Reformationspatent Kaiser Ferdinand III. 1652 (Kuzmány) :: Digitale Bearbeitung Speer 2016

Reformationspatent Kaiser Ferdinand III. 1652 (Kuzmány) :: Digitale Bearbeitung Speer 2016

[Editorial]

Quelle: Karl Kuzmány, Urkundenbuch zum österreichisch-evangelischen Kirchenrecht (Wien 1855) S. 18-22. Digitalisat (nur seitenweise herunterladbar) in Hathitrust (Columbia University)

Kaiser Ferdinand III. Reformationspatent für das Erzherzogthum Oesterreich unter d. Enns v. 4. Jänner d. J. 1652.

[Seite 18] Wir Ferdinand III. u. s. w. entbieten allen und jeden Manns- und Weibs-Personen, was Standes oder Würden die in Unsern Erz-Herzogthum Oesterreich unter der Enns sess und wohnhaft, sonderlich aber denenjenigen, so unserer uralten, wahren, römisch katholisch, apostolisch und allein seligmachenden Religion bis dato noch nicht zugethan sind Unsere Gnade und alles Gutes. Ihr habt euch gehorsamst zu erinnern, was gestalt Unser in Gott allerselig ruhender höchst geehrt und geliebtester Herr Vater, Kaiser Ferdinand der Andere christmildesten Andenkens noch vorhin zu unterschiedlichen Malen von langer Zeit her, unter andern im verwichenen 27stem, und 34stem, wie auch Wir hernach im 38, 45sten und noch jüngstlich den dritten Aprilis des nächst abgewichenen 1651 Jahres ausführlich und gemessene Generalia, wie es in Religions-Sachen in diesem Unsern Erz-Herzogthum Oesterreich unter der Enns gehalten werden solle ausgehen lassen. Ob Wir uns nun keines andern versehen, als dass männiglich demselben in Allem gehorsamst nachleben würde: so müssen Wir jedoch mit sonder Ungnaden vernehmen, dass sich ihrer viel hierwider in unterschiedliche Wege ganz ungescheuet vergreifen, und nichts vermeinen, dass sie derentwegen einige Bestrafung zu gewarten haben. Wann Wir aber, als regierender Herr und Landfürst, dergleichen Ungehorsam zu verstatten keineswegs gesonnen, sondern über vorgesetzten Mandatis steif und fest handzuhaben, und mit gebührenden ernstlichen Einsehen gegen den Ubertretern vorzugehen ein für allemal entschlossen sind. Derowegen dann, und damit sich künftigs Einiger nicht der Unwissenheit um so viel weniger entschuldigen könne oder vermeine, als ob es seithero durch den münsterischen Friedensschluss oder sonsten davon kommen wäre: Als haben Wir demnach mehrgedachte [Seite 19] Generalia hiemit nochmalen und zu allem Überfluss folgendermassen verneuern und bestätigen wollen.

[I.]

Nämlich und für das erste wollen Wir ermahnen väterlich, wohlmeinend und gnädigst alle und jede Unkatholische, welche in diesem Lande sess- und wohnhaft seien oder sich darinne aufhalten, dass sie sich zu dem allein seligmachenden, wahren katholischen Glauben bequemen, und in Glaubens-Sachen fleissig und emsig von den geistlichen Personen unterrichten lassen; zu dem Ende Wir ihnen hiemit sechs Wochen Termin von dato der Publicirung dieses Unsers Generals anzureiten gnädigst ertheilen, auch zu mehrerem Nachdruck und Beförderung der Sachen in dieser Reformationsmaterie alle Vollmacht, Jurisdiction und Execution gegen männiglich ohne Unterschied nach Beschaffenheit zu verfahren, Unsere N.-Oest. Regierung gnädigst eingeräumt und allen andern Instanzen und Jurisdiction dieses Ortes derogirt haben, welche dann zur Fortsetzung dieses Werks gewisse Commissarien mit gemessenen Instructionen sowohl allhier in der Stadt und denen Vorstädten als auch in allen Vierteln dieses Landes verordnet. — Gebieten derowegen ganz ernstlich, dass ein Jeder aus ermeldeten Unkatholischen vor gedachten Unseren Commissarien auf Erfordern unweigerlich und ohne Entschuldigung erscheine, und was sie auch in Unserm Namen vorhalten werden vernehme, nicht weniger denselben zumal es zu eurem Seelenheil und Wohlfarth angesehen ist gehorsamlich nachkomme, sonderlichen aber von denen Geistlichen auch in denen Fundamenten und Artikeln des katholischen Glaubens unterweisen lasset, denenselben eure Bedenken, Ursachen oder Zweifel eröffnet, und mit ihnen ernstlich und fleissig unterredet und handelt, daraus ihr dann vermittelst göttlicher Gnade hoffentlich die rechte Wahrheit und in was für einem Irrthum ihr bis dato gewesen gründlich werdet erfahren können. —

[II.]

Für das Andere ist Unser gemessener Befehl, dass kein unkatholischer Prediger oder Schulmeister herein ins Land zu kommen, noch auch Jemand, er sei wess Standes er wolle, dieselbe zu beherbergen oder aufzuhalten, weniger selbst hereinzuführen unterstehe.

[III.]

Drittens soll sich ein Jedweder des Singens Lesens und Aufbehaltung der unkatholischen Postillen, Predigten, Bücher und Schriften gänzlich enthalten, noch vielweniger aber sich einiger auch gar die Landsleute denen Ihrigen oder andern dergleichen verbotene Bücher oder Schriften vorzulesen unterfangen; oder dasselbe Andern zu thun verstatten.

[IV.]

Zum Vierten wollen Wir hiedurch abermal das vorlängst und zum öftern scharf verbotene Ausreisen zu dem unkatholischen Exercitio allen und jeden Manns und Weibspersonen gänzlich ab und eingestellt haben, ausser der wirklichen Landes-Mitglieder von Herren und Ritterstand unter der Enns, wo es denenselben durch den münsterischen Friedensschluss zugelassen worden, wie auch ausser deren an Unserm kaiserlichen Hof anwesenden des heiligen römischen Reich-Ständen, item Unserer Reichs- und Hofräthe, welche für ihre Personen darunter nicht verstanden sind. Es wird aber gedachten Personen bei hoher Straf hiemit auferlegt, keine ander Leute, denen es verboten, an sich zu henken oder mitzunehmen: inmassen dan denselben ausser der Kutsch einem der Herren Ständen auf das Meiste drei Diener, einer Frau zwei Dienerinnen und ein Diener; denen in dem Ritterstande aber ein oder auf das Meiste zweie, und zwar allein dergleichen Diener, [Seite 20] welche nur auf des Herrn Person zu warten bestellt seien, als Kämmerling, Jungen Lacaien, sollen zugelassen, die Pfleger, Hausmeister, Secretären und sonst andere Beamte aber keineswegs mit ihnen durchpassieret, sondern alsobald abgewiesen, und wiederum zurückgeschafft werden. Und sollen auch diejenigen Diener und Dienerinnen, welche hiedurch Erlaubniss mit ihren Herren und Frauen zu reisen haben, wenn sie an die unkatholische Orte kommen, dennoch derselben Exercitio keineswegs beiwohnen; im Widrigen, sowohl der Diener und Dienerinnen, als auch der Herr und Frau selbsten die ihnen solches befehlen oder zulassen würden derentwegen bestraft werden.

[V. Strafandrohungen]

Da nun aber einer oder der andere wider dieser Unser so gemessenes General handeln und sich vergreifen würde, gegen denselben soll Gestalt und Sachen nach die unnachlässige Bestrafung fürgekehrt und zwar die unkatholischen Prediger und Schulmeister, oder auch diejenige, die sich zwar nicht für dergleichen ausgeben, sondern sich in deren Schlössern Pfleger, Verwalter, Rentmeister in der Stadt aber Hausmeister, Secretäre, Schreiber, Präceptores, Sollicitatores, oder sonst von andern Aemtern nennen, benebst sich aber unterstehen, an Sonn- und Feiertägen den Hausgenossen oder Unterthanen im Schloss oder Haus zu predigen, Postillen und andere unkatholische Bücher vorzulesen, ja wohl gar ihre vermeinte Sacramente zu administriren von jedes Ortes-Obrigkeit alsobald in Verhaft genommen, andere zu unserer N.-Oest. Regierung Profosen geliefert, und am Leib und Gut unverschont bestraft, diejenigen aber, welche entweder unkatholische Predicanten und Schulmeister herein in's Land bringen, bestellen, aufhalten oder wissentlich beherbergen, es seien nun hohen oder niedern Standes Personen ohne einigen Respect, nicht allein aus Unserm Erzherzogthum Oesterreich unter und Ober der Enns, sondern auch aus allen Unsern Königreichen und Landen auf ewig ab und ausgeschafft, auch alle ihr Hab und Güter liegend und fahrend, wie die genannt werden mögen, nichts davon ausgenommen, verwirket haben. Gegen denen andern, welche mit dem Lesen oder Singen der unkatholischen Bücher und Schriften sich vergreifen, wie auch denen Landleüten, so dergleichen denen Ihrigen oder andern vorlesen lassen, solle mit wohl empfindlicher Bestrafung verfahren; diejenigen aber, welche in dem Ausreisen oder Besuchung des unkatholischen Exercitii betreten werden, wenn sie vermöglich sein, das erstemal am Geld, dass andere mit Gefängniss, und das dritte Mal mit der Ausschaffung aus dem Land und Confiscirung ihrer Güter gestrafet; das arme Bauersvolk aber und andere, welche keine Geldstrafe auszustehen haben, gleich das erste Mal mit dem Arreste und Stadtgraben Arbeit, in Band und Eisen auf eine gewisse Zeit, und wenn sie öfter kommen, noch schärfer belegt werden. Da aber einer oder der andere Unkatholischer an dergleichen Ort, wo dasselbe Exercitium im Schwunge geht, seiner Geschäfte halber zu reisen hätte, solle solcher von seiner Obrigkeit einen Zettel, darinnen die Ursach seines Dahinreisens, wie auch die Zeit seines Ausbleibens vermeldet sein, als die Nobilitirte von Unserer N.- Oest. Regierung; diejenigen, so unter Unser Land und Marschallen gehören, aber nicht Landleut seien, von demselben die Universitätischen von dem Rectore und Consistorio, die Bürgerschaft von jedes Orts Magistrat; diejenigen Unterthanen, so unter unkatholischer Obrigkeit [Seite 21] seien von ihrer Obrigkeit, die andern aber von ihren Pfarrern oder Seelsorgern jedesmal zu nehmen und vorzuweisen schuldig seien, im widrigen ihnen kein Glauben gegeben, sondern mit denenselben gleich mit andern zu dem unkatholischen Exercitio ausreisenden, obstehendermassen verfahren werden. Es sollen aber bemeldete Obrigkeiten oder Pfarrer solche Zettel einem jeden ohne einige begehrende Tax Schreibgeld oder Verehrung förderlich ertheilen, und wenn auch schon einer oder der andere einen dergleichen Schein hätte, so soll er sich doch nicht unterstehen an selbigen Ort, da er hinreiset das unkatholische Exercitium zu besuchen, sonsten würde er sowohl als diejenigen, so allein des Exercitii halber sich dahin begeben, abgestraft werden.

Dermassen Wir dann in Unserm Königreich Ungarn die Bestellung thun lassen, das an denenjenigen Orten, wo das unkatholische Exercitium gehalten wird, durch gewisse hiezu verordnete Personen das ganze Jahr hindurch Achtung gegeben, und die Ubertreter Unserer N.-Oest. Regierung nahmhaft gemacht werden sollen. —

Und ist diesem nach an euch obengenannte Obrigkeiten, geist- und weltliche Unser gnädigster auch ganz ernstlicher Befehl hiemit, dass ihr auf ein und anderes euer fleissiges Aufmerken habt, und wann Ihr einen unkatholischen Predicanten oder Schulmeister oder auch einen dergleichen so wie hie oben vermeldet allein unter anderm Namen deroselben Stellen vertritt, in Erfahrung bringet, oder selbsten betretet, solchen alsobald in Verhaft nehmen, in Band und Eisen schlagen und anhero Unsere N. Ö. Regierung Profosen überliefern lasset, inmassen wir dann die Verordnung gethan, dass Euch aller und jeder sowohl der Fuhren als auch der Atzung und Geleitung halber aufgegangene Unkosten von gedachter unserer N. Ö. Regierung auf euer Anmelden neben der hier unten benannten Recompens unverzüglich und wiederum erstattet werden solle. Diejenigen aber, so die unkatholischen Bücher oder Schriften lesen oder singen, sollet ihr Unserer N. Ö. Regierung nahmhaft machen, wie nicht weniger und zwar sonderlich die Obrigkeiten unter euch, so an den Pässen und Gränzen sich befinden, auf die zu dem unkatholischen Exercitio auslaufende Personen, denen dasselbe wie hier oben vermeldet nicht erlaubt ist, stäte und fleissige Achtung geben lassen. Diejenigen aber, welche Maut haben, sie thun gleich dieselbe selbst einnehmen oder im Bestand verlassen, bei ihren Maut Amtleuten ernstlich verfügen, dass sie die hinab in Ungarn reisende Leute examiniren, und wann sie unkatholische, welche mit obgedachten Zetteln nicht versehen, betreten, die vornehmen Personen zurückschaffen, benebst anmerken und anher berichten, die gemeinen Leute aber anhalten, und es alsobald der Obrigkeit, oder deren Pflegern, Verwaltern oder Richtern anzeigen, welche alsdann dieselbe in Verhaft nehmen, und anhero liefern sollen. Und haben die Mautbeamte auch gute Obsicht zu haben, dass mit denen obvermeldeten wirklichen Landständen und deren Ehefrauen, wie auch mit denen, so hieroben ausgenommen werden, keine andere Leute denen es verboten, ingleichen nicht mehr Diener oder Dienerinn als ihnen erlaubt, noch einiger Pfleger, oder andere Beamte durchgelassen werden. Ferner sollen diejenigen, welche Wirths- oder Leutgebe-Häuser auf den Strassen haben, ihren Wirth und Leutgeber scharf einbinden, dass wenn dergleichen auslaufende Personen zu ihnen kommen, sie solche alsobald anzeigen. [Seite 22] Dieweilen aber dieselbe nicht jedes Mal in den Wirthshäusern einkehren, als sollen die Obrigkeiten ihren andern Unterthanen bei hoher Strafe verbieten, dergleichen Leute nicht zu beherbergen, noch weniger aber sie mit Ross und Fuhren zu versehen, oder sonsten einigen andern Vorschub zu thun, sondern wann sie deren inne werden, solche ohne einigem Verzug ihr der Obrigkeit anzeigen.

Wir gebieten auch hiermit allen Pfarrern und Seelsorgern, denen es auch sonsten ohne das zu thun gebührt, nicht weniger denen Schulmeistern, dass sie auch zur Erforschung der Uebertreter dieses Unsers General-Mandats emsigen Fleiss brauchen, und wenn sie deren erfahren, dieselbige alsobald entweder denen gehörigen Obrigkeiten oder Unser N. Ö. Regierung namhaft machen, und sich im Geringsten nicht hindern lassen. Versprechen derowegen hiermit gnädigst einem jeden, sowohl denen Obrigkeiten, als auch denen Pfarrern, Schulmeistern, Mautbeamten, Wirthen und sonsten, wer es auch seien, wenn auf eines oder andern Denunciation oder Lieferung (wobei ihnen verstandenermassen, die wegen der Fuhr Atzung und Begleitung, nicht alleine der Predicanten und Schulmeistern, sondern auch derer andern, welche in den Auslauf ohne Zettel betreten und hiehero geliefert werden, aufgewandte Unkosten alsobalden absonderlich wiederum erstattet werden sollen) eine Geld-Strafe einkömmt, ihnen alsodann davon jedes Mal den dritten Theil, von denen Confiscationen aber eine stattliche Recompens erfolgen zu lassen, hingegen aber auch sollen diejenigen, so die Delinquenten wissentlich verschweigen, oder ihnen durchhelfen, wirklich bestraft, und dabei denen Obrigkeiten, Pflegern, Verwaltern und Richtern selbsten, wenn sie die Personen, welche von den Maut-Amtleuten, Wirthen oder andern angezeigt werden, nicht anhalten, noch liefern, im wenigsten verschont, sondern gegen ihnen gestalter Sachen nach gleichfalls mit exemplarischer Bestrafung verfahren werden.

Wir wollen aber in der obbemeldeten Reformation-Commission die an Unserm kaiserlichen Hof anwesenden Reichsstände, wie auch Unsere Reichs-Hofräthe, und die bei denselben immatriculirte Agenten oder Gewaltsträger, ingleichen Unsere derzeit in diesem Land gesessen und wohnende wirkliche vogtbare Landleute, und dann die Niederlags-Verwandten, welche der von Kaiser Maximiliano I. gemacht, und seithero confimirten Ordnung gemäss sich verhalten, und der bei Unserer N. Ö. Regierung befindenden Matrikel einverleibt sein, ausgenommen haben, jedoch dass sie sich in dem Uebrigen diesem Unsern Patent gewiss verhalten. Wornach sich also ein Jeder zu richten und vor Nachtheil und Schaden zu hüten weiss. Es geschieht auch hieran Unser endlicher, gnädigster Wille und Meinung. Gegeben in Unserer Stadt Wien, den 4. Januarii nach Unsers lieben Herrn und Seligmachers gnadenreicher Geburt 1652, Unserer Reiche des römischen im 16, des ungarischen in 27, und des böhmischen in 25sten Jahre.