Bekennen und thun kund allermänniglich für Uns, unsere Erben, und Nachkommen regierende Lands-Fürsten dieses Ertz-Hertzogthumbs Oesterreich unter der Ennß, eine Land-Gerichts-Ordnung, so von unsern hierzu deputirten Räthen und Commissarien in Beysein der drey Obern Ständen gevollmächtigten Außschüssen auffgesetzt, und von unserer N. O. Regierung durchsehen worden, fürgebracht, und dieselbe gnädigist zubestättigen, und zu männiglichs Wissen offentlich außgehen zulassen, gebetten. Als haben Wir dieselbe gnädigist ersehen, in nachfolgender Form, mit zeitigen Rath, rechten Wissen, auß Lands-Fürstlicher Macht und Vollkommenheit auff unserer und unser Erben Wohlgefallen, gnädiglich bewilliget, verbessert, erläutert, und bestättet; Bewilligen, verbessern, erläutern und bestätten die auch hiemit wissentlich, in Maaß, Weise und Gestalt, wie die von Articul zu Articul hernach folget.
Befehlen aber dabey allen und jeden ernstlich, und wollen: daß sie in allen peinlichen Erkantnussen sicher gehen, und der Sachen weder zuwenig, noch zuviel thun, noch auch sich einiger widerrechtlichen Schärff oder Gütigkeit anmassen, sondern mit wohlbewogenem Rath, und absonderlichem Bedacht solcher Gestalt verfahren, und urtheilen, wie es die Umbständ der That, und diese unsere Peinliche Land-Gerichts-Ordnung an die Hand gibt, und außweiset. Und damit hierinnen im gantzen Land ein durchgehend gleiches Recht seye, auch nicht ein oder das andere Land-Gericht eigene der Rechten zuwider lauffende Gewohnheiten mache, oder den solcher Gestalt gemachten nachfolge, und also vielmahl unschuldiges Blutvergüssen, oder den Schuldigen auß Einfalt, oder gefährlicher Weiß ungestraffter hingehen lasse, so beedes wider GOttes Gebott lauffet. Als haben Wir alle diese unserer Peinlichen Land-Gerichts-Ordnung zuwider lauffende Gebräuch, Herkommen und Gewohnheiten allerdings auffheben wollen: Und verbieten männiglich, vor sich selbsten kein andere Ordnung, als was etwa zu besserer Vollziehung dieser unserer Ordnung beschehen möchte, zumachen: sondern in allweeg dem jenigen, so hernach folgt, oder was Wir sonsten in einem oder andern vorkommenden Fall gebieten möchten, nachzuleben.
Insonderheit aber, sollen die Land-Gerichter zu Verwaltung der Peinlichen Sachen gute verständige Leuth, benebens ordentliche Gerichts-Bücher, worein alles und jedes auffgeschrieben werden, und zu künfftiger Nachrichtung beysammen verbleiben möge, halten: auch mit nothwendigen Gerichts-Dienern und Gefängnussen versehen seyn, damit in gählingen Zufallen kein Mangel erscheine, und die bösen Leuth wegen übel bestelten Land-Gerichts nicht entrinnen. Sie sollen auch hierinnen schleunig verfahren, und die arme Leuth auch nicht einen Tag vergeblich, und ohne wichtige Ursach in den Gefängnussen ligen und leiden lassen: Und in Summa alles das jenige thun, was zu Befürderung der GOtt liebenden Gerechtigkeit, Schutz der Frommen, Straff der Bösen, Erhaltung guter Mannszucht, und endlicher Außreuttung alles Ubels gereichen mag.
Ein Land-Gericht ist, das Recht und Macht hat in denen Peinlichen Sachen, über Leib und Blut der Menschen zurichten. Und zu solchem End kan ein jedwederer Land-Gerichts-Herr auß unserer Macht in seinem Land-Gerichts-Gezürck, Stötzholtz (so man vor diesem Creutz genant, dergleichen aber hinfüro nicht mehr in Gestalt eines Creutzes auffgerichtet werden sollen) Pranger und Galgen an geziemenden Orthen, jedoch auff seinem Grund und Boden (er wäre dann von Altershero befreyet und berechtiget: dergleichen auff einem frembden Grund zusetzen) haben und erheben: auch in denen Peinlichen Sachen denen Ubelthätern nachstellen, ihnen nachforschen, sie ergreiffen, gefänglich einziehen, gütlich und wo es vonnöthen, peinlich fragen, in solchen Sachen urtheilen, und die Vollziehung der Urtheil verordnen, alles auff Maaß und Weiß, wie hernach folget.
Damit man aber der Land-Gerichts mäßigen Fäll halber nit anstehe, haben Wir dieselbe nachfolgends im Anderten Theil dieser unserer Land-Gerichts-Ordnung meisten Theils außgeworffen; Wollen aber auch alle die jenigen, so denselben ungefährlich gleich, und sonsten für peinlich zuhalten, darunter verstanden haben.
Nachdem wegen der Wändel und Straffen, so bey denen Kirchtägbehuten und Pantheydungen vorkommen, zwischen denen Land-Gerichts- Dorff- und Grund-Herren unterschiedliche Strittigkeiten vorkommen: Als lassen Wir es zu Nachrichtung bey der vorigen Land-Gerichts-Ordnung verbleiben; Daß nemblichen der jenige, er seye Land-Gerichts- oder Dorff-Herr, welcher die Kirchtägsbehut im Pan, oder andern Dörffern hat, die Zeit desselbigen Kirchtags zuwandlen habe, wie es eines jeden altes Herkommen mit sich bringt.
§. 1. Doch was Malefitz- und Land-Gerichts-Händel seynd, die gebühren allein dem Land-Gericht, dieser unserer Ordnung nach, abzuhandlen: sonsten ausserhalb der Kirchtagbehut, sollen die Wändel zustehen und folgen einem jeden, der die von Alters gehabt hat, und wie herkommen ist; doch daß dieselben nach Gestalt der That, auff genugsambe Verhör- und Erkundigung, zimblich getreulich, und nach Ehrbarkeit auffgesetzt und genommen, auch deß Verbrechers Herrn, oder dessen Beambten zu solcher Verhör- und Erkundigung verkündet werde, der mag darbey erscheinen, und solche Straff anhören.
§. 2. Deßgleichen soll es in den Panthaydungen mit denen Wändeln, noch Gestalt und Herkommen einer jeden That, ehrbarlich, getreulich und zimlich gehalten, und wider Billichkeit niemand beschwärt werden: Wie Wir dann auch die, in etlichen alten Pan-Büchern befindlich, unvernünfftig und wider alle Recht lauffende Wändel und Straffen: als daß einer, welcher heimblich vor einem Hauß loset, ohne Bestraffung todt geschossen oder gestochen: Item daß einem wegen eines abgehackten fruchtbaren Baums die Hand abgehaut werden solle: und andere dergleichen unrechtmäßigen Wändel und Straffen, hiemit gäntzlich auffgehebt haben wollen.
§. 3. Aber in andern bey Kirchtägbehut und Panthaydung vorkommenden Fällen und Verbrechen, so nicht Malefitzisch, soll kein Land-Gerichts-Herr einzugreiffen, noch zuhandlen Macht haben: Und da er sich dessen unterstunde, wurde er von Uns nicht allein wie sichs gebührt, gestrafft, sondern auch in den Gewalt und Abtrag der Schäden, so darauß entstanden, erkennet werden.
Wann nun ein Missethäter, er sey angesessen oder nicht, gleich alsobalden in offentlicher wahrer That ergriffen wird, kan und soll ihne der Land-Gerichts-Herr gefänglich einziehen, und wegführen; jedoch hernach deß Gefangenen Grund- Dorff- oder Vogt-Herrn mit Uberschreibung der Ursachen dessen fürderlichst erinnern.
§. 1. Wann aber der Grund- Dorff- oder Vogt-Herr den Thäter ehender auff seinen Grund erfahren oder bekommen kan, soll er ihn alsobald gefangen nehmen: doch hernach dem Land-Gericht solches ankünden, und längest inner drey Tagen mit allen habenden Anzeigungen lieffern, an Orth und End, wie es zwischen beeden Theilen sonsten herkommen ist.
§. 2. Oder da man mit Liefferung halber, wo oder wie dieselbe beschehen solle, streittig wäre: soll man gleichwohl den Thäter mit Vorbehalt eines jedwedern habenden Rechtens in das Land-Gericht lieffern, und hernacher die Strittigkeit gehöriger Orthen außführen.[Seite: 661]
§. 3. Worbey Wir den Widerrechtlichen Mißbrauch, da man an etlichen Orthen, wann man mit dem Land-Gericht strittig ist, die Malefitz-Persohnen mit einem Faden oder Strohalm anbindet, und wann ihn der Landgerichts-Herr nicht gleich übernimbt, lauffen lasset: und alle andere dergleichen Unordnungen, bey unserer Straff und Ungnad aller Orthen gäntzlich auffgehebt haben wollen,
§. 4. Betreffend aber unsere Land-Leuth, wann sich dieselben in Malefitz-Sachen vergriffen, und in offenbahrer wahrer That betretten werden, wollen Wir, daß es mit Außweisung deß von Uns ihnen, unterm dato Preßburg den dritten Decembris, Anno Sechzehenhundert Siben und dreyßig ertheilten Criminal-Privilegii gehalten werde.
Dahingegen, wo der Thäter nicht auff offener That betretten wird, sondern auff deß Grund-Herrns Dachtropffen, oder in einem Closter, Schloß, Freyhoff, oder an einem andern von dem Land-Gericht befreyten Orth sich befindet, kan der Land-Gerichts-Herr ohne deß Herrn Bewilligung auff ihne nicht greiffen, weniger daselbst einfallen: sondern wann der Thäter angesessen, oder eines angesessenen Kind oder Dienstbott ist, soll er die That und deren Anzeigungen dem Dorff- Grund- oder Vogt-Herrn vortragen, und hierüber die Stellung begehren; welches dann auch der Unangesessenen halber, wann sie nicht in offenem Land-Gericht, sondern unter dem Dachtropffen, oder an voermeldt befreyten Orthen anzutreffen, also zuhalten ist.
§. 1. Findet nun der Grund- Dorff- oder Vogt-Herr die Anzeigungen für erheblich, ist er den Thäter alsobalden, oder längest inner drey Tägen: Den Angesessenen zwar Anfangs bloß in der Persohn sambt dem gestohlenen Gut: den Unangesessenen aber mit bey sich habendem Haab und Gut (es wäre dann einer oder anderer derentwegen absonderlich befreyet, und in der Freyheits-Ubung) herauß zugeben, und folgen zulassen schuldig. Was den Land-Gerichts-Unkosten der Angesessenen betrifft, derentwegen ist hernacher im vier und funffzigsten Articul Verordnung beschehen.
§. 2. Hielte aber der Grund-Herr die Anzeigungen nicht für erheblich, solle er solche unserer N. Oe. Regierung unversaumbt einiger Zeit vortragen, und sich derentwegen Bescheids erholen; Was sie nun solcher Stellung halber verordnet, bey dem soll es verbleiben.
§. 3. Da auch der Grund-Herr mit Einreichung der Bedencken saumbig wäre, kan ihn der Land-Gerichts-Herr vermittels unserer Regierung gerichtlich darzu treiben, und ist entzwischen demselben nicht verwehrt (wofern es der Grund-Herr selbst nicht thäte) ausser deß Dachtropffens oder sonsten, sich deß Thäters mit Wacht und guter Vorsorg zuversichern, und denselben mit Haab und Gut zufesten.
§. 4. Wann aber der Grund-Herr keinen Richter oder Ambtmann der Orthen hätte, noch den Thäter anderwärts versicherte, und also die Gefahr deß Entrinnens vorhanden wäre, kan der Land-Gerichts-Herr gleich auff den Thäter, auch unter dem Dachtropffen greiffen, und denselben gefänglich mit sich hinweg führen; nachmahls aber, wie obstehet, seine Obrigkeit alsobalden dessen erinnern, wie dann auch solcher Actus der Grund-Obrigkeit in ander Weeg unpraejudicirlich seyn solle.
Biß auff erfolgende Erörterung der, zwischen der Vogt- Grund- oder Dorff- und Land-Gerichts-Obrigkeit etwa fürkommenden Strittigkeiten, solle er Grund- Dorff- oder Vogt-Herr den Thäter wohlverwahrlich halten: Denselben nicht gefährlich hinkommen lassen, vor sich selbsten mit Geld-Straff nicht belegen: noch auff einige Weiß schieben; dann wer solches gefährlich oder nachläßig thäte, der ist dem Land-Gerichts-Herrn vier und sechtzig Gulden: zuvorderist aber Uns als Lands-Fürsten in absonderliche Straff gefallen, welche Wir nach Beschaffenheit der Sachen und deß Verbrechens unfehlbarlich gegen ihme, auff Anzeigen deß Land-Gerichts vorzunehmen Uns vorbehalten.
§. 1. Ebener massen ist ein Land-Gerichts-Herr sich deß Thäters Persohn wohl zuversichern verbunden, dann wann er dieselbe gefährlich oder nachläßiger Weiß hinkommen liesse, oder Lebens- in Leib- oder Gut-Straff für sich selbst verändern thäte, es entstehe dem Grund-Herrn hierauß ein Schaden oder nicht, ist er demselben vier und sechtzig Gulden zuerlegen, benebens allen etwa entstehenden Schaden gut zumachen schuldig, und gleichwol, wie erstgemeldt, in unsere Lands-Fürstliche Straff auff Anzeigung der GrundObrigkeit gefallen.[Seite: 662]
Belangend der Thäter bey sich habendes Gut, soll, wie obgemeldt, Einheimisch Angesessener oder Inwohner, allein in der Persohn, ausser er hätte gestohlene Sachen bey sich, bloß mit denenselben: ein Frembder und Streichender aber, mit Leib und allem Gut gelieffert, und hievon die gestohlene Sachen dem rechten Herrn, dem sie der Dieb seiner eigenen Bekantnuß nach entfrembdet hat, oder der Herr solches Gutes mit Beweißthumben endlich auch in supplementum mit seinem Eyd darthun kan, daß sie ihme zugehören, ausser deß Fürfangs der zwey und sibenzig Pfenning, sonsten ohne einig weitern Entgelt, erfolgt werden.
§. 1. Von dem übrigen Gut, darumben sich niemand anmeldet, hat der Land-Gerichts-Herr Macht den Land-Gerichts Unkosten, so auff deß Thäters Einzieh- Aezung, Process und Urtheil ergangen, abzuziehen: Was aber noch verbleibt, das soll er drey gantzer Jahr von zeiten deß vollzogenen Urtheils an, unverkehrt: oder aber, da es solche Sachen wären, die ohne Unkosten oder sonsten nicht erhalten werden kunten, verkauffen, und den Werth darfür bey sich behalten: auch so sich Glaubiger, oder Erben, und zwar die im Land anwesende inner zwey, die Außländische oder Abwesende aber in drey Jahren hierzu legitimiren, solches ihnen erfolgen lassen; vorhero aber ihme selbsten solches nicht zueignen, es wäre dann ein solcher Fall, in welchen Wir und unser Vorfahren, unsern getreuen Ständen die Einziehung der Güter hiebevor und in dieser unserer Landgerichts-Ordnung nochmahlen außdrucklich zugeben.
Ausser obgemelter Einzieh- oder Liferung wird ein Thäter entweder erstlich durch Klag, oder anderten durch Denunciation kundbar: oder drittens, kommen solche Warzeichen, Argwohn und Vermuthungen für, über welche der Landgerichts-Herr von Ambts wegen nachzuforschen schuldig ist.
Was den ersten Weeg anbelangt, stehet einem jedwedern, den andern in peinlichen Sachen, da er dessen Fug und Recht hat, vor der Land-Gerichtlichen Obrigkeit zubeklagen bevor.
§. 1. Doch hat ein Kläger hiebey zuwissen, daß er ein ordentlich-peinliche Klag, welche den Nahmen deß Klägers und Beklagten: die begangene That mit allen Umbständen, sonderlich der Zeit und deß Orths in sich haltet, in doppelter Schrifft, eine zuhanden deß Richters, die andere zuhanden deß Beklagten, fürderlich einreiche, und solche wie sich in peinlichen Sachen gebührt, klar und vollständig beweise.
§. 2. Wann der Kläger in seiner Klag, den Beklagten gefänglich zusetzen begehrt, soll der Landgerichts-Herr erwögen, ob die vorgebrachten Anzeigungen zur Gefängnuß erheblich oder nicht? seynd sie nicht erheblich, so kan er ihne nicht gefänglich einziehen lassen: wo sie aber erheblich, kan und soll ers thun.
Und sodan ist er Kläger neben Benennung eines gewissen Orths, wo er jederzeit zufinden, auff Begehren deß Beklagten, das Land-Gericht, und ihne Beklagten (sonderlich wann die Klag auffs Leben gehet) durch genugsambe Bürgschafft oder Güter dahin zuversichern schuldig: daß er seiner angefangenen Klag, biß zu End der Sachen nachkommen, außwarten, und benebens alles das jenige, was ihme im Urtheil und Recht aufferlegt wird, vollziehen wolle; widrigenfalls, und da er mit genugsamber Versicherung nicht auffkommen kan, soll er auch in guter sicherer Verwahrung angehalten werden.
§. 1. Es wäre dann die That männiglich offenbahr, und an Seiten deß Beklagten kein Entschuldigung verhanden: in solchem Fall ist es an dem genug, daß der Kläger das Land-Gericht, die Klag unaußsetzlich fortzusetzen, versichert.
§. 2. Wo aber an Seiten deß Beklagten redliche Entschuldigungen beygebracht werden, ist es an dieser letzten Caution nicht genug: sondern der Kläger muß, wie hievor gemeldt, den Beklagten, ihme alle Schmach, Schaden, Gefängnuß und Unkosten zuerstatten, und gut zumachen, versichern.
Nachdem man nun dem Beklagten die Klag zu seiner Verantwortung zugestellt, ist zuhören, ob er dieselbe erstlich entweder durchgehends gestehet, und also hat der Land-Gerichts-Herr nichts anders zuthun, als die Erkantnuß der Ordnung nach vorzunehmen. [Seite: 663]
Anderten, oder aber durchgehends laugnet, auff welchen Fall dem Anklager gleich alsobalden der Beweiß auffzutragen.
Drittens, oder der Beklagte gestehet die That, laugnet aber etliche erhebliche Umbständ, und bringt zu seiner Entschuldigung ein, oder mehr in den Rechten gegründte Einreden und Entschuldigungen vor: so dann Beklagter dieselben zubeweisen schuldig.
§. 1. Es komme nun die Sachen auff einen, oder andern Weeg der Beweiß, soll der Landgerichts-Herr nicht allererst einen Process vor der Beweisung anordnen, sondern wann man siehet, daß die Sachen doch auff Weisung gehen muß, gleich alsbald nach der Klag und Antwort durch Bey-Urtheil, einem oder andern Theil nach Beschaffenheit der Sachen, und Außweisung der Rechten, den Beweiß aufftragen, und dem Gegentheil die Gegenweisung vorbehalten.
Warauff nun der weisende Theil, seine Artickel eigenhändig, oder im Fall er deß Schreibens unkündig, durch zween vor Gericht hierzu erbettene Männer unterschribener mit Benennung der Zeugen, einreichen:
§. 1. Der Landgerichts-Herr dieselbe dem Gegentheil umb seine Fragstuck zukommen, und zugleich einen Tag zu Verhörung der Zeugen, so in seinem Land-Gericht wohnen, bestimmen, oder wann sie unter andern Jurisdictionen oder Land-Gerichtern wohnen, er solche Obrigkeit durch Compass-Brieff mit Einschliessung der Artickel und Fragstuck die Zeugen darüber verhören zulassen, und ihme deren Aussagen durch Remiss verschlossener zuüberschicken, ersuchen, und selbige sodann mit beeder Theil Vorwissen eröffnen solle.
§. 2. Nach eröffneter Weiß- und Gegenweisung, ligt dem beweisenden Theil ob, sein Probation-Schrifft längst inner 14. Tägen zuverfassen, und solche dem Landgerichts-Herrn zuübergeben: diese muß er auch dem Beklagten umb sein ImpugnationsSchrifft, so er längist inner 14. Tägen einreichen solle, zukommen lassen: darüber ist noch mit einer Probation- und Impugnations-Schrifft von 14. zu 14. Tägen zuverfahren, und hierdurch zuschlüssen, auch mit der Gegenweisung solcher gestalt zuhalten, wie sonsten in Weisungs-Processen in diesem Land herkommen ist.
§. 3. Wo auch ein oder anderer Theil mit Vollführung der Weisung, oder Einlegung seiner Schrifften verzüge, soll ihne der Landgerichts-Herr nach Verfliessung der obbenanten Terminen, noch zum Uberfluß durch zween drey Tägige Termin hierzu anhalten, auch endlich wider den Saumseligen von Ambts wegen in Sachen verfahren.
Doch wann der Kläger von seiner Klag und Beweißthumb darumben abstehen will, daß er die Klag auß Zorn, Gächheit, Trunckenheit oder boßhaffter Anlehrung eingewendet: soll er, wann sich die Sachen also verhält, weiter nicht, gleichwol aber zu Erstattung deß ehrlichen Leumuths, auch aller Schäden und Unkosten angehalten, benebens nach gestalt der Sachen von Ambts wegen gestrafft werden.
§. 1. Wurde er aber ohne einige genugsambe Ursach, oder etwo wegen Müthe, Gaab, oder auß heimblichen Verstand abstehen, soll er über alle obgemelte Erstattung ebenfalls, und nach gestalt der Sachen, linder, oder schärffer gestrafft, und nichts destoweniger er Kläger zu Außführung seiner Klag, und der Beklagte zu Darthuung seiner Entschuldigung angehalten werden.
Dieweil in peinlichen Sachen die Weisungen meistentheils durch Zeugen geführt werden, und aber hierzu taugliche und unverwerffliche Zeugen erfordert werden: Als seynd hierbey nachfolgende Reguln in acht zunehmen.
§. 1. Daß ein Missethat wenigst durch zween unverwürffliche und untadelhaffte Zeugen (darunter auch die Weibs-Bilder, wann mann keine Manns-Persohnen haben kan, zuverstehen) erwisen werden muß; dannenhero wann der Beklagte dem Zeugen ein Laster vorwirfft, und solches zugleich in etwas bescheinet, ist er nicht tauglich.
§. 2. Es müssen auch die Zeugen von ihrer eigenen Wissenschafft außsagen, und deren genugsambe Ursach geben: dann die Zeugnuß von hören sagen, ist unerheblich.
§. 3. Die unbekante Zeugen seynd auch ungültig: es werde dann absonderlich erwisen, daß sie ehrlich, untadelhaffte Leuth, und nicht verdächtig seyen.
§. 4. In peinlichen Sachen muß der Zeug zwantzig Jahr völlig alt seyn, doch kan er von solchen Sachen, so sich in seiner Minderjährigkeit von kurtzer Zeit her zugetragen haben, und er dessens gute Wissens Ursach zugeben weiß, wohl aussagen.
§. 5. Wann einer aber nicht die Missethat, sondern die Unschuld zubeweisen hat, werden die Tädel der Zeugen nicht so eigentlich in acht genommen, und bißweilen auch Haußgenossene zu Zeugen zugelassen. Wie hernach Articulo 19. §. 3. auch gemeldet wird.[Seite: 664]
§. 6. Und können in allen peinlichen Sachen, die Zeugen zu ihrer Aussag gezwungen werden.
§. 7. Nachdem aber unsere getreue zwey Stände, von Herrn und der Ritterschafft von alters hergebracht, auch Wir und unsere Vorfahren hiebevor gnädigist bestättiget, daß sie in Ablegung ihrer Zeugnussen deß Eydschwörens entlassen seyn, und unter ihrer Handschrifft, und auffgedruckten Pettschafft sub nobili fide Zeugnuß geben mögen: Als lassen Wir es auch diß Orths gnädigist dabey bleiben.
Ein halbe Weisung beschicht durch einen unverwürfflichen Zeugen, so doch seines Wissens eigentliche Ursach geben kan, und ist solch halbe Weisung zur peinlichen Frag ein vollkommene Anzeigung, wie auch zu dem, daß dem Beklagten in Purgations-Processen das Purgations-Eyd, wann die Sachen darnach beschaffen, auffgetragen werden kan, genugsamb.
Demnach an Verhörung der Zeugen viel gelegen: Als sollen dieselben bey hiesigen Stadt-Gericht, auch in Städt und Märckten von dem Stadt-Richter, zween Beysitzern, und Gerichtsschreiber selbsten verhört, oder bey den Land-Gerichtern hierzu taugliche, und solche Leuth, welche die Wichtigkeit deß Wercks verstehen, bestellt werden; mit absonderlicher Verordnung, daß sie die Zeugen deß Meineyds recht erinnern, die Kundschafft mit allem Fleiß anhören: bevorab eigentlich auffmercken, ob sie den Zeugen in seiner Aussag wanckelmütig und unbeständig befunden, auch was sie für absonderliche Umbständ in seinen äusserlichen Gebärden vermercken, und dieses alles auffs fleißigiste beschreiben, und vortragen.
Die schrifftlichen Urkunden, ob sie auch gleich deß Beklagten eigene Handschrifften wären, machen keinen völligen Beweißthumb, sondern allein ein starcke Anzeigung: Dahero dann auch ein ausser gerichtliche Bekantnuß, Vergleichs-Abbitt und dergleichen Schrifften, wann nicht andere Umbständ, oder die eigene mündliche Bekantnuß darzu kommen, nichts völliges erweisen.
Wann nun die Weisung, und der darüber vollführte Process geschlossen, soll der Landgerichts-Herr durch Besetzung eines unpartheyischen Gedings, von tauglichen verständigen Leuthen, wie hernach in dem Ein und Viertzigisten Artickel mehrers zu sehen, mit der ordentlichen Erkantnuß solcher gestalt vorgehen.
§. 1. Entweder hat der Kläger sein Klag vollständig und klar, wie sichs in peinlichen Sachen gebührt, erwisen und auff solchen Fall muß das Urtheil nach der Eigenschafft deß Verbrechens gestellt seyn.
§. 2. Oder er hat die Klag zum theil, und solcher gestalt bewisen, daß man den Beklagten an die strenge Frag legen kan, alsdan soll man ihn mit derselben auff die Weiß, wie hernach von der strengen Frag gemeldt wird, belegen.
§. 3. Wann aber der Kläger gantz nichts beweisen, auch der Landgerichts-Herr von Ambts wegen über ihn nichts beybringen kan: in solchem Fall, soll er durch End-Urtheil von aller Straff ledig und müßig gesprochen, der Kläger auch in Abtrag der Schmach, Schäden und Unkosten nach Mäßigung deß Gerichts erkennet, und, zum Fall die Klag so gar unbedachtsamb, oder boßhafftig gewesen wäre, noch absonderlich nach Wichtigkeit der Klag und der beklagten Persohn darzu gestrafft: Hätte er aber etliche scheinbare, doch zur peinlichen Frag nicht genugsambe bewisene Ursachen, soll er weder gestrafft, weder in die Unkosten erkennt werden.
Vorgemeldter Process ist also zuhalten, wann ein Kläger verhanden: wann aber kein Kläger, hingegen die That selber, und genugsambe Zeugen vorkommen, darwider der Thäter, oder Verdächtige zu seiner Entschuldigung solche Behelff fürwendet, welche, wann sie erwisen wurden, ihne von aller Straff entledigten, oder dieselbe minderten: soll man ihme neben Zustellung der wider ihne fürkommenen Anzeigungen, aufferlegen, daß er sich von solcher Missethat und Inzüchten gegen dem Gericht, wie sichs zurecht gebührt, purgiren solle.[Seite: 665]
§. 1. Welche Purgation nun in ordentlichen Processen solcher gestalt anzustellen, daß der Purgant seine Weiß Artickel in der Form, wie oben im Zwölfften Artickel gemeldet, einreiche, und hierüber die Zeugen, so er darinnen benennt, Eydlich zuverhören begehre.
§. 2. Sodan muß das Land-Gericht von Ambts wegen Fragstuck hierauff verfassen, und die Zeugen darüber, wie im erst angezogenen Zwölfften Artickel angedeutet, verhören lassen.
§. 3. Der Zeugen halber ist zuwissen, daß in Purgationen, umb willen dieselben zu natürlicher Rett- und Darthuung eines jedwedern Unschuld angesehen, die Eigenschafft der Zeugen nicht so genau in acht zunehmen, sondern wann dem Richter keine absonderlich erhebliche Bedencken vorkommen, auch die Brod- und Haußgenossene, ja die Eltern zu ihrer Kindern, und die Kinder zu ihrer Eltern Verthädigung zuzulassen.
§. 4. Nach beschlossener Weisung ist dieselbe zueröffnen, und dem Beschuldigten Abschrifften hiervon zuertheilen, welcher sodann seine erste Purgations-Schrifft inner 14. Tägen peremptoriè einreichen solle.
§. 5. Worüber allhie und in andern Städten durch ordentlich besetztes Gericht: auff dem Land aber, durch unpartheyisches Geding, jedoch in allweeg nach vorhergehender Vernehmung der Rechtsgelehrten, zuerkennen, und wann selbe für genugsamb und erheblich befunden wird, der Beschuldigte ledig und loß zusprechen: Im fall sie aber nicht erheblich, solcher gestalt zuerkennen:
Die Purgation seye unerheblich, und derentwegen der Beklagte sich mit mehrern zu purgiren, auch solch seine Schrifft inner 14. Tägen peremptoriè einzureichen schuldig: Bringt er nun zum andertenmahl keinen mehrern Behelff für, so gehet die ordentliche Erkantnuß fort, wie gebräuchig.
§. 6. Wann nun aber ein so schwär, wichtig, und verwirrte Sachen fürkäme, welche der Richter auß der blossen Purgations-Schrifft nicht erörtern könte, ligt ihme ob, ein Advocaten zubestellen, der wider solche Purgation von Ambts wegen die gebührende Nothdurfft handle, und also ein völliger Process mit zwey Purgation- und zwey Impugnations-Schrifften in obbestimbten Terminen peremptoriè außgeführt, und darüber erkennt werde.
§. 7. Es kan zwar auch der Purgant, wann er halbe Weisung für sich hat, zum Purgations-Eyd, nach Beschaffenheit deß Verbrechens, oder anderer Umbständ gelassen, und dasselbe von ihm auffgenommen, er sodan hierüber gäntzlich loßgesprochen werden, Anfangs zwar durch Bey-Urtheil auff solche Form:
Schwöre der N. daß er (wie es das Factum mit sich bringt) so seye derselbe von aller Klag und Straff ledig und müssig.
Wann nun der Purgant diesen Eyd würcklich abgelegt, so folgt so dann das End-Urtheil.
Der N. habe sich, wie sichs zurecht gebührt (das Verbrechen zusetzen) genugsamb purgirt, seye demnach von aller Klag und Straff ledig und müssig.
Ausser der ordentlichen Klagen und Purgations-Processen, oder wann der Gefangene zu Darthuung seiner Unschuld zuzulassen, soll man sonsten keinem Ubelthäter, bevorab in klaren offenen Thaten einigen Advocaten zugeben.
§. 1. Und wann es ja auß erheblichen Ursachen beschiehet, soll der Advocat angeloben: daß er dem Gefangenen nicht etwas böses, so zu Unterdruckung der Warheit gereicht, an die Hand geben, sondern allein auff dieses sehen wolle, ob nicht villeicht der Gefangene etwas zu seiner Entschuldigung oder Ringerung der Straff dienstliches, anzuzeigen, und außzuführen, unterlassen hätte.
Der anderte Weeg die Thäter zuerfahren, ist die Denunciation: dann nachdeme gemeiniglich der Unkosten, Gefahr, und anderer Beschwärnussen halber nicht leichtlich jemand klagen will, und aber derentwegen die Laster nicht ungestrafft bleiben: Als sollen die Denunciationes von denen Land-Gerichtern angenommen werden; doch ist dabey zubeobachten, daß sie
§. 1. Erstlichen von Leuthen die eines ehrbahren Thun und Wandels seyn: Mit dem angegebenen nicht in Feindschafft stehen; und also auß rechten guten Eyfer herkommen: Da hingegen die falschen Denunciationes, die auß Un-Christlichen Neyd, Haß, und Rachgierigkeit, oder schlechten verleumbten Leuthen herrühren, seynd nicht allein nicht anzunehmen, sondern noch darzu der Denunciant nach beschaffenheit der Sachen und zugemessenen Unrechts zubestraffen.[Seite: 666]
§. 2. Anderten, muß die Denunciation glaubwürdige Anzeigungen in sich haben, dem Landgerichts-Herrn auch alle Umbständ der begangenen Missethat, deß Orths, der Zeit, und dergleichen an die Hand geben, damit dieselbe, wann die That nicht kundbar ist, Anfangs auff die wahre Beschaffenheit solcher angegebenen That, nach Außweisung deß folgenden Vier und Zwantzigisten Artickels, hernacher auch ferners der Denuncirten Persohn nachforschen kan, wie dann jedwederer Landgerichts-Herr auff einkommende gründliche Denunciation solches alsobalden zuthun schuldig ist.
§. 3. Kommen nun Drittens auß der Denunciation, oder Inquisition solche Vermuthungen herauß, welche zur gefänglichen Verhafft genug seynd, soll der Landgerichts-Herr darzu schreitten, und mit Uberschickung der Denunciation und Indicien, die Stellung begehren: der Grund-Herr auch, wann er die Anzeigungen für erheblich hält, die angezeigte und begehrte Persohn folgen lassen: oder wann ers nicht erheblich zuseyn vermeint, unserer N. Oe. Regierung, wie oben im Fünfften Artickel vermeldt, alsobalden vortragen.
§. 4. Uber solche Denunciation und Anzeigen, soll Viertens der Land-Gerichts-Herr den gelieferten Beschuldigten ernstlich befragen: und im Fall er der That geständig ist, nach dieser unserer Ordnung weiter verfahren: wo ers aber gantz oder zum Theil widerspricht, und nicht genugsambe Ursachen zur Peinlichen Frag verhanden wären, ihne zur Purgation kommen lassen.
§. 5. Es ist endlichen auch der Denunciant schuldig, auff deß Land-Gerichts-Herrn Begehren ihme in der Inquisition mit guter Nachrichtung an die Hand zustehen, massen er sichs auch in der Denunciation erbieten, und sich offentlich vor einen Denuncianten außgeben kan: wann er dieses nicht thut, sondern seine Persohn verschwiegen zuhalten, begehrt, gebühret keinem Richter, noch auff Verlangen deß Beschuldigten, einigen Denuncianten zuoffenbahren.
Der Dritte Weeg ist die Nachforschung auff die That, oder auff den Ubelthäter.
§. 1. Diese ist ein jedwedere Obrigkeit auff einkommene erhebliche Anzeigungen, ob schon sonsten kein Klag oder Denunciation fürkäme, auch ungehindert sich der Thäter mit denen Interessirten etwa verglichen haben möchte, von Ambts wegen darumben zuthun schuldig; damit die Frommen in Sicherheit, und die Bösen in Forcht der Nachstellung und Straff erhalten, das Land auch von schädlichen Leuthen gereiniget werde.
§. 2. Die solle nun nach Beschaffenheit der Sachen, entweder Summariè und Generaliter, oder Specialiter beschehen. Generaliter, da man ins gemein auff ein fürgangene böse That, und deren Umbständ, ohne Anzeig, und Argwohn auff ein gewisse Persohn nachforscht: Als, wann jemand in einem Land-Gericht umbgebracht wird, und man keinen Thäter weiß, daß man nach Anlaittung deß folgend Fünff und Zwantzigsten Artickels durch geschworne Wund-Aertzt den Todten beschauen läst, ob er viel oder wenig tödtliche Wunden hat? Mit was Waffen die Entleibung beschehen seyn möge? und dergleichen; damit, wann etwa der Thäter einkommt, man desto sicherer gegen ihme verfahren möge.
§. 3. Die Special-Inquisition wider ein oder mehr verdächtige Persohnen, beschiht solcher Gestalt, daß man Erstlich de Corpore delicti, das ist; der beschehenen wahren That eigentlich versichert seye.
Andertens, daß man wider einen oder mehr genugsambe Anzeigungen hat.
Drittens, daß man sich der That gegen ihme versehen mag.
Viertens, daß man auff solche Anzeigungen die jenige Persohnen, so hierumb Wissenschafft haben, befrage und vernehme.
§. 4. Bey der Inquisition ist auch dieses zuerinnern, daß ein rechtliche Anklag und Inquisition von Ambts wegen, einander nicht hindern; sintemahlen der Richter neben dem Kläger, jederzeit das jenig thun kan und soll, was zu Erkundigung der Warheit und Bestraffung deß Ubels am nutzlichsten ist.
§. 5. Wann auch ein Kläger von seiner angefangenen Klag auß genugsamben Ursachen abstehet, und alles deß Richters Ambt heimstellet, so solle er doch dem Richter zu besserer Fortstellung der Inquisition alle habende Befehl und Nachrichtungen an die Hand geben.
§. 6. Demnach aber wie gemeldt, genugsambe Anzeigungen hierzu erfordert werden, damit nicht etwa ein ehrlich unschuldiger in ein Inquisition gezogen, und hierdurch seine Ehr angegriffen werde; Als haben Wir die jenigen Anzeigungen, welche Erstlich zur Inquisition: Anderten zur Gefängnuß: Und dann Drittens zur Peinlichen Frag, nicht allein ins gemein, sondern auch zu, und bey jedwederer Malefitz-Persohn, genugsamb und erheblich seynd, an seinem absonderlichen Orth außgeworffen.[Seite: 667]
Anfangs ist zuwissen, daß zur Inquisition, sonderlich gegen fahrenden schlechten Leuthen, so gar starck und nahende Anzeigungen nicht vonnöthen, sondern gemeine Vermuthungen genug seynd.
§. 1. Als da ist, auch eines einigen Zeugen Aussag, ob gleich sonsten wider ihne Bedencken fürfielen.
§. 2. Das gemeine Geschrey, so von etlich unverdächtig- ehrlichen Leuthen herkommt, und öffters widerholt wird, gibt auch ein gute Anzeigung: bevorab wann der Verdächtige eine solche Persohn ist, zu welcher man sich der That wohl versehen kan, welche auch dergleichen vor diesem mehr begangen hat, oder derentwegen sehr verdächtig gewesen ist.
§. 3. Wann ein Thäter auff einen andern ohne Frag, gutwillig und freywillig ausser der Pein bekennet.
§. 4. Hieher seynd zu ziehen alle nachfolgende Wahrzeichen und Vermuthungen zur Gefängnuß und Peinlicher Frag: dann ein Vermuthung, so zu der Gefängnuß und Tortur genug, ist vielmehr zur Inquisition erheblich.
§. 5. Daß allein ein Wahrsager, oder andere, so mit Aberglaubischen Offenbahrungen umbgehen, auff einen aussagen, gibt gar kein redliche Vermuthung, auch so gar nicht zum Nachforschen: ja es solle ein dergleichen vermeinter Wahrsager eingezogen, seiner verbottenen Kunst halber wohl befragt, und nach Beschaffenheit der Sachen, er, und der seines Wahrsagens begehrt, gestrafft werden.
Demnach sowohl bey einer Inquisition, als auch der Peinlichen Frag, sonderlich aber vor der Straff vor allem zuwissen vonnöthen ist, ob sich die That angezeigter massen zugetragen habe, und sich in Warheit also befinde? Als solle ein jedweder Land-Gerichts-Herr, in dessen Gericht ein oder mehr Thaten beschehen, alsobalden, ehe er zu weiterer Erkundigung schreitet, ungeachtet der Beklagte sich selbst angäbe, und alles freywillig bekennete, doch gleichwohl, wie mans zu Latein heist, in Corpus delicti inquiriren, und gewisse Nachrichtung einziehen, ob sich die That in Wahrheit also befinde: Nemblich ob dieser oder jener umb ein solche Zeit, selbiger Orthen seye ermordet worden? Ob einer dergleichen Vieh, Geld und anders verlohren hab? und also fort.
§. 1. Oder wann die That ausser Land- oder Land-Gerichts beschehen, der Obrigkeit selbigen Orths zuschreiben, und sich sowohl umb die That befragen: Als auch die Mithelffer, so sich etwan selbiger Orthen auffhalten, nahmhafft machen, damit man sich derselbigen bey Zeiten, auch in andern Land-Gerichtern und Gebietten versichern möge.
§. 2. Kan also wider ein gewisse Persohn in specie ehender nicht inquirirt, noch jemand an die strenge Frag gelegt, weniger verurtheilt werden: es habe sich dann vorhero die Missethat wahr, oder durch solche unfehlbare Zeichen glaublich befunden, daß hieran kein vernünfftiger Mensch zuzweifflen Ursach habe.
§. 3. Es wäre dann ein solches Laster, welches gar heimblich begangen wird, und schwär zubeweisen ist, sonderlich wann hernach kein Zeichen solcher That verbleiben thut: Als Ehebruch, Blutschand, Sodomia, Zauberey und dergleichen.
§. 4. So ist auch bey beschreyten Land-Dieben, Beutelschneidern, Strassenraubern und Mördern, so gar alle schlechte Diebsställ, Rauberey, und alle Mördereyen zuerkundigen nicht vonnöthen, bevorab wann mans Länge der Zeit halber, nicht wohl erfahren kan, und man sich ohne das der meisten und grösten Thaten bereit erkundigt hat.
Trägt sich ein Rauffhandel oder Todtschlag zu, soll man alsobalden durch geschworne Wund-Aertzt den Beschädigt- oder Todten beschauen lassen: ob derselbe viel oder wenig Wunden habe? welcher Orthen, von was Waffen sie vermuthlich beschehen? und ob sie alle, oder welche hierauß tödtlich seyn? Ehender dergleichen Beschau vorgangen, solle der Leichnamb nicht begraben, ja wann er neulich begraben wäre, wider außgegraben, und ordentlich beschaut werden.
Auff die Inquisition folget die gefängliche Einziehung, bey welcher sonderlich zwey Sachen in acht zunehmen.
§. 1. Erstlich, daß ein Unterschied zwischen denen Persohnen zuhalten: Dan die Adelichen unverleumdten Persohnen, und die von männiglich vor ehrlich gehalten werden, bey [Seite: 668] denen auch zugleich kein Gefahr deß Außtrettens ist, die sollen (ausser es seye die That gar offenbahr, auch das Laster sehr groß) nicht alsobalden gleich in würckliche Gefängnuß geleget werden.
§. 2. Was aber gemeine, sonderlich unangesessene streichende Leuth seynd, wo man sich auch deß Außtrettens zubesorgen, deren kan man sich wohl, auch wo man noch im Zweiffel stehet, versichern.
§. 3. Ferner wird erfordert, daß man hierzu genugsambe Anzeigungen habe: Als nemblich:
§. 4. Wann der verdachte ein solch verwegen oder leichtfertige Persohn, von bösen Leumuth, und Gericht ist, daß man sich der Missethat zu ihme versehen möge.
§. 5. Oder ob er dergleichen Missethat zuüben, sich vormahls unterstanden, oder würcklich geübt, und man ihn deren glaubwürdig bezigen.
§. 6. Wann er an gefährlichen und zu der That bequemlichen Orthen oder Zeiten gefunden worden.
§. 7. Wann ein Thäter in der That, oder dieweil er auff dem Weeg darzu, oder davon gewest, gesehen worden: oder ein solche Gestalt, Kleider, Waffen, Pferd, und anders habe, als wie der Thäter bemeldter massen gesehen worden.
§. 8. Wann der Verdachte bey solchen Leuthen, die dergleichen Missethat üben, Wohnung oder Gesellschafft hat.
§. 9. Wann er, wie hernach vom Todtschlag gemeldet wird, deß Entleibten Feind, und grosser Mißgünner gewesen, ihme vorhero getrohet, oder aber ein grossen Nutzen an der Missethat zugewarten hat.
§. 10. Wann ein verletzter, oder Beschädigter auß etlichen Ursachen, jemand der Missethat selbst zeyhet, darauff stirbt, oder es bey seinem Eyd betheuret.
§. 11 Wann jemand einer Missethat halber flüchtig wird.
§. 12. Wan ein Ubelthäter auff einen andern iner oder ausser der Gütlichen oder Peinlichen Frag bekennet, von welchen die Ubelthat wohl zuvermuthen: er auch derentwegen in Verdacht oder Geschrey ist.
§. 13. Was nun in einer jedwedern Peinlichen Sachen für absonderliche Anzeigungen zur Gefängnuß erfordert werden, ist hernacher an seinem Orth zufinden.
§. 14. Im Fall ein Land-Gerichts-Herr noch nicht gar genugsambe Anzeigungen zur Verhafftung hat: doch deren innen zuwerden verhofft, soll er, sonderlich bey solchen Leuthen, denen der Arrest, oder Gefängnuß an ihren Ehren verklienerlich ist, von weitem auff dieselben fleißige Achtung geben lassen, damit sie mittler Zeit nicht entrinnen.
Weilen die Gefängnuß allein zur Versicherung, und (ausser gewisser Fäll) nicht zur Straff angesehen ist: Als sollen die Gefangenen nicht in stinckende, zur Straff angesehene Kotter, noch in die alten tieffen Thurn geworffen, sondern in solchen Gefängnussen auffbehalten werden, wo sie ohne Gefahr deß Lebens und der Gesundheit verbleiben können.
§. 1. Wie man ihnen dann auch die nothwendige Aezung geben, und den Krancken, auch Kindlbetterinnen alle menschliche Hülff erzeigen, und in Lebens-Gefahr an saubere Orth, doch wohlverwahrter bringen solle.
§. 2. In ein Gefängnuß soll man nicht zween Thäter legen, damit sie nicht einander zum Außbrechen helffen: sie sollen sich auch miteinander nicht unterreden können.
§. 3. So bald einer in die Gefängnuß gebracht worden, soll man ihn besuchen: ob er nicht verdächtige Brieff, Werckzeug, Waffen, und andere Sachen bey sich habe, und solches zu Gericht nehmen, ihme auch kein Messer, oder andere dergleichen gefährliche Werckzeug lassen, damit er sich nicht entleiben, oder durch Mittel derselben außbrechen möge.
Von den jenigen, welche denen Gefangenen außhelffen, ist hernach zufinden.
Wer aber von Uns, oder unserer NO. Regierung ein sicheres Gelait hat, der kan, so lang der Termin währet, von niemanden gefänglich eingezogen werden: und wer sich dessen wider unser Land-Fürstliches Gelait freventlich unterstunde, der soll gleich einem Lands-Friedbrüchigen, in unsere Straff gefallen seyn.
§. 1. Kein Land-Gerichts-Herr kan ein sichers Gelait ertheilen, weilen Wir Uns und unserer N. O. Regierung allein solches vorbehalten haben.
§. 2. Es solle auch von Regierung auß keinem, der schon verhafft, oder leichtlich zubekommen ist, ein sichers Gelait ertheilt werden.
§. 3. Wann jemand umb ein sichers Gelait anhaltet, muß er das Anbringen, oder den Gewalt darumb eigenhändig unterschreiben, dieweil er sich zu etlichen Sachen darinnen verbindlich machet, welche in nachfolgenden bestehen.[Seite: 669]
Erstlich, daß er sich glaitlich verhalten:
Andertens, von seinen Gütern nichts verändern.
Drittens, kein Wöhr und Waffen tragen.
Viertens, den sichern Gelaits-Befehl dem Richter alsobalden überantworten.
Fünfftens, seiner Purgation fürderlichst nachsetzen, und sich hierinnen keiner Verlängerung, oder unbillichen Auffzugs gebrauchen wolle: Dann wann er wider eines, oder das andere thut, hat er das Gelait verwürckt.
§. 4. Ferners ist zuwissen, daß ein jedes sichers Gelait nur biß zum End-Urtheil währet: dann wann die Erkantnuß wider den Verglaiten ergehet, hört das Gelait auff, und muß derselbe in Verhafftung genommen werden.
Die erste Glaits-Verwilligung hat gemeiniglich drey: die Erstreckung aber, jede zwey Monath Termin, und lauffen in denenselben alle Ferien.
So der jenige, welcher in die Klag, oder Inquisition, und darüber in Verhafft gezogen worden, die Missethat verneinet, soll ihm fürgehalten werden, ob er anzeigen könte, daß er der Missethat unschuldig: und man ihn sonderlich erinnern, ob er könte weisen und anzeigen, daß er zur Zeit der begangenen That bey Leuthen, Enden und Orthen gewesen, darauß abzunehmen, daß er die Missethat nicht gethan haben könte? welche Erinnerung darumben noth ist: daß mancher, ob er gleich unschuldig, auß Einfalt oder Schröcken nichts fürzuwenden weiß, wie er sein Unschuld außführen solle.
§. 1. So nun der Gefangene berührter massen, oder sonsten sein Unschuld anzeiget, solcher Entschuldigung soll sich alsdann der Land-Gerichts-Herr, oder Richter, auff deß Beklagten, dessen Freundschafft, oder wann sie es nicht haben, auff deß Land-Gerichts eigenen Unkosten, zu dem Ende auffs fürderlichst erkundigen; damit der Unschuldig nicht leide, und doch das Ubel nicht ungestrafft bleibe: oder wann der Gefangene, oder seine Freund desthalben Zeugen stellen wolten, soll mans, wie sichs gebührt, verhören lassen; findet sich nun die angezogene Unschuld nicht, so verfährt man weiter, wie hernach vermeldet wird.
Von der Versicherung deß Klägers, ist oben im zehenden Artickel gemeldt worden: Kein Beklagter, welcher auff Leib und Leben sitzet, soll gegen Caution oder Versicherung, es habe dieselbe Namen wie sie wolle, loß gelassen werden.
§. 1. Ob auch gleich die That etwas gering, und umb Geld zustraffen, doch der Gefangene deren überwunden, oder es sonsten kündig wäre, soll man bevorab nahe vor dem Urtheil niemand auff Caution außlassen.
§. 2. Wann aber in dergleichen geringen Verbrechen, sich der Process in die Läng verziehen möchte, kan man den Gefangenen, gegen genugsamber Bürgschafft und Stellungs-Versicherung biß zu dem Urtheil auß der Gefängnuß lassen.
Es kan auch ein ehrlicher Mann vor sich und die Seinigen, von einem betrohenden, bevorab der die Betrohungen ins Werck zusetzen pflegt, und thun kan, nach Gestalt und Beschaffenheit der Betrohung, Versicherung für alle Widerwärtigkeit und Gewalt begehren, welche ein solcher auch mit Bürgen, oder Pfändern zuleisten: oder in die Gefängnuß zugehen schuldig ist.
§. 1. Ein Armer, so mit keiner Bürgschafft auffzukommen weiß, kan die Versicherung mit seinem Eyd thun.
§. 2. Der Richter kan auch bißweilen von Ambts wegen dergleichen Versicherung vor Schaden selbsten begehren, oder einen, von dem Land und Leuth ein Gefahr zugewarten haben, biß zu Leistung gebührlich und genugsamber Caution in die Gefängnuß setzen.
Wann nun der Thäter in der Gefängnuß ist, soll man ihne nicht lang vergebens ligen lassen, sondern so bald die Vermuthung beysammen, unversaumbt einiger Zeit, der Richter selbst, neben zween geschwornen Beysitzern, und einem Gerichts-Schreibern, oder auff dem Land der Land-Gerichts Verwalter, neben zween verständigen Männern, und einem Gerichts-Schreiber, an einem Vormittag, den Gefangenen Gerichtlich befragen.
§. 1. Anfangs ins gemein:
Erstlich, wie er heisse?
Andertens, von wannen er gebürtig, und wer seine Eltern? [Seite: 670]
Drittens, wie alt?
Viertens, ob er verheurath, und Kinder hab?
Fünfftens, was seine Handthierung?
Sechstens, wo er sich eine Zeit vorhero auffgehalten?
Sibendens, bey was für Gesellschafft?
Achtens, was Religion?
Und was etwa sonsten die Gelegenheit der Persohn an die Hand gibt.
§. 2. Hierauff ihme die Ursach seiner Gefängnuß fürhalten, und ihne umb die That, derentwegen die Anzeigung verhanden, befragen: benebens, daß er dieselbe wahrhafftig erzehlen solle, ernstlich, doch ohne Betrohung, vermahnen.
§. 3. Bekennet ers, soll mans fein klar, und wie ers sagt ohne Veränderung eines einigen Worts auffschreiben, und wann er die Umbständ selbsten nicht, oder gar unordentlich sagt, ihn außführlich auff gewisse Fragstuck darumben befragen: Als zum Exempel.
Erstlich, was ihne zu solcher That bewegt habe, und wie er darzu kommen?
Andertens, wo dieselbe beschehen?
Drittens, zu welcher Zeit?
Viertens, durch was Mittel, und auff was Weiß die That beschehen?
Fünfftens, wer ihme darzu geholffen?
Sechstens, wie sie heissen?
Sibendens, wo sich dieselben auffhalten?
Wie dann die absonderlichen Fragstuck, so bey einem jedwedern Verbrechen, auß gewissen Ursachen in acht zunehmen, in dem Anderten Theil dieser Land-Gerichts-Ordnung an seinem Orth zufinden seyn werden.
§. 4. Und ist hiebey insonderheit zumercken, daß der Richter dem Gefangenen die Umbständ der Missethat nicht vorsage, und also gleichsamb anlerne, sondern allein, wie obgemelt, die Umbständ zuwissen begehre.
§. 5. Weniger den Gefangenen güt- oder peinlich umb ein anders Verbrechen frage, als derentwegen die Anzeigungen verhanden, oder was auß der That selbsten nothwendig folgt, und derselben anhängig ist. Wann aber der Thäter ungefragter ein andere That, oder Laster bekennt, muß mans beschreiben, ihne hernach umb die Umbständ, wie obgemelt, befragen, und folgends auch auff selbige inquiriren.
§. 6. Wo man aber Strassenrauber und dergleichen, in wahrer That begreifft, und sonsten kein andere Erfahrung einziehen kan, ausser daß sie wissentlich schädliche Leuth seyn, soll man dannoch Fragstuck machen, und sie nicht allein auff ein That, sondern auff alles, was gemeiniglich solche offentlich beschreyte, schädliche Leuth zuthun und zustifften pflegen, wie auch auff ihre Gesellen und Mithelffer, mit Fleiß fragen.
§. 7. Kein Richter soll sonsten den Gefangenen auff einen gewissen mit Nahmen benennten Mithelffer: sondern allein insgemein fragen, wer ihme darzu geholffen hat; Macht er nun einen, oder mehr selbsten namhafft, alsdan ist weiter zufragen, wo er anzutreffen, wie er heisse, wie er gestalt, und bekleydt seye? Wie, wo, wann, und wie offt, auch welcher gestalt er ihm zu der That geholffen habe? Sagt er aber von niemand, soll man ihm auch keinen an die Hand geben, es wäre dann wider einen, oder mehr Mithelffer genugsambe Anzeig- und Vermuthungen verhanden: alsdann kan mans wol benennen, und insonderheit auff einen und andern fragen.
§. 8. Welche Mithelffer sodan, wann sie in eben dem Land-Gericht sich befinden, einzuziehen, oder dem jenigen Land-Gerichts- oder Grund-Herrn, unter welchem sie vermuthlich anzutreffen, neben Uberschickung der Indicien und Aussagen, namhafft zumachen seynd: und zwar alsobalden, damit die Beschuldigte, wann sie ihres Mitgespans Einziehung vernehmen, nicht, wie gemeiniglich beschicht, entfliehen, sondern auch dem Verhafften noch in seinen Lebzeiten entgegen gestellt werden mögen.
§. 9. Ferner soll man keine überflüßige Fragen machen, sondern alles, was zu Erfindung der Warheit nicht dienstlich, außlassen, und derohalben die Fragstuck vorhero wohl erwögen und berathschlagen.
§. 10. Eben so wenig soll ein Richter dem Gefangenen versprechen, wann er die That bekennen werde, daß er ihme Milderung erzeigen wolle; ingleichen auch nicht mit Ungrund fürsagen, daß sein Verbrechen von andern wider ihne allbereit bekennet, oder außgesagt worden sey: dann solches ist ein betrügliche Verführung, welche der Richter nicht halten, noch verantworten kan.
Wann aber der Verhaffte die That durchgehends laugnete, und in der Güte auff ernstliche Ermahnung nichts bekennen will, muß der Richter die Anzeigungen wol beobachten, auch sehen, ob sie zu peinlicher Frag genugsam seynd? und hierinnen nicht seinem eigenen Gutgeduncken folgen, sondern erstlich die Ursach und Gelegenheit, wie die [Seite: 671] Malefitz-Persohn einkommen: Andertens, die unterschiedlichen Anzeigungen: Drittens, die gütigen General- und Special-Fragen: Viertens, die hierüber gethane Aussagen fleißig zusammen verzeichnen: insonderheit Fünfftens berichten, was der Verhaffte für ein Persohn, ob er nemblich starck, oder schwach, kranck, oder gesund, einfältig, oder listig, und verstockt seye: Hierüber ein unpartheyisches Geding besetzen: Dieses alles, und zwar in schwären und zweifelhafftigen Fällen, sambt der Rechts-Gelährten Meynung, demselben vortragen, und hierüber ob, und was für ein Grad der Tortur vorzunehmen, erkennen lassen. Und hierüber das Bey-Urtheil mit allen Actis in denen im 41. Artickel §. 6. benenten Fällen, die Städt und Märckt aber ohne einige Außnamb, unserer N. Oe. Regierung übergeben.
§. 1. Und sollen alle Land-Gerichter wissen, daß bey unserer hohen Straff niemand mit peinlicher Frag angegriffen werde: es seyen dann vorhero redlich, und derohalben genugsambe Anzeigung- und Vermuthungen von wegen derselben Missethat, auff ihne glaubwürdig gemacht.
§. 2. Ob auch gleich ein Missethat auß Schmertzen bekennt, ja gar durch Revers und Urphed bestanden wurde: jedoch wann nicht genugsambe Anzeigungen, neben der Nachrichtung de Corpore delicti verhanden, soll der bekanten That nicht geglaubt, sondern an die benante Orth, allwo die That beschehen seyn solle, vorhero geschriben, und, wie vorgemeldt, Erkundigung eingezogen: Vorhero aber niemands verurtheilt: widrigenfalls der Richter, nachdem ers gefährlich oder unverständiger Weiß gethan, nach Beschaffenheit der Sachen an Leib und Gut gestrafft, und noch darzu dem Gepeinigten alle Schmach, Schmertzen, Kosten und Schaden gut zumachen, angehalten werden.
Wann der Befragte weder bestehet, noch laugnet, sondern ihme die Anzeigungen zu seiner Verantwortung zueröffnen begehrt, seynd ihm dieselben, wann er ein offentlich beschreyter Missethäter, und darzu fahrend, gar nicht schrifftlich zuertheilen, sondern allein in die Fragstuck zubringen, und er darüber zubefragen. Wann aber der Befragte sonsten eines ehrlichen Wandels, oder die Sachen darnach beschaffen, daß er zur Purgation zu lassen ist, kan, und soll mans ihme zu seiner Verantwortung in Abschrifften hinauß geben.
§. 1. Dieses aber soll dem Richter an seinem ordentlichen Process nichts hindern, sondern er, wann der Beklagte mit seiner gründlichen Verantwortung nicht auffkommen kan, nach Außweiß dieser unserer Land-Gerichts-Ordnung ohne Verzug weiter verfahren.
Was nun aber für Ursachen und Anzaigungen zur peinlichen Frag erfordert werden, seynd alle zubeschreiben nicht wol möglich; doch haben Wir zu besserer Nachrichtung hierbey etliche gemeine, und folgends bey jedwedern Verbrechen die sonderbahre Vermuttungen außdrucklich zubenennen, für ein Nothdurfft erachtet.
§. 1. Als erstlich ist ein genugsambe Ursach zur peinlichen Frag, wann die That mit einem untadelhafften Zeugen, welcher seines Wissens genugsamb, und zur Sachen taugliche Ursachen gibt, auff ihne erwisen ist.
§. 2. So jemand auff offenbahrer That ergriffen wird, solche doch freventlich laugnet, und anderwärtig nicht genugsamb überwisen werden kan, der soll peinlich darumb gefragt werden.
Wann mehr, oder nur ein überwundener Missethäter, der in seiner That Helffer, Hehler, Rathgeber, oder Mitgesellen gehabt, auff jemanden in der güt- oder peinlichen Frag außgesagt, der ihm zu seinem geübt- erfundenen Missethaten mit Rath, oder That geholffen, oder Gesellschafft geleistet hab; so kan man einen solchen wol einziehen, und peinlich fragen; doch anderst nicht, als wann sich nachfolgende Umbständ bey der Aussag finden.
Erstlich, daß dem Aussager die Persohnen in- oder ausser der peinlichen Frag mit Namen nicht fürgehalten, er auch auff dieselbe nicht absonderlich, sondern nur insgemein gefragt, und doch solche Persohn hierauff von dem Gefragten selbsten benennt, und angezeigt worden.
Andertens, daß die Aussag alle Umbständ, welcher gestalt, wie, wo, wann, und wie offt er mitgeholffen, oder darbey gewesen, in sich halte.
Drittens, daß der Aussager wider den, auff welchen er bekennt, keine sonderbahre Feindschafft, Unwillen, oder Widerwärtigkeit trage.
Viertens, daß die bekennte Persohn also argwöhnlich seye, daß man sich der Missethat zu ihr wol versehen möge.
Fünfftens, daß der Aussager auff seiner Sag ohne Widerrueff beständig verbleibe.[Seite: 672]
Sechstens, daß der Angezaigte vorhero dem Aussager Persöhnlich vorgestellt, und mit seiner Gegensag vernommen werde.
§. 4. Wann einer in Ubung der That etwas verliehrt, auch hinter ihm ligen, oder fallen läst, als seinen Mantel, Degen, Huet, Schuh und dergleichen, oder man auch auß der Spur im Schnee, Kott oder Staub hernachmals finden, und ermessen mag, daß die Sachen unfehlbar deß Thäters, und nechstens vor dem Verlust in seiner Gewalt, oder aber die Tritt deß Thäters eigentliche Fußstapffen gewesen, hierauff ist er peinlich zufragen, er wurde dann, wie obgemeldt, etwas dargegen fürwenden, welches, wann es sich erfunde, oder bewisen wurde, daß er bemelten Argwohn ablaint: (als wann er erwise, daß er die Sachen kurtz vorhero verkaufft, weckgegeben, verlohren, oder daß er selbiger Zeit an einem andern Orth gewesen, etc.) Alsdan soll dieselbe Entschuldigung vor aller peinlichen Frage zuerfahren fürgenommen werden.
§. 5. Alle Anzaigungen zur Tortur, seynd dahin zuverstehen, wann der Beschuldigte wider dieselben nicht etwas solches fürwendet, welches, wann ers erwise, die Aussag, oder den Argwohn ablainete; derentwegen soll man jederzeit die Entschuldigung hören, und, ob sie sich also verhält, vorhero nachforschen: Dann wo deß Thäters Entschuldigung mehrern Glimpffen und Grund, dann die vorkommene Indicia auff ihnen tragen, soll die peinliche Frag ohne mehrer und bessere Erfahrung nicht beschehen.
§. 6. Wann sich ein vernünfftiger Mensch berühmet, oder frey bekennet, er habe ein Missethat begangen, und es ein solche Persohn ist, zu der man sich der Missethat Versehen kan, soll der Landgerichts-Herr nachforschen lassen, ob sich die That an Orth und End solcher gestalt, wie er sich berühmet, mit allen Umbständen zugetragen; findet sichs in allem also, so kan ein solcher, wann er die That hernach widerumb laugnete, wol peinlich befragt werden.
§. 7. Es seynd auch vielerley Anzeigungen, deren jedwedere allein zur peinlichen Frag nicht genugsamb, doch wann dergleichen etliche zusammen kommen, die Tortur darauff wol fürgenommen werden kan; Als zum Exempel: wann der Verdachte ein solch verwögen, und leichtfertige Persohn, auch von bösen Leumuth und Gerücht ist, daß man sich der Missethat zu ihr versehen mag; oder aber ob sie dergleichen Missethat vormahls geübt, sich unterstanden hat, und bezyhen, oder derentwegen denuncirt worden ist; Doch daß solcher Leumuth und Denunciation, wie obgemeldet, nicht von Feinden, oder leichtfertigen, sondern unpartheyischen, redlichen Leuthen herkommen.
Wann die verdächtige Persohn an solch gefährlichen Orthen, die zu der That verdächtig wären, gefunden wird.
Wann ein Thäter in der That, oder dieweil er auff dem Weeg darzu, oder darvon gewest, in solcher gestalt, Waffen, Kleyder, Pferdt, oder andern, gleich als wie der Thäter beschriben, gesehen worden.
Wann die verdachte Persohn ein Zeither, bey solchen Leuthen Wohnung und Gesellschafft gehabt hat, die dergleichen Missethat üben.
Wann sie auß Neyd, Feindschafft, vorhergangenen Betrohungen, oder umb hoffenden Nutzens willen zu der Missethat Ursach genommen haben möchte: sonderlich geben die Betrohungen ein starckes, und offtmahlen allein ein genugsames Anzaigen, wann der Betrohende ein solcher Mensch ist, der die Wort ins Werck setzen kan: der vor diesem auch jemanden getrohet, und an ihm vollzogen: oder wann man schon in etwas, als wie bey denen Zauberern, die Würckung der Betrohung erfahren hat.
Wann der Verletzte auß gewissen Ursachen jemand die Missethat selbsten zeyhet, darauff stirbt, oder es bey seinem Eyd bekennet.
Wann jemand einer Missethat halber flüchtig wird, und warumben er geflohen, kein vernünfftige Ursach geben kan.
Es kombt auch darzu die Veränderung der Gestalt, Wanckelmütigkeit und Falschheit im Reden, die in wehrender Gefängnuß geübte Practiquen: ein heimblicher Vergleich über das angegebene Laster: die beständige Bekantnuß eines andern Ubelthäters, so sein Gespan gewest, oder auch die Bekantnuß, welche einer vorhero wiewol vor einem unrechtmässigen Richter gethan hat, und dergleichen.
§. 8. Wann nun so vielfälltig gemeine Vermuthungen zusammen, und etwo auß der bezyhenen That selbsten, noch andere absonderliche Warzeichen herfür kommen, kan man obangedeuter massen zur peinlichen Frag schreitten; doch solle hierüber vorhero ein unpartheyisches Geding, wie der 33. und 41. Artickel außweiset, besetzt, und in demselben erkennet, und gesprochen werden, ob die Indicia zur peinlichen Frag genug? Auch ob, und auff was für ein Weiß der Bezüchtigte gepeiniget werden solle? und wann dergleichen Erkantnuß nicht vorhero gehet, kan ein Richter einen Gefangenen mit der Tortur auch so gar nicht betrohen, viel weniger ihm dieselbe würcklich anthun.
§. 9. Schlüßlichen ist zuwissen, daß ein jedwedere Anzaigung, darauff peinliche Frag zuerkennen, wann sie widersprochen, oder in Zweiffel gezogen wird, wenigist mit zween Zeugen erwisen werden muß. [Seite: 673]
Die Gegenstellung geschiehet bißweilen vor der peinlichen Frag zu dem End, daß man entweders die Mithelffer, so wegen einer Ubelthat zugleich verhafftet seynd, dem Thäter, oder den Thäter denen Mithelffern vor- und unter die Augen stellet: wann nemblich einer allbereit die That bekennet, auch die Benennung deß Thäters Gesellen, oder Helffers, vor, oder in der peinlichen Frag bestättiget hätte: oder sie geschiehet, wann man dem Gefangenen einen, oder mehr Zeugen unter Augen stellet, und ihne, was die Zeugen sagen, selbst anhören läst.
§. 1. Solche Confrontation ist in einem, oder andern Fall zu Erfindung der Warheit offt nutz, und offt schädlich; derohalben kan diß Orths kein gewisse Regel fürgeschriben werden: sondern der Richter muß auß Beschaffenheit der Persohn, und allen Umbständen selbst erwögen, ob solche Zusammenstellung zu Erkundigung der Warheit, und daß der Ubelthäter desto ehender zur Bekantnuß gebracht werde, nutzlich und dienstlich seyn möge.
Wann nun der Gefangene zu der Peinlichen Frag erkennet wird, soll der Richter nachfolgends in Acht nehmen.
§. 1. Daß er vor allen Dingen der beschehenen That vergwisset seye.
§. 2. Daß er noch vorhero auff eines oder mehr Verbrechen (wie es die Anzeigungen an die Hand geben) kurtze, wohlerwogene und berathschlagte, nach der Ordnung auff einander gerichte Fragstuck stelle; damit der arme Mensch in der Peinlichen Frag nicht derentwegen auffgehalten werde.
§. 3. Daß er, wann es kein streichender Thäter, seinem Herrn, oder dessen Beambten darzu verkünde.
§. 4. Daß die Peinliche Frag an keinem Feyertag, auch sonsten jederzeit Vor- und nicht Nachmittag angestelt werde: wann es aber ja auß erheblichen Ursachen Nachmittag seyn müste, soll man dem Thäter ausser einer Labung vorhero nichts, oder doch gar wenig zuessen und zutrincken geben.
§. 5. Daß kein Richter oder Land-Gerichts-Verwalter allein, sondern neben ihm zween hierzu geschworne, oder sonsten verständige ehrliche Männer, darzu auch ein beeydigter oder tauglicher Gerichts-Schreiber, bey der Frag seye.
§. 6. Daß der Richter dem Beschuldigten, wann er zur Pein geführt wird, vorhero nochmahlen mit scharffen doch bescheidenen Worten zuspreche: er wolle die Thaten bekennen, und zur scharffen Frag nicht Ursach geben. Wann er dann gutwillig alles bekennet, ist man der Peinlichen Frag überhoben, kan auch solche, wann er beständig darauff verharret, weiter nicht vorgenommen werden.
§. 7. Wann ja der verdächtige durch keine Wort zubewegen, soll der Richter einen Grad nach dem andern unterschiedlich vornehmen.
Als Erstlich, Anfangs den Thäter durch den Scharffrichter angreiffen, und die Kleider außziehen.
Andertens, ihne (woran viel gelegen) starck binden:
Drittens, auff das Reckbänckel setzen:
Viertens, einmahl auffziehen:
Fünfftens, das Recksail anschlagen lassen, und ihme bey jedwedern Absatz umb Bekennung der Warheit zusprechen: Wie dann in diesem meisten theils die Vernunfft eines Richters zugebrauchen ist.
Sechstens, man kan auch gegen hartnäckige Leuth, so mit starcken Anzeigungen beschwärt, die Tortur in einem Actu solcher Gestalt abtheilen, daß man einen zum anderten auch zum drittenmahl auffziehen läst, und diß wird nur für ein Tortur gehalten.
§. 8. Wie dann durchgehend, wann die Persohn gar starck oder hartnäckig, nicht lind anzufangen, sondern die Pein etwas schärpffer zugebrauchen ist, doch daß gleichwohl die rechte Maaß nicht überschritten, und der Gepeinigte zur Vollziehung deß Urtheils bey Kräfften erhalten werde.
§. 9. Zum Fall aber die Persohn schwach, so ist das Auffziehen nicht gleich Anfangs vorzunehmen, sondern nach Gelegenheit der Sachen:
Erstlich, die Betrohung deß Scharffrichters:
Andertens, die Vorstellung und Vorweisung seiner Werckzeug:
Drittens, die Anschrauffung der Daumstöck:
Viertens, der Spänischen Stifel zuversuchen.
§. 10. Hiebey ist zubeobachten, daß in Sachen, welche keine schwäre Leibs-Straff auff sich tragen, auch kein starcke Frag: sondern nach Beschaffenheit der Ubelthat und [Seite: 674] Straffen die Pein linder, oder schwärer gebraucht werde; damit die Tortur nicht schwärer seye als die Straff.
§. 11. Wann ein Weib und ein Mann, oder ein Schwacher und ein Starcker, umb eines gleichen Verbrechens willen peinlich zufragen: soll man allzeit vom Weib, oder Schwächern, oder welcher allen Vermuthungen nach die Wahrheit ehender bekennen, und hierdurch seine Mitthäter etwa ohne weitere Pein überwiesen werden möchten, den Anfang machen.
§. 12. Hierbey wollen und verordnen Wir, daß ein Land-Gerichts-Herr, oder Richter, kein andere Mittel, als obgemeldt, oder die in diesem Land üblich, zur Pein gebrauche.
§. 13. Nicht weniger in der Tortur fleißig Achtung gebe, wann, und wie der Thäter seine Gestalt verändert, und wie leicht er die Pein außstehe, solches der Außsag beysetze, entzwischen auch nichts anders thue und fürnehme, weniger so lang die Tortur wehret, von Gepeinigten hinweg gehe.
§. 14. Daß der Gerichts-Schreiber alle Aussagen auffs fleißigist auffmercke, und weder zu Gefahr, noch auß Nachläßigkeit das geringste Wort außlasse, oder zusetze.
§. 15. Doch soll die Sag deß Gepeinigten, so er in der Peinlichen Frag bekennet, nicht angenommen werden, sondern das, was er aussagt, wann er von der strengen Frag gelassen ist, allererst von neuem auffgeschrieben, und vor gültig gehalten werden.
Es seynd in denen Rechten gewisse Persohnen außgenommen, welche man nicht torquiren kan.
§. 1. Als ein Knab unter vierzehen: und ein Weibsbild unter sechzehen Jahren, kan ausser Betrohung, oder endlich Anthuung eines Ruthenstreichs, schärffer nicht gefragt werden; Es seye dann, daß die Boßheit das Alter übertreffe, welches zu deß Richters vernünfftigen Nachdencken und Erkantnuß anheimb gestelt wird.
§. 2. Ingleichem ein schwangeres Weib, oder Kindelbetterin: aber nach der Kindelbett, soll man dem Kind ein Ammel zustellen, so dann kan mans auch, doch etwas leichter, Peinlich fragen.
§. 3. Ein alter Mann von Sechzig Jahren, und weiter, er seye dann so frisch, daß er die Tortur ohne Verlust seiner Gesundheit außstehen mag, so gleichfalls zu deß Richter Erkantnuß anheimb gestellet wird.
§. 4. Ein gebrechlich- gefährlich verwundter, oder sonsten krancker Mensch, bey welchen zubesorgen, er möchte sterben, kan durch nichts schärffers angestrengt werden, als was er ohne mehrere Verzehlung außstehen kan.
§. 5. So hat auch bey einem unsinnig, aberwitzig: Item einem solchen stummen, von deme man die Wahrheit durch gewisse Zeichen nicht haben kan, wie auch gar einfältig und blöden Menschen, kein Tortur statt.
§. 6. Die würcklichen Lands-Mitglider dieses unsers Ertz-Hertzogthumbs Oesterreich, wie auch unsere Räth, Doctores und Nobilitirte, sollen ausser deß Lasters der beleidigten Majestät, Lands-Verräthereyen, und andern dergleichen schwären Verbrechen nicht torquirt werden.
Ins gemein soll niemand über einerley Anzeigungen, mehr als einmahl Peinlich befragt werden.
§. 1. Ausser in grossen Lastern, als in der beleidigten Majestät und dergleichen.
§. 2. Oder wann nach der ersten außgestandenen Pein erhebliche Anzeigungen herfür kommen.
§. 3. Wie auch wann einer nur gering, als mit dem Daumstock, oder dergleichen wäre darumb torquirt worden, daß man gehofft, er werde die Wahrheit sagen, er aber solche nicht bekennen wolt: so dann kan man ihn noch einmahl schärffer angreiffen lassen.
§. 4. Wann einer die Bekantnuß, so er in der Pein außgesagt, und nach der Ablassung bestättiget hat, eine Zeit hernach widerrufft, kan man ihn zum anderten mahl Peinlich fragen: Bekennet er so dann die Ubelthat in solcher andern strengen Frag widerumb, und laugnet hernach abermahl: so kan man ihn, wann die Anzeigungen starck, gar zum dritten mahl torquiren: er brächte dann gute erweißliche Ursachen einer irrigen Bekantnuß vor, soll man ihn damit hören.
§. 5. Wann es auch sehr starcke und solche Leuth seyn, welche die Pein der Torturn so gar hoch nicht achten, oder empfinden, als wie die Zigeuner, Juden, und andere leichtfertige Leuth, können sie auß erheblichen Anzeigungen, wohl zwey, oder dreymahl, nach vernünfftiger Ermessung eines Richters torquirt werden.[Seite: 675]
§. 6. Aber über dreymahl soll der Richter keinen torquiren lassen, sondern denselben der die Pein dreymahl außstehet, loß und ledig sprechen: Weil er sich von den vorigen Indiciis durch außgestandene Tortur genug purgirt hat. Doch kan er gleichwohl nicht sagen, daß ihme unrecht geschehen sey; weilen der Richter die Anzeigungen für sich hat, und derentwegen muß der torquirte auch die Aetzung, wann ers vermag, bezahlen; hätte aber der Richter nicht genugsambe Ursachen und Indicia darzu gehabt, sondern den Armen unrecht peinigen lassen, ist er, wie oben in dem drey und dreyßigsten Artickel gemeldt, straffmäßig.
§. 7. Die unterschiedlichen Torturn sollen auch nicht auff einen Tag, sondern wann sich der Gefangene wider erholt, und der Schmertzen der Glieder vermuthlich vergangen, etlich wenig Tag nacheinander beschehen.
Wann nun die Peinliche Frag der Ordnung nach vorgangen, und hierüber die Aussag fleißig und deutlich beschrieben ist, soll der Richter zween, oder drey Tag nach der Tortur den Gefangenen auß der Gefängnuß führen, ihme in Beysein der jenigen, so der Tortur beygewohnt, die Bekantnuß durch den Gerichts-Schreiber ablesen lassen, und darüber bescheidentlich fragen: ob diese Bekantnuß in allem wahr seye, und ob er darauff zuleben, und zusterben begehre?
§. 1. Bekennet sich der Thäter freywillig darzu, oder erinnert ungefragter noch etwas darbey, soll mans fleißig zu der Aussag verzeichnen.
§. 2. Widerspricht ers aber, und wäre doch der genugsambe Argwohn vor Augen, soll man ihn wider in die Gefängnuß führen, und eben auß Ursach dieser neuen Veränderung noch einmahl mit strenger Frag belegen, auff die weiß, wie im nechst vorgehenden Artickel gemeldet ist.
§. 3. Wann der Gepeinigte auch in dieser Bestättigung auff einen, oder mehr Mithelffer bekennet, und selbige benennet hat, soll man das jenige alsobalden vornehmen, was oben im zwey und dreyßigsten Artickel von gütiger Befragung gemeldet worden.
Nach beschehener Bekantnuß muß man fürderlich zu Schöpffung deß Urtheils schreitten: Das geschiht nun in den Städten, Märckten, durch unsere Städt und Land-Gerichter auff Art und Weiß, wie das von Alters herkommen, und in dieser unserer Ordnung von neuem gesetzt ist.
Auff dem Land aber stehet dem Land-Gerichts-Herrn für sich selbsten, oder durch seinen Verwalter bevor, mit Zuziehung verständiger Leuth in genugsamber Anzahl (deren wenigist sechs seyn sollen) das Urtheil zuverfassen: oder aber ein unpartheyisches Geding, wie hernach folgt, zubesetzen.
§. 1. Zu deme gehört ein Richter, zwölff Beysitzer, und ein Gedings-Schreiber, welche alle fromme, ehrbare, verständige und erfahrne Persohnen seyn sollen, auffs best man dieselbe jeder Orthen haben und bekommen kan, welche ihnen auch dergleichen grosse Sachen, so deß Menschen Ehr, Leib, Leben, Gut und Blut belangen, mit dapffern wohlbedachten Fleiß angelegen seyn lassen; Wie Wir dann zu sicher und besserer Besetzung der unpartheyischen Geding dahin gedacht seynd, auß den Städt und Märckten, auch hin und wider auff dem Land taugliche Persohnen zuerkiesen, welche sich unsere befreyt, oder approbirte Gedings-Richter nennen dörffen: und sich ausser der Reiß-Unkosten umbsonst gebrauchen lassen, die mögen die Land-Gerichter vor andern hierzu beruffen.
§. 2. Wann nun dieselben über vorgehend schrifftliche Ersuchung auff einen gewissen Tag zusammen kommen, wird durch das Land-Gericht Erstlich auß ihnen ein Gedings-Schreiber benennt: und ihme Andertens der Land-Gerichts-Staab: Drittens die Klag, wann eine verhanden, oder wo ein Process außgeführt worden, selbiger mit allen darzu gehörig glaubwürdigen Nothdurfften: Widrigen falls aber Viertens alle Anzeigungen: Fünfftens, auch ob, und wie man der That, auch denen bekanten Verbrechern und Mithelffern nachgeforscht: Sechstens, die Fragstuck: Sibendens, die darüber abgelegten Gütlichen Und Achtens, wann ein Thäter zur strengen Frag erkennet worden, neben dem destwegen vorgangenen Bey-Urtheil auch die Peinlichen Aussagen: Dann Neuntens, welcher Gestalt dieselben der Thäter nach der Tortur, Inhalt deß viertzigsten Artickels bestättiget hat, eingehändigt. Dieser Gedings-Schreiber erinnert sodann die Beysitzer, daß er darzu bestelt worden, macht benebens zween oder drey Gedings-Richter namhafft, fordert derentwegen eines jeden Meinung ab, wer nun die meisten Stimmen hat, der ist Gedings-Richter, und deme wird der Stab neben allen erstangedeuten Schrifften übergeben, dieser setzt sich nun oben, und der Gedings-Schreiber unten an, zwischen ihnen die zwölff Beysitzer, nach dem sie nacheinander beruffen werden. [Seite: 676]
Wann das Geding also besetzt ist, auch der Gedings-Schreiber die Namen aller beywesenden beschrieben, und man ihnen die Ursach der beschehenen Ersetzung, auch welche Persohn es betrifft, vorgetragen hat, so fragt der Richter die Beysitzer;
Erstlich, ob sie vermeinen, daß das Gedings-Recht mit genugsamb und tauglichen Persohnen besetzt:
Andertens, ob keiner auß ihnen dem Kläger oder Thäter mit Freund- Feind- oder Schwägerschafft, zugethan, oder sonst der Sachen theilhafftig sey?
Drittens, ob auch Tag, Stund und Weil seye über Menschen-Blut zurichten.
§. 4. Wann dieses alles gebührend beantwortet wird, so soll der Gedings-Schreiber alle Acta und Bekantnussen ablesen, hierauff der Richter den Gefangenen erfordern, ihne von Puncten zu Puncten vernehmen, und wann ers besteht, wider hinweg führen: so dann über das jenige, so vorkommen, der Beysitzer Meinungen, was jedweder für ein Urtheil, den Rechten, und dieser unserer Land-Gerichts-Ordnung nach, zufällen erachtet, ablegen, auch durch den Gedings-Schreiber solches alles mit Fleiß verzeichnen lassen. Der Richter hat Macht hierauff den Schluß zumachen, und der Gedings-Schreiber das Urtheil auffzusetzen, welches sie alle noch in sitzendem Geding unterschreiben, verfertigen, und also verschlossener dem Land-Gerichts-Herrn sambt allen Actis zustellen sollen.
§. 5. Den Schluß ist jedweder Richter nach den mehrern Stimmen zumachen schuldig: seyn aber die Stimmen gleich, soll er denen jenigen beyfallen, welche er für billicher hält, weiß er sich aber gar nicht zuentschlüssen, so soll man die Sachen dem Land-Gerichts-Herrn vortragen, und da derselbe auch darüber nicht sprechen wolte, an unsere N. O. Regierung, mit Beyschliessung der Acten, und beederseits Motiven zum Entscheiden gelangen lassen.
§ 6. Bey dieser hievor zum theil gebräuchig gewesten Form der unpartheyischen Gedings-Ersetzung, lassen Wir es auch noch verbleiben; wollen aber dabey, daß alle und jede Landgerichter so wohl die Bey- als End-Urtheil in nachfolgenden Fällen unserer N. O. Regierung vor der Execution, zu deren weitern Erkantnuß, sambt allen Actis zuübergeben, schuldig seyn sollen.
Als Erstlich, in allen solchen Fällen, welche nicht allein dem Land-Gerichts-Herrn zweiffelhafftig vorkommen, sondern auch an sich selbsten nicht klar seynd.
Andertens, in denen Lastern der Gottslästerung.
Drittens, in der Zauberey.
Viertens, Lands-Verrätherey:
Fünfftens, Vergifftung: auch der Weid und Brunnen.
Sechstens, Lands-Mordbrennerey.
Sibendens, wegen falscher Müntzer, und denen, so unsere Sigel nachdrucken; die jenigen falschen Müntzer aber, so unsere eigene Müntz nachdrucken, oder unser Sigel fälschlich nachstechen, behalten Wir Uns selbsten zubestraffen bevor.
Achtens, in denen an sich selbsten schwären Lastern Assassinii, Sodomiæ & Plagii, das ist: Menschen verkauffen.
Neuntens, in Sachen welche Zusammen-Rottirung böser Leuth belangen: und endlich in allen denen Casibus, wo der Lands-Fürst, oder das Land, oder ein Theil desselben interessirt ist: Wie auch wo die Straff deß Verbrechens eine Lands-Verweisung mit sich bringt.
In den übrigen Fällen mögen die Land-Gerichter erkennen und die Urtheil vollziehen, und seyn nicht schuldig, wann sie es zu Erleuchterung ihres Gewissens nicht selbsten gern thun wollen, solche unserer Regierung zuübergeben, doch wollen Wir sie hiemit gnädigist und ernstlich vermahnt haben: daß sie hierinnen sicher und gewahrsamb gehen, ihren Pflegern oder Land-Gerichts-Verwaltern, nicht allein trauen, sondern alles durch unsere bestelte, oder andere in Peinlichen Sachen erfahrne Rechtsgelehrte in reiffe, wohl erwogene Berathschlagung ziehen lassen, auff die weiß, wie in dieser unserer Ordnung in dem letzten Titul mit mehrern außgeführt und betrohet ist.
§. 7. Unser allhiesiges Stadt-Gericht aber, wie auch sonsten alle unsere Städt und Märckt seynd in allen und jeden Fällen ohne einige Außnahm, so wohl die Bey- als End-Urtheil, vorhero unsern bestelten Rechtsgelehrten zu ordentlicher Einrichtung der Process, und formlicher Stellung der Urtheil umb ihr information und Gutbeduncken zuzuschicken, und sodann unserer N. O. Regierung zu fernerer Erkantnuß zuübergeben in allweeg schuldig.
Damit aber gleichwohl die jenigen, so in Peinlichen Sachen nicht allerdings erfahren seynd, wissen, was bey Fällung eines Peinlichen Urtheils am meisten zubeobachten, haben Wir nachfolgende Reguln setzen wollen.
§. 1. Daß man in Sachen, wo ein Kläger verhanden, wie auch in Purgationen, nicht ehender zur Erkantnuß schreite, biß die gantze Sachen von beeden Theilen geschlossen, oder ein oder anderer Theil der Ordnung nach contumacirt worden. [Seite: 677]
§. 2. Daß ein Richter vor allen Dingen sehe, ob die torquirte Malefitz-Persohn durch ordentliches Bey-Urtheil, wie erst gemeldt, zur Peinlichen Frag ist erkennet worden.
§. 3. Ferrers ob man der Sachen, so der Thäter bekennet, nemblich dem Corpori delicti nachgeforschet, und sich dieselbe in Wahrheit also befunden, oder zugetragen.
§. 4. Dann obs der Thäter nach der Tortur bestättiget hat?
§. 5. Bey der Erkantnuß ist das vornehmbste, daß der Thäter entweder durch sein eigene Bekantnuß, oder sonsten wenigist durch zween gantz untadelhaffte Zeugen der Ubelthat überwiesen muß.
§. 6. Dann weder auß Vermuthungen, sie seyen so starck als sie wollen: weder auß Indicien, oder unvollkommener Prob, kan auch in heimblichen Lastern kein Mensch verurtheilt werden.
§. 7. Wann aber einer durch zween Zeugen, wider welche einige Beschuldigung, oder rechtmäßige Einwürff fürgebracht werden mögen, überwiesen wird, ob er schon biß in den Todt beym Laugnen verharret, kan er doch gleichwohl verurtheilt werden.
§. 8. Daß man in dem Urtheil kein linder, oder schärffere Straff erkenne, als die Missethat auff sich trägt, und in dieser unserer peinlichen Landgerichts-Ordnung außgeworffen ist.
§. 9. Wann ein Persohn unterschidliche Laster begangen hat, und dieselben alle wahr, und bekantlich seyn, daß man auch, wo möglich, mit der Straff auff jedes solcher gestalt gedencke, wie im 46. Artickel hernach folgt.
§. 10. Daß kein Landgerichts-Herr, Richter, oder unpartheyisch Geding, das Urtheil Alternativè, das ist, auff ein, oder andere Straff, zum Exempel: Köpffen, oder Hencken, von oben herab, oder unten hinauff Radbrechen, etc. stellen, sondern ein eigentlich gewisse Straff außsprechen solle.
§. 11. Absonderlich aber muß ein jeder, so in peinlichen Sachen Stimm und Urtheil gibt, ob bey der Persohn, oder der That solche Umbständ verhanden, welche die Sachen, und also das Urtheil linder oder schwärer machen, wohl und fleißig in acht nehmen: auch solchen Umbständen nach, ein linders, oder schärffers Urtheil fällen; jedoch in allen Urtheil, und deren Vollziehung, durchgehend darauff gedacht seyn, damit die besorgende Verzweifflung eines armen Sünders möglichist verhütet werde.
§. 12. Und weilen hieran sehr viel gelegen, seitemahlen ein einiger Umbstand die gantze That verändert, und einem offt das Leben geben, oder nehmen kan: haben Wir die linderende, und schärffende Umbständ insgemein in Vier und Viertzigsten und Fünff und Viertzigisten Artickeln nachfolgends, die absonderlichen aber bey jeden Verbrechen, an seinem Orth zuerinnern für ein hohe Nothdurfft erachtet.
Es kan ein Thäter umb kein Verbrechen, so schon verjähret ist, verurtheilt werden; Demnach aber bißhero kein gewisse Verjährungs-Zeit bestimbt gewesen, als setzen und ordnen Wir, daß nachfolgende Verbrechen sich in denen hernach gesetzten Zeiten verjähren.
Als Erstlich, alle die jenigen Missethaten, welche zwar Malefitzisch seynd, und eine extra ordinari Leibs-Straff aber kein Lebens-Straff auff sich tragen, verjähren sich in 5. Jahren, ingleichen auch der Ehebruch, darbey doch kein Nothzwang, oder Blutschand vorgangen; Innerhalb zehen Jahren aber, verjähren sich die gemeinen Diebställ, worbey kein Einbruch, noch Kirchenrauberey oder Strassenrauberey unterloffen: Ingleichen ein gemeiner Todtschlag, darinnen kein Vatter- Mutter- Kinder- Brüder- Schwester- Herren- oder Frauen-Mord begriffen.
Ferrers inner zwaintzig Jahren, verjähret sich das Assassinium, da sich nemblich jemand, einen andern zu tödten bestellen lassen: Item, ein fürsetzlich, und bedachte Mordthat: Ingleichen da einer auß Neyd, Rach, oder Feindschafft, ein schädliche Brunst verursacht (jedoch ausser der Mordbrenner und Traidtbrenner, welche unter die Lands-Verräther zuverstehen seynd) Item ein Nothzwang, oder Blutschand, an der Seiten Lini: Wie auch ein Gewalthätige Entführung ehrlicher Weibsbilder, und das Laster zwyfacher Ehe. Also daß nach Verfliessung solcher Zeit, ein jeder Thäter, durch die Verjährung selbst, von aller peinlichen Klag, Frag, und Straff sicher und ledig, auch wider ihne weiter nicht zuverfahren ist.
Doch seynd hiervon außgenommen.
Erstlich, solche Zauberey, da einer GOtt verlaugnet, und sich dem bösen Feind ergeben hätte.
Andertens, grausame, bedächtige Gottslästerungen.
Drittens, das Laster der beleydigten Majestät. [Seite: 678]
Viertens, Lands-Verrätherey, darunter auch obberührter massen, die bestellte Mordbrenner und Traidbrenner, wie auch solche Falsarii, welche dem Land, oder der Obrigkeit, wie die vorige, einen grossen Schaden zufügen, begriffen.
Fünfftens, Vatter- Mutter- Kinder- Brüder- Schwester- Herren- und Frauen-Mord.
Sechstens, falscher Geburt Unterlegung.
Sibendens, Nothzwang in auffsteigender oder absteigender Lini.
Achtens, die stumme Sodomitische Sünd, wider die Natur.
Neuntens, die falsche Müntzer.
Zehendens, welche junge oder alte Christen, denen Türcken, oder Juden verkauffen;
Als bey welchen hohen Verbrechen, einige Verjährung nicht statt hatt.
Jedoch seynd alle diese Verjährungen, auff die Flüchtigen, wider welche man derentwegen mit der verdienten Straff nicht hat verfahren können, nit: sondern allein auff die jenige zuverstehen, deren Verbrechen in geheimb gewest, und erst nach solcher verflossenen Zeit kundbahr worden.
Die Umbständ, so die Straff eines, oder andern Verbrechens zwar nicht auffheben, jedoch nach Beschaffenheit der Sachen in etwas lindern, bestehen gemeiniglich in deme, daß man beobachte:
§. 1. Deß Thäters sonsten vorhero geführt gutes, Christliches Leben, und ehrbaren Wandel.
§. 2. Die gar grossen Ursachen und Anlaitungen, welche einem zu unmäßigen Zorn, oder Vollbringung der That gegeben worden.
§. 3. Die Melancholey, oder grosse Traurigkeit eines Menschens vor- und bey der That.
§. 4. Die Unsinnigkeit: zwar kan ein völlig unsinniger Mensch gar nicht gestrafft werden; jedoch wann er gewisse Abwechslungen hat, und der Richter anstünde, zu welcher Zeit es geschehen wäre, soll er den lindern Weeg erwöhlen,
§. 5. Die grosse Einfalt, sonderlich bey taub- und stummen Leuthen.
§. 6. Das gar hohe Alter.
§. 7. Eines Thäters Jugend, und dabey verspührenden Unverstand.
§. 8. Langwürige schwäre Gefängnuß, worzu der Thäter nicht Ursach geben, sonderlich bey Kalter Winterszeit, und geringer Unterhaltung in Kleydern, Speiß und Tranck.
§. 9. Schwäre und beharrliche Kranckheit und Schwachheit deß Leibs.
§. 10. Wann sich ein Thäter vor der Denunciation, oder Inquisition selbst freywillig angibt, und die Ubelthat gutwillig bekennet.
§. 11. Wann ein Mit-Ubelthäter, viel andere böse Landschädliche Leuth der Obrigkeit freywillig namhafft gemacht, und zur gefänglichen Verhafftung bringen helffen.
§. 12. Wann ein Vatter seinen Sohn, so ein Ubelthäter ist, der Obrigkeit freywillig überantwortet.
§. 13. Die unversehene Trunckenheit, durch welche einer seines Verstands gäntzlichen beraubet gewesen, und sonsten kein Feindschafft, Trohwort, oder anderer rechtmäßiger Argwohn vorhero gangen, ein solcher Mensch auch das Vollsauffen nicht in Ubung hat, und derentwegen nie gestrafft, oder abgemahnt worden, lindert in etwas die Straff.
§. 14. So einer ein Ubelthat bekennet, der Richter aber nicht eigentlich darauff kommen kan, daß solche würcklich beschehen, entschuldiget die ordinari-Straff.
§. 15. Die Vorbitt einer ledigen Persohn vor die andere, untern Vorwandt der Ehe, mildert die Todts-Straff nicht, hebt sie auch nicht auff.
§. 16. Hiebey sollen alle Richter wissen: Erstlich, daß je schwärer ein Laster, je weniger die Straff, auch auß obbemelt, oder andern Umbständen zulindern ist.
§. 17. Zum Anderten, daß dergleichen Umbständ die Straff nicht gäntzlich auffheben, sondern zwo Straffen über eine Ubelthat, als ein schärffere und mildere in dieser unserer Land-Gerichts-Ordnung vorgesehen, der Richter die Milde der Schärffe vorziehen, und also die lindere, oder auch nach Beschaffenheit der Sachen, die extra ordinari-Straff erkennen soll.
§. 18. Drittens, daß die jenigen Umbständ, welche anderwerts beyfallen, als die Verdienst gegen dem Vatterland, vornehme Freundschafft, Künstlichkeit deß Thäters, die beweglichen Vorbitten und dergleichen, nicht bey dem Richter, sondern bey Uns stehen, ob Wir in Erwegung derselben und anderer Umbständen, auff Anzaigung deß Land-Gerichts, oder wann es Uns anderwerts fürkommen möchte, für Uns selbsten den Thäter begnaden wollen.[Seite: 679]
Die Umbständ, so die Straff nach Beschaffenheit eines, oder andern Verbrechens beschwären, seynd gemeiniglich nachfolgende.
§. 1. Deß Gefangenen vorher geführt erweißlich böses, liederliches Leben.
§. 2. Bevorab wann er hievon abzustehen gerichtlich gewarnet:
§. 3. Oder gar derentwegen schon ein, zwey, oder mehrmahlen vorhero bestrafft, oder begnadet worden.
§. 4. Wo auch von einem kein Besserung zuhoffen.
§. 5. Wann einer andere, sonderlich junge Leuth zu den Mißhandlungen verführt hat.
§. 6. Wann er die That gar arglistig, oder gefährlicher Weiß angegriffen, auch etwas ärgers darauß entstehen können.
§. 7. Wann einer die Missethat an geweyhten, befreyten, oder sonst hohen Orthen, oder in Gegenwart fürnehmer, oder ihme fürgesetzten Persohnen begangen.
§. 8. Die Zeit beschwärt auch die Straff, als wann einer Krancke umbringt, oder zu Pest-Zeiten oder Brunst-Zeiten beschädiget, oder bestihlet.
§. 9. Deßgleichen wann durch ein Verbrechen, auch das Vatterland, und Obrigkeit mercklich beleydiget wird.
§. 10. Wann ein Laster allzusehr überhand nimbt, muß man bißweilen zu mehrern Abscheu ein schärffere Bestraffung fürnehmen.
§. 11. Wann sich etliche miteinander vereiniget, und zusammen geschworen haben, und gleichsamb ein Handwerck auß den Ubelthaten machen.
§. 12. Wann ein Vatter, Mutter, Herr, Frau, oder Obrigkeit, so die Ubelthat hätte abstellen, oder verhüten können und sollen, noch darzu geholffen hätte.
§. 13. Wann Praeceptor, Amel, oder andere dergleichen Persohnen wider ihre Untergebene ein Mord, oder anders Laster verüben.
§. 14. Mit wenigen zu melden: ist die Linder- oder Schwärung der Straff, Erstlich, auß der That: Andertens, auß deß Thäters, wie auch Drittens, auß dessen Persohn dem ein Unrecht beschehen: Viertens, auß was für einem Gemüth und Vorbereitung: Fünfftens, an was für einem Orth: Sechstens, zu welcher Zeit: Sibendens, auff was Weiß dieselbe vollzogen worden, zuermessen.
Wo einer mehr als ein Laster begangen hat, ist billich und nothwendig, daß jedweders, so viel sich thun läst, abgestrafft werde, umb willen aber hierinnen ein gewisse Maß zufinden schwär fallet, als ist zumercken.
§. 1. Wann einer in einerley Verbrechen, als zum Exempel: im Ehebruch öffters gesündiget hat, und darüber nicht gestrafft worden, ist solches nur für ein That zuhalten.
§. 2. Wann einer zweyerley gemeine Thaten begangen hat, so beede deß Tods-Straff auff sich tragen, soll man nicht alle beede zusammen, sondern nur die jenige Straff nehmen, welche unter beeden die schärffest ist; Als zum Exempel: wann einer ein Diebstall und fürsetzliche Mordthat begangen, soll er als ein Mörder durch das Rad hingerichtet, und zum Zeichen deß Diebstalls ein Galgen auffs Rad gemacht: Hingegen wann einer ein grossen Diebstall, und benebens ein solche Mordthat, welche allein die Straff deß Schwerdts auff sich trage, begangen hätte, soll der selbe mit dem Strang, und nicht mit dem Schwerdt hingerichtet werden.
§. 3. Kombt aber ein absonderlich grosses Verbrechen, oder zwey grosse zusammen, soll der Richter die ordinari Straff deß grössern, wegen deß kleineren durch Zangenreissen, Schlaipffen, Händabhacken, Zungenschneider oder Riemen schneiden, auch Kopff, oder andere Glieder zum Abscheu auff die Strassen zustecken, oder zuhencken, und dergleichen, doch mit grosser Auffsichtigkeit vermehren.
§. 4. Wann solche Verbrechen zusammen kommen, deren eines die Lebens, das andere eine das Leben nicht benehmende Leibs-Straff auff sich trägt, so ists allein an der ordentlichen Lebens-Straff genug.
§. 5. In Leibs-Straffen, wann einer deren etliche verdient hätte, ists auch an einer, und zwar der schärffesten genug: Es wären dann die Verbrechen sehr groß und viel, daß ein Leibs-Straff hierauff zu wenig, alsdan kan man zwo solche, die sich neben einander wohl thun lassen, zusammen nehmen; Als zum Exempel: an den Pranger zustellen, einen gantzen oder halben Schilling geben zulassen, und darnebens deß Land-Gerichts zuverweisen, etc.
§. 6. Keine dem Rechten gemäß erkennte Leibs- und zugleich Geld-Straff können neben einander seyn: dann die Leibs-Straff hebt alle Geld-Straff auff. [Seite: 680]
In Verfassung der Urtheil, soll man nachfolgende Sachen in acht nehmen:
§. 1. Daß man in Bestraffungs-Urtheilen die Verbrechen vorhero auffs kürtzist erzehle, und das jenige was ein Auffruhr, oder Aergernuß verursachen, oder zu deß Nächsten Schand gereichen möchte, außlasse.
§. 2. Wann jemand zu einer Widererstattung verurtheilt wird, daß man deren im Urtheil außdrucklich gedencke.
§. 3. Daß man in denen Urtheiln, dardurch das Leben nicht abgesprochen wird, der Unkosten (nach Beschaffenheit der Sachen) nicht vergesse.
§. 4. Daß man kein neue, sondern solche Straffen außspreche, welche in diesem Land üblich, auch daß, wie oben im 42. Artickel §. 11. gemeldet, alle Verzweifflungen möglichist verhütet werden.
Was aber für Straffen üblich, und wie bey einem gleichen die Urtheil hierauß verfasset werden sollen, folget hernach:
§. 1. Der N. solle dieser seiner begangenen Missethat halber zu wohlverdienter Straff an die gewöhnliche Richtstatt geführt, alldorten mit dem Feuer vom Leben zum Todt hingerichtet, der Cörper zu Staub und Aschen verbrennet werden.
Hiebey seynd nachfolgende Sachen in acht zunehmen.
Erstlich, wann ein flüssendes Wasser dabey ist, setzt man darzu, und die Aschen, in den N. Fluß gestreuet werden.
Andertens, wann bey Feuers-Straff Verzweifflung zubesorgen, pflegt man dem armen Sünder bißweilen ein Pulver-Säckl auffs Hertz zubinden, bey welcher Gewonheit Wir es auch verbleiben lassen.
Drittens, oder auch, wann die Umbständ ein Linderung zugeben, kan mans vorhero enthaubten lassen, auff solchen Fall lautet das Urtheil also.
Der N. solle auff die gewöhnliche Richtstatt geführt, alldorten mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt gerichtet: Alsdann der Cörper auff den Scheitterhauffen gelegt, durch das Feuer verzehrt, und die Aschen, etc.
Viertens, oder man kan in erstgemelten Fällen, wo man einem die Straff deß Feuers auffsetzen muß, und dabey Diebstall mit unterlaufft, einen halben Galgen in den Scheitterhauffen auffrichten, den Ubelthäter hencken, und darnach verbrennen lassen.
Der N. soll auf die gewöhnliche Richtstatt geführt, und alldort auff einen sonderbahren, in dem Scheitterhauffen auffgerichten Galgen, durch den Strang vom Leben zum Todt gerichtet, alsdan der Cörper zu Staub und Aschen verbrennt, und die Aschen, etc.
§. 2. Der N. solle auff die gewöhnliche Richtstatt geführt, alldorten durch seinen gantzen Leib in vier Theil zerschnitten, und also zum Todt gestrafft, folgends jedes Theil an einem absonderlichen Galgen an den Vier Haubt-Strassen zur Abscheu auffgehenckt, und der Kopff auffgesteckt werden.
Dabey zubeobachten, wann die Umbständ deß Verbrechens sehr groß, daß man (sonderlich wider die Mörder der schwangeren Weiber) daß Viertheilen auff ein solche Weiß in dem Urtheil anbefehle:
Der N. solle auff die gewöhnliche Richtstatt geführt, ihme alldorten Anfangs wegen der begangenen unbarmhertzigen That sein lebendiges Hertz herauß genommen, umb das Maul geschlagen, sodan der Leib in Vier Theil zerschnitten, und die vier Viertheil, an Vier Strassen, absonderlich aber das Haupt, Hertz, und rechte Hand zusammen, Männiglich zum Abscheu auffgehenckt und auffgesteckt werden.
§. 3. Der N. solle auff die gewöhnliche Richtstatt geführt, ihme alldorten seine Glider durch den gantzen Leib von unten auff mit dem Rad abgestossen, und also vom Leben zum Todt hingerichtet, folgends der todte Cörper in das Rad geflechtet werden.
§. 4. Der N. solle auff die gewöhnliche Richtstatt geführt, und alldorten mit dem Rad von oben herab, Anfangs der Hals, hernacher das Hertz, nachmahlen alle Glidmassen abgestossen, und also vom Leben zum Todt hingerichtet, folgends der todte Cörper in das Rad geflechtet werden.
Zumercken ist, wann der Ubelthäter auch zugleich Diebstall begangen, daß man einen kleinen Galgen auff das Rad zumachen, verordnet, mit disem Anhang: und über den Kopff ein Galgen gemacht werden.
§. 5. Der N. soll zu dem gewöhnlichen Hoch-Gericht geführt, und alldorten mit dem Strang vom Leben zum Todt hingerichtet werden. [Seite: 681]
Wann ein Jud zum Strang verurtheilt wird, soll derselbe zwar nicht bey den Füssen, neben Hunden, wie an etlichen Orthen gebräuchig; jedoch zum Unterschid der Christen, an ein von dem Galgen herauß gehenden Palcken, oder Schnell-Galgen gehenckt werden.
§. 6. Der N. soll auff die gewöhnliche Richtstatt geführt, und alldorten mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt hingerichtet werden.
§. 7. Das Ertrencken, wie auch das Schinden, Lebendig vergraben, und Pfäilen, ingleichen das Viertheilen, Radbrechen und Hencken der Weiber: weilen dergleichen Straffen in diesen unsern Erb-Ländern nicht gebräuchig gewesen, also soll man sich deren, wie auch deß Spissens, ausser in Auffruhren und Lands-Verräthereyen noch ferners enthalten.
§. 8. Wann die Verbrechen sehr groß, oder deren etliche zusammen kommen, soll mans, jedoch auß genugsamben Ursachen mit nachfolgenden Peinen obverstandener massen vermehren.
Als Erstlich Schlaipffen; Andertens, mit glüenden Zangen reissen: Drittens, Riemen Schneiden: Viertens, Zungen abschneiden, oder zum Nacken außreissen: Fünfftens, Hand oder Finger abschlagen, auß welchen man nach Beschaffenheit der Missethaten eines, oder mehr, dem armen Sünder, vor der Lebens-Straff anthun kan, ungefähr durch nachfolgende Urtheil.
Der N. solle von den unvernünfftigen Thieren zur Richtstatt geschlaipfft, und ihme alldorten anfangs die Zungen auß dem Rachen gerissen, folgends er mit dem Feuer vom Leben zum Todt hingerichtet werden.
Oder: der N. solle wegen seinen grausamben erschröcklichen Thaten auff einen hohen Wagen gesetzt, darauff in der Stadt herumb geführt, und zwar Anfangs an dem ersten Orth ihme ein Zwick mit glüender Zangen in die rechte Brust gegeben, alsdann an einem andern Orth (NB. das Orth jederzeit zubenennen) ein Riem auff der lincken Seiten auß dem Rucken geschnitten: an dem dritten Orth widerumb ein Zwick an die lincke Brust gegeben: Letztlichen am vierten Orth abermahlen ein Riem auff der rechten Seiten auß dem Rucken geschnitten: hernach auff ein Brett gelegt, auß der Stadt biß zur Richtstatt geschlaipfft, ihme alldorten die rechte Hand sambt dem Kopff abgeschlagen, und so dann der Cörper ins Rad geflechtet werden: NB. Dieses ist zuverstehen, wann es ein Mann ist, wann es aber ein Weib, sollen so dann beede Theil, als der Kopff und die Hand auff ein Rad nahend bey der Strassen auffgesteckt, der todte Cörper aber unter den Galgen begraben werden.
Item: die N. solle auff die gewöhnliche Richtstatt geführt, ihr beede Brüst mit glüenden Zangen herauß gerissen, und sie folgends mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt hingerichtet werden.
§. 1. Der N. solle zu dem Pranger geführt, ihme alldorten sein lasterhaffte Zungen, so weit sie auß dem Mund zubringen, durch den Freymann abgeschnitten, selbige an den Pranger gehäfftet, und er so dann deß Land-Gerichts, Stadt, oder Burgfriedens verwiesen werden.
§. 2. Der N. solle an den Pranger gestelt, ihme beede Ohren abgeschnitten, selbige an den Pranger gehäfftet, so dann (wann es die Schwäre deß Verbrechens mit sich bringet) ein gantzer oder halber Schilling gegeben, und deß Land-Gerichts ewig verwiesen werden.
§. 3. Der N. solle zum Pranger geführt, ihme alldorten durch den Freymann seine rechte Hand abgeschlagen, selbige an den Pranger genagelt, und er folgends deß Land-Gerichts ewig verwiesen werden.
§. 4. Der N. solle zum Pranger geführt, ihme alldorten durch den Freymann die vordern Glieder an den Fingern (mit welchen er den falschen Eyd geschworen) abgehauen, solche an den Pranger genagelt, letztlich er deß Land-Gerichts auff ewig verwiesen werden.
§. 5. Der N. solle an die Richtstatt geführt, ihme alldort an dem Pranger durch den Freymann ein gantzer (oder halber) Schilling abgestrichen, und er sodann auff der Hochlöbl. Regierung ergangenen Befehl des Lands auff ewig verwiesen werden, auch vorhero ein geschworne Urphed, daß er nimmermehr in dieses Land kommen wolle, von sich geben.
Zu mercken, daß Erstlich ein gantzer Schilling Dreyßig, ein halber Funffzehen Streich hat.
Andertens, daß bey dem Ruthen außstreichen man bißweilen nach Art deß Verbrechens dem Thäter, wann er etwa noch jung ist, und doch ein grosses Laster begangen, auch derentwegen das Feuer, oder ein andere Lebens-Straff verdient hätte, einen Galgen auff [Seite: 682] den Rucken brennen soll; und das darumben, damit wann er nochmahlen einkäme, ihme ein Straff zu der andern genommen werde.
Drittens, aber auff die Stirn, oder ins Gesicht, soll man keinem ein Mail brennen lassen:
Noch Viertens die Ruthen, mit welchen der Missethäter außgestrichen wird, vergifften, oder solche Straff durch anderwärtige Mittel wider das Urtheil schärffen lassen.
Fünfftens, ausser Uns, und unserer Lands-Fürstlichen Regierung kan kein Land-Gericht einem Ubelthäter das Land, sondern allein das Land-Gericht, Stadt- oder Burgfrieden verweisen.
§. 6. Anfangs, wann sich kein Kläger anmeldet, und einer zur Purgation erkennet wird.
Der N. sey hiemit von aller Kläger Klag ledig und müßig, doch benebens dahin erkennt, daß er sich gegen dem Land-Gericht, wie sichs zurecht gebührt, genugsamb purgiren, und derentwegen sein Purgation-Schrifft inner den nechsten sechs Wochen peremptoriè einreichen soll.
§. 7. Der N. habe sich, wie sichs gebührt, genugsamb, (oder) habe sich durch die außgestandene Tortur genugsamb purgirt, seye demnach hiemit von aller peinlichen Straff ledig und müßig.
Hiebey ist, wie obgemeldt, der Unkosten, Schmach und Schaden (wann der Kläger darein zuverurtheilen) nicht zuvergessen, es kan auch hingegen einem oder andern Theil, nach Gestalt der Sachen die Civil-Klag vorbehalten werden.
§. 8. Oder wann einer von der Ordinari-Straff zwar loßgesprochen, doch in ein Extra-Ordinari Straff erkennet wird, kan das Urtheil also lauten:
Der N. seye zwar von der Ordinari-Straff deß N. (hie ist das Verbrechen zubenennen) ledig und müßig, doch zu einer extra-ordinari Straff dahin erkennet, daß etc. hie folget die Straff.
Es ist auch jederzeit dahin zugedencken, daß man den Abtrag gegen deß Beleidigten Kinder oder Freundschafft, wo der von Rechts wegen statt hat, bey dem Urtheil nicht außlasse.
In peinlichen Sachen, so auff Leib und Leben gehen, hat kein Appellation statt: in Bedenckung, daß der Thäter entweder mit genugsamben Beweißthumben, oder eigener Bekantnuß überwiesen ist.
§. 1. Wann aber ein Gefangener wider diese unsere Ordnung von einem Gericht beschwäret wird, ist es ihm unverwehrt, solche Beschwär an unsere Regierung zur billichen Abhelffung gelangen zulassen.
Nach geschöpfften und bekräfftigten Urtheil, ist das nächst, daß der Gerichts-Schreiber an einem gewissen hierzu bestimbten Tag im besetzten Gericht, beywesend deß auffgeführten armen Sünders dasselbe offentlich verlese, und wann der arme Sünder über deß Richters letzte Frag (welche offentlich nach verlesenem Urtheil beschehen muß) sich zu denen Aussagen und Thaten bekennet, oder deren sonsten genugsamb überwiesen ist, der Richter ihne dem Scharffrichter zu Vollstreckung deß verlesenen Urtheils übergebe.
Benebens hat der Land-Gerichts-Herr, oder Richter auff folgende Sachen zugedencken.
§. 1. Erstlich, daß er in Beywesen zweyer Männer den armen Sünder wenigist drey Tag vor der Execution, ob er der vorigen Bekantnuß geständig seye, befrage; hierüber ihme mit aller Bescheidenheit den Todt und Gerichts-Tag ankünde, und ihne zu guter Vorbereitung ermahne.
§. 2. Andertens, daß er ihm eyferig und embsige, Catholische Priester zugebe, welche ihn zur Heil. Beicht und Communion ermahnen, ihne auch bey dem Außführen biß zum Todt fleißig trösten und zusprechen: Worbey zumercken, daß man dem armen Sünder nicht so gleich am Richt-Tag, sondern den Tag vorhero das H. Sacrament reichen solle.
§. 3. Drittens, daß man ihm in solcher Zeit, wie auch bey der Execution nicht übrig Wein zutrincken gebe, damit er nicht hierdurch an seinem Verstand geschwächt werde.
§. 4. Viertens, daß der Richter, nachdem er den armen Sünder, nach Ablesung deß Urtheils dem Freymann übergeben hat, den Staab zerbreche, auffstehe, und jemands abordne, welcher acht gebe, daß das Urtheil geschöpffter massen vollzogen werde; den kan [Seite: 683] der Scharffrichter hernach, ob er recht gerichtet habe, fragen, und der Abgeordnete solches dem Richter anzeigen.
§. 5. Wann aber der Thäter bey Ankündigung deß Tods, oder bey Ablesung deß Urtheils, oder auch an der Richtstatt seine vorige Bekantnussen laugnete, hat man sich also zuverhalten; geschicht das Widersprechen auß Boßheit, allein zu Verhütung der Straff, und wäre solches klar, soll sich der Richter an Vollziehung deß Urtheils nichts hindern lassen. Geschihts aber auß andern Ursachen, und er glaubwürdige Anzeigungen seiner Unschuld an die Hand gäb: oder daß die That ein anderer gethan habe, zeigete, und wohl beweisen kunte: soll ihn der Richter, auch ungehindert er etwa vorhero durch Zeugen überwiesen gewest wäre, hören, und nach Gestalt der Sachen die Vollziehung deß Urtheils verschieben.
§. 6. Tragt sichs zu, daß ein Thäter auß Schwachheit vor Vollstreckung deß Urtheils in Ohnmacht fält, oder ihne die hinfallende Sucht, auch andere dergleichen Zuständ ankäme, also daß er nicht bey sich wäre, oder aber gar sturbe: soll man in wehrendem Zustand, oder Ohnmacht das Urtheil nicht vollziehen, sondern verschieben. Auch wann er gleich an der Richtstatt dahin sturbe, ohne weitere Straff ihne an gehörige Orth, wo die Thäter hingelegt werden, begraben: oder, im fall das Urtheil noch etwas, so dem todten Cörper angethan werden solle, in sich hält, dasselbe vollziehen lassen.
§. 7. Daß die Fürbitt einer ledigen Persohn vor den armen Sünder unter dem Vorwandt der Ehe, die Vollstreckung deß Urtheils nicht hindere, ist hieoben im vier und viertzigsten Artickel, §. 15. gemeldet worden.
§. 8.Vor Anfang jedwederer Execution, so auffs Leben gehet, soll der Land-Gerichts-Herr offentlich außruffen lassen, daß man an den Scharffrichter, im Fall der Mißlingung, bey Leib- und Guts-Straff kein Hand anlege.
§. 9. Da auch dem Scharffrichter in Vollziehung der Execution der Streich mißlunge, der Strang bräche, oder durch andere Zufäll die Execution verhindert wurde: so solle nichts desto weniger an dem Thäter das gesprochene Urtheil würcklich vollzogen werden.
In den jenigen Ubelthaten, wegen welcher kein gewisse Straff außgeworffen, sondern dieselbe dem Richter, seinem besten Verstand, und nach Beschaffenheit der Umbstände zuermessen heimbgestelt ist; soll er gedencken, daß es ihm nicht in sein blosse Willkür, sondern solcher Gestalt übergeben wird, daß er die That und alle Umbständ mit wohlerwogener Vernunfft betrachte, und nach deren Schwär oder Geringheit, ein schwäres oder geringes Urtheil den Rechten nach, nicht aber auß seinem eigenen Willen in geringen Sachen ein schwäres, und in schwären Sachen ein geringes Urtheil fälle.
Sonsten seynd die extra-ordinari Straffen so vielfältig und unterschiedlich, als fast die Thaten selbst.
§. 1. Darunter erstlich die Ungarischen Gränitz-Häuser, dahin einer von Uns, oder unserer N. O. Regierung, oder auch von einem Land-Gerichts-Herrn, jedoch auff bemeldt unserer N. Oe. Regierung Bewilligung auff sein Lebenlang, oder auff gewisse Zeit umbsonst zuarbeiten, oder ohne Sold zudienen verschafft wird, auff solche weiß:
Der N. seye auff N. Jahrlang auff der Hochlöbl. N. Oe. Regierung ergangenen Befehl auff (daß Gränitz-Hauß oder Stadt-Graben zubenennen) hiemit erkennet, und alldort solang in Band und Eisen zuarbeiten schuldig.
§. 2. Die Stadtgrabens-Straff, das ist, in dem Stadt-Graben in der Stadt allhier in den Eisen offentlich zuarbeiten, bey welcher in acht zunehmen, daß kein Land-Gerichts-Herr und unterer Richter Macht hat, einem Thäter die allhiesige Stadtgrabens-Straff auffzusetzen, weilen solches ebenfalls allein in unserer, und unserer Landsfürstl. Regierung Macht stehet.
§. 3. Sonsten in Eisen gewisse Zeit arbeiten.
§. 4. Ein heimblich oder offentlicher gantzer oder halber Schilling.
§. 5. An den Pranger stellen.
§. 6. An das Holtz (so man vor diesem Creutz genennet, hinfüro aber nicht mehr in forma eines Creutzes, wie obgemeldt, auffgerichtet werden solle) spannen, das Verbrechen auff ein Zettel schreiben, und sambt den gestohlenen Sachen an den Halß hängen.
§. 7. Vor der Kirchen und ausser deß Freythoffs, in die Prechel stellen, und Ruthen in der Hand haben.
§. 8. Halßeisen tragen.
§. 9. Offentlich in Band und Eisen kehren.
§. 10. Gefängnuß auff ein benante Zeit.
§. 11. In der Gefängnuß gewisse Täg in Wasser und Brod fasten.
§. 12. Den Krancken im Spital in Eisen warten. [Seite: 684]
§. 13. Ein offentlich oder heimbliche Geistliche Buß: welche doch in denen Urtheilen nicht vorzuschreiben, sondern derselben Benennung und Gestalt der Geistlichen Obrigkeit zuüberlassen.
§. 14. Die Land-Gerichts- Stadt- oder Burgfriedens-Verweisung, gegen einer gemeinen oder geschwornen Urphed.
§. 15. Geld-Straff, welche aber, wo andere Straffen außgeworffen seyn, keines weegs vorgenommen, auch meistens zu Erhebung der Spitäler, Schulen, Kirchen und zu Gebäuen für das gemeine Wesen, sonderlich in Städt und Märckten, angewendet werden solle.
Die Lebens-Begnadungen nach geschöpfften Urtheil, gebühren Uns als Lands-Fürsten allein, dahero solle sich kein Land-Gerichts-Herr, wer der auch sey, Geistlich oder Weltlich, auch der gleich Güter von Uns, oder unsern Vorfahren mit eben denen Rechten und Freyheiten, als sie, oder Wir es gehabt, an sich gebracht hätte, und durchgehend kein Richter unterstehen, Uns diß Orths an unsern Lands-Fürstlichen Rechten und Regalien einigen Eingriff oder Abbruch zuthun, und also keinen Verurtheilten, oder wissentlichen Ubelthäter auß Gnaden, oder umb Gelds willen loß zulassen, bey hoher Straff, die Wir Uns nach Beschaffenheit der Sachen fürzukehren vorbehalten.
§. 1. Wann aber ein Land-Gerichts-Herr für sich selbst, oder durch seinen Verwalter, wie auch in Städt und Märckten, ein Richter mit Beysitzern, noch vor dem Urtheil, auß allerhand Umbständen befindet, daß ein linders Urtheil, als sonsten ins gemein auff die That gehört, zufällen, und er dessen auß den Rechten, und dieser unserer peinlichen Ordnung genugsambe Ursachen hat, kan ers wohl thun, ists auch schuldig.
Nach gefälltem Urtheil aber, hat weder, wo ein Kläger vorhanden, weder wo er von Ambts wegen verfähret, ein Land-Gerichts-Herr weiter nichts zulindern, noch von dem Urtheil auffzuheben.
§. 2. Da auch ein Land-Gerichts-Herr mit einem armen Sünder ein absonderliches Mitleyden hätte, und Uns zur Begnadung erhebliche Ursachen vorbrächte, wollen Wir Uns alsdann in einem und andern Fall, nach Beschaffenheit der Umbständ, darauff gnädigst resolviren.
§. 3. Wie dann auch kein Land-Gericht auff die jenigen greiffen, weniger sie bestraffen solle, welche Wir etwan auß gewissen Ursachen, durch Patent, oder offenen Ruff dergestalt zubegnaden versprochen, wann sie sich selbst angeben, und ihre heimblich begangene Missethaten offenbahren wurden.
Dieweil jederzeit auff die Vollziehung deß Urtheils, auff den Process, peinliche Fragen, und Aetzung, etc. ein zimlicher Unkosten gehet, und nun jedweder Land-Gerichts-Herr wisse, woher derselbe zunehmen.
§. 1. Als wollen Wir, daß Erstlichen, wo kein Kläger verhanden, der Thäter auch über Bezahlung der Schulden gantz nichts im Vermögen hat, der Land-Gerichts-Herr und Richter alle Aetzung und Land-Gerichts-Unkosten außzustehen: aber dannoch jederzeit allen verdächtigen Ubelthätern embsig nachzustellen: Nicht weniger wegen der Mithelffer, und was zu Nachforschung der begangenen That, Verhörung der Zeugen, Bottenlohn, Gerichtsdienern und dergleichen auffgehet, von dem seinigen herzugeben schuldig seyn: und keine Anlagen oder Land-Gerichts-Unkosten auff seine Grund-Unterthanen oder Land-Gerichts-Unterthanen machen:
§. 2. Eben so wenig einigen Unkosten von dem gestohlenen Gut abziehen, sondern solches gegen Erlegung deß Fürfangs der zwey und siebenzig Pfenning, seinem rechten Herrn, so gut es in das Land-Gericht kommen, ausser deren Sachen, so nicht auffzubehalten, darfür er doch gleichwohl den Werth, so viel darumben eingenommen worden, folgen lassen solle.
§. 3. Hingegen wann der Beklagte zu dem Todt verurtheilet, oder sonsten in eine extra-ordinari peinliche Straff erkennet wurde, und etwas von Gütern in Vermögen hinter sich verliesse, so ist der Land-Gerichts-Herr, es seye gleich ein Kläger verhanden oder nicht, befugt, seine auffgewendten billichen Gerichts-Unkosten, welchen er bey seinem guten Trauen und Glauben specificiren solle, bey deß verurtheilten hinterlassenen Vermögen zuersuchen.
§. 4. Im Fall aber der Beklagte über die, wider ihne fürkommene Anzeigungen, sich also purgirte, daß er von der Missethat unschuldig, und die Klag freventlich, oder ohne Grund befunden wurde: so solle alsdann der Beklagte nicht allein in der Haubtsach von der Klag und allem Unkosten und Aetzung loßgesprochen, sondern auch der Kläger dem [Seite: 685] Land-Gerichts-Herrn die Aetzung und Gerichts-Unkosten, wie nicht weniger dem Beklagten alle Schmach, Schäden, Gefängnuß und Unkosten zuerstatten, und gutzumachen erkennet werden, allermassen oben bey dem zehenden Artickel vorgesehen ist.
§. 5. Wann der Beklagte über die wider ihn fürkommene Anzeigungen, und außgestandene Tortur loßgesprochen wurde, muß ihm der Kläger seine auffgewandte Unkosten selbst zumessen, der Beklagte die Aetzung von dem seinigen bezahlen, und der Richter die Ambts-Unkosten über sich nehmen.
§. 6. Doch damit sich die Land-Gerichts-Herrn ihrer Unkosten etwas besser erhohlen mögen, wollen Wir ihnen auch dieses zugelassen haben, daß sie von der einheimischen oder angesessenen Verbrechern Gut, wann dasselbe von Uns bey denen Städt und Märckten, oder auff dem Land von denen Grund-Herren, als Erbloß eingezogen wird, den gebührenden Land-Gerichts-Unkosten und Aetzung begehren, und einfordern mögen: Doch denen Grund-Obrigkeiten, so darwider in specie befreyet seynd, an ihren üblich hergebrachten Freyheiten unpraejudicirlich.
§. 7. Ein von Uns begnadter Thäter mag auch ehender nicht entlassen werden, biß er dem Land-Gericht allen Unkosten und Aetzung (wann ers anderst im Vermögen) erstattet hat.
Es haben sich ein Zeit hero etliche, sowol Landgerichts- als Grund-Herrn unterstehen wollen, ein jedweder das jenige, was von deß hingerichten Thäters Gütern unter ihme gelegen, es seyen Glaubiger, oder Erben verhanden gewesen, oder nicht, ob schon auch die Straff deß Verbrechens solches nicht mit sich gebracht, einzuziehen; wann es aber allen Rechten, und der Billichkeit entgegen ist: Als setzen und wollen Wir, daß kein Landgerichts- oder Grund-Herr einiges Thäters hinterlassenes Gut einziehe, weniger ihme zueigne.
§. 1. Es bringe dann Erstlich das Verbrechen neben der Lebens-Straff auch zugleich die Einziehung deß Guts, in dieser unserer Land-Gerichts-Ordnung außdrucklich mit sich.
Andertens, oder es verliesse der Thäter keine Erben, biß in den zehenden Grad inclusivè, und sturbe ohne Testament, in welchen Fällen in unsern Städt und Märckten der angesessen oder vermögigen Ubelthäter Haab und Güter unserer Lands-Fürstlichen Cammer: Der andern Unterthanen aber fahrende Haab dem Landgerichts- die ligende aber jedwedern Grund-Herrn, darunter sie gelegen, zufallen sollen; doch denen jenigen, so (wie vorgemeldet) absonderlich befreyt seyn, ohne Nachtheil.
§. 2. Wann der Thäter flüchtig ist, soll der Landgerichts-Herr, oder da er angesessen, dessen Grund-Herr, in grossen Verbrechen, da man auch wider einen abwesenden verfahren kan, sein Gut beschreiben, und biß zu Außtrag der Sachen, niemand nichts darvon erfolgen, oder verwenden lassen, ausser der nothwendigen Unterhaltung deß Weibs, Kinder, und Dienstbotten.
Von dem Gut der jenigen, die sich selbst entleiben, ist hierunten zufinden.
Wann einer nicht genugsamb Uberwisen ist, oder wann einer nicht so viel in der Tortur bekennet, daß er gerichtet werden könte, oder wann er deß Land-Gerichts verwisen, in ein extra-ordinari Straff verurtheilt, oder auch von Uns begnadet wird, soll der Landgerichts-Herr ihne nicht ehender entlassen, oder deß Land-Gerichts verweisen, er habe dann schrifftliche, auch wann es die Schwäre deß Verbrechens erfordert, ein mit einem Eyd bestättigte Versicherung hinterlassen, daß er weder für sich selbsten, noch durch andere, gegen dem Landgerichts-Herrn oder Grund-Herrn, deren Beambten, Unterthanen, dessen Grund und Boden, etc. zu keiner Zeit das jenige, was mit ihm vorgenommen worden, auff einige Weiß, wie die immer erdacht werden möchte, rächen, sondern in allem dem Urtheil nachkommen solle, und wolle: Die Form der Urphed kan beyläuffig also lauten:
Ich N.N. bekenne hiemit Krafft dieser geschwornen Urphed, daß, nachdem ich in das Land-Gericht N. gelifert, auch wegen der wider mich vorkommenen Anklag, Inzücht, und starcken Vermuthungen, mit mir Landgerichtsmäßig verfahren, und durch Urtheil und Recht erkennet worden, daß (allhie ist der Inhalt deß Urtheils zusetzen) Als gelobe, versprich, und zusage ich, bey meinem Cörperlichen Eyd, daß ich weder an der Grund- noch Landgerichts-Obrigkeit, dero Unterthanen, Angehörigen, oder sonsten jemands andern, wer der auch seye, auff keinerley Weiß noch Weeg, einige Gewalt, noch Rach, weder durch mich, noch andere meinetwegen, der mit mir vorgehabten Gerichtlichen Handlungen halber, suchen, selbst üben, Ursach geben, noch darzu auff einige Weiß Behelff thun, sondern alles sowol bey mir, als bey den meinigen in ewige Vergessenheit stellen wolle. [Seite: 686]
Zum Fall aber ich für mich selbst, oder jemands andern meinetwegen obbesagter gegen mir rechtmäßig vorgenommenen Handlungen halber, das geringste, sowol gegen der Grund- als Landgerichts-Obrigkeit, oder jemands andern, äffern, rächen, oder auch desthalben trohlich seyn wurde: solle gegen mir, als gegen einem maineydigen Urphedbrecher ohne alle Gnad, nach Außweisung der Landgerichts-Ordnung verfahren werden. Urkund dessen, habe ich diese Urphed mit meinem Cörperlichen Eyd bekräfftiget, auch solche mit Hand- und Pettschafft verfertigter der Grund- und Landgerichts-Obrigkeit zugestellt. Actum auff dem Schloß N. den N. Tag, deß N. Monaths, in dem N. Jahr.
Dieses ist nur ein beyläuffige Form, welche nach Beschaffenheit und Umbständ, der That und der Thäter zu ändern, und einzurichten.
Von der Urphedbrecher Straff, ist hernacher an seinem Orth bey dem Neuntzigisten Artickel zufinden.
Dieweilen die Scharffrichter insgemein unbarmhertzige Leuth seyn, soll der Richter, sonderlich bey der peinlichen Frag acht haben, damit die rechte Maß durch sie nicht überschritten werde.
§. 1. Wie auch, daß er gewöhnliche, und nicht neu erfundene Werckzeug für sich selbst, ohne Bewilligung gebrauche.
§. 2. Daß er das geschöpffte Urtheil recht mercke, und vollziehe, auch die armen Sünder nicht übereyle, noch an der Geistlichen Zusprechen verhindere, weniger zur Verzweifflung Ursach gebe.
§. 3. Obwohlen ihm ein sichere Freyheit außgeruffen und gehalten wird, soll er doch, wann er unrecht richtet, nach Gestalt der Sachen und Richterlichen Erkantnuß gestrafft werden.
Wann ein Landgerichts-Herr ein Hoch-Gericht auffrichtet, muß ers wenigist 24. Ellen weit, von seines Nachbarn Grund setzen, damit der Schatten denselben nicht berühre.
§. 1. Ob zwar ein Landgerichts-Herr derentwegen das Land-Gericht nicht verwürckt, daß er keinen Galgen auffgerichtet, oder daß derselbe eingefallen, und von langer Zeit hero, weilen sich kein Fall zugetragen, daß man dessen bedörfft hätte, nicht erhebt worden ist: so sollen doch die Hochgerichter zum Abscheu, und darumben jederzeit erhoben seyn, damit wann sich ein Fall ereignet, der arme Sünder in der Gefängnuß biß auff die Erbauung deß Gerichts nicht warten und leyden dörffe.
§. 2. Wo sich auch die in dem Land-Gericht, oder in den nechsten Städt und Märckten verhandene Handwercks-Leuth der Erhebung verwaigern wolten, soll man es unserer N. Oe. Regierung zu gebührender Vorsehung anzeigen.
Wer GOtt den Allmächtigen, Mariam die allerreineste Jungfrau, oder andere Heiligen Gottes schmählich lästert, auch mit Worten, oder Thaten GOtt etwas zumesset, so sich nicht gebührt, oder hingegen GOtt etwas benimbt, oder abbricht, so ihme zustehet: Ingleichen auch der jenige, der die Gottslästerung anhört, und den, der also GOtt lästert (da es seiner Ehr, Leibs- und Lebens-Gefahr halber seyn kan) nicht davon abmahnet, sondern durch sein Anwesen gleichsam darein williget:
Oder aber dasselb, wann der Gottslästerer über die beschehene Abmahnung, davon noch nicht abstehen wolte, gefährlicher Weiß verhalten, und nicht anzeigen wurde:
Nicht weniger auch, wer bey denen Heiligen Sacramenten, Wunden, Creutz, und Leyden unsers Erlösers fürsetzlich und wolbedächtlich fluchet, der ist Land-Gerichtlich zu straffen.
Bey dem gemeinen Fluchen und Schwören aber, so mehr auß einer bösen Gewohnheit, als Vorsatz herfliesset, ist jedes Orths Obrigkeit die Straff fürzunehmen befugt und schuldig. [Seite: 687]
§. 1. Und demnach ein jeder auß Christlichen Eyfer Gottes Ehr zuretten schuldig ist: Als sollen die Obrigkeiten nicht allezeit auff Anzeigung, oder Anklagen warten, sondern vor sich selbsten allen möglichen Fleiß anwenden, die Gottslästerer zuerkundigen, und zu den gesetzten Straffen zubringen.
§. 2. Die Anzeigungen zu dem Erkundigen, seynd ungefährlich diese.
Erstlich, wann die gemeine Sag herumb gehet.
Andertens, wann die Persohn ohne das derentwegen verdächtig, und dessen etwo vorhero schon berichtiget und bezüchtiget worden ist.
Drittens, wann sie sonsten ein Gottloses und ruchloses Leben führet.
Viertens, dem Fressen, Sauffen und Spillen, wie auch dem Zorn, Neyd, und böser Gesellschafft ergeben ist.
Fünfftens, selten, oder nie in die Kirchen kombt.
Sechstens, von den Haußgenossen, oder Nachbaren derentwegen angeben.
Sibendens, oder auch von bestellten Auffstechern verrathen wird. Die Juden seynd in der Gottslästerung absonderlich verdächtig.
§. 3. Und ist hiebey zuwissen, daß man in diesem abscheulichen Laster nicht alle Ordnung, so sonsten in Nachforschungen gewöhnlich, in acht nehmen, sondern so gut man nur kan, nachforschen, auch gemeinen, und in gleichen Laster ergriffenen Persohnen (außgenommen es wäre ein Feind) glauben darff.
§. 4. Wann sich nun eine, oder mehr der obgemelten Anzeigungen würcklich erfinden, vielmehr wann einer in frischer That ergriffen, oder von jemanden, so die Gottslästerung gehört, angezeigt worden, soll der Gottslästerer alsbalden gefänglich eingezogen werden: Wie dann allhier der Rumor-Haubtmann und Profosen: in den Städten, oder auff dem Land die Richter, oder die Gerichts-Diener, wann sie jemanden in der Gottslästerung betretten, denselben alsobalden ergreiffen, und in sichere Verwahrung zubringen befelcht seynd.
§. 5. Wann der Gefangene sodann die Gottslästerung laugnen will, er aber dessen durch einen untadelhafften Zeugen überwisen ist.
Wie auch, wann der Zeug gleich tadelhafft, doch sonsten die vor angezeigten gemeine, oder absonderliche Vermuthungen darneben verhanden: sonderlich wann man in der Nachforschung sichtbare Zeichen: als das verletzte Crucifix: durchstochen, zerschnitten, oder durchschossene Bilder, und dergleichen befinden thäte: solle der Thäter zum Uberfluß mit dem Zeugen, oder Denuncianten confrontirt, und so er dannoch im Laugnen verharret, dem Bey-Urtheil nach, an die peinliche Frag gelegt werden.
§. 6. Die absonderliche Fragstuck können ungefähr in nachfolgenden Puncten bestehen.
Erstlich, ob er nicht (nach Außweisung dessen, was die Denunciation, oder Inquisition mit sich bringt) GOtt gelästert habe?
Andertens, mit was Worten, oder Thaten, welche alle auffs fleißigist zubeobachten.
Drittens, wie offt solches geschehen?
Viertens, an welchen Orth?
Fünfftens, zu welcher Zeit?
Sechstens, wer sonsten dabey gewesen, und es gehört? dise alle zubenennen.
Sibendens, ob ihne niemands abgemahnet habe?
Dann wann ihn die Anhörenden nicht abgemahnet, seynd sie nach gestalt der Sachen, und mit unterlauffenden Umbständen, durch jedes Orths Obrigkeit, wie obgemeldet, zubestraffen.
Achtens, ob er nach beschehener Abmahnung oder Bestraffung gleichwol fortgefahren?
Neuntens, ob er gewist, daß er GOtt hierdurch lästere:
Zehendens, was ihne hierzu bewögt?
Eilfftens, auß was Gemüths-Meinung ers gethan?
§. 7. So nun der Befragte die Gottslästerung bekennet, selbige hernach bestättiget, oder aber durch genugsambe Zeugen überwisen ist, solle er nach Gelegenheit der Umbständ und Schwäre der Gottslästerung, schwärer oder linder gestrafft: Als nemblich, wann es ein vorsetzlich wolbedächtliche Gottslästerung in höchsten Grad ist, mit glüenden Zangen gerissen, Riemen auß seinem Leib geschnitten, zur Richtstatt geschlaipfft, die Hand, welche er etwo hierzu gebraucht, abgehauen, die Gottslästerliche Zungen, so weit sie auß dem Mund zubringen, abgeschnitten, und der Leib lebendig zu Staub und Aschen verbrennet werden.
§. 8. Ist aber die Gottslästerung nicht mit so gar schwären Umbständen beladen, doch aber gleichwol unmittelbar wider GOtt und dessen reineste Mutter, oder andere Heiligen, entweder mit unehrlichen schmählichen Worten, oder Thaten beschehen: so soll der Gottslästerer durch das Schwerdt vom Leben zum Todt gerichtet, ihme aber vorhero die Zungen, Hand, oder das jenige Glid, dessen er sich zur Gottslästerung bedient, außgeschnitten, und abgehauet werden.[Seite: 688]
§. 9. Die Straff deß gemeinen Fluchens, oder Gottslästern betreffend, wollen Wir, daß nemblich die gemeinen Leuth, wann sie zum erstenmal ergriffen worden, in Gefängnuß mit Wasser und Brodt, auff acht Tag, oder aber so lang in Band und Eysen zur offentlichen Arbeit angehalten: Zum andertenmal an das Holtz (so man insgemein Creutz nennet) oder Halßeysen: Zum drittenmal drey Tag lang nacheinander, an den Pranger gestellet, und das Verbrechen ihme Schrifftlich an die Brust gehefft: Dann zum viertenmal, wo kein Besserung zuhoffen, und die Flüch der Gottslästerung wolbedächtig beschehen, nach vorhergehender Durchbrennung, oder auch gar Außschneidung der Zungen, deß Lands verwisen: Das gemeine Schwören aber solle von jedes Orths Obrigkeit nach gestalt der Sachen, in gebührende Straff gezogen werden.
Die Adelichen und höhern Stands-Persohnen aber, nach dem sie vorhero davon alles Ernsts, und mit scharffen Verweiß abgemahnet, vors Erste auff acht Taglang in den Hauß-Arrest verschafft: Das andertemal ihrer Dienst beurlaubt: Das drittemal am Leib mit würcklicher Gefängnuß, oder in andere schärffere Weeg nach Beschaffenheit deß Verbrechens abgestrafft werden.
§. 10. Die Umbständ so die Gottslästerungen schwärer machen seynd:
Erstlich, wann die Gottslästerungen nicht gleich auff einmal, sondern zu unterschidlichen Zeiten wohlbedächtlich beschehen:
Andertens, wann es einer offt thut, und macht ein Gewohnheit darauß:
Drittens, wann einer über vorhergangene Abmahnungen gleichwol im Lästern fortfahret:
Viertens, wann es mit fleiß erdachte und gar sonderbahre außgesuchte Gotts-Schändungen seyn, oder mit absonderlichen Frevel, oder Vermessenheit beschehen:
Fünfftens, wann einer GOtt lästert, der in grossen Ansehen, und groß geachtet ist, dann er gibt hierdurch desto grössere Aergernuß:
Sechstens, wann sie an einem Orth beschehen, wo das Gottslästern nicht also im bösen Brauch ist, daß man also durch ein scharffes Exempel, der bösen Nachfolg vorkommen muß.
Sibendens, die Juden, und dergleichen leichtfertige, lasterhaffte Leuth, sollen auch schärffer als andere gestrafft werden:
Achtens, wie dann auch die Gottslästerung, so mit der That beschiehet, schwärer ist, als die Lästerung der Zungen.
§. 11. Hingegen erleichtert die Straff dieses:
Erstlich, wann einer die Lästerung alsobalden bereuet, und widerruffet:
Andertens, wann einer Läster-Wort außspricht in einer frembden Sprach, deren er nicht kundig ist, und nicht weiß, was die Wort in sich haben:
Drittens, die jenige, so keinen, oder weniger Verstand haben, sollen allein nach dem, als ihr Alter und Verstand mit sich bringt, gestrafft werden.
Viertens, die Trunckenheit und Zorn entschuldigen in diesem Laster zwar keinen; jedoch können dergleichen nach Beschaffenheit der Sachen ein Milderung nach sich ziehen:
Wie dann auch sonsten in diesem abscheulichen Laster keine blosse Entschuldigungen gelten, sondern in denen schwärern die Landgerichts-Herren auffs schärffiste, in denen geringern aber jedes Orths Obrigkeit der Gebühr nach mit Straff verfahren sollen; damit GOtt der Allmächtige die nachläßigen Obrigkeiten, und das gantze Land auß billichen Zorn nicht selbsten straffe.
Wer Zauberey treibt, ist Landgerichtlich zubestraffen.
§. 1. Die Anzeigungen zur Nachforschung seynd ungefährlich diese:
Erstlich, wann ein Zauberer, oder Zauberin auff die andere bekennet, und dessen glaubwürdige Vermuthungen und Wahrzeichen vorbringet:
Andertens, wann die gemeine Inzücht über ein Persohn, daß sie den Leuthen und Vieh schade, der Schaden auch am Tag, die verdachte Persohn auch darnach beschaffen, daß man sich dergleichen zu ihr versehen mag.
Drittens, wann unterschidlich unverdächtige Leuth außsagen, daß sie mit verbottenen Künsten und Wahrsagen umbgangen.
§. 2. Wann nun in dem Nachforschen herauß kombt, daß sich die That, der Schaden und andere Umbständ, derentwegen sie beschreyt worden, in der Warheit also befunden, mag der Richter ein solche verdächtige Persohn gar wol gefänglich einziehen; doch muß er dabey zugleich in acht nehmen.
Erstlich, daß er alsobald mit der Einziehung, ihre Kleyder, Hauß und Wohnung durchsuchen, und sehen lasse: ob sie nicht Zauberische Sachen, als Oel, Salben, schädliche Pulver, Büchsen, Häfen mit Unzifer angefüllt, Menschen-Beiner, zauberische Waxliechtl, oder Wäxene- mit Nadl durchstochene Bildl, Hostien, Crystallen, Wahrsag-Spiegl, Verbindnuß-Brieffl vom bösen Feind, Zauberkunst-Büchl, und dergleichen umb und bey sich hat. [Seite: 689]
Andertens, findet er dergleichen, kan er weiter gehen, und die Persohn durch den Scharffrichter am Leib besuchen und sehen lassen, ob sie nicht an heimblichen Orthen verborgene Sachen, oder sonsten wahre Teufels-Zeichen an ihrem Leib habe?
§. 3. Erstlich, wann sich nun dergleichen Sachen, oder Zeichen im Hauß, oder am Leib befinden.
Andertens, wann der Beweiß da ist, daß sie sich anderen Zauberey zulernen erbotten.
Drittens, oder jemands zubezaubern betrohet, und dem betroheten dergleichen beschiht.
Viertens, auch sonderliche Gemeinschafft mit dergleichen Zaubers-Leuthen hat.
Fünfftens, oder mit solch verdächtigen Dingen, Gebärden, Worten und Weesen umbgehet, welche Zauberey auff sich tragen, und diese Persohn desselben sonsten berüchtiget ist.
Sechstens, oder die Persohn zu Nachts, zu gewissen Zeiten bey versperrter Thür bey Hauß nicht anzutreffen, und ihr hingegen nicht zuerweisen wäre, wo sie sonsten umb selbige Zeit gewesen.
Alsdann kan der Land-Gerichts-Herr über vorgehend eingezogene Erkundigung, ob sich denen einkommenen Anzeigungen nach, in der That alles also befindet, und das darüber geschöpffte Bey-Urtheil, zur peinlichen Frag schreiten, und darbey ungefährlich nachfolgende Fragstuck brauchen.
§. 4. Erstlich, ob sie keine Verbündnuß mit dem bösen Feind habe?
Andertens, welcher Gestalt?
Drittens, wann dieselbe beschehen?
Viertens, auff wie viel Zeit?
Fünfftens, obs Schrifft- oder Mündlich beschehen?
Sechstens, an welchem Orth?
Sibendens, durch was Gelegenheit?
Achtens, ob jemand darbey gewesen?
Neuntens, wo die Verbündnuß seye, oder was sie hievon für ein Warzeichen habe?
Zehendens, was sie hierzu verursacht?
Eilfftens, ob sie Zauberey getrieben?
Zwölfftens, welcher Gestalt, und auff was Weiß?
(Hiebey zumercken, daß man die Persohn vorhero selbsten außsagen lassen solle; wann sie aber über die verhandenen Anzeigungen nichts sagt, sie hierauff umbständiglich fragen muß.)
Dreyzehendens, mit was Worten oder Wercken solches alles beschehen? (wann die Persohn etwas anzeigt, daß sie etwas eingraben oder behalten hätte, daß zu solcher Zauberey dienstlich, soll man darnach suchen, ob man es finde?)
Vierzehendens, wie offt?
Funffzehendens, an was Orthen?
Sechzehendens, wann, oder zu welcher Zeit?
Sibenzehendens, gegen wem? (die unterschiedlichen Persohnen fleißig zubeschreiben, damit man inquiriren kan.)
Achtzehendens, wem sie hierdurch geschadet, und wie sehr?
Neuntzehendens, ob sie der verzauberten Persohn wider helffen könne? (hiebey zumercken, daß allein die jenige Hülff, welche ohne fernere neue Zauberey beschehen kan, zuläßig ist)
Zwanzigstens, von wem sie die Zauberey gelernet? und wie sie darzu kommen? ob sie es nicht widerumb andere gelehret? wem? welcher Gestalt? und was etwa sonsten die Thaten und deren Umbständ für nothwendige Fragen an die Hand geben.
Nach beschehener Aussag, muß sich das Land-Gericht alsobalden eigentlich aller Orthen erkundigen, ob sich die Zeichen und vergrabene oder verborgene Sachen also befinden? auch ob sich die That und der Schaden, so dem Menschen oder Vieh durch Zauberey bekanter massen zugefügt worden, also verhalten? dann auff blosse Bekantnuß, die sich in der That nicht erfindet, ist nicht zubauen. Es soll auch die Erforschung durch das kalte Wasser, als ein ungewiß betrügliches Ding nicht gebraucht werden.
Man soll vor und bey der Erkantnuß wohl in acht nehmen, ob alle bekante Sachen Zauberey auff sich tragen?
Ingleichen, ob darbey ein offentliche Verbündnuß mit dem bösen Feind verhanden?
Oder ob sie es ohne offentliche Verbündnuß von andern, zu dem End, daß sie den Leuthen hierdurch schaden möge, gelernet und getrieben?
Oder, ob sie ohne Schaden ihres Gewinns halber, auß Cristallen, Gläser, Spiegeln und dergleichen, denen Leuthen wahrgesagt?
Oder nur verbottene aberglaubische Seegen gebraucht?
Oder die Leuth auffm Bock, Mantel, und Schiff herbringen können?
§. 5. Nach Beschaffenheit nun eines, oder deß andern Verbrechen, müssen auch die Straffen gerichtet werden.[Seite: 690]
Dann auff rechte Zauberey, sie geschehe mit außdrucklich- oder verstandener Verbündnuß gegen dem bösen Feind, dardurch den Leuthen Schaden zugefügt wird, oder auch auff die jenige, welche neben Verlaugnung deß Christlichen Glaubens sich dem bösen Feind ergeben, mit demselben umbgangen, oder Fleischlich vermischt; ob sie schon sonsten durch Zauberey niemand Schaden zugefügt, gehört die Straff deß Feurs, welche doch auß erheblichen Umbständen, und wann der Schaden nicht groß, bey bußfertigen Leuthen, durch die vorhergehende Enthaubtung gelindert werden kan.
Die Wahrsager, aberglaubische Seegensprecher, und Bockschicker aber mögen nach Erheblichkeit deß Verbrechens zum Schwerdt verurtheilt, oder wann der Schaden und Umbständ nicht gar groß oder bewöglich, mit einem gantzen oder halben Schilling abgefertiget, und zugleich deß Lands verwiesen werden.
Es solle auch jedes Orths Obrigkeit die jenigen, so sich dergleichen Leuth oder Künsten gebrauchen, in gebührende Straffen ziehen.
§. 6. Erstlich, diese Straffen schärfft die etwa vielfältige Boßhafftigkeit.
Andertens, die lange Ubung:
Drittens, der grosse, sonderlich armen Leuthen, der Obrigkeit, Eltern oder Herrn zugefügte Schaden:
Viertens, wann jemands viel andere darzu gebracht, und verführet hat:
Fünfftens, unter die Zauberer gehören auch die jenigen, so ihnen die H. Hostien, sich damit gefrohren zumachen, oder daß sie nicht außsagen sollen können, einheilen.
Dahingegen mildert über die vorige in genere angezeigte Umbständ auch dieses, wann ein Zauberer noch vorhero, ehender er angeklagt und in Verhafft gebracht wird, wahre Buß thut.
Dieweil diese Laster unmittelbahr zu unserer N. O. Regierung Erkantnuß gehören: Als solle sonsten kein Land-Gerichts-Herr, oder Richter, wie der Namen haben, oder sonsten befreyt seyn mag, in dem Laster der beleidigten Majestät, Lands-Verrätherey, Rebellionen, schädlichen Conspirationen, Lands-Fried- Glait-Bruch, ichtwas zuerkennen, oder zusprechen sich anmassen: Sondern wann einer oder mehr in diesem Laster verdächtig ist, den, oder dieselben, alsobald wie er kan und mag, gefänglichen einziehen, unserer Regierung anzeigen, und deroselben auff weitere Verordnung unweigerlich folgen lassen.
§. 1. Ingleichem auch, wann bey denen nachgesetzten Obrigkeiten in Civil- oder Criminal-Processen solche Sachen fürkämen, welche dergleichen Laster auff sich trugen, dieselbe ebenfalls unserer N. O. Regierung mit Ubersändung der Acten berichten. Hieher gehören auch die Müntz-Fälscher unserer Kayserl. und Lands-Fürstl. Müntz wie auch die jenigen, so unsere Kayserl. oder Lands-Fürstl. Insigel nachzustechen sich unterstehen.
Diffidatores, oder Absager:
Ubersteiger unserer Stadt-Mauren.
Auffrührer wider die Lands-Fürstliche Obrigkeit: und dergleichen.
Wer den andern boßhaffter weiß tödtet, und also Menschen-Blut vergüst, dessen Blut soll widerumb vergossen werden.
§. 1. Demnach aber die Todtschläg nicht einerley, indeme etliche boßhaffter: etliche unversehener Weiß beschehen, dann abermahl die boßhafft vorsetzlichen Todtschläg entweder wegen der nahenden Verwandtschafft, oder der darbey fürgehenden allzugrossen Boßhafftigkeit schwärer, und der Straffen halber voneinander unterschieden seynd:
§. 2. Als ist Erstlichen zuwissen, daß, wann jemand ins gemein einen Menschen auß Zorn oder Gähheit umb das Leben bringt, und er auff frischer That ergriffen wird, derselbe obfürgeschriebener massen gefänglich einzuziehen.
§. 3. Wann man aber allein von dem Entleibten, und nicht von dem Thäter weiß, soll der Land-Gerichts-Herr den todten Cörper durch erfahrne Wund-Aertzt beschauen: Benebens alsobald an dem Orth, da die That beschehen, und bey denen jenigen, so es etwa gesehen, fleißig nachforschen, wer etwan solche That gethan haben möchte? auch wann der tödtlich Verwundte noch ein Leben in ihm hat, ihne selbsten umb den wahren Thäter befragen lassen.
§. 4. Wann der Beschädigte auff ein gewisse Persohn außsagt, oder einer, der es vermuthlich möchte gethan haben, fliehen will, oder schon in der Flucht ist.
Item, wann einer an dem Orth, wo die That geschehen, ergriffen, oder jemands blosser Degen, oder andere Waffen daselbst befunden wird. [Seite: 691]
Deßgleichen wann einer von deß Entleibten Sachen, etwas bey sich, oder solches verkaufft hat.
Nicht weniger wann jemand einen todten Cörper heimblich vertuschen, oder vergraben will.
Auß diesen und dergleichen Ursachen soll der Land-Gerichts-Herr einen solchen gefänglich einziehen.
§. 5. Kämen aber auß der eingezogenen Inquisition, alle erstbemeldte, oder hierauß die vornehmbste Indicia, und noch andere gemeine darzu, als daß einer bey fürgangenem Rauff-Handel, und hierauff erfolgten Todtschlag mit dem Entleibten gezanckt, sein Wöhr oder Messer genommen, und auff den Entleibten gestochen, gehauen, oder sonst mit gefährlichen Streichen geschlagen: sonderlich wann man auch deß Verdächtigen Wöhr, Messer, oder Kleider zur beschehenen Entleibung blutig gesehen, oder wann er deß Entleibten Haab genommen, verkaufft, hinweg geben, oder noch bey ihm hätte: und solchen Verdacht mit glaublichen Gegenanzeig- und Beweisungen nicht ableinen könte, soll der Richter zur peinlichen Frag schreiten, und ihn nach den gemeinen Fragstucken ungefähr auff nachfolgende Puncten befragen:
§. 6. Erstlich, ob er nicht diesen Todtschlag begangen?
Andertens, welcher Gestalt es beschehen, von Anfang biß zu dem End zuerzehlen?
Drittens, an welchem Orth?
Viertens, zu welcher Zeit, Tag und Stund?
Fünfftens, mit was Mittel und Waffen?
Sechstens, was ihn zu dieser That bewogen?
Sibendens, ob ihme jemands darzu geholffen?
Achtens, wer derselbe gewesen? wie er heisse? und wo er sich auffhalte?
Neuntens, wo er den Todten hingethan, oder vergraben?
Zehendens, was der Entleibte von Geld, oder andern Sachen bey sich sich gehabt?
Eilfftens, was er ihme genommen?
Zwölfftens, wo er solches hingethan?
Dreyzehendens, wie theur ers verkaufft, oder wohin verborgen habe?
Vierzehendens, ob er nicht mehr Todtschläg begangen?
§. 7. Wofern der Befragte bekennet, oder überwiesen ist; so folgt das Urtheil und Straff: die ist In gemeinen Todtschlägen, das Schwerdt; doch hat es dabey viel Absätz, indeme nemblich bißweilen ein Todtschlag gar nicht, bißweilen nicht am Leben, bißweilen auch schärffer als durch das Schwerdt zustraffen ist.
§. 8. Die Todtschläg, welche gar nicht gestrafft werden, seynd vornemlich diese.
Erstlich, welcher einen andern auß rechter Nothwöhr umbbringt, und solches beweist, der ist unsträfflich: was aber ein rechte Nothwöhr seye, folgt im hernachfolgenden Artickel.
Andertens, ingleichem ein unsinniger Mensch: oder ein Kind unter zehen Jahren, es wurde dann ein absonderliche Boßhafftigkeit dabey verspührt.
Drittens, wann sich einer der Obrigkeit, die ihne auß rechtmäßigen Ursachen gefänglich einziehen lassen will, gewaltthätig widersetzt, und darüber erschlagen wird.
Viertens, der einen Nachtdieb, so sich zur Wöhr stellet, umbbringt.
Fünfftens, wann ein Ehemann einen Ehebrecher, den er bey seinem Weib im Ehebruch ergreifft, oder das Weib in der That, auff solche Weiß, wie es die gemeinen Rechten zulassen, umbbringt.
Sechstens, wann einer zu Rettung eines andern Leib oder Lebens jemanden erschlägt, und sonsten der Angegriffene anderer Gestalt nicht wohl hätte errettet werden können:
Sibendens, so in Bauen, oder andern Fällen ein Mensch über gethane Warnung unter den Wurff gangen, und ungefähr daselbst umbkommen.
Achtens, so einer den andern in zugelassenen Ritterspielen oder Fechtschulen umbbrächte.
§. 9. Die gemeine Todtschläg, so nicht die Lebens, sondern andere Straffen auff sich tragen, seynd die jenigen, bey welchen ein oder mehrere in den Rechten gegründete Milderungs-Umbständ sich befinden.
Als nemblich:
Erstlich wann ein Todtschlag ohne boßhafften Fürsatz, und wider deß Thäters Willen beschiht.
Andertens, die übermäßig und allzugrosse Trunckenheit, so dem Thäter ungefehr zugestanden.
Drittens, die unleidentliche Schmächwort, so den Thäter zum billichen Zorn angetrieben.
Viertens, wann sich einer selbsten bey der Obrigkeit angibt.
Fünfftens, wann ein Vatter seinen Sohn, der sonsten kein verwegener böser Mensch ist, wegen eines Todtschlags, auß Lieb der Gerechtigkeit dem Richter selbsten übergibt. [Seite: 692]
Sechstens, wann einer seine Mitthäter der Obrigkeit anzeigt, und zur Gefängnuß bringt.
Sibendens, wann ein Vatter seine Tochter in würcklichem Ehebruch ergriffe, und solche an der Stell umbbrächte.
Dahingegen werden die Todtschläg
beschwärt.
§. 10. Erstlich, durch den leichtfertig boßhafften Vorsatz:
Andertens, durch die Unbarmhertzigkeit:
Drittens, durch die boßhafftige arglistige und erfundene vollbrachte weiß deß Todtschlags.
Viertens, wann die umbgebrachte Persohn eines hohen Stands ist.
Fünfftens, wann einer seinen eignen Herrn, Frau, oder andere Persohnen, so ihme Gutthat und Treu erzeigt haben; oder jemand unter dem Schein der Freundschafft umbbringt, etc.
In diesen und dergleichen Fällen soll es nicht bey der ordinari-Straff deß Schwerdts verbleiben, sondern dieselbe mit vorhergehenden Leibs-Straffen, als mit Zangen reissen, Handabhauen und schlaipffen vermehrt, oder aber der Thäter an statt deß Schwerdts, Geviertheilt, oder mit dem Rad hingerichtet werden.
§. 11. Ein absonderlich schwärer Todtschlag ist auch der jenige, wann ein Bettler unter dem Schein deß begehrenden Allmosen, oder auff andere Weiß die raisenden Leuth ermordet, oder ein Würth die Gäst grausamblich erwürget, und etwa noch darzu andern Gästen verspeiset: Dergleichen Mörder sollen Geviertheilt, oder Geradbrecht, vorhero auch, nach Gestalt der Umbständ mit Zangen gezwickt, oder Riemen auß ihnen geschnitten werden.
§. 12. Wan jemand einen bösen Vorsatz hat, einen umb das Leben zubringen, daran aber durch andere verhindert wird, der solle mit einer extra-ordinari Straff belegt: Da aber einer auß lang bedachtem Vorsatz jemanden fürgewartet, denselben würcklich angegriffen, und seiner Seits an Verbringung der Mordthat nichts hätte erwinden lassen; ob gleich der Todt deß Angegriffenen hierauff nicht erfolgt, der solle nichts desto weniger mit dem Schwerdt, von dem Leben zum Todt hingerichtet werden.
§. 13. Was anlangt die Verwundungen, und andere freventliche Gewaltthätigkeiten, die ohne Todtschlag beschehen, wollen Wir zu Abschneidung vieler Strittigkeiten, so sich derenthalben zwischen Land-Gerichts- Grund- und Dorff- oder Marckt-Obrigkeiten, ins künfftig ereignen möchten, daß es damit folgender Gestalt gehalten werde:
Erstlichen, wann jemand mit einer verbottenen Wöhr, als Degen, Spieß, Hacken, Stecken, oder Prügel verwundt, oder verletzt: auch solche Verwund- oder Verletzung durch beeydigte Bäder und Wund-Aertzt für tödtlich erkennet wurde; solle allein die Landgerichts-Obrigkeit hierinnen, was recht ist zuhandlen, der Thäter auch unverzogentlich auff Maß und Weiß, wie oben von Liferung der Thäter geordnet, in das Land-Gericht geliffert werden.
Andertens, da aber die Verwund- und Verletzung nicht für tödtlich erkennet wurde, ob sich gleich selbige unter, oder ausser deß Dachtropffen zugetragen hätte, solle in diesem Fall, wie auch in andern gemeinen Schlägereyen und Rauff-Händlen, wo kein tödtliche Verletzung beschiht, die Marckt- oder Dorff-Obrigkeit (zum Fall kein Kläger verhanden) die gebührende Straff (doch nicht an Geld) nach Beschaffenheit der Sachen und Umbständ, gegen dem Verbrecher von Ambts wegen vornehmen, und wann der Verbrecher in deß Grund-Herrn, oder anderer Obrigkeit Händen und Gewalt sich befindet, selbige der Marckt- oder Dorff-Obrigkeit alsobalden geliffert werden. Wo aber ein Kläger verhanden, demselben nach Befund der Sachen dermassen Außrichtung thun, damit ihme, neben Abtrag aller Kosten, Schäden und Versaumbnuß, durch den Beklagten ein sattsambes Benügen beschehe: Der Thäter auch noch darzu, und zwar, da er Armuth halber dem Kläger die verursachte Unkosten, Schäden und Versaumbnuß nicht erstatten könte, oder auch sonsten mehrers in dergleichen wäre betretten worden, schärffer gestrafft werden.
Drittens, jedoch wollen Wir dieses von denen Verletzungen, so durch Schüssen, Messer- und Stillet-Stich, und andere verbottene Wöhren sich zutragen, und aller Vermuthung nach, auß Mörderischem Vorsatz beschehen, sie werden gleich tödtlich, oder nicht erkennet, keines weegs verstanden: sondern hierinnen ohne Mittel, denen Land-Gerichts-Obrigkeiten die Erkantnuß und Bestraffung allein vorbehalten haben.
Viertens, wie dann auch ein Diener freventlicher Weiß (ohne und ausser der Nothwöhr) über seinen Herrn die Wöhr, oder Büchsen ruckete, oder gar Hand an ihne legte, selbigen verwundete, oder sonsten übel tractirte, solle die Landgerichts-Obrigkeit gegen einem solchen Verbrecher, auff vorhergehende Erkantnuß mit geziemender Bestraffung, als Gefängnuß, Stellung an den Pranger, Anhaltung zur Arbeit in Band und Eysen, oder auch gar (da die Verletzung groß und schmählich) mit Abhauung der rechten Hand verfahren, und dieses solle auch von den Weibs-Persohnen und Dienst-Menschern, so sich in obbenenten Fällen wider ihre Frauen sträfflich verhalten, verstanden werden.[Seite: 693]
Zu einer rechtmäßig zugelassenen Nothwöhr, wird fürnemblich erfordert: daß
§. 1. Erstlich, der jenige, so sich dero in Rechten bedienen will, von seinem Gegentheil mit tödlichen Waffen, oder andern Lebensgefährlichen Instrumenten angefochten, überloffen, oder geschlagen, und also zur Gegenwöhr seye benöthiget worden.
Andertens, daß er sein Leib, Leben, Ehr, oder guten Leümuth weder mit der Flucht, noch auff eine andere fürträgliche Weiß habe retten können: sondern gezwungen- und getrungener seinen Feind, mit der, damals zur Hand gestandenen Wöhr habe umbbringen, und also sein Leib, Leben, Ehr und guten Leümuth erhalten müssen: und ist ein solcher benöthigter, mit seiner Gegenwöhr, biß er geschlagen wird, zuwarten nicht schuldig.
Drittens, daß es gleich an dem Orth, oder Platz von stund an, und nicht etwo über ein merckliche Zeit hernach beschehe.
§. 2. Ein solcher, da er dergleichen Nothwöhr wie recht, und in dieser unserer peinlichen Landgerichts-Ordnung Art. 12. vorgesehen ist, in der ihme aufferlegten Purgation außfindig machet, und erweiset, ist von aller Straff ledig, und müßig zuerkennen.
§. 3. Und hat dieses nicht allein statt, wann ein Mann gegen einem Mann, oder ein Mann gegen einem bösen gefährlich bewaffneten Weib sich einer Nothwöhr zugebrauchen, sondern auch, da einer seiner Befreundten, oder sonsten ehrlicher Leuth Leben zuretten verursacht wurde.
§. 4. Dieweilen aber obbenente, zu einer rechten Nothwöhr gehörige Stuck, wegen entstehender Verwirrung der hitzig- und zornigen Gemüther bey denen Todtschlägen gar selten alle beobachtet, sondern je zuweilen mercklich überschritten, oder von dem Thäter nicht können bewisen werden, daß also dem Richter billich schwär fallet, wie er sich, bevorab wann die Nothwöhr überschritten wird, zuverhalten;
Als ist vor allen Dingen wegen der Uberschreittung in acht zunehmen: ob der Entleibte, oder der Beschuldigte den ersten feindlichen Angriff gethan habe? Dann so der Beschuldigte den Umbgebrachten erstlich angefallen, und allererst im wehrenden Kampff zur Gegenwöhr wäre getrungen worden, kan ihme die vorgeschutzte Nothwöhr, wann er seinen Gegentheil entleibet, nichts fürtragen, sondern er ist als ein Todtschläger mit dem Schwerdt zubestraffen.
§. 5. Ein anders wäre, wann der Entleibte den Beschuldigten mit tödlichen Waffen, oder sonsten feindlich angetastet, und also den Anfang deß Streits gemacht hätte: dann in diesem Fall, obschon der Beschuldigte nicht alles das jenige, was Wir Anfangs zu einer rechtmäßigen Nothwöhr erfordern, beobachtet, sondern dieselbe (bevorab wann ihme der abgeleibte Gegentheil an Stärcke, Keck- und Geschwindigkeit so weit überlegen wäre, daß er ihme mit einem Degen, Messer, oder andern Waffen, kaum so viel als der andere mit der Faust, oder einem Stecken außzurichten getrauete) in etwas überschritten, und gegen dem Benöthigten sich ungleicher Wöhr und Waffen, oder andern Vortheils gebraucht hätte: solle der Richter ohne abgefordertes Gutbeduncken der Rechtsverständigen, niemahls mit der Todt-Straff vorbey gehen, sondern je und allezeit, nach Maaß und Weiß der überschrittenen Nothwöhr, ein schärffere oder lindere extraordinari Straff erwöhlen; und solches, wann bekantlich, daß der Entleibte den tödtlichen Angriff gethan.
Indem es aber an Beweißthumb einer rechtschaffenen Nothwöhr, bevorab wann ein Todschlag bey der Nacht, oder an End und Orthen, allwo niemand zugegen gewesen, geschicht, denen Beschuldigten vielmahls ermangelt, und sie also weder die Benöthigung, noch ihre gethane Nothwöhr, umb besagter Ursach willen beweisen können, und nichts destominder einer Nothwöhr berühmen, ligt einem Richter ob, anzusehen, den guten und bösen Stand beeder Persohnen: Das Orth, da der Todtschlag geschehen ist: auch was jeder für Wunden und Wöhren gehabt, und wie sich jeder Theil in dergleichen Fällen vor und nach der That gehalten habe: welcher Theil auch auß vorgehenden Geschichten, mehr Glaubens, Ursach, Bewegung, Vortheil, oder Nutz haben mögen, den andern an dem Orth, wo der Todtschlag geschehen, zu erschlagen, oder zubenöthigen, etc. darauß dann ein verständiger Richter ermessen kan, ob der fürgewendten Nothwöhr zuglauben sey oder nicht.
§. 7. Wann nun so starcke Vermuthungen verhanden, welche dem Richter, der vorgeschutzten Nothwöhr Glauben zugeben bewegten, solle er nach beschehener Purgation abermahls willkürlich verfahren, oder aber, da die Vermuthungen einer halben Weisung gleich wären, dem Thäter zu Ersetzung deß völligen Beweißthumbs den Eyd aufferlegen, auch nach gelaistem Eyd denselben allein gegen Erlegung deß Gerichts-Unkosten (wann der Thäter denselben vermag) gäntzlich ledig sprechen.
§. 8. Zum Fall aber die Vermuthungen wider den Thäter sehr groß, und derselbe sonsten auch ein Fridhäßig- greinerisch- und auffrührische Persohn wäre, zudeme man sich [Seite: 694] eines vorgenommenen Mords versehen könte, er aber in der Güte die That nicht bekennen wolte, kan der Richter bey solcher Beschaffenheit, weder die ordentliche Todts- noch ein willkürliche Leib- oder Guts-Straff fürkehren, sondern solle zu Erkundigung der Warheit, auff geschöpfftes Bey-Urtheil den Thäter peinlich fragen.
§. 9. Erstlich, ob er den Entleibten zuvor gekennet?
Andertens, wie lang, und von welcher Zeit an?
Drittens, ob sie miteinander zuthun gehabt, gehandlet, oder gewandlet, soll es alles erzehlen?
Viertens, ob sie unter wehrender Bekantschafft, oder sonsten vor dem Todtschlag sich niemal miteinander zerkriegt? Sagt er: sie hätten sich zerkriegt;
Fünfftens, auß was Ursach?
Sechstens, wie lang sie in Unwillen gelebt?
Sibendens, wie sie endlich an, und voneinander gerathen?
Achtens, an was für einem Orth?
Neuntens, zu was Stund und Zeit?
Sagt er: bey der Nacht.
Zehendens, ob die Nacht sehr finster, oder dunckel gewesen?
Eilfftens, ob er den Entleibten sehen und erkennen können?
Zwölfftens, ob der Anlauffende damals geredt, geschryen, oder stillschweigend ihne angetast? Wann er geredt?
Dreyzehendens, was für Wort?
Vierzehendens, was er ihm hierauff geantwortet?
Funffzehendens, wie lang das Wortwechseln gewähret?
Sechzehendens, ob er schon mit entblöster Wöhr über ihn kommen, oder ob er erst alldorten die Wöhr außgezogen?
Sibenzehendens, ob beede, einer, oder keiner auß ihnen bezecht gewesen?
Achtzehendens, ob er seinem Gegentheil nicht füglich hätte entweichen können? oder durch geringere Verletzung?
Sagt er: nein;
Neunzehendens, auß was Ursachen?
Sagt er: ja, er hätte weichen können.
Zwantzigstens, warumben ers nicht gethan?
Ein und zwantzigstens, wer den ersten Streich, oder Stoß gethan?
Zwey und zwantzigstens, wohin?
Drey und zwantzigstens, ob er gemerckt, daß der tödtlich Stich oder Hüb so übel gerathen?
Vier und zwantzigsten, ob er denselben mit fleiß an das tödtliche Orth geführt, und dahin zurichten verlanget?
Fünff und zwantzigstens, ob damals gar niemand auff der Gassen gewesen, oder zu den Fenstern außgeschauet?
Solle dieselbige, oder solche Häuser benennen.
Sechs und zwantzigistens, wann der Entleibte Gefallen?
Siben und zwantzigistens, ob er ligen bliben, und noch lebendig gewesen sey? ob er ihn noch darüber weiter verletzt habe? oder, ob er noch weiter gehen können, oder alsbalden gestorben?
Acht und zwantzigistens, wie er eins, oder das andere wisse?
Neun und zwantzigistens, wo er sich alsdan hinbegeben?
Und also von allen andern Umbständen, welche sich bey den Todtschlägen sehr unterschidlich ereignen, und alle an die Hand zugeben unmöglich ist, solle ein Richter ordentliche Fragstuck stellen.
§. 10. Kan man nun auß seiner Außsag abnehmen, daß er dem Entleibten nachstellig, und also ein fürsetzlicher Todtschläger gewesen, solle er nach ordentlicher Bestättigung der Bekantnuß, zum Schwerdt verurtheilt: blibe er aber über außgestandene Tortur bey seiner vorgeschutzten Nothwöhr beständig, ledig gesprochen werden.
§. 11. Sonsten wird insgemein die Nothwöhr nicht für erheblich geachtet in folgenden Fällen.
Erstlich, wann einer von jemand ohne Gefahr deß Lebens geschlagen, oder angetastet wurde, als da einer den andern (zum Exempel) mit einer Hand schluge, oder bey dem Haar rauffete, und der also geschlagen oder gerauffte erwürgete seinen Gegentheil mit einem Messer, oder andern Waffen, der möchte sich keiner rechten Nothwöhr bedienen: Es wäre dann, daß der Stärcker den Schwachen also hart mit Fäusten schluge, und nicht nachlassen wolte; derentwegen der Schwache auß redlichen Ursachen besorgen möchte, daß er ihn zu todt schlug. In welchen Fall wann der Schwache den Nöthiger durch Gebrauchung der Waffen entleibt, und solche gefährliche Benöthigung genugsamb beweisen möchte, [Seite: 695] wird er dardurch auch, als für ein Nothwöhr entschuldiget; jedoch soll der Richter hierinnen einen Unterschied der Persohnen, deroselben Stands, höhern Würden und Ehren halten.
Andertens, so einer den jenigen, der ihme allein mit Worten tröhlich, oder sonsten nur argwöhnisch gewesen wäre, umbbrächte.
Drittens, welcher seinen fliehenden, oder allbereit Wöhrloß gemachten Gegentheil entleibte: ausser wann derselbe sich zu seinem bessern Vortheil in die Flucht begäbe, oder alsobalden zu einer andern Wöhr kommen könte.
Viertens, wann nach dem Grein-Handel bereits eine geraume Zeit, als etwo ein, oder mehr Stund, oder Tag verflossen, und doch gleichwol der anfangs Beleydigte den Beleydiger von neuen hernach angreifft, und hinrichtet.
Fünfftens, wann nach beschehenem Angriff und gestilten Zanck beede Theil von einander gebracht, und die Sachen verglichen worden; jedoch hernach über ein Zeit (die seye nun kurtz oder lang) der anfangs Beleydigte seinen vorigen Gegentheil umbs Leben bringt.
In jetzt erwehnten Fällen, soll man den Thäter mit der ordentlichen Lebens-Straff, oder nach gestalt der hinzukommenden Umbständen mit einer scharffen extra-ordinari Straff belegen.
§. 12. Dahingegen wird die Straff gelindert, wann Erstlich, ein grosse Beleydigung vorhergangen, und also allein die Maaß der gebrauchten Gegenwöhr nicht gehalten worden.
Andertens, wann der Thäter ein Adeliche, oder Rittermäßige Persohn wäre, ob er sich gleich mit der Flucht hätte erretten können.
Drittens, wann ein Weib einen Mann, der sie an Ehren, Leib und Leben angegriffen, umbbringt, da sie sich doch vor der Gefahr, wol auff andere Weiß hätte retten können.
Viertens, da einer im wehrenden Streit einen andern, als den Retter, oder aber sonsten einen, der ihme an seiner Nothwöhr verhinderlich wäre, entleibte; und noch in vielen andern Fällen, so alle beyzubringen unmöglich, sondern einen vernünfftigen Richter, wie auch denen Rechtsverständigen anheimb gestellet seyn.
Wie es mit Bestraffung eines solchen Todschlags solle gehalten werden, darbey sich unterschiedliche Persohnen befunden, ist auß nachfolgenden Rechts-Fällen abzunehmen.
§. 1. Der erste, wann etliche Persohnen mit vereinigten bösen Vorsatz und Willen jemand zuermorden, einander Hülff und Beystand laisten, haben sie alle das Leben verwürckt, obschon an dem Entleibten nur ein eintzige Wunden, und der recht eigentliche Thäter offenbahr wäre, oder nicht: Item, ob sie gleich alle, oder nur etliche darvon auff den Entleibten zugeschlagen, oder ihne verwundet hätten.
§. 2. So aber für das Anderte, etliche Persohnen sich ungefähr in einem Rauff-Handel beysammen gefunden, einander geholffen, und jemand also ohne genugsambe Ursach umbgebracht hätten, und man den rechten Thäter weiß, von dessen Händen die Entleibung geschehen, der solle als ein Todtschläger mit dem Schwerdt zum Todt, die übrigen aber nach Richterlicher Mäßigung gestrafft werden.
§. 3. Wäre aber Drittens, in einer gählingen Auffruhr, oder Greinhandel der Entleibte wissentlich durch mehr dann einen tödtlich geschlagen, geworffen, und verwundt worden, und man könte nicht beweißlich machen, von welcher sonderlichen Hand und That er gestorben wäre, so seynd dieselbe, welche die tödtliche Verletzung (wie obstehet) gethan haben, alle als Todtschläger vorgemelter massen am Leben, die übrigen aber, so dem Entleibten keinen tödlichen Streich zugefügt, nach Gutbeduncken deß Land-Gerichts zubestraffen.
§. 4. Ferners und zum Vierten, wann in einer Auffruhr und Schlägerey einer entleibt wird, und man über allen angewendten Fleiß keinen wissen möchte, der ihn also gefährlich und tödlich verletzt hätte.
§. 5. Ingleichen, wann in einem unversehens entstandenen Grein-Handel ihrer etliche, oder viel, einen verwundt: und ob zwar ein jedwedere Wunden besonder nicht tödtlich gewesen, jedoch alle zusammen dem Beschädigten den Todt verursacht haben.
§. 6. Nicht weniger, wann man den rechten Thäter nicht erkundigen kan, ob alsdan, und in beeden hievor gesetzten Fällen, wider den Urheber und Anfänger deß Grein-Handels die ordinari Straff deß Schwerdts vorzunehmen seye, oder nicht?
Sollen die Urtheilsprecher mit Eröffnung aller Umbständ, so viel sie erfahren können, sich Raths erhollen. [Seite: 696]
Welcher seinen leiblichen Vatter oder Mutter, Großvatter, oder Großmutter, und weiters in dem Grad hinauff Verwandte, boßhafftig tödtet, er seye gleich in- oder ausser deß Ehestands von ihnen erzogen worden, der begehet einen Vatter-Mord: und ist ein gleichmäßige Missethat, wann Vatter, oder Mutter ihre Kinder, auch Eheleuth einander umbbringen.
§. 1. Was nun die Inquisition, Einziehung und Befragung deß Thäters antrifft, kan solches alles, wie bey dem gemeinen Todschlag angezogen, vollführt werden.
§. 2. Die Straff einer solchen abscheulichen Mordthat ist insgemein das Radbrechen, entweder von unten auff, oder oben herab, nach Beschaffenheit deß Verbrechens, oder Nähe der Freundschafft: es kan auch ein gar boßhafftig, oder grausambe vorsetzliche Vatter-Mord, durch das Viertheilen abgestrafft werden.
§. 3. Dahingegen wird die Straff in etwas geringert, wann die hie oben bey denen Todschlägen zur Milderung angedeute milderende Umbständ darzu kommen.
§. 4. Der Mord zwischen Stieff-Vatter, oder Stieff-Mutter, wie auch gegen Stieff-Kindern, ingleichen zwischen Schwäher und Schwiger, gegen Schnur und Ayden, dann auch zwischen den Geschwistrigten, nicht weniger eines Ziech-Vatters von seinem Ziech-Kind, oder den er an Kindsstatt angenommen, ist zwar mit dem Todt zubestraffen, jedoch etwas linder: Dann wann nicht schwäre Umbständ mit unterlauffen, sollen dergleichen Ubelthäter vor dem Radbrechen mit dem Schwerdt hingerichtet, oder auch etwo ihnen neben dem Kopff die Hand abgeschlagen werden.
§. 5. Mit Braut-Persohnen, so noch nicht würcklich zusammen geben worden, leydet es auch fast gemelte Linderung: Deßgleichen wann einer in Mainung einen andern zu tödten, ein verwandte Persohn umbgebracht hätte.
§. 6. Wann ein Vatter, oder Mutter ihr Kind, oder der Mann das Weib zustraffen willens, und die Maß überschritten, daß von derselben Bestraffung das Kind, oder Weib umbs Leben kombt.
Und dann, wann etwan auß Unachtsamkeit und Nachläßigkeit im Beth das Kind von denen Eltern erstickt wurde: In solchen Fällen soll man den Thäter nicht leichtlich am Leben, sondern nach gestalt der Sachen und Umbständen extra ordinariè bestraffen.
§. 7. Wann die That nicht gar vollbracht, so ist wol zuerwögen, ob der Thäter wider seinen Willen verhindert, oder freywillig nachgelassen, ob er nahe zu der That kommen, oder nicht? Item, ob grosser unwiderbringlicher Schaden darauß entsprungen, und nach Befund der Sachen, dergleichen Thäter mit zeitlich- oder ewiger Landgerichts-Verweisung, sambt einen halben, oder gantzen Schilling: Item, Abhauung der Hand, und nach Schwäre der Umbständ gar wohl mit dem Schwerdt zubestraffen.
§. 8. So hat auch die ordinari Straff nicht statt, wann man nicht eigentlich weiß, ob der jenige, der ein Kind umbgebracht, der rechte Vatter sey, oder nicht: nemblich wann das Kind von einem solchen Weibsbild herkommen, so einem jedwedern zu Willen worden.
§. 9. Die Umbständ, so diese an sich selbst grosse Laster, und die darauff gehörige Straff schwärer machen, stimmen mit denen überein, welche theils im nechst vorgehenden, theils aber im nachfolgenden Artickel eingeführt werden: als da seynd, die öffters widerholte That, grausamb und auff besondere Weiß dem Entleibten angethane Marter, und sonsten darneben noch andere begangene grobe Missethaten.
§. 10. Wann die Kinder sich an ihren Eltern, mit Stössen, Schlägen, oder sonsten ungebührend vergreiffen, so ist denen Eltern selbsten die gezimmende Bestraffung zugelassen, daß sie aber dieselbig der Obrigkeit anheimbs stellen wollen, so seynd dergleichen boßhaffte Kinder, nach Beschaffenheit der That und Umbständ mit harter Gefängnuß, Arbeit in Eysen und Banden, oder sonsten würcklich, auch wol gar nach Schwäre deß Verbrechens, und öffterer Verwürckung mit Abhauung der Hand zubestraffen.
Zum Fall aber die Eltern entweder wegen ihres Alters, oder Schwachheit die Straff selbst nicht vornehmen könten, oder auch ihrer Waichmüttigkeit und Nachhängung halber dem Richter nicht anzeigen wolten: solle in denen geringern Fällen jedes Orths Obrigkeit, in den schwärern aber das Land-Gericht von Ambts wegen die gebührende Straff fürnehmen.
Ob zwar unter nechst vorgehendem Artickel von dem Vatter-Mord in allweeg auch die Mütter begriffen, welche ihre leibliche Kinder entweders in oder gleich nach der Geburt deß Lebens zuberauben, und heimblich zu verthuen sich vermessen: weilen aber viel unterschidliche nothwendige Puncten in dem gantzen Process dieses Lasters wohl zumercken, so haben Wir zu besserer Nachricht solche in einem besondern Artickel zuverfassen für nothwendig befunden. [Seite: 697]
§. 1. Wann ein ledige Persohn, die für ein Jungfrau gehet, in Verdacht wäre, daß sie heimblich ein Kind gehabt, und ertödtet, soll ein Landgerichts-Herr sonderlich erkundigen.
Erstlichen, ob sie mit einem grossen ungewöhnlichen Leib gesehen?
Andertens, ob ihr der Leib kleiner worden?
Drittens, und sie bleich und schwach gewest seye?
§. 2. Da nun solches und dergleichen erfunden wird, dieselbige Persohn auch also beschaffen ist, gegen der man sich der vorgebenen That versehen mag: soll sie in Verhafft genommen, durch verständige Frauen (so viel zu weiterer Erfahrung dienstlich ist) besichtiget, und auff befundene fernere Vermuthung, wann sie die That darnach nicht bekennen wolte, peinlich befragt werden.
Doch daß besagte Frauen, oder Hebamen mit Anzeigung der Ursachen Eydlich außgesagt: die Besichtigte seye dergestalt beschaffen, daß sie warhafftig gebohren haben müsse.
§. 3. Wann auch ein Kindlein vorkombt, so kürtzlich ertödtet worden, und in selbiger Nachbarschafft ein ohne diß verdächtiges, und übel beschryenes Weibsbild wäre, welche bezüchtiget wurde, daß sie Milch in den Brüsten hätte, die mag daran gemolcken werden, und da sich rechte vollkommene Milch bey ihr erfindet, die hat ein starcke Vermuthung zur peinlichen Frag wider sich: und da sie Entschuldigung vorwendete, daß sie die Milch auß einer andern natürlichen Ursach hätte, soll desthalben durch Hebamen, oder sonsten Artzney-Verständige weitere Erfahrung beschehen.
§. 4. So aber ein Weibsbild ein lebendig, Glidmäßiges Kind, das damahls todt erfunden, heimblich gebohrn, und verborgen hätte, und dieselbe erkundigte Mutter darüber besprächt wurde; entschuldigungs weiß aber vorgäbe: das Kindlein seye ohne ihr Schuld todt von ihr gebohren, ist sie ordentlichen, und in dieser unserer Landgerichts-Ordnung fürgeschribenen Weisung zulassen, in Ermanglung aber deren darüber peinlich zufragen.
§. 5. Noch vielmehrers, wann ein Weibsbild ein lebendig Glidmäßiges Kindlein also heimblich getragen, forthin wie ein Jungfrau auffgezogen, auch mit Willen allein, und ohne Hülff anderer Weiber gebohren: insonderheit wann sie laugnet, daß ein Kind verhanden gewesen, welches hernach todt gefunden worden: in welchen Fall die vorgebende Entschuldigung der todten Geburt mit nichten anzuhören, noch destwegen eine Weisung zuzulassen, sondern wider dieselbe mit der Tortur würcklich zuverfahren.
§. 6. Gleichfalls ist peinlich zubefragen, welche fürgibt, es seye ihr das Kind unversehens, und wider ihren Willen in die Heimblichkeit entfallen, absonderlich, wann sie verschwigen, daß sie schwanger seye, und darbey ihren grossen Leib, so viel möglich, verborgen, jedoch für ein ledige Weibs-Persohn hergangen.
§. 7. Welches dann auch statt hat an der jenigen, so sich mit dem entschuldigen will, sie habe nicht gewust, daß sie schwanger seye, dahero auch kein Schuld, daß ihr das Kind unversehens in die Heimblichkeit gefallen: Doch wäre sie mit der peinlichen Frag zuverschonen, wann sie, wie sichs zurecht gebührt, erwiese, sie hätte sich durch andere verständige Weiber, wenige Täg zuvor besichtigen lassen, und diese keine Schwängerung bey ihr befunden.
§. 8. Fernere Anzeigen, und zwar zur peinlichen Frag seynd, wann auf die bezüchtigte Persohnen dargethan wird, daß sie sich selbsten in die Seiten, oder Bauch mit Fäusten, oder sonsten gestossen, dieselbe zusammen gedruckt, oder eingefäscht: in welchen Fall sie sich von der Tortur nicht befreyet, sie könte dann zurecht darthun, daß das Kind sonsten natürlicher Weiß todter von ihr kommen seye.
§. 9. Schlüßlich könten hieher auch gezogen werden alle die Anzaigungen, so bey Abtreibung der Geburt im nechstfolgenden Artickel außgeführt seyn.
§. 10. Die Fragstuck mögen ungefährlich gestellet werden, wie folgt:
Von wem sie geschwängert worden?
Zu welcher Zeit?
Ob sie durch Wort, oder Verheissung darzu beredt worden, oder freywillig dahin gerathen seye?
Wann, und wie sie es empfunden, daß sie schwanger seye?
Ob, und warumb sie solches verborgen, und in geheimb gehalten?
Wie lang sie deß Vorhabens gewesen, das Kind umzubringen?
Ob sie dem Vatter zum Kind vertraut, daß sie von ihm schwanger seye, und das Kind umbbringen wolle? auch ob dieser Rath, Anlaitung, oder Hülff zum Verthuen geleistet?
Was gestallt?
Ob sie sich selbst in die Seiten gestossen, den Leib gefäscht, oder gebunden, auff der Erden herumb geweltzt, von höhern Orthen herab gesprungen, Tränckl, oder andere Artzney eingenommen, und mehr dergleichen Leichtfertigkeit zu dem End, daß die Geburt von ihr kommen möchte, verübt? Und da sie dergleichen gethan, ob damals, oder vorhero das Kind sich in ihr gerühret? [Seite: 698]
Wo her sie die Artzney genommen?
Ob der Apotecker, oder von dem sie solche erkaufft, Wissenschafft gehabt, oder gefragt, zu was sie die begehrte Artzney brauchen wolle?
Woher sie wisse, daß dergleichen Artzney, und andere oberzehlte Mittel zu ihrem Vorhaben dienlich?
Wie das Kind von ihr kommen?
Ob jemand, und wer dazumahl umb sie gewesen?
Ob sie von andern seye gefragt, oder angesprochen worden, daß sie schwanger seye?
Ob die Beywesenden solches wahrgenommen?
Ob ihr Mutter oder Befreundte gewust haben, daß sie Schwanger, oder der Geburt nahend seye?
Ob ihr jemand zu Verthuung deß Kinds, Rath, Anlaitung oder Hülff geleistet? wie, und auff was Weiß?
Wie es dann eigentlich mit Umbbringung des Kinds hergangen? mit Erzehlung der Umbständ:
Ob sie keine Reu in wehrend, oder nach vollzogener That empfunden?
Zu was End sie ihr eigenes Fleisch und Blut umbgebracht habe?
Ob sie es zuvor getaufft, oder darauff gedachte?
Ob sie nicht mehr Kinder verthan?
§. 11. Nach erhaltener Bekantnuß der Thäterin, oder sonst genugsamber Uberweisung, und eingeholter eigentlicher Erkundigung der That, ob schon sonst sowohl in gemeinen Rechten, als insonderheit der peinlichen Halßgerichts-Ordnung Kaysers Caroli deß Fünfften, dergleichen Kinder-Mörderinen lebendig begraben und gepfält, oder, wo die Gelegenheit deß Wassers ist, ertrenckt worden; so wollen Wir doch, Verzweifflung zuverhüten, daß ein solche Thäterin mit dem Schwerdt von dem Leben zum Todt hingerichtet werde.
§. 12. Der jenige, von dem sie zum Fall gebracht worden, so er darzu Hülff und Rath geleist, soll gleichmäßig: wo aber dieses nicht beschehen, sondern er vielmehr abgewehrt, oder nichts darumb gewust hätte, nach Gutbeduncken deß Richters, nur wegen begangener fleischlicher Sünd, abgestrafft werden.
§. 13. Es mildert aber die Straff neben andern in nechst vorgehendem Artickel vermeldten Ursachen auch dieses, wann ein minderjähriges Weibsbild, auß Rath, Hülff, oder Anstifftung ihrer Mutter das Kind verthan hat, und ist solches, wann noch andere Indicia darzu kommen, ein Anzeig wider die Mutter zur peinlichen Frag; was Gestalten aber dergleichen Mütter, oder andere, so darzu geholffen: Item die jenigen, welche darumb Wissenschafft gehabt, und die That nicht angezeigt, abzustraffen seyn, ist ebenmäßig das, was im vorgehenden §. 12. vermeldet, zubeobachten.
§. 14. Welche in peinlicher Frag darauff bestanden, daß ihr das Kind unversehens seye in die Heimblichkeit gefallen, oder sie nicht gewust habe, daß sie schwanger seye, ist nit am Leben, sondern über außgestandene Tortur, nach Gutbeduncken deß Richters, in andere weeg abzustraffen.
§. 15. Wie nicht weniger die jenige, so gleichfalls in der Tortur auff deme beharret, oder sonsten behaubtet, daß sie an das Kind kein Mörderische Hand angelegt, sondern dasselbe entweders in währenden Geburthsschwächen, oder auß Unterlassung Mütterlicher Hülff (so nicht auß bösem Vorsatz beschehen) gestorben, nach reiffer Erwegung und Befund der Aussag, auch der Mahlzeichen an dem Kind, willkürlich zubestraffen ist.
§. 16. Dahingegen beschwärt dieses Verbrechen, wan es zum öfftern: oder aber mit einer sondern Grausambkeit beschehen; in welchen Fällen die Ubelthäterin zur Richtstatt geführt, und entweder mit Handabhauen, oder aber mit glüenden Zangen, so vielmahl, als sie Kinder umbgebracht, neben obgedachter Straff deß Schwerdts, gezwickt werden solle.
Welche Weibs-Persohnen, entweders ihr selbsteigene Leibs-Frucht (es seye, auff was Weiß es wolle) oder ein andere Persohn einem Schwangern Weibsbild durch Bezwang, Essen, Trincken, Aderlassen und dergleichen ein lebendige Frucht vorsätzlich abtreibet, oder aber einen Mann, oder Weib unfruchtbar machet: wie auch der jenige, so wissentlich darzu Artzney verkaufft, ist Land-Gerichtlich, wie hernach folgt, zubestraffen.
§. 1. In diesem Verbrechen ist neben den Anzeigungen, so im nechst vorgehenden Artickel vom Kinder verthun gestelt worden, wider die Mutter, wann sie ohne das verdächtig, auch dieses zum Nachforschen genugsamb, wann bekant ist, daß sie einen grossen Leib gehabt, und denselben gähling verlohren.
§. 2. Dergestalt, daß, wann der Richter in der Inquisition erfuhre, daß sich ein solches Weib bemühet hätte, die empfundene Leibes-Frucht auff einige Weiß von sich zutreiben: Als wann sie etwas eingenommen, ihr an verdächtigen Orthen Ader gelassen, oder lassen wollen; [Seite: 699] den Bauch oder Seiten starck gebunden, gefäscht, mit Fäusten, oder sonsten angestossen, zusammen gedruckt oder sich mit einem ungewöhnlichen Last zu solchem Ende beschwärt, sich auff der Erden herumb geweltzt, von erhöchten Orthen herunter gesprungen, oder andere dergleichen Geberden verübt, insonderheit da sie solches heimblich und allein gethan hätte: Ingleichen so ein Mann, oder Vatter zum Kind das schwangere Weib, vorsetzlich die Frucht abzutreiben mit groben Schlägen übel hielte, soll man besagte Persohn einziehen, die verdächtige Mutter, wann es noch Zeit, durch geschworne Hebamen beschauen lassen, und auff ferrers Laugnen und geschöpfftes Bey-Urtheil mit der würcklichen Tortur belegen, auch beyläuffig also fragen:
§. 3. Ob sie nicht schwanger gewesen?
Von wem?
Wie lang?
Ob, und wie lang sie lebendige Frucht getragen?
Wann sie das Schwanger seyn widerspricht; ist sie zubefragen:
Woher sie dann ein so grossen Leib gehabt, auß was Ursach, oder für einen Zustand? soll denselben beschreiben:
Durch was Mittel sie sich deß grossen Leibs so gähling entlediget? solls benennen,
Bekennet sie Artzney, ist sie zubefragen:
Wer ihr dieselbe gerathen, eingeben, oder vorgeschrieben?
Wo sie die Sachen gekaufft?
In was für einer Apotecken?
Was es eigentlich gewesen?
Obs ihr der Apotecker gern gegeben?
Was er gegen ihr vermeldet?
Ob er sie nicht wegen ihres Zustands gefragt?
Mit was Worten?
Was sie ihm geantwortet?
Wie dieselbe heisse?
Wie, und wann sie die Artzney eingenommen?
Wie sie sich darauff befunden?
Wie bald solches gewürckt?
Was es von ihr getrieben?
Obs nicht eine lebendige Frucht?
Obs nicht zuerkennen, daß ein Knäbel, oder Mägdel gewesen?
Wohin sie es gethan?
NB. Im fall es möglich, soll man nachsuchen:
Ob sonst noch jemand darumb gewust?
Wer? solls namhafft machen:
Ob sie nicht öffters
die Leibs-Frucht abgetrieben?
§. 4. Also auch, wann eine umb die Frucht durch schwäres heben, fäschen, springen, schlagen, oder auff andere Weiß kommen wäre, seynd die Fragstuck darauff, wie auch auff alle, so zur Abtreibung geholffen, oder bößlich Ursach geben, nach eines jeden Verbrechen zurichten.
§. 5. Nach erhaltener Bekantnuß, oder rechtlicher Uberweisung, und aller Orthen eingeholter genugsamber Erkundigung, solle man die verhaffte, es seye Mann-Persohnen oder Weibs-Persohnen, bestätten; und wann sie darauff verharret, mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt hinrichten.
§. 6. Welches Urtheil aber in nachfolgenden Fällen zulindern: Erstlich, wann es nicht auß Vorsatz, und zu dem End die schon empfundene Schwängerung, oder Frucht abzutreiben beschehen?
Andertens, wann die Leibs-Frucht noch nicht gelebt, und die Abtreibung noch vor halber Zeit zwischen der Empfängnuß und der Geburt beschehen.
Drittens, wann die gebrauchte Artzney zur Abtreibung untauglich, und hierzu keine genugsambe Krafft und Würckung in sich hätte, welches dann ein Richter in allweeg noch vor Schöpffung deß Urtheils erkundigen solle.
Viertens, wann die abgetriebene Frucht wider die Menschliche Gestalt und Eigenschafft gewesen, worüber ein Richter sich verständiger Leuth Gutbeduncken, ob nemblich das Abgetriebene ein Mißgeburt seye, oder nicht, zu erholen hat.
Fünfftens, wenn der jenige, so ein schwangeres Weib geschlagen, und hierdurch oder auch durch Geschrey, Schröcken, Schüssen, und anderwerts die Abtreibung verursacht, nicht gewust, daß sie Schwanger: auch da ers schon gewust, gleichwohl aber nicht der Meinung gewesen, die Geburt dardurch abzutreiben.
In welchen jetzterzehlten Fälle extra ordinariè ein Leibs-Straff, oder Geistliche Buß nach Erwegung der fürkommenen Umbständ fürzukehren. [Seite: 700]
§. 7. Mit denen jenigen, welche zu dergleichen Abtreibung, Hülff, Rath und That geleistet, hat es eben die Bewandtnuß, wie bißhero angezeigt worden.
§. 8. Die Umbständ, welche dieses Verbrechen beschwären, seynd hieoben im 66. Artickel von Kinder-Mord zufinden.
Was Gestalten die jenigen zubestraffen, welche zwar an ihren Kindern sich mit würcklicher Handanlegung nicht vergriffen, jedoch vorsetzlich und freventlicher Weiß dieselbe, umb daß sie ihrer abkommen möchten, in Gefährlichkeit von ihnen legen, seynd vornemlich folgende zween unterschiedliche Haubt-Fäll wohl zubetrachten.
§. 1. Deren der Erste, so ein Kind in ein einsambes, und von Gemeinschafft der Leuth entlegenes Orth, zu dem End vorsetzlich hingelegt wird, daß es daselbsten vor Hunger, oder Hülffloß sterben und verderben solle, und das Kind sturbe darüber; so ist die Thäterin mit dem Schwerdt: wann aber das Kind noch lebendig gefunden und ernährt wird, alsdann nach Gelegenheit der Sachen willkürlich abzustraffen.
§. 2. Der Anderte Haubt-Fall ist, wann das Kind nicht auß Vorhaben dasselbige in Augenscheinliche Lebens-Gefahr zusetzen, noch auch in ein einsamb oder weit entlegen, sondern an ein solches Orth, an welchem die Leuth immer zu und stäts pflegen vorüber zugehen, zu dem End hinweg geleget wurde, daß entweders die fürübergehende, oder der jenige, so Vatter zum Kind angegeben wird, sich dessen erbarmen, annehmen und aufferziehen sollen, und also die Straff, auch Spott und Schand deß Ehebruchs, oder Hurerey entgangen werde.
§. 3. In gegenwärtigem Fall, wann das hingelegte Kind, (obs schon wider Willen der Thäterin, oder deß Thäters) auß Hunger, Frost, oder anderer Ursachen also hinlässig sturbe, ist die, oder derselbe, neben einem gantzen Schilling mit ewiger Land-Gerichts-Verweisung zubestraffen.
§. 4. Wird aber das Kind noch lebendig gefunden, ist dem Thäter allein das Land-Gericht auff ewig zuverweisen.
§. 5. Darbey gleichwohl zubeobachten, wann das Kind gar bald darauff, nachdem es gefunden worden, auß dieser Hinweglegung, und sonst auß keiner andern erweißlichen Ursach verschieden wäre, daß es alsdann mit der blossen Land-Gerichts-Verweisung nicht genug, sondern es ist noch darzu die Thäterin, oder der Thäter entweders mit einer Geistlichen Buß, nach Außspruch der Geistlichen Obrigkeit, oder nach Außspruch der Weltlichen Obrigkeit, mit einem halben, wohl auch gantzen Schilling, heimblich oder offentlich, nach Gestalt der Sachen, zubestraffen.
§. 6. Anzeigung zu dergleichen Hinlegung seynd, wann die Mutter boßhaffter Weiß ihren Schwangern Leib verborgen, oder sonsten die Geburt abzutreiben sich bemühet, auff Weiß, wie im vorgehenden Artickel, §. 2. außführlich gezeigt.
§. 7. Wann das Kind in einem Wald, freyen Feld, Garten, offentlicher Strassen, oder Gassen: Item, an einem Wasser gefunden wird, und in derselben Nachbarschafft ein verdächtiges Weibsbild sich befindet, welche Milch in Brüsten hätte.
§. 8. Wann ein verdächtige Persohn kurtz zuvor, da das hingelegte Kind gefunden, in selbiger Gegend gesehen worden.
§. 9. Die Fragstuck vergleichen sich allerdings mit denen, so in vorgehendem Artickel fürgemerckt.
§. 10. Sonsten ist dieses Verbrechen linder zubestraffen, wann es zur Zeit einer grossen Hungers-Noth: Item auß wissentlich, und bekanter Armuth, Einfalt, oder allzugrosser Forcht beschehen wäre.
§. 11. Dahingegen solches umb so viel schwärer wird, wann keine dergleichen Ursachen verhanden, sondern die Thäterin, oder Thäter gute Mittel das Kind zuernähren gehabt hätten.
§. 12. Worbey Wir absonderlich dieses ernstlich gebieten: daß, im Fall kein Spital, oder anders Mittel dergleichen Findel-Kinder zuernähren, und zu aufferziehen verhanden, jedweders Orths Obrigkeit, die nothwendige Nahrungs-Fürsehung zuthun schuldig seyn solle.
Wer ein Mörder seines eignen Leibs wird, es beschehe nun die Entleibung in der Gefängnuß, zu Entfliehung der Straff, oder auch ausser gefänglicher Hafft, auß bösem Willen, und gottloser Verzweifflung, ungeacht er derentwegen schrifftliche Ursachen und Protestationes hinterliesse, auff dessen Cörper hat das Land-Gericht zugreiffen, und ist denselben zuvertilgen schuldig. [Seite: 701]
§. 1. Welche Vertilgung dann (so bald die Entleibung dem Land-Gerichts-Herrn von der Obrigkeit, wie gewöhnlich, zuwissen gemacht wird) ohne Verzug (längst aber inner drey Tägen) durch den Scharffrichter solcher Gestalt beschehen muß, daß er deß Verzweiffelten Cörper auß dem Hauß schlaipffe, oder herab lasse, wie es nur ohne Schaden zum füglichsten beschehen kan, hernacher wie ein Vieh auff den Karren lege, und unter das Hochgericht vergrabe, sich aber darbey nicht deß geringsten Dings, so umb deß todten Cörper ist, oder ligt, anmasse, sondern mit seiner gemeinen Belohnung zufrieden seye; das übrige aber alles denen jenigen, welchen es zustehet, bey unaußbleiblicher grosser Straff unberührt stehen und verbleiben lasse.
§. 2. Und obwohlen einem solchen Cörper weiter kein Straff anzuthun, so mag doch ein grosser Ubelthäter, der sich in der Gefängnuß, zu Entfliehung der schwären Straff, entleibt, auß sonderbahren Ursachen, bevorab andern zum Exempel nach Beschaffenheit deß grossen Verbrechens, als todter auff den Scheitterhauffen geworffen, und verbrennt, oder aber auch auff das Rad gelegt, oder auffgehenckt werden.
§. 3. Wir wollen auch denen Land-Gerichts-Herren deß Orths, wo die That beschehen, der Boßhafftigen Selbst-Mörder, in dero Land-Gericht sich befindend, ligend und fahrendes Gut: wie auch andern Land-Gerichts-Herrn, jedwedern das jenige, so sich in seinem Land-Gericht befindet, dergestalt, wie hernach mit mehrerem angezeigt wird, einzuziehen gnädigist zugeben; Doch daß hierunter die Burger und Inwohner in unsern Lands-Fürstlichen Städt und Märckten, wo Wir das Land-Gericht selbst haben, nicht verstanden seyen: als deren Haab und Güter Wir in dergleichen Fällen unserer Cammer einzuziehen vorbehalten; denen aber, so absonderlich hievon befreyet seynd, ihren üblichen hergebrachten Freyheiten unbenommen.
§. 4. Wann der Selbst-Mörder ein, oder mehr Kinder verlast, so solle denenselben nach Außweisung der Rechten, als wann vier oder mehr, die Helffte: da aber unter vier seynd, das Drittel deß völligen Guts, so viel dessen über Abstattung der Schulden verbleibt: und wären keine Kinder, sondern Blutsverwandten, dem nechsten biß in den vierten Grad inclusivè, der dritte Theil besagten völligen Guts, das übrige aber denen Land-Gerichts-Herren zufallen; jedoch den Grund-Herren die Ablösung der Grundstuck bevorstehen.
§. 5. Die Inventur, Schätz- und Abhandlung solcher Verlassenschafft, solle von der jenigen Grund-Obrigkeit, worunter der Selbst-Mörder seß- und wohnhafft gewesen, durch unpartheyische Benachbarte vorgenommen, und denen Land-Gerichts-Herren darzu vorhero verkündet: wie auch im Fall sich Grundstuck unter andern Grund-Herren befinden, derselben Schätzung durch solche Grund-Herren beschehen, und so dann der Obrigkeit, unter welcher die völlige Abhandlung fürgehet, zugeschickt werden.
§. 6. Wann der Selbst-Mörder ein Testament, oder andern letzten Willen hinterlassen, soll derselbe, ausser der Geschäfft zu Gottseeligen Wercken nicht gültig seyn; jedoch daß solches Geschäfft denen Kindern ihren gebührenden Erbtheil, wie auch dem Land-Gerichts-Herrn an seinem Anfall nichts entziehe.
§. 7. Dieses alles aber ist nur von den jenigen zuverstehen, welche sich, wie gemeldt, entweder auß Forcht der Straff, oder bösen Vorsatz und Willen, entleibt haben: Dann wer sich auß Gebrechen seiner Vernunfft, allzugrossen Melancholey und Kranckheit umb das Leben bringet, mit demselben solle das Land-Gericht nichts zuthun, weniger jemand seine Güter einzuziehen haben: sondern er mag durch ehrliche Leuth bestättet, und Christlicher Ordnung nach auff ein geweychtes Erdreich, doch ins gemein nicht mit Gepräng, noch an vornehme Oerther begraben, und es sowohl der Güter halber, als sonsten in allen Fällen mit ihm gehalten werden, als wann er eines natürlichen Todts verschieden wäre.
§. 8. Demnach man aber bißweilen anstehet, ob sich einer boßhafftiger Weiß, oder aber auß Mangel der Vernunfft umbgebracht hab, als hat man in allweeg auff des Entleibten nechst vorher gangenes Leben, Wandel, verzweiffelte Reden und Vorhaben, auch auff die Mittel, durch welche er ihm den Todt angethan, und man bey ihm gefunden, zusehen: Worauß dann jedwederer Vernünfftiger, ob die That auß bösem Vorsatz, oder auß Vernunfft beschehen, leichtlich abnehmen kan.
§. 9. Wann aber die Sachen also beschaffen, daß man vernünfftig zweifflen kan, ist das bessere, nemblichen dieses zuvermuthen, daß er auß Unvernunfft, Unsinnigkeit, gählingen Fall, oder von einem andern umb das Leben kommen; Wie dann auch der jenige, der sich unversehens, oder der Meinung, als ob er etwa gefrohren wäre, ersticht, nicht als ein Selbst-Mörder zuvertilgen, weniger sein Gut vom Land-Gericht einzuziehen ist.
§. 10. Wann einer an der That der Verzweifflung verhindert, oder durch fleißige Cur noch beym Leben erhalten wird, soll derselbe, wann es ein gefangener Ubelthäter ist, derentwegen schwärer gestrafft werden: Wo sich aber einer sonsten ausser der Gefängnuß umbbringen wollen, und gleich darauff Reu und Leyd erzeigt, ist solches nicht Land-Gerichtsmäßig; soll aber gleichwohl von seiner Obrigkeit nach Beschaffenheit der Umbständ gestrafft werden.[Seite: 702]
§. 11. So sich ein schwangers Weib selbsten boßhafftig ertödtet, soll man ihr den Leib, so viel möglich, alsobalden auffschneiden, und die Leibs-Frucht herauß nehmen, damit das Kind entweders erhalten, oder doch nicht zugleich mit der schuldigen Mutter der gewöhnlichen Begräbnuß beraubet werde.
§. 12. Worbey Wir dann zum Beschluß dieses Artickels außdrucklich setzen und ordnen, daß alle Barbierer, Bader, Wund-Aertzt, und dergleichen Leuth, solchem armen Menschen mit Heilung und Auffschneidung unweigerlich bey hoher Straff und Niderlegung ihrer Kunst und Handwercks, zu Hülff kommen, und ihnen solches an ihren Ehren unabbrüchlich seyn solle.
Wer einen mit Geld bestellet oder durch Geschanck und Verheissungen dahin erhandlet, daß er einen andern ermorden solle: Wie auch der jenige, so sich bestellen, und also erhandlen lassen, seynd beede schärffer, als gemeine Todtschläger zubestraffen.
§. 1. Wann der Thäter nicht in frischer That ergriffen wird, soll der Richter zum Nachforschen, sowol wegen deß Bestellers, als deß Bestellten (neben denen Anzaigungen, von welchen allbereit bey dem vorsetzlichen Todtschlag Unterricht gegeben worden) in acht nehmen.
Erstlichen, ob nicht der Verdachte den Entleibten, ihn auff solche Weiß hinrichten zulassen, trohlich gewesen?
Anderten, ob er sich auch zuvor in andern dergleichen bösen Händlen (als zum Prüglen der Leuth) umbs Geld habe bestellen lassen, derentwegen von andern Orthen bannisirt, und also ein solcher Mensch wäre, zu dem man sich der That wohl versehen könte.
§. 2. Einen solchen, bey welchen mehr als ein Anzeigung zusammen kommen, wie auch den jenigen, auff welchen von den Bestellten, oder Besteller in peinlicher Frag außgesagt worden, und man deß beschehenen Todtschlags vergewist, oder aber den Thäter auff wahrer That ergriffen: soll man gefänglich annehmen, in der Güte befragen, und, wann es vonnöthen, mit denen hierinnen etwo vorkommenden Persohnen, wie gebräuchig, confrontirn, und zu Red stellen.
§. 3. Wann ers nun laugnete, und doch auß der Nachforschung, oder sonsten an Tag käme, daß der Verdachte an dem Orth, wo die That beschehen, mit unzuläßig, und verbottenen Waffen, nemblichen geladenen und gespanten Pistollen, Terzerollen, außgezogenen Degen, oder einer solchen Wöhr, mit welcher die Wunden in Besichtigung deß todten Cörpers gleichförmig erkennet wurde, wäre gesehen oder betretten worden: oder so viel den Besteller betrifft, derselbe den Bestellten stäts bey sich gehabt, und ihne unterhalten, auch würcklich Geld gegeben, dessen aber kein andere Ursach anzuzaigen wuste: soll man gegen einem solchen über ergangenes Bey-Urtheil die peinliche Frag, wie hernach beyläuffig folgt, vornehmen.
§. 4. Ob er nicht den N. ermordet?
An was für einem Orth?
Beym Tag, oder bey der Nacht?
Zu welcher Stund?
Mit was Waffen?
Auß was Ursachen?
Ob ers für sich selbst, oder von einem andern bestellter gethan?
Wer der sey? soll ihn namhafft machen:
Wie die Wort, wormit er zur That ersucht worden, gelautet?
Solls erzehlen.
Wie auch, was er darauff geantwortet?
Wo, und in wessen Beyseyn die Bestellung beschehen?
Was man ihme destwegen gegeben, oder verheissen?
Ob ers würcklich empfangen?
Wie viel?
Wo er das Geld, oder Belohnung hingethan?
Wie bald er darauff die That ins Werck gesetzt?
Mit was Gelegenheit?
Wo er dem Entleibten vorgewartet?
Wie er denselben angegriffen?
Wie sich auff beschehenen Angriff der Entleibte gegen ihme verhalten?
Wie, und mit wem er sich gewöhrt?
Ob er nicht auch für sich selbsten Feindschafft gegen demselben getragen?
Warumben?
Ob er sich offt zu dergleichen bestellen lassen? solls ordentlich außsagen. [Seite: 703]
Wer ihme mehr darzu geholffen, Rath, oder Einschlag geben? Solls benennen, und beschreiben von Gebärden, Gestalt, und Kleydern, auch wo sie sich auffhalten, etc. und was etwan die Inquisition mehr gibt.
§. 5. Gleicherweiß können auch die Fragen auff den Besteller gerichtet werden, als nemblichen:
Ob er nicht den N. ermorden lassen?
Durch weme?
Was er ihme Thäter gegeben, oder verheissen?
Ob er ihms würcklich außgezehlt, oder wie viel er ihm dran geben?
Wo, und in wessen Beyseyn die Bestellung beschehen?
Was ihne hierzu bewegt?
Wann die Mordthat fürüber gangen?
Zu was Zeit?
An welchem Orth?
Durch was Waffen?
Wo er sich entzwischen auffgehalten?
Wie der Todtschlag zu seiner Wissenschafft kommen?
Wie, und auff was Weiß, auch an was Orthen er dem Thäter die Entleibung zuthun anbefohlen?
§. 6. Auff die bekäntlich, oder sonst, wie recht ist, erwisene That, soll der Thäter bestättiget, sodann, umb willen dergleichen bestellte Mörder, viel ärger und boßhafftiger als gemeine Todtschläger seyn, auch auff alle weiß zuverhüten, daß dergleichen nicht in diesem Land einschleichen, sowol der Bestellte als Besteller der Schärffe nach mit dem Rad vom Leben zum Todt gestrafft werden.
§. 7. Käme auch dieses darzu, daß Erstlich einer ein Persohn, dero er mit Freundschafft, Lieb, Treu, und Gehorsamb verbunden ist, auff angeregte Weiß umbbringen liesse: oder aber
Andertens, ein schwangers Weib durch Geld dahin erhandlete, daß sie mit würcklicher Abtreibung der Frucht ihme einen Zugang zur Erbschafft machte.
Drittens, wann der Bestellte die Mordthat umb ein geringes Geld, und solche offt liederlich vollbracht hätte, dergleichen Bößwichten solle nach gestalt der Sachen das Urtheil mit Zwicken, Schlaipffen, oder Riemen schneiden geschärfft werden.
§. 8. Dahingegen wann einer sich zwar bestellen lassen, die That auch zuvollbringen sein möglichstes gethan, doch von dem Beleidigten übergewältiget, oder abgetriben worden, oder etwan der Schuß, wie er gern gewolt, nicht angangen wäre: solle er zwar leichter, aber nichts destoweniger wegen sonderbarer Grausambkeit dieses Lasters, wenigist mit dem Schwerdt gerichtet:
Die übrigen so sich zwar bestellen lassen, und Geld genommen, der Sach aber keinen Anfang gemacht, sambt dem Besteller, und insgemein alle, so böse Leuth auff andere, dieselbige zu prüglen, und übel mit Schlägen zu tractiren, bestellet, oder sich bestellen lassen: sollen nach vernünfftiger Ermessung deß Richters, willkürlich, doch mit scharffen Leib-Straffen oder andern Straffen belegt, und hierinnen keines verschont werden.
Welcher einem auff freyer Strassen, oder auch anderwerts fürsetzlich vorwartet, oder unter dem Schein der Freundschafft denselben Gewinns halber angreifft, beraubt, und zugleich umb das Leben bringt, soll mit schärfferer Straff, als ein gemeiner Todtschläger belegt werden; worunter dann auch begriffen, der zu dem End einen entleibt, damit er alsdan zu dessen hinterlassenen Wittib heyrathen könte, oder seines vorigen Lasters halben nicht verrathen wurde.
§. 1. Item, welcher zwar Anfangs nur deß Willens gewest, einen zuberauben, er aber sich widersetzet, und die Sachen nicht erfolgen lassen wollen, er auch alsdann gar ertödtet worden, und ist wenig daran gelegen, ob der Mörder von solcher seiner That einigen Nutzen und Gewinn genossen habe, oder nicht.
§. 2 Die Anzeigungen zur Nachforsch- und Einziehung solcher Leuth seynd über die, so hievor vom Todschlag an die Hand gegeben worden, beyläuffig diese:
Erstlichen, wann die Verdachte Persohn im Brauch hat bey Nächtlicher Weil außzugehen, in holen Weegen, Gräben, Busch, oder Wäldern sich auffzuhalten.
Andertens, wann er in einsammen, und zum morden gelegenen Orthen zuwohnen pflegt.
Drittens, wann raisend, und vilmehr hin und her schweiffende Persohnen allenthalben in den Würthshäusern ligen, zehren, und nicht redliche Ursachen solcher ihrer Zehrung wissend wären, oder von ihnen angezaigt werden könten.[Seite: 704]
Viertens, wann einer mit Raubern, Mördern, und andern dergleichen Persohnen, wie oben vermeldt, Kund- und Gemeinschafft hätt.
Fünfftens, wann einer betretten wurde, der geraubte Sachen, so einem Entleibten zugehört, bey sich hätte, oder dieselbe verkaufft, übergeben, oder in anderer gestallt verdächtiger Weiß darmit gehandlet, und seinen Verkauffer, und Gewöhrmann nicht anzeigen wolte.
§. 3. Auff ein solchen Mörder können eben die jenige Fragstuck, welche bey gemeinen Diebstall, und Todtschlag gesetzt, gleichförmig gerichtet werden, und wann alsdan derselbige entweders bekennt, oder sonst zurecht überwisen wird, soll er mit dem Rad von oben, oder unten, nach gestalt deß Verbrechens, durch Zerstossung seiner Glider vom Leben zum Todt hingericht, und offentlich auffs Rad gelegt werden; doch daß der Richter in allweeg, ob die Thaten in Warheit also fürgangen, sich zuvor wohl erkundige.
§. 4. Wann jemand einen beraubt, und also mit Schlägen zugericht hätte, daß er ihn für todter ligen lassen, der Beschädigte aber gleichwol wiederumb davon kombt, ein solcher Thäter soll allein mit dem Schwerdt gestrafft werden.
§. 5. Dahingegen schärffet die Straff, wann ein Diener, oder Knecht seinen Herrn auff der Strassen umbbringt, und beraubt: wie auch wann Geistliche, oder unter unsern Gelait und Versicherung raisende Persohnen angegriffen, und ermordet: schwangere Weiber, wegen der Leibs-Frucht auffgeschnitten, oder auch wegen einer Rauberey mehrers Persohnen umbgebracht worden.
§. 6. In welchen Fällen, bevorab wann der Thäter etliche, oder viel Mordthaten vollbracht, die Straff deß Viertheilen vorzunehmen, oder es ist das Radbrechen, mit der glüenden Zangen zwicken, oder Riemenschnitt, nach Schwäre der Umbständ, und Stärcke oder Schwäche deß Thäters zuvermehren.
§. 7. Wann neben dem Morden auch namhaffte Raub beschehen, soll ein Galgen, sambt einem Strick zugleich neben dem Cörper auff das Rad gesteckt: Da aber auch Mordbrennerey, Kirchen-Diebstall, oder dergleichen grobe Laster darneben verübt werden, hat man sich nachdeme zurichten, was oben im 46 Artickel von diesen Lastern gemeldet worden, etc.
Wer einen andern mit Gifft heimblich umbbringt, oder sonst Schaden zufügt, darzu wissentlich, und boßhafftig geholffen, oder das Gifft hierzu auch wissentlich hergeben, verkaufft, erkaufft, abgeholt, oder zugerichtet hätte, der ist als Landgerichtmäßig einzuziehen.
§. 1. Die Anzaigungen zur Inquisition seynd Erstlich, wann der Sterbende ein gewisse Persohn bezeihet: daß sie ihm mit Gifft vergeben, und er hierüber auff ein solche Weiß, wie sonsten bey denen mit Gifft vergebenen Leuthen zubeschehen pfleget, gestorben ist.
Andertens, wann auch gleich der Sterbende vom Vergeben nichts sagt, jedoch sonsten das gemeine Gerücht gehet, auch vermuthlich erscheint, daß ihme vergeben worden, soll man den todten Cörper, ehender er begraben wird, oder wann er erst kürtzlich begraben worden, wieder auß der Erden nehmen, und durch erfahrne Medicos beschauen, und erkennen lassen: ob sie an dem Cörper solche Zeichen finden, worauß ihrer Kunst nach, unfehlbahr abzunehmen, daß der Mensch von Gifft, und nicht auß andern Ursachen gestorben seye.
Drittens, kan man aber den Cörper nicht mehr beschauen, soll man in den Apotecken denen Recepten nachsehen, ob dieselben wider Gifft geschriben seyn.
Viertens, die jenigen, so ihne curirt, und Leuth so ihne gewartet, oder bey seinem Todt gewesen, ihne auch todter gesehen haben, befragen: ob er sich nicht nach genommener Speiß, darinnen vermuthlich Gifft gewesen, gebrochen habe, oder er zum Brechen genöthiget worden.
Fünfftens, ob er gelb oder blau worden.
Sechstens, ob der Leib geschwollen, und dergleichen.
§. 2. Wann nun auß glaubwürdiger Erkantnuß der Artzney Erfahrnen scheint, daß die Persohn nicht von Gifft, sondern auß andern Zuständen gestorben, hat der Landgerichts-Herr dabey weiter nichts zuthun: Sagen aber die Artzney Erfahrne, daß dem Verstorbenen Gifft beygebracht worden, und er von demselben sterben müssen, benebens erweißlich wäre, daß die verdachte Persohn Gifft gekaufft, oder sonst damit umbgangen, und der Verdachte mit dem Vergifften in Uneinigkeit gewesen, oder sonst von seinem Todt Nutzen und Vortheil zugewarten: sonderlich wann unter den Eheleuthen der beschuldigte Theil mit einer hievor verdächtig gewesten Persohn sich in Heyrath eingelassen hätte, und er sonsten ein leichtfertige Persohn, zu der man sich der That versehen möchte.
Diese und dergleichen Umbständ seynd genugsambe Ursachen zur gefänglichen Verhafftung.[Seite: 705]
§. 3. Wann über dieses der Verdächtige glaublich nicht darthut, daß er das Gifft zu andern Sachen gebraucht, oder brauchen wollen, und noch etwo vor diesem gegen der Obrigkeit gelaugnet, daß er Gifft gekaufft, hernach dessen überwisen worden: so soll man ihn über vorgehendes Bey-Urtheil ungefähr auff nachfolgende Puncten peinlich fragen.
§. 4. Ob er nicht dem N. vergeben?
Durch was Mitl?
Was er für ein Gifft gebraucht, und wie viel dessen gewesen?
Wie ers zugericht?
Wie er ihms eingeben?
Wann es geschehen?
An welchen Orth?
Wie sich der N. nach und nach darauff verhalten?
Wie lang er nach dem eingenommenen Gifft gelebt?
Was er für einen Todt genommen?
Ob nicht nach dem Todt das Maul geschaumet?
Ob der Leib nicht auffgeschwollen? oder gar auffgebrochen?
Ob die Nägel nicht blau, oder schwartz worden?
Ob er ihme öffter Gifft beygebracht, und was gestalt?
Was ihn zu solchen bewegt?
Woher er das Gifft genommen?
Ob ers selber gekaufft?
Wer es geholt?
Auff wessen Befehl?
Wer sonsten darzu geholffen, oder gerathen?
Ob der Apotecker, oder der es hergeben, gewust, daß mans zum Vergeben brauchen wolle?
Dann wann dergleichen auff die Mithelffer, oder Apotecker erweißlich herauß kombt, müssen sie ebenfalls als Gifftgeber eingezogen werden.
§. 5. Wann nun einer in der peinlichen Frag sich zu solcher Giffts-Beybringung, oder, daß er wissentlich, und boßhafftiger Weiß darzu geholffen habe, bekennet, und sich, wie oben gemeldt befindet, daß der Todte von dem beygebrachten Gifft gestorben ist, solle der Ubelthäter (umb willen es schwärer geachtet wird, einem mit Gifft, als sonsten umbzubringen) und zwar ein Manns-Persohn mit dem Rad, ein Weibs-Persohn aber mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt hingerichtet, jedoch andern zu mehrerer Forcht, und Abschröcken, solche boßhaffte Leuth, vor der endlichen Tods-Straff geschlaipfft, oder etliche Griff am Leib mit glüenden Zangen, viel oder wenig, nach Ermässung der Persohn, und Tödtung, gegeben werden.
§. 6. Hiebey ist zuwissen, daß folgende Umbständ, als: wann ein Kind dem Vatter, oder Mutter, ein Con-Persohn der andern, ein Diener seinem Herrn, oder Frauen vergibt, die Straff schwärer machen: und zwar noch schwärer, wann sich einer, oder mehr Unmenschlicher weiß unterstehet die Brunnen, Getränck, oder Sachen, so die Leuth insgemein anrühren, und gebrauchen müssen, boßhafftig zuvergifften, also daß hierdurch viel Menschen umbs Leben gebracht wurden: In solchen Fällen solle gegen dergleichen Ubelthäter jetztgemeldte Straff nach vernünfftiger Ermässung deß Richters geschärfft werden.
§. 7. Dahingegen ist die Straff leichter, wann das Gifft entweder nicht starck genug gewesen, oder kein Würckung gethan, also daß der Todt hierauff nicht erfolgt ist.
Oder wann man nicht eigentlich wissen kan, daß der Verstorbene von dem Gifft gestorben:
Oder wann man einem zu Bewegung der Lieb, und nicht zum Todt etwas beygebracht hätte, davon er aber gleichwol gestorben.
Bey diesen und dergleichen Umbständen, soll man den Thäter zu einer geringern extra ordinari Straff, auch nach Beschaffenheit noch mehrer beschwärlicher Umbständ, (als wann der jenige, so einem das Gifft beygebracht, solches in genugsamber Quantität gegeben, und derentwegen so viel an ihme gewesen, alles vollbracht, das Gifft aber auß einem andern zufälligen Umbstand nicht gewürckt hätte) zu dem Schwerdt verurtheilen.
Wie dann die Apotecker, so das Gifft, zwar nicht wissendlich zum vergeben, jedoch ohne genugsambe Auffsicht verkaufft, auch nur extra ordinariè, nach Gerichtlicher Erkantnuß zustraffen.
§. 8. Hieher gehören auch die jenigen, welche Vieh und Weiden vergifften, dieselben (wann keine Zauberey mit unterlaufft) sollen nach Beschaffenheit deß hierdurch verursachten, und sich in fleißiger Erkundigung befundenen Schadens, bevorab wann sie solchen nicht gutmachen könten, nach vernünfftigem Gutbeduncken deß Richters, schärffer, oder ringer gestrafft, und wann der Schaden sehr groß, der Thäter mit dem Schwerdt hingerichtet, und der Cörper verbrennet: wo aber der Schaden nicht erfolget, oder nicht gar groß, mit Ruthen außgestrichen, und deß Land-Gerichts verwiesen werden.[Seite: 706]
Wer wider die Natur Unkeuschheit treibet, als Mann mit Mann, Weib mit Weib, oder aber ein Mensch mit einem unvernünfftigen Vieh, der fallt in die Land-Gerichtliche hernach gesetzte Straff.
§. 1. Dieses abscheuliche Laster wird gemeiniglich an verborgenen Orthen verübet, daß es also selten käntliche Warzeichen hinter sich lasset, doch dienen nachfolgende Anzeigungen zur Nachforschung.
Erstlich, wann die verdächtige Persohn ins gemein wider dieses Laster beschreyet.
Andertens, eine gaile, unschambare, auch dergleichen Persohn wäre, zu der man sich solcher Ubelthat versehen möchte; benebens
Drittens, an den verdächtigen Orthen in Abwesenheit der Leuth heimblich, bevorab zu nächtlich und finsterer Zeit auß und eingehender gesehen worden.
Viertens, Zeichen dieses abscheulichen Lasters, entweders an, bey, oder umb sich, oder bey dem Vieh verlassen hätte.
§. 2. Da der Verdacht gegen einem Knaben wäre, soll der Richter durch hierzu verordnete Medicos, Barbirer, und dergleichen, gebührende Beschau vorkehren, befindet sich nun eines oder das ander würcklich in der That, oder aber der Thäter wurde in der That betretten: soll der Richter auff eine solche verdächtige Persohn greiffen, dieselbe Gefängnussen, nicht weniger auch, da noch dieses über alles vorkäme, daß der Thäter
Erstlichen, an Orth und End gesehen, so hierzu gelegen, auch hierzu bereiter gefunden.
Andertens, von dem Knaben solches über ihn mit glaublichen Umbständen wäre außgesagt: oder aber
Drittens, von denen, mit welchen er dieses abscheuliche Laster zuvollbringen begehrt, wie recht ist, wäre überwiesen worden, und nichts desto weniger dessen in Laugnen stunde, seine Unschuld aber nicht genugsamb an Tag geben könte; gegen einen solchen auff ein ordentlich geschöpfftes Bey-Urtheil die peinliche Frag, nach vorhergangenen gemeinen, auch ungefähr folgende Fragstuck für die Hand nehmen:
§. 3. Ob er nicht wider die Natur Unzucht getrieben?
Wie offt?
Mit was Vieh? (oder Knaben?) wie das die Anzeigungen geben?
Wo? und an welchem Orth?
Zu welcher Zeit?
Wem das Vieh zugehört?
Mit was Gelegenheit?
Ob er die That würcklich vollbracht habe?
Ob damahls die Leuth im Hauß gewest?
Ob er niemand gemerckt, der solches etwa gesehen?
Was ihn darzu angetrieben?
Ob ihns jemand gelehrnet, oder ob ers von andern gesehen habe?
Wer dieselbe seynd?
§. 4. Und wann nun ein solche verdachte Persohn dieses greuliche Laster güt- oder peinlich umbständiglich bekennet, oder dessen, wie recht ist, überwiesen, auch alle Umbständ durch fleißige Nachforschung wahrhafftig erfunden, der Thäter auch in ordentlicher Bestättung darauff verharren wurde, solle dergleichen Ubelthäter, so sich mit ein oder mehrern unvernünfftigen Vieh vergriffen, und die That vollbracht, zusambt dem Vieh, so es anders noch verhanden, durch das lebendige Feuer von der Erden vertilgt, und die Aschen in die Lufft, oder aber nach Gelegenheit deß Orths, in ein fliessendes Wasser zerstreuet werden.
§. 5. Ein Knabenschänder, oder aber da sonst ein Mensch mit dem andern Sodomitische Sünd getrieben hätte, solle Anfangs enthaubtet, und folgends dessen Cörper sambt dem Kopff verbrennt, niemahlen aber in den Urtheilen, das jenige, so Aergernuß geben möchte, offentlich abgelesen werden.
§. 6. Die Umbständ, so dieses Laster beschwären, seyn diese: Wann der grausambe Thäter verheurathet, oder bey zimlichen Alter, und hohen Stands ist, auch diese Laster vielmahl und unterschiedlich begangen hätte; wiewohl es doch jederzeit wenigist bey erstgemeldter Straff verbleibt.
§. 7. Fallt aber bey den Umbständen deß Thäters Jugend, Unverstand, oder dieses mit ein, daß er sich der Sünd zwar angemast, selbige aber nicht vollendet hätte, soll man alles fleißig erwegen, und nach Gestalt der Sachen die Gelindigkeit der Schärffe vorziehen; jedoch sich vorhero, wie in dergleichen zuverfahren sey? bey denen Rechtsverständigen Raths erholen, etc.[Seite: 707]
Die Blutschand wird begangen zwischen denen jenigen Persohnen, welche einander mit Bluts- Freund- oder Schwagerschafft so nahend verwandt, daß sie nicht zusammen heurathen können.
§. 1. Dieweil aber dieses Laster auch eines auß denen ist, so kein beständiges Zeichen hinter sich lassen, als soll man zu Erkundigung der Sachen, die jenige Vermuthungen so wohl der Inquisition als der gefänglichen Einziehung halber, welche bey dem Ehebruch und andern fleischlichen Sünden angezeigt worden, in acht nehmen: Allein gibt dieses hierinnen ein absonderliches Nachdencken, wann bey solchen Persohnen, welche sonsten gegen einander ein grosse Ehrerbietung tragen sollen, ein ungewöhnliche Vertreulichkeit verspühret wird.
§. 2. Da nun ein Richter genugsambe Anzeigung hat, soll er beede Persohnen einziehen, in abgesonderten Orthen verwahren, und nach gütiger Frag, wann ein Theil laugnete, sie gegen einander zu Red stellen.
§. 3. Zum Fall aber beede die Blutschand in der Güte bekennten, so ist solche Bekantnuß zu Vorkehrung der Straff genugsamb.
§. 4. Wofern eine, oder beede Verhaffte die That laugneten, und über die gemeine Anzeigungen, die sie nicht zu Genügen von sich abgekehrt, und verantwortet hätten, noch andere zu Fürnehmung der peinlichen Frag in fleischlichen Sünden genugsambe Indicia beykämen: solle der Richter zu Erfahrung der gründlichen Wahrheit auff geschöpfftes Bey-Urtheil die Tortur ungefähr mit folgenden Fragen fürnehmen:
§. 5. Ob nicht N. mit N. unkeusche Werck verübt?
Ob diese nicht seine Blutsverwandte, oder verschwägert seye, und wie nahend?
auch ob sie solches gewust haben?
Wie offt es beschehen?
An welchen Orthen?
Zu was Stund, Tag und Zeit?
Mit was Gelegenheit?
Ob er sie, oder sie ihn darzu angereitzt?
Ob er sie durch Verheissen, Versprechen, oder Betrohungen darzubewegt?
Ob die Sünd nüchter- oder voller Weiß vollbracht worden?
Ob er sich nicht auch mit andern dergleichen seinen Verwandten vergriffen? und dergleichen, so die Umbständ der Missethat einem vernünfftigen Richter an die Hand geben.
§. 6. Da nun auff die peinliche Frag beede Beschuldigte bekenneten (dann eines Bekantnuß allein diß Orths zu der peinlichen ordinari Todts-Straff nicht genug ist) auch in der gebräuchigen Bestättung auff ihrer Außsag beständig verblieben, oder der ander Theil genugsamb überwiesen wurde, wollen Wir, daß dergleichen Ubelthäter, da sie diese, GOtt und der Natur abscheuliche Sünd in auff- oder absteigender Lini vollbracht hätten, mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt gestrafft werden sollen.
§. 7. Wann aber Persohnen im ersten, und andern Grad der Seiten-Lini, als Schwester und Brüder, sie seyen gleich ein oder zweybändig, ingleichem da einer mit seines Brudern oder Schwester Tochter: deß Vatters, oder der Mutter Schwester oder Brüdern Unkeuschheit pflegen wurden: nicht weniger auch die im ersten Grad der Schwagerschafft nemblichen da ein Stieff-Vatter sein Stieff-Tochter, ein Stieff-Sohn sein Stieff-Mutter, ein Schwäher seine Schnur, ein Tochtermann seine Schwiger, wie auch da einer seines leiblichen Bruders Weib, oder seines Weibs Schwester beschlaffen wurde, alle dergleichen mißthätige Persohnen sollen mit Ruthen, und deß Land-Gerichts ewig verwiesen werden.
§. 8. Die übrigen in weitern verbottenen Grad der Bluts-Freund, oder Schwagerschafft sich befindende Persohnen sollen wüllkürlich, doch schärffer, als sonsten gemeine Vermischungen, abgestrafft werden.
§. 9. Dieses Laster beschwärt.
Erstlichen, die allzuvielfältige Widerholung.
Andertens, da es benebens ein einfacher oder doppelter Ehebruch ist:
Drittens, wann sich einer mit mehrern, als einer Befreundtin versündiget hätte.
§. 10. Herentgegen mindert vorgesetzte Straffen, wann
Erstlichen, die Verbrecher umb die Verwandschafft nichts gewust, und solches glaublich dargethan hätten.
Andertens, die Tochter, so etwa auß Unverstand, Jugend oder Einfalt vermeint, sie müste dem Vatter gehorsamben.[Seite: 708]
Wer einer unverleumbdeten Jungfrauen, Wittib oder Ehefrauen mit Gewalt, und wider ihren Willen, ihre Jungfräuliche oder Weibliche Ehr nimbt, der begehet das Laster der Nothzucht.
§. 1. Die vornehmbste Anzeigung zum Nachforschen ist, wann der Nothzüchtiger durch die benöthigte Jungfrau, Weib, oder Wittib angeben wird.
§. 2. Wann nun der Richter umbständiglich befunde, daß
Erstlich, die Angeberin eines ehrlichen untadelhafften Wandels je, und allzeit: der Bezüchtigte hingegen ein unschambarer, und solcher Mensch ist, zu deme man sich deß Lasters versehen möchte:
Andertens, die Jungfrau, Frau oder Wittib, alsobalden nach der That sich dessen beklagte.
Drittens, solche Benöthigung durch die in Sachen verständige Weiber bezeuget, und
Viertens, die anderwärtig an die Hand gegebene Umbständ sich also befinden wurden: solle der Richter den Nothzüchtiger gefänglich anhalten, denselben gütig befragen, und mit der Benöthigten, so er dessen in Abred stunde, vor allen Dingen confrontiren.
§. 3. Bekennet er die vollbrachte Missethat, so hat es seinen geweisten Weeg; da er aber entweder die That, oder den angegebenen Nothzwang laugnete, die Benöthigte hingegen beständig auff ihrer Sag verbliebe, und deren genugsambe Anzeigungen zugeben hätte.
Andertens, oder ein unverleumdter Zeug, so die Benöthigte umb Hülff hätte schreyen hören, wider den Verhafften verhanden wäre, und er das widrige rechtmäßiger Weiß nicht darthun könte, auch noch darüber laugnete: solle er zu Erkundigung der wahren Beschaffenheit auff gefälltes Bey-Urtheil auff die Folter geworffen, und auff nachgesetzte Fragstuck gehöret werden.
§. 4. Ob er nicht die N. zu ungebührlichen Wercken benöthiget?
An welchem Orth?
Zu was Zeit?
Ob er mit ihr zuvor bekant gewest?
Wie offt er solches Ubel mit ihr vollzogen?
Mit was Gelegenheit diese Unthat ins Werck gerichtet?
Wo damahls die Leuth (V. G. der Vatter, Mutter, Mann, oder Weib) gewesen?
Was er Anfangs mit der Benöthigten geredet?
Ob er ihr nicht erstlichen mit Schanckungen, hernach mit Trohworten zugesetzt?
Wie dieselbige Wort gelautet?
Was sie ihm hierüber zur Antwort gegeben?
Und was etwan die Klag und Nachforschung dem Richter mehrers an die Hand gibt.
§. 5. Bekennte nun hierauff der Verhaffte die That gütig, oder peinlich, oder wurde sonsten dessen, wie recht ist, überwiesen: solle er hierüber bestättiget, und so dann einem Rauber gleich mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt hingerichtet werden.
§. 6. Beschwärende Umbständ dieses Verbrechens seynd:
Erstlich, wann einer ein unmannbahres Mägdlein, oder aber ein Kind Nothzüchtigte.
Andertens, wann es von einer Persohn, welche an statt der Eltern den Kindern vorgesetzt ist, beschehe, oder aber in einer Blutsverwandtschafft begriffen wäre.
Drittens, da ein Obrigkeit, oder Gerhab sich gegen seiner Unterthanin oder Pupillin dergleichen unterstünde.
Viertens, wann ein Diener seines Herrn Tochter, oder Frau benöthigte.
Fünfftens, so ein schlechte Stands-Persohn, eine von hohem Geschlecht überwältigte.
Dahingegen ist die Straff leichter.
§. 7. Erstlichen, wann die Benöthigte von dem Nothzüchtiger durch sich selbsten, oder andere errettet worden.
Andertens, wann einer die Frauen, oder
Jungfrauen allein darumben, weilen sie seinem Willen widerstrebt, verwundete.
Drittens, wann die That nicht völlig vollbracht worden.
Viertens, so die Benöthigte für deß Benöthigers Leben bäte.
Fünfftens, wann der Thäter zwar bekennete, daß er die Nothzucht würcklich vollzogen, und die Benöthigte umb ihr Ehr gebracht, sie aber solches verneinte.
In solchen und dergleichen Fällen, solle der Nothzwinger mit einem gantzen Schilling abgestrafft, und mit Vorwissen unserer N. O. Regierung deß Lands verwiesen werden.[Seite: 709]
§. 8. Die benöthigte Persohn aber, bleibt diß Orths unverleumbt, kan ihr auch solches zu keiner Unehr angezogen, viel weniger sie destwegen gestrafft werden.
Der Ehebruch, welcher zwischen einem Ehemann, und eines andern Eheweib, oder auch zwischen einer ledigen Manns-Persohn, und einem Eheweib begangen wird, ist ohne Mittel Landgerichtlich zubestraffen.
§. 1. Die Anzeigungen zum Nachforschen seynd ungefährlich diese:
Erstlichen, wann die verdachte Persohn ins gemein bey denen Leuthen deß Ehebruchs halben glaubwürdig beschreyet wäre.
Andertens, wann solche auch zuvor dessen bezüchtiget, und mit dem Verdachten noch im ledigen Stand unehrbahre Gemeinschafft gehabt hätte.
Drittens, wann in eines verdächtigen Weibs Hauß dergleichen Manns-Persohnen, zu denen man sich deß Ehebruchs versehen möchte, so wohl bey Tag als zu Nacht, bevorab in deß Manns Abwesenheit auß und eingehen gesehen worden.
Viertens, da sich ein Eheweib ohne sonders Abscheuen von dem Verdachten unehrbar berühren, oder küssen liesse.
Fünfftens, wann ein Eheweib ihren beschuldigten Anhang mit Geld, oder sonsten kostbarlich außhielte.
Sechstens, wann zwischen den Verdachten heimbliche Gasterey und Zusammenkunfften in verborgenen Wincklen und Oerthern abwesend der andern Con-Persohn angestelt wurden.
Sibendens, wann die verdachte Persohn sonsten auch üppig, frech, unschambar in Worten, auch der Trunckenheit ergeben wäre.
§. 2. Da nun die unschuldige Con-Persohn, bey so befindlichen Vermuthungen nachzuforschen verlangte, oder der Richter von Ambts wegen solches für nothwendig erachtete: soll man gewahrsamb gehen, und ehender nicht zu Verhafftung der verdachten Persohn schreiten; er habe dann dessen noch klärere Anzeigungen: das ist, wann etwa
§. 3. Erstlichen, so Brieff vorkämen, in welchen eines den andern das Loß, Zeit und Stund, oder Gelegenheit dieses Laster zuvollbringen, an die Hand gäbe, die Persohn sich auch folgendes der Orthen befunden hätte.
Andertens, wann bewiesen wurde, daß die zwo verdachte Persohnen einander verdächtige Verbündnuß-Zeiten gegeben hätten:
Drittens, wann der Verdachte auff deß Manns Ankunfft die Flucht gäbe:
Viertens, wann beede in würcklicher That betretten, und dessen mit einem würcklichen Zeichen überwiesen wurden:
Fünfftens, da der beleidigte Theil ein ordentliche, und auß gegründeten Ursachen gestelte Klag wider den Beschuldigten einreichte.
§. 4. Alsdann solle der Richter auff solche Persohn greiffen, sie gütig befragen, so dann gebräuchiger massen miteinander, wie auch die vorkommende Zeugen mit denselben confrontiren.
§. 5. Da aber noch ferner über die Verhaffte, entweder auß dero Bekantnuß, oder andern redlichen Anzeigungen vorkäme: daß
Erstlichen, sie zwar im Werck ergriffen, nichts desto weniger der würcklichen Vollziehung in Abred stunden.
Andertens, daß das Weib in langer Abwesenheit deß Manns, oder in dessen grosser Schwach- und Kranckheit schwanger worden, und doch den Ehebruch nicht bekennen wolte, noch genugsambe Ursachen ihrer ehrlichen Schwängerung geben könte.
Drittens, wann einer in ein Hauß, allwo ein verdächtiges Weib wohnete, einschliche, von dem Mann vermerckt, der Verdachte aber von der Beschuldigten versteckt, und verlaugnet, hernach aber gefunden wurde.
Viertens, wann man Buel-Brieff hintergienge, auß welchen die Bekantnuß deß Ehebruchs erhellete, die Verdachten aber solchen verneinten.
Auff alle diese, und dergleichen Anzeigungen, und fast ein jede insonderheit, wofern solche rechtlich dargethan, die Gefangene auch die Unschuld nicht genugsamb erweisen könten, soll der Richter nach dem ordentlichen Bey-Urtheil dieselbe gütt- und peinlich etwan auff folgende Weiß fragen:
§. 6. Ob N. nicht mit N. sich in Ehebruch begriffen?
Wann?
Wie offt?
An welchen Orthen?
Wo zur selben Zeit die andere Con-Persohn gewesen?
Wie N. mit N. seye bekant worden? [Seite: 710]
Ob N. der N. nicht Brieff geschriben?
Wann? Wie offt?
Was darinnen vermeldt worden?
Wie der Brieff hin und her getragen?
Was N. seinem Anhang destwegen versprochen, geschenckt oder gekaufft, soll man alles wol verzeichnen?
Ob sonst niemand nichts darvon gewust?
Wer darzu geholffen, und Gelegenheit gemacht?
Ob sie nicht einander ins künfftig die Ehe versprochen?
So es durch Kupplerey hergangen; soll man ihn fragen:
Wer der Kuppler, oder Kupplerin sey?
Wie sie heisse?
Wo sie anzutreffen?
Wie er dieselbe belohnet?
Und was die Umbständ der That: auch die Nachforschung mehrers an Tag geben.
§. 7. Wurden nun beede durch, oder ohne die peinliche Frag zur Bekantnuß, auch die in benenten Fragstucken erforschte Umbständ in Erfahrung gebracht, oder dessen sonsten, wie recht ist, überwisen, solle der Richter nachfolgender massen die ernstliche Straffen fürderlich fürkehren:
§. 8. Die gemeinen Mann- und Weibs-Persohnen, so in doppelten Ehebruch begriffen, sollen zum Erstenmal ihrer Betrettung mit Ruthen außgestrichen, und deß Land-Gerichts verwisen: Zum Andertenmal aber, demnach sie schon einmal gebüst, und zwar, da der Ehebruch zwischen einem Ehemann, und eines andern Eheweib, weilen solches ein doppelter Ehebruch ist, oder auch zwischen einer ledigen Manns-Persohn, und einem Eheweib vollbracht, mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt gerichtet:
Die höhern Stands Persohnen aber, ausser unserer Land-Leuth, über welche kein Land-Gericht zu urtheilen, sondern sich deß von Uns ihnen ertheilten Criminal-Privilegii zubetragen haben, zum Erstenmal mit dem Thurn, oder anderer Gefängnuß mit Wasser und Brodt auff ein gewisse Zeit, und noch darzu mit einer Geld-Straff belegt: auff die Anderte Betrettung aber, nach gestalt der Persohn, ein noch schärffere Straff, oder wohl auch gar nach denen Umbständen deß Verbrechens mit dem Todt, nach vernünfftiger Ermessung der Obrigkeit gestrafft werden.
Was aber den Ehebruch zwischen einem Ehemann, und ledigen Weibs-Persohn betrifft, wollen Wir, daß dessen Bestraffung zum Erstenmal nach deß Verbrechers Vermögen mit Geld, höchstens aber mit zwey und dreyßig Gulden: zum Andertenmal mit Gefängnuß in Wasser und Brodt, oder Arbeit in Eysen und Banden: und zum Drittenmal mit der Ruthen-Straff beschehe; doch daß diß Orths die ledige Weibs-Persohn in der Bestraffung etwas leichter gehalten werde, und doch hiebey und durchgehend zuwissen, wann der Landgerichts-Herr jemanden deß Ehebruchs halber abgestrafft, daß derselbe ferners von niemanden abgestrafft werden könne.
§. 9. Beschwärende Umbständ deß Ehebruchs seynd:
wann Erstlich, derselbe in doppelter Ehe beschicht.
Andertens, der Thäter über beschehene Verbott, und öfftere Abstraffungen hierin betretten: und
Drittens, von einem fast alten Mann, oder einem, der den Leuthen zur Obrigkeit, und guten Exempel vorgesetzt ist, begangen wurde.
§. 10. Dahingegen lindert die ordentliche Straff deß Ehebruchs in etwas.
Erstlichen, deß beleydigten Theils Fürbitt und Verzeyhung.
Andertens, die vorhandene Eheliche Kinder, so durch die offentliche Straff beschreyet wurden.
Drittens, die allzu groß gegebene Ursachen gegen einer Persohn, die sonsten ihr Lebenszeit züchtig gelebt.
Viertens, wann der ledige Thäter nicht gewust, daß die Persohn, mit welcher er gesündiget, verehelicht.
Fünfftens, eines, oder andern Theils vieljährige Kranckheit.
Wer das Laster der zweyfachen Ehe wissentlich begehet, als wo ein Ehemann ein anders Weib, oder ein Eheweib ein andern Mann, oder ein verheyrathe ein ledige Persohn, bey Lebzeiten eines, oder deß andern Ehegatten, in gestalt der heiligen Ehe nimbt, ist desthalben höher, dann ein Ehebrecher zubestraffen.
§. 1. Die Anzeigungen zur Inquisition seynd: [Seite: 711]
Erstlichen, wann der Beschuldigte destwegen insgemein beschreyet, oder sonsten ein leichtsinnig, streichende Persohn wäre, zu der man sich dergleichen versehen möchte.
Andertens, da er in Reden unbeständig.
Den rechten Nahmen verlaugnete, ein anders Geschlecht und Vatterland angäbe.
Drittens, wann sich ein solche Persohn mit mehrern leichtsinnig versprochen hätte, und dergleichen.
§. 2. Befunde nun der Richter im Nachforschen, neben der Leichtsinnigkeit deß Verdachten:
Erstlichen, daß selbiger anderstwo ein Weib sitzen lassen, oder, da es ein Weibs-Persohn, mit einem andern auff und davon gezogen wäre.
Andertens, der beschuldigte Theil auch, so ihme (daß sein voriger Ehegenoß warhafftig gestorben seye) zubeweisen aufferlegt wurde, sich nichts destoweniger würcklich mit einander verehelichte.
§. 3. Soll bey so gestallten Sachen, das Land-Gericht auff dergleichen Verbrecher greiffen, dieselben zu Red stellen, auch, da destwegen ein, oder mehr Zeugen, oder auch ein Angeber verhanden, solche mit ihm confrontiren.
§. 4. Es erschiene nun Erstlichen, auß der Verhafften gütigen Bekanntnuß eine Unwarheit.
Andertens, wanckendes Gemüth, oder sonsten, da er
Drittens, vorgäbe: es wäre ihme nicht bewust gewesen, daß sein voriger Ehegenoß noch im Leben seye, solle ihm nicht stracks geglaubt, sondern wann er dieses sein Vorgeben nicht klärlich beweiset, und der Richter auß obgesetzten sich wider den Thäter befindenden Vermuthungen, desselben Leichtsinnigkeit abnehmen möchte; zum Fall er seine Unschuld nicht, wie recht ist, beweisen wurde, mit ihme peinlich auff gebräuchiges Bey-Urtheil verfahren.
§. 5. Die Fragen können also gestellet werden:
Ob er (oder sie) nicht zum anderten oder mehrmalen, und in Lebzeiten seines Ehegenossens sich verheyrathet?
Wo sein voriger Ehegenoß sich derzeit befinde?
Unter was für einer Herrschafft, Stadt, Dorff, oder Gebiet?
Wie sie heisse?
Ob er Kinder mit ihr gehabt?
Wie viel?
Wie lang er mit derselben gehaust?
Warumb, und auß was Ursachen er sie verlassen?
Ob er zur Zeit der anderten Verheyrathung gewust, daß seyn voriger Ehegenoß im Leben?
Ob er nicht nachgefragt?
Warumb?
Wie er mit der anderten in Kundschafft gerathen?
Was er ihr, dieselbe zu überreden vorgesagt?
Ob sie gewust, daß er allbereit verheyrathet gewesen?
Ob er, oder sie sich für ein ledige Persohn außgeben?
Wie seine Wort gelautet?
Wer bey Stifftung der vermeinten anderten Heyrath gewesen?
Wie selbige heissen?
Ob er mit der anderten zur Kirchen und Strassen gangen, und sich ordentlich zusammen geben lassen: auch von wem, und an was für einem Orth?
Ob er sie als sein Eheweib ehelich erkennt?
Und was mehr bey solcher That etwan vorbey gangen.
Diese Fragstuck sollen sowol auff Manns- als Weibs-Persohnen gerichtet werden.
§. 6. Doch ligt dem Richter sowohl vor, als nach der peinlichen Frag in allweeg ob, allen möglichen Fleiß anzukehren, damit er deß Verbrechens halber eine Gewißheit von den jenigen Orthen habe, allwo deß Thäters verlassener Ehegatt wohnhafft seyn solle; damit er ihn also in der Tortur desto eigentlicher befragen, auch nach allerseits eingeholten warhafftigen Bericht desto sicherer zu dem End-Urtheil schreitten möge.
§. 7. Dergleichen Verbrecher, wann er boßhafftig, wissentlich, und betrüglicher Weiß die That vollbracht, soll insgemein mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt hingerichtet, oder wohl auch bey hernachfolgenden beschwärenden Umständen das Urtheil nach vernünfftiger Ermessung deß Richters geschärfft werden.
§. 8. Beschwärende Umbständ können seyn:
Erstlichen, wann die verhaffte Persohn solches nicht nur ein, sondern mehrmahls widerhollt.
Andertens, da er, oder sie auch solches Laster wider mit einer verehelichten Persohn begangen.[Seite: 712]
Drittens, selbiges offentlich, und in Ansehung der Kirchen vollbracht.
Viertens, da ein geringere Stands Persohn ein vornehmes Geschlecht überführt hätte.
§. 9. Dannoch werden hingegen was leichters gezüchtiget,
Erstlichen, welche zwar durch den Priester zusammen geben worden, jedoch einander Fleischlich nicht erkennet haben.
Andertens, die, so vermuthlich geglaubt, daß ihre Ehegenossen gestorben seyn.
Drittens, die jenigen, so vor dem Beyschlaff ihres Unrechts sich erinnert, und freywillig einander verlassen haben.
Viertens, wann der, so sich mit zweyen würcklich verheyrathet, die eheliche Pflicht zulaisten, untüchtig wäre.
Wer ein ehrliche Jungfrau, oder Eheweib wider deß leiblichen Vatters, Ehemanns, oder der Vormunder Willen, wie auch eine Wittib, oder Closter-Frau, mit Gewalt boßhafftiger weiß zur Schmach, und Unehr entführet, oder zu der Entführung wissentlich hilffet, der ist mit hinnach gesetzter Straff zubelegen.
§. 1. Die Anzeigungen zum Nachforschen können seyn.
Erstlichen, wann der, auff welchen die gemeine Inzücht gehet, ein solche Persohn wäre, zu der man sich dergleichen That versehen möchte.
Andertens, der sich dergleichen vorhero verlauten lassen.
Drittens, Roß, oder Wagen umb die Zeit, als die Entführung beschehen, bestellet hätte.
Viertens, wann er in währender Nachforschung die Flucht gäbe.
Fünfftens, oder durch ein Land-Gericht mit einer Weibs-Persohn flüchtig durchgehen wolte.
Bey diesen, und dergleichen Vermuthungen, sonderlich wann einer noch auff dem Weeg mit der Entführten wäre betretten worden:
Solle das Land-Gericht solchen alsobald sambt seinen Helffern gefangen nehmen, und in der Güte befragen.
§. 2. Bekennet er die That, so hat es seinen richtigen Weeg, bleibt er aber halsstärrig im Laugnen, und doch die Entführte auff ihn bekennen, oder ein untadelhaffter Zeug wider ihn außsagen wurde, er auch solche Muthmassungen, wie recht ist, von sich nicht abkehren könte: solle das Land-Gericht über geschöpfftes Bey-Urtheil, die peinliche Frag vornehmen, und den Verdachten ungefährlich also befragen:
§. 3. Ob er nicht die N. gewaltthätiger Weiß entführet?
Auß was für einem Orth?
Zu welcher Zeit und Stund?
Ob solche Entführung zu Roß, oder Wagen geschehen?
Wessen die Roß gewesen?
Wohin er sie führen, und mit derselben verbleiben wollen?
Zu was End, und Vorhaben er sie entführet?
Was ihn zu solcher That angetriben?
Ob er sonsten auch jemand entführt hab?
Wohin, und durch was für Orth er mit der Entführten den Weeg genommen?
Bey wem sie eingekehrt?
Was er für Helffer gehabt?
Wie sie heissen? und ob sie Bewöhrt gewesen?
Wo solche anzutreffen?
Und was etwo auß vorgeloffener That mehrers beyzubringen.
§. 4. Da nun der Ehemann, Vatter, Gerhab, oder andere, so die Entführte in der Gewalt gehabt, klagen, oder auch von Ambts wegen wider ihn verfahren wurde, und die Warheit durch peinliche Frag, oder sonsten, wie sichs zurecht gebührt, an Tag käme: solle der Thäter darüber eigentlich bestättet, und auff sein Bekantnuß, oder Uberweisung mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt gerichtet, oder nach Beschaffenheit der beschwärenden Umbständ das Urtheil noch etwas mehrers geschärfft werden.
§. 5. Dieses Laster wird grösser:
Erstlichen, wann darmit Mord, und andere Thätlichkeiten unterlauffen.
Andertens, da die Entführung einer geweyhten Persohn auß einem geweyhten, oder ungeweyhten Orth; Item einer andern Persohn, auß einem geweyhten Orth geschicht.
Drittens, wann ein schlechter Mensch ein Adeliche Persohn entführet.
Viertens, so es von einem öffter verübet worden:
Fünfftens, wann es von einem beschicht, so denen Eltern der Entführten bedient, oder sonsten mit Pflichten zugethan.[Seite: 713]
§. 6. Herentgegen hat die Lebens-Straff nicht statt.
Erstlichen, wann die Entführte sich mit dem Rauber freywillig verehelicht, oder
Andertens, die Entführte nicht mehr in deß Vatters, Manns, oder ihrer Gerhaben Gewalt ist.
Drittens, da die Entführte nicht mit Gewalt, sondern durch gute Wort ist verführt worden.
Viertens, da einer ein unehrliche Persohn entführt.
Fünfftens, wann der Rauber die Schmach an der Beraubten mit fleischlicher Vermischung vor der Copulation nicht würcklich vollbracht.
Dergleichen, wie auch die jenige, so nicht haubtsächlich, sondern allein mitlbar darzu geholffen, sollen willkürlich nach vernünfftiger Ermessung deß Richters, entweders mit Ruthen, und Landgerichts-Verweisung, oder auff ein andere Weiß, doch dem Verbrechen gemäß, gestrafft werden.
Nachdem es sich wol zutragen möchte, daß Adeliche, und anderer ehrlicher Leuth Töchter, ausser der Eltern, oder Gerhaben Vorwissen, und Einwilligung, heimblich zum Heyrathen beredt, und entführet werden, dardurch denen Eltern, Gerhaben, und Adelichen, oder andern ehrlichen Freundschafften grosser Gewalt, und Verschimpffung zugefügt wird, auch dieses ohne das denen guten Sitten, schuldigen Respect, und Gehorsamb, nicht weniger unsern, und unserer hochgeehrten Vorfahrer außgangenen General-Mandaten, und Resolutionen zuwider ist: so wollen Wir zu Verhütt- und Abstellung dergleichen Frevel, und Ungebühr, daß es hierinnen folgender gestalt gehalten werde.
§. 1. Wann eines Landmanns Tochter ohne ihrer Eltern, oder Gerhaben Vorwissen, und Einwilligung von einem Landmann heimblich zur Ehe beredt, und entführet wird, ob schon die Entführung mit beeder Theil Willen beschehen, und Stands halben zwischen ihnen keine Ungleichheit ist: so solle doch der Entführer, und die Entführte Weibs-Persohn hinfüran für das unsern beeden obern Politischen Landständen eingeraumte Adeliche Criminal-Gericht gezogen, darüber erkennet, und nach gestalt der Sachen, entweder mit Gefängnuß, Verschaffung auff ein Gränitz-Hauß, oder sonsten nach vernünfftiger Ermessung deß Gerichts, gestrafft, und benebens zur Abbitt gegen denen Eltern, Gerhaben, oder in deren Ermanglung denen nechsten Befreundten angehalten werden.
§. 2. Ebnermassen solle es gehalten werden, wann ein Landmann eine Tochter von geringern Stand also heimblich zur Ehe beredt, und entführet.
§. 3. Wann aber eines Landmanns Tochter von einer geringern unadelichen Manns-Persohn heimblich zur Ehe beredt, und entführet wird, weilen darnach absonderlich die Adeliche Geschlechter in ihren Würden, Stand, und Weesen höchst verschimpfft, und verkleinert werden, auch allerhand andere gefährliche Ungelegenheit und Thätigkeiten darauß entstehen können: So sollen beede Manns- und Weibs-Persohnen, wann gleich zwischen ihnen die Ehe richtig, vom Land-Gericht, in welchem sie betretten, in Verhafft genommen, und nach Beschaffenheit der Sachen, und Persohnen, insonderheit der Entführer, entweder mit Gefängnuß in Wasser und Brodt, offentlicher Arbeit in Eysen und Banden, oder sonsten willkürlich abgestrafft, auch nach vernünfftiger Ermessung deß Richters, welcher dann hiebey, die in nechst vorgehenden Artickel gesetzte beschwärende Umbständ wol zu beobachten hat, solche Straff mit Verlängerung der Zeit, Entziehung der Speisen, mehrern Anhaltung zur Arbeit, und dergleichen geschärfft, und gegen der entführten Tochter zwar auff gebührende Leibs-Straff erkennet: jedoch derselben würckliche Vollziehung dem Vatter auff Begehren überlassen werden.
Wie dann auch eine solche Landmanns-Tochter, die sich also liederlich, und leichtfertiger Weiß zur Ehe bereden, und entführen lasset, dardurch ihres gehabten Adelichen Nahmens und Wappens, auch sambt ihren in selbiger Ehe erzeugenden Kindern alles künfftigen von ihrer Adelichen Freundschafft herrührenden Erbfalls, und Zutritt entsetzt seyn solle: unerachtet sie etwan bey der heimblichen Verheyrath- und Entführung über fünff und zwantzig Jahr alt gewesen; sie könte dann erweisen, daß sie an ehrlichen Standsmäßigen Heyrathen von ihren Eltern, oder Gerhaben verhindert, oder ihr die hierzu nothwendige Hülff wäre verwaigert worden.
Wann aber der Entführer und die Entführte noch nicht miteinander verehlichet, so solle der Entführer von dem Land-Gericht, worinnen er ergriffen wird, wie jetzt gemeldt, am Leib gestrafft, und die Entführte von dem Adelichen Criminal-Gericht auch zu einer geziemenden Straff erkennet: jedoch die Execution und Vollziehung solcher Straff, wann nicht andere erhebliche Bedencken verhanden wären, gleichfalls dem Vatter auff sein Begehren überlassen werden.
§. 4. Ingleichen, wann die heimbliche Ehebered- und Entführung zwischen Persohnen, so nicht Land-Leuth seynd, fürgehet, sollen sie alle beede auch in dem Land-Gericht, wo [Seite: 714] sie betretten, in Verhafft genommen, und nach Beschaffenheit der Umbständ mit Gefängnuß in Wasser und Brod, offentlicher Arbeit, Kirchenbuß, nach Außspruch der Geistlichen Obrigkeit, oder sonsten am Leib, und zwar der Entführer schärffer, als die Entführte gestrafft, auch benebens zur Abbitt gegen denen Eltern, Gerhaben, oder Befreundten, und Erstattung der etwan verursachten Unkosten auff Begehren, angehalten werden.
§. 5. Zu mehrern Abscheu und Verhütung solcher heimblichen liederlichen Ehebered- und Entführungen, setzen, und ordnen Wir, daß auch alle die jenigen Manns-Persohnen und Weibs-Persohnen, so wissentlich darzu geholffen, vom Land-Gericht nach vernünfftiger Ermässung, entweder mit Gefängnuß in Wasser und Brod, Stellung an Pranger, Land-Gerichts-Verweisung, oder sonsten schärffer, oder linder, dem Verbrechen gemäß, abgestrafft werden.
§. 6. Wir wollen auch durchgehend, daß in diesen Mißhandlungen, weder von der zwey obern Politischen Ständ habenden Adelichen Criminal-Gerichtern noch andern Land-Gerichtern jemahlen einige Geld-Straff sondern jedesmahls eine gebührende Leibs-Straff gegen einen, und andern Verbrecher erkennet, und fürgenommen werde.
Wer sein eigen Eheweib, Tochter, oder sonst jemanden umbs Geld, oder Gewinns wegen boßhafftiger Weiß zu unkeuschen Wercken verkuppelt, oder in seiner Behausung Hülff, Rath und Vorschub darzu gibt, ist nachgesetzter massen zubestraffen.
§. 1. Wann einer bey männiglichen der Kupplerey halben im Verdacht, auch sonsten ein solche Persohn wäre, welche unter dem Vorwand ehrlicher Verrichtungen beschreyte Weibsbilder wissendlich auffhielte;
Andertens, da einer geduldete, daß in seiner Gegenwart verdächtige Manns-Persohnen mit seiner Tochter, oder Eheweib ungebührlich umbgiengen.
Drittens, wann einer wissentlich in seinem Hauß, oder Bestand-Zimmer verdächtigen Leuthen Herberg, Zusammenkunfften, oder sonsten nachdencklichen Unterschlaiff gestattete.
§. 2. Wann nun neben diesem der Richter im Nachforschen erfuhre, daß
Erstlichen, die verdachte Persohn Buel-Brieff hin und her getragen: oder:
Andertens, mit Schanckungen die unverständige Weibsbilder zu dergleichen verbottenen Wercken anzureitzen pflegte.
Drittens, ein Ehemann, oder Vatter, zur Zeit, da verdächtige Mannsbilder sein Weib oder Tochter besuchten, sich von ihnen volltrincken liesse, oder sonst beyseits gienge.
Viertens, wissentliche Hurerey in einem Hauß verübt wurde: Solle man ein solche beschreyte Persohn verhafften, dieselbe umbständiglich in der Güte befragen, und wo vonnöthen, mit denen hierinnen Interessirten vor allen Dingen confrontiren.
§. 3. Wofern der Verdachte hierdurch zur Bekantnuß gebracht, bedarff es keiner peinlichen Befragung; widerspricht er aber die That, und wurde solche entweder durch einen unverleumbdten Zeugen auff ihn erwiesen, oder aber von mehr durch ihn verkuppelten Weibs-Persohnen beharrlich wider ihn außgesagt: so solle die verdachte Persohn auff das gebräuchige Bey-Urtheil, folgender massen peinlich befragt werden.
§. 4. Ob er, oder sie nicht die N. dem N. verkuppelt?
Ob solches Mündlich, durch Brieff, oder andere Weiß beschehen?
Wann?
Welcher Orthen?
Wie offt?
Wer sie darzu bestelt?
soll die Persohn benennen;
Ob er ihr der Kupplerin Geld versprochen?
Wie viel?
Da es aber Kleider, Kleynodien, oder was anders gewesen, solches zubeschreiben;
Wohin sie die Zusammenkunfft angestelt?
Obs in ihrem Hauß, oder Bestand-Zimmer, oder wo sonsten beschehen?
Ob an dem Orth, wohin er die Verkuppelte bescheiden, mehr Leuth gewesen?
Wer sie seyn, und wie sie heissen?
Wie viel Persohnen sie sonst verkuppelt?
Wann der Kuppler oder Kupplerin mehr Persohnen bekennet, müssen sie derentwegen, und was noch mehr bey vorkommenden Anzeigungen fürfallen möchte, darüber auch umbständiglich befragt werden.
§. 5. Wäre nun hierauff die Persohn der Kupplerey beständig, oder wurde dessen genugsamb überwiesen, solle selbige auff nochmahlige Nachforschung hierüber bestättiget, so dann mit Ruthen gestrichen, und deß Land-Gerichts auff ewig verwiesen werden.[Seite: 715]
§. 6. Die Ruthen-Straff ist keines weegs nachzusehen, sondern zuschärffen.
Erstlichen, wann ein Vatter oder Mutter ihre Tochter:
Andertens, ein Mann sein Weib:
Drittens, ein Bruder sein Schwester:
Viertens, ein Vormunder sein Pfleg-Tochter boßhafftig verkuppelt:
Fünfftens, so einer, oder eine ihrer viel durch Kupplerey verführt, und in ein unehrbares Leben gebracht: oder
Sechstens, die Kupplerey in der Kirchen verübt hätte.
Es kan auch nach Grösse deß Verbrechens, und der Umbständ die Lebens-Straff statt finden.
§. 7. Da aber Erstlich, ein oder die andere obgedachte Persohn, ihren Kindern, Weibern, oder Pfleg-Töchtern ohne habenden Genuß allein auß Nachläßigkeit dergleichen Leben gestatteten.
Andertens, dieses zwar bey den Weibsbildern allein gesucht hätten, die Persohn aber nicht wäre zum Fall gebracht: oder
Drittens, die Kupplerey nicht an ehrbarn, sondern ohne das unehrlichen Weibsbildern begangen: solle der vernünfftige Richter solche, bevorab zum erstenmahl mit einem halben heimblichen Schilling, zeitlicher Land-Gerichts-Verweisung, Geld-Straff, oder Gefängnuß abstraffen.
Wann ledige Persohnen in unehrlicher Beywohnung lebten, sollen sie zum ersten von ihrer Grund- oder Dorff-Obrigkeit, welcher auß ihnen jedwedern Orths dergleichen fleischliche Sünden bißhero abzustraffen in Ubung ist, davon abzustehen, und die Persohn hinweg zuschaffen, mit Ernst vermahnet: zum andertenmahl durch scharffe Geld- oder Leibs-Straff abgeschröckt: und drittens sodann von dem Land-Gericht mit scharffer Leibs-Straff belegt werden.
§. 1. Wann ein oder die andere Persohn in diesem Laster so sehr beschreyet und vertiefft, daß dieselbe über öfftere Bestraffung von ihrem bösen Leben nicht abstehen wolte: alsdann sollen dergleichen Persohnen wegen gar zu offt gegebener Aergernuß durch das Land-Gericht zu schärfferer Bestraffung, als mit halben, oder auch gantzen offentlichen Schillingen, gezogen werden.
§. 1. Wan ein Christ, so vorhero ein Jud, Türck, oder sonst ein Unglaubiger gewest, sich mit einer ihme Befreundten Jüdin, Türckin, oder anderer unglaubigen Weibs-Persohn vergriffen, sollen beede, da die Blutschand in auff- oder absteigender Lini beschehen, mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt gericht, und ihre Cörper zu Aschen verbrennet: wann aber solche Blutschand im ersten, und andern Grad der Seiten-Lini, wie auch im ersten Grad der Schwagerschafft beschehen, mit einem gantzen Schilling offentlich gezüchtiget, und so dann deß Land-Gerichts auff ewig verwiesen werden.
§. 2. Ingleichem wann auch ein Jud, Türck, oder anderer Unglaubiger eine Christin oder auch ein Christ eine Jüdin, Türckin, oder andere unglaubige Weibs-Persohn nothzüchtigt, ist derselbe mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt zustraffen, und im ersten Fall deß Juden, Türcken, oder andern unglaubiger Manns-Persohn Cörper auch zu Aschen zuverbrennen.
§. 3. Da sich ein Ehebruch zwischen einem Juden, Türcken, oder andern Unglaubigen, und einer Christin, oder aber zwischen einem Christen, und einer Jüdin, Türckin, oder anderer unglaubigen Weibs-Persohn zutruge, sollen beede Persohnen, sie seyen gleich alle beede, oder nur eines auß ihnen verheurath, auff die erste Betrettung vom Land-Gericht mit einem gantzen Schilling am Pranger abgestrafft, und so dann deß Land-Gerichts auff ewig verwiesen werden.
Da sie aber schon einmahl gebüst, und sich zum anderten mahl betretten liessen, oder solches Laster zwischen einem Verheurathen, und eines andern Ehweib, oder aber auch zwischen einem ledigen Gesellen, und einem Eheweib vollbracht wurde; sollen beede Persohnen mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt hingerichtet werden.
§. 4. Wann ein Jud, Türck, oder ein anderer Unglaubiger, eine Christin mit Gewalt boßhafftiger Weiß zur Schmach und Unehr entführet: der ist auch mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt hinzurichten, und wann er die Schmach an ihr vollbracht, sein Cörper zu Aschen zuverbrennen.
§. 5. Die gemeine Vermischung zwischen einem Juden, Türcken, oder andern Unglaubigen, und einer Christin: oder herentgegen zwischen einem Christen, und einer Jüdin, Türckin, [Seite: 716] oder anderer unglaubigen Weibs-Persohn, sollen von beeden Verbrechern mit einem offentlichen halben Schilling am Pranger, und ewiger Verweisung deß Land-Gerichts gebüst werden.
§. 6. Wie dann in allen oberzehlten Fällen, wegen besonderer Abscheulichkeit derley Vermischungen, kein Land-Gerichts-Herr ohne unser gnädigstes Vorwissen und Befehl die gesetzte Straff in eine geringere zuverändern nicht Macht haben solle.
§. 7. Wie sonsten in diesen Mißhandlungen der Ordnung nach zuverfahren, und waß darbey für Umbständ in einem und andern zubeobachten, wollen Wir Uns auff die vorgesetzte Artickel von der Blutschand, Nothzucht, Ehebruch, gewaltthätiger Entführung, und gemeiner Hurerey, wie auch sonsten in andern Lastern, bezogen haben.
Welcher heimblich oder offentlich, boßhafftig und fürsetzlicher Weiß Feuer einleget, er werde gleich darzu bestellet, oder aber auß Feindschafft, oder Begierd bey währender Brunst zustehlen angetrieben, ist Land-Gerichtsmäßig einzuziehen, und solches wann der Thäter auff der That ergriffen wird.
§. 1. Da aber die Brunst offenbahr, doch der Thäter nur in einem Verdacht wäre, soll man auff folgende Anzeigungen nachforschen.
Erstlichen, wann der Verdachte ein Landstreichender Mißiggänger, gartender Landsknecht, schweiffender Steigbettler, Zigeuner, oder sonsten ein solche Persohn wäre, zu der man sich dergleichen Ubel versehen möchte.
Andertens, da bey einem solchen, so er seines Thuns, Wesens und Wandels befragt wurde, kein beständige gleiche Antwort, oder benebens, ungewöhnliche Wöhren, Feuerzeug, oder ander argwöhnliche Sachen vermerckt, und befunden wurden: solle er von Stund an gefänglich angenommen, in der Güte nothdürfftiglich befragt, auch mit Fleiß allenthalben besucht werden.
§. 2. Befinden sich nun bey einem solcher Gestalt verdachten Menschen, Pulver, Bech, Zündstrick, Feuer-Schwammen, und andere dergleichen zum Brand dienstliche Sachen, oder aber er wurde überwiesen, daß er kürtzlich vor dem Brand, entweders mit Worten, oder schrifftlicher Bephedung tröhlich gewesen, auch mit ungewöhnlichen verdächtigen Feuerwercken, damit man heimlich zubrennen pflegt, umbgangen, und der Verdachte mit keinem glaubwürdigen Schein darthun könte, daß er solche Ding zuläßiger Weiß verübt, oder sonsten seine Unschuld an Tag geben möchte: soll er über vorhero geschöpfftes Bey-Urtheil, auff nachgestellte Fragen peinlich zu Red gestellt werden.
§. 3. Ob er nicht das Feuer eingelegt?
Durch was Gelegenheit?
Wo ers hingelegt?
Zu was Zeit?
Was es für ein Feuerwerck gewesen?
Von wem es zugericht?
Wo er die Materi, Pulver, Zündstrick, Feuerschwammen, und dergleichen genommen?
Ob ers gemacht, oder gekaufft, und bey wem?
Was ihn darzu bewegt?
Ob man ihn darzu bestellet? wer? und was ihme destwegen versprochen worden?
Ob er nicht einige Gesellschafft habe?
Wie dieselbe heissen, wie sie gekleidet, und gestaltet?
Was Thuns dieselben seyen?
Wo sie sich auffhalten?
Wo sie zuerfragen?
Dann wo sich solches auff die Helffer, oder Mitgesellen befunde, sollen sie ebenermassen in Verhafft genommen, und gegen denselben Land-Gerichtsmäßig verfahren werden.
§. 4. Wann sich nun ein solcher Thäter in der peinlichen Frag zu dem Brand bekennet, oder aber wissentlich und boßhafftig darzu geholffen hätte, sich auch die Sach auff eingezogene Erkundigung in Warheit also befunde, solle ein solcher boßhafftiger Brenner mit dem Feuer vom Leben zum Todt hingerichtet werden.
§. 5. Und hat erst besagte Straff auch statt bey denen jenigen, so die Früchte auff dem Feld, Futterey, oder gantze Wälder mit Feuer boßhafftig und fürsetzlich verderben.
§. 6. Man solle sonderlich zu Zeiten, da die Brenner von Feinden, bevorab von den Türcken außgeschickt werden, solche böse Leuth und Landbrenner, so andere durch Geld, und Darreichung der Zündstrick und dergleichen zum brennen angereitzt, und besagter massen Feuer in Städten, Märckten, oder aber an solchen Orthen eingelegt, daß nicht allein die Gebäu, sondern auch viel Menschen durchs Feuer verderbt, oder sonsten ermordet werden, [Seite: 717] mit glüenden Zangen zwicken, die Glider mit dem Rad zerstossen, und so dann lebendig in das Feur werffen lassen.
§. 7. Herentgegen wird die Straff deß lebendig verbrennens nachgesehen, und an statt derselben der Thäter vorhero mit dem Schwerdt hingerichtet, oder nach Gestalt der Umbständ extra ordinariè, wie dann auch noch leidentlicher bestrafft, wann er in der ersten That nach gelegt, und auffgehenden Feuer die Reu erzeigt, und solches mit seinem Zuthun ohne sonderlichen Schaden gedämpfft worden: oder aber sonst eine Ursach vorwendete, worauß ein vernünfftiger Richter abnehmen kunte, daß er die Brunst nicht so gar boßhafftiger Weiß erweckt hätte: ingleichem wann der Thäter noch jung wäre, und der Richter an ihme kein so grosse Boßheit, als etwan bey einem andern befunde, solle ein solcher Brenner Anfangs mit dem Schwerdt gerichtet, dessen Cörper aber nichts desto weniger durchs Feuer verzehrt werden.
§. 8. Noch leidentlicher, und keines weegs zum Todt, sondern allein willkürlich sollen gestrafft werden, die jenigen, so nicht auß bösem Vorsatz, sondern allein auß einer doch straffmäßigen Verwahrlosung, oder Trunckenheit eine Brunst verursachen.
Diese und dergleichen mögen nach vernünfftiger Ermessung deß verursachten Schadens, verübten Unfürsichtigkeit, und aller darbey vorgeloffenen Umbständ, etwan zu einer Geld-Straff, und Abtragung deß Schadens angehalten, und wann sie den Schaden zuersetzen nicht vermögen, ihrer Ubertrettung halber entweders mit einem halben, oder gantzen Schilling, deß Land-Gerichts verwiesen, oder sonsten, wie recht ist, abgestrafft werden.
Wer heimblich oder offentlich stihlt, es seye nun Geld, Vieh, oder andere Fahrnuß, wie die Namen haben mag, wann solches boßhaffter weiß, wider deß Eigenthumbers Willen beschiht, und der Diebstahl sich über Zehen Gulden belaufft, oder aber im Diebstahl, wann sich gleich weniger antreffen, zum drittenmahl betretten, oder dessen überwiesen wird, der ist als ein Dieb Land-Gerichtlich zubestraffen.
§. 1. Die Anzeigungen zum Nachforschen seynd.
Erstlichen, wann der Verdachte ein faullentzende Herren-lose, und ins gemein wegen Diebstahls beschreyte Persohn, oder starcker gesunder Bettler, Zigeuner, oder dergleichen Landfahrer wäre, also daß man sich gegen ihme deß Diebstahls versehen könte.
Andertens, wann einer zur Zeit deß beschehenen Diebstahls bey, oder auß denselbigen Orth gehender wäre gesehen worden.
§. 2. Da nun der Richter im Nachforschen (in welcher die Persohn deß Bezüchtigten, wie auch sein voriges Leben und Wandel wohl zubedencken) entweder
Erstlichen, bey dem Verdachten das gestohlene Gut befunde:
Oder falsche Schlüssel, Hämmer, Brechzangen, und dergleichen zum Einbrechen gerichte Sachen, bey ihme vorhero gesehen, oder aber nach dem Diebstahl an selbigen Orthen sein Hut, Kleider, oder aber Laitern, und anders, so demselben erweißlich zugehört, gefunden wurden.
Andertens, da ein schlechte unvermögliche Persohn mit vielem Geld boche und brangete, oder köstliche Sachen, so ihm vermuthlich nicht zugehören, umb einen Spott außfailte: wie auch, wann er auff der That ergriffen, oder noch im Hauß, oder auff der Gassen mit dem gestohlenen Gut, oder bey dem Fenster, oder andern Orthen deß Hauses herauß steigender wäre ersehen, oder dessen überwiesen worden.
§. 3. Solle er denselben gefänglich einziehen lassen, anfangs gütig befragen, auch da er sich nicht, wie recht ist, von der Inzücht purgiren möchte, und da über diß alles der Gefangene, wegen der bey ihme gefundenen Sachen seinen Gäber nicht zeigen wolte, oder könte: Item, wann derselbe schon einsmals wegen Diebstahls wäre abgestrafft, oder bey ihme verdächtige Diebs-Schlüssel, Dietrich, und Brechzangen, würcklich wären gefunden worden.
Ingleichem da ein grosser mercklicher Diebstahl geschehen, und der Verdachte nach der That mit seinem Außgeben reichlicher sich erzeiget, als er sonsten ausserhalb deß Diebstahls im Vermögen gehabt: er auch hierüber nicht andere glaubwürdige Ursachen anzeigen kunte, woher das argwöhnische Gut käme: zumahlen ein solche Persohn wäre, zu der man sich der Missethat, wie offt gemeldt, versehen möchte, und dann die Summa deß Diebstahls so groß, daß er derentwegen, wann es auff ihne erwisen, am Leben zu straffen wäre: solle derselbe auff ferrers Laugnen, und ordentliches Bey-Urtheil an die Tortur geworffen, und nach den gemeinen Fragstucken ihme ungefährlich folgende Puncten vorgehalten werden.
§. 4. Ob er nicht das Geld (oder was es ist) gestohlen?
Wann? bey Tag, oder bey der Nacht?
Umb welche Stund?
An welchen Orth?
Wie er in das Orth, Hauß, oder Zimmer kommen? [Seite: 718]
Obs offen gestanden, oder versperrter gewesen? wanns versperrt.
Wie, und mit wem er solches eröffnet?
Wo er dasselbige Instrument genommen?
Wo ers jetzt hingethan?
Ob ihn niemand gesehen?
Wo die Leuth damahls gewest?
Durch wem ers außkundschafft habe?
Wie er gewust, wo das Geld, oder anders an dem Orth, Kasten, oder Truhen lige?
Wers ihms gesagt?
Wem er das gestohlene Gut verkaufft?
Solls benennen mit allen Umbständen der Zeit, Orths und Persohn;
Wie theuer?
Was er für Geld darumb eingenommen?
Ob er Dieb vormals umb Diebstahl willen nie eingezogen, und bestrafft worden?
Wie, und auff was Weiß er gestrafft seye worden?
Hat er Geld gestohlen:
Soll man ihn fragen, wie viel?
Was Sorten Geld, ob es grobe, oder kleine Müntz gewesen?
Bekennet er Kleyder, Vieh oder anders:
Soll man fragen die Farb, Gestalt, und also von allen Sachen, derentwegen der Gefangene eingezogen worden:
§. 5. Bekennete nun der Verhaffte einen oder mehr Diebstahl, solle der Richter nicht alsobald zur Straff eylen, sondern denen außgesagten Umbständen, und Persohnen, welchen die Sachen entfrembdet worden, alles fleiß nachfragen.
Befunde er die Umbständ, wie solche außgesagt, wahr zuseyn, soll der Dieb, so ers endlich nochmahlen bestehet, nach Beschaffenheit seines Verbrechens, als, wann der erste Diebstahl auff fünff und zwantzig Gulden, oder darüber kombt: wie auch, wann etliche Diebstähl zusammen kommen, oder der Dieb schon vorhero, wegen eines kleinen Diebstahls zweymahl abgestrafft worden, und doch sich nicht gebessert, sondern wiederumb gestohlen hätte, ob sich gleich solche Diebstähl nicht gar auff fünff und zwaintzig Gulden erstreckten: der Mann mit dem Strang, und das Weib mit dem Schwerdt, wann aber der Diebstahl nicht über zehen Gulden außträgt, und über zweymal nicht geschehen, oder sonsten nachfolgende milderende Umbständ darzu kommen, durch sein Obrigkeit willkürlich bestrafft werden.
§. 6. Die Umbständ so den Diebstahl beschwären, seynd:
Erstlich, wann der Diebstahl bey der Nacht:
Andertens, mit gewöhrter Hand, oder zum Mord tauglichen Instrumenten.
Drittens, mit Einsteigen, oder Hinunterlassen:
Viertens, Erbrechung der Thüren, und Schlösser beschehen.
Fünfftens, der Hauß-Diebstahl, oder der jenige, so zur Zeit einer Brunst, eines Schiffbruchs, oder im Bad, wie auch durch Heraußziehung durch die Fenster beschicht.
Sechstens, ein Diebstahl der jenigen Sachen, so man nicht wohl verwahren kan, als Hönig- Binnen- Traid-Diebstahl, so von Dreschern begangen wird, und dergleichen, ist auch schwärer.
Sibendens, wann durch einen kleinen Diebstahl ein grosser Schaden entstehet, oder auch,
Achtens, der Dieb schon vorhero gestrafft, und ihme solches nicht zur Warnung genommen, sondern zum anderten und drittenmal wieder käme, solle der Richter, ob gleich die vorgehenden Diebstähl schon anderer Orthen willkürlich abgestrafft worden, eines zu dem andern nehmen, und darbey mercken, daß er den Diebstahl, was er an sich selbsten werth ist, nicht aber, wie er dem Dieb zu Nutzen kommen, schätzen, und nach solchen Umbständen noch schärffer als sonsten verfahren.
§. 7. Herentgegen wird die Todts-Straff nachgesehen, und der Dieb was leichters gestrafft:
Erstlich, wann der Diebstahl unter fünff und zwantzig Gulden.
Andertens, wann das gestohlene Gut den rechten Herrn von dem Dieb selbsten, oder durch andere wieder geben, auch denen Kauffern durch den Dieb der Werth wieder erstattet wird.
Drittens, wann der Dieb trunckener weiß, sonsten aber niemahlen gestohlen hätte.
Viertens, wann sich der Dieb mit dem Bestohlenen verglichen:
Fünfftens, oder nach verzehrtem Diebstahl zur Widererstattung anerbotte, solche auch thun könte.
Sechstens, wann der Richter durch Nachforschung auff den Grund deß Diebstahls nicht kommen kan, da gleich der Dieb denselben bestunde. [Seite: 719] Sibendens, wann der Dieb unter, oder bey vierzehen Jahren wäre, und die Boßheit das Alter nicht übertrifft, oder der Diebstahl nicht mit einer fridbrüchigen Gewalthäthigkeit, oder andern bösen Umbständen begangen wäre.
Achtens, wann einer auß mercklicher Armuth, oder obligender Noth, Brodt, Lebens- und Kleydungs-Mittel stuhle, und zum Arbeiten untüchtig, oder da er gern wolte, kein Arbeit haben könte.
Neuntens, wann einer von einer Erbschafft etwas, nicht gar grosses entziehet.
Zehendens, ingleichem die Edlen werden wegen Diebstahl mit dem Schwerdt gericht.
Eilfftens, wann einer zwar eingebrochen, aber nichts gestohlen hätte.
Zwölfftens, wann einer zum Diebstahl vor, oder nach der würcklichen That nur etwas weniges geholffen hätte.
Dreyzehendens, wann einer wissentlich gestohlene Sachen kaufft, darauß aber kein Gewonheit macht, oder ihme das gestohlene Gut zuzutragen, den Dieb nit angelernet hätte.
Dise, und dergleichen sollen allein willkürlich, nach Beschaffenheit deß Diebstahls, mit gantzen, oder halben, offentlichen oder heimblichen Schillingen, Landgerichts-Verweisungen, Gefängnuß, oder Geld-Straffen belegt werden.
Wer auß einer Kirchen, oder andern geweyhten Orthen, geweyhte Sachen stihlt, ist höher als ein gemeiner Dieb zubestraffen.
§. 1. Die Anzeigungen zum Nachforschen kommen mit den gemeinen, und denen von Raub und Diebstahl überein; Es gibt aber auch dieses ein grosse Vermuthung, wann sich ein Persohn zu der Zeit, als die Sachen in einer Kirchen verlohren worden, wie auch vorhero lange Weil wider Gewonheit in selbiger Kirchen befunden, auch sonsten kein Handthierung, oder Gewerb hat, und gleichwol hernach mit Geld herfür kombt.
§. 2. Erfuhre nun der Richter im Nachforschen hierüber, daß der Beschuldigte sich heimblich in der Kirchen versperren, oder von dem Meßner an verborgenen Orthen betretten lassen: Item, wann er auff offener That ergriffen: Imgleichen, da bey ihm geweyhte, oder andere Kirchen-Sachen befunden worden: oder er solche den Juden, oder andern angefailt: solle er ohne Verzug in Verwahrung genommen, in der Güte nothdürfftiglich befragt, und auff dessen gütige Aussag, an Orth und End, wo er geraubt, sonderlich der heiligen Hostien halber fleißige Nachforschung gehalten werden.
§. 3. Könte sich nun der Gefangene, nicht wie recht ist, entschuldigen, auch über die vorige Vermuthungen bey dem Verdachten argwöhnische Brech- und Sperrzeug gefunden, oder ihne jemand würcklich die Kirchen-Thür, Sacristey, Sacrament-Häusel, oder Stock hätte auffbrechen sehen, oder aber es wurde sonsten durch einen unverleumbten Zeugen auff ihn erwisen: solle man den Gefangenen, wofern er laugnete, und solche Inzücht nicht, wie recht ist, von sich ablainen könte, auff geschöpfftes Bey-Urtheil, mit der peinlichen Frag zur Bekantnuß der Warheit anhalten, und ungefährlich also fragen:
§. 4. Ob er nicht in diese, oder jene Kirchen, oder Stock (davon die Anzeigungen melden) gebrochen?
Ob er nicht den Kelch, Monstrantz (oder was etwan sonsten verlohren worden) entfrembdet?
Wann?
Wie offt er Kirchen beraubt?
Zu welcher Zeit, bey Tag, oder bey der Nacht?
Ob die Kirchen Sacristey, Sacrament-Häusel, oder Stock versperrt, oder offen gewesen? So es versperrt, fragt man:
Womit er dieses Orth erbrochen?
Wo er dieselben Werckzeug genommen?
Was ihn darzu getriben?
Wie viel dises Kirchen-Raubs in allen gewesen?
Wo er denselben hingethan?
Wem er die entfrembdte Sachen verkaufft?
Soll es benennen:
Wie theuer?
Was man ihme für Geld darfür geben?
Ob ihme jemand geholffen?
Wer dieselben seyen?
Wo sie anzutreffen?
§. 5. Wann ein Kirchen-Rauber bekennet, oder Anzeigungen verhanden, daß er Kelch, Ciboria, Monstrantzen, und anders, worinnen heilige Sachen auffbehalten werden, geraubet, soll man ihn fragen: [Seite: 720]
Ob sich das Hochwürdige Sacrament darinnen befunden?
In wie viel Theil, oder Particuln?
Wo ers hingethan?
Ob ers genossen?
Ob ers mit sich genommen?
Wem ers geben?
Obs nicht er, oder andere verunehret?
Obs nicht er, oder andere zur Zauberey gebraucht, oder brauchen wollen?
Zu was Zauberey?
Ob er nicht etwas von den heil. Hostien auffbehalten, oder sonsten an Orth und End, wo sie noch zufinden seyn möchten, versteckt, verworffen, oder vergraben hab?
An welchen Orthen sie seyn? damits der Priester an selbigen Orth erheben kan?
Und was etwan die Umbständ der That mehrers mit sich bringen?
§. 6. Bekennet er auch die That, oder wurde sonsten, wie recht ist, derselben überwisen, soll er nach abermahliger allerseits eingeholten Nachforschung über seine Bekantnuß bestättet, und zu der verwürckten Straff ohne Verzug angehalten werden.
§. 7. Umb willen aber der Kirchen-Diebstahl auff dreyerlei Weiß begangen wird, nemblich:
Erstens, so jemand etwas Heiliges, oder Geweyhtes stihlt, an geweyhten Orthen.
Andertens, wann einer etwas Heiliges, oder Geweyhtes an ungeweyhten Orthen stihlt.
Drittens, wann einer ungeweyhte Ding an geweyhten Orthen stihlt, also gehört fast auff ein jeden absonderliche Straff.
§. 8. Und erstlich zwar der jenige, so ein Monstrantzen, Ciborium, oder Kelch, worinnen das Hochheilige Sacrament innen ist, entfrembdet, solle mit dem Feuer vom Leben zum Todt gestrafft werden.
§. 9. Da aber einer sonst GOtt geweichte Sachen, als lähre Kelch, silberne Gefäß sambt den Heiligthumbern, ohne Verunehrung deß H. Sacraments stuhle, der solle vorhero mit dem Schwerdt, oder an einem über den Scheitterhauffen gemachten Galgen, mit dem Strang hingericht, hernach aber ebnermassen, durch das Feuer verzehrt werden, und solches, wann auch der Diebstahl dieser Dingen nicht an geweyhten Orthen, sondern etwo auß einer Schatz-Kammer beschehe.
§. 10. Die jenigen aber, so da an geweyhten Orthen ungeweyhte Sachen, als Amplen, Becher, Leichter, oder andere dergleichen Kirchen-Zierd, entfrembden, sollen nach Grösse deß Diebstahls, und vernünfftiger Ermessung aller Umbständ, und zwar in Ansehen deß Kirchenraubs etwas schärffers, als andere gemeine Dieb gestrafft werden.
§. 11. Es werden wol auch die Kirchen-Rauber noch schärffer hingerichtet:
Erstlichen, wann einer sehr viel Kirchen erbrochen, und bestohlen, auch das Hochheilige Sacrament zu mehrmahlen lasterhafftig berührt, genossen, oder sonst verunehrt hätte.
Andertens, wann einer auß der entfremdten Monstrantzen, Ciborio, oder Kelch die heil. Hostien nehme, und solche den Zauberern, oder Juden verkauffte, dergleichen Gottlose Leuth sollen vor der endlichen Lebens-Straff, entweders mit Zangen gerissen, geschläipfft, ihnen beede Händ abgehauet, und sodann sambt dem Cörper verbrennet: über die Juden, oder Zauberer aber, die es ihnen abkaufft, oder zur Zauberey gebraucht haben, ein absonderliches Urtheil gefällt, auch die vorgemeldte Straff nach Erwegung der Umbständ geschärfft werden.
Drittens, wird der Kirchen-Diebstahl auch beschwärt, wann er mit Einsteigen, oder Einbrechen, oder von denen Persohnen, welchen dergleichen Kirchen-Sachen anvertraut gewest, beschehen.
§. 12. Wann aber der Kirchen-Raub
Erstlichen, durch einen gar jungen einfältigen Menschen:
Andertens, sehr alt und kindischen Mann:
Drittens, ein dergleichen Weib: oder
Viertens, auß Hungersnoth nur einmahl begangen wurde:
Fünfftens, wann einer bey Verübung desselben bloß Schildtwacht gehalten: oder
Sechstens, die geraubte Sachen, allein verkaufft, oder erkaufft hätte: auch
Sibendens, die Sachen wieder bekommen: oder
Achtens, erstattet worden: oder
Neuntens, eines geringschätzigen Werths wären:
Solle der Richter den lindern Weeg erwählen, und nach gestalt der Umbständ, ihne zwar nicht am Leben, jedoch sonsten am Leib scharff bestraffen. [Seite: 721]
Auff die jenige, welche die Leuth auff freyer Gassen und Strassen, gewaltthätiger weiß berauben, ob sie gleich dieselbige an ihrem Leib und Leben nicht beschädigten, sollen alle Land-Gerichter fleißige Obacht haben, und wann man in einer Gegend nur etwas weniges vom Rauben, oder Unsicherheit der Strassen höret, oder vermerckt, zusammen stehen, und solchen Strassen-Raubern nachstellen; damit selbige außgerottet, oder abgeschröckt, die Sicherheit der Strassen, und hierdurch freyer Handel und Wandel im Land erhalten werde.
§. 1. Die Anzeigungen zum Nachforschen seynd:
Erstlich, wann der Verdachte an Orth und End, wo die Strassen gemeiniglich unsicher seynd, sich befindet:
Andertens, wann er eines bösen Beruffs, oder sonsten bezüchtiget wäre, daß er den Leuthen Geld abzunöthigen im Brauch hätte:
Drittens, wan verdächtige Gesellen, sie seyn Raißige, Fußknecht, Zigeuner, oder sonst Herrenloses und Landstreichendes Gesindel, in Würthshäusern ligen, kostbarlich zehren, und nicht redliche Dienst, Handthierung, oder Mittel, davon sie solche Zehrung zimblich thun mögen, anzeigen können, oder auff frischer That deß Raubens ergriffen werden: solle man sie sambt allem ihren Gut gefänglich anhalten, Anfangs gütig befragen, und, da es vonnöthen, mit einander, wie auch mit denen angegebenen Beraubten zu Red stellen.
§. 2. Befindet sich nun bey einem, oder mehrern argwöhnisch geraubtes Gut, auff welches der Beraubte zeigen könte, oder auch bey seinem Eyd wider die Gefangene, oder aber ein anderer Rauber in der peinlichen Frag wider einen aussagte: die Beschuldigte hingegen ihrer Gäber deß Guts halben nicht zunennen wusten, oder in der Confrontation wanckend, und unwahrhafft sich erzeigten, sollen sie auff ferners Laugnen mit der Tortur nach dem Bey-Urtheil belegt, und ein jeder besonders beyläuffig also befragt werden.
§. 3. Ob er nicht auff offener Strassen geraubt?
Wie offt solches beschehen?
Zu welcher Zeit?
An welchen Orth, und Enden?
Ob er die jenigen, so er beraubt, kenne? solle sie benennen: wie sie gestaltet, oder bekleidet gewesen?
Ob er die Beleidigte mit Waffen angriffen?
Mit was für Waffen?
Was er dem Beraubten genommen?
Wie viel Geld? oder was für andere Sachen?
Was Sorten?
Was er mit dem Raub gethan?
Wem er dieselbe Sachen verkaufft?
Wie theuer?
Wo er das Geld hat hingethan?
Bey wem ers verzehrt?
Wie lang er sich alldort auffgehalten?
Wer seine Gesellen seynd?
Wie sie heissen?
Soll sie von Persohn, und allen ihren Eigenschafften beschreiben:
Wo sie sich auffhalten? und was dergleichen mehr die Anzeigungen geben.
Ob er nicht auch Leuth auff der Strassen umbgebracht?
§. 4. Auff die bekantliche, oder sonsten erwiesene That, und eingeholte Erkundigung ob der Raub sich also befinde, solle der Thäter bestättet, vermög unserer Vorfahrer, und gemeinen Kayserl. Rechten, mit dem Strang oder mit dem Schwerdt, oder wie an jedem Orth in diesen Fällen mit guter Gewohnheit herkommen, doch am Leben gestrafft werden.
§. 5. Beschwärende Umbständ seynd:
Erstlichen, wann der Thäter dem Rauben ein lange Zeit ergeben gewest, und gleichsamb ein Handwerck darauß gemacht:
Andertens, wann er andere zum Rauben angeführt, und ihnen die Gelegenheit gezeigt:
Drittens, die zusammen gerottirten Strassenrauber seynd auch schwärer, als einer allein zustraffen:
Viertens, wann er mit Verwundung der Reisenden, oder auch seinen Herrn, oder Obrigkeit beraubt hätte.
§. 6. Da aber Erstlichen, die Beraubung nicht so gar gewaltthätig:
Andertens, nicht offt:
Drittens, ohne Waffen:[Seite: 722]
Viertens, aus grosser Noth und Armuth beschähe:
Fünfftens, der Raub gering:
Sechstens, wann der Gefangene auß Befehl seines Herrn geraubet:
Sibendens, da einer allein bey den Raubern gewesen, die Hand aber nicht angelegt: Ingleichem
Achtens, wann sich der Rauber mit dem Beraubten verglichen, solle man dieselbe mit gantzen oder halben Schillingen, und Land-Gerichts-Verweisungen abstraffen, oder aber zur offentlichen Arbeit verurtheilen.
Wer unsere als Römischen Kaysers und Lands-Fürsten Müntz, auff was Weiß es immer seyn kan, ohne Freyheit nachmüntzet, ob gleich solche an Schrott, und Korn der Unserigen gleich, oder noch hältiger wäre, der ist in das Laster unserer beleidigten Majestät gefallen, und derentwegen von dem Land-Gericht, wo er betretten wird, gefänglich einzuziehen: so dann unserer Regierung anzuzeigen, und deroselben auff erfolgende Verordnung, zuüberlieffern.
Wer aber sonsten andere außländische falsche Müntz machet, oder insgemein falsche Müntz auffwechselt, mit Fleiß an sich bringt, solche auch widerumb dem Nechsten zum Nachtheil wissentlich außgibt: ingleichem wer der guten Müntz ihre rechte Schwäre benimbt, solche in Degel würfft, und geringe Müntz hierauß macht, mit deme soll das Land-Gericht verfahren.
§. 1. Zum Nachforschen hat ein Richter Ursach, wann
Erstlichen, viel neu verdächtiges Geld unter der Gemein, bevorab bey denen unverständigen Baursleuthen im Schwung gienge.
Andertens, wann ein verdächtiger Mensch fast allenthalben neues Geld außgäbe.
Drittens, da ein solcher das gute alte Geld auffwechselte, und entgegen grob und neu beschnittenes Geld unter die Leuth brächte: auch
Viertens, ein sonst arme doch deß Müntzens kundige und erfahrne, auch derentwegen beschreyte Persohn wäre, zu welcher man sich der That gar wohl versehen könte.
§. 2. Auff solche vorkommende Muthmassung kan der Richter, wann er einen Falsch an dem neuen Geld befunden, heimblich gewisse Leuth verordnen, so mit dem Verdachten Kauff- oder andere Geld-Handlungen treiben sollen; befindet er nun, daß selbiger solche falsche oder beschnittene Müntz außgibt, oder wann vorkäme, daß einer das gute Geld auffwechselte, dahingegen geringe, und außländische Müntz unter die Gemein brächte, oder aber bey einem viel auß andern Orthen hergebrachte, undüchtige Müntz wäre gefunden worden, solle er ein solchen gefänglich anhalten, und vor allen Dingen, dessen Hauß, Wohnung, oder bey sich habende Sachen durchsehen, ihne hierüber zu Red stellen, und wo es Noth, mit denen vorkommenden Zeugen confrontiren.
§. 3. Kan nun der Verdachte seinen Gäber nicht benennen, oder wurde in seinem Zimmer, Hauß, Vorhauß, oder Fahrnuß, Werckzeug, oder andere zum Müntzen gehörige Sachen, nicht weniger ungeprägte Blech, so der falsch gemüntzten gleich seyn, oder sonsten verdächtige Müntz gefunden, und noch darüber, der falsches Geld außgibt, von seiner Handthierung ein Müntzer wäre, solle er nach dem Bey-Urtheil zur Bekantnuß auff ungefähr nachfolgende Fragen peinlich angestrengt werden.
§. 4. Ob er nicht falsches Geld gemüntzet?
Wie offt?
Mit was Bildnuß?
Wie viel Stuck?
Aus was für einem Metall?
Wo er das Metall, oder Präg, und anders genommen?
An welchem Orth solches beschehen?
Mit was Werckzeugen er gemüntzt, und woher ers genommen?
Obs die Leuth, oder der Herr deß Hauß gewust?
Ob sie Nutzen, oder Gewinn davon gehabt?
Von wem ers gelernet?
Wie derselbig heist?
Wo er anzutreffen?
Ob er das falsche Geld außgeben?
Wie viel?
Wem?
Wo? soll das Orth benennen;
Was er darumb kaufft?
Ob er keine Helffer gehabt? solls beschreiben von Persohn, Länge, Gestalt, Kleider, und was sonsten derselben Thun und Lassen seye.[Seite: 723]
§. 5. Also auch können die Fragstuck gestellet werden, auff die, so die Müntz beschneiden, die gute vorsätzlich zu dem Ende auffwechseln, damit sie dagegen die böse in das Land bringen, oder so die gute in Degel werffen, umbprägen, oder auch ohne Freyheit müntzen.
§. 6. Bekennet nun der Gefangene seine Verbrechen, oder wurde dessen sonsten, wie recht ist, überwiesen: soll man denen Umbständen nachfragen, den Thäter endlich wider befragen, und nach Gestalt der Ubelthat bestraffen.
Und zwar der jenige, so unser Reichs- oder Land-Müntz nachschlagt oder fälscht, ist Uns als ein Beleidiger unserer Majestät, mit Leib, Leben, Haab und Gut heimbgefallen.
§. 7. Also auch der außländische falsche Müntz schlagt, wie auch falsche Müntz, die in Unserm, oder andern Namen geschlagen, auffwechselt, und widerumb gefährlich und wissentlich außgibt, der soll mit dem Feuer vom Leben zum Todt hingerichtet, oder nach Beschaffenheit der Umbständ vorhero enthaubtet, und hernacher verbrennt werden.
§. 8. Die auch wissentlich ihre Häuser zum Falsch-Müntzen leihen, oder solches darinnen gestatten, dieselben Häuser sollen Uns sie damit verwürckt haben.
§. 9. Diese Ubelthat solle man schwärer straffen, wann der Thäter das falsche Müntzen ein lange Zeit getrieben, viel betrogen, und in dem gemeinen Wesen grosse Verwürrung und Schaden angerichtet, auch solche Müntz in Schrott und Korn geringer geprägt hätte.
§. 10. Dahingegen ist die Straff zumildern.
Erstlichen, wann der Ubelthäter das Müntzen erst versucht.
Andertens, deß falschen Gelds wenig, oder gar nichts unter die Leuth hätte kommen lassen, und also nicht gar viel geschadet hätte.
Drittens, da einer wissentlich in einer zimlichen Summa darumb das falsche Geld wider außgäbe, weilen er vermeinte, umb willen er betrogen worden, daß er auch einen andern mit selbigen betrügen könte.
Wer falsche Sigel, Schild, Helm, oder auch falsche Brieff und Urkunden wissentlich machet, richtige Instrumenta radirt, und verfälscht, oder sich deren selbst boßhafftig und betrüglicher Weiß, einem andern zum Nachtheil, in oder ausser Gericht gebraucht oder andern zu dem Ende ertheilet, ist Land-Gerichtsmäßig.
§. 1. Die Anzeigungen eines falschen Sigil, oder Brieffs, ereignen sich auß dem Augenschein selbsten, wann mans, sonderlich gegen dem Liecht, oder eine Handschrifft gegen der andern hält, welches dann in allweg vonnöthen, wann der jenige von dessen Handschrifft man zweiffelt, Todt ist: lebt er aber noch, soll man ihn darüber vernehmen, und seine Handschrifft gerichtlich recognosciren lassen.
Finden sich nun verdächtige Umbständ, und es wäre der jenige, welcher sich eines solchen Instruments gebraucht, ein solche Persohn, zu der man sich dergleichen wohl versehen möchte, oder von ihm vorhero falsche Sachen erfahren hätte, soll man ihn in Verwahrung nehmen, Anfangs gütig befragen, und da die Sach von einer so hohen Wichtigkeit wäre, und der Verdachte die in denen falschen Instrumenten befindende Anzeigungen nicht, wie recht ist, von sich abwenden könte: soll man nach gefälltem Bey-Urtheil mit einem solchen peinlich verfahren, und nach Gestalt deß vorkommenen Betrugs, auff gewisse Fragstuck vernehmen, als ungefähr:
§. 2. Ob er dieses oder jenes gemacht, oder geschrieben?
Wie, und welcher Gestalt es beschehen?
Wo, und wann?
Wer ihn darzu bewegt?
Wer ihm darzu geholffen?
Was er dardurch erobert, oder wem, was und welcher Gestalt er einem andern geschadet?
Und weilen der Falsch unterschiedlich verübt wird, muß man die Fragstuck auch unterschiedlich stellen.
§. 3. Bekennet nun der Gefangene den Falsch, oder wurde dessen, wie recht ist, überwiesen, solle er hierüber bestättet, und nach dem die Fälschung viel oder wenig, boßhafftig oder schädlich geschicht, nach Rath der Verständigen, entweder mit Abhauung der Hand, offentlichen Schilling, und Land-Gerichts-Verweisung, und in den gar schwären Verbrechen, auch wohl gar an dem Leben gestrafft werden.
§. 4. Doch verdienet in allweeg der jenige ein grössere Straff, welcher diß Laster öffter begangen, oder da einer zur Zeit seines tragenden Ambts dergleichen verübt hätte. Oder aber da es umb grosses Gut, Land und Leuth, oder aber umb eines unschuldigen Leib und Leben zuthun ist.
§. 5. Dahingegen wann hierdurch ein schlechter Schaden entstehet, oder der Thäter solches auß Noth, Armuth, Jugend, oder gar nicht so boßhafftig begienge, soll die Straff etwas leidentlicher vorgenommen werden. [Seite: 724]
Wer boßhafftig und gefährlicher Weiß, Maß, Waag, Gewicht Elen, Specereyen, und andere Kauffmanns-Waaren verfälschet, und die seinen Nechsten zubetrügen, für gerecht außgibt, ist das erste mahl von seiner Obrigkeit willkürlich, das andertemal aber Land-Gerichtlich zubestraffen.
§. 1. Anzeigung zu Nachforschen seynd:
Erstlichen, wann in einem Laden, Gewölb, und denen Orthen, wo man eins und anders zuverkauffen pflegt, Maß, Elen, Gewichtstein, Zimmenter, Waagen, gefunden werden, so mit dem gewöhnlichen March deß Orths nicht bezeichnet.
Andertens, der Verdachte auch ein sonders betrogne, und dessen bey männiglich beschreyte Persohn wäre, darzu man sich der That versehen möchte.
§. 2. Auff solchen Fall solle der Richter die Maß, Gewicht, und anders zu sich bringen, oder das jenige, so nach dem Gewicht, Elen oder Maß verkaufft wird, durch darzu bestelte Leuth abholen, wägen, messen, oder achten lassen: Befindet er nun die Elen, Gewicht oder Maß unrecht, solle er die Persohn verhafften, benebens auch das verdachte Gewicht, Elen und Maß hinweg nehmen, gegen der Waar halten, den Verkauffer zu Red stellen, und mit denen, so etwa darüber geklaget, confrontiren.
§. 3. Bekennet er nun solchen Betrug gutwillig, oder aber es wurde das Gewicht, Waag, Elen, verkauffte Waaren, in der That falsch befunden, bedarff es keiner peinlichen Frag, sondern der Thäter solle nach Beschaffenheit deß Betrugs und Schaden am Leib oder Gut gestrafft werden.
§. 4. Wann solche Verfälschung über vorhero ergangene Abmahn- und Bestraffung öffters und boßhafftig beschiht, kan selbige wohl auch einem Diebstahl gleich, an dem Thäter mit dem Strang gestrafft werden.
§. 5. Da aber einer mit falscher Maß, oder Gewicht wenig Schaden gethan, kan er zum ersten mahl mit einer proportionirten Straff, wie oben gemeldt, von seiner Obrigkeit belegt werden.
Wer bößlich, und gefährlicher Weiß Mahl- oder Marchstein, Baum oder Häger verrucket, abhauet, abthut, oder verändert, wie auch der, so Marchwasser an andere Orth leitet, ist Land-Gerichtlich, nach Beschaffenheit deß Verbrechens, und deß hierauß erfolgenden Schadens: Der aber seinem Nachbarn nur zu nahend ackert, oder hauet, oder auch ein Gehög oder Zaun über das rechte Ziel vortheilhafftig setzet, ist durch seine ordentliche Obrigkeit willkürlich zustraffen, und zu Erstattung deß Schadens, auch, daß er alles in vorigen Stand setze, anzuhalten.
Welcher wissentlich einen falschen Eyd schwört, der solle eingezogen, und Land-Gerichtlich abgestrafft werden.
§. 1. Doch muß er dessen vorhero genugsamb überwiesen, und vor einen Meineydigen durch Urtheil und Recht erkennet werden.
§. 2. Bekennet aber der Befragte den Meineyd selbsten, oder aber er wurde dessen durch genugsambe Zeugen überwiesen, solle er nach Gelegenheit der Umbständ, und Schwäre deß Meineyds solcher Gestalt gestrafft werden.
Nemblich, wer vor Gericht einen falschen Eyd, jemand hierdurch zur peinlichen Straff zubringen, schwört, derselbe soll mit der Straff, die er fälschlich auff einen andern darzu bringen begehrt, belegt: oder so der Eyd zeitliches Gut, oder die Verletzung der Ehr antrifft, welches dem jenigen, der also fälschlich geschworen, zu Nutz, oder dem Nechsten zum Schaden kommen, der ist zuvorderist, wo er das vermag, solch fälschlich abgeschworen Gut, oder Ehr dem Verletzten wider zukehren schuldig; er solle auch darzu verleumbdet, und aller Ehren entsetzet seyn, oder nach Schwäre der Sachen die vordern zween Finger, mit welchen er geschworen, abgehauet, oder nach Grösse deß Meineyds auch die Zungen abgeschnitten werden.
§. 3. Die Umbständ, so den Meineyd grösser machen, seynd ungefährlich diese:
Erstlichen, wann der Meineyd zum öfftern und wohlbedächtlich beschehen:
Andertens, wann der Thäter über vorhergangene Erinnerung deß Meineyds, und der darauff beruhenden Straff gleichwohl fälschlich geschworen.
Drittens, wann der Meineyd gar mit einem sonderbahren Frevel oder Vermessenheit beschehen.
Viertens, wann viel wegen desselben ihr Hab und Gut, oder auch Ehr, Leib, und Leben verlohren.[Seite: 725]
§. 4. Dahingegen wird die Straff gelindert:
Erstlich, wann einer aus Unbedachtsambkeit falsch geschworen.
Andertens, wann darauß ein kleiner, und gar kein Schaden geschehen.
Drittens, wann die Meineydige Persohn die Straff deß Meineyds nicht gewust, auch deren nicht erinnert worden.
Viertens, wann der Meineydige den zugefügten Schaden kan und will erstatten, etc.
Fünfftens, wann der, so geschworen, gar ein einfältige Persohn wäre, so den Meineyd nicht fassen könte.
§. 1. Bricht einer ein geschworne Urphed mit Sachen und Thaten, darumb er ohne das am Leben zustraffen wäre, dieselbe Tods-Straff solle an ihme vollbracht werden.
§. 2. So aber einer ein Urphed mit Sachen, darumb er das Leben nicht verwürckt hat, fürsetzlich, und freventlich bräche, der solle erstens als ein Meineydiger mit einem gantzen Schilling, zum andertenmal mit Abhauung der Hand, oder Finger, mit welchen er geschworen, drittens, mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt gerichtet werden, etc.
Welcher jemand durch Schmachschrifften, oder Gemähl boßhafftig an Ehren lästert, der solle in geringern Sachen nach Ermessung von seiner Obrigkeit, in den schwären aber von dem Land-Gericht abgestrafft werden.
§. 1. Die Anzeigungen zum Nachforschen seynd ungefährlich diese:
Erstlichen, wann die verdachte Persohn sonsten leichtlich Schmach-Wort außzugiessen im Brauch, auch gegen dem Gelästerten einen Widerwillen, oder Trohwort wider ihn außgegossen hätte, es könten auch die Vermuthungen auß der Schrifft, Papier, und andern genommen werden, absonderlich aber ist der jenige, bey welchen man ein Schmachkarten findet, sein Gäber, und derselbe wider den jenigen, von wem ers hat, so lang biß man auff den ersten Anfanger kombt, zubenennen, und darzuthun schuldig: man solle auch einen solchen so lang und viel, biß er seinen Gäber offenbahret (wann er anderst ein solcher Mensch wäre, zu dem man sich dergleichen That versehen könte) in Verhafft nehmen, und wann Zeugen verhanden, mit denselben confrontiren.
§. 2. Da nun die bezüchtigte Persohn keinen Gäber zuzaigen wuste, und benebens ein untadelhaffter Zeug, oder andere zur Tortur genugsambe Anzeigungen verhanden, die Schmachkarten auch also beschaffen, daß dardurch hohe Persohnen angegriffen, oder darauß ein grosses Unheyl der Gemain, oder einem gantzen Land entstanden wäre, kan man sie peinlich ohngefähr auff diese Weiß befragen.
§. 3. Ob der Thäter dieselben Schrifften, oder Gemähl gemacht? oder ein anderer?
Wer derselbige seye?
Wo er zufinden?
Durch was Weiß er diese Brieff, oder Gemähl offenbahret, und außgebreitet?
Durch wem?
Ob er sie nicht an mehr Oerther verschickt habe?
Wohin?
Zu was Leuthen?
Was ihn zu allen dem bewogen?
Und was noch weiters die Umbständ an Tag geben könten.
§. 4. Wann nun der Thäter die That selber bekennet, oder deren genugsamb überwisen wäre, solle er nach Umbständ seines Verbrechens, entweder mit Stellung an den Pranger, Außstreichen, und Landgerichts-Verweisung, Abhauung der Finger, mit welchen ers geschriben, oder gemahlen, auch wol gar an dem Leben, alles nach Schwäre der Schmähung, und Würden der geschmähten Persohn, und darauß erfolgten Schaden, gestrafft werden.
§. 5. Dann wer Schmachbrieff von solchen Persohnen machet, welche allzeit eines guten Nahmens, und in hohen Ehren gewesen, und sie ihres guten Nahmens und Ehren-Tituls beraubt, selbige weit außbreitet, oder hierdurch viel Todtschläg, oder anders grosses Unheyl im Land, oder Unfried zwischen grossen Herren verursacht hätte, ist schwärlich zustraffen.
§. 6. Dahingegen wird die Straff gelindert:
Erstlichen, wann einer zwar dergleichen Schmachbrieff, so ein grosses Unheyl der Gemain, oder einem gantzen Land verursachen möchten, gefunden, und dieselbe andere sehen lassen.
Andertens, wann der Thäter in seiner Schmachschrifft ein geringe Persohn eines kleinen Lasters bezüchtiget. [Seite: 726]
Drittens, endlich das Laster, welches einer durch ein Paßquill außbreitet, sich in Warheit also befunden hat, wiewol dieses Laster die Straff nicht gar viel lindert. Wer dergleichen Thäter, und Interessirte anzeigt, daß sie zur Straff gebracht werden, dem solle von deß Verbrechers Gut, nach Beschaffenheit seines Vermögens, ein zimliches von der eingehenden Geld-Straff gegeben werden.
§. 1. Nachdem auch bey täglich zunehmender Boßheit der Menschen, die Betrüg und Vortheil also wachsen, daß man denenselben fast keinen absonderlichen Nahmen geben kan, indeme sich böse Leuth finden, welche unter dem Schein deß Geldwechslens, oder Zehlens, selbes unvermerckter weiß in die Ermel stecken; In Versetzung vorgezeigter guter Pfänder andere heimblich unterrucken: ein Sach zu mehrmahlen verkauffen: ein bezahlte Schuld nochmahlen einfordern: ihre Nahmen zu dem End gefährlich herleyhen, damit man den rechten Contrahenten nicht wissen, und also den Dritten dardurch betrügen, und in Schaden bringen möge.
§. 2. Diese und dergleichen schädliche Betrüger sollen schwärer als die offenbahre Dieb, nach Ermessung der Boßheit und zugefügten Schadens Land-Gerichtlich, und in schwärern Sachen, wol auch gar am Leib und Leben gestrafft: und wider solche der Ordnung nach, wie oben bey dem Diebstahl und Verfälschung geordnet, verfahren werden.
§. 1. Welche die Leuth, Mann- oder Weibs-Persohnen, auch Kinder auff offener Strassen, zu Feld, in denen Weingärten, oder sonsten aufffangen, entführen, oder aber umbs Geld verkauffen, sollen von den Landgerichts- und Grund-Obrigkeiten durch fleißige Nachforschungen in Verhafft gebracht, und durch die Land-Gerichter mit dem Schwerdt vom Leben zum Todt gestrafft werden.
§. 2. In diesem Verbrechen vermehrt die Straff, wann einer Christen den Türcken, oder Christen-Kinder den Juden verkaufft, sonderlich aber wann solches von denen Eltern, Gerhaben, Præceptorn, und dergleichen beschehe, oder wann durch Juden Christen-Kinder auffgefangen werden.
§. 1. Die auß der Gefängnuß brechen, oder sich derselben, wie auch der Eysen entledigen, wann sie widerumb betretten werden, sollen nach gestalt deß Verbrechens, und der Umbständ, nach deß Richters vernünfftiger Ermessung, der Gebühr nach bestrafft werden.
§. 2. Und zwar desto schwärer, wann der Gefangene Leuth bestellt, welche ihn mit Gewalt auß der Gefängnuß genommen, oder wann er die Wächter beleydiget, angebunden, beschädiget, oder gar erschlagen.
§. 3. Dahingegen ist der Gefangene ringer zubestraffen, wann er gar nachläßig verwahrt, oder bewacht worden:
Oder sich derentwegen freywillig wiederumb gestellt hätte.
§. 4. Worbey zubeobachten, daß, wann ein solcher Außgerissener hernach in einem neuen Verbrechen wider einkombt, man eines zu dem andern nehmen, und die Straff schärffen solle.
§. 5. Welcher gestalt die Flucht, oder Außbrechen ein anzeigung zur peinlichen Frag gibt, ist hieoben Art. 35. zufinden.
§. 1. Wann ein Hüter der Gefängnuß einem boßhafftig außhilfft, der solle nach gestalt deß Entwichenen Verbrechens, entweders willkürlich, oder da deß Außgelassenen Verbrechen, Leib- oder Lebens-Straff auff sich truge, am Leib, oder Leben, auch in gar schwären Fällen, wol gar mit gleichmäßiger Straff, so der Entwichene verwürckt, belegt werden.
§. 2. Daß die Außlassung mit Willen, und boßhafftiger Weiß geschehen, ist ungefährlich auß nachfolgenden Umbständen zuvermuthen. Wann nemblichen ein solcher Gerichts-Diener mit dem Gefangenen absonderliche Gemeinschafft gemacht, und sie miteinander gute Freund wären gewesen.
Oder wann er einem Gefangenen mehrer Freyheit, als andern zugelassen, oder auch sich öffter mit dem Gefangenen übertruncken.
Absonderlich aber wann zubeweisen wäre, daß er Geschänck und Geld von ihme angenommen, oder ihme die Mitl, mit welchen er außgebrochen, an die Hand gegeben, und zugelassen hätte.[Seite: 927]
§. 3. Auff welche und dergleichen Anzeigungen, solle ein Landgerichts-Herr den Diener, wann er nicht genugsambe Ursachen seiner Entschuldigung gibt, und der Entloffene sonsten das Leben verwürcket hätte, im Fall ers nicht gütlich bekennet, mit der peinlichen Frag angreiffen.
Die Umbständ deß Außbrechens, und darzu gebrauchten Mittel fleißig erwegen, auß denenselben die Fragstuck stellen, und ihne hierauff unter andern auch darumben befragen:
Was ihn hierzu bewegt?
Was er für Schanckung, oder Verheissung empfangen?
Wer sonsten hierumben gewust, und darzu geholffen habe? und dergleichen.
§. 4. Findet man nun den Gerichts-Diener schuldig, solle er, wie obstehet, nach Beschaffenheit der Sachen verurtheilt und bestrafft werden; absonderlich wann er bekennet, oder sonsten überzeuget ist, daß er dem Gefangenen die Gefängnuß selbst helffen auffbrechen, oder ihm solche freywillig auffgesperrt, oder selbst mit dem Außgelassenen entwichen, und alsdan wiederumb bekommen worden, oder aber auch in der Entlassung etwan ein Mord begangen, damit er nicht verrathen wurde.
§. 5. Gleiche Beschaffenheit hats mit denen jenigen, welche die Gefangene mit Gewalt auß der Gefängnuß nehmen, oder sie auß der Gerichtsdiener Händen gewaltthätig entledigen, oder auch die Diener an der Fahung gewaltthätiger Weiß verhindern: dann nachdeme deß Gefangenen Verbrechen groß, oder der Gewalt mit schwären Umbständen verübt worden, nach dem solle auch die Straff linder, oder schwärer gebraucht werden.
§. 6. Kommen aber solche Umbständ darzu, welche den Gewalt Lands-Fridbrüchig machen, sollen dergleichen Lands-Fridbrecher Uns zu scharffer Leib- und Lebens-Bestraffung überlifert werden.
§. 7. Wann aber kein Boßheit, sondern nur etwan ein Ubersehen, oder Nachläßigkeit vorüber gangen, oder der Entlassene das Leben nicht verwürckt, solle er allein willkürlich, doch in allweeg entweder mit Außstreichen, oder einer andern extraordinari Straff belegt werden.
Weilen durch diese Landschädliche Leuth unsere Unterthanen vielmahls hart belästiget worden: Als haben unsere Lobseeligste Vorfahrer, wie auch nicht weniger Wir erst neulich durch gemessene scharffe Generalien, unter dato sechzehenden Junii, deß abgewichenen Sechzehenhundert Vier und Funfftzigisten Jahrs, allen Landgerichtern und Obrigkeiten mit Ernst befohlen, auff dieselbe ein wachtsames Aug zu haben, auch da sie in dem Land betretten wurden, dero Persohn (sonderlich wann sie sich zur Wöhr stellen) mit sambt allen den ihrigen Preiß gegeben, selbige zuverhafften, und gegen denselben mit geziemender Straff zuverfahren.
§. 1. Es solle auch allen und jeden Obrigkeiten, diesem bösen Gesindl wegen ihres vorgebnen Wohlverhaltens passir-Zetl (welche Wir hiemit für krafftloß, und nichtig erklären) zuertheilen, bey unserer hohen Straff und Ungenad verbotten seyn, alles nach Außweisung unsers obbemelten General-Mandats.
§. 2. Wegen der Brenner, solle man das Landgericht durchsuchen, Wächter bestellen, und alles fleißig außkundschafften lassen.
§. 3. Auff die Bettler, gartende Landsknecht, und andere dergleichen müßig umbschweiffende Leuth aber wohl acht haben, ihre Zeugnussen und Paßporten abfordern, examiniren, und da sie eines Falsches verdächtig seynd, an das Orth schreiben, wo sie außgefertiget worden, sich dessen erkundigen, entzwischen aber die Verdachte in leydentlicher Versicherung behalten.
Der jenigen Laster halber, so Wir in dieser unserer Landgerichts-Ordnung, nicht absonderlich benennet, oder außgeworffen, solle es bey Anordnung der gemeinen Rechten verbleiben.
Nachdem diese Malefitz-Ordnung allermeist zu Abstellung der bißhero in peinlichen Sachen vorgeloffenen schwären und unverantwortlichen Unordnungen denen Land-Gerichtern zu guten fürgenommen ist; Als befehlen Wir dabey allen und jeden, daß sie in den peinlichen Fragen und Erkantnussen sicher gehen, und der Sachen weder zu wenig, noch zuviel thun, noch auch sich einiger widerrechtlichen Schärff- oder Gütigkeit anmassen: sondern mit wolbewogenen, und absonderlichen Bedacht, solcher gestalt verfahren und urtheilen, wie es die Umbständ der That, und diese unsere peinliche Landgerichts-Ordnung an die Hand gibt, und außweist; derowegen sie dann ihr Vertrauen, nicht [Seite: 728] nur auff Pfleger, Beambten, Burger und Bauren, die in einer so wichtigen Sach nicht genugsamb erfahren seyn, setzen, sondern darzu auch Rechtsgelehrte, und zwar solche, welche in specie in denen Criminalibus erfahren seyn, gebrauchen: und nicht nur, wann es schon zum Urtheil kommen, sondern auch vorhero ihres Raths pflegen, wie der Process, sowohl mit Verhörung deß Beschuldigten, und zu der Zeugen, als auch mit Nachfragung der Indicien, und Anzeigungen an andern Orthen, sonderlich propter Corpus delicti, und vor allen, wann es zu der peinlichen Frag kommen solle, zu formiren, auch was sonsten nach Gestalt und Umbständ der Sachen dabey bedacht werden muß. Ingleichen sie auch die Urtheil, so von den unpartheyischen Geding geschöpfft werden, nicht gleich exequiren, sondern vorhero wol berathschlagen lassen sollen; widrigenfalls, da uns kundbar wurde (wie dann zu dem End nicht unterlassen werden solle, Nachfrag zuhalten, und bißweilen auch die Criminal-Process unversehens abzufordern) daß dieser von Uns gemachten Ordnung nicht nachgelebt, und bey einem, oder andern Land-Gericht unrecht, oder nachläßig solte verfahren werden, Wir alsdan solche Landgerichts-Herren nach Gestalt der Sachen nicht allein mit Einziehung der Land-Gerichter, sondern noch auff andere Weiß bestraffen, und hierinnen keines verschonen werden: wie Wir Uns dann auch in allweeg vorbehalten, wo sich über kurtz, oder lang in einem, oder mehr Artickel Irrung und Beschwärung zutruge, daß Wir dieselbe durch gründliche Erfahrenheit, und mit zeitigen Rath nach Gelegenheit der Sachen und Nothdurfft, bessern, mehren, mindern, oder gar wiederumb auffheben mögen. Hat sich also ein jeder vor Nachtheil und Schaden zuhüten, und beschicht auch hieran unser gnädigster und ernstlicher Willen und Meinung.
30. Decemb. 1656.