Leopold I., Advokatenordnung Österreich unter der Enns 21. März 1680 :: Transkription Speer 2014

Leopold I., Advokatenordnung Österreich unter der Enns 21. März 1680 :: Transkription Speer 2014

Quelle: Codex Austriacus I 25 - 30.

ENtbieten allen / und jeden / unsern nachgesetzten Obrigkeiten / Geist- und Weltlichen / auch andern unsern getreu-gehorsambsten Ständen und Unterthanen in unserm Ertz-Hertzogthum Oesterreich unter der Ennß / auch sonsten männiglich; vornemlich aber allen / und jeden Partheyen / und derselben Advocaten / welche bey unserer N.O. Regierung / und dem deroselben nachgesetzten Land-Marschallischen Gericht / der Zeit Rechts-Führungen haben / oder ins künfftig deren etwa daselbst bekommen möchten / unsere Gnad / und alles Gutes. Und geben euch benebens gnädigst zuvernehmen ; massen auch durchgehend bekandt / wie daß in diesem Ertz-Hertzogthum Oesterreich unter der Ennß die Rechts-Stritt nicht allein von Jahr zu Jahren sich vermehren / sondern auch dieselben durch die von denen litigirens-begierigen Partheyen / und ihren Advocaten muthwillig suchende Auffzüg (ungehindert solche abzuschneiden bißhero unterschiedliche Mittel / aber mit wenigem Effect, vorgekehrt worden) auff viel Jahr hinaus gezogen werden / also / dass offtermahls die Kläger / ob sie schon ein gutes Recht haben / gleichwohl das End nicht allzeit erleben können / und darbey mehreren Theils all ihr Vermögen beysetzen müssen.

Wann wir aber solchem Ubel zusteuren / und dardurch die / von so muthwilliger Hemmung der lieben Justitz / besorgende Straff GOttes zuverhüten / ein unumgängliche Nothdurfft / und der Zeit die Abstellung der eingeschlichen-schädlichen Auffzüg / und Mißbräuche / so unter währendem Lauff des Process, von denen Partheyen / und Advocaten vorgenommen werden / für das bequemste Mittel hierzu allergnädigst befunden : Als haben Wir / über abgefordert auch eingelangte Bericht und Gutachten / Uns unterm ein und zwantzigsten diß Monaths Martii dahin allergnädigst resolvirt / daß es bey ihr Regierung / und dem Land-Marschallischen Gericht / in dem Gerichts-Process hinfüro / ohne [Seite 26] anderwärtig-weitere Verordnung / nachfolgender Gestalt gehalten / und dieser Modus künfftig der neuen Gerichts-Ordnung einverleibt werden solle.

§. 1. Nemlichen / und für das Erste / hat es zwar in Liquidis bey der / den sieben und zwantzigsten Julii, Anno Sechzehenhundert Fünff und Funfftzig / außgangenen Executions-Ordnung / quoad personalia, sein ungeändertes Verbleiben; wo aber rei Vindicatoria agirt / und das Dominium, vel quasi, intetnirt wird / hat der Kläger / nach dem Gebotts-Brieff / und Warnungs-Rathschlag / gleich immediatè um die Einantwortung anzuruffen / und der Richter zu der Einantwortung Commissarien ex Officio zuverordnen.

§. 2. Auff ein Auszügel eines untadelhafften Handel-Buchs / oder auff ein anders Instrumentum, welches keine vollständige Prob bey Gericht machet / solle zum ersten Bescheid erfolgen : Dem Beklagten die Unklaghaffthaltung auffzulegen.

Wann nun nach verflossenen vierzehen Tagen (â die Executionis, wie durchgehend gebräuchig / anzuraiten) der Kläger den vorhero gebettenen Gebotts-Brieff weiter urgirt / so wird derselbe mit : Fiat, wofern nichts einkommen / den Gebotts-Brieff bey der Cantzley auszufertigen / verwilliget / und der Executions-Ordnung gemäß / weiter verfahren.

§. 3. Jn denen vorkommenden Klagen aber / so gar nicht liquidirt / soll der Beklagte um Bericht vernommen werden ; es stehet aber dißfalls in arbitrio Judicis, ob er nach Beschaffenheit der Sachen / und Umständ nur simpliciter Bericht / oder förderlichen Bericht / oder aber gantz förderlichen Bericht / oder auch Bericht / welchen der Beklagte bey nechster Raths-Session unfehlbar einreichen solle / durch den ersten Bescheid abfordern will.

Gleichwie nun die gemeine Berichts-Abforderung vierzehen Tag / die förderliche acht Tag / und die gantz förderliche nur drey Tag Termin hat : Also solle nach verflossenen Termin, auff ferners Anruffen / und da der Bericht von dem Beklagten nicht erstattet worden / in allen andern / ausser der Gewalts-Sachen / die Verbescheidung erfolgen : Die Einreichung des abgeforderten Berichts inner drey Tagen auffzulegen / sonst seye in diß Begehren verwilliget.

Damit aber der Richter wisse / ob die Urgirung eine Gewalts- oder andere Klag anbetrifft / sollen bey allen Anbringen / die vorhergehende Verordnungen beygelegt werden ; Widrigen Falls der unterschriebene Advocat zur Straff zween Reichs-Thaler verfallen haben.

Deßgleichen sollen die Advocaten , bey ebenmässiger Straff zween Reichs-Thaler / die Rubriken ihrer Anbringen / mit Benennung des Gegentheils / ordentlich stellen / und da zwischen einerley Partheyen unterschiedliche Sachen in Stritt stehen / Materiam litis auff jeden Anbringen von aussen specificiren.

§. 4. Jn denen Gewalts-Klagen / wann der abgeforderte Bericht nicht eingereicht wird / solle mit Auslassung der Unklaghaffthaltungs-Verordnung / durch die dreyssig-tägige / und die drey-tägige Collationirungs-Verordnungen / wie bißhero gebräuchig gewesen / verfahren werden.

§. 5. Wann ein Kläger in Arrest-Pfändung- und Spoli-Sachen in der ersten Klag das Petitum auff die Entlassung / oder Restituirung stellet / so solle / neben Abforderung gantz förderlichen Berichts / die Entlassung / oder Restitution / nicht simpliciter , sondern mit dem Anhang / bey so beschaffenen Sachen / aufferlegt ; da aber der Beklagte inner drey Tagen weder Bericht einreicht / noch auch parirt / auff des Klägers ferners Anruffen / ein würcklich- und ausgäbig-Pœn-fällige Verordnung / nach Ermessen des Richters / auch nach gestaltsame des begangenen Frevels / und Ungehorsams / ertheilt werden.

§. 6. Jn denen Fällen / wo von Hoff aus / Bericht und Gutachten abgefordert / und das Anbringen hernach dem Gegentheil um seinen Bericht zudecretirt / solcher aber inner 14. Tagen nicht eingereicht wird / solle derselbe noch mit einer dreytägigen peremptorischen Aufflag getriben ; hernach aber / auff nicht beschehende Parirung / und des Supplicanten weiters Anruffen / dem Expeditori anbefohlen werden / daß / wofern nichts einkommen / er das Original-Anbringen / worüber Bericht / und Gutachten abgefordert worden / mit allen Beylagen verpetschirter in Rath gebe / sodann ist das Gutachten / ohne weitere Annehmung deß Gegentheilischen Berichts / gleich ex officio nacher Hoff zubefördern ; wie dann bey Hoff ferner darauff keine Entschuldigung / noch Restitutio in integrum , angenommen werden solle.

§. 7. Damit aber durch die Edirung die Sachen um so viel weniger verlängert werden können / solle der in der ersten Klag unterschribene Advocat gleich mit derselben / sowohl seinen Gewalt / als auch alle / in besagter Klag allegirte Beylagen / in forma probante, oder so gut er dieselben hat / und bey künfftiger Collationirung legen will / exequiren lassen ; Widrigenfalls ist er ein nicht exequirtes Instrument in selbigem Process weiter zuallegiren / und zulegen / nicht mehr befugt / auch der Gegentheil auff das jenige / was der Kläger mit dem allegirten / aber nicht exequirten Instrument zuprobiren vermeint / zuantworten [Seite 27] nit schuldig / und solle dergleichen Beylag / so nicht edirt worden / bey der Collationirung nicht gelegt werden / auch der Richter bey der Erkandtnuß darauff keine Reflexion machen. Welches dann auch mit allen andern Schrifften durch den gantzen Process, auch an Seiten des Beklagten mit seinen Instrumentis exceptoriis, wann etwas neues von ein / oder dem andern Theil allegirt wird / also / wie obstehet / gehalten werden solle / ausser bey dem Bericht / welcher bey der Cantzley verbleiben thut ; jedoch solle des Beklagten Advocat , nach des Berichts Erledigung / inner den nechsten drey Tagen seinen Gewalt / und alle neue Beylagen / wie oben vom Kläger gemeldt / demselben bey Pœn-Fall sechs Ducaten / si ipsô factô verwircket / und vom Advocaten eingefordert werden sollen / exequiren lassen. Was aber die Zeugen-Aussagen belanget / hat es bey dem alten stylo, daß nemlich jeder Theil dieselben bey der Cantzley selbst erheben muß / noch ferners sein Verbleiben.

Wie dann auch ein jeder Theil die jenigen Relationes, welche wegen beeder streittenden Partheyen eingereicht / und mit fürzuhalten berathschlaget worden : Jtem / die bey Regierung ergehende Verläß / die Abschied / und andere dergleichen / zwischen denen Partheyen ergangene Nothdurfften / ohne seines Gegentheils Entgeldt / und erwartender Edirung selbst zu Handen bringen muß.

Da aber auff beschehen Edirung eines Extracts / der andere Theil die Edirung deß völligen Instruments / oder der Relatorum begehrt / solle / da der Auffzug nicht gar offenbahr / solche Edirung gleich bey sechs Ducaten Pœn-Fall aufferlegt : auff des Gegentheils folgende Weigerung aber / beyde Theil in die Commission-Stuben erfordert / und das Incident erörthert : Und wann hierauff befunden wird / welcher Advocat, oder Theil in Unterlaß- oder Begehrung der Beylagen / unrecht hat / derselbe solle noch ferner / ausser der sechs Ducaten / würcklich gestrafft werden.

§. 8. Die Recognoscirung zuverwilligen / oder abzuschlagen / solle in soweit in arbitrio Judicis stehen / daß die Partheyen in ihren Anbringen allzeit die Ursachen / warumben sie die Recognoscirungen begehren / specificè anzuzeigen haben. Werden nun solche vom Gericht nicht erheblich befunden / sollen die Supplicanten mit dem Bescheid / Diß Begehren hat nicht statt / alsobalden abgewiesen ; da sie aber genugsame Ursachen beybringen / dem Expeditori die Benennung einer fürderlichen Recognoscirungs-Tag-Satzung / und dem Gegentheil die Producirung deß Originals peremptoriè bey zehen Ducaten Pœn-Fall aufferlegt werden. Da nun der jenige / welcher die Recognoscirung begehrt / entweder in eigner Person / oder durch seinen Advocaten / bey der gegebenen Tag-Satzung abzuweisen ; Es wäre dann / daß er sein Außbleiben mit einer zugestossenen Kranckheit / oder unvermeidentlichen Abwesenheit glaubwürdig entschuldigen könte / auff welchen Fall noch eine Tag-Satzung verwilliget / und ihme die Erscheinung peremptoriè aufferlegt / darüber aber keine mehr verstattet werden solle. Da aber der jenige / dessen Instruments-Recognoscirung begehret wird / oder sein Advocat aussen bleiben / und das Instrument aufferlegter massen nicht produciren thäte / so solle der dictirte Pœn-Fall von dem Advocaten unnachläßlich eingefordert / und eine nochmahlige peremptorische Tag-Satzung bey doppelten Pœn-Fall gegeben / deß verwirckten Pœn-Falls halber / auch kein andere Entschuldigung / als eine nothwendige Abwesenheit / oder erwiesene Leibs-Unpäßlichkeit / angenommen werden.

Die Recognoscirungs-Tag-Satzung aber solle der Expeditor, so viel es die Entlegenheit der jenigen Parthey / welche das Instrument / so producirt werden soll / in Handen hat / zulasset / fürderlich ansetzen / und da / nach beschehener Recognoscirung / eine Relation von ihme begehrt wird / dieselbe inner denen nechsten drey Tagen / unerwartet einer weitern Aufflag / bey Gericht ex officio gewißlich einreichen.

§. 9. Um die Collationirung der Acten wird angeruffen / entweder / wann der Process schon geschlossen : oder auch noch vorhero. Ist der Process geschlossen / solle auff das erste Anbringen zum Bescheid erfolgen : Fiat , wofern beyderseits ordentlich geschlossen / die Collationirung nach Gelegenheit der Cantzley. Welche aber solche unverlängt vorzunehmen hat. Auff ein oder deß andern Theils nichtErscheinung / solle zu der Collationirung nur noch eine Peremptorische Tag-Satzung / mit dem Anhang / daß auff ein / oder deß andern Theils Ausbleiben / der Expeditor mit dem Erscheinenden ex officio collationiren solle / gegeben werden.

Wann aber der Process noch nicht geschlossen / und in denen Ordinari-Verfahrungen eine Parthey nach exequirter Schrifft / den Gerichtlichen Termin der 14. Tag verstreichen last / solle der Richter / wie bißhero // Erstlich durch die dreyssigtägige Verordnung / hernach / wofern nichts einkommen / nur einmahl mit vorhergehender Erinnerung / auch nach solcher Erinnerung / kein Gegentheillisches Anbringen mehr annehmen; sondern [Seite 28] mit hernachgehender Erinnerung / durch die Collationirung ex officio, in Contumaciam procediren.

In Summari-Verfahrungen aber folgt / nach verflossenen 14. Tagen / immediatè die Collationirung ex officio, wofern nichts einkommen / doch dessen vorhero : Und nach dieser Verordnung / die Collationirung ex officio, Wofern nichts einkommen / und dessen hernach zuerinnern.

In beeden obbemeldten Fällen solle Expeditor , mit der jenigen Parthey / welche die Collationirung ex officio erhalten / alsobalden collationiren und der Process verpetschirter im Rath gegeben werden.

§. 10. In denen ordentlichen Verfahrungen / sollen die Partheyen ihre obgemeldte zulässige Edirungs-Recognoscirungs-Legitimations- und dergleichen Begehren / alle inner denen 30. Tägen ; In denen Summari-Verfahrungen aber / inner denen 14. Tagen / peremptoriè einzubringen schuldig seyn / und hernach darmit weiter nicht gehört / noch verwilliget / wie auch die jenigen Anbringen / darinnen sie zu blossen Auffzug der Sachen / um einen Termin oder Geduld- und hierauff Weisung / biß zum völligen Abschreiben / und dergleichen Anruffen / nicht mehr producirt / noch würcklich erledigt / sondern dieselben bey Regierung durch unsern Cantzler / bey dem Land-Marschallischen Gericht aber durch unsern Landschreiber / mit seiner eigenhändigen Verbescheidung / als wider die Gerichts-Ordnung / wiederum hinaus zugeben / ohne Product, und würcklichen Bescheid / in die Cantzley remittirt / der Gegentheil aber würcklich verbescheidet / und obschon dergleichen Anbringen ungefähr producirt / und in die Erledigung gegeben wurden / dieselben gleichwohlen daselbst simpliciter verworffen werden.

Wann aber eine Parthey wider eine / von dem Gegentheil erhaltene Pœn-fällige Verordnung / es seye in Edirungs- oder andern Fällen / etwas einbringt / so von dem Richter für erheblich befunden / und dahero das Anbringen / mit Zustellung fürzuhalten berathschlagt wird /solle der Impetrant selbige Verordnung intra consuetum triduum exequiren zulassen schuldig seyn ; Widrigen Falls aber / auff Gegentheilisch anruffen / und Beylegung deß Rathschlags / deß nicht exequirten Anbringens / der dictirte Pœn-Fall von dem Advocaten würcklich eingefordert / und die vorige Aufflag bey doppeltem Pœn-Fall ertheilt werden.

§. 11. Damit auch eine embsige Parthey der Nachlässigen nicht gleich gehalten werde / wird man hinführo die jenigen Anbringen / welche jedes Tags bey Regierung / und dem Land-Marschallischen Gericht / einkommen / gewöhnlicher massen / zusammen legen / und so viel möglich / gleich erledigen. Da es aber wegen anderer wichtigen Geschäfften selbigen Tag nicht seyn könte / auff die gegentheilische Anbringen / so in folgenden Tagen eingereicht werden / die vorhero einkommende Parthey nicht weisen ; sondern jedes Tags Erledigung absonderlich vornehmen / und die den Tag hernach einkommende Partheyen auff ihre den vorigen Tag erledigte Gegentheilische weisen.

§. 12. Nachdeme die Erforderungen in Regierungs-Commissions-Stuben gemeiniglich auff einen Vergleich angesehen seynd / als solle man in solchen Sachen / wo kein Vergleich zuhoffen / nemlichen in Jurisdictions- oder sonsten hochwichtigen Sachen / hinführo keinen Vorstand mehr anordnen / sondern die Partheyen gleich ad viam Juris verweisen. Da aber die Materia litis für transigibl gehalten wird / solle in Parthey-Sachen gleichwohl nicht auff die erste Klag / ausser wo metus armorum, Auffruhr / oder sonst extremum in mora periculum, sondern regulariter erst auff die Replic, die Erforderung beschehen / und beeden Theilen die gewisse Erscheinung gleich zum ersten mahl bey Bedrohung Pœn-Falls aufferlegt werden.Welche dann jedesmahls præcisè frühe um 8.Uhr für Regierung erscheinen / und sich daselbst alsobalden durch einen Thür-Hüter anmelden lassen / oder aber / da ein / oder der andere auß erheblichen Ursachen an selbigem Tag und Stund nicht erscheinen könte / derselbe die vorgefallene Verhindernuß / da er solche zeitlich wissen kan / 3. Tag vor der angesetzten Zeit / oder aber / da selbige entzwischen vorfallen thäte / wenigist den Tag vorhero / oder auch endlich an dem benennten Tag selbsten / jedoch daß es gleich frühe um 8. Uhr beschehe / sich bey Regierung schrifftlich / und zwar mit sattsamer Specificir- und Verificirung der allegirenden Verhindernussen / also gewiß entschuldigen / und benebens die Erstreckung begehren / als im widrigen Fall der Advocat, wie auch dessen Parthey (wann die Sach also bewändt / daß sie selbst persöhnlich darbey seyn muß) jeder absonderlich für das erstemahl / nach Beschaffenheit der Sachen / wenigist zwey Reichs-Thaler zu einer Straff verfallen haben / und solche mit Verwerffung der etwa einbringenden unerheblichen / und nicht sattsam erwiesenen Entschuldigungen (welche dann gar genau zuexaminiren) durch die gebräuchige Executions-Mittel unverschont alsobalden eingefordert werden sollen.

Wann aber die Entschuldiguing für erheblich angenommen wird / solle die vorige Tag-Satzung erstrecket / und beeden Theilen die gewisse Erscheinung zum andern mahl bey zehen- oder aber / dafern aus gar erheblichen Ursachen Regierung noch ein weitere Tag-Satzung [Seite 29] zugeben / bewogen wurde / bey mehr Ducaten Pœn-Fall aufferlegt / und solcher Pœn-Fall auff fernere nicht Erscheinung / oder nicht legaliter, wie obstehet / vorhero einwendende Entschuldigung / ipsò factò von dem Advocaten durch den Profosen eingefordert werden.

Damit aber die Erforderungen nicht Fruchtloß abgehen / sollen die Advocaten / wann ihre Principalen nicht selbst mit erscheinen / von ihnen ein genugsamen Gewalt ad transigendum beym Vorstand produciren / in dessen Ermanglung aber / vier Reichs-Thaler zur Straff verfallen / und nicht ehender abtretten / biß sie solche vorhero würcklich erlegt haben : Dann hinfüro die dilationes, die Sach ad referendum, oder ad deliberandum zunehmen / hiermit gäntzlich abgestellt seyn.

§. 13. In Sachen / welche nicht von grosser Importantz / und Consequentz seynd / also daß sie nicht wohl eine Verfahrung zumeritiren von Regierung erachtet werden / sollen auff dem Fall / da die Partheyen / nach angehörter Nothdurffts-Handlung / nicht verglichen werden können / die jenigen drey Herren Räth / welche zum Vorstand deputirt worden / die Sach entweder in pleno, oder aber denen / von unserm Stadthalter / oder seinem Ambts-Verwalter / noch zu ihnen verordneten Räthen / umständlich referiren / und sie sodann sammentlich durch Verlaß einen Ausspruch machen.

Damit nun hinfüro / wann über einen Verlaß / welcher vim rei Judicatæ hat / die Revision gesucht / und solche auch zugelassen wurde / wegen schrifftlicher Verfassung der mündlich-gehandleten Nothdurfft / die Sach nicht verlängert werde / noch auch zu besorgen seye / daß die Partheyen bey Verfassung der Schrifften (wie bißhero öffters verspühret worden) etwa neue Instrumenta, und Argumenta brauchen möchten : Als sollen fürohin der Partheyen / oder derselben Advocaten / mündliche Nothdurffts-Handlungen / es seye nun der Vorstand über die erste Klag / oder über die Replic angeordnet / fleissig protocollirt / und so bald die erste Red vorbey / dieselbe wie sie protocollirt / der Parthey oder ihrem Advocaten vorgelesen / und / da er sich darzu bekennet / von demselben in instanti, ehender der Gegentheil darauff antwortet / eigenhändig unterschrieben / und also auch mit denen übrigen Reden verfahren werden.

Welches Protocoll hernach / da die Sach in der Commission-Stuben nicht verglichen / sondern / wie oberwehnt / über den geschöpfften Verlaß / die Revision angemeldt / und zugelassen wurde / an statt der bißhero verfaßten Revision-Schrifften / mit denen bey der Erkanntnus gehabten Motiven / nacher Hoff gegeben werden solle.

§. 14. Damit auch weder bey Regierung / noch bey dem Land-Marschallischen Gericht / die Partheyen / und derselben Advocaten / durch die Extrajudicial-Commissiones die Sachen mehr so lang auffziehen können / sollen hinfüro die Partheyen und Advocaten gleich auff die erste von denen Commissarien gegebene Tag-Satzung / zu der bestimbten Zeit erscheinen / und da ihre Principalen nicht selbst mitkommen / von ihnen einen genugsamen Gewalt ad transigendum mitbringen / widrigenfals vier Reichs-Thaler zur Straff / welche auf der Commissarien Anzeigen / von ihnen Advocaten / durch den Profosen einzufordern / verfallen haben.

Könte aber eine oder die andere Parthey / oder derselben Advocat, bey der ersten Tag-Satzung aus erheblichen Ursachen nicht erscheinen / so solle Er die Entschuldigung / mit Specificirung der Verhindernussen / wenigst einen Tag vor der Tag-Satzung / bey denen Commissarien schrifftlich thun / und bey Gericht eine Verordnung an die Commissarien / an den Gegentheil aber eine Pœn-fällige Erscheinungs-Aufflage begehren / so auch verwilliget / aber weder allhier / noch bey denen Erforderungen in die Commissions-Stuben / noch auch bey denen Recognoscirungs-Tag-Satzungen / von keiner Parthey die Entschuldigung mit anderwärtigen Geschäfften bey einer untern Instantz / angenommen werden solle.

§. 15. Denen jenigen / so im Lande notoriè angesessen / oder sonst bekante Leuth seyn / bey denen kein Periculum Fugæ zubesorgen / wie auch in Causis liquidis , solle keine Cautions-Leistung aufferlegt / sondern das Anbringen mit dem Bescheid : Diß Begehren hat nicht statt ; wiederumb hinaus gegeben werden. Wann aber Regierung / und das Land-Marschallische Gericht findet / daß das Cautions-Begehren erheblich / so solle die Caution erstlich bey Bedrohung Pœn-Falls / und auff ferneres Anruffen / die Vollziehung voriger Verordnung bey zehen Ducaten Pœn-Fall / aufferlegt / und derselbe / da er verwirckt wird / von dem Advocaten durch den Profosen eingefordert werden.

§. 16. In Puncto der begehrten Legitimation, wie auch der abgeforderten Erklärung / und der Nahmhafftmachung der Commissarien und Advocaten / solle die erste Aufflag / gleich bey Bedrohung Pœn-Falls / und sodann die Vollziehung voriger Verordnung / wie oben in materia Cautionis, bey zehen Ducaten Pœn-Fall aufferlegt / und derselbe / da er verwirckt wird / auch von dem Advocaten durch den Profosen eingefordert werden.

§. 17. Die Weisung solle von dem Kläger bey Verfassung seiner Replic, von dem Beklagten aber / bey Verfassung seiner Duplic, geführt / und die Weiß-Articuln dem Gegentheil [Seite 30] gleich mit der ersten Vorwissens-Verordnung / bey Pœn-Fall sechs Ducaten / welchen der Advocat bezahlen muß / exequirt / und nach der nochmahligen Vorwissens-Verordnung / keine weitere Erinnerung gegeben werden / welches hinfüro auch bey Eröffnung der Zeugen-Aussagen gleicher gestalt zu observiren ist.

§. 18. Bey denen ordentlichen Verfahrungen sollen in dem Schluß und Gegen-Schluß keine Neuerungen weder gelegt / noch von dem Richter attendirt / sondern der jenige Advocat, so dawider handlet / umb zehen Reichs-Thaler noch darzu gestrafft werden.

§. 19. Ob nun zwar die Pœn-Fälle / welche sowohl bey Regierung / als auch dem Land-Marschallischen Gericht würcklich / und unverzüglich executivè einzufordern / oben vermeldeter massen / umb mehrerer Bequemlichkeit willen / von denen Advocaten eingefordert werden ; so wird ihnen doch in denen Fällen / wo ihre Partheyen in mora gewesen / der Regress wider dieselben hiemit expressè vorbehalten.

Da aber eine Parthey / weß Stands dieselbe auch wäre / ausser der Formalität des Gerichts-Process, durch ein anderes Factum, oder Ungehorsam / einen Pœn-Fall gegen dem Gericht verwircket / solle bey Unserer N. O. Regierung / und Cammer / der Cammer-Procurator solchen durch die Gerichtliche Execution einzubringen befehlcht : bey Unserem Land-Marschallischem Gericht aber / der Ubertretter für Gericht erfordert / und vor Erlegung des verwirckten Pœn-Falls nicht entlassen werden ; Nach dessen Erlag aber ihme den Pœn-Fall mit einer Schrifft zuberechtigen / vorbehalten seyn.

§. 20. Würde eine Parthey durch ihres Advocaten Unfleiß und Nachläßigkeit ihres Rechts verlustiget / solle dieselbe befugt seyn den Regress bey ihme zusuchen / und da er den Schaden mit Geld zuersetzen nicht vermöchte / an dem Leibe destwegen abgestrafft werden.

§. 21. Die Advocaten sollen diesem Edict gemäß / die Petita stellen ; widrigenfalls mit der Verbescheidung / Ein Gerichts-bräuchiges Petitum zustellen / abgefertiget werden.

Dahingegen ist ihnen erlaubt / daß / zum Fall eine Verbescheidung wider dieses Edict , præter reservata arbitrio Judicis , ergehen thäte / sie mit gebührender Bescheidenheit repliciren / und die Verbescheidung diesem Unseren Edict gemäß / begehren mögen. Was aber in diesem Edict nicht geändert worden / hat es bey dem alten Stylo , und vorher ergangenen Edicten , sein Verbleiben.

§. 22. Gleichwie nun diese neue Ordnung auff den ersten Tag künfftigen Monaths Maji ihre Würckung nehmen soll : also wird ein jeder sich darnach zurichten / derselben gehorsamst nachzukommen / und für Schaden zuhüten haben. Wir behalten Uns aber dieselbige ins künfftig / aus fürfallend-bewegenden Ursachen / zuändern / zumindern / oder zumehren / wie auch auff die übrige Unserer N. O. Regierung nachgesetzte Instantzen mit nechstem practicirlich einrichten / und durch absonderliche Edicta publiciren zulassen / gnädigst bevor. Und beschicht hieran Unser gnädigst-wohlgefällig- auch ernstlicher Will und Meinung.