Gestatten Sie mir, daß ich am heutigen Tage als Historiker, auf Grund fachgemäßer und zeitgenössischer Quellen, Ihnen ein geschichtliches Bild entwerfe von Klagenfurt und seiner evangelischen Gemeinde im Reformationszeitalter. Meine Darstellung fußt vor allem auf den Beständen des Landesarchivs in Klagenfurt, vornehmlich auf den Protokollen der Verordneten, d. i. des Landesausschusses.
Schon mein verstorbener Fachgenosse Professor Lebinger hat mit Benutzung dieses Archivs in den Jahren 1867 und 1868 im Gymnasialprogramm zu Klagenfurt in dankenswerter Weise über die Reformation und Gegenreformation in Klagenfurt geschrieben. Wenn ich jedoch heute in der Lage bin, Ihnen außerdem aus dem genannten Archive Neues und bisher Ungedrucktes mitzuteilen, so danke ich dies der Güte meines Freundes Dr. August von Jaksch, welchem ich auch in der Baugeschichte, mit Zugrundelegung seines Aufsatzes von 1907 in der Carinthia folge. Außerdem schöpfe ich aus dem verdienstvollen Werke des Universitätsprofessors Dr.Johann Loserth in Graz über die Reformation in Innerösterreich und benutze das umfangreiche Aktenmaterial über diese Zeit, welches derselbe Forscher in den "Fontes rerum Austriacarum" niedergelegt hat.
Die Geschichte sowie die Kultur der Stadt Klagenfurt im Reformationszeitalter ist unzertrennlich verbunden mit der evangelischen Gemeinde in dieser Stadt, weil ja der evangelische Glaube im Laufe des 16. Jahrhunderts hier so sehr herrschend wurde, daß zu Beginn der Gegenreformation und in den Jahren 1600 und 1604 in der ganzen Stadt nur mehr drei Familien katholisch waren. Damals entstand an Stelle des mittelalterlichen Klagenfurt das Klagenfurt der Neuzeit, wie es uns in dem ältesten Stadtplane aus dem Jahre 1604 entgegentritt. Und dieses Bild der Stadterweiterung mit den Befestigungswerken blieb bis zum Jahre 1809, in welchem Jahre die Franzosen bekanntlich die Mauern zerstörten. Damals, als der evangelische Glaube herrschte, also im 16. Jahrhundert, erlebte Klagenfurt seine erste Blüte. Es wurde in umfangreichstem Maße gebaut, und das Schulwesen hat durch das Zusammenwirken des evangelischen Herren- und Ritterstandes und der lutherischen Bürger einen derartigen Aufschwung genommen, daß auch der katholische Schriststeller Norbert Lebinger bemerkte, die Klagenfurter seien ihren Nachbarn um 200 Jahre voraus gewesen.
Der Ort Klagenfurt wird urkundlich schon in den Jahren 1194 bis 1197 unter Herzog Ulrich II. von Sponheim erwähnt. Doch lag die alte Ansiedlung nördlich von der Glan, auf der Goritschitschen, und erst Herzog Bernhard erbaute zwischen 1240 und 1250 das jetzige Klagenfurt, welches mit Wällen und Mauern umgeben wurde und schon 1271 Stadt genannt wird. Die alte Stadt Klagenfurt war klein. Das Nordtor, das St. Veitertor, befand sich zwischen dem Gasthofe "Kaiser von Österreich" und dem Cafe Lerch, das Südtor am Ausgange der Kramergasse in den Neuen Platz, das Osttor zwischen der heutigen Sparkasse und dem Gasthofe zum "Lamm", das Westtor östlich vom heutigen Landhaus. Die Häuser gruppierten sich um den "Alten Platz". Die Stadtpfarrkirche von St. Egyd war gotisch und hatte im Reformationszeitalter zwei Türme mit einem hölzernen Gange dazwischen. Weil sie im Jahre 1??? [HS: in der Digitalisierungsvorlage durch einen Tintenfleck unleserlich] durch das starke Erdbeben sehr großen Schaden litt, wurde sie dann in der jetzigen Gestalt hergestellt. Außerhalb der Stadt waren kleine Vororte, so im Norden der St. Veiter Vorort; im Osten befand sich außer der Stadt die Judengasse, d. i. die heutige Priesterhausgasse, wo bei den Jahrmärkten das Vieh stand. Außerhalb des Villacher Tores, also an der Westseite, war die gotische Spital- oder Hl. Geistkirche. Neben ihr erhob sich, dort wo jetzt das Ursulinerinnenkloster steht, das alte Bürgerspital, und am Friedhofe daneben war die lateinische Schule. Die alte Burg, in der sich die Herzöge, wenn sie anwesend waren, aufhielten, erhob sich gleich unmittelbar südlich vom heutigen Landhaus, also dort, wo jetzt die Anlagen [Seite: 5] und das Enzenbergdenkmal stehen. Dieselbe war unter Kaiser Friedrich III. schon baufällig, und dieser Kaiser schenkte den Klagenfurtern sein Haus nahe der Burg, d. i. wahrscheinlich das heutige Haus zur "Goldenen Gans" am Alten Platze, wo auch der Gemeinderat in der alten Zeit getagt zu haben scheint. Die Stadt hatte jedenfalls sehr enge Gassen und die Häuser hohe Schindeldächer, oder sie waren mit Stroh gedeckt. Am 10. Juni des Jahres 1514 wurde die gesamte Stadt ein Raub der Flammen und lag in Schutt und Trümmern. Der Aufbau ging wohl sehr langsam von statten, und dies benutzten die Landstände, um Klagenfurt, welches früher eine landesfürstliche Stadt war, wie St. Veit und Völkermarkt, an sich zu bringen. Schon im 15. Jahrhundert kamen die Prälaten, Herren und Ritter auf Landtagen zusammen. Aber sie hatten keinen dauernden Beratungsort und es fehlte ihnen auch in stürmischer Zeit ein gemeinsamer Schutz in einem befestigten Orte. Sie suchten daher bei Kaiser Maximilian an, daß er ihnen die Stadt Klagenfurt überlasse. Der Kaiser genehmigte dieses Ansuchen in Innsbruck am 24. April 1518. So wurde Klagenfurt Landeshauptstadt. Hier tagen jetzt die Landstände. Das Haupt derselben heißt von da ab Burggraf, in Steiermark Landesmarschall. Er wohnte samt den Verordneten in der Burg, welche wiederhergestellt worden war. Die Stände hatten damals nicht bloß das Steuerbewilligungsrecht, sondern sie waren im Besitze fast aller Ämter, und auch die Pflegschaften und Landgerichte wurden von ihnen besetzt. Da nun die Stände, d. h. die Herren und Ritter — die Prälaten waren ja in großer Minderheit —, schon im Laufe der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zum Protestantismus übertraten, so daß um die Mitte desselben schon der größte Teil von ihnen evangelisch war, so wurden nun auch die in Klagenfurt befindlichen Landesämter von Evangelischen besetzt. Außerdem wurden, um die Stadt, welche beträchtlich erweitert werden mußte, zu bevölkern, viele Ansiedler, auch aus Deutschland [Seite: 6] herbeigeführt, welche den evangelischen Glauben mitbrachten. Man räumte, nachdem man die alten Mauern niedergerissen hatte, den Schutt weg, vergab die Bauplätze und baute trotz eines neuen Brandes im Jahre 1535 fleißig weiter. Im Jahre 1544 wurde sogar der Italiener aus Lugano, Domenico de Lallio, als Festungsbaumeister bestellt. Dieser entwarf nun die Festungspläne; die Basteien, Tore und Türme gab er an. Er hat dann später in Wien dieselben Festungsmauern projektiert und die Dominikanerbastei gebaut, sowie er auch in Graz den Hauptteil des neuen Landhauses im schönen Frührenaissancestil aufführte. Wir finden ihn dann später wieder in Klagenfurt; 1546 starb er.
Während nun dies alles geschah und schon die Wälle und Gräben angelegt wurden, hielt der Protestantismus in die Stadt den völligen Einzug. Schon im Jahre 1560 müssen die beiden Kirchen von Klagenfurt für katholischen Gottesdienst fast gar nicht mehr benutzt worden sein; seit 1560 wurde keine Fronleichnamsprozession mehr gehalten. Die Zeiten waren jetzt für die Einführung des evangelischen Gottesdienstes und die Begründung der evangelischen Gemeinde sehr günstig. Im Jahre 1556 fand in Wien ein Generallandtag der österreichischen Länder statt. Die Kärntner traten auf diesem Landtage am schärfsten auf. Man wollte dem Kaiser Ferdinand gar nichts bewilligen, wenn er nicht das scharfe Verbot zurückgenommen hätte, daß das Abendmahl "verbrecherischerweise" nicht unter zwei Gestalten genommen werden dürfe. Der Kaiser nahm dieses Verbot nicht nur zurück, sondern er suchte bald darauf beim Konzil sogar darum an, daß die Priesterehe und der Laienkelch allgemein bewilligt werde, und er war ungehalten darüber, daß dies abgeschlagen wurde. Ferner machte sich schon der Einfluß seines ältesten Sohnes und Thronfolgers in Österreich, des nachmaligen Kaisers Maximilian II., geltend, welcher tolerant gesinnt war, so sehr, daß von ihm die Worte überliefert sind: "Wer sich die Herrschaft über das Gewissen anmaßt, der [Seite: 7] vermißt sich, auf den Thron Gottes zu steigen." Auch der damalige Bischof von Gurk, Urban Sagstetter (1556-1573), war gegen die Protestanten so milde gesinnt, daß dieselben sogar hofften, durch ihn in Graz eine Kirche zu gewinnen. Der Burggraf, entsprechend dem heutigen Landeshauptmann, Augustin Paradeiser war protestantisch gesinnt. Dasselbe galt sogar von dem Stellvertreter des Kaisers, dem Landeshauptmann Christoph Thannhauser, ferner seinem Vertreter, dem Landesverweser Georg Khevenhüller, und dem Vicdom, d. i. Finanzverwalter Georg Paradeiser. Im Jahre 1563 wurde nun der evangelische Gottesdienst eingeführt, die Messe und das Abendmahl evangelisch gehalten, zunächst in der Hl. Geistkirche, bald darauf auch in der Pfarrkirche. Der erste Pastor war der Deutschböhme Martin Knoll. Derselbe war vom Dechanten von Maria Saal als katholischer Vikar, d. i. Pfarrer in Klagenfurt eingesetzt worden. Er trat aber zum Protestantismus über und organisierte die evangelische Gemeinde. Als er im Jahre 1570 die Stadt verließ, folgte ihm ein sehr sittenstrenger Mann, Andreas Lang, welcher der Sekte der Flaccianer angehörte, im Pfarramte nach. Er rühmte in seinem Seelsorgebericht, daß es unter ihm nicht leicht vorgekommen ist, daß ein Schwerkranker oder Sterbender nicht das Abendmahl genommen habe.
Wie sieht es nun um diese Zeit mit dem Protestantismus in Kärnten aus? Derselbe war schon sehr früh unter den Bauern und Bergleuten von Salzburg aus in Oberkärnten verbreitet worden und hatte bald auch in den Städten Eingang gefunden. Die Gründe hierfür waren überall die gleichen, sagte doch auch Kaiser Ferdinand in einem Berichte an die innerösterreichischen Stände, daß ihm die vielen Mißbräuche und Ärgernisse und teilweise auch der Aberglaube, welcher in der katholischen Kirche herrschte, wohl bekannt seien. Aber während die Stände, Herren und Ritter, als Reform die Einführung der Augsburger Konfession verlangten, wollte er, sowie auch sein Nachfolger in Innerösterreich, [Seite: 8] Erzherzog Karl (seit 1564) die Reform durch Jesuiten durchgeführt wissen. Darüber mußte es natürlich zum Kampfe kommen, und die starke Macht — das waren für eine Zeit lang die Stände — siegte. In demselben Jahre 1563, als in Klagenfurt die evangelische Konfession förmlich eingeführt wurde, hielt sich kurze Zeit in Villach der päpstliche Nuntius, Commendone auf, ein staatskluger Mann, welcher auf seinen Posten nach Krakau reiste. Dieser richtete nun im Oktober, als er die Zustände in Villach sah und über die Dinge in Kärnten Erkundigungen eingezogen hatte, einen Bericht an den päpstlichen Staatssekretär Carlo Boromäo. Er sagte in demselben, daß fast ganz Villach evangelisch sei. Ein Prädikant predige in der Stadfpfarrkirche, welche die Evangelischen inne haben. Der Archidiakon und die katholischen Geistlichen sind zum Luthertum übergetreten. Nur für das Landvolk werde in den zwei anderen Kirchen dann und wann katholischer Gottesdienst gehalten. Die Bürger wollen sich an den Stadtrat wenden, daß der papistische Glaube ganz verboten und die beiden letzten Mönche ausgewiesen werden. Der Nuntius erfährt auch, daß in dem salzburgischen Gmünd und Friesach und in dem bambergischen Wolfsberg der Protestantismus verbreitet sei. Völkermarkt sei noch katholisch, in St. Veit hingegen alles protestantisch, und seit fünf Jahren sei dort kein katholischer Gottesdienst mehr gehalten worden. Diese wichtige Mitteilung verdanken wir Steinherz in Rom, welcher den ganzen Bericht in der Carinthia von 1913 mitgeteilt hat. Bei all dem hatten zwar die Herren und Ritter auf ihren Schlössern ihre Prädikanten und Schullehrer, aber in den Städten und Märkten war der evangelische Glaube verboten und auch bei den Herren und Rittern nur geduldet. Doch es sollte bald anders kommen. Im Jahre 1572 versammelten sich die Landtage von Steiermark, Kärnten und Krain. Erzherzog Karl hatte eine Schuldenlast von einer Million Gulden und wollte die bayrische Prinzessin Maria heiraten. Er erlangte von den [Seite: 9] Ständen, daß sie ihm die Schuld zahlten, was nur durch neue Auflagen und Verpfändung von Einkünften möglich war. Schon im Jahre 1569 hatte man darüber gestritten, und die Stände aller Länder erklärten, daß sie nur dann zahlen werden, wenn in die Schuldverschreibung die Bewilligung der Augsburger Konfession für sie sowie für die Städte und Märkte aufgenommen werde. Sie verlangten die sogenannte "Assekuration". Der Erzherzog mußte in seiner Bedrängnis im Jahre 1572 so weit nachgeben, daß er den Herren und Rittern die freie Ausübung ihrer Religion, ebenso auch ihrer Religionsverwandten, d. i. der Untertanen, gab und auch ihre alten Vogteien und Lehensrechte bestätigte, so daß sie also in den Pfarreien, über die sie das Patronatsrecht hatten, Pfarrer nach ihrer Art einsetzen konnten. Hartnäckig aber verweigerte er jede Gewährung der Religionsfreiheit in den Städten und Märkten. Da aber Klagenfurt den Landständen gehörte, die Bewohner Untertanen der Landstände waren, der von den Bürgern gewählte Gemeinderat von den Verordneten eingesetzt, sowie auch der gewählte Stadtrichter von den Verordneten bestätigt werden mußte, so nahm man es als feststehend an, daß nun Klagenfurt auch die Religionsfreiheit habe. Der Kaiser hatte verlangt, daß Friede und Eintracht herrschen solle unter den Konfessionen und in religiöser Hinsicht überhaupt. Nun brach aber bald darauf in Klagenfurt ein sehr ärgerlicher theologischer Streit aus. Der Pfarrer Andreas Lang war Flaccianer. Die Anhänger des Flaccius verkündeten die seltsame Lehre, daß durch die Erbsünde der Mensch derart schlecht geworden sei, daß die Erbsünde die Substanz des Menschen ist, der Mensch also ohne Erlösung und Glaube überhaupt nur Schlechtes, nichts Gutes tun könne. Der Pfarrer Lang geriet nun deshalb in heftigen Streit mit dem Prädikanten der Stände in Klagenfurt, dem gemäßigten Melanchthonianer Ambrosius Ziegler. Beide bekämpften sich auch auf der Kanzel, und einer nannte den andern einen Bösewicht und Erzketzer. Da die Sache nicht [Seite: 10] aufhörte, so waren die Verordneten genötigt, beide aus der Stadt auszuweisen. Es wurde nun ein sehr tüchtiger, beliebter und hochgebildeter Mann, Bernhard Steiner, als Pfarrer eingesetzt. Noch hatte die Sache aber kein Ende. Der Präzeptor nämlich an der adeligen Schule, von der später die Rede sein wird, Hyronimus Haubold, mischte sich jetzt ein. Er verfaßte eine grobe Eingabe an die Verordneten, sagte, daß sie alle vom Glauben abgefallen seien, und wenn sie nicht Gott auf den Knien um Verzeihung bitten, wünsche er ihnen alles Schlechte. Auch drohte er ihnen mit der ewigen Verdammnis. Nun wurde auch er ausgewiesen. Im Jahre 1578 fand der Generallandtag zu Bruck statt. In Graz konnte derselbe nicht abgehalten werden, da dort die Pest herrschte. Es war die Zeit der höchsten Türkennot. Die Abgesandten der Stände aller Länder aber erklärten, daß sie in gar nichts einwilligen werden, wenn ihnen nicht vorher dafür die Religionsfreiheit bewilligt werde. Der Erzherzog, in seiner größten Gewissensangst und Furcht, war nun genötigt, nicht nur alle früheren Privilegien zu erneuern, sondern auch den Städten Graz, Judenburg, Laibach und Klagenfurt gegen sein Prinzip die volle Religionsfreiheit zu geben. Wenn im Jahre 1572 die Errungenschaft in einem von der Kanzlei ausgefertigten Schriftstück gegeben worden war, so hatte jetzt der Erzherzog nur vor Zeugen, aber in feierlicher Form die Religionsfreiheit mündlich gegeben. Die Ausschüsse aber zeichneten alles Wort für Wort auf und vervielfältigten es [Anm. H.S.: Transkription des Libells]. Das war nun die "Magna Carta" der innerösterreichischen Protestanten gewesen. Das geschah am 9. Februar 1578. Die Versammelten leisteten eine Art von Rütlischwur, daß sie in jeglicher Lage, die Gott sendet, aushalten und einander treu, fest und innig beistehen werden. Am 21. Februar wurde nun auch von den geistlichen Delegierten eine für alle drei Länder, Steiermark, Kärnten und Krain, gültige Kirchenordnung und Kirchenverfassung ausgearbeitet. Aus Klagenfurt waren anwesend Bernhard Steiner, Magister Laborator, der [Seite: 11] Rektor der höheren Schule und der Prediger und Magister Georg Präntl. Eine Schulordnung war schon früher durch den Rostocker Theologen Chyträus ausgearbeitet worden.
Nun ist es an der Zeit, über die Schule in Klagenfurt und überhaupt über die ganze Einrichtung in der evangelischen Gemeinde in Klagenfurt zu sprechen. Gottesdienst wurde in Klagenfurt jeden Sonntagvormittag gehalten und am Nachmittag Gesang mit Katechese. Außerdem hielt man Gottesdienst unter der Woche, zuerst am Freitag und dann am Mittwoch. Die Gasthäuser durften vor dem Gottesdienste nicht offen sein und weder Wein noch Bier, noch Met ausgeschenkt werden. Wenn an Wochentagen Gottesdienst war, so mußten die Geschäfte geschlossen werden, damit die Geschäftsleute die Kirche besuchten. Es befanden sich in Klagenfurt neben dem Pfarrer drei bis vier Gesellpriester, außerdem waren Prädikanten der Stände da, welche von Klagenfurt aus in verschiedene Schlösser reisten, da nicht jeder Herr die Mittel hatte, sich einen Prädikanten zu erhalten. Die Taufe durfte nicht in Privathäusern vollzogen werden, außer bei schwächeren Kindern. Man hat in Graz die Sondertaufe, welche die Vornehmen oft verlangten, als eine "teuflische Hoffart" bezeichnet. Die Taufe wurde in der Regel in der Kirche oder im Pfarrhofe vor Teilnehmern abgehalten. Für die Ehe galten die allgemeinen Vorschriften der Augsburger Konfession. Sehr streng ging man gegen die Mütter vor, welche uneheliche Kinder hatten, um die Zunahme der unehelichen Geburten zu verhindern. Bei unehelichen Kindern sollte zuerst der Vater ermittelt werden. Gelang dies nicht, so wurden bei der Taufe ehrbare und fromme Leute als Zeugen und Gevatter bestellt und diesen das Kind übergeben. Die Mutter aber wurde vor den Magistrat beordert, dort getadelt und verwarnt und durfte nicht eher die Sakramente empfangen, bevor sie nicht Buße getan. Die Leichenbegängnisse fanden in sehr einfacher Weise statt. Es war in Klagenfurt verboten, daß Fackel- oder Leichenträger, mit schwarzen [Seite: 12] Kutten angetan, an Leichenbegängnissen teilnahmen. Es waren auch genau die Lieder vorgeschrieben, welche gesungen werden mußten. Die Leichenreden wurden wahrscheinlich in der Kirche gehalten. Es wird sehr geklagt über Trunksucht und in den Wirtshäusern über Gotteslästerungen. Dies kam wohl daher, daß bei den Festungs- und sonstigen Bauten sehr viele welsche Arbeiter beschäftigt waren. Es waren die strengsten Strafen für Gotteslästerungen vom Magistrat gesetzt, und Wirte, welche solche Frevler nicht angaben, wurden doppelt bestraft. Aber erst um 1585 trat eine wirkliche Besserung ein.
Das größte Verdienst erwarb sich die evangelische Gemeinde durch den Opfermut der Herren, Ritter und Bürger um das Schulwesen. Während früher nur eine Volksschule in Klagenfurt mit einem Lehrer war, traten jetzt zwei Lehrer dazu, ja 1583 wurden zwei neue Schulen, darunter eine Mädchenschule gegründet. Es gab nun sechs Lehrer, 1593 sogar neun. Auch der lateinischen Schule wurde ein Lehrer beigegeben. Die adelige höhere Schule bestand in Klagenfurt schon 1560. Schon damals wird ein Präzeptor derselben, Andreas Scheucher und ein Magister Piber genannt. Diese Schule wurde nun immer reicher ausgestaltet, und 1579 hören wir schon von einem obersten Schulaufseher, wozu einer von den Verordneten bestimmt war. Es fanden schon feierliche Prüfungen statt, bei denen die Schulehrenpfennige, welche jetzt zu den höchsten Seltenheiten im Münzwesen gehören, verteilt wurden. Die höhere Schule hatte aber bis zum Jahre 1586 kein eigenes Gebäude. In diesem Jahre wurde das Haus des Bürgers Windisch gekauft und demoliert, ebenso der nebenanliegende Grund des Puschl. Dort erbaute man nun ein eigenes Gebäude für die hohe Schule und das damit verbundene adelige Konvikt. Es ist dies die jetzige Burg, und zwar stammt der ebenerdige Teil und der erste Stock aus dieser Zeit. Das Gebäude hatte außen an der Westseite eine Säulenhalle und am Eingange der Nordseite las man [Seite: 13] "Collegium sapientiae et pietatis" d. h. Kollegium der Weisheit und Frömmigkeit. Die Schule bestand aus sieben Jahrgängen. Die ersten drei Jahrgänge bildeten zusammen eine größere Abteilung. Mit immer mehr in den Jahrgängen anwachsender Gründlichkeit wurde Latein gelesen und Klassiker, Cicero und Virgil dem Unterrichte zu Grunde gelegt. In den obersten Klassen lehrte man auch Griechisch und in der obersten Klasse für die angehenden Theologen das Hebräische. Mathematik und Physik wurden gepflegt, und für die Astronomie war auf dem Gebäude ein eigener steinerner Turm, ausgeschmückt mit Wandmalereien des Landschaftsmalers Daniel Blumental, errichtet. Die Anstalt diente für die Heranbildung der Beamten, Richter, Rechtsanwälte, ferner für den Adel und die Theologen. Von da weg konnte man nun noch eine deutsche Hochschule besuchen. Da waren denn besonders beliebt Tübingen und Leipzig. Für die Musik waren drei Lehrer, welche dieser Kunst kundig sein mußten, außerdem ein Organist. Den Gesang in der Kirche hatten vor allem die Studenten der obersten Klassen zu besorgen. Im Konvikt war ein Fechtmeister, ein Anstandslehrer, auch wurden lateinische und griechische Reden gehalten. Auch eine Art von Promotion war üblich. Es ist kein Zweifel, daß ohne die Gegenreformation sich aus dieser Schule eine Universität entwickelt hätte.
Das Armenwesen war ausgezeichnet organisiert. Bernhard Steiner hatte durch seinen Einfluß bei der Lateinschule ein Konvikt für arme Bürgersöhne zustande gebracht. An bestimmten Tagen ging die Sammelbüchse in der Stadt herum, aus der alle Armen beteiligt wurden. Reichten die Mittel nicht, so schöpfte man noch aus den Spitalgeldern. Landstreicher aber und Arbeitsfaule wurden abgewiesen. Das Betteln der Kinder, überhaupt das Betteln vor der Kirchentür war verboten. Nur auf dem Friedhofe durften sie sich anstellen bei Leichenbegängnissen, wo Brot verteilt wurde. Im Jahre 1581 haben die Bürger und Verordneten mit dem [Seite: 14] größten Kostenaufwande neben der heutigen Domkirche ein großes Spital mit 80 Pfründen errichtet, die jetzige Jesuitenkaserne. Da ferner in der Hl. Geistkirche auch slowenisch gepredigt wurde und die Stadtpfarrkirche an gewissen Tagen den katholischen Ständen, den Prälaten oder dem Landesfürsten, wenn er in die Stadt kam, überlassen werden mußte, so bauten die evangelischen Stände und Bürger unter großen Geldopfern die heutige Domkirche, d. i. die Dreifaltigkeitskirche, welche im Jahre 1593 konsecriert wurde. Dieselbe wurde dann nach der Gegenreformation den Jesuiten übergeben und das Spital nebenan wurde Jesuitenkollegium. Die Aufrichtung der Wälle, Mauern und Tore brauchte lange Zeit. Das neue, jetzige Landhaus wurde im Jahre 1574 zu bauen begonnen und zwar durch Hans Freymann, einen baukundigen Tischler aus Bleiburg. Dieser baute nach dem Muster des alten Grazer Landhauses vom Jahre 1494 das jetzige Landhaus im einfachen Stile. Im Jahre 1581 wurde jedoch Johann Anton Verda berufen, welcher das Stiegenhaus und die Säulengalerie an der Westseite aufrichtete. Der ganze Bau, samt den Türmchen wird 1594 vollendet gewesen sein. Schon im Jahre 1588 wurde in dem jetzigen Landhaussaale, welcher damals mit Malereien des Daniel Blumental geschmückt war, der erste Bürgermeister von Klagenfurt, Primus Windisch, feierlich eingesetzt. Die Bevölkerung der Stadt hatte so zugenommen, daß man neben dem Stadtrichter einen zweiten Vorstand der Gemeinde, den Bürgermeister brauchte. Die vier Tore waren ebenfalls nach 1590 vollendet. Zwei derselben, das Villacher und das Viktringertor hatten Inschriften. Am Viktringertor waren auch Löwen angebracht und ein Relief samt dem Stadtwappen und Fahnen. So war denn Klagenfurt im Jahre 1597, als der neue Landesfürst Ferdinand II. zur Huldigung nach Klagenfurt kam, eine neue Stadt geworden. Bald darauf jedoch sollten die schweren Schläge erfolgen, welche dieser streng katholische Mann über seine Länder Steiermark, Kärnten und Krain gleich [Seite: 15] Hammerschlägen niedersausen ließ. Die Gegenreformation, welche schon Karl in den Städten und Märkten, soviel er konnte, eingeleitet hatte, wurde, nachdem sie nach Karls Tode 1590 wieder völlig stillstand, nun mit der größten Kraft und Rücksichtslosigkeit durchgeführt.
Bevor ich nun die Gegenreformation in Klagenfurt erzähle, muß aber noch der allgemeinen Kirchenordnung gedacht werden, welche auch für Klagenfurt galt. Dieselbe war am 20. Februar 1578 von den geistlichen Abgesandten entworfen und von den Ständen genehmigt worden. Sie ist niedergeschrieben in den "Erinnerungen an die Kirchenordnung, auf daß man recht unterscheide zwischen dem was notwendig ist und zwischen dem was nicht notwendig, sondern frei ist." Das Notwendige galt natürlich ebenso für Graz und Laibach, als für Klagenfurt und Judenburg. Zugelassen war nur die augsburgische Konfession und alle Sektenbildung innerhalb derselben streng verboten. Sektierer, also auch Flaccianer wurden nunmehr ausgewiesen. Die Prädikanten und Lehrer wurden auf ihre Konfession beim geistlichen Ministerium in Graz geprüft. Ein geistliches Ministerium — wir würden sagen Presbyterium — war auch in Klagenfurt als Aufsichtsbehörde und Sittenzensur. Es unterstand den Verordneten der Stände, welche die Schutzherren des Protestantismus waren. Die Zahl der Festtage, um nur einige zu erwähnen, war genau festgesetzt und viel größer als heutzutage. Außer Weihnachten, Neujahr, Hl. Dreikönige, Karfreitag, Ostern und Pfingsten waren auch Festtage: Stefan, Johannes Evangelist, Pauli Bekehrung, Lichtmess, Maria Verkündigung und Heimsuchung, der Gründonnerstag, der Dreifaltigkeitstag, Johannes der Täufer, Peter und Paul, die Tage der meisten andern Apostel und St. Michael. Am Vortage eines jeden Feiertages mußte Abendgottesdienst sein. Die Art der Taufe, des allgemeinen Sündenbekenntnisses und der Absolution in der Kirche, sowie die Spende des Abendmahles, ebenso die Ordnung der Predigten und die Gesänge waren [Seite: 16] genau vorgeschrieben. Neue Gesänge und Gebete sollten nur mit Zustimmung der geistlichen Behörden eingeführt werden können. Als Beispiel für die Übereinstimmung gebe ich die Gesänge beim Leichenbegängnisse. Wenn der Sarg aus dem Hause getragen wurde, sang man entweder: "In tiefer Not schrei ich zu dir" oder "Mitten wir im Leben, sind vom Tod umfangen"; beim Hinaustragen der Leiche aus der Kirche erschollen die Lieder: "In Fried und Freud fahr ich dahin" und "Ich ruf zu dir Herr Jesus Christ"; wenn man am Friedhofe den Sarg in das Grab senkte, wurde das Lied angestimmt: "Nun lasset uns den Leib begraben", dann betete man ein Vaterunser und hierauf sang man: "Lassen wir ihn allhier schlafen." Sehr strenge waren die Vorschriften über sittliche Lebensführung. Allen Schullehrern war strenge verboten, sich in leichtfertiger Gesellschaft sehen zu lassen und sich in Wirts- und Weinhäusern herumzutreiben. Vollends den Lehrern und Professoren der höheren ständischen Schule war ein strenger Lebenswandel vorgezeichnet. Sie sollen, so hieß es, durch ihr ehrbar und ihr züchtig Wesen ihre Kollegen "anreizen" und den Studenten ein Vorbild sein. In sentimentaler Weise bezeichnete man die Studierenden als die "gottseligen, zarten Himmelspflänzchen." Die Kollegen, d. i. die Lehrer der höheren Schule hatten gemeinsame Wirtschaft unter der Leitung eines Ökonomen. Dieser mußte sein ein "häuslich und williger Mann" und seine Frau "eine gute und saubere Köchin". Außerhalb des Hauses sollten die Kollegen überhaupt keine andere Gesellschaft besuchen. Nur können sie mit Wissen des Rektors zu Gaste geladen werden, bei anständigen Personen aus Ehre und Freundschaft. Dann aber sollen sie sich nicht dabei der Trunkenheit ergeben und nicht anmaßende und abscheuliche Reden führen. Die Lehrer und Schulmeister dürfen nicht Kleidung wie die Landsknechte tragen. Die zerschlitzten Ärmel sind streng verboten. Die Mäntel und Krägen müssen wohl verschlossen sein. Es war damals in den Städten und auf den Schlössern des Adels ein [Seite: 17] großes Bedürfnis nach Büchern. Gar mancher reiche Adelige hatte eine kleine Bücherei, so gewiß die Khevenhüller auf Hoch-Osterwitz. Der berühmte Prädikant derselben, Christallnig, war der erste, der in historisch-kritischer Weise über die Geschicke Kärntens Nachrichten sammelte. Ein Herr von Staudach hat den Verordneten juridische Bücher zum Kaufe angeboten. Dieselben bestellten Bücher in Leipzig und es wurde beim Kollegium sapientiae eine Bücherei angelegt, welche zwar zunächst für Lehrer und Studierende bestimmt war, aber auch öffentlich benutzt werden konnte. Es ist dies der Anfang der Studienbibliothek. Außer Bibeln Luthers, Gesangbüchern, Katechismen, welche natürlich in großer Zahl vorhanden waren, brauchte man für die Bücherei vor allem Schriften Luthers, Melanchthons, der Kirchenväter, das Neue Testament im griechischen Text, lateinische Klassiker, namentlich Cicero und Virgil, gewiß aber auch in Klagenfurt Bücher über Mathematik, Physik und Astronomie. Damals lebten in Klagenfurt bedeutende Humanisten und Gelehrte, so der Rektor Philipp Marbach, welcher mit großem Erfolge in Heidelberg und Graz gelehrt hatte, ein Kenner der lateinischen, griechischen und auch der hebräischen Sprache. Sein Nachfolger als Rektor war Hyronimus Megiser aus Stuttgart, welcher in Tübingen studiert hatte und bei Erzherzog Karl Historiograph gewesen war. Er schrieb als der erste eine türkische Grammatik, verfaßte ein polyglottes Lexikon und ließ 1612 in Leipzig die "Annales Carinthiae" drucken, ein Geschichtswerk, in welchem er freilich Wahrheit und Dichtung vermengt. Der landschaftliche Arzt Johann Kün aus den Rheinlanden, welcher in Bologna promoviert hatte, ein sehr gelehrter Mann, verfaßte einen Lobgesang auf die Medizin und Magister Urban Paumgartner schrieb ein schwulstiges Lobgedicht auf die Stadt Klagenfurt, welches jedoch für die Kenntnis der damaligen Zeit von Bedeutung ist. Er findet es der Mühe wert in einem eigenen Abschnitte ausführlich die Gründung und Ausstattung der sogenannten [Seite: 18] Roßmühle, östlich vom heutigen Kapuzinerkloster im Dietrichsteinschen Garten zu beschreiben. Diese Mühle wurde von den Ständen errichtet, hatte vier Steine und wurde durch Pferde getrieben.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bürger und Stände müssen sehr günstig gewesen sein, hätte man doch sonst nicht so große Auslagen für Bauten machen können, kostete doch zum Beispiel der Bau des neuen Bürgerspitales, den der Stadtbaumeister Christoph Windisch aufführte, allein 26 000 Gulden. Die Lehrer des ständischen Kollegiums, sowie alle Prädikanten wurden von den Ständen bezahlt. Die Schullehrer und Schulgehilfen von der Stadt. Die Jahresbezüge waren nach dem damaligen Geldwerte nicht gering. Der evangelische Pfarrer hatte jährlich 300 Gulden, der letzte Pfarrer Adams Fabius später sogar noch etwas mehr, der Rektor 300 Gulden, die Professoren und Lehrer der ständischen Schule 100 bis 250 Gulden. Der Gehalt der Lehrer an den Volksschulen, welche nach württembergischen Muster eingerichtet waren, betrug 80, der der Schulgehilfen 40 Gulden. Jedoch hatten Prädikanten und Lehrer Neujahrsgeschenke zu erwarten und Geldbeträge für Anerkennungen. Anleihen wurden ihnen gestundet oder nachgelassen. Wenn sie heirateten, erhielten sie oft sehr reiche Geschenke. Die Prädikanten bekamen außerdem außerhalb der Stadt Gärten, Felder und Wiesen, welche man nach ihrem Tode auch den Familien beließ, für welche überhaupt gut gesorgt wurde. Daher kam es, daß einige Prädikanten Hausbesitzer wurden und es ist begreiflich, daß alle diese Leute im März 1601 nur sehr ungern und mit großer Betrübnis Klagenfurt verließen.
Als nach dem Tode Erzherzog Karls im Jahre 1590 wegen Minderjährigkeit Ferdinands Erzherzog Ernst und dann dessen Mutter Maria die Regentschaft führten, war für die Protestanten nichts zu fürchten. Aber es ist ja bekannt, daß Ferdinand, als er in Loretto und Rom war, den Schwur abgelegt hatte, den Protestantismus in seinen Ländern mit Gewalt [Seite: 21] auszurotten. Er hielt sich nicht gebunden durch die Verleihungen seines Vaters und berief sich auf das Reichsgesetz, welches besagte: "Wer das Land hat, hat die Religion" und wies alle Vorstellungen, welche darlegten, wie es doch in den anderen österreichischen Ländern ganz anders zugehe, energisch ab. Im Jahre 1600 begann bekanntlich in Steiermark im Sommer die gewaltsame Verdrängung des Protestantismus. Sie kam nun auch nach Kärnten. Im Folgenden folge ich einer Handschrift, welche von einem Augenzeugen herrührt und im Archiv des Museums Francisco-Carolinum in Linz aufbewahrt wird. Franz Martin Mayer hat sie in den "Forschungen zur deutschen Geschichte" 1880 veröffentlicht. Anfangs Juli 1600 kam an den Dechanten von Maria Saal und an die Verordneten der landesfürstliche Befehl, daß bei den strengsten Strafen die Prädikanten und Schullehrer binnen 10 Tagen Kärnten zu verlassen haben. Die Stände machten dagegen eine Eingabe und sagten den Leuten, sie sollten bleiben. Nun kam ein zweiter schärferer Befehl, die Prädikanten und Schullehrer müssen binnen drei Tagen Kärnten und binnen innerhalb eines Tages Klagenfurt verlassen, sonst sind sie vogelfrei. Auch dieser Befehl verfing nicht. Nun erfolgte eine dritte Weisung, da die genannten Personen, wenn sie nicht an Leib und Leben bestraft werden sollten, noch vor Sonnenuntergang die Stadt zu verlassen haben. Die Verordneten versprachen den Prädikanten, soviel als menschenmöglich ist für sie zu tun. Dieselben blieben. Jetzt aber, Anfang September, war schon über den Katschberg die Gegenreformations-Kommission erschienen. An ihrer Spitze stand bekanntlich der Bischof Martin Brenner von Sekkau, Johann Graf von Ortenburg, der Landeshauptmann und der Vicdom Zigl. Es kann hier nicht über diese Kommisson außerhalb Klagenfurts berichtet werden. Am 25. Oktober erschien dieselbe vor Klagenfurt und Martin Brenner forderte die Verordneten durch Kommissäre auf, ihn samt allen Kriegern — die Kommission war von 300 bis 400 Bewaffneten begleitet — [Seite: 22] in die Stadt einzulassen. Die Verordneten erklärten, daß sie ihn und seine Diener, natürlich auch den Landeshauptmann und Vicdom einlassen wollten, aber nicht die Bewaffneten, das könnten sie nicht verantworten. Der Bischof erklärte aber, sich von seinen Kriegern nicht trennen zu können. Ganz begreiflich, denn die Bürger der Stadt waren bewaffnet und außerdem lag in Klagenfurt ein starkes Fähnlein landständischer Krieger. Zum zweiten Male verlangte er eingelassen zu werden. Da sagten die Verordneten, man werde seine Krieger, wenn sie außerhalb der Stadt kampieren, mit Fleisch und Wein versorgen, man könne sie aber nicht einlassen. Nun wandte sich Brenner von St. Veit aus, wo man ihn sofort aufgenommen hatte, an Ferdinand II. Dieser gab nun zwei scharfe Befehle an die Verordneten. Im zweiten befahl er, die landständischen Truppen aus der Stadt sofort fortzuschicken, sonst sei es eine Rebellion, ferner die ganze Kommission einzulassen. In dieser entscheidenden Stunde, es war am 8. November, wagten es die Verordneten nicht, bewaffneten Widerstand zu leisten. Sie zogen die Truppen aus der Stadt und am 11. November hielt Martin Brenner durch das St. Veitertor seinen Einzug. Die Bürger standen Spalier, bewaffnet mit Schwertern und gespannten Büchsen. Sie wollten überall die Wachen einnehmen, jedoch das wurde ihnen nicht gestattet, vielmehr hiezu die Krieger der Kommission verwendet. Die Tore wurden geschlossen und nun mußten die Bürger am folgenden Tage unbewaffnet in der Pfarrkirche erscheinen, woselbst Brenner sie aufforderte, die sektiererischen Bücher auszuliefern und am nächsten Tage zur katholischen Kirche überzutreten. Er predigte von 8 bis 11 Uhr. Am nächsten Tage erschien niemand in der Kirche und als Brenner sehr betroffen den Magistrat fragte, sagte dieser, die Leute fürchten sich vor den Kriegern, die draußen stehen. Wieder am nächsten Tage wartete Brenner in der Kirche vergebens. Es kam niemand und der Magistrat erklärte, eines Sinnes zu sein mit den Bürgern. Brenner verkündete nun, daß alle, die nicht [Seite: 23] übertreten, binnen acht Wochen und drei Tagen, oder sechs Wochen und acht Tagen auswandern müssen. Die evangelische Dreifaltigkeitskirche wurde gesperrt und die Schlüssel den Verordneten versiegelt übergeben. Sie sollte erst auf Befehl Ferdinands wieder aufgeschlossen werden. Der Erzpriester von Friesach wurde als Pfarrer eingesetzt. Aber als Brenner fort war, hatte dieser keine Gemeinde, denn es waren ja nur drei Familien katholisch und es trat niemand über. Die Prädikanten kamen wieder von den Schlössern, wohin sie sich geflüchtet hatten, ebenso die Lehrer. In den Häusern wurde wieder gepredigt, sodaß alles wieder beim alten schien. Trotz der schärfsten Befehle Ferdinands wurde es im Winter von 1600 auf 1601 nicht anders. Der Landtag, der im Februar zusammentrat, ließ harte Worte fallen gegen die Nachgiebigkeit der Verordneten. Die Prädikanten blieben bis Mitte März, dann erst, auf Ferdinands größte Drohung hin, verließen sie mit den Lehrern Klagenfurt, mit den glänzendsten Zeugnissen ausgestattet und mit Geld versehen. Jeder bekam 300 Gulden und die Hausbesitzer außerdem für die Häuser Entschädigungen. Mitte April wurde nun auch das Kollegium der Weisheit geschlossen. Die Langmut Ferdinands gegenüber Klagenfurt ist auffallend. Aber es ist ja hier die Schirm- und Trutzburg der evangelischen Stände, an welche sich überhaupt die Kommissionen nicht wagten.
Erst im Jahre 1604 kam Martin Brenner zum zweitenmal nach Klagenfurt. Ich gebe hier den Bericht eines Augenzeugen, des Pfarrers Eberlin oder Aper von St. Veit, der später Bischof von Sekkau wurde. Derselbe liegt im bischöflichen Archiv zu Sekkau und ist vom Bischof Schuster in seinem Buche über Martin Brenner benutzt worden. Der Bischof erschien diesmal ohne Bewaffnete, und die Lage erschien ziemlich gefährlich, wie Aper sagt. Vom 5. April an bis Ende Juli predigte er jeden Sonntag, und immerfort wurden die Leute aufgefordert überzutreten, wenn sie nicht mit Zurücklassung des Zehentpfennigs in gegebener Frist auswandern sollten. [Seite: 24] Ein Siebentel wanderte aus, die andern bekehrten sich scheinbar und äußerlich. Als wieder die Fronleichnamsprozession in glänzender Weise gehalten wurde, gab man bezeichnenderweise, damit dieselbe nicht gestört werde, den nicht Übergetretenen Hausarrest. Am 26. Juli verließ Brenner die Stadt. Wie es aber nach seinem Abschied aussah, darüber gibt uns am besten Aufschluß der Bericht, welchen der Landeshauptmann Christoph David von Ursenbek an den Landesfürsten richtete. Die Abschrift davon liegt im Archiv des kärntischen Geschichtsvereins. Ich hebe nur das Wesentliche aus demselben hervor. Der Landeshauptmann sagt, daß in Oberkärnten fast alles evangelisch sei; die Reformation d. h. der Katholizismus hat nicht Wurzel gefaßt, von den Adeligen ist unter hundert nicht ein Katholik. Die Städte und Märkte sind fast durchgehends wieder vom Irrglauben angesteckt. In Klagenfurt ist, nach der allgemeinen Aussage unter den Bürgern, im Gemeinderat kaum ein echter Katholik; unter den Bauern kommt aber auf tausend kaum eine Handvoll Katholiken. In Klagenfurt wurde es erst ganz allmählich anders. Im Jahre 1621 berichtet wieder Ursenbek, daß bei den Gemeinderatswahlen nur ein Bewerber der Katholiken durchgedrungen sei. 1624 schreibt der Stadtpfarrer, daß jetzt zwar der Bürgermeister katholisch, aber noch viele Bürger evangelisch seien, der landschaftliche Apotheker aber sei ein Erzkalviner. Vor allem aber wird Klage geführt über die Widerspenstigkeit der Fleischhauer, wahrscheinlich wegen der katholischen Fastengebote. Noch im Jahre 1632 ist nach Ursenbeks Eingabe noch ein großer Teil der Bürger nicht katholisch. Doch es ging und mußte mit dem Protestantismus in Klagenfurt zu Ende gehen. Als Kaiser Ferdinand II., nach den Siegen des Heeres der Liga und Wallensteins auf der Höhe seiner Macht stand, erfolgte am 1. August 1628 das Ausweisungsdekret an alle vom Herren- und Ritterstande, welche nicht den katholischen Glauben annahmen. Sie erhielten längere Termine, konnten alle bewegliche Habe mitnehmen, es wurde [Seite: 25] ihnen der Zehentpfennig erlassen, sie konnten für den Verkauf ihrer Güter sorgen, aber sie mußten fort. So war nun jetzt die feste Burg, Wehr und Waffen des Protestantismus in Klagenfurt zerstört; denn die zurückbleibenden Adeligen mußten sich zum katholischen Glauben bekehren. Sie schickten ihre Söhne nach Klagenfurt zu den Jesuiten, welche seit 1604 die Dreifaltigkeitskirche und das Bürgerspital nebenan inne hatten und durch Predigten, Beichte und Jugendunterricht die kommende Generation gewannen. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erlosch jedenfalls der Protestantismus in Klagenfurt. Dies dauerte bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts.
Am Lande aber, namentlich in Oberkärnten hat sich der Protestantismus in den Gebirgsgegenden bis zum Toleranzpatent Kaiser Josef II. erhalten. Dies zeigt vor allem die große Bewegung, welche daselbst nach der berüchtigten Ausweisung der 20000 Protestanten aus Salzburg durch den Erzbischof Firmian entstand. Diese Bewegung mußte in den Jahren 1632 und 1633 mit Waffengewalt unterdrückt werden und der Landeshauptmann Graf Orsini-Rosenberg berichtet an Kaiser Karl VI., daß in Oberkärnten fast die Hälfte der Bewohner vom Anfang an im geheimen Protestanten seien, und daß sie durch die Kommissionen nur noch verstockter wurden. Man pflegte nun die Protestanten, wie der Ausdruck heißt, zu "transmigrieren", d. h. zwangsweise zu überführen, in das protestantische Ungarn und Siebenbürgen. Doch schon die große Kaiserin Maria Theresia hob im Jahre 1773 eine solche Wegführung von Protestanten, welche von Murau aus erfolgen sollte, auf. Und als im nächsten Jahre ihr Sohn und Mitregent Kaiser Josef II. für die böhmischen Länder die Bestimmung erließ, daß künftighin keine Protestanten mehr ausgewiesen werden sollten, gab die Kaiserin, trotz der Vorstellungen der Hofkanzlei, diesem Erlasse des Sohnes die höchste Genehmigung. Als nun im Oktober 1781 das erste Palladium der Religionsfreiheit, das Toleranzpatent Kaiser Josefs [Seite: 26] erschien, haben sich in Kärnten sofort Hunderte gemeldet und es bildeten sich die alten protestantischen Gemeinden. Auch in der Gegend von Arnoldstein meldeten sich, wie das Arnoldsteiner Archiv besagt, ziemlich viele, die sagten, sie wollten das Abendmahl unter zwei Gestalten und den lutherischen Glauben. Und noch heutzutage hat sich in Agoritschach unter den Slowenen eine evangelische Gemeinde erhalten. Durch die Gesetze unter der Regierung Kaiser Franz Josef I., namentlich das Protestantenpatent vom 8. April 1861 und der konfessionellen Gesetze vom 30. Juli 1870 wurde nun den Evangelischen der Augsburger und Helvetischen Konfession die volle staatliche Freiheit und Gleichberechtigung, entsprechend den Anforderungen des modernen Staates und der modernen Gesellschaftsordnung gegeben. Die Protestanten sind diesbezüglich Kaiser Franz Josef zu großem Dank verpflichtet. Unser Monarch sagte einmal: "Und das Wohl der evangelischen Kirche liegt mir sehr am Herzen". Und am 31. Oktober 1901 erklärte er: "Ich bin überzeugt von der Vaterlandsliebe und dem Patriotismus der Angehörigen der evangelischen Kirche und ich weiß, daß ich auf ihre Treue mich auch in der Zukunft verlassen kann". Mit diesen Worten unseres Kaisers schließe ich meinen Vortrag.
Im Jahre 1598 richtete der slowenische Vikar, welcher in der Heiligen-Geistkirche predigte, an die Verordneten eine Eingabe wegen Anschaffung slowenischer Postillen. Die Verordneten erklärten aber, daß sie darauf nicht eingehen, weil die slowenische Bibel Truvers, welche sie um teures Geld gekauft haben, keinen Absatz fand, weil die Leute hier diesen slowenischen Dialekt nicht verstehen. [Seite: 27]
Im Jahre 1590 versammelten sich 150 Abgeordnete von Steiermark, Kärnten und Krain in Graz und führten in den Verhandlungen teilweise eine sehr heftige Sprache gegen die von Ferdinand beabsichtigte Gegenreformation. Am heftigsten sprach Karl von Ungnad; jedoch wurde der bewaffnete Widerstand abgelehnt. Die Prälaten, auch Bischof Brenner, sprachen damals mild und gemäßigt, während ein Jesuit predigte, der Landesfürst werde sich eher die Adern herausreißen lassen als nachgeben. Die Stände warteten vergeblich auf eine befriedigende Antwort des Erzherzogs und der vereinigte Landtag ging Anfang Februar wieder auseinander.
J. Loserth, zu den Quellen zur Gesch. der Gegenreformation in Innerösterreich in den Mitt. d. Inst. f. öst. Geschichtsforschung 34. B., 1. Heft S. 82.
Angerer, Der Kampf um die religiöse Freiheit und das kirchenpolitische Programm des Papsttums (Kärntner Flugschriften zur Volksaufklärung!) (75 Seiten) kl. Okt. K. —,70.
Gawalowski, Karl W., Friedrich Marx. Sein Leben und Dichten. Mit dem Bildnisse des Dichters. (32 Si.) Okt. 1907. K. 1.20.
Hann, Reg.-Rat Dir. Dr. Fr. G: Der Gurker Dom. Seine Entstehung. Architektur und Kunstwerke. Ein kunstgesch. Wegweiser. (52 Seiten mit Abbildungen) kl. Okt. 1910. K. 1.—.
Hauser, Hub.: Illustrierter Führer durch Friesach (Kärnten) u. deren Umgehung, nebst geschtl. Daten vom J. 860 bis 1905. 3., verm. u. verb. Aufl. (VIII, 184 S. m. Abbildungen, 1 eingedr. Kartenskizze, 2 Vollbildern u. 2 Plänen) Oktav, 1905. Geb. in Leinw. K. 2.—.
Kärnten, Das Land der Seen und der Lieder (20 St. m. Abbldg.) gr. Okt., 1912. K. —.20.
Der kleine Katechismus Dr. Martin Luthers (in dem v. der Eisenacher Kirchenkonferenz angenommenen u. hrsg. Text). Nebst pass. Bibelsprüchen. 8. Aufl. (33 S.) 16°. 1909. K. -.08.
Die Fundstellen werden nur durch das Unicodesymbol für Links dargestellt: 🔗