Quelle: Codex Austriacus I (1704) 410-427.
[Seite 410] Entbieten allen und jeden unsern nachgesetzten Obrigkeiten, Geist- und Weltlichen, auch andern unsern getreu-gehorsambsten Ständen, und Unterthanen in unserm Ertz-Hertzogthumb Oesterreich unter der Ennß, auch sonsten männiglichen, so in Gerhabschaffts-Sachen in demselben zuhandlen haben, unsere Gnad, und alles Gutes; und fügen euch hiemit gnädigist zuvernehmen: obwohlen Wir von Zeit unserer Kayser- und Lands-Fürstl. Regierung, jedesmals vornehmlich dahin gesehen, wie, neben einem gleich durchgehenden Lauff der lieben Justitz, auch unserer getreuen Ständ, und Unterthanen hinderlassene Waisen, unter unserm Lands-Fürstl. Schutz und Schirm, zu Gottes Ehren, und deß Vatterlandes Besten, mit guter Ordnung aufferzogen, auch derselben Vermögen, biß zu ihrer Vogtbarkeit, von ihren Gerhaben treulich administrirt, und in einem guten auffnehmigen Stand erhalten werden möchte; So haben Wir doch von einer Zeit hero mißfällig erfahren müssen, daß sich in einem, und andern offtermahls schädliche Mängel, und Mißbräuch ereignen.[Seite 411]
Wann aber Uns, als unserer getreuen Ständ, und Unterthanen hinderlassender Pupillen, Obristen Gerhaben, und Schutz-Herrn, dißfalls die behörige Remedir- und Vorsehung zuthun obliget, auch höchst angelegen ist:
Als haben Wir zu solchem End, durch unsere Räth, mit Zuziehung der, von unsern getreu-gehorsambsten N. Oe. Land-Ständen erküsten Außschüssen, eine Gerhabschaffts-Ordnung verfassen, dieselbe durch unsere N. Oe. Regierung revidiren, und sodan Uns, zu unserer darüber schöpffenden gnädigsten Resolution, in Unterthänigkeit vortragen, solche auch ferners, gnädigist resolvirter massen, wie hernach folgt, in Druck bringen lassen.
§. 1. Die Gerhab- oder Vormundschafft ist ein Recht, und Gewalt, zu Beschützung der jenigen Leuth, und derselben Güter, welche wegen ihrer Jugend, oder anderer Ursachen halber, ihnen, und ihren Gütern, selbst nicht vorstehen können.
§. 2. Gleich wie bißhero in disem unsern Ertz-Hertzogthumb Oesterreich, zwischen denen Unmündigen, und Minderjährigen, wie auch denen Tutorn, und Curatorn dißfalls kein Unterschid gehalten worden: also soll es noch hinfüran darbey verbleiben, und die Gerhab- oder Vormundschafft auff ein- und andere, biß zu Erreichung der von Uns hernach außgesetzten Vogtbahren Jahren, auch durchgehend sowohl auff die Persohn, als die Güter, verstanden werden.
§. 3. Der Gerhaben oder Vormunder seynd Dreyerley:
1. Die jenigen, so in einem Testament, oder andern letzten Willen verordnet.
2. Der Minderjährigen nechste Bluts-Verwandte.
3. Die, so von der Obrigkeit gesetzt seynd.
§. 1. Ein jeder Vatter, Anherr, oder Ur-Anherr, kan seinen Unvogtbahren, Natürlichen, und Ehelichen, auch angewünschten Kindern, Enikeln, oder Ur-Enikeln, deßgleichen denen Blödsinnigen, Stummen, Blinden, oder andern Gebrechhafftigen, die der Pflegschafft vonnöthen haben, in seinem Testament, oder letzten Willen, Gerhaben benennen: bey welchen es in allweeg sein Verbleiben haben solle, sie hätten dann darwider erhebliche Entschuldigungen einzuwenden, oder man befände unwidersprechlichen Verdacht und Gefahr der Kinder, in welchem Fall die Sachen zu Erläuterung, und Erkantnuß der Obrigkeit und des Gerichts gestelt seyn solle.
§. 1. Ausser obgedachter Eltern, kan niemand, auch so gar die Mutter oder Anfrau, ihren Kindern in denen anerstorbenen Väter- An- oder Uranherrlichen, oder anderwerts herrührenden Erbschafften keine Gerhaben verordnen; Jedoch ist so wohl der Mutter als Anfrau über ihre eigene Verlassenschafften, den hinterlassenen münderjährigen Kindern, oder Enikeln, Gerhaben zuverordnen, nicht verwehrt, welche Gerhaben aber hernach durch die Obrigkeit, auff vorhergehende Erkundigung, bestättet werden sollen.
§. 3. Wann jemanden ein Legat ausdrucklich, und allein in Ansehung der ihme im Testament zugleich auffgetragenen Gerhabschafft vermacht wird, und er sich der Gerhabschafft verweigert, hat er solches Legat nicht zubegehren. [Seite 412]
§. 1. Wann der Verstorbene kein Testament auffrichtet, oder in demselben keinen Gerhaben gesetzt, oder die Gesetzten mit Todt abgiengen, oder auch sonsten entlassen wurden, so seynd der Münderjährigen nechste Befreundte im Geblüt, wann sie anderst von der Obrigkeit tauglich erfunden werden, in der Ordnung deß Erb-Rechts, die Gerhabschafft über sich zunehmen, schuldig; und da sie sich ohne erhebliche Ursach dessen weigerten, so sollen sie für ihre Persohnen die Anwartung zu deß Pupillen Erbschafft verfallen, doch deren Erben dessen nicht zuentgelten haben.
§. 2. Ist der Kinder leibliche Mutter noch im Leben, so gebührt ihr, wann sie die Vergerhabung der Kinder begehrt, und sonsten kein Bedencken wider sie verhanden, dem alten Herkommen nach, die Ober-Gerhabschafft; doch sollen derselben von Gericht aus, neben ihrer Bestättigung, jederzeit ein- oder zween unverdächtige und verständige Mit-Gerhaben aus der Freundschafft, oder sonsten zugegeben werden, welche neben ihr sowohl die Gerhabschafft zuverwalten, als auch die Raittung zuführen haben.
§. 3. Wann ein solche Mutter von der Verlassenschafft abzufertigen, oder sich sonsten eine Strittigkeit zwischen ihr, und denen Kindern ereignete: so sollen allein die ihr zugegebene Mit-Gerhaben, der Kinder Nothdurfft auffs beste beobachten.
§. 4. Diese der Mutter Ober-Gerhabschafft wehret so lang, als sie in dem Wittibstand verbleibet, dann nachdem sie sich wider verheurathet, oder sonsten in ihrem Wittib-Stand unehrbarlich verhaltet, soll sie der Gerhabschafft, neben Einreichung der Raittung, ihren zugeordneten Mit-Gerhaben alsobalden abzutretten, und ihnen deß Pupillen Vermögen einzuantworten, von der Obrigkeit angehalten werden.
§. 5. Wann hingegen ein Eheweib vor ihrem Mann ohne Testament mit Todt abgienge, und eheliche Kinder, die sie miteinander erzeugt hätten, verliesse: so ist der Mann in denen Mütterlichen Gütern seiner unvogtbahren Kinder Gerhab, und Verpfleger; doch der Obrigkeit die Erkantnuß vorbehalten, ob dem Mann Mit-Gerhaben zuzuordnen, oder nicht.
§. 6. Da zum Fall kundbar, oder erweißlich, daß er ein Verschwender, oder sonst eines unordentlichen Haußhaltens: oder durch seine Glaubiger das Mütterliche Gut angegriffen wurde: alsdann, wann sich gleich der Vatter schon in die Verwaltung oder Gerhabschafft eingelassen hätte, er derselben entsetzt, und seinen Kindern, deß Mütterlichen Guts halber, andere Gerhaben verordnet werden sollen.
§. 7. Es muß aber auch der leibliche Vatter, das Mütterliche Gut ordentlich inventiren lassen, damit er solchem Inventario nach, das Eigenthumb ungeschmälert seinen Kindern zur gebührenden Zeit abtretten möge, wie auch hernach im Achten Titul, vom Inventario gemeldet wird.
§. 8. Wann ein Vatter zur andern Ehe schreitet, so wird ihme diese Gerhabschafft dardurch nicht benommen: Jedoch stehet bey der Obrigkeit Erkantnuß, ob sie in solchem Fall nach Befund der Umbständ aus denen Mütterlichen Befreundten gleich, oder mittler Zeit einen Mit-Gerhaben adjungiren wolle.
§. 9. Wann die Gerhabschafft auff einen vogtbahren Brudern fallet, welcher von dem Unvogtbahren nicht abgetheilt ist, und ihme Güter insgemein zugeniessen nicht gelegen wäre: solle die Obrigkeit denen Unvogtbahren gewisse Gerhaben zu der Abtheilung verordnen, welche darauff zusehen haben, daß die jüngere Geschwistriget durch die Aeltere nicht vervortheilt werden: nach solcher Theilung bleibt der ältere Bruder, wann er anderst tauglich, seiner münderjährigen Geschwistriget Gerhab.[Seite 413]
§. 1. Wann durch Testament, oder andern letzten Willen, keine Gerhaben gesetzt, noch gesippte Freund verhanden, denen die Gerhabschafft zufiele, oder dieselben untauglich, oder ausser Lands wären, ist ein jedwedere unsere nachgesetzte Obrigkeit, deren der Pupillen Vatter unterworffen gewesen, solche Pupillen, alsobald sie hievon Nachrichtung erlangt, mit tauglichen Gerhaben zuversehen: und im Fall einer, oder der andere abstirbt, auff Anzeigen deß überlebenden Mit-Gerhaben, oder da keiner verhanden wäre, alsobalden ex officio den Abgang zuersetzen schuldig.
§. 2. Gemeldte Tauglichkeit der Gerhaben bestehet in deme, daß es ehrlich- verständig- Gewissenhafft- und da es anderst füglich seyn kan, vermöglich- und angesessene Männer, auch der Obrigkeit, welche sie verordnet, wenigist der Gerhabschafft halber, unterworffen seyn: und da sie sonsten einer andern Instantz untergeben, sich derselben dißfalls verzeihen, wie dann absonderlich keiner, der sich selber einzutringen begehrt, oder denen Pupillen ein namhafftes schuldig, zuverordnen ist.
§. 3. Es können ein, zween, oder mehr Gerhaben verordnet werden, nach dem deß Pupillen Vermögen beschaffen, oder etwa weit von einander entlegen ist; Jedoch sollen die Obrigkeiten dahin gedacht seyn, daß sie deren so wenig, als immer möglich, verordnen. Und demnach es sich zu Zeiten zuträgt, daß die Pupillen bißweilen neben denen Oesterreichischen, auch in Böheim und Mähren, oder andern Ländern, gelegene Güter haben, die Vergerhabung aber in allweeg der jenigen Obrigkeit gebührt, unter welcher der Todtfall des Vatters beschehen, und der Pupill verwaist worden; als solle dieselbe in diesem Fall darob seyn, damit solche Gerhaben verordnet werden, wider welche die andere Lands-Obrigkeit kein billiches Bedencken haben könne, und sodann dieselben, worunter die ausländischen Güter gelegen, durch gebräuchige Compass-Schreiben ersuchen, daß sie ihnen die in diesem Land verordnete Gerhaben, gegen Leistung dessen, was alldorten gewöhnlich, auch wollen belieben lassen.
§. 4. Damit ein jedwedere Obrigkeit die Pupillen alsobalden erfahren, und gebührende Anstellung derentwegen machen könne, ist ein jede Leibliche- oder Stieff-Mutter, wie auch die nechsten Befreundten, die Waisen anzuzeigen, und denenselben Gerhaben, wofern ihnen durch Testament, oder andern Letzten Willen keine verordnet worden, von Zeit ihrer Wissenschafft alsobalden zubegehren schuldig: da aber selbe, und zwar die Anwesende längst sechs Wochen, die ausser Lands entlegene aber drey Monath, solches anstehen liessen, sollen sie, da solche Nachläßigkeit der Obrigkeit kundbar wurde, von derselben, nach Befund der Sachen und Umbständen, willkührlich gestrafft werden: und wann es die anwesende Befreundten nach verflossenen sechs Wochen, noch drey Monath, die ausser Lands Abwesende aber noch sechs andere Monath darüber anstehen liessen, und keine rechtmässige Entschuldigung destwegen erweißlich fürzubringen hätten: so sollen sie dardurch den künfftigen Anfall der Pupillen Erbschafft, wie auch das jenige, was ihnen etwa von solcher Pupillen Vatter, Mutter, oder anderen Eltern auffsteigender Lini verschafft worden, verlohren haben.
§. 5. Damit auch ferners jede Obrigkeit die Beschaffenheit ihrer untergebenen Pupillen stättigs wissen, und denenselben zu gutem nachsehen möge; Als ordnen Wir hiemit absonderlich und ernstlich, daß jedwedere Obrigkeit, ein richtig verläßliches Waisen-Buch halten, und in dasselbe der Pupillen Namen, Alter, inventirtes Vermögen, Gerhaben, auch ob und wann dieselbe Raittung gethan, und andere Waisen-Handlungen von Zeit zu Zeit fleißig einschreiben und fürmercken lassen, auch alles das jenige mit sonderbahrem Eiffer vollziehen, was so wohl in Auffnehmung der Raittungen, als auch anderwerts, krafft dieser Gerhabschaffts-Ordnung ihnen obgelegen ist: damit der Pupill, nach erlangender Vogtbarkeit, sich im Waisen-Buch, und anderen gehandleten Nothdurfften ersehen, und im widrigen Fall deß Schadens bey der nachläßigen Obrigkeit zuerholen, nicht Ursach haben möge.[Seite 414]
§. 1. Es soll einer jeden Obrigkeit absonderlich angelegen seyn, auff Anzeigen der Mutter, oder andern Befreundten, oder auch sonst erlangende Wissenschafft, die jenigen mit Curatoren zuversehen, welche umb ihrer blöden Sinn und Vernunfft, oder auch stäter Leibes Schwach- und Gebrechlichkeit willen, ihnen selbsten auch ihrem Haab und Gut nicht wohl vorstehen können; Als seynd die Wahnsinnig- und Aberwitzige, Gehörlose, Stumme und Blinde: Item, die mit schwärer stäter Kranckheit beladen, Preß- oder Ligerhaffte Menschen, die Verschwender, und dergleichen.
§. 2. Wann auch jemand seine Wittib schwanger hinter sich verlies, soll die Obrigkeit derselben Leibs-Frucht, biß sie gebohren wird, zu Versicherung dessen Erbtheils, ein oder mehr Gerhaben verordnen.
§. 3. Und sollen diese, gleich wie andere Gerhaben, Anfangs aus der Freundschafft, und wann die nicht verhanden, anderwerts genommen, und verordnet, auch zu dem Inventario, Caution, Pflicht und Raittung, in allem, wie sonsten die Gerhaben, angehalten werden.
§. 1. Ins gemein ist ein jedwederer Vogtbahrer Mann schuldig, die zu gemeiner Wohlfahrt und Beschützung der Waisen gereichende Gerhabschafft, wann er zu derselben ordentlich beruffen wird, auch wider seinen Willen, über sich zunehmen: er habe dann nachfolgende, oder andere gleichmäßige Ursachen zur Entschuldigung einzuwenden.
§. 2. Als Erstlichen, daß er mit hohem Alter, über Sechzig Jahr, oder stäter Leibs-Schwachheit behafftet.
Anderten, daß ihme Armuth halber, sich mit frembden Geschäfften zubeladen, nicht wohl möglich.
Drittens, daß er vorhero mit drey mühesamen, der Raittung unterworffenen Gerhabschafften, sie seyen gleich unter Befreundten, oder Frembden, oder auch nur mit einer sehr schwärer und weitläufftiger Gerhabschafft beladen.
Vierdtens, unsern würcklichen Räthen, oder sonst zu schwärer Verrichtung verpflichten Beambten und Bedienten: Item denen Burgermeistern, Stadt- und Marckt-Richtern in unsern Lands-Fürstlichen Städt und Märckten, sollen ohne erheblich Ursachen keine Gerhabschafften: und bey deren Ereignung, über eine nicht auffgetragen werden; wann sie aber vorhero schon eine, oder mehr Gerhabschafften ob sich gehabt, so mögen sie sich derselben hernacher ohne vorgehende ordentliche Verraittung, oder anderwärtige Vergerhabung der Pupillen nicht mehr entschütten.
Fünfftens, wann einer mit deß Pupillen Eltern, biß zu deren Absterben, in schwärer Feindschafft und Widerwillen gestanden.
Sechstens, wann einer zu deß Pupillen gantzem Gut, oder dessen mehrern Theil selbst Forderung oder Anspruch hat, ist ihme die Vormundschafft nicht auffzutragen; im Fall er aber nur zu einen wenigen Theil des Pupillen Guts Anspruch hätte, solle es ihme zur Entschuldig- und Enthebung der Gerhabschafft nicht genugsam, sondern alsdann ein Curator in litem die Sachen gegen dem Gerhaben außzuführen, verordnet werden.
Siebendens, wann einer selbsten sechs, oder mehr eheleibliche Kinder noch in seinem Gewalt zuversorgen hätte, der solle destwegen mit keiner Gerhabschafft beschwärt werden.[Seite 415]
Achtens, sollen unsere Bottschaffter, Abgesandten, und Residenten, so lang sie in unseren Diensten abwesend seyn, nicht allein mit neuen Gerhabschafften, wider ihren Willen, von einem Testirer, oder der Obrigkeit, nicht belegt; sondern auch deren, die sie etwan vorhero gehabt, auff ordentliches Begehren, jedoch gegen schuldiger Verraitung, entlassen, und die Pupillen mit andern Gerhaben versehen werden.
Neundtens, die Kriegs-Leuth, so lang sie in unsern Kriegs-Diensten würcklichen begriffen, sollen gleichfalls der Gerhabschafften befreyet seyn.
§. 3. Wann nun jemand, nach empfangener Gerhabschaffts-Verordnung (so ihme ex officio von der Obrigkeit zugeschickt werden solle) eine, auß vorstehenden, oder gleichmäßig erhöblichen Entschuldigungen einzubringen vermeinte: solle er dieselbe, im Fall er anwesend, inner den nechsten 14. Tagen, der entlegene aber, inner Monaths frist, auff einmahl einraichen, widrigenfalls hat er alles, was dem Pupillen nach solcher Zeit zum Schaden gereicht, zuverantworten.
§. 1. Wann ein Gerhab, als nechster Befreundter, die Gerhabschafft selbsten begehrt, oder aber durch Testament verordnet wurde, und im Land nicht genugsamb angesessen wäre, muß derselbe vor allen Dingen, der Obrigkeit annembliche Caution und Versicherung, der Pupillen Güter halben laisten. Da aber ein oder anderer Gerhab von dem Gericht, ex officio gesetzt, und über alle eingewendte Entschuldigungen nicht bemüßiget werden wolte, so solle derselbe zu der Juratori-Caution angehalten, der übrigen aber entlassen werden; es wolte dann die Obrigkeit auß erhöblichen Ursachen einen, oder andern der Caution befreyen, oder wäre einer im Testament derselben entbunden.
§. 2. Dann so solle er auch die Gerhab-Pflicht, sowohl bey unsern Landmarschallischen Gericht, als N. Oe. Regierung, und anderen Gerichtern, an Eydstatt ablegen, auff die Weiß, wie hernach folgt, oder solche sonsten, nach Beschaffenheit der Pupillen, eingerichtet ist. Und solle diese Anglobung eben die Krafft, und Würckung haben, als wann ein leiblicher Eyd abgelegt wurde.
Ihr werdet (die Obrigkeiten zubenennen) an Eydstatt angeloben, und vergreiffen, daß ihr euch der (....) Pupillen, darüber ihr zu Gerhaben verordnet seyet, treulich annehmen, dieselbe in allem fleißig versorgen, und versehen, auch ihr An- und Zugehörungen in ligend- und fahrenden, auffrichtig verwalten, destwegen Jährlich ordentliche Raitung thun, und zu (....) handen erlegen, wie nicht weniger von ihr der Pupillen Haab, und Gütern, sonderlich von ligenden Grundstucken, auch andern, so ohne Schaden, biß zu derselben Vogtbarkeit auffbehalten werden kan, ohne sondere Ehehaffte Ursachen, auch (....) der Obrigkeit Vorwissen, und Einwilligung nichts veralieniren, oder verkauffen: auch sonsten in allem andern das jenig thun, und handlen wollet, was getreuen, und auffrichtigen Gerhaben gebührt, und euch in Krafft unserer Gerhabschaffts-Ordnung zustehet; treulich, und ohne gefährde.
§. 3. Jedoch weilen von alters hero, bey unserm Landmarschallischen Gericht, die Gerhaben weder Caution, noch Pflicht gelaistet, als sollen zwar die genugsamb angesessene von Herrn, und Ritterstand, auch hinfüro von einem, und andern befreyet, gleichwolen zur treuen, und ehrbaren Handlung in denen ihnen auffgetragenen Gerhabschafften nichts desto weniger verbunden seyn; hingegen die jenige, so gar nicht, oder nicht genugsamb angesessen, zu Laistung der Caution angehalten, die Caution aber sowohl der Land-Leuth, als anderer Persohnen, gehöriger Orthen vorgemerckt werden.
§. 1. Sobald ein Gerhab die Pflicht, und Caution in denen Fällen, wo er deren nicht erlassen, oder befreyet, abgelegt, und gelaistet hat, muß er dahin gedencken, daß er seiner Verwaltung einen rechten Grund lege, welcher dann in Auffrichtung eines ordentlichen Inventarii über deß Pupillen Gut bestehet.[Seite 416]
§. 2. Ist er nun der erste Gerhab, solle er alsobalden vom Gericht ein Inventarium, oder treue und eigentliche Beschreibung aller deß Pupillen Haab und Güter, ligends und fahrends, nichts außgenommen, auffrichten lassen, und demselben nach deß Pupillen Gut übernehmen.
§. 3. Tritt er aber in eines andern Stell, so hat er seines Vorgehers Inventarium zubegehren, solches gegen dem, was vorhanden, zuhalten, und zuübernehmen, den Abgang aber, neben der etwan außständigen Raitung, und was seinen Pupillen zu Schaden gehaust worden, bey dem vorigen Gerhaben, oder dessen Erben, zusuchen.
§. 4. Wann ein Gerhab von deß Pupillen Vatter, Anherrn, oder Ur-Anherrn, im letzten Willen aller Verraitung entlassen, so solle es darbey seyn Verbleiben haben, es hätte dann die Obrigkeit darwider erhebliche Bedencken; jedoch ist ein solcher Gerhab, wie auch der jenige, so von Uns, als Lands-Fürsten, der Rechnung enthebt, gleichwol wegen deß in Ihne gesetzten absonderlichen Vertrauens, deß Pupillen Gutt mit desto mehrerm Fleiß, und Treu zuverwalten, und das jenige, was von deß Pupillen Vermögen an Einkunfften zu seinen Handen eingangen, und er wider davon außgeben, zubeschreiben schuldig.
§. 5. Wie dann auch ein leiblicher Vatter seiner Kinder Mütterliche, oder anderwerts ihnen zugefallene Verlassenschafft, zu Verhütung künfftiger Strittigkeiten, Gerichtlich beschreiben lassen soll.
§. 6. Ob schon auch die Eltern in ihrem letzten Willen die Inventur außtrucklich verbotten, oder die Gerhaben deren entbunden hätten, so soll doch dieselbe nicht unterlassen, sondern unter der Freundschafft vorgenommen werden: es hätte dann der Gerhab, die Erbschafft im Nahmen der Pupillen anderst nicht, als cum beneficio Legis, & Inventarii angetretten, oder sonsten andere erhebliche Bedencken, auff welchen Fall sodan die Gerichtliche Inventur nothwendig fürgekehrt werden müste.
§. 7. Im Fall der Gerhab ein Inventarium auffzurichten, zu gefährde, oder auß Hinläßigkeit unterläst, so solle er, als verdächtig, der Gerhabschafft entsetzt, und nichts destoweniger zu Erstattung aller Schäden, und Unkosten, so viel deren entweder die hernach verordnete Gerhaben, oder aber der Pupill selbst, nach erreichter Vogtbarkeit mit einem leiblichen Eyd beteuren, oder sonst erweisen kan, angehalten werden.
§. 8. Wann ein Zweiffel vorfallet, ob dieses oder jenes Stuck einem dritten, oder dem Pupillen zugehörig, sollen sie dannoch dasselbe, wie sie es finden, beschreiben, und den vorgefallenen Zweiffel darbey vormercken lassen.
§. 9. Da auch nach auffgerichtem Inventario von neuem etwas vorkäme, so dem Pupillen zugehörig, ist der Gerhab dem Gericht solches alsobalden treulich anzuzeigen, und dem Inventario glaubwürdig beyrucken zulassen schuldig.
§. 10. Im übrigen, wie es mit Auffrichtung eines Inventarii zuhalten, ist bereits in dem dritten Buch dieser unserer Lands-Ordnung Titulo 28. mit mehrerm fürgesehen.
§. 1. Nach angetrettener Gerhabschafft, solle deß Gerhaben erste, und fürnehmste Sorg seyn, daß er die ihme anvertraute Pupillen in dem wahren Catholischen Glauben, in der Gottsforcht, Zucht, Ehrbarkeit, und Erlernung guter Künst, oder sonst nach deß Pupillen Stand, und Zunaigung erziehe.
§. 2. Wann die Pupillen noch ein leibliche Mutter haben, welche eines guten Wandels ist, so seynd sie derselben, so lang es die Obrigkeit für gut ansiehet, zur Aufferziehung zulassen: es wäre dann, daß sie anderwerts besser unterzubringen, oder da es Knaben seynd, selbige deß Studirens, Erlernung eines Handwercks, oder anderer dem Pupillen zu gutem vermainten Ursachen halber, an ein anderes Orth verschickt werden müssen.
§. 3. Wann aber auch die Pupillen keine leibliche Mutter mehr hätten, so sollen sie entweder bey der Freundschafft, oder an ein anders ehrlich- unverdächtiges Orth, in die Kost gethan werden, oder es kans der Gerhaben einer selbsten zu sich in die Kost nehmen; doch solle derselbe darbey keinen absonderlichen Gewinn suchen, und zu dem Ende ihme das Kost-Geld vom Gericht außsprechen lassen: die, so kein Kost-Geld zubezahlen haben, müssen [Seite 417] zu Diensten, oder Handwercks-Lernung, nach Beschaffenheit ihres Stands, und Alters, angehalten werden.
§. 4. Wann die Pupillen ausser Lands zuverschicken, solle es nicht an solche Orth beschehen, wo sie von dem Catholischen Glauben möchten abgeführt werden; Wie Wir dann absonderlich verordnen, daß sie nicht auff Un-Catholische Universitäten, und Schulen, zum Studiren geschickt, noch an Un-Catholischen Orthen zum Handwerck auffgedingt, oder lang allda gelassen, sondern alsobalden abgefordert, und auff deß Pupillen erscheinenden Ungehorsamb, der Obrigkeit, da aber diese nicht die Vorkehrung thäte, durch die Gerhaben unserer Landsfürstl. Obrigkeit angezeigt werden; welche sodann die Gerhaben, oder andere, so dieser unserer Verordnung zuwider gehandlet, nach gestalt der Sachen, zubestraffen wissen wird.
§. 5. Zum Fall die Pupillen Weiblichen Geschlechts in Minder-Jahren zuverheurathen, sollen die Gerhaben dahin beflissen seyn, damit dieselbe mit Rath, und Willen der Befreundten, ehrlich, und ihrem Stand gemäß, versorgt, auch nicht zu einer widrigen, und ungleichen Heurath, etwo wegen eingenommen- oder versprochener Schanckung genöthiget, noch auch von einer rechtmäßigen Heurath abgehalten: widrigenfalls solche Gerhaben, nach Beschaffenheit der Sachen, wohl-empfindlich bestrafft werden; Da aber ein Pupill, ohne Vorwissen der Gerhaben, zur Ehe heimblich beredet, und entführt wurde, in solchem Fall solle es gehalten werden, wie in unserer Land-Gerichts-Ordnung titulo 79. mit mehrerm fürgesehen.
§. 6. Der Unterthanen Waisen seynd ihrer Herrschafft drey Jahr, und zwar die kleinern umbsonst, doch gegen gebührender Unterhalt- und Kleydung, die aber über 14. Jahr seynd, gegen Raichung einer, dero Verrichtung nach, gezimenden Besoldung zudienen schuldig; jedoch mit Vorwissen der Obrigkeit, der überlebenden Mutter, oder Befreundten vorbehalten, daß sie solche Kinder, wann sie hierzu tauglich, in die Städt und Märckt, zu denen Schulen, oder Lernung eines Handwercks, schicken mögen: auch im Fall dergleichen Unterthanen Kinder, vor Außdienung der drey Waisen-Jahr eine Gelegenheit, sich ehrlich zuverheurathen, in ein Closter zugehen, oder sonsten ein anderwertige Wolfahrt zustunde, sollen sie von ihrer Herrschafft davon keinesweegs abgehalten, noch verhindert werden.
§. 1. Es hat sich niemand einer Gerhabschafft anzumassen, ehe, und zuvor ihme von der Obrigkeit ein Gerhab-Brieff, oder andere Verordnung zukommen, welches, so bald es beschehen, soll ihme, nach verflossenen 8. oder längst 14. Tagen, nach deß Richters Gutbeduncken, die Verantwortung der Gerhabschafft zugerechnet werden, es wäre dann erweißlich, daß er sich noch ehender derselben unterfangen, oder es leydete die Sach keinen Anstand, in welchen Fällen ihme die Verantwortung, von Zeit der ersten Anmassung, oder der auffgetragenen Gerhabschafft obligt.
§. 2. Wann dem Pupillen ein eigene, oder anderwärtige Erbschafft zustehet, sollen die Gerhaben zu ihrer, und deß Pupillen mehrern Sicherheit, selbige anderst nicht, als cum beneficio legis, & Inventarii, antretten, sodann ihnen die fürderlichste Abfertigung der Wittiben, Dienstbotten, und anderer richtigen Glaubiger, alles möglichisten Fleisses angelegen seyn lassen.
§. 3. Wann ein Gerhab seines Pupillen ligende Güter übernommen, solle er sich alles Fleiß erkundigen, ob Lehen, Leibgeding, oder Dienstbarkeiten darunter vorhanden, und zu Verhütung der Fähligkeiten, die Lehen zu rechter Zeit ersuchen, und empfangen: auch sonsten alle Dienstbarkeiten, sonderlich die Lands-Anlagen, ordentlich abrichten, widrigenfalls, er den entstehenden Schaden dem Pupillen gut zumachen, verbunden.[Seite 418]
§. 1. Neben nothwendiger Verseh- und Aufferziehung der Pfleg-Kinder, sollen die Gerhaben ihnen mit möglichsten Fleiß angelegen seyn lassen, daß derselben ligende Güter, Häuser, Aecker, Weingärten, und alle andere Grundstuck, in guten baulichen Weesen erhalten werden.
§. 2. Wie sie dann einiges ligend Gut, und Grundstuck, ohne der Obrigkeit Erkantnuß, und Bewilligung, zuverkauffen, oder auff einigerley Weiß zuveräussern, nicht Macht haben, es wäre dann, daß solche Verwendung von der Pupillen Eltern, oder andern Erb-Lassern im Testament verordnet, oder der Kauff von den Eltern, oder andern Erb-Lassern selbst geschlossen worden, und nur an der Erben Vollziehung erwinde; und in welchen Fällen die Obrigkeit eines ligenden Grundstucks Veräusserung für nöthig, und unvermeidentlich erkennen wird, solle sie gleichwol dahin gedacht seyn, daß die schlechtist- und wenigisten Güter, und Grundstuck, ja noch vor diesen die fahrende Haab, und schlechte Mobilien, veräussert, und nicht gleich Anfangs das Beste, oder die ligende Stuck, ohne sonderbahre Ursach, angegriffen werden.
§. 3. Eben so wenig ist ein Gerhab befugt, der Pupillen köstliche Mobilien, und Fahrnuß, als Gold, Silber, Kleynodien, und dergleichen, ohne Einwilligung der Obrigkeit, durch Verkauff, Versatz, Tausch, oder sonst in ander Weeg, zuveräussern.
§. 4. Wann ausserhalb der Obrigkeit Erkantnuß, oder auff einen unbegründten Bericht, ein ligendes, oder anders im nechsten §. 3. vermeldtes Pupillen-Gut, veräussert wurde, wollen Wir, daß solcher Contract von Unkräfften seye, und dem Pupillen das Gut mit allen Zugehörungen, und Abnutzungen, doch länger nicht, als in nechsten fünff Jahren, nach erlangter Vogtbarkeit, widerumb rechtlich an sich zubringen bevorstehen, auch deß Kauff-Schillings, und auffgewendter Bau- und anderer Unkosten halber, mehrers nicht, als was hiervon erweißlich, zu seinem Nutzen kommen, zuruck zugeben schuldig seyn solle.
§. 5. Wo aber Fahrnuß verhanden, welche ohne Schaden nicht auffzubehalten, sollen die Gerhaben selbige unverzüglich, auch ohne der Obrigkeit Vorwissen, doch zu deß Pupillen Nutzen, nach treuer Schätzung, verkauffen, und das Geld darfür, dem Pupillen zu Nutzen anwenden.
§. 6. Ingleichen können die Gerhaben Traid, Wein, und andere Einkommen, von der Pupillen ligenden Gütern, ohne Vorwissen, und einwilligung der Obrigkeit, in gangbahren Werth verkauffen, und seynd nicht schuldig, selbige etwan auff künfftige ungewisse Staigerung deß Werths, auffzubehalten, noch an andere weit entlegene Orth, umb deß hohen Verschleiß Willen, zuverschicken; wann sie aber vernünfftige Ursachen haben, Traid, und Wein, und dergleichen, wegen verhoffenden mehrern Nutzen der Pupillen auffzubehalten, ist es ihnen zugelassen, und soll der künfftige Gewinn, oder Verlust denen Pupillen zuwachsen.
§. 7. Das verhandene, oder einkommende baare Geld, wann es der Erb-Lasser zu Erkauffung ligender Güter anzuwenden befohlen, soll hierzu, und zu nichts anders, auch ob schon kein außtruckliche Verordnung verhanden, gleichwol entweder zu Erkauffung nutzbahrer ligender Güter, und Grundstuck verwendet, oder sonsten angesessenen, und begütteten Leuthen, auff jedesmahl lauffendes jährliches Interesse, mit gewisser außtrucklicher Satz-Verschreibung, oder genugsamber Bürgschafft, oder dem Schuldner eigenthumblich zugehörige Pfänder außgeliehen; da aber kein sichere Gelegenheit das Geld anzulegen vorfiele, von Viertl, zu Viertl Jahren der Obrigkeit angezeigt werden.
§. 8. Wolte der Gerhab das Geld selbst brauchen, und verzinsen, müste es mit Vorwissen der Obrigkeit beschehen, und derselbigen ein verbündliche Landsbräuchige Obligation eingehändiget werden; dem Pupillen aber seine ohne diß habende tacita hypotheca vorbehalten verbleiben, auch solle der Gerhab, ohne deß Gerichts Einwilligung, das Waisen-Geld vor sich selbsten nicht brauchen, noch auch bey denen Außleihungen einigen Gewinn, oder Vortheil suchen. [Seite 419]
§. 9. Es solle ingleichen keinem Gerhaben erlaubt seyn, auff einigerley Weiß seines Pupillen Schulden von dessen Creditoribus an sich zulösen, oder zuerhandlen.
§. 10. Die Obrigkeiten sollen ihre Waisen-Gelder, ohne gar erhebliche Ursachen, nicht selbsten auff Zinsung annehmen, und gebrauchen, sondern darob seyn, daß selbige anderwerts sicher angelegt werden, da aber hierzu keine Gelegenheit sich ereignete, und ein Obrigkeit, Geist- oder Weltliche, das Waisen-Geld selbst brauchen wurde, solle sie denen Pupillen wenigst 5. pr. Cento Interesse davon reichen, auch derentwegen ihre Güter, denen Pupillen, von Zeit deß angenommenen Waisen-Gelds, biß zu erfolgender Bezahlung, Satzweiß verhafftet seyn; jedoch mit diesem Unterschid, daß die Praelaten, und andere Geistliche Obrigkeiten, ingleichen die Vorsteher unserer Landsfürstl. Städt, und Märckt, auch anderer Communitäten, ihrer Waisen Geld, wann es über fünff hundert Gulden austrägt, ohne unsern, oder unserer N. O. Regierung Consens, selbst anzunehmen, und zugebrauchen, nicht befugt, noch derselben Güter darfür verhafftet seyn; auch im fall es von einem oder andern, dieser unsern gnädigsten Satz und Ordnung zuwider, gleichwohlen beschehen wurde, solches Uns, oder unserer nachgesetzten Lands-Fürstlichen Obrigkeit, von denen Gerhaben alsobald gehorsamlich angezeigt werden, damit hierinnen nothwendige Fürsehung gegen dem Ubertretter vorgenommen werden könne.
§. 11. Wann sich unter der Pupillen Gut ausgelihene Gelder befinden, hat der Gerhab wohlbedächtlich zuerwegen, ob sie an sichern Orthen ligen, und da sich bey denenselben, oder auch bey denen neu ausgeliehenen Geldern eine Gefahr ansehen liesse, solle es der Gerhab auffkünden, und zeitlich einfordern.
§. 12. Bey Ubernehmung eines andern Gerhaber hievor getragenen Verwaltung, ist absonderlich auff dessen ausgelihene Gelder acht zuhaben, dann wann sie zur Zeit der Ubernehmung sicher außgeliehen gewest, so ist der vorige Gerhab entbunden: seynd sie aber unrichtig, oder stehen in Gefahr, muß der vorige Gerhab den Pupillen desthalber ohne Schaden halten.
§. 13. Es kan auch der Gerhab die Gütter selbst in Bestand nehmen, oder mit einem andern einen Bestand schliessen, jedoch solle beedes mit der Obrigkeit Vorwissen, und Einwilligung, nach vorhergegangener gnugsamer Erkantnuß, beschehen.
§. 14. Bey denen Pupillen-Gütern sollen die Gerhaben keinen kostbaren neuen Bau anfangen, es wäre dann daß solches zu des Pupillen mehrern Nutzen gereichte, oder die Nothdurfft erforderte, welches dann der Obrigkeit vorgetragen, und deren Einwilligung hierüber erwartet werden solle.
§. 1. Die Rechtsführungen, welche ein Gerhab in der Verlassenschafft findet, müssen von ihme, so viel möglich, zu End gebracht werden; Auch so dem Pupillen ein neuer Rechts-Handel zustehet, er seye gleich Kläger, oder Beklagter, so solle er mit guten Grund darin verfahren, dabey in allweeg die Billigkeit der Sachen beobachten, und sich vorhero wohl bedencken, und berathschlagen, ob es dem Pupillen nutzlicher seye, deß rechtlichen Austrag zuerwarten, oder sich in der Güte zuvergleichen, und was dem Pupillen am nutzlichsten befunden wird, dasselbe ergreiffen.
§. 2. Gelangt die Sachen zu einem gütlichen Vergleich, ist derselbe jederzeit auff der Obrigkeit Ratification zustellen, dero dann obligt, vor der Bekräfftigung zusehen, ob der Vergleich zu deß Pupillen Nutzen angesehen, oder nicht.
§. 3. Was nun also das Recht, oder ein vom Gericht bestättigter Vergleich mit sich bringt, daraus ist der entstehende Gewinn oder Verlust dem Pupillen zuzueignen: Wo aber der Gerhab in einem oder andern Fall etwas verwahrloset, derentwegen ist er den Pupillen ohne Schaden zuhalten schuldig.
§. 4. Wann ein Gerhab wegen schwärer Rechtsführung einen Curatorem in litem begehrt, soll ihm derselbe, gegen billicher Bestallung, zugeordnet werden, welcher so dann umb die Rechtsführungen zusorgen, und dieselben, neben denen andern Gerhaben zuverantworten hat.[Seite 420]
§. 1. Wann mehr Gerhaben zugleich verordnet, so seynd sie alle und jede so wohl zur Verantwort- als Verwaltung verbunden.
§. 2. Wann aber die Gerhabschafft und deren Verwaltung von der Obrigkeit abgetheilt worden, so ist ein jeder Gerhab allein umb seinen ihme auffgetragenen Theil in Verantwortung zustehen schuldig. Herentgegen wann die Gerhaben selbst unter sich die Verwaltung abgetheilt, oder einer allein dieselbe übernommen hätte, so seynd die andere Gerhaben, welche die Gerhabschafft nicht würcklich verwalten, darumben der Verantwortung nicht entbunden, sondern derselben einen als den andern weeg unterworffen; jedoch mit dieser Bescheidenheit, daß wann der Gerhab, so die Verwaltung führet, solcher Gerhabschafft halber ichtes schuldig verbleibet, welches mit gerichtlicher Execution einzubringen, selbige erstlich wider ihn geführt, und zum fall er nicht zahlhafft befunden wird, alsdann erst wider die Mit-Gerhaber fürgenommen werden solle.
§. 3. Es mögen die Gerhaben ein vollmächtigen Anwalt, oder Verwaltung zur Administration der Gerhabschafft auff ihr Gefahr, jedoch mit Vorwissen des Gerichts, bestellen, welches anderer Gestalt nicht darein verwilligen solle, als wann die Weitläufftigkeit der Gerhabschafft, oder andere erhebliche Ursachen solches erfordern.
§. 1. Ein Pupill kan ohne Vorwissen und Bewilligung seiner Gerhaben, nichts verkauffen, verpfänden, oder in andere weeg veräussern, noch sonsten einigen Contract eingehen, und wann es beschiht, so ist ein solche Handlung gantz nichtig und unkräfftig, auch der jenige so mit dem Pupillen dergestalt gehandlet, daß etwann dardurch empfangene Gut, ihnen und ihren Gerhaben, sambt aller auffgehobenen Nutzung, Interesse, Unkosten und Schaden widerumb zuruck zugeben schuldig.
§. 2. Wann der Pupill durch solchen Contract einen Kauff- oder Pfand-Schilling, oder auch sonsten Geld oder Geldswerth empfangen, und dasselbe unnutzlich verthan, verspilt, verlohren, oder sonsten übel angewendet, so ist er, und seine Gerhaben, das empfangene Geld, oder Geldswerth wider zubezahlen oder heraus zugeben nicht schuldig: da es aber dem Pupillen zu Nutz kommen, soll er, oder seine Gerhaben, so viel, als ihme zu Nutzen angewendet worden, wider bezahlen und erstatten.
§. 3. Es soll auch kein Pupill Macht haben, seinen Gerhaben ichtes zuversprechen, oder einig Geding mit ihnen auffzurichten, ob schon dessen Vollziehung, biß zu deß Pupillen künfftigen Vogtbarkeit, verschoben wurde; und da es beschiht, ist solches versprechen oder geding, allerdings krafftloß und unverbindlich.
§. 4. Was aber einem Pupillen frey, und ohne merckliche Beschwärnuß geschenckt wird, das mag er, ohne der Gerhaben Bewilligung, wohl und kräfftig annehmen, und empfangen, jedoch solle solches alsdann, wann es etwas ergäbiges austrägt, der Gerhabschafft untergeben seyn.
§. 1. Wann man in Erfahrung kommt, daß ein Gerhab sich durch Geschänck, oder andere unzimliche Mittel zur Gerhabschafft eingetrungen, kein Inventarium auffgerichtet, die Pupillen übel aufferziehet, mit der Pupillen Gut betrüglich und eigennutzig handlet, dasselbe ohne Noth, oder gerichtliche Verwilligung (in denen Fällen, wo selbige vonnöthen) verkaufft, oder sonsten veräussert, die Steuer, und [Seite 421] andere Lands-Anlagen anwachsen läst, umb dieser und dergleichen Ursachen willen, kan und soll ein Gerhab (jedoch nach der Obrigkeit gutbeduncken) der Gerhabschafft entsetzt werden.
§. 2. Und obwohlen denen Befreundten und Mit-Gerhaben hierauff fleißige Obsicht zuhaben, und es der Obrigkeit anzuzeigen gebührt, so wollen Wir doch allen und jeden Obrigkeiten hiemit ernstlich eingebunden haben, daß sie vor sich selbsten auff der Gerhaben Handlungen fleißig Achtung geben: und im Fall sich ein starcker Verdacht der ungetreuen Gerhabschaffts-Verwaltung glaubwürdig bey einen oder andern Gerhaben ereignet, soll ihme die Verwaltung biß zu Erfindung des eigentlichen Grunds verbotten, und in Sachen gantz fürderliche Nachfrag, auch Besichtigung der Güter gehalten, und wann es sich also befindet, der untreue Gerhab darauff, nach Beschaffenheit der Sachen, bestrafft, der Gerhabschafft entsetzt, und zu Erstattung deß dem Pupillen verursachten Schadens, ernstlich angehalten werden.
§. 1. Ein jedwedere Gerhabschafft endet sich erstlich für sich selbsten durch deß Gerhaben, oder Pupillen Todt, doch muß nach deß Gerhaben Todt dem Pupillen ein anderer Gerhab gesetzt, und ihme, was sich befindet, der Ordnung nach eingeantwortet werden. Damit aber das Gericht jedesmahl der Gerhaben Todt bald wissen, und anderwertige Bestellung thun könne, soll der noch lebende Mit-Gerhab, und da keiner vorhanden, deß verstorbenen Gerhabens Erben, den Todfall alsobald dem Gericht anzeigen, und umb Ersetzung der Gerhabschafft anhalten.
§. 2. Zum Anderten, wann der Pupill, so er ein Manns-Persohn, zwey und zwantzig: und wann es ein Weibs-Persohn ist, zwantzig Jahr des Alters erfüllet hat; doch sollen auch nach diesen vollendten Jahren, denen jenigen, bey welchen man ein verthunlich oder liederliche weiß verspühret, die Güter nicht gleich eingeantwortet, sondern solches vorhero der Obrigkeit angezeigt, und derselben Verordnung darüber erwartet werden.
§. 3. Drittens, wann Wir auff Vernehmung des Gerichts einen Pupillen vor solcher Zeit veniam aetatis ertheilen, so endet sich zwar alsdan die Gerhabschafft; jedoch ist der geweste Pupill dannoch nicht befugt, vor erlangter völliger Vogtbarkeit, von seinen ligenden Gütern, oder da dessen meistes Vermögen in Baarschafft, Capitalien, oder andern kostbaren Mobilien bestunde, etwas merckliches, ohne Vorwissen der Obrigkeit, auch unterm Vorwand einer Recompens, zuverschencken, oder sonsten zuveralieniren, oder zuverschwenden.
§. 4. Vierdtens, wann sich ein Pupill, Manns-Persohn oder Weibs-Persohn vor obbemeldter Zeit verheurathet, oder im geistlichen Stand würcklich Profess gethan, wird sie auch der Gerhabschafft entbunden.
§. 5. Fünfftens, wann ein Gerhab mit gewissem Beding, oder auff ein gewisse Zeit in einem letzten Willen verordnet worden, ist nach auffgehebtem Beding, oder verloffener Zeit diese Testamentarische Gerhabschafft erloschen; jedoch soll es dem Gericht angezeigt, und die Ersetzung der Gerhabschafft begehrt werden.
§. 6. Sechstens, endet sich einer leiblichen Mutter Gerhabschafft, wann sie ferners zur Ehe schreitet.
§. 7. Siebendens, wann einer oder mehr Pupillen, ihre Vogtbahre Jahre erreichen, also, daß sie ihnen, und ihren übrigen noch unbevogten Geschwistrigten wohl und nutzlich vorstehen können, so mögen die vorige Gerhaben entlassen, und der, oder die Brüder, als nechste Befreundte, zu Gerhaben ihrer noch münderjährigen Geschwistrigten verordnet werden.
§. 8. Der blödsinnig- preßhafft- und verthulichen Persohnen Gerhabschafft endet sich, wann der Blödsinnige zu seiner Vernunfft, der Preßhaffte zu der Gesundheit, und der Verschwender, nach Erkantnuß der Obrigkeit, zu einem häußlichern und ehrbarn Leben beständig gelangt.[Seite 422]
§. 1. Ein jedwederer Gerhab, auch die leibliche Mutter, seyn verbunden, alle Jahr, und jedes Jahr besonders, nicht nur auff abfordern, sondern vor sich selbsten, der Obrigkeit, deren der Pupill unterworffen, ordentliche Raittung, mit Belegung aller Einnahm- und Ausgabs-Bescheinung, bey Straff, und würcklichem Einsehen, inner den nechsten drey Monathen, nach verflossenem Jahr zu übergeben, und die Auffnehmung derselben zutreiben, es wäre dann ein oder anderer Gerhab solcher Verraittung, durch letzten Willen absonderlich entlassen, und hätte die Obrigkeit darwider kein Bedencken.
§. 2. Hingegen sollen alle und jede Obrigkeiten darob seyn, damit die übergebene Gerhabschaffts-Raittungen unverzüglich auffgenommen, und so wohl dardurch dem Gerhaben, als Pupillen verholffen werde; da nun aber bey denen Gerhaben, an Ubergebung der Raittung ein Saumsal erschiene, sollen die Obrigkeiten solchen saumigen Gerhaben, nach verflossenem obstehenden Termin, die Einreichung der Raittung, anfänglich bey Betrohung Poen-falls inner vier Wochen, hernachmahls aber inner vierzehen Tagen bey würcklichen Poen-fall, ex officio, aufferlegen; Wie Wir dann allen Obrigkeiten hiemit ernstlich anbefehlen, daß sie zu solchem Ende nicht allein ein ordentliches Waisen-Buch, mit Benennung der Pupillen und Gerhaben, halten, sondern auch eine eigene, dem Gericht geschworne Persohn bestellen, welche darauff ihre fleißig Obsicht zuhaben, und was für Raittungen von Zeit zu Zeit ruckständig verbleiben, das Gericht zuerinnern verbunden seyn solle.
§. 3. Demnach Wir auch ein Zeit hero, sonderlich bey unserm Land-Marschallischen Gericht wahrgenommen, daß so wohl zu der Pupillen höchsten Schaden, als auch der Gerhaben, und deren Erben Gefahr und Ungelegenheit, mit Auffnehmung der Gerhablichen Raittungen allerhand Beschwärnussen darumben fürgelauffen, alldieweilen keine gewisse Raittungs-Auffnehmer bestelt, sondern nur Commissarien, so gut mans haben können, hierzu verordnet, deren theils in dem Werck selbsten nicht genugsamb erfahren, theils aber die Auffnehmung, wegen ihrer eigenen Geschäfften Jahr und Tag verligen lassen: Als wollen Wir hinfüran gewiß und beständige Persohnen, gegen einer in dem letzten Titul hernach ausgeworffenen Remuneration, hierzu gnädigist und dergestalt verordnen, das unser Land-Marschall gleich nach Publicirung dieser Gerhabschaffts-Ordnung, aus denen N. O. Land-Rechts ordinari- und extraordinari-Beysitzern, oder andern Lands-Mitgliedern, zween von dem Herren-Stand und zween von dem Ritter-Stand, und zwar nicht nur nach dem Alter ihrer Bedienung, sondern und vielmehr nach Qualität der Persohnen, wie dieselbe mit guten Sitten, Geschicklichkeit, auch Gerichts- Lands- Würthschaffts- und Raittungs-Erfahrenheit vor andern berühmt seynd, mit Gutachten vermittels unserer N. O. Regierung, Uns gehorsamist vorschlagen, und die jenige, so von Uns gnädigist resolvirt, alsdann bey dem Land-Marschallischen Gericht, mit Eyds-Pflicht (daß sie bey Auffnehmung der Raittungen, und was sonsten ihrer Verrichtung anhängig, treulich und ungefährlich dieser Ordnung gemäß, handlen wollen) belegt, auch, da ins künfftig sich ein Abgang unter diesen vieren ereignete, jedesmahls ein anders Subjectum mit gleicher weiß, durch obverstandenes Gutachten substituirt werden solle.
§. 4. Von diesen vier Persohnen, sollen jedesmahls nur zwey mit, und neben dem Land-Schreiber, oder Gerichts-Secretario (denen Wir auch hiebey ein gleichmäßiges votum zulassen) an einen hierzu absonderlich im Land-Hauß deputirten Orth die würckliche Bedienung, jedoch das Praesidium der vom Herren-Stand haben: Wann auch der erste vom Herren-Stand oder Ritter-Stand nicht bey der Stell, oder wegen Kranckheit, nahender Freundschafft, auch anderer erheblicher Ursachen, verhindert wäre, so dann der anderte im Herren-Stand oder Ritter-Stand denselben vertretten, da aber beede, deß Herren-Stands oder auch beede deß Ritter-Stands verhindert, die zween übrige, sambt dem Land-Schreiber, oder Gerichts-Secretario, gleichwohlen fortfahren, und die drey mit einander die Raittung, nach Maaß und Ordnung, wie die in diesem Titul begriffen, auffnehmen: und da sie sich nicht alle drey einer einhelligen Meinung vergleichen könten, ihren Schluß, wie auch auff das Gericht lauffende Gutachten per majora einrichten sollen. Wir wollen auch, daß diesen Raittungs-Auffnehmern, ein Raitverständiger Bedienter auß der N. O. Landschafft Raitt-Collegio zugeordnet werde, welcher mit ihnen in der Session zugleich, [Seite 423] keines weegs aber, absonderlich zu Hauß, die Raittungen zuerörtern, und destwegen seiner Bemühung halber gebührende Remuneration, so ebenfalls im letzten Titul außgeworffen, zuempfangen hat.
§. 5. So viel aber die Gerhabliche Raittungen, wegen deren N. Oe. Regierung, Universität, und der Stadt Wienn, oder andern Obrigkeiten untergebene Pupillen belangt, lassen Wir es bey deme, wie es an einem und andern Orth, mit Auffnehmung der Raittungen bißhero gehalten worden, zwar annoch verbleiben; jedoch wird ein jede Obrigkeit ernstlich ermahnt, dergleichen Pupillen-Sachen, dermassen schleunig, und embsig zubefürdern: damit sich künfftig, weder die geweste Pupillen, noch dero Gerhaben zubeschwären Ursach haben.
§. 6. Mit Auffnehmung der Raittungen aber, ist es also zuhalten, daß nach deren Ubergebung, solche gedachten Raittungs-Auffnehmern von Ambtswegen zugeschickt werden, welche dieselben mit Zuziehung der Pupillen nechsten Befreundten, oder andern denenselben Wohlgewogenen, welche umb dero Vermögen gute Wissenschafft haben, wie auch etwan andern, der Anwartschafft halben dabey interessirten, ordentlich, und wohlbedächtlich auffnehmen; das ist, Anfangs die Raittung übersehen, anderten erwegen, ob alle Einnahmen, nach dem Inventario, und sonsten, recht eingebracht, und die Außgaben mit gehörigen Scheinen belegt, auch alle wohl oder übel angewendet; Item, ob die Güter würcklich verwaltet, die Gelder sicherlich außgelihen, und mit einem Wort alles, was ein getreuer und fleißiger Hauß-Vatter in seinen eigenen Sachen gethan hätte, von denen Gerhaben verraittet worden: sodann alle befindende Mängl denen Gerhaben umb Erläuterung zustellen, und ihnen hierzu einen peremptorischen Termin, nach Beschaffenheit der Raittung, bestimmen, und wofern in solchen Termin die Erläuterung nicht erfolgt, die außgestellte Mängel für bekant, und richtig halten, darauff die Raittung schliessen, folgends dem Gericht über alles, und jedes ihre Relation, mit angehengten Gutachten, einreichen sollen.
§. 7. Wann aber die Gerhaben ihre Erläuterung eingereicht, solle dieselbe von denen Raittungs-Auffnehmern, und andern darzu gezogenen Persohnen, alles Fleisses durchsehen, und die etwan befindende fernere Mängel denen Gerhaben, umb ihre endliche Erläuterung, gleichfalls in einem peremptorischen Termin zugestellt, und darüber weiter verfahren werden, wie im nechst vorgehenden §. 6. geordnet ist.
§. 8. Soll also die Auffnehmung einer jeden Raittung 1. in denen darüber außgestelten Mängeln. 2. Deren Erläuterung. 3. Fernern Mängel. 4. In der endlichen Erläuterung bestehen, und damit selbige geschlossen, auch mehrere Schrifften nicht zugelassen werden. Wann aber die befindende, oder fernere Mängel also beschaffen wären, daß selbige mehrers der Obrigkeit Außspruchs, als der Gerhaben Erläuterung, vonnöthen hätten, sollen die Raittungs-Auffnehmer solches allein der Obrigkeit mit Gutachten berichten, und nach derselben darauff erfolgenden Verbschaidung, sich weiters verhalten.
§. 9. Nach jeder gethanen Raittung ist das Gericht auff einkommende Relation, und erfundene Richtigkeit, denen Gerhaben einen gewöhnlichen Raitt-Brieff zuertheilen schuldig, durch welchen dann die Gerhaben, und ihre Erben, so viel bey gethaner Raittung in Empfang, und Außgab einkombt, versichert seyn; wann sich aber hernach befindete, daß in solchen Raittungen einige Gefährd gebraucht, im Empfang außgelassen, oder aber in calculo geirret worden, so seynd die Gerhaben, ungehindert deß Raitt-Brieffs, darumben Red, und Antwort zugeben verbunden.
§. 10. Im Fall die Raittungs-Auffnehmer, mit Außstellung der Mängel, oder sonsten in Auffnehm- und Schliessung der Raittung saumig wären, sollen sie von der Obrigkeit, auff Anruffen eines oder andern Interessirten, oder auch von Ambts wegen, zu schleiniger Befürderung angehalten werden.
§. 11. Wann die Pupillen alle ihre Vogtbarkeit erreicht, und dardurch die Gerhabschafft sich geendet, die Gerhaben aber ihre Gerhabschaffts-Raittungen entweder völlig, oder zum theil annoch zuthun hätten, so seynd sie solche hinderstellige Raittung, dem gewesten Pupillen, auff Begehren, selbst zulaisten schuldig: wofern sie aber nach übergebener Raittung, derselben Auffnehmung, oder sonsten ihre Richtigkeit in der Güte nicht erlangen könten, mögen sie bey Gericht, durch Mitl der Collationirungs-Verordnungen, wider ihre geweste Pupillen, umb Absolution, und Entlassung aller fernern Verantwortung anhalten, worüber der Ordnung nach, wie in andern Processen, verfahren, und erkent werden solle.[Seite 424]
§. 12. Wann die Pupillen nicht alle, sondern nur einer, oder mehr Vogtbahr worden, und deren noch einer, oder mehr un-Vogtbar verbliben, so sollen die hinderstellige Gerhabschaffts-Raittungen der Obrigkeit übergeben, und der vorhero gesetzten Ordnung nach, jedoch in Beyseyn der Vogtbaren, auffgenommen werden.
§. 13. Wann es sich begibt, daß die Pupillen zwar alle ihre Vogtbarkeit erreicht, jedoch die Gerhaben vorhero schon ihre Raittung dem Gericht übergeben: so soll es dabey seyn Verbleiben haben, und mit Auffnehmung derselben, allermassen hievor geordnet, in einem und andern gehalten, und sie Vogtbare darzu gezogen werden.
§. 14. Wofern die geweste Pupillen, nach erreichter Vogtbarkeit, die Raittung nicht selbsten annehmen und auffnehmen wolten, so seynd die Gerhaben selbige dem Gericht einzuraichen schuldig; welche sodann in Beyseyn der gewesten Pupillen ordentlich auffgenommen werden sollen.
§. 15. So viel aber die Hinaußgebung der Raittungen anbetrifft, soll es hinfüro damit also gehalten werden: nemblichen da in noch wehrender Minderjährigkeit ein Gerhab zu Einreichung der fernern Raittungen, oder auß andern erheblichen Ursachen, seiner vorigen, völlig, oder zum theil vonnöthen hätte, hat er solche, mit Anziehung der Ursachen, von dem Gericht zubegehren, welches alsdan ihme selbige, gegen einer Recognition, jedoch ohne Tax, erfolgen lassen solle: da aber nach erreichter Vogtbarkeit, vor Verstreichung vier Jahr, der geweste Pupill die Raittungen begehrte, sollen ihme selbige anderst nicht, als mit Vorwissen deß gewesten Gerhaben, oder dessen Erben, eingehändiget werden. Nach Verfliessung der vier Jahren ist das Gericht schuldig, es begehre es der Pupill, oder nicht, ihme die Raittungen, sambt allen Certificationen ex officio, gegen Quittung, jedoch ohne Tax, zustellen zulassen.
§. 1. Erstlich gebührt dem gewesten Pupillen, oder dessen Erben, wider den Gerhaben, oder seine Erben Actio tutelae directa, welches dises in sich halt, daß der Gerhab von Zeit der angetrettenen Gerhabschafft, oder ersten Anmassung an, über die gepflogene Gerhabschafft vollständige Raittung laiste, was dem Pupillen zuständig, und vorhanden, oder sich sonsten in guter Raittung übrig befindet, außantworte, und wann etwas dem Pupillen zum Nachtheil, und Schaden unverantwortlich gehandlet, oder unterlassen worden, er dasselbe wider gut zumachen angehalten werde.
§. 2. Ferners seynd denen Pupillen ihrer Gerhaben Haab und Güter, von Zeit derangetrettenen Gerhabschafft, tacitè verpfändet.
§. 3. Es stehet auch denen Pupillen bevor, ihre Sprüch bey denen Gerhaben entweder insgesambt, oder aber bey jedem absonderlich, völlig zuersuchen. Wann aber ein Gerhabschafft unter zween, oder mehr Gerhaben, durch letzten Willen, oder von Gericht auß, abgetheilt, und also abgetheilter verwaltet worden, hernacher aber einer allein auß ihnen, entweder umb die gantze Gerhabschafft, oder über den ihme zukommenden Theil beklagt wurde: so ist er mehrers nicht, als was seinen Antheil angehet, zuverantworten schuldig.
§. 4. Hingegen aber, wann ein Gerhab dem andern die Verwaltung allein, und ohne Gerichtliche Verwilligung, überlassen, gleichwol aber wegen solcher Gerhabschafft besprochen wurden, kan er sich auff den, so die Gerhabschafft verwaltet, beziehen, und ist man sich an denselben zuhalten schuldig; er wäre dann destwegen entweder gar nicht, oder nicht zugenügen solvendo, in welchem Fall der Mit-Gerhab, welcher nichts verwaltet, Red, und Antwort zugeben, und was bey dem andern abgehet, zuersetzen verbunden.
§. 5. Wann ein Gerhab kein Inventarium hat auffrichten lassen, kan der Pupill sich Juramenti in litem wider ihne, oder seine Erben, gebrauchen; das ist: nach erreichter Vogtbarkeit, das jenige so ihme an seinem, dem Gerhaben anvertrauten Gut, in Capital, Interesse, und verursachten Schaden, abgehet, so hoch es ihme wissend, schätzen,und solches mit einem leiblichen Eyd vor Gericht beteuren, welche Summa hernach der Gerhab zuentrichten schuldig.[Seite 425]
§. 6. Es haben auch die Pupillen wider die jenigen, so sich ihr und ihrer Güter als Gerhaben angenommen, und von der Obrigkeit nicht verordnet worden, noch sonsten ihnen die Gerhabschafft gebührt hat, gleichwol actionem pro-tutelae, das ist, eben die Sprüch, welche ihnen wider andere rechte Gerhaben, und deren Güter zustunden.
§. 7. Hingegen aber ist der Pupill seine Sprüch, da er dergleichen wider den Gerhaben, oder Pro-tutorem zuhaben vermaint, inner den nechsten 10. Jahren, nach erlangter Vogtbarkeit, fürzubringen, oder im widrigen, ein ewiges Stillschweigen zuhalten schuldig; es hätte dann von ihnen ein oder anderer was empfangen, und in seiner Raittung nicht eingebracht, oder aber in der Außgab eine Gefährde, oder Untreu selbsten begangen, auff welchen Fall, der Pupill an die 10. Jahr nicht gebunden seyn solle.
§. 8. Wann ein Pupill erweiset, daß die Obrigkeit mit Setzung tauglicher Gerhaben, oder guter Verwalt- und Versicherung seiner Güter gefährlich, oder sehr nachläßig gehandelt, und ihme dardurch Schaden zugefügt, dessen er sich bey denen Gerhaben, ihren Erben, und Gütern nicht genugsamb erholen könte, mag er all solchen Abgang und Schaden bey der Obrigkeit, per actionem subsidiariam, suchen.
§. 9. Uber alles dieses stehet Uns, als Lands-Fürsten bevor, einen Minderjährigen, auch dessen Erben, wo derselbe auß Unverstand in einer Handlung verkürtzt, oder hindergangen worden, vermittels der Restitution in integrum, biß nach Verstreichung 4. Jahr, nach erlangter Vogtbarkeit, zuhülff zukommen; wann anderst solche Handlung in mindern Jahren beschehen, und hernach nicht bestättiget worden, auch kein ander ordentliches Mittel, durch welches er zu dem Seinigen gelangen möge, vorhanden ist.
§. 1. Gleich wie es billich ist, daß der Gerhab den Pupillen, so weit es sein Gerhabliches Ambt erfordert, ohne Schaden halte, also muß hingegen auch dem Gerhaben sein Ambt, unverschuldter Dingen, nicht zu Schaden gereichen; was er derentwegen auff deß Pupillen Persohn, als auff sein gebührende Unterhalt- und Erziehung, auch bey Verwaltung dessen Haab und Güter, nicht weniger auff die Inventur, und Rechtsführungen, auch anderwerts nohtwendig außgibt, und bescheinigt, das mus alles ihme passirt, und gut gemacht werden.
§. 2. Wann ein Mit-Gerhab allein wegen der getragenen Gerhabschafft besprochen wurde, und die völlige Bezahlung laisten müste, so ist der geweste Pupill, oder dessen Erben, ihme sein an die andere Mit-Gerhaben gehabtes Recht, auff Begehren zu cediren, und zu übergeben schuldig: und ob es schon nicht beschehe, so soll er doch das jenige, was er über sein Gebühr bezahlt, oder sonsten Schaden gelitten, bey denen anderen Mit-Gerhaben zuersuchen, befugt seyn.
§. 1. Die Verlassenschafft muß dem gewesten Pupillen, nach dem Inventario, mit allen deme, was demselben hernach zugewachsen, überantwortet, und das, so hieran abgehet, mit denen in Raittung einkommenden richtigen Außgaben, oder aber sonsten, ersetzt, und gut gemacht werden.
§. 2. Die ligende Güter, welche im Namen deß Pupillen, unter wehrender Gerhabschafft erkaufft, oder durch andere rechtmäßige Titul herzugebracht worden, ist der geweste Pupill anzunehmen schuldig, wofern nicht ein anders bey Auffnehmung der Gerhabschaffts-Raittung, über ausgestelte Mängel, befunden, und erkent worden.
§. 3. Wann sich bey Abtrettung der Gerhabschafft Schuldforderungen befinden, welche der Gerhab mit der Verlassenschafft bekommen, und dieselben schon damahlen nicht gut, noch zahlbar gewesen, muß es jeder Pupill eben solcher gestalt von dem gewesten Gerhaben widerumben übernehmen.[Seite 426]
§. 4. Wären aber solche Schulden zur Zeit der angetrettenen Gerhabschafft gut und zahlbar gewesen, und mittler Zeit, durch deß Gerhaben Nachläßigkeit, schlechter worden, ist sie der geweste Pupill nit anzunehmen, sondern der Gerhab ihme gut zumachen schuldig.
§. 5. Wann die Schulden von einem vorgewesten Gerhaben gemacht worden, so ist in deß nachgefolgten Gerhaben Wilkür gestanden, ob er selbige, als richtig, übernehmen wolle, oder nicht: hat ers ohne Widerrede für richtig übernommen, so muß er dem Pupillen dafür gut seyn; da ers aber aus erheblichen und billichen Ursachen, vor unrichtig übernommen, und dieselben einzubringen möglichist sich beflissen, ist er das jenige, so dem Pupillen hieran abgehet, zuerstatten nicht verbunden, sondern der geweste Pupill, mag es bey dem vorigen Gerhaben suchen; Im fall er aber sich umb die Richtigmach- und Einbringung solcher Schulden, in wehrender seiner Gerhabschafft, gar nicht bemühet hätte, muß er dem gewesten Pupillen desthalber ohne Schaden halten, und stehet ihme bevor, den Regress an den vorigen Gerhaben zusuchen.
§. 6. Wann der gegenwärtige Gerhab selbsten das Geld, mit der hierzu erforderten gnugsamen Versicherung außgeliehen, ob schon die Schuld hernach durch unversehene Fäll schlechter, oder auch gar verlohren wurde, so hat doch der Gerhab destwegen weiter keine Verantwortung, sondern der Pupill muß sie also, wie sie sich befindet, annehmen.
§. 7. Wann nun ein Gerhab dem gewesten Pupillen sein Gut völlig mit Ordnung abgetretten und überantwortet, so seyn dardurch alle und jede Actiones, Sprüch und Handlungen auff den gewesten Pupillen, und dessen Güter gediegen, hat auch derentwegen der Gerhab in allen Sachen, wo er als Gerhab gehandelt, deß Pupillen Ansprechern kein einige Red und Antwort weiter zugeben; er hätte sich dann in eignem Namen vor seine Persohn verbunden, und wäre bey Abtrettung der Gerhabschafft dessen nicht erlassen worden.
§. 1. Damit die jenigen, denen ein Gerhabschafft entweder durch den letzten Willen, oder von Rechts- und Freundschafft wegen, oder auch sonsten von der Obrigkeit auffgetragen wird, sich davon zuentschuldigen, desto weniger Ursach, sondern selbige zu übernehmen, und mit allem obligendem Fleiß, Eyfer und Sorgfalt zuverrichten, mehrern Antrieb haben, wie auch die jenige, welche zu Auffnehmung der Raittungen, Inhalt deß siebenzehenden Tituls, verordnet worden, ihre gebührende Remuneration empfangen: So wollen Wir, daß hinfüro denen Gerhaben, und Raittungs-Auffnehmern, von deß Pupillen Einkommen, ein gewisse Belohnung, nach Beschaffenheit der Gerhabschafft, darbey habender Bemühung, und deß Pupillen Vermögens, bey Auffnehmung einer jeden Gerhabschaffts-Raittung, und darüber einreichenden Relation, außgezeichnet, und von der Obrigkeit, worunter die Gerhabschafft gehörig, nach billichen Dingen, und zwar bey unserm Land-Marschallischen Gericht in offenen Lands-Rechten erkent und zugesprochen werde.
§. 2. Wann zu einer Gerhabschafft zween, oder mehr verordnet, die Verwaltung aber einem allein aus ihnen, entweder durch letzten Willen, oder von der Obrigkeit, oder auch von den andern Mit-Gerhaben, auffgetragen, und verrichtet worden, so hat derselbe auch allein der außgesetzten Belohnung zugeniessen; sie hätten sich dann eines andern verglichen.
§. 3. Damit aber auch denen armen und unvermögenden Pupillen an nothwendiger Fürsorg nichts ermangle, so soll sich niemand, deme derselben Gerhabschafft gegeben wird, ohne erhebliche Ursach, davon entschuldigen: beynebens aber die Obrigkeit dahin gedacht seyn, daß nicht einem allein die arme, und andern die reiche Gerhabschafften aufftragen sondern eine mit der andern, so viel möglich, übertragen werde.
Gleichwie nun vorstehend unsere neue Gerhabschaffts-Ordnung, von Zeit der Publication an, ihre Würckung nehmen solle: Also behalten Wir Uns, dieselbe ins künfftig zuändern, zumindern, oder zumehren bevor. Darnach sich jedermänniglich zurichten, auch diese unsere gemachte Ordnung in allen begebenden Fällen [Seite 427] unverbrüchlich zuvollziehen; und vor denen widrigen falls erfolgenden unausbleiblichen Straffen zuhüten haben wird. Das meinen Wir ernstlich. 18. Februarii 1669.