Quelle: Ferdinand Bischoff, Das Pettauer Stadtrecht vom Jahre 1376 [Aus dem Jahrgange 1886 der Sitzungsberichte der phil.-hist. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften (CXIII. Bd., II. Hft. S. 695) besonders abgedruckt.]
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Heino Speer
Klagenfurt am Wörthersee im April 2014
In den Reihen der bisher veröffentlichten steiermärkischen Rechtsquellen tritt recht auffallend der Mangel eines umfangreicheren Stadtrechtes aus dem Mittelalter hervor. Es sind zwar schon zahlreiche Privilegien steiermärkischer Städte (am besten in den Geschichtsblättern von Zahn) bekannt geworden, aus denen zu ersehen ist, dass die Städte in Steiermark, wie anderswo, Handels- und Gewerberechte, Jahr- und Wochenmärkte, Meilen- und Niederlagsrechte, Mauth- und Zollrechte und Freiheiten, in der Regel auch ihre selbstgewählten Richter und Räthe hatten, aus denen aber nichts oder doch nur sehr wenig zu ersehen ist von der Art und Weise der Ausübung dieser Rechte, von den Einrichtungen, welche zu diesem Behufe bestanden, vom Finanz- und Polizeiwesen der Städte, und am allerwenigsten von dem in den steiermärkischen Städten geltenden Privat- Straf- und Processrechte. Andere Quellen, aus denen genauere Nachrichten über diese Gegenstände zu schöpfen wären, wurden bis jetzt nicht veröffentlicht, man müsste denn das (von H. M. Schuster herausgegebene) Wiener Weichbildbuch, die Handfeste Herzog Albrechts vom Jahre 13403.1 oder das Stadtrecht von Wiener-Neustadt zu den steiermärkischen Stadtrechtsquellen zählen, wozu aber jede Berechtigung zu fehlen scheint. Der Umstand, dass Judenburg eine jetzt im steiermärkischen Landesarchiv befindliche Abschrift des Wiener Weichbildbuches und der Handfeste Herzog Albrechts vom [Seite: 4] Jahre 1340 für Wien besass,4.1 worin anstatt des Namens Wien der Name Judenburg gesetzt wurde, deutet darauf hin, dass einstens die Absicht bestanden haben mag, oder versucht wurde, das Wiener Rechtsbuch in Judenburg einzuführen und anzuwenden, berechtigt aber durchaus nicht zur Behauptung, dieses Rechtsbuch habe in Judenburg verbindliche Kraft erlangt. Dazu wäre doch wohl ein landesfürstliches Privilegium, eine Bewidmung oder eine darauf bezügliche Willkür der Bürgerschaft oder mindestens unzweifelhafte Zeugnisse der wirklichen Anwendung des Rechtsbuches nothwendig. Aber von all diesem ist nirgends eine Spur zu finden, die doch kaum ganz verloren gegangen wäre, da von Judenburg verhältnissmässig viele Urkunden, Protokolle und auch ein reichhaltiges, vom Stadtschreiber Georg Lorber im Jahre 1498 vollendetes Copialbuch erhalten sind. Die äussere Beschaffenheit der erwähnten, nun schon fünfhundert Jahre alten Papierhandschrift des Wiener Rechtsbuches spricht nicht für häufigen Gebrauch derselben. Keinesfalls wurde sie vor dem Jahre 1381 gebraucht, da dieses Jahr als das der Ausfertigung der Albrechtinischen Handfeste am Schlusse der Handschrift angegeben ist; aber auch für die Vermuthung dieses spätmittelalterlichen Gebrauchs des Rechtsbuches oder der Handfeste fand sich nirgends ein Stützpunkt. — Diese in der Judenburger Handschrift dem Wiener Stadtrechtsbuche nachfolgende Albrechtinische Handfeste hat da die merkwürdige Ueberschrift:
Hie hebt sich an die hant-
fest der purger zu 'prugk'
in der stat 1327 'judenburg'.
Sandhaas4.2 bemerkt hiezu: "Ob man aus dieser Ueberschrift den Schluss ziehen darf, dass Bruck bereits im Jahre 1327 eine Handfeste erhielt, welche mit der im Jahre 1340 der Stadt Wien ertheilten übereinstimmt und welche dann in unserer Handschrift auf Judenburg umschrieben wurde, das ist eine Frage, welche, so interessant sie ist, an dieser Stelle nicht [Seite: 5] näher untersucht werden kann.' Diese Frage muss entschieden verneint werden. So wenig als das in der Judenburger Handschrift enthaltene Stadtrechtsbuch zuerst für Judenburg verfasst und dann erst auf Wien umgeschrieben wurde, ebenso wenig wurde die in dieser Handschrift dem Stadtrechtsbuche angehängte Handfeste im Jahre 1327 für Bruck erlassen und dann im Jahre 1340 der Stadt Wien ertheilt. Erscheint die Bewidmung Wiens mit dem Rechte eines so kleinen Städtchens, wie Bruck im Jahre 1327 war, von vorneherein als höchst unwahrscheinlich, so erweist sich die Verleihung einer mit der Wiener Handfeste übereinstimmenden durch Herzog Albrecht im Jahre 1327 an Bruck und dann erst im Jahre 1340 an Wien, nach Erwägung nachstehender Umstände als ganz unannehmbar. Weder von jener noch von dieser Verleihung hat sich — abgesehen von der mitgetheilten räthselhaften Ueberschrift — irgend eine Nachricht erhalten; weder in der für Wien gegebenen Handfeste, noch in den vielen Privilegien von Bruck findet sich eine Bezugnahme darauf. Im Jahre 1358 erlangten die Brucker vom Herzog Albrecht II. eine Bestätigung und deutsche Uebersetzung des ihnen im Jahre 1277 von Kaiser Rudolf verliehenen und von den Herzogen Albrecht, Friedrich und Rudolf erneuerten Privilegiums, wodurch Bruck die Rechte und Freiheiten anderer Städte des Königs und des Reiches und namentlich das Recht der Salzniederlage und Zoll- und Mauthfreiheit erhielt, und im Jahre 1347 hatte ihnen derselbe Herzog ein auf Bierbrauerei und Weinschank bezügliches Privilegium verliehen;5.1 von einem andern Privilegium Herzog Albrechts II. für Bruck ist nichts bekannt. Eine von Herzog Albrecht allein im Jahre 1327 für Bruck ausgefertigte Handfeste, wie die in Rede stehende, stünde in schwer lösbarem Widerspruche mit der Thatsache, dass Herzog Albrecht erst nach dem Tode König Friedrichs im Jahre 1330 die Regierung in Steiermark erlangt hat, vorher also höchstens mit Vollmacht und Einverständniss seines Bruders Friedrich Regierungshandlungen in Steiermark hätte vornehmen können. Aus dem Jahre 1327 ist auch keine einzige derartige Handlung Herzog Albrechts in Steiermark zu finden, wogegen Privilegienverleihungen und andere Urkunden König Friedrichs [Seite: 6] an steiermärkische Städte bis zum Jahre 1330 vorliegen.6.1 Die Judenburger würden ihre Abschrift doch wohl kaum in Wien geholt haben, wenn sie selbe von der steiermärkischen Nachbarstadt Bruck hätten bekommen können. Uebrigens lehrt eine selbst nur oberflächliche Betrachtung des Textes der Wiener Handfeste, dass eine mit dieser übereinstimmende im Jahre 1327 für Bruck unmöglich erlassen worden sein kann. Laut des Eingangs wurde dieselbe auf Bitten des Bürgermeisters, Rathes u. s. w. verliehen; aber in ganz Steiermark gab es im 14. Jahrhundert noch keinen Bürgermeister, in Bruck namentlich nicht vor dem Jahre 1488. Das Institut der 'Genannten' scheint in Steiermark niemals bestanden zu haben; jedenfalls wäre eine Vermehrung derselben auf und über zweihundert für Bruck im Jahre 1327 unthunlich gewesen. Auch die Bestimmung der Handfeste bezüglich der Hausgenossen und der Laubenherrneinung passt nicht auf Bruck und der Satz; 'der rath soll ihn legen in Cherner thuern', der in der Judenburger Abschrift lautet: 'der rath soll ihn legen in den chercher oder in ein tuerem' weist doch ganz deutlich auf die Bestimmung der Handfeste für Wien und deren Unangemessenheit für Bruck hin. Das Wörtchen Bruck in der oben mitgetheilten Ueberschrift dürfte einem Versehen des Abschreibers zuzurechnen sein, welcher im Jahre 1381 das Wiener Rechtsbuch und die Handfeste für die Judenburger abschrieb, indem er statt Judenburg: Bruck schrieb, dann erst den Fehler bemerkte, den richtigen Namen nachträglich beifügte und durch Strichelchen andeutete, dass dieser an der Stelle von Bruck stehen sollte. Doch wie immer es hiermit beschaffen sein mag, sicher ist kein haltbarer Grund vorhanden, die Albrechtinische Handfeste für Brucker Recht zu halten. — Endlich bezüglich des Rechtes von Wiener-Neustadt, welche Stadt bekanntlich bald als zu Steiermark und bald als zu Oesterreich unter der Enns gehörig betrachtet wurde, ist zu bemerken, dass es als eine Quelle steiermärkischen Rechtes nicht gelten könne da zur Zeit seiner Entstehung und nachher niemals mehr eine Realunion zwischen Steiermark und Wiener-Neustadt bestanden hat und von einer Reception des Wiener-Neustädter Rechtes in Steiermark nichts bekannt ist.[Seite: 7]
Da es somit nach dem Gesagten als unzulässig erscheint, die besprochenen Rechtsdenkmäler zur Ergänzung und Vervollständigung der sehr dürftigen Nachrichten über mittelalterliches steiermärkisches Stadtrecht zu benützen, welche die bisher veröffentlichten Quellen bieten, so musste die Auffindung des Pettauer Stadtrechtes um so mehr erfreuen, als ungeachtet langjähriger und vielseitiger Nachforschungen in Steiermark und auswärts weder dieses Stadtrecht, auf dessen einstiges Vorhandensein ein im steiermärkischen Landesarchiv befindliches Pettauer Stadtrecht vom Jahre 1513 ziemlich deutlich hinweist,7.1 noch ein anderes steiermärkisches Stadtrecht von grösserem Umfange zu entdecken war. Diese Auffindung ist einer von Herrn Dr. J. Babnik aus Wien an das steiermärkische Landesarchiv gerichteten und mir vom Archivsdirector Regierungsrath von Zahn mitgetheilten Anfrage um Auskünfte über das in der herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel verwahrte Manuscript des Pettauer Stadtrechtes zu verdanken, durch welche ich veranlasst ward, um die Zusendung desselben zu ersuchen, die sofort in dankenswerthester Weise erfolgte.7.2
Die dieses Stadtrecht enthaltende Handschrift findet sich in den 'Collectaneen zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur' von Lessing (Bd. XII, 479 der Lachmann'schen, und Bd. XII, 698 der Hempel'schen Ausgabe) mit den Worten verzeichnet: ,Das Stadtrecht von Pettau (in Nieder-Steyermark, dem Bischof von Salzburg gehörig) unter unsern Handschriften 55. 2. 4.' Laut Mittheilung des Herrn Bibliothekars soll diese Handschrift vom Gründer der Wolfenbüttler Bibliothek, dem Herzog August dem Jüngeren von Braunschweig, um 4 Reichsthaler erworben worden sein. Sie besteht aus 52 Pergamentblättern in Kleinquartformat, von denen die beiden äussersten an die Innenseiten der mit rothem Leder überzogenen Einbandholzdecken angeklebt sind. Die Blätter 2-48 sind fünfzehnzeilig linirt und der ganzen Breite nach, jedoch mit Freilassung breiter Ränder mit einer schönen, grossen, scharfeckigen, gothischen Minuskel (nicht cursiv) beschrieben. Das erste und das [Seite: 8] letzte Blatt ist unbeschrieben. Für die rothen Artikelüberschriften wurden keine besonderen Räume freigelassen, sondern diese — wie es scheint — erst nachträglich in die vom Texte nicht ausgefüllten Zeilenreste eingetragen, sind daher zumeist sehr kurz, oder, wie die längere Ueberschrift der drei ersten Artikel, auf die leeren Zeilenreste mehrerer Artikel vertheilt. Der Codex ist sehr gut erhalten und zeigt fast gar keine Gebrauchsspuren. Beachtet wurde er, wie scheint, nur von Stobbe, in dessen Buche: ‚Zur Geschichte des deutschen Vertragsrechtes' (S. 218, N. 5) auf einen Artikel dieses Strafrechtes Bezug genommen ist.
Laut des Vorwortes wurde das Stadtrecht im Jahre 1376 aufgeschrieben. Obwohl ich beim ersten Anblick die Wolfenbüttler Handschrift für jünger hielt, überzeugte mich doch die Vergleichung derselben mit mehreren unzweifelhaft der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts angehörigen Handschriften, dass sie wirklich in dem angegebenen Jahre entstanden sein konnte. Der Schreiber ist nicht genannt und fehlt auch jeder Anhalt zu einer bestimmteren Vermuthung über denselben. Hätte der im Vorwort genannte Stadtschreiber Jaclein das Buch geschrieben, so würde er dies wohl bemerkt haben. Es ist auch nicht zu ersehen, ob diese Handschrift für die Stadt Pettau oder den Erzbischof von Salzburg oder für die Pettauer Landgerichtsherrschaft oder für wen sonst geschrieben worden, ob sie eine authentische Ausfertigung sei oder nicht.
Dagegen erfährt man aus dem Vorworte, dass das Pettauer Stadtrecht auf Begehren des Salzburgischen Vitzthums Hanns Genschker aufgeschrieben wurde. Pettau gehörte bekanntlich seit Jahrhunderten dem Erzstifte Salzburg. Laut einer von Meiller (Salzb. Reg. 533, N. 94) als unecht nachgewiesenen Urkunde Kaiser Arnulfs vom 20. November 890 hätte das Erzstift die Kirche in Pettau sammt dem Zehent und zwei Theile der Stadt mit Bann, Zoll und Brücke bereits von den Vorgängern dieses Kaisers erhalten, von ihm selbst den dritten Theil der Stadt mit Ausnahme einiger Güter und überdies noch hundert Huben und zehn Weingärten in der Nähe von Pettau. Diese Urkunde diente vermuthlich als Vorlage der Urkunden Kaiser Otto II. vom Jahre 977 und 982 (Juvavia, Anhang. Nr. 75 und Nr. 77), durch welche dem Erzstifte der oben bezeichnete Besitz [Seite: 9] bestätigt wurde, und welchen im Wesentlichen gleichlautende Urkunden späterer Kaiser, wie namentlich von Kaiser Otto III. im Jahre 984, von Kaiser Heinrich III. im Jahre 1051, von Kaiser Heinrich IV. im Jahre 1057 (l. c. Nr. 76, 99, 104), folgten. Abgesehen von häufigen Besitzstörungen und manchmal lange andauernden Unterbrechungen bestand die Herrschaft Salzburgs über Pettau bis zu der im Jahre 1565 durch Kaiser Maximilian II. erfolgten Einlösung der seit 1506 nur mehr im Pfandbesitze des Erzstiftes gewesenen Stadt Pettau.9.1 Zur Wahrnehmung und Ausübung der erzstiftischen Rechte in Pettau und in anderen steiermärkischen Gebieten bestellten die Erzbischöfe spätestens im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts Vicedomini zu Leibnitz, in der Regel geistliche Personen, welche ein Pfarramt in Steiermark bekleideten. Hanns Genschkar, auf dessen Begehren die Niederschrift des Pettauer Stadtrechtes erfolgte, war vermuthlich sowie seine Vorgänger im Vitzthumamte, Hanns Windischgrätzer und Konrad von Weigolting, Pfarrer zu Pettau (Muchar, Gesch. v. Steiermark 7, 59).
Welche Veranlassung der Vitzthum hatte, die Aufzeichnung des Stadtrechtes zu verlangen, war nicht zu ermitteln. Dass es nicht minder zur Wahrung der erzstiftischen als der städtischen Rechte geschah, ist wohl kaum zu bezweifeln. Da in dem Stadtrechte nirgends eine Bezugnahme auf eine bereits vorhandene Aufzeichnung desselben vorkommt, ist die im Jahre 1376 geschehene vermuthlich als die erste zu betrachten; eine Vermuthung, welche durch das Vorwort bekräftigt wird, indem dieses das Stadtrecht als Weisthum kennzeichnet.
Laut des Vorwortes wurde das Pettauer Stadtrecht nach der Weisung der Rathsgeschworenen des Jahres 1376 aufgezeichnet, und diese wiesen das Recht, wie es von ihren Eltern nach deren Erinnerung in den Zeiten der Erzbischöfe Konrad und Heinrich und dann von ihnen selbst gehalten worden ist. Erzbischof Konrad III., an den hier zu denken ist, regierte in den Jahren 1291-1312; es reicht demnach das in dem Pettauer Weisthum vermerkte Recht bis in die letzten Decennien des 13. und in den Anfang des 14. Jahrhunderts hinauf, wie dies bezüglich der ersten Artikel des Stadtrechtes urkundlich [Seite: 10] nachgewiesen werden kann. Diese Artikel betreffen die rechtliche Stellung der Stadt zu den Herren von Pettau, deren neuerliche schriftliche Feststellung man für besonders wichtig gehalten zu haben scheint, indem man sie gleich an die Spitze des Ganzen stellte.
Laut dieser Artikel hatten die Herren von Pettau, welche schon im 13. Jahrhunderte zu den reichsten und mächtigsten Geschlechtern in Steiermark gehörten und nicht erst — wie Meiller (Salzb. Reg. Nr. 64, S. 524) meint —, um die Mitte des 13. Jahrhunderts, sondern schon viel früher und spätestens schon hundert Jahre vorher zur Salzburger Kirche im Verhältnisse der Ministerialität standen,10.1 die Hut der Burg und Stadt Pettau mit der Verpflichtung, den Erzbischof von Salzburg und dessen Leute in und ausserhalb der Stadt mit ganzen Treuen zu beschirmen, demselben auf Verlangen die Burg zu räumen, einen Getreidespeicher des Erzstiftes darin zu dulden und von der Burg aus gegen den Landesherrn oder gegen die Nachbarn keinen Krieg zu führen. Dafür gewährte ihnen das Erzstift die Behausung in der Burg, zwölf Hofstätten am Burgberg zur Behausung ihrer Leute, und Mauthrechte nach altem Herkommen. Diese Bestimmungen beruhen auf jenen urkundlichen Festsetzungen, durch welche die Zerwürfnisse zwischen den salzburgischen Erzbischöfen und den Herren von Pettau im letzten Viertel des 13. und im Anfange des 14. Jahrhunderts beigelegt und die Stellung und Verhältnisse der letzteren zum Erzstifte geregelt worden sind. Eine Hauptveranlassung dieser Zerwürfnisse war unzweifelhaft die Erwerbung der vom Erzbischofe Ulrich dem König Bela IV. von Ungarn auf der Veste und Stadt Pettau eingeräumten und von diesem auf den König Ottakar von Böhmen und weiter auf Kaiser Rudolf I. überkommenen Pfandrechte durch Friedrich von Pettau im Jahre 1279 (Urkunde vom 25. October 1279, abgedruckt von Chmel in den Wiener Jahrb. d. Liter. 1845, I, 261 nach dem Original im k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv), der überdies durch mancherlei arge Ausschreitungen, Gewaltthaten und Bedrückungen des Erzstiftes und der Unterthanen desselben den gerechten Zorn seines Dienst- und Lehensherrn hervorgerufen hatte. Da [Seite: 11] eine genauere Darstellung der sich durch Jahrzehnte hinziehenden, vor weltlichen und geistlichen Richtern geführten Rechtsstritte zwischen den Salzburger Kirchenfürsten und den Herren von Pettau11.1 hier weder möglich noch nöthig ist, genüge zur Bekräftigung der obigen Bemerkung über die Zeit, in welche das Pettauer Stadtrecht hinaufreicht, die Anführung einiger Stellen aus drei Urkunden, welche im Verlaufe dieser Streitigkeiten ausgefertigt worden sind. In der einen vom 18. Juli 1280 erklärt Friedrich von Pettau, nach Verzichtleistung auf die Stadt und Burgen wie auch auf die Vogtei über die salzburgischen Güter in der Mark: "purchhuta mihi deputata ego et heredes mei contenti erimus, scilicet muta et theloneo civitatis et iure, quod habet salzburgensis ecclesia in theloneo nundinarum . . . Insuper post prohibitionem archiepiscopi qui pro tempore fuerit, domino terre aut vicinis nostris de ipsis municionibus bella non movebimus, licet contra Ungaros defendere nos possimus ... Item si dominus archiepiscopus in castro pro tempore recipere se voluerit, purchgrafius medio tempore in alio comodo se locabit; habiturus etiam in castro granarium, si sue placuerit voluntati ..." Diese Urkunde11.2 ist der Revers des Pettauers auf die m. m. gleichlautende Urkunde des Erzbischofs Friedrich.11.3 Nach erneuertem Streite, in welchem dem Pettauer die Burghut über Pettau entzogen, dann aber auf Anlangen Kaiser Rudolfs und Herzog Albrechts wieder unpräjudicirlich rückgestellt wurde (Urkunde vom 16. März 1286, Original im k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv), kam wieder am 16. December 1286 ein Sühnvertrag zu Stande, worin Friedrich von Pettau unter Anderem sagt: "ego itaque de fideli custodia castrorum et civitatis ipsi domino meo nomine ecclesie sue corporale prestiti sacramentum, ita tamen, quod ex tali commissione in castris et civitate Pettoviense nichil plus iuris vendicem, quam michi in privilegio dato per venerabilem dominum Fridericum olim archiepiscopum est permissum. . . . Cives Pettovienses tam in civitate quam in terra fideliter defensabo, nec per me nec per aliquem de meis paciar molestari ..."12.4 Das hier genannte Privilegium [Seite: 12] des Erzbischofs Friedrich ist wohl kein anderes als die oben erwähnte Urkunde dieses Kirchenfürsten. — Die dritte hier in Betracht zu ziehende Urkunde wurde am 4. October 1309 ausgestellt von dem Bischof Heinrich von Gurk, Gerol Vitzthum zu Friesach, Friedrich von Leibnitz und Ulrich von Walsee, Hauptmann und Truchsess von Steiermark, von denen dieser als von Hertneid und Amelreich von Pettau bestellter Schiedsmann, die anderen als Schiedsleute des Erzbischofs Konrad III. von Salzburg urkundeten. Sie vereinbarten da unter Anderem: "Es suͤllen auch die Pettower ir teglich gesinde herbergen auf die vorgenanten zwelf hofstet. Es sullen auch die Pettower die mout in der stat, deu ir purckhut ist, nemen als es von alter herkomen ist, und sullen von den purgern ze Pettow dehein mout nemen ... Es sullen auch die Pettower unsern herrn von Salzburg und sein leut bewaren und beschermen in der stat und ausserhalb mit gantzen treun und ir purgsaͤss bewaren . . ."12.1 Ein Blick auf die ersten fünf Artikel des Stadtrechtes zeigt die genaue Uebereinstimmung ihres Inhaltes mit den oben mitgetheilten Urkundenstellen und bewährt die Richtigkeit der im Absatze e) des Vorwortes enthaltenen Bemerkung der das Stadtrecht weisenden Rathsgeschworenen, dass sie von ihren Eltern über das Rechtsverhältniss der Stadt gegen die Herren von Pettau, wie es zur Zeit der Erzbischöfe Konrad und Heinrich und seither bestand, unterrichtet worden sind.
Die wenigstens theilweise wörtliche Uebereinstimmung der ersten fünf Artikel mit den oben bezeichneten Urkunden lässt kaum bezweifeln, dass diese bei der Niederschrift jener als Vorlage benützt wurden. Und wie diese fünf Artikel auf jenen Urkunden, so beruhen die Artikel 13 -17 des Stadtrechtes unzweifelhaft auf dem nachstehenden, von dem Marschall in Steiermark, Herdegen von Pettau, im Auftrage des Herzogs Albrecht am. 24. August 1342 gefällten Schiedsspruche:12.2 "das die burger von Feustritz die burger von Pettau nicht irren sullen an iren weinfueren und ander irer khaufmanschaft; was man des von Pettau fueret, die sullen seu durch Feustritz lassen fueren an all irrung, wo man hin will. Also sollen auch die burger von Pettau ungeirrt lassen die burger von Feustritz an den vier sachen . . . Es schullen die burger von Feustritz an dem markhtag zu Pettau [Seite: 13] ir loden niderlegen auf tische und die verkhaufen wem sie wellen und verschneiden bei der elln. Welch burger von Feustritz khumbt gen Pettau mit ainem wagen, der sol geben vier phening ze prugkhrecht ainsts in dem iar und sol das iar ledig sein, und welcher get zu fuessen, der geit ein phening . . . Und ir rek und ir mäntl di sullen si legen auf tische und die an dem markhtag verkhaufen wem si wellent, di seu darbringent. Auch sprich ich, das die burger von Feustritz an dem markhtag zu Pettau ir geshnitens leder verkhaufen wem seu wellen. Auch sullen die burger von Pettau an den vier sachen, die oben geschrieben stuent, dieselben recht haben zu Feustritz, als si die von Feustritz habent zu Pettau. Es sullen auch die burger von Feustritz weder wachs, heut, vell, palg, was gewegener hab ist, oder zallkhauf, hinder dem viertl nit khaufen von gesten. Also sollen die burger von Pettau thuen dann (!) Feustritz ... Was aber ausserleut sind, die nicht burger sind zu Feustritz, gen den sullen die burger von Pettau ir alte recht haben ..." Einige Artikel des Stadtrechtes beruhen unmittelbar oder doch mittelbar auf dem bekanntlich auch in Steiermark verbreitet gewesenen Schwabenspiegel, namentlich die Artikel 150 - 160 auf Art. 8, 9 und 14 Schwsp. Lassberg, weniger Art. 26 - 29 des Pettauer Stadtrechtes auf Art. 156 und 154 Schwsp., wogegen die Artikel 30 und 31inhaltlich stärker mit den entsprechenden Artikeln des Sachsenspiegels übereinstimmen. Die Artikel 192 und 193 über die Gerichtsbarkeit des Landrichters beruhen vermuthlich auf dem im Jahre 1322 aufgezeichneten Weisthum über die Rechte der Salzburger Kirche in Pettau.13.1 Mit diesen Artikeln schliesst das Pettauer Recht; die noch folgenden zwei Privilegien erscheinen gewissermassen nur als ein Anhang des Stadtrechtes. (In der Uebersetzung des ersten steht unrichtig Mainz statt Metz.)
Andere bei der Zusammenstellung des Pettauer Rechtes benützte geschriebene Quellen als die angegebenen waren nicht nachweisbar, obwohl nicht zu bezweifeln ist, dass der grösste Theil seiner Bestimmungen, namentlich die über Handel und Gewerbe, über die Rechte und Verpflichtungen des Richters und der Rathsgeschworenen, über die mannigfachen Abgaben an [Seite: 14] die Herrschaft oder an die Stadt, über die sogenannte Freiung (Jahrmarkt), über die Verhältnisse der verschiedenen Gerichtsgewalten im Pettauer Gebiete, die Stellung des Vitzthums, über Polizeiwesen u. s. w. auf Privilegien oder Verfügungen der Landesfürsten oder der Salzburger Erzbischöfe, oder auf gerichtlichen oder Schiedssprüchen, auf Gemeindebeschlüssen u. s. w. beruhen. Alle diese einst vorhanden gewesenen Urkunden scheinen unwiederbringlich verloren, das vorliegende Stadtrecht daher doppelt schätzbar, insofern es als Ersatz der nicht mehr vorhandenen Privilegien u. s. w. gelten kann.
Um das Verhältniss des Pettauer Rechtes zu anderen Rechten zu bestimmen, wurde dasselbe mit sämmtlichen gedruckten Stadt- und Landrechten und Weisthümern der deutsch-österreichischen Länder, mit dem bairischen Landrechte, bairischen und fränkischen Stadtrechten, dem Ofener Stadtbuch und den grossen mittelalterlichen deutschen Rechtsbüchern verglichen. Diese Vergleichung ergab für fast alle Artikel des Pettauer Rechtes, welche nicht eigenartige Pettauer Verhältnisse betreffen, mehr oder weniger sachlich übereinstimmende Rechtssätze14.1 in den verglichenen Rechtsquellen, so dass der durchaus deutsche Charakter desselben allenthalben deutlichst und unverkennbar in die Augen springt;14.2 aber diese Parallelstellen finden sich nur ganz zerstreut und vereinzelt in der einen und anderen verglichenen Rechtsaufzeichnung, nirgends in grösserer Anzahl oder in der Reihenfolge des Pettauer Rechtes, niemals ganz gleichlautend und häufig auch sachlich nicht ganz übereinstimmend. Die am genauesten übereinstimmenden Artikel sind meist solche, die in weitester Verbreitung geltend waren. Eine engere Beziehung des Pettauer Rechtes zu einem anderen Stadt- oder Landrecht, eine nähere Verwandtschaft mit anderen Rechten, wie sie z. B. zwischen dem Wiener Rechte und mehreren anderen Stadtrechten bestand, ist demnach nicht nachweisbar. Dass das Pettauer Recht im Ganzen und in Einzelnheiten mehr mit den süddeutschen, namentlich mit den Rechten der deutsch-österreichischen und bairischen Gebiete übereinstimmt als mit den norddeutschen, ist eine nothwendige Folge der geschichtlichen [Seite: 15] Entwicklung Pettaus und jedem Kenner des mittelalterlichen deutschen Rechtes so in die Augen fallend, dass ein Nachweis dessen hier wohl unterbleiben kann. Das Gesagte dürfte rechtfertigen, dass den einzelnen Artikeln des Pettauer Rechtes die Parallelstellen der verglichenen Quellen nicht beigefügt wurden. Die wenigen, mit Bestimmungen des steiermärkischen Landrechtes übereinstimmenden Artikel des Pettauer Rechtes findet man in meiner Bearbeitung des ersteren bereits angegeben.
Das Pettauer Stadtrecht ist unter allen bisher bekannt gewordenen mittelalterlichen Stadtrechtsaufzeichnungen aus den deutsch-österreichischen Ländern — vom Wiener Rechtsbuche abgesehen — die reichhaltigste. Wenn auch bei Weitem nicht erschöpfend, behandelt oder berührt es doch fast jede Seite des städtischen Rechtslebens. Am zahlreichsten sind die Handel und Gewerbe betreffenden Artikel und die damit zumeist zusammenhängenden Bestimmungen über Steuern und Abgaben; zahlreich die Artikel über die Stadtverfassung, Verwaltung und Polizei, über das Gerichtswesen, das Verhältniss des Landrichters zum Stadtgerichte und zu den anderen Gerichtsbarkeiten in der Stadt und im Salzburg-Pettauer Gebiete, verhältnissmässig zahlreich und sehr beachtenswerth die privatrechtlichen Artikel, dürftig die strafrechtlichen.
Dieser Stoff ist nun zwar nicht streng systematisch geordnet, aber doch scheint bei der Anlage des Ganzen ein gewisser Plan vorgeschwebt zu haben, demzufolge die denselben Gegenstand betreffenden oder sonstwie zusammenhängenden Bestimmungen in mehr oder weniger langen Reihen aneinander gefügt wurden, so dass das Ganze gewissermassen in mehrere grössere Abschnitte getheilt erscheint, zwischen welche aber einzelne nicht hineinpassende Bestimmungen hinein gerathen sind. Den wichtigen Satzungen über die Rechte der Salzburger Erzbischöfe (Art. 1 bis 5) folgt eine Reihe der werthvollsten, vornehmlich auf Gewerbe und Handel bezüglichen Privilegien (Art. 6 - 25 excl. 19), dann nach einigen strafrechtlichen und einigen civilrechtlichen Artikeln (27 - 31) ein ziemlich die Hälfte des ganzen Stadtrechtes umfassender Abschnitt, der fast durchaus Bestimmungen über die Rechte und Verpflichtungen des Richters und Rathes enthält (Art. 33 - 121), wo freilich die verschiedenartigsten Gegenstände zur Sprache kommen und gelegentlich auch solche, [Seite: 16] die unter den angedeuteten Gesichtspunkt nicht fallen; z. B. Art. 94 - 96, 98, 99 u. a. Auf diesen grossen Abschnitt und ein kurzes Kunterbunt (Art. 122 - 127) folgt eine Reihe von Bestimmungen über den Handel mit Auswärtigen, das Gastrecht (Art. 128 - 140); ein Abschnitt über Familiengüterrecht, Vormundschaft und Erbrecht (Art. 141 - 160), weiters einige Artikel betreffs der Gerichtsbarkeit über sogenannte schädliche Leute und über Verschuldungen von Pettauer Bürgern gegen Diener der Herren von Pettau und dieser gegen jene (Art. 162 - 168). Sodann folgt wieder ein längerer Abschnitt über das Recht in der Freiung (Jahrmarktsfreiheit, Art. 169 - 185), und schliesslich noch Bestimmungen über die Verhältnisse, namentlich über die Gerichtsbarkeit des Landrichters gegenüber dem Stadtrichter und den sonstigen Gerichtsherrschaften in Pettau und dem Salzburg-Pettauer Gebiete (Art. 186 - 193). Der Artikel 194 ist die Uebersetzung eines königlichen Privilegiums;16.1 der Artikel 195 ein landesfürstliches Privilegium der Salzburger Kirche allgemeineren, auch in Steiermark wirksamen Inhaltes.
Bezüglich der Bearbeitung und Wiedergabe des Textes wurden die im ersten Bande der akademischen Weisthümerpublication von Siegel und Tomaschek aufgestellten Grundsätze als massgebend betrachtet; doch schien es hier, wo es sich um Wiedergabe der einzigen bisher bekannten mittelalterlichen Handschrift eines mindestens für die österreichische Rechtsgeschichte sehr wichtigen Rechtsdenkmales handelt, zweckmässig, alle bemerkenswerthen Eigenthümlichkeiten derselben bestimmt und deutlich anzugeben oder — soweit dies mit bequemer Lesbarkeit des Textes vereinbar schien — geradezu beizubehalten. Deshalb wurde nicht nur die mitunter recht ungeschickte Eintheilung des Textes in Artikel fast unverändert beibehalten und jede Abweichung davon bezeichnet, sondern selbst die bei der Kürze der meisten Artikel ziemlich überflüssigen und meist nichtssagenden Ueberschriften derselben wurden mitgetheilt, fehlende aber nicht durch selbstgewählte ersetzt. Bezüglich der Wortschreibung sei nur besonders bemerkt, dass anstatt des handschriftlichen cz für z am Anfang und inmitten der Worte, nicht aber für das deutlich [Seite: 17] unterscheidbare tz, z. B. in vitztumb, setzen u. s. w. z; statt v oder w in der Bedeutung von u, abgesehen von Eigennamen, die unverändert wiedergegeben wurden, immer u gesetzt wurde. Das Dehnungszeichen bei dem Worte an = ohne wurde leichterer Lesung halber beigefügt. Alle sonst noch einigermassen bemerkenswerth scheinenden Abweichungen von dem handschriftlichen Texte wurden in den Fussnoten angegeben, nur ganz unzweifelhafte Schreibfehler oder Versehen ohne Bemerkung berichtigt. In der Handschrift sind die Artikel nicht gezählt; die hinzugefügte Nummerirung und das alphabetische Inhaltsverzeichniss werden der Benützung des Rechtsbuches hoffentlich willkommene Dienste leisten.
Obwohl, wie bereits bemerkt wurde, die besprochene Stadtrechtshandschrift kein Zeichen amtlicher Ausfertigung an sich trägt, ist doch an der Giltigkeit und Anwendung der darin verzeichneten Rechtssätze und Bestimmungen gar nicht zu zweifeln. In einer Urkunde vom 6. Juli 146617.1 sagt Erzbischof Bernhard von Salzburg: "das für uns khomen unser getreuͤ der richter, der rat und die ganz gemain unser statt Pettau, und gaben uns zu erkhennen, wie sie etwa vill recht und gewonhait zu gemainem nuz derselben stat brauchten und lang zeit her braucht hietten, die in von weilent unsern vorfordern sel. ged. erzbischofen von Saltzburg bestet weren, darumb sie uns der bemelten unserer vorfordern brieflich khundschaft fuerhielten und sehen liessen und baten mit diemietigem vleiss, dass wir dieselben recht und gewonhait zu vernewen, auch gnädiglich zu bestätten geruehten. Nun wir aber genaigt sein, gemainen nuz unserer stat zu befördern, auch sie bei löblichen gewonhaiten und gueten rechten vestiglich zu halten, haben wir ir vleissige bete angesehen und in die bemelten ire recht und herkhomen vernewert und bestet, vernewen und bestätten in auch die mit dem gegenwärtigen unserm briefe in nachgeschrieben forme. Von erst, das in der vorstat khain man khaufmanschaft treiben soll; wellen aber die hofstetter khaufmanschaft in der stat treiben an dem erchtag, das sullen sie thuen als ander gest." Dieser Artikel ist übereinstimmend mit Artikel 6 des Pettauer Stadtrechtes. Demselben folgen in dem genannten Privilegium noch fünfzehn Artikel, welche den Artikeln 7, 8, [Seite: 18] 9, 10, 11, 12, 13 (erste Hälfte), 18 (excl. fine), 19 bis 25 dieses Stadtrechtes — abgesehen von ganz unbedeutenden Abweichungen — dem Inhalt, Wortlaut und der Aufeinanderfolge nach genau entsprechen. Nur in dem dem Artikel 22 des Stadtrechtes entsprechenden Artikel über die zu Pettau bestehenden Freiungen findet sich der Zusatz: "in unserm casten und ambthof". Dass in diese Bestätigung nicht auch die ersten fünf das Verhältniss der Erzbischöfe von Salzburg zu den Herren von Pettau regelnden Artikel des Stadtrechtes aufgenommen wurden, erklärt sich aus den inzwischen eingetretenen Aenderungen dieser Verhältnisse, bezüglich welcher übrigens unzweifelhaft verbindliche, keiner neuerlichen Bestätigung bedürftige Urkunden vorhanden waren. Andererseits beschränkte sich die Confirmationsurkunde Erzbischof Bernharts nicht auf die oben bezeichneten Artikel, sondern sagt im weitern Verlaufe: ""Wir wollen auch, das die vorgenannt unser stat Pettau bei allen den rechten und gewonhaiten beleiben, die sie unz her gebraucht hat an allen den stückhen, die hie nicht verschrieben sind." Demnach dürfte die Vermuthung wohl gestattet sein, dass unter der "brieflich khundschaft" der erzbischöflichen Vorfahren, welche die Pettauer dem Erzbischofe Bernhart fürhielten und sehen liessen, das Stadtrecht vom Jahre 1376, oder doch neben anderen Vorlagen auch dieses Stadtrecht zu verstehen sei. Uebrigens lässt sich die fortdauernde Giltigkeit desselben im Ganzen und fast aller seiner Bestimmungen bis in das 16. Jahrhundert in kaum anfechtbarer Weise darthun. Im steiermärkischen Landesarchive befindet sich nämlich eine dem 17. oder 18. Jahrhunderte angehörige Handschrift mit dem Titel: "Der Statt Pettau Freyhaits-Abschrift", enthaltend die vom Salzburger Erzbischof Leonhart von Keutschach am St. Oswaldstag 1513 bestätigte und reformirte Pettauer Stadtordnung. Dieser Reformation und Confirmation muss aber das Stadtrecht vom Jahre 1376 vorgelegen haben, da es sich in derselben zum allergrössten Theile wiederfindet. Zwar ist diese Stadtordnung weit umfangreicher als das Stadtrecht, enthält Bestimmungen über manche in diesem gar nicht behandelte Gegenstände, z. B. über die von der Stadt zu verleihenden Stiftungen und Pfründen, führt andere viel weiter aus, namentlich die auf Handel und Gewerbe bezüglichen, bringt die Bestimmungen des Stadtrechtes oft in anderer Ordnung und durch Einschübe neuer [Seite: 19] Bestimmungen getrennt (wie es scheint ganz planlos), manche auch mehr oder weniger im Inhalt und sehr viele im Wortlaut abweichend; behält aber die meisten wenigstens dem Inhalte und viele auch der Reihenfolge nach ganz unverändert bei, muss sie also als zur Zeit der veranstalteten Reformation noch giltig und verbindlich angesehen haben. Die Publication dieses Stadtbuches, wozu sich hoffentlich einmal eine gute Gelegenheit finden wird, würde die obige Behauptung vollkommen rechtfertigen. Vorläufig möge hiezu die Mittheilung einiger nicht für diesen Zweck besonders ausgesuchter Artikel desselben und die nachstehende vergleichende Tabelle dienen. Ein Absatz des 118. Artikels lautet: "Khumbt ain gast von Hungern mit vischen her gen Pettau, die sol der gast vail haben drei ganze tag und die bei ainzigen oder gar hieigen bürgern verkhaufen; ob er aber die in den dreien tagen nit verkhaufen nicht, so mag er die verkhaufen wem er will, oder ferer füeren." Hierauf folgt: "Der richter soll des fleissig sein, das die statt bei rechten beleib und nit gestatten, das ain gast in der wochen mit dem andern handl, nur an dem ertag allain, mit kaufen und verkhauffen, und das doch desselben tags derselb handl wider der stat recht nit beschech." Man vergleiche damit Artikel 53, 54 und 12 des Stadtrechtes von 1376. — Artikel 23 des Stadtbuches von 1513 lautet: "Ob ain man oder ain frau etwas verlierent, was das sei, das ain ander findet und wissentlich ist, und gibt das nicht wider so man darnach fragt, es ist der finder darumb ze bessern. Ob aber der finder laugnet, so hat man den fund für dieperei. Gibt er es aber wider so man darnach fragt, soll man im fundmiet geben. Und ob man dem, der solch gut verloren hat, nicht glauben wölt, so soll er darzu thuen, was recht ist; saget er aber rechte warzaichen zu der hab, so ist im zu glauben unberechtent." Man vergleiche Artikel 100 bis 102 des folgenden Stadtrechtes. — Artikel 52 Stadtbuch: "Der richter soll auch fleissig sein, was der merer thail des rats der stat erfindet und aufsetzt, das es dabei beleib." Vgl. Artikel 68 von 1376. — In der nachstehenden Tabelle bezeichnen die den Artikelzahlen beigesetzten Buchstaben die Abschnitte der längeren Artikel in der Stadtordnung von 1513, die Sternchen bemerkenswerthe Abweichungen der Artikel in dieser von den entsprechenden Artikeln im Stadtrecht von 1376.[Seite: 20]
[Auf eine Transkription der Tabelle wurde verzichtet und statt dessen das Seitenabbild eingefügt.]
Diese Vergleichung zeigt, dass von den hundert und sechsundneunzig Artikeln des Stadtrechtes v. J. 1376 nahezu hundert und vierzig in die Reformation v. J. 1513 aufgenommen wurden und mehr als hundert davon im Wesentlichen ohne Aenderung. Das alte Stadtrecht stand demnach zum grössten Theile noch im 16. Jahrhundert in Geltung.
Ich lasse nun den Text desselben folgen.[Seite: 21]
a. Anno ab incarnacione domini m°. ccc°. lxxvi°. zu den zeiten des hochwirdigen unsers gnedigen herren ertzbischoff Pilgereyms von Saltzburg
b. Und zu den zeiten des ersamen herren herren Hansen Genschker vitztum zu Leibnitz
c. Und zu den zeiten Petter Poltleins die zeit statrichter zu Pettau sind vermercht der stat recht zu Pettau nach begier des selben vitztums und nach gedechnus der gesworen dez ratz der
selben zeit:
d. Mertleins des pecken, Jureins des fleischacker, Petreins des hofsneider, Lienhartz in der Tragassen, Jacleins des statschreibers, Hermans von Lindau, Hansen des Graser, des schon Jacleins und Jacobs des Lindecker.
e. Von erst geben wir zu erchennen, daz wir von unsern eltern gehort haben, die da gewesen sind zu den zeiten ertzbischoff Cunratz von Saltzburg und darnach zu den zeiten ertzbischoff Hainreichs von Saltzburg, wie sie sich gein der herschaft von Pettau und die von Pettau herwider gein der stat mit rechten gehalten haben und mit welhen rechten die stat untz an seu herchomen ist in der freiung und uber iar.
f. Die selben habent uns underweist der selbigen rechten mit irrer gedechnuͤs und also haben wir dieselben rechten gehalten pei des hochwirdigen unsers gnedigen herren ertzbischoff Ortolf zeiten des Weyssenecker.
g. Die selbig zeit war herr Hans der Windischgretzer vitztum ze Leibnitz und pfarrer ze Pettau und Lewpolt der Czwickel war richter.
h. Nach des selben Windischgretzer tod wart zu einem vitztumb genomen vitztumb Cholman und herr Cunrat von Wigolting der wart pfarrer hie zu Pettau. [Seite: 22]
i. Da Lewpolt der Czwickel starb da nam man zu einem richter Hansen den Mawrer seinen aeiden.
k. Anno (mccc°.) lx°. iiii°. starb pischoff Ortolf; da wart ertzbischoff Pilgreim zu herren erwelt der Puochaymer.
l. Pei des selben Pischof Pilgreyms zeiten starb vitztumb Cholman; da wart zu vitztumb genomen her Chunrat von Weygolting unser pfarrer.
m. Zu des selben vitztumb Cunratz zeiten starb Hans der Mawrer; da nam man zu einem richter Hansen den Halinger.
n. Da derselb vitztumb Cunrat starb da wart ze einem vitztumb genomen herr Hans der Genschker.
o. Zu des selben vitztumbs zeiten starb Hans der Haͤlinger; da nam man zu einem richter Petter Poltlein. der selb was richter lxxiiii°. und v°. und anno vi°.
Und sind daz die recht, die wir und unser eltern gehalten haben untz auf die zeit des iars lxxvi°. als ditz puech geschriben ist.
1. Es schullen die von Pettaw dem landesherren oder nachgepauern von dem geslos hie zu Pettaw chainen krieg anstossen.
2. Es mag auch der von Saltzburg sich geziehen in die vest hie zu Pettaw wie offt es im hie gevelt und schol im der von Pettaw die vesten raumen; aber er mag wol einen kasten darin haben, ob er wil.[Seite: 23]
3. Es schol auch der von Pettaw sein tegleich gesind herbergen auf die zwelf hofstet an dem perg, die im geben sind zu der behausung.
4. Es schol auch der von Pettaw die maut, die im zu purchhuet geben ist, nemen alz es von alter her chomen ist und schol man von den purgern zu Pettaw chain maut nich nemen.
5. Es schol auch der von Pettau unsern herren von Saltzburg und seine leut bewaren und auch beschirmen in der stat und auswendecleich mit gantzen treuen.
6. Es schol auch in der vorstat chain man sein, der chaufmanschaft treib; wellen aber die hofstetter chaufmanschaft treiben an dem eretag in der stat, daz schullen seu tun als ander gest.
7. Es schol auch vor der stat chain pachofen sein da man vails prot inne pach, noch niemand vor der stat chain vailz prot nicht haben, noch schuester noch lederer die schuchwerich noch lederwerch wurchen, noch chain fleischker, der fleisch vail hat, alz die Pessnitz sagt und die Traͤu; nur in der stat zu Pettau.
8. Es mugen auch die geufleischker an dem ertag in der stat wol bachein fleisch vail haben und verchauffen pei gantzen pachen, pei halben, pei virtailn und nicht minner; aber in der wochen schullen seu in der stat nicht vail haben.
9. Welicher purger auf das ungrisch oder anderswa vert oder sein diener oder sein hab dahin sendet und chauffet da oder nimpt aus chaufmanschaft ân gevaͤr, da schol man zu Pettau nicht von mauten. [Seite: 24]
10. Es mag auch chain auzer man hintz zu einem purger nichtz pewaͤren; nuͤr mit purgern oder zu dem minnisten mit einem purger und mit einem ausern man.
11. Wer auch in die stat vert und enphacht purchrecht und sitz darinne geruet jar und tag, damit hat sein herr nicht zu schaffen, er sei hold oder eigen man, und mugen wir in fur unsern purger wol versprechen.
12. Chumpt ein gast von Ungern mit vischen, die mag der gast wol vail haben als lang er wil und mag die visch verchauffen pei clain und pei grossen wem er wil.
13. Waz auch stet umb Pettau gelegen sind, der purger schullen in der stat haben ire handlung als ander gest, wan man daz selbig tun mus in iren steten; ausgenomen die purger von Feustritz, die mugen an dem marchtag ir loden niderlegen auf tisch und muͤgen die verchauffen und versneiden bei der ellen wem sie wellen.
14. Rock und mentel, die seu herbringen auf den marcht, schollen seu niderlegen auf tisch und mugen die verchauffen wem sie wellen des selben tags.
15. Sie mugen auch ir gesnittez leder, daz seu herpringen auf stuͤl legen und mugen das an dem marchtag verchauffen, wem sie wellen.
16. Zu gleicher weis haben die purger von Pettau die selbenn recht zu Feustritz an iren marchtag.
17. Auch schullen unser wein von Pettau und all ander unser chaufmanschaft zu Feustritz durchgen, wellent man welle, ân alle irrung. [Seite: 25]
18. Es schullen auch die iuden in der stat zu Pettau weder schencken noch chainerlay chaufmanschaft treiben und schullen auch mit leiden. so der stat ein grosz notdurft zustet mit pessrung.
19. Cheumpt ein feuer auz ân gevaͤr und von unbesicht, daz schol der man, in des haus es geschicht, pessern an die stat mit einem pfunt pfenning.
20. Es schol auch chain purger der edelleut heuser umb zins haben noch besten und schol chain edelman in eins purger haus herbergen uber seinen willen.
21. Es mag auch ein ietzleicher unversprochner purger zu Pettau in unserm statgericht da selbs ein recht ertailen nach seiner gewissen.
22. Es schol auch in chainen haus in der stat zu Pettau chain freiung nicht sein, dan da sie von alter zu recht sein schol, daz ist in den zwain clostern und in dem obern des von Pettau hoff, der pei den predigern gelegen ist.
23. Man schol auch in chains hoffmans haus zu Pettau wein schencken, den der Pettauer wein mag man wol schencken.
24. Sich schol auch chain purger, in unser stat zu Pettau gesessen, an niemand herren, dann an uns, unsern vitztumb zu Leibnitz oder unsern richter zu Pettau.
25. Man schol auch niemand in der stat zu Pettau aufhaben oder verpieten umb deuf oder umb nachtschach, des er selben nicht getan hat.
26. Man schol ze hals hintz chainer swangern frauen richten, die lebntigz chint trait; ist aber die schuld so groz, daz man si [Seite: 26] darumb maint zu toten, so sol man sei behalten in beschaidner vanchnuz untz daz si dez chindes ledig wirt.
27. Ist aber die schuld ringer daz den halz nicht ruert, so schol man sei zuchtigen mit beschaiden slegen, daz si dez chindes davon icht ân werd.
28. Swer ein fraun irer eren beraubt wider irn willen und hort man ir geschrai oder tut si ez den leuten zu stunden mit clag und mit geschrai zu wissen und chumpt damit an daz gericht, ob si ez erlangen mag, der richter schol ir richten.
29. Ist si maid gewesen, man schol in also lebntigen begraben; hat si aber ain man oder hat ain man gehabt, so sol man im den halz mit ainer dilln abstoszen.
30. Swelich man dem andern sein gut ze halten geit, wirt ez im verstoln oder mit raub genomen oder verprant oder stirpt ez, ob ez vich ist, mag der inhaber darumb sein recht getun, daz es ân sein schuld geschehen ist, er ist im daran nichtz schuldig ze gelten.
31. Swaz aber ain man dem andern leicht oder setzt, daz schol er im unverderbt und ungeergert hinwider geben oder er schol imz gelten nach seinem wert; stirbt aber daz pharcht oder daz vich, daz im versatzt ist, ân sein schuld, der ez inne hat, mag er daz beweisen oder recht darzu tun, daz ez ân sein schuld geschehen ist, er gilt sein nicht; aber sein gelt, daz er darauf gelihen hat, daz hat er verlorn; ez si dan, daz ir gelubd gein enander anders stee.
32. So geswistret mitenander tailn wellent, oder ander erben, die geleich gefreunt sind, so schol der elter tailen und der iunger schol die wal nemen an dem tail.
33. Es haben die gesworen des ratz iercleich ainen richter zu erweln, oder als offt des not geschicht, der unserm herrn von [Seite: 27] Saltzburg um sein vodrung guͤt ist und den man genuͤtzen mag in der stat notdurft und der auch der stat recht erchent und wais.
34. Dem selben richter hat der selb unser herr verlihen pan und aͤcht und hat in bestet zu dem gericht nach unser pett.
35. Und schol das gericht alweg zu sanct Peters tag in dem lantzen in und auz gend.
36. Und schol der selb richter unsern herren von Saltzburg oder seinen vitztumb, die weil er daz gericht inne hat, iaͤrleichen geben virtzik march phenning.
37. So ist das der dienst, der zu dem gericht gehort.
Die fleischker geben zins und losung zwir in dem iar, aͤins nach der freiung geben seu zwelf march minner xx den. und aͤins nach der liechtmess geben seu auch zwelf march minner xx den.
38. Der salczcherin schullen sein xxiiii, der geit iede zu unser frauen tag der gepurd x den., das pringt ein libra den., und zu unser frauen tag der liechtmess als vil.
39. Die pekchen geben ein libra den. losung zu sancte Michels tag und zu der liechtmess i libra den. losung.
40. Die schuester geben zu sanct Michels tag iii schilling den. und zu der liechtmess iii schilling den., und geben drei stund in dem iar zolschuech.
41. Die ledrer geben zu sanct Michels tag drei schilling den. und zu der liechtmess drei schilling den.
42. Der wachserin schulen viii sein; der geit iede zu sanct Michels tag vi den. und zu der liechtmess vi den. [Seite: 28]
43. Der fragnerin schullen viͤr sein, die stuel haben; der geit iede zu sanct Michelstag vi den. und ze der liechtmess vi den.
44. Leikebphennig nimpt man zwir im jar ab, ains im mosted und ains pein wein; geit iedermann der da wein schencht iii den. Wer aber sein pauwein schencht, der geit nichtz.
45. Das gruntrecht nimpt er ab zwischen sanct Michels tag und zwischen sanct Merten tag. Daz pringt v march minner ix den.
46. Wer aber in der zeit sein gruͤntrecht nicht geit, wil der richter darauf fragen, so wirt im ertailt imer uͤber virtzehen tag lx den. als oft er darauf fragt; und schol auch die selben heuser als oft nennen.
47. Der richter schol auzrichten was im mit clag fur chuͤmpt, und ob im ein handel ze fromd wer, so schol er es tun nach rat.
48. Und waz vor gericht und in dem rat ausgericht wirt, daz schol er dapei behaben, daz der rat hinfur damit chain muͤe hab.
49. Es schol auch derselb richter alweg sein schreiber pei im haben in der schrang, der pei aller chlag sei und vermercht die zeugprieff, die vor gericht ertailt werden.
50. Wer umb sein chlag fur gericht chumpt und rechtens darumb begert, dem schol der richter richten. So sich aber zwen tail umb ir sach willecleich schieben an den vitztumb, daz schol also besten untz auf sein chunft. Daz schol er dan nach rat ausrichten; daz aber iedem tail nach der stat recht genueg geschech.
51. Was aber vor gericht mit chlag fur chumpt und darumb man redleich urtail an den vitztumb dingt zu rechter zeit ee daz [Seite: 29] der richter uber den dritten gewragt hat, daz schol also einen furganch haben und schol wider fur recht chomen zu rechten taͤgen nach der statrecht; ist der vitztumb in dem land, so schol die urtail fur chomen in vierzechen tagen; ist er aber auz dem land, so schol die urtail fur chomen in sechs wochen.
52. Aber welich chlag fur chumpt fur gericht mit weisung, oder mit anzeugen dargelegt wirt, umb dieselb chlag schol man furbas chain urtail dingen.
53. Der richter schol des fleizsig sein, daz die stat pei recht beleib; er schol nicht gestatten, daz in der wochen ein gast mit dem andern chainerlei handel treib, nuer an dem ertag allain.
54. Er schol auch nicht gestatten, daz ein gast am ertag wider der stat recht handel mit chauffen und verchauffen.
55. Er schol schauen zu eln und zu gloͤt und zu ander mas und sei des fleizsig, das mit wag und mit mas iederman recht beschech.
56. Er schol dez fleizsig sein, damit die purgerin von erst chauffen an dem ertag ir notdurft und darnach die fragnerin, die es mit der losung verdient; aber den huchlerin schol er nicht gestatten, daz seu auf gewin chauffen, waz man zu der stat pringt.
57. Aber was seu in den dorffern chauft haben, oder was seu selb da haͤim erzogen und erpaut haben, daz haben seu in der stat verchaufft zu rechter zeit des morgens, die weil man fruemess gesungen hat, untz auf das ampt, und dez abentz, die weil man vesper geleut und gesungen hat und nicht lenger.
58. Der richter schol des fleissig sein, daz man der pauern waͤgen stellet auf den sweinmarch, daz der platz zu andern sachen geraum beleib. [Seite: 30]
59. Und schol darzu sechen, daz man ein gleichen protchauf taͤglich hab nach dem und der getraid vail ist, und daz die stat mit prot taͤgleich nicht versaumpt werd.
60. Er schol nicht gestatten, daz iemand in der stat chaͤinerlai gewerff oder arbait treib, der nicht purchrech hab.
61. Der richter schol nicht gestatten, daz iemand wachs hinsneid hinder dem pfund, nuer die es verdien mit der losung.
62. Er schol auch nicht gestatten, daz iemand saltz hin sneid oder verchauf hinder einem halben fuͤder, nuͤr die es verdien mit der losung.
63. Er schol nicht gestatten, das man den mist an die gassen slach und daz man den platz und die gassen mit holtz verleg.
64. Der richter schol fleissig sein, daz man alle chotemper die feuerstet beschaut und waz man ungewaͤrleich funde, daz man daz selb wende, und daz man daz choͤt aufheb und auz fuͤr.
65. Er schol nicht gestatten, daz iemand der stat grunt mit pau invach und sich der aͤigen.
66. Der selb richter schol den muͤlneren nicht gestatten, daz seu uber jar chain vormaut nemen, nuer wan die Traͤ mit rogeiz rinnet.
67. Er schol fleiszig sein, daz die muͤlner zu maut recht metzen nemen, der achtzehen auf ein statvirtail gen.
68. Er schol auch fleissig sein, waz der merer taͤil des ratz der stat zu nutz erfunde und aufsetzt, daz er es dapei behab. [Seite: 31]
69. Wes ein man nutz und gwer chomen ist, der schol des ân recht nicht entwert werden.
70. Wer vor gericht zu rechten taͤgen seine recht erlangt auf ein erb mit wissen ander gelter untz daz im der scherm daruber erfunden und ertailt ist worden ân irrung und ân widerred ander gelter, der schol furbas da mit geruͤt beleiben, es sei dann, daz aͤin ander gelter in dem land nicht zu den zeiten gewesen ist und umb die chlag nicht gewest hat; dem hat daz nicht geschat an seinem rechten, die weil seich der scherm nicht veriaͤrt hat.
71. Chauft einer aͤin haus in der stat, so schol es der richter aufgeben und schol darumb entphahen seine recht; von dem der verchauft hat schol er nemen zwai gruntrecht, und schol nemen von dem der chauft hat ain gruntrecht. Und so daz geschermpt wirt jar und tag, damit schol er furbas geruet beleiben.
72. So der richter chaufprief umb ein haus oder umb ainen acher sigeln schol, so schol er den alten brief und den neuen genenander verhoren ob seu mit dem dinst unde rechten pimerchen gleich sagen.
73. Und so er einen acher in dem purchfried aufgeit, so schol er nemen von dem verchauffer vir den. und von dem chauffer zwen phenning.
74. So ainer purchrecht enphecht, der swert ain aid und geit dem richter xl den. und geit auf die stat xl den; hat er aber ain haus in der stat oder hat ein purgerin oder aines purger tochter zu weib genomen, so ist er der phening ledig; aber er mus dannoch sweren.[Seite: 32]
75. Swert ain purger ain aid in der schrang, von welherlai sach wegen daz chumpt, der geit chain aid den.; ain frau geit auch nicht aid denar.
76. Pantaiding die sint zwir in dem jar, ains nach dem chirchtag, ains nach der liechtmes, und werent alweg virtzehen tag.
77. Chlait ainer den andern in den pantaidingen, versitzt der antwurter, so ist er dem richter ein wandel; ist das er aber antwurt und dem clager vervolt, so ist er dem richter aber ain wandel; daz ist xii den. auf gnad.
78. Der gewondleichen steuer, die man gein hof geraicht hat, ist von alter alweg gewesen sechzig march und dem vitztumb xii march; die hat man geben zwischen sanct Marten tag und weinachten.
79. Daz ist pei vitztumb Chuͤnratten von Wigolting chomen auf sibenzk march gein hoff und dem vitztumb xii march.
80. So man die gewondleich steuer anlegt, so geit der richter nicht steuer noch der stat schreiber. Und das man die steuer inpringt, si sei clain oder groz, da von gevelt dem statschreiber zwo march und dem schergen ein halp libra.
81. Waz zinsgelt ist auf heusern in der stat, der nicht ewig ist, mag man wol ain march geltz abloͤsen mit zehen march phenning.
82. Hat ein gotzhaus zinsgelt auf heusern, die schullen umb iren versessen zins mit gerichtz potten phenten in dem haus. Muͤgen seu sich aber in dem haus nicht gephenten, so fragen vor gericht darauf; so wirt in ertailt: imer uber virzehen tag lx den. [Seite: 33]
83. Es hat auch der rat, so es die notdurft pringt, ein ratman zu setzen. Die nemen darzu ainen, den seu erchennen, der darzu nutz ist und den man in der stat notduͤrft genutzen mag, so des not geschicht und der auch der stat recht erchennet und wais furzupringen.
84. Umb was ain ratman vor gericht spricht pei seinen treuen, daz hat als gross chraft als sa ein gemein man ain aid swert.
85. Wer wider ain ratman tuͤt, der schol daz pessern und ablegen gein dem gantzen rat.
86. Ein ratman geit dem richter chain schrangwandel; er geit auch dem schergen chain furpotphenning.
87. Es hat der rat gewalt, die sechser ze setzen under den flaischkern, wan des not ist, und muͤgen seu auch gepessern umb ir schuld.
88. Also mag auch der rat under den semelpechen der maister mer gemachen, wann des not ist, damit die stat nicht versaumpt wirt, nach der leut und der stat notdurft, und muͤgen die gepessern nach iren schulden, alz daz mit gewonhait von alter her chomen ist.
89. Und ist daz der aufsatz under den pechen :
So die stat mit prot gesaumpt ist, so schol der richter hintz ze allen pechen gen und datz zu welhem pekchen er mel vindet und hat nicht prot auf den marcht oder in dem ofen oder taig in dem trog, der ist vervallen der stat lx den, und dem richter lx den.
90. Welker pekch aber des mels nicht hat, der ist desselben wandels ledig.
91. Wan aber die pekhen daz broͤt zu clain pachen, so schol der richter und die darzu gesatzt sind daz selb prot aufheben und schullen es den armen leuten in daz spittal senden. [Seite: 34]
92. Haben seu aber gesechen, das ein notdurft gewesen ist das prot zu verchauffen, so haben seu daz prot gesnitten und gesatz zu verchauffen nach seinem wert.
93. Und welher pekch daz also nicht verchauft hat, den hat aber der richter gephendet der stat umb lx den. und im selb umb lx den.
94. Wer mit der stat nicht leidet der schol auch mit der stat nicht aufheben.
95. Ain ieder schol dem auzwarten, daz im enpholhen ist. Ein ampman schol seinem ampt auzwarten und den pauern auf dem urbar, die im entpholhen sind und schol seich chains handels underwinden, der den purgern zu schaden chom.
96. Der iuden richter schol den iuden auzwarten nach irn rechten.
97. Und schullen die iuden ire brief, die seu haben hintz den purgern, jaͤrlich furtragen in die schrang fur den statrichter und ir vordrung darauf melden.
98. Aber ireu schreinphant, die seu von den christen habent, die muͤgen seu an dem phinstag fur iren iudenrichter furtragen und iren rechten damit nachvaren.
99. Auf kirchen chlained, auf plutigs gewant, auf rochz garn, auf ungewundenz choren und auf gesnittens gewant, daz noch unberait ist, schullen die iuden nicht leihen.
100. Ob ein man oder frau etwaz verleust, waz daz sei, und daz vindet ain ander und geit daz nicht wider, so man darnach [Seite: 35] fragt, wirt ez darnach offenbar, es ist darumb ze pessern; und ob es sein laugent, so ist es verstoln.
101. Geit er es aber wider, so man darnach fragt, so ist im schuldig zu geben sein fundmiet; und ob man im nicht glauben wolt, daz er ez verloren hiet, so schol er darzu tuͤn, daz recht ist.
102. Sagt er aber gleich zu und wortzaichenleich (!) waz der hab ist, so ist im ze glauben unberecht.
103. Es hat auch der statrichter ze richten in dem purchgraben, auf den pruken und auf den griͤszen und in den muͤln, die auf der stat gruͤntten haften, und daz sich zwischen den purgern verget.
104. Es hat auch der richter alle schuld zu pessern nach dez ratz rat; so man aber dem richter und rat nicht gehorsam ist, so mag wol der vitztumb die selb schuld gepessern.
105. Ainem gesessen unbesprochen purger schol man nach sag umb chain untat anvallen, es si dan, das man es mit weisung hintz im pringen muͤg nach der stat recht.
106. Chlagt ainer dem vitztumb uber ein purger, der vitztumb mag in ze red setzen, und vindet er den purger mit solcher antwurt, das er dem claͤger gehilt, der vitztumb mag wol schaffen mit im, daz er sich mit im richt nach der stat recht; scheubt sich aber der purger mit antwurt fur daz gericht, so schol man in nicht verrer dringen.
107. Der richter ist nicht schuldig ainen gevangen lenger ze behalten, dan auf den dritten tag, es sei dann, das er auf ain lengern tag zu dem rechten vergwist wirt. [Seite: 36]
108. Chumpt ein man gewichen in ains purger haus umb solich schuld, die den toͤd nicht ruert, daz gericht schol im in daz haus nicht nachvolgen; aber der wirt schol in dem gericht herauz antwurten, ob in der richter vodert.
109. Wer aber der wirt die zeit nicht gegenwurtig, und der fluchtig wolt davon trachten, wil der richter, er mag es wol gewenden.
110. Hat er aber gewichen um solich schuld, die den tod ruert, das gericht mag in wol herauz nemen oder aber seine chnecht.
111. Wirt ein man erslagen in der stat, er sei von wan er sei, den schol man in der stat fur recht tragen.
112. Wais man den rechten gescholn chundleich, der den todslag getan hat, den selben schol man darumb bechlagen vor gericht ze taͤgen alz recht ist; da selbs schol sich vergen pan und acht.
113. So man aber den rechten gescholn nicht chundleich waiz, so schol man alle die in die chlag nemen, die pei der tat dez aintails gewesen sind; so sich aber ainer auz den selben meldet und sich des toͤdes anzeucht und tuͤt daz mit solicher redleicher poͤtschaft, alz darzu gehort, hintz demselben schol man furbas chlagen umb den tod und schol die andern alle auz der vodern chlag laszen. Dieselben schullen vor gericht tuͤin, daz recht ist, und beleiben damit geruet.
114. In den fuͤrpan ze chuͤnden oder in die aͤcht ze ruͤffen, daz schol der richter tun, der den pan hat, stend, ungeweist und schol von im tun allez waffen.
115. Der furban schol sich vergen mit der hanthaft ze drein virzehen taͤgen und mer, und schol geweist werden, alz recht ist.[Seite: 37]
116. Von demselben tag uber sechs wochen und mer schol sich die acht vergen und schol geweist werden alz recht ist.
117. So man vor gericht umb solich sach sweren schol, daz den tod ruert, so schol der richter den aid geben, der den pan hat.
118. Chumpt aber der verwunt man lebmptiger auz dem statgericht in daz auszer gericht und stirbt darinne, so mag man in wol in dem selben aussern gericht fur recht tragen; da selbs schol sich vergen pan und aͤcht.
119. Aber der statrichter nimpt dannoch seine wandel davon.
120. Zu gleiher weis ist ez auch also, ob sich soͤlcher handel verget in dem auzsern lantgericht.
121. Der richter schol ains purger gedingten knecht oder sein diern umb seine schrangwandel oder umb geltschuld nicht gevangen legen, ez sei dann, daz sein herr fur seu nicht versprechen wel untz auf daz recht.
122. Man schol auch eins purger gedingten chnecht, der leikeb um sein weingelt oder der spiler umb sein spilgelt, nicht enploͤszen noch abziehen, alz er mit gurtel umbvangen ist, durch daz er seinem herren sein dinst nicht versaumpt.
123. Hat der herr dem chnecht ain mantel oder ein swert gelihen oder sein petgewant, daz schol von dem chnecht nieman nemen.
124. Alle die weil ain gedingter chnecht oder ein versprochner knecht oder ain diern irem herren ir zil nicht auzgedient haben, so schol seu niemand zu sich laden.
125. Von ainem dinstknecht oder von ainer dinstdirn schol man nichtz aufnemen in behaltnuz, es sei den wissenlich, daz ez in rechliͤch zugehor. [Seite: 38]
126. Wan ein man sein verdeufte hab, ez sei ein phaͤrcht oder ain ander vich anvecht in dem statgericht zu dem rechten, das schol er bestaͤten selb dritt; mag er aber der zwaier zu sich nicht gehaben, so swer selb drei aid.
127. Chlagt ainer hintz dem andern umb ain erb, waz daz sei, und die paͤid auf weisung gent, daz selb recht schol sich vergen ze virtzehen tagen und die weisung von der gewer get fur, ob er die gewer rechliͤch inne hat.
128. Ez schol ain ietzleich gast, der her chumpt mit seiner chaufmanschaft, den marcht hie haben dez ertags hintz auf den abent, so schol er inlegen.
129. Er schol auch des selben tags verchauffen purgern oder herren, die hie umb gesessen sein pei chlain und pei groszen, wie sie des begern.
130. Es schol auch ain gast dem andern des ertags under einem phunt gewegner hab nicht verchauffen, noch chain gantz stuck barchant nicht versneiden, noch under ainem virtail wachs noch palg nicht verchaufen.
131. Und sunderlich in der wochen schol ain gast dem andern nichtz verchaufen, chlain noch grosz, haimleich noch offenleich. Welher gast daz ubervert, der ist darumb ze puͤsz vervallen auf die stat v march den., dem richter lx den., jedem zwelfer lx den. und dem schergen xx den.
132. Ubervert er der stat recht wissenleich zu dem andern mal, man sagt in den gewerf ab mit den gesten; aber mit den purgern mag er dannoch gewerf haben ungevaͤrlich.
133. Treibt aber ein purger mit den gesten solchen handel, der gevaͤrleich geschicht und seich davon nicht weisen laͤt, demselben [Seite: 39] sagt man den gewerf und daz purchrecht ab, ob man in nicht anders gepessern mag an der hab.
134. Ez schullen die gest in iren gewelben eln noch wag nicht haben. Ez schol auch ein gast dem andern sein hab nicht zaigen in der wochen; nuͤr allain schol er allen seinen handel tuͤn redleich an dem ertag.
135. Und ob daz geschech, daz ain gast dem andern mit der werung an dem ertag ângevaͤr mit der wag oder mit der zal nicht mocht genug tun, daz schol sich ângevaͤr hinnach vergen an dem mittichen oder aines andern tags.
136. Welch gast mit seiner hab gein Ungern varen wil, der mag ze Pettau wol durchgevaren; er schol aber zu Pettau die selb hab nicht auflosen.
137. Man schol zu Pettau ain gast fur den andern nicht aufhaben, er sei dann der recht selbgeschol.
138. Man scholl nach sanct Mertten tag in die stat oder durch die stat chain wein furen. Wer daz ubervert, dem mag man die wein auf die erden schlahen oder in das spittal den siechen nemen, oder zu meinez herren von Saltzburg handen nemen.
139. Welich auzzer man zu rechter zeit wein in die stat legt, der geit davon ze steuer von ainem gantzen vas xl den, und von ainem halben xx den.
140. Die selben wein mag er wol verchauffen auf daz lant, aber in der stat getar seu chain purger nicht geschenchen, er hab seu dann redleich chauft vor sanct Mertten tag.[Seite: 40]
141. Ez mag ein vater seine chind verheiraten wie im gevelt nach seinem willen in der stat oder auzzer der stat, zu vervaren oder auf leibgeding ân alle irrung.
142. Er mag sei auch mit geschaͤften von ainander getailn, ob er wil, zu vervaren oder auf leibgeding.
143. Get er aber mit dem toͤd ab und hat seine kind mit heirat noch mit geschaͤft von einander nicht getailt, so haben die chinder furbas geleich geerbet mit dem tail und mit wartung ab ainem auf daz ander und sind ze furzicht nicht getailt warden.
144. Sind die selben chinder in solcher jugent gewesen und hat sei der vater nicht gevogt mit ainem freund oder mit ainem fromden, so hat seu der rat gevogt nach iren treuen und sind ze furzicht nicht verheirat worden.
145. Hat seu aber der vater mit geschaͤften gevogt mit ainem der im darzu gevallen hat, wer der halt gewesen ist, der selb hat die chinder gehandelt nach seinen treuen.
146. Ist aber der selb gerhab und inhaber mit dem tod abgangen ee daz die chinder darzu chomen sind, daz sie ains vogtz geraten moͤhten, der selb gerhab hat seu wol muͤgen vogten mit ainem andern, wer im darzu gevallen hat, und hat darzu nicht bedurffen der freunt willen.
147. Ist aber der selb gerhab ab gangen und hat die chinder nicht gevogt, so hat seu der rat gevogt nach iren treuen, recht alz vor. Der selb gerhab, den der rat dar zu genomen hat, er sei [Seite: 41] freunt oder froͤmder gewesen, hat dem rat muͤssen verantwurten der chinder hab untz daz die chinder zu in selb chomen sind.
148. So ain man abgangen ist mit dem toͤd, der nicht chinder gelaszen hat, wie der selb seine geschaͤfft getan hat, dapei ist es beliben ân irrung.
149. Ist er aber abgangen ân erben und ân geschaͤft, die nachsten freunt die haben sein hab geerbt und haben die gelter und die sel davon ausgericht nach rat.
150. Ist er aber abgangen ân erben und ân geschaft und hat nicht freunt gelaszen, die sein hab erben scholten, der richter und der rat haben seich der hab underwunden zu des herren handen und habent damit furbas gehandelt nach des herren wil.
151. Sa aber ein man abgangen ist ân erben und ân geschaͤft und hat ein wirtin gelaszen, die nachsten freunt die haben dieselben sein wirtin von der hab auzgericht nach dem rechten und haben das getan nach rat.
152. Wen ein man abgangen ist mit dem toͤd, der chinder hinder im gelaszen hat und hat derselben chinder muter auch hinder im gelassen, der selben frauen hat nach gevolgt von seiner hab, daz rechtlich gewesen ist; aver ir selbs haimsteuer hat sei gen einem andern man nicht muͤgen verheiraten ze vervaren ân ir chinder willen.
153. Aber si hat wol mugen ein man nemen, wa es ir hin gevallen hat ân all irrung.
154. Und so ains frauen die varund hab nachvolgen schol, daz ist wein, getraid, vich, petgewant und ander hausrat, der in dem haus ist; aber chaufmanschaft, satz, geltschuld, beraitschaft, [Seite: 42] daz ist nicht varunde hab; daz selb volgt den chindern und den geltern, wan es alles chumpt auz der gelter hab.
155. Also mag auch ain iederman, so er des an im selbs enphindet, daz im daz wesen in der stat nicht fugt, sich wol geziehen oder gesetzen war in gevalt ân alle irrung.
156. Ist daz ein man stirbt und gelten schol und hat nicht hinder im laszen, da von sein weib oder sein erben gelten schullen, die schullen dez selben geltes ledig sein vor got und vor den leuten.
157. Und ob das weib ein andern man nimpt, zu dem ir ire freunt guͤt geben, daz sie vor nicht gehabt hat, oder ob sie ainen man nimpt, der guet hat, oder wie sei got berat, daz sie pei ainem andern man zu guͤt chumpt, weder der man noch das weib geltent nichtz des vordern mans geltschuld, nuer als vil seu got ermant und daz seu von aigem willen gern tun wellen.
158. Und stirbt ainem man sein weib, der gelten schol und hat nicht zu bezaln und nimpt ein ander weib, die im varund guͤt zupringt, er mag von der varunden hab wol gelten. Daz ist da von gesatz, das der man des weibes vogt und auch maister ist.
159. Stirbt ainem vater ain chind, daz er verheirat hat und hat im guͤt auzgeben, es sei ligund oder varund guͤt, und daz lat weder weib noch chind, der vater erbet des chindes gut und mag der pruder noch die swester nicht geerben. Daz ist davon, daz es von vater chomen ist.
160. Hat aber der sun ander gut gewunen, dann daz im sein vater gab, er geit ez mit gesuntem leib oder an dem toͤtpett wem er wil. Get er aber ab ân geschaͤft, die nachsten erben schullen daz guͤt erben und schullen der sel ir tail davon geben und den leuten davon gelten; und mugen die selben erben geraichen untz in die sibend sipp. [Seite: 43]
161. So man in der stat icht verrueffen wil daz selb schol tun der inner scherg oder der weinrueffer mit des richter und dez ratz willen.
162. So man ain schedleichen menschen in der stat uberwinden wil, der nicht hanthaft hat, daz schol geschehen mit siben; der selben hort der stat richter funf und der lantrichter die zwen.
163. Hat der selb mensch hanthaft, so schol ez geschehen mit zwain; der selben hort der stat richter den ain und der lantrichter den andern.
164. Wil aber der lantrichter durch des clager pet willen seine recht horen in der stat, daz schol er tun mit des richter und des ratz willen unserm herren von Saltzburg und seiner stat rechten ân schaden.
165. So der statrichter dem lantrichter ain ubersagten menschen zu seinen hanten aus dem statgericht antwurten wil, daz schol geschehen enhalb des graben, da die pruken ein ende hat.
166. So ain zerednuz geschehen ist zwischen den purgern oder iren knechten von des von Pettau leuten, waz under augen nicht gerochen ist warden, darumb hat man furbas clagt.
167. Hat ein purger wider des von Pettau diener icht verschuldet, das hat der richter gepessert. Also hat es auch der von Pettau wider gehalten: ob der sein ainer wider ain purger icht verschuldet hat, das hat der von Pettau gepessert.
168. Es schol der von Pettau die purger unbeswert lassen an all ir hab, si sein toͤd oder lebntig, in der stat und auszwendecleich.[Seite: 44]
169. Von alter untz in Petreins des Kelner gewalt habent alweg die purger daz gericht in der freiung gehabt zu der maut; die selben haben gewest und erchant der stat recht und ist iederman unbeswaͤrt beliben.
170. Es hat auch iederman sein selbs weinzurl gepessert umb die schuld, die er im tan hat.
171. Ob der innern ainer von ainer untat wegen gewichen hat auz der stat in daz lantgericht, den selben hat der lantrichter dem gericht wider geantwurt in die stat. Also hat auch der statrichter hinwider getan gein dem lantrichter.
172. Wie sich die purger veraint haben umb ain gesatzten lon gein weingarten mit des von Pettau willen, daz ist verruft worden und staͤt belieben von innern und von auszern.
173. Ez schol niemand flaͤisch vail haben in der freiung, wen der stat flaischker; die schullen daz tun an den stetten als seu das mit gewonhait von alter her bracht haben.
174. Die schuester mugen wol ir leder in der stat smierben und zusneiden; aver vor der stat am chirchtag schullen seu die schuͤch machen.
175. Seu schullen auch die selbig zeit irn stant haben in der piergassen vor den heusern zu paiden seiten.
176. Pekchen, fuetrer, fragnerin die schullen von den stetten, die seu in der freiung haben under dem turn und zwischen den pruken der stat zinsen.[Seite: 45]
177. Wer daz urlaub in der freiung von der herschaft nicht hat, der schol mit offen gatern nicht wein schenken; er schol auch den wein mit phenwerten auz dem haus nicht geben.
178. Aber in dem haus mag er mit versperter tur sein wein wol geschenken und mag aus dem haus geben emperweis, wie vil er wil.
179. Ez hat in der freiung der selb richter hintz zu ainem purger oder ze seinem knecht oder diern nicht anders zu richten, dann als der statrichter uber jar recht hat ze richten.
180. Hat man icht ze chlagen hintz ainem purger in der freiung, darumb schol man in dez abntz ze rechter zeit fur laden und daz selb recht schol der freiung richter hintz dem purger verhoren in der stat, ains im tag. Aber an dem letzten tag der freiung mag man ain purger furgeladen wie oft man wil.
181. Es geben auch die purger chain aidphening, recht als uber jar, und der ratman geit chain schrangwandel noch chain furpot den.
182. Wes ein purger jar und tag nutz und gewer gesessen ist, des schol man in ân recht nicht entweren in der freiung.
183. Was in der freiung heuser in der stat oder aͤcher in dem purchfrid oder huttstett an dem iarmarcht verchauft werden, die schol der freiungrichter aufgeben und nicht der lantrichter.
184. Den lantrichter gehort in der freiung nicht anders auszzerichten, dann alz er uber jar hat ze richten.
185. Wirt ain urtail geding in der freiung ze rechter zeit, die schol gedingt werden an den von Pettau oder an den von [Seite: 46] Saltzburg; aber wider weisung oder anzug mag man chain urtail gedingen, recht alz uber jar.
186. Ez schol im iar der lantrichter oder sein scherg chainen purger noch chaines purger knecht noch dinstvolch anvallen umb solch tat, die der statrichter oder der purger selb zu pessern hat.
187. Hat der lantrichter hintz ainem in der stat redleich wandel zu vordern, die sich in seinem gericht im jar gehandelt haben, daz schol er dem statrichter zu wissen tun. Der statrichter schol den selben tail zu red setzen und ob er vernimpt an seiner antwurt, daz er im daz wandel schuldig ist, so schol er mit im schaffen, das er sich darumb mit im in virzehen tagen richt.
188. Taͤt er dez nicht, so schol er im phant dafur antwurtten; laugent aber der taͤft, so tue im daz recht.
189. Daz selb schol auch der lantrichter her wider ze gleicher weis halten gein dem statrichter.
190. Ob ain gast hintz dem andern ze chlagen hat, die paid ze der stat arbeiten mit ir hab, daz selb recht schol sich vergen vor dem statrichter und nicht vor dem lantrichter; wan ob in der selben chlag ichtes verhandelt wurd, darumb werden nuer die von der stat gephrengt und aufgehalten und nicht daz lantgericht.
191. Pan und aͤcht schol der lantrichter enphahen von dem von Saltzburg.
192. Daz sind die sach, die der lantrichter auf meins herren guͤt von Saltzburg ze richten hat ze Pettau. [Seite: 47]
Item zu dem ersten mal hat er ze richten alle sach, da man den toͤd mit verdient, wie die gehaszen sind. Item zu dem andern mal alle pluetig wunden, sie sein clain oder grosz, die man frevenleich beget. Item zum dritten mal deuff, sie sein clain oder grosz. Item zu dem virden mal straszraub und nottnuft. Item zu dem funften mal gewaltigs und veintleichs haeimsuchen mit verdachtem muͤt und tur oder toͤr auffpruch. Item zu dem sechsten mal umb solch gult, da ein herre zu seinem holden nicht richten wil, so daz recht dreistunt an in gevordert wirt.
193. So sind daz die sach, die der lantrichter ze recht nicht richten schol. Zu dem ersten mal all peulsleg und zerauffen, daz da geschicht ân vergiessung des plutes. Item zu dem andern mal fluchen und schelten und ander ubelhandlung mit worten. Item zu dem dritten mal umb gult, wie fraͤvenleichen die der gelter dem chlager vor hat. Item ze dem virden mal etzat und phantung, die er nimpt auf seinen schaden, do er phentleich mit vert und wandelt. Item zu dem funften mal all ubervang, die da geschehen an uberrainn und uberern. Darzu schol der lantrichter niemptz holden vachen umb chain inzicht; er schol dez ersten vragen, ob sein her oder sein amptman in zu ainem rechten stellen wil. Lubt daz der herre oder der amptman, daz er ez tun wil, dez schol sich der lantrichter laszen genugen; wolt man in aber nicht zu recht stellen, so mag in der lantrichter gevachen auf dem gut, als er mit gurtel umbvangen ist also, daz von dem richter noch von sein helfern, noch von sein schergen dez mannes herren guͤt an nichteu entphremdet werd oder peswart werd. Ez schol auch marchtags der lantrichter nicht richten hintz den gesten, so ainer den andern aufhabt oder verpeut umb gult oder um glub oder ander clain sach.
194. In dem namen der hailigen und ungetailten trivaltichait. Hainreich der sibend von gotts genaden romischer chunig, ze allen zeiten merer des reiches. Vor unser kegenwurtikhait wesenleich gesezzet unser lieber und getreuer furst der ersam erzbischoff ze Saltzburg, ze Nuͤrenberg in unserm furnemen hof, vor des reiches kegnwurtigen fursten: dem von Choln, dem von Trier erzbischofen, dem von Maintz (!), dem von Regenspurkch, dem von Passau, dem [Seite: 48] von Freisingen unde dem von Augspurg bischofen, den von Payern und von Osterreich herzogen und andern des reichs grossen herren, hat begert mit urtail ze ervinden, ob iemantz leuten die weg und uͤbung an den kunigleichen und offen strazsenn zu ir chaufmanschaft ze treiben und andern irn gewerf ze tuen von den herren dez landes oder von ander jemand mug oder schul verbotten werden? Hat die urtail der fursten darum erfunden, daz daz selb niempt erlaubt ist und daz auch iemant dhainen schul an seiner chaufmanschaft und gewerf irren. Darumb haben wir dieselb urtail, die von gemainem willen der fursten redleich ist, bestaͤtigt von unserm kuniglicher gewalt und mit dem kegnwurtigen instrument und kreftigen auch den mit bewarung unsers insigl. Geben zu Nurenberg nach Christi gepurd tausant zwaihundert und in dem vir und zwainzigisten jar, in der zwelften indicion und an der zehenden kalend Augusti.
195. Wir Albrecht und Leopold gebruͤder von gotts genaden herzogen ze Osterreich, ze Steyer, ze Kaͤrnden und zu Krain, grafen ze Tyrol etc. bechennen und tuen kund, das der erwirdig unser lieber freunt her Pilgreim, erzbischof cze Saltzburg, legat des stuels ze Rom also von uns geschaiden ist, daz wir in wellen in allen unsern landen und herscheften beleiben laszen auf wasser und auf land pei den rechten und freiungen und gewonhaiten, die sein gotzhaus in denselben unsern landen und herscheften von alter gehabt hat ân alles gevaͤrd, und wellen in und die seinen, sie sein edel oder unedl, dapei behalten und schermen, daz in chain irrung davon widervar. Mit urchund ditz brieffs geben zu Wyen am ertag vor dem hailigen auffarttag nach Christi gepurd dreuzehen hundert jar darnach in dem sechs und sechzigisten jar. [Seite: 49]
[Auf Seite 49 - 52 folgt ein Register, das hier nicht transkribiert wird.]