen die mit den nötigsten Erläuterungen versehenen Statuten, welche den Stadtrechtsprotokollen entnommen sind.
1. (Stadtrechtsprotokoll 1588 bis 1590, Stadtarchiv A 22, Fol. 13', 23. Mai 1588).53 Darauf ist proponiret und beschlossen dass ein jeder beschwerter sich bei werrenden rechten alsbaldt zur appellation anmelden und nach der anmeldung in sechs wochen eintweder die appellation erledigter oder ein schub zu gericht lege, sonst seye die appellation desert.54
2. (a.a.O., Fol. 15', 24. Mai 1588). Es ist ordentlich und mit statlicher beratschlagung beschlossen, das hinfüro die cantorecht unter schwebendem stab im statrechten sollen gehalten werden, also das das recht albeg nach ausgehung des statrechten umb vier uhr nachmittag, wan der leste gloggenstreich am rathauß beschehe, solle der burgermaister den stab niderlegen neben den lesten streich, wer nun mehr auf das cantostückh gelegt, dem solle ein landtleuffiger khaufbrieff darumb gegeben werden.
3. (Stadtrechtsprotokoll 1591 bis 1592, Stadtarchiv A 26, Fol. 2, 28. Jänner 1591) ... und ist darauf beschlossen und statuiert, daß ein ÿegliches güetliches ersuchen aindweder schrifftlich oder aber durch andere sonderbar guete leuth, umb willen besserer ordnung und daß es auch ein ernnst gleich sehe, beschehen solle.
4. (a.a.O., Fol. 87', 9. November 1592). Darauf ist Nouakh55 abgeschaffen und statuiert worden, das ein jeder in dergleichen fällen aintweder ain schrifftlichen schein des gewalts fürweisen solle oder aber, wann man oder weib ligerhafft unnd khrannckh ist, und der gesunte thaill mit ainen nachpern für gericht khumbt, der da sagen khan, das der khrannckhe den gesunten den gewalt zu procedieren übergeben, so solle das gericht glauben.