Die digitale Version des "Compendium juris" des Lüneburger Kanzlers Balthasar Klammer aus dem Jahr 1556 ist eine Transkription des Textes, den Albrecht Eckhardt 1964 in seiner Dissertation ediert hat: Eckhardt, Albrecht: Der Lüneburger Kanzler Balthasar Klammer und sein Compendium juris — Hildesheim : Lax, 1964. — XI, 257 S. (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens ; 63) Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1962.
Der Text findet sich auf den Seiten 178 - 242, Textgrundlage ist hier die Handschrift Universitätsbibliothek Jena, Ms. Prov. q 213 (vgl. S. 161 u. 176f.)
Herr Professor Eckhardt hat am 17. April 2018 seine Zustimmung zu dieser digitalen Version erteilt, wofür ich herzlich danke! [Seite: 178]
Auszug gemeiner sachen und hendeln, so teglich in gerichten und rechten und andern rathschlegen furfallen, durch den ehrnfesten undt hochgelarten herrn Balthasarn Clammer, furstlichen Luneburgischen cantzeler, seinem sohn zu nutz und besten gemacht.
Dem ernvesten undt erbarn Otten Klammern, hauptman zu Medingen, meinem freundtlichen, lieben sohn.
Freundtlicher, lieber son, ich habe aus langer erfarung, daß diejennige, so nicht studirt haben, ob sie sunst weltweis gnung sein, im rechten, wan man partheien in ihren rechtfertigungen entscheiden oder sunst von rechtsachen reden soll, gar weinig undt zu zeiten nichts darzu sagen konnen undt entlich auf die gelarten scheiben (!), und was die sagen, das recht sey, glauben undt es darbey lassen mussen, es sey recht oder nicht.
Weil aber schimfflich, auch zu zeiten schedtlich ist, daß einer, welchen Gott zu dem ampt verordnet, das er soll fursten undt herrn raten oder ampten vorstehen undt gericht undt recht halten, also ein ja-herr sein, undt nicht selbs zun sachen reden noch seinen hern und freunden, auch ihme selbs rathen undt zusehen konnen, daß einem jeden recht geschehe; undt dan unser gnediger furst undt herr dir ein ampt zu verwalten befolen hat, da du gericht undt recht halten wirdest, undt dir darselbs wie auch in deinem eigen gericht mannigerley sachen furkommen werden, —
so habe ich aus vielen rechtbuchern einen auszug gemacht undt die gemeine sachen undt hendel, so teglich in gerichten, auch reten der hern undt freunden, auch dir selbs furfallen mugen, undt was in denselbigen recht ist, in diß kleine buch zusamengezogen undt in sonderliche titel geteilt, undt was bey jeder materi notig zu wissen ist, gesatzt.
Undt weil dir nach meinem todtlichen abgang zum ersten in die hande fallen wirdet, das du deine lehen von den lehenhern gesinnen undt empfahen must, so hab ich die titel von lehen den furgang lassen haben, undt was in lehensachen furfallen kan undt darinne recht ist, [Seite: 179] zum ersten in das buch gesatzt, damit du wissen undt andern raten konnest, was der lehen art ist undt wie sich ein lehenman jegen seinen lehenhern halten soll undt was sonst in lehensachen recht ist.
Es ist aber die meinung nicht, das ich habe alle rechtbucher in diesen auszug undt buch zusamenziehen wollen, dan es sein viel felle, die sich auch einsteils selten oder nimmer zutragen. So haben auch die rechtlerer viel undt mannigerley subtile disputationes von vielen sachen, da ich die all zusamen hette zeihen wollen, so must ich so viel bucher gemacht haben, als der rechtlerer sein.
Aber die gemeinste sachen undt belerungen, was darinne recht ist, wirdest du hirinne finden, undt das oft die rechtlerer weitleuftig disputieren undt auf viel bletter geschrieben haben, das undt was die rechte, entliche undt gemeine meinung der rechtlerer undt darauf zu erkennen ist, hab ich schließlich undt mit weinig worten hirinne gesatzt. So ist auch ein register darbey, das du balt die materie finden kanst, darinne du wilt rath suchen.
Es ist woll ein klein undt schlecht buch anzusehen, aber es haltet viel in sich, undt da ich es in meiner jugent hette gehabt, so wurde ich es lieb undt werdt gehalten undt gemeint haben, daß ich allein aus demselbigen wolte ein versthendiger worden sein; dan ich habe erfaren, daß viel mit grosser muhe undt lang studirent undt viel geldt verzeret haben, undt sein gleichwoll zu erkantnus disses allen, was in diesem auszug undt buch kurtzlich begriffen ist, einstheils gar nicht undt einstheils schwerlich kommen, welches du aber mit weiniger muhe, so du es vleissig liesest, erlangen kanst.
Darumb wollestu es dir lassen lieb sein undt so viel es desto mehr, weil es durch deinen vatter dir zu guetem aus getrewer meinung zusamengepracht ist.
Wollest es auch bey dir behalten undt nicht von dir kommen oder andern abschreiben lassen, darmit es nicht einer aus eigennutz oder ander ursachen halber in druck geben muge, dan sulchs ist meine meinung nicht, sonst wolte ich es weitleuftiger undt mit mehrer ausfurung gemacht haben. So wolt ich es ohne das aus andern ursachen nicht [Seite: 180] gerne, das es weit gesprengt, undt sonderlich nicht, daß es in druck gepracht solte werden. Wollest aber es verwaren, lesen undt deinen kindern erben, die es auch bey sich behalten sollen.
Hirmit dem lieben Gott, von dem alle weisheit kommet, zu zeitlicher undt ewiger wolfart befolen.
Datum Zelle, den 24. aprilis anno etc. 1565
dein lieber vatter
Balthasar Klammer
furstlicher Luneburgischer cantzler.
1. Von lehenempfahung
2. Von lehenpflicht
3. Von lehenguter
4. Von succession und erb der lehen
5. Von gebew uff dem lehen
6. Von veranderung der lehenguter
7. Von vorlust und verwirckung der lehen
8. An wen das lehengut fallet, wan es ledigk, verseumet oder verwircket wirdet [Seite: 181]
9. Wer in lehensachen richter sein soll
10. Von erbzinseguter
11. Von schillinggut
12. Von contracten
13. Von vertregen
14. Von kaufen undt verkaufen
15. Von gewehren
16. Von mieten undt vermieten
17. Von entlehnen
18. Von gabe undt geschencke
19. Von testamenten
20. Ursachen, darumb die eltern ihre kinder undt widerumb die kinder ihre eltern enterben konnen
21. Was zu einem bestendigen testament gehore
22. Von erbfellen und theilungen der erbschaft, do kein testament verhanden ist
23. Was zu hergewette gehoret
24. Was zu gerade gehoret
25. Was zu morgengabe gehoret
26. Was zu mußteil gehoret
27. Von der unechten erbschaften
28. Von gutern undt erbschaften dero, die sich selbst umb das leben pringen
29. Von vormundtschaft
30. Von schulden
31. Von wucher
32. Von burgschaft
33. Von pfandt undt auspfanden [Seite: 182]
34.Von hinderlegung
35. Von gemeinschaft
36. Von gebeuwen
37. Von besitze
38. Von verjarung
39. Von grenitzen undt nachperlichen irrungen
40. Von ehesachen
41. Von peinlichen sachen
42. Von peinlicher frage
43. Von strafe der ubelthetter
44. Etliche gemeine regulen.
§ 1. Lehen sollen, wan der lehenher oder der eldeste lehenman verstirbet, widerumb im negsten jahr und tag nach dem absterben gesonnen und empfangen werden.
§ 2. Wan der lehenman sein lehen im jahr und tag, nachdem sich der obberurten fall einer begeben hat, nicht gesinnet und empfahet, so ist er seines lehens verlustig; er habe dann des erhebliche ursachen und verhinderungen, nemlich sterbe oder kriegsleufte, veindtschaften, gefengknus etc.
§ 3. Es mag einer sein lehen durch einen volmechtigen empfahen; er muß ihme aber sonderlichen schriftlichen befelch geben, das er die lehenpflicht und eide in seine sele schweren muge.
§ 4. Wan ein lehenman sein lehen gesinnet, und der lehenher will ihnen nicht belehnen in jar und tag, so verleurt der herr seinen eigenthumb und recht an dem lehengut.
§ 5. Es soll aber der lehenmann es nicht bey einem gesinnen lassen pleiben, sonder dreymal in jahr und tag ansuchen und letzlich mit notarien undt zeugen undt ihme ein instrument uber seiner ansuchung und des lehenhern weigerung machen lassen, damit er des lehenhern weigerung damit zu beweisen habe. [Seite: 183]
§ 6. Darnach darf er das lehen nicht mehr gesinnen noch empfahen, auch dem lehenhern keinen dienst leisten; undt wann er ihnen fordert, die lehen zu empfahen oder die lehendienste zu leisten, so hat er die exception, das der lehenher sei seines eigenthumbs und gerechtigkeit durch weigerung der belehnung verlustig worden.
§ 7. Wolt auch ein lehenman den lehenhern vor den andern lehenmennern und lehengericht beclagen, das er ihme die belehnung uber sein geburlich ersuchen in Jahr undt tag nicht habe thun wollen und derhalben des eigenthumbs undt gerechtigkeit, so er an den lehengutern gehabt, verlustig worden, und solchs auch also wider den lehenhern zu erkennen bitten, das mag er auch thun.
§ 8. Dan wie der lehenman sein lehen verleuret, wann er es in jahr und tag nach beschehem fall nicht gesinnet und empfahet, also verleurt auch der herr seinen eigenthumb und gerechtigkeit, wann er den lehenman uff sein ansuchen in jar und tag nicht belehnet.
§ 9. Der unmundigen lehen sollen durch ihre vormunder empfangen werden, aber die lehenpflicht undt aide sollen bis zu ihren mundigen jaren uffgeschoben undt dan durch sie selbs gethan werden.
§ 10. Gedinge, die einer uff einen fall der lehenguter hat, darf man nicht empfahen, bis der fall sich begipt. Aber zu mehrer vorsorg, undt damit es der herr nicht in vergessen stelle, ist zu raten, das es bestettiget und newe prief darauf gepetten und genommen werden.
§ 11. Gedinge, von weltlichen herren gegeben, sein ihre erben zu halten schuldig. Geding, von geistlichen herrn gegeben, sein ihre nachkommen zu halten nicht schuldig, wan sich der fall nicht bey zeiten des bischoffs oder praelaten zugetragen hat. Darumb muß newe geding erlangt werden, es habe dann das capittel solch geding bewilliget.
§ 1. Der lehenman muß seinem herrn loben undt schweren, das er wolle ihme trewe und holdt sein, seinen nutz undt frommen furdern undt schaden und nachteil warnen, soviel an ihme ist, und sich in alle wege jegen ihnen halten, wie sich einem getrewen lehenman jegen seinen hern zu thun gepurt. [Seite: 184]
§ 2. Etliche setzen darzu, wie auch die beschriebene keyserliche lehenrecht vermogen, das der lehenman auch in keinem rath wolle sein, der dem lehenhern zuwider ist; und ob er etwas erfaren wurde, das dem lehenhern zuwider were, das er dasselbig ihme wolle anzeigen.
§ 3. Der lehenman ist schuldig, seinem hern zu dienen undt ihme sein landt undt leute helfen schutzen etc., auch ausserhalb landes zu folgen, doch nicht uff seinen unkosten.
§ 4. Der lehenman soll seinem hern helfen wider jederman, ausbescheiden wider Gottes wort undt wider seinen vatter und vatterlande.
§ 5. Der lehenman soll keine gemeinschaft haben mit seines lehenhern veinden, dardurch seinem herrn mochte schaden geschehen.
§ 1. Zu lehen mogen geliehen werden unbewegliche guter, auch jerliche renthe und zinse, geldt aus der camer oder an andern ortern fallende, zehende, gericht undt recht, zoll, vischereyen, jachten undt alles, das anstatt unbeweglicher guter mag gerechnet werden.
§ 2. Lehen ist furnemblich zweyerley: alt und newe. Alt lehen heist, das einem von seinen eltern oder vettern anfallet und herkommet. Newe lehen heist, das nicht auf einen geerbet ist, sonder das er selbs erstlich erworben oder erkauft undt an sich gebracht hat.
§ 3. Wan auch einer ein lehen verwirckte undt wurde darwider mit begnadet und belehnet, so were solchs auch ein new lehen, ob es gleich zuvor ein altvatterlich lehen gewesen were.
§ 4. Wann einer von einem andern ein lehen kaufet, so ist dasselbig lehen auch newe, ungeachtet, das es des verkeufers altvatterlich lehen ist gewesen.
§ 5. Also auch, wann einer sein erbgut zu lehen machet, wie ein jeder thun kann, undt empfinge, das were auch ein new lehen. [Seite: 185]
§ 6. Wann ein herr zweien ein new lehen underschiedtlich lehnet, so hat der den vorzug, dem das lehengut ist eingeantwurtet worden, ungeachtet, das der ander die eltere belehnung und verschreibung hette.
§ 1. Die lehen fallen vom vatter auf den sone, aber nicht vom sone auf den vatter.
§ 2. In newen lehen konnen allein sone erben, aber bruder undt andere schwertmagen nicht, es sey dann austrucklich in den belehnungen versehen.
§ 3. Sone, die ein lediger mann ausserhalb der ehe mit einer ledigen menschen zeuget undt darnach dieselbig zur ehe nimmet, die erben in erb undt lehen gleich wie die, so in stehender ehe geborn werden, dann durch die folgende ehe werden die vorgezeugte kinder auch geehlichet.
§ 4. Wann kein son verhanden ist, fallet das lehen uff die bruder und darnach uff die nechste vettern, die man schwertmagen nennet.
§ 5. Bruder von einem vatter die erben die lehen einer auf den andern.
§ 6. Halber bruder vom vatter erbet in lehen mit vollem bruder.
§ 7. Bruder von der mutter allein konnen die lehen einer auf den andern nicht erben, dan sie sein nicht schwertmagen noch eines namens, schilt undt wapens.
§ 8. Bruder undt des verstorben bruders sone erben das lehen auf die stammen, das ist, das ein bruder allein so viel nimmet als des verstorben bruders sone alle, ob ihr gleich viel sein.
§ 9. Wan aber einer stirbet undt lasset keine bruder, sonder allein bruders kinder nach sich, so erben die bruders sone die lehen in die [Seite: 186] heupter, das ist, das so viel teil gemacht werden, so viel der bruders sone sein, undt jeder nimmet einen theil.
§ 10. Darumb, wann einer sturbe undt hette einen bruders son von einem verstorben bruder undt hette dann zehen bruders sone von einem andern verstorben bruder, so musten die lehen in eilf theile getheilt werden, undt neme der eine bruders sone nicht mehr dan einen theil, und des andern bruders zehen sone nemen die andern zehen theil alle. Also wirdet es auch gehalten, wann das lehen auf weitere vettern fallet, das es auch in die heupter getheilt wirdet.
§ 11. Undt wann es weiter dann bruder undt bruders kinder kommet, so fallen die lehen immer uff die nechste schwertmagen.
§ 12. Wan kein schwertmag verhanden, der mit dem verstorben von dem stammen herkommen were, der das lehen erstlich erworben hat, oder das er nicht mit dem verstorben in samptlehen gesessen ist, so fallet das lehen dem lehenhern wider heim.
§ 13. Newe lehen, die einer erstlich erwirbet oder erkeuft oder sunst an sich pringt, die fallen allein auf die sone undt sons sone, aber nicht auf bruder oder vettern.
§ 14. Darumb, wann der lehenman stirbet, der newe lehen und keinen sone oder sons sone hat, so erledigen die newen lehen dem hern und werden bruder oder vettern davon ausgeschlossen, es were dan anders in der belehnung und verschreibung versehen undt gesatzt, das die bruder oder vettern mit solten belehnet sein oder das die lehen nach absterben des belehenten, so er ohne leibslehenerben versturbe, solten auf die bruder oder vettern fallen.
§ 15. Wan zwen bruder mit einem newen lehen belehnet werden undt einer stirbt ohne sone, so fallet sein theil des lehens nicht uff den andern bruder, sonder wirdet dem herrn erledigt, es sey dann sonderlich im lehenprief versehen, das es von einem uff den andern fallen solte [Seite: 187] oder das es durch die beiden aus ihrem gemeinen gut mit wissen des lehenhern gekauft were oder das sie es dem hern im krieg abverdienet hetten.
§ 16. Es kommet oft, das einer oder etzliche haben lehen, die auf ihre vettern, ungeachtet, das sie eines geschlechts, namens, schilt undt wapens sein, nicht fallen noch erben; das heissen sonderlehen, die etwo einem von newen geliehen und auf desselbigen erben in absteigender linien kommen sein, darzu seine seiterben nicht gehoren. Und wann dieselbige sonderlehen fallen, so konnen die schwertmagen, die nicht in sampter lehenschaft gesessen sein, nicht daran kommen, sonder fallen dem herrn heim.
§ 17. Die belehnungen geschehen gemeintlich einem und seinen manlichen oder lehenerben. Wan aber gleich das wort "manliche" undt "lehen" ausgelassen, und die belehnung undt lehenprief lauteten schlecht, das er und seine erben belehnet werden, so ist es dannoch allein von den manlichen erben zu verstehen undt nicht auch von dochtern, schwestern oder andern weibsbilder, dann dieselbige sein der lehen nicht vehig.
§ 18. Undt wann in lehensachen der erben wirdet gedacht, so ist es allezeit allein von den menlichen erben zu verstehen.
§ 19. Wan aber der lehenprief lautet auf einen undt seine erben, manlichen undt weiblichen geschlechts, so konnen die dochtere im lehen auch folgen und es ererben, aber doch nicht anders, dan wann der lehenman keinen son nach sich lasset. Hat er aber sone, so fallet das lehen uff dieselbige, undt werden die dochter ausgeschlossen.
§ 20. Wan auch ein dochter undt weibsbilde einmal durch die sone undt manliche geschlecht ausgeschlossen wirdet, so pleibt sie hinfurder allezeit ausgeschlossen:
§ 21. Also wann einer belehnet wurde vor sich und seine erben, manlichen und weiblichen geschlechts, undt er versturbe und ließ nach sich einen son undt eine dochter, so fiele das lehen auf den son; dann alleweil ein son verhanden ist, kann die dochter zum lehen nicht kommen. Wann darnach der son auch sturbe, so konte [Seite: 188] gleichwoll die dochter das lehen nicht ererben, dann sie ist einmal durch den son ausgeschlossen worden, darumb pleibt sie furder ausgeschlossen.
§ 22. Wan aber der vatter keinen son hette nach sich gelassen, so were das lehen auf die dochter gefallen aus kraft der belehnung, das der vatter und seine erben, manlichen undt weiblichen geschlechts, ist belehnet worden.
§ 23. Wan aber in einer verschreibung also undt dergleichen stehet, das einer belehnet sey vor sich undt seine erben, manlichen undt weiblichen geschlechts, undt wann kein manserbe mehr verhanden ist, das dan die weibsbilde sollen damit belehnet sein oder werden, in diesem fall hat die obgesatzte regula, wann ein weibsbilde einmal ausgeschlossen wirdet, das sie furder ausgeschlossen pleibet, nicht statt, sonder wann kein mansperson mehr verhanden ist, es geschehe uber kurtz oder lang, so konnen die nechste verwante weibsbilder in das lehen tretten; sie mussen aber von des stammen herkommen sein, der das lehen undt obberurte verschreibung erstlich erlangt hat.
§ 24. Wan auch im lehenprief stunde, das einer und seine erben, weibspersonen mit manspersonen, oder das die belehnung geschehen were den weibspersonen wie den manspersonen, in diesen fellen erbet die dochter sowoll als der son das lehen.
§ 25. Stummen, toben, blinden undt krippel von natur konnen die lehen nicht ererben, dann sie konnen die lehendienst nicht leisten. Sie sollen aber davon, so sie es bedurfen und die lehen gut sein, underhalten werden.
§ 26. Wann aber imant, der bereit das lehen hat, ein stumb, tob, blind oder krippel wurde, so soll er das altvatterlich lehen behalten, aber das newe lehen verleurt er. [Seite: 189]
§ 27. Es kann ein vatter in seinem testament keinen son in altvatterlich lehen vor dem andern vortheil thun, aber in newen lehen mag er verordnung und einem son vor dem andern vortheil thun.
Das gebew auf den lehengutern bleibet bey dem lehen, es falle auf den lehenhern oder auf die schwertmagen, ungeachtet, ob gleich die erbschaft auf andere blutsverwanten fallet, welchs auch im furstenthumb Luneburg also gehalten wirdet.
Matthias und her Johann, gebruder vom Knießbeck, sein verstorben undt haben ihre schwestern Elisabethen, Albrechten von Marnholt widtwen, Christoffern vom Kneßbecks mutter, an einem undt Hansen vom Kneßbeck zu Kolborn, seinen vettern, am andern theil nach sich gelassen. Do hat die schwester ihre erbschaft, welche sich auf etliche tausent gulden erstrecket, als nechste blutsverwante undt erbe genommen, undt Hans vom Kneßbeck hat das haus zum Kolborn, welchs Mattias vom Kneßbeck seliger von newen zu zweien guten wonheusern gebawet gehapt, mit dem lehen, welche Matthias auch eingeloset gehabt, frey ohne erstattung des bawgelts und ausgelegten gelts an die lehen genommen undt behalten.
Jorg von Ribbeßbuttel hat ein new haus gebawet zu Ribbeßbuttel, dat hat sein vetter, Joachim von Ribbeßbuttel der junge, mit dem lehen geerbet, der doch sunst seine erbschaft nicht genommen hat, dan Jorg schwestern undt seine hausfrawen nach sich gelassen hat. [Seite: 190]
Johan von Obberßhausen ist gestorben; hat ein new haus zu Obbershausen gebawet. Das haus haben Christoffer undt Jost von Obberßhausen mit dem lehen behalten, undt die von Dageforde, Hansen von Bartenschleben hausfraw undt Achatius von Velthem haben seine erbschaft genommen.
Bastian von Elthen son Lohelm ist gestorben; undt hat Dieterich von Elthen das haus und gebew zu Elthen, die sein bruder Bastian gebawet gehapt, als der lehenerb behalten, aber seine mutter und vier schwestern haben die erbschaft genommen.
Balthasar von Alden ist gestorben. Do haben seine vettern, Dieterich, Gerdt, Johan undt Ernst, gepruder von Alden, sein haus zur Bohme, welchs Balthasars vatterbruder Dierick von Alden von newen gebawet hat, als lehenerben mit dem lehen behalten, do er doch seine hausfrawen undt eine dochter nach sich gelassen hat.
Friderich Torney hat zu Hedern ein new vorwerck und haus mit wall undt graben gebawet undt ist gestorben. Do hat sein bruder als der lehenerbe die gebewe zu sich mit dem lehen genommen, undt ist der mutter und schwestern davon nichts worden.
Solchs, das die gebewe bey dem lehen ohne erstattung des bawgelts pleiben, ist auch durch die fursten erkant in obberurten fellen: [Seite: 191]
Zwischen Joachim von Ribbeßbuttel und seinen schwestern — item zwischen Dieterichen von Elthen undt seines bruders Bastians frawen und kinder im receß.
§ 1. Altvatterlich oder stamlehen kann kein lehenman ohne bewilligung seines lehenherrn und seiner lehenerben verkaufen, verpfenden noch sunst verandern.
§ 2. Thuet es aber einer ohne bewilligung des lehenherrn, so verwirckt er das lehen.
§ 3. Thuet er es aber ohne bewilligung der lehenerben, so ist es unkreftig, wann es gleich der lehenherr bewilliget hette, undt mogen es die lehenerben wider an sich fordern, nemlich nachfolgender gestalt:
§ 4. Der son mag das lehengut, das sein vatter vereussert, wider einfordern, doch muß er das kaufgelt oder pfandtschilling, die der vatter darauf genommen hat, widerlegen undt entrichten.
§ 5. Aber der bruder oder vatter, an welchen das lehen fallet, bekommet das verandert lehengut ohne erstattung einiches kaufgelts oder pfandtschillings, aber erst nach des verkaufers oder verpfenders todte, wann es auf ihnen fallet.
§ 6. Wan auch etliche vettern die veranderung des lehenguts bewilligen, an welche das gut nicht fallet: Als wann ein bruders son oder weiterer verwanten die bewilligung thette, so schadet sie dem bruder oder andern nehern verwanten vettern nicht.
§ 8. Also auch, wann der nechster verwanter die veranderung bewilliget undt derselbig sturbe, ehe undt zuvor das lehen an ihnen fiele, so schadet sie dem weiter verwanter, an welchen das lehen fallet, auch nicht.
§ 9. Und ist die vereusserung der lehenguter also gar verbotten, das sie auch keiner kann seiner dochter zu brautschatze oder sunst umb Gottes willen geben noch etwas davon weder in contracten noch [Seite: 192] testamenten seinen erben undt dem lehenhern zu nachteil handeln oder verordnen.
§ 10. Aber die nutzung eins lehenguts mag einer seiner dochter oder schwester, solang er lebet, zu brautschatz geben.
§ 11. Es kann kein richter einem eins andern lehen vor seine schuldt einantwurten oder ubergeben; aber an die nutzung des lehens mag er den glaubiger weisen.
§ 12. Der lehenher kann auch den lehenman wider seinen willen nicht verandern undt einem andern ubergeben.
§ 13. Wan einer ein altvatterlich lehengut verandert, so mag es desselbigen son bey leben des vatters widerrufen. Er muß aber das kaufgelt oder pfandtschilling wider ausgeben. Aber ein bruder oder vetter, welcher der nechste ist, mag es nach absterben des veranderers widerrufen und darf das kaufgelt oder pfandtschilling nicht ausgeben oder mag es auch bey leben des veranderers vor das gelt annemen, das ein ander darumb gethan hat.
§ 14. Also auch, wann ein lehen einem herrn erledigt undt heimbfallet, so ist der herr und derjennige, dem das gut wieder geliehen wirdet, nicht schuldig, einich kauf- oder pfandtgelt von dem lehengut zu erstatten, es sey dan, das der lehenher habe zuvor den kauf- oder pfandtschilling bewilliget, dann in diesem fall muste er auch erstattung thun, und ohne solche erstattung dorfte er sich des guts nicht undernemen. Es were dann, das in der bewilligung des herrn die vorbehaltung und wort stunden, das dieselbige solte ihme an seinem rechten unschedtlich sein, dan in diesem fall were der herr nicht schuldig, das, kaufgelt oder pfandtschilling auszugeben.
§ 15. Wan nicht so viel an erbguter und barschaft verhanden ist, das dochter oder schwester mogen nach ihrem stande bestattet werden, so muß der lehenerbe von dem lehen nach gelegenheit derselbigen darzulegen, das sie mogen bestattet werden, doch also das er gleichwoll [Seite: 193] nicht also geschwecht werde, das er die roßdienste nicht leisten oder selbs nichts von dem lehen haben konte.
§ 16. Wan aber sunst an barschaft oder erbguter so viel verhanden, das die dochter oder schwestern mogen ausgestattet werden, so ist man nichts von den lehen darzuzulegen schuldig, sie sein so groß undt viel, als sie wollen.
Lehen werden dreierleyweis verlorn oder verwirckt:
§ 1. Erstlich werden lehen verseumet und verloren, wann sie im jahr und tag, nachdem der fall sich begeben hat, nicht gesonnen undt empfangen werden, wie oben angezeigt ist worden. Wan aber einer das lehengut nicht besitzet, so verseumet er es nicht, ob er es gleich in einem jar nicht empfahet.
§ 2. Zum andern wirdet der lehenman seins lehenguts verlustig, wann er es ohne bewilligung des lehenhern verkauft oder verpfendet und vereussert undt es einem uberantwortet; wann aber die uberantwurtung nicht geschehen were, so wer er des lehens nicht verlustig. Wan einer ein lehen gar verandert, so verleurt er es gar; verandert er es eins theils, so verleurt er denselbigen theil, den er verandert. Wan einer ein lehen verkauft oder verpfendet, so ist er es verlustig, ob er es gleich widerkaufet oder an sich loset. Es mag aber woll einer sein lehen einem ihme ebenburtigen zu einem afterlehen leihen.
§ 3. Zum dritten verwircket einer sein lehen durch etliche missethat, dero etliche hernach benent sein werden:
Wan ein lehenman seines herrn veinde wirdet, so verwircket er das lehen. [Seite: 194]
Wan aber ein herr wolte seinem lehenman gewalt thun, so mag er sich seiner woll weren.
Wann einer mit seines herrn veinden freundtschaft und verbuntnus machet.
Welcher des lehenhern frawen unzucht anmutet oder wissentlich seine dochter, enckeln, son frawen oder schwester, die bey ihme im haus ist, beschlafet.
Wan ein lehenman ein gericht hat undt will seinem herrn nicht recht gestatten undt verhelfen.
Wann einer seinen lehenhern schmehet.
Wann einer in peinlichen sachen wider den lehenhern zeugknus gibt.
Wer den lehenhern peinlich oder mit schmaheclage beclagt, es sey dann, das sie ihnen selbs oder die seine belangen.
Wann einer dem lehenhern seins lehens nicht gestendig ist und es wissentlich verleugnet.
Wan ein vatter seinen son, der groblich wider den lehenhern hat gehandelt, nicht von sich thut.
Wann ein lehenman seinen bruder oder bruders son erwurget.
Wann sich einer mit seinem nachgesipten in fleischliche vermischung begibt.
Wann ein lehenman seinem herrn die gepurliche dienste weigert.
Wan einer seines herrn heimlicheit dem hern vorsetzlich zu schaden offenbaret.
Wan einer seiner lehenguter mißpraucht, der verleurt sie; als wann einer das fruchtbar holtz
verwustet oder die leute uber die gepuer beschweret.
§ 4. Und ist zu mercken: Aus allen ursachen, dardurch ein lehenman sein lehen verwircket, aus denselbigen verwirckt auch ein lehenher seinen eigenthumb am lehen.
Es verseume oder verwircke einer sein lehen, wie er wolle, so soll undt kann es dannoch der lehenher nicht zu sich nehmen, er habe dan den lehenman zuvor gerichtlich vor den lehenmennern beclagt undt sey der thadt bekennig oder uberwiesen, undt das darauf urtheil ergehe undt er der lehen verlustig erkant werde. [Seite: 195]
Wann einer ein lehen verseumet oder verwirckt, undt der lehenher bespricht bey seinem leben den lehenman nicht, so kann es sein erbe hernach nicht thun, es were dann, das der lehenher der verwirckung kein wissen gehapt oder hette fuglich nicht clagen konnen oder das das lehen mit der that ipso iure verwirckt were.
Also auch, wann der lehenman, so die lehen verseumet oder verwirckt hette, sturbe, ehe das er darumb beclagt wurde, so konte darnach sein son undt lehenerbe darumb nicht beclagt werden.
§ 5. Wann einer zwen lehenhern hat, die widereinander sein, so soll er seinem ersten lehenhern wider den andern helfen.
§ 6. Von lehen ist man keine schulde zu bezalen pflichtig, es sey dan einer auch ein erbe des verstorben lehenmannes.
§ 1. Wan ein lehen dardurch ledig wirdet, das der lehenman stum, tob, blinde oder sunst untuglich wirdet, so fallet das alt lehen uff seine lehenerben. Ist aber das lehen newe, so fallet es dem herrn heim und werden die lehenerben ausgeschlossen.
§ 2. Wan der lehenman sein lehen durch nichtempfahung in gepurlicher zeit verseumet, so fallet das lehen dem herrn heim.
§ 3. Wan der lehenman sein lehen durch vereusserung desselbigen verlustig wirdet, so fallet das new lehen dem hern heim; aber das altvatterlich lehen fallet an die schwertmagen, und werden des veranderers sone ausgeschlossen; es sey dann, das die sone nichts von des vatters erbschaft haben wollen.
§ 4. Wan der lehenman sein lehen verwirckt durch eine missethat wider den hern, so fallet das lehen dem hern heim, es were dan in der belehnung austrucklich versehen, das das lehen von einem uff den andern fallen solte. [Seite: 196]
§ 5. Wan aber der lehenman sein lehen durch andere unthaten, die nicht wider des herrn personen sein, als wann er seinen bruder oder bruders son entleibet, verwirckt, so fallet es, wan es alt lehen ist, an seine schwertmagen und nach etlicher meinung, die ihme in vierden grad oder daruber verwant sein; dann die nehere werden davon ausgeschlossen; ist es aber new lehen, so fallet es an den herrn.
§ 1. Wan der streit ist zwischen dem lehenhern und lehenman lehenguter halben, so sein die andere lehenmenner richter und erkennen in der sachen.
§ 2. Wann der streit ist von einem lehengut zwischen zweien lehenmannen, so ist der lehenher richter undt erkennet in der sachen zwischen den lehenmennern.
§ 3. Wan der lehenher will den lehenman umb lehenguter besprechen, so soll er es ihme anzeigen und etliche lehenmenner benennen, die er von seinentwegen zu richtern nidersetzen wolle. So soll der lehenman auch so viel desselbigen lehenhern lehenmanne benennen undt zu den andern von seinetwegen verordnen; und vor solchen lehenmennern, die von beiden theilen benent sein, soll die sache furgetragen, gehandelt undt durch dieselbige erkant werden, was recht ist. Und so sie des rechten nicht gnugsam erfaren sein, mögen sie sich durch andere gelerte undt erfarne belernen lassen und dan ein urteil aussprechen.
§ 4. Aber vor des lehenhern benenten lehenleuten allein ist der lehenman zu antwurten nicht schuldig.
§ 5. Es stehet aber den partheien frey, welcher theil sich vermeinet, wider recht beschwert zu sein, das er sich mag an die hohe oberkeit berufen undt appellirn. [Seite: 197]
Also soll es auch gehalten werden, wann der lehenman will den lehenhern von wegen lehenguter besprechen, so soll auch ein gleicher Zusatz der lehenleute vom herrn undt lehenman geschehen und gehandelt werden, wie obgemeldet ist.
§ 6. Wan aber der lehenher keine lehenmenner wolte benennen und verordnen, so mag der lehenman sich des vor der oberkeit des lehenhern beclagen und bitten, den lehenhern zu weisen, das er ihme vor den lehenmennern wolle zu recht stehen und zu der notturft etliche lehenmenner seins theils benennen, dergleichen er auch thun wolle; undt das zu verhor undt handlung tag undt stette benennet werden oder das der oberherr die sache vor sich nehmen undt ihme recht undt gerechtigkeit darinne mitteilen wolle.
§ 7. Es sollen die lehenmenner, die von dem lehenhern undt lehenman benennet und zwischen ihnen richter sein sollen, durch den lehenhern ihrer eide, pflicht und verwanthus, damit sie ihme zugethan sein, und soviel zu dieser streitigen sachen notig, erlassen und von newen zu der streitigen sachen beeidigt werden, das sie in derselben wollen nach ihrem besten verstande handeln und erkennen, was recht ist.
§ 8. Es sein aber die lehenmenner nicht schuldig, sich zum lehengericht nidersetzen zu lassen, wo sie nicht wollen.
§ 9. Es soll der lehenman keine schmeliche clage noch auch uber gewaltsame entsetzung, sonder dieselbige durch fugliche clage undt action in factum wider den herrn furpringen.
§ 10. Wan der streit ist zwischen einem lehenman undt einem andern, der nicht lehenman ist, so gehoret die sache vor des beclagten [Seite: 198] ordentlichen richter, undt nicht vor den lehenhern noch vor die lehenmenner.
§ 1. Erbzinsegut ist, das einer hat undt gleichwoll jerlich einen erbzinse davon geben muß.
§ 2. Wer erbzinseguter hat, der mag derselbigen nicht entsatzt noch ihme aufgesagt werden, sondern vererbet sie auf seine erben;
§ 3. es were dan, das er den erbzinse drey jahr nacheinander nicht bezalete, dann in diesem fall wurde der zinsman des guts verlustig.
§ 4. Ein erbzinsegut mag nicht verkaufet, verpfendet und vereussert werden ohne des zinseheren bewilligung.
§ 5. Wan ein erbzinsegut will verkauft werden, so soll es dem hern desselbigen angebotten undt ihme vor einem andern der kauf vor die gepur gegonnet werden. Will er es dann nicht kaufen, so mag es der zinsman einem andern, der solch gut haben mag undt den erbzins ausgeben kann, verkaufen; und ist der erbher schuldig, denselbigen vor einen zinsman anzunemen. Derselbig soll ihme auch die gepur oder vorhur nach eines jeden landes gewonheit, oder so keine gewonheit were, nach gemeinen beschrieben recht den funfzigesten werde des guts geben. So aber der herr nicht kaufen noch den verkauf bewilligen wolte, so mag es der zinsman gleichwoll nach zweien monaten verkaufen.
§ 6. Verkauft aber der zinsman das erbzinsgut ohne solches, wie obgeschrieben, so hat er sein recht daran verlorn.
§ 1. Im furstenthumb Luneburg sein etliche guter, die heissen schillinghofe, die empfahet der paur mit einem schilling; so kann man ihnen auch mit einem schilling wider davon kundigen, wie er auch selbs mit einem schilling den hoff aufsagen kan. [Seite: 199]
§ 2. Es wirdet aber nicht gern gestattet, das ein paur, des eltern uff solchem gut gewohnet haben und die burden des landes tragen helfen, ohne ursachen von den schillinghofen gekundiget und gewieset werden.
§ 3. Wann er aber an bezalung der zinse oder leistung der dienste seumig wurde oder sich sunst nicht recht hielte, so mag die abkundigung woll geschehen
§ 1. Contract soll man halten.
§ 2. Es mag ein jeder uber sein eigengut contrahieren und handeln, ausbescheiden nachbenente, nemblich:
§ 3. Narren und unsinnigen;
§ 4. diejennigen, denen die verwaltung ihrer guter von wegen ihres zerhaftigen, wusten lebens und vertuens durch die oberkeit verbotten ist.
§ 5. Kinder und die under der vormundtschaft sein, konnen ohne der vormunder bewilligung und zuthun nichts bestendiglichs handeln.
§ 6. Wurde aber ein minderjeriger etwas handeln, das ihme zu grossen schaden gereiche, so hat er, nachdem er volkommenen alters, das ist funfundzwanzig jahr alt wirt, noch vier jahr, vor der oberkeit sich solcher schedtlichen handlung undt contracten zu beclagen undt zu bitten, das er in integrum restituirt, das ist, das es wider in den stande gesetzt werde, in dem es vor dem contract gewesen ist; und solchs hat auch stadt, wann gleich der minderjeriger mit wissen undt zuthuns seines vormunders gehandelt undt contrahirt hette.
§ 7. Der restitutionem in integrum bitten will, der muß beweisen, das er gantz hochlich im contract verletzt sey, dann umb eines geringen willen wirdet der contract nicht widerzogen.
§ 8. Restitutionem in integrum mag einer bitten in vier jahren, nachdem er 25 jar alt worden, so er, weil er minderjerig ist gewesen, were ubereilet undt hochlich beschedigt worden, in was contract undt handel das geschehen sey. [Seite: 200]
§ 9. Es mag auch nicht allein derjennige, der in seinen minderjerigen alter ist im handel hoch beschweret worden, restitutionem in integrum bitten, sonder auch desselbigen erbe.
§ 10. Wann aber ein minderjeriger, das ist, der noch nicht 25 jar undt doch uber 14 jar alt were, etwas handelte undt contrahirte undt es mit dem eide bestettiget, so were er dasselbig zu halten schuldig.
§ 1. Vertrege, die nicht wider Gott oder wider beschrieben recht und gute sitten sein, ist man zu halten schuldig.
§ 2. Vertrege, die uber eine streitige sache uffgerichtet sein, sollen gehalten undt nicht widerzogen werden, ob gleich hernach ein prief und siegel oder andere kundtschaften gefunden wurden, daß der eine theil mehr recht hette, dann ihme im vertrag zugescheiden ist.
§ 3. Es were dan, das zwen einer rechenschaft halber zu thun gehapt und dieselbige zugelegt undt darinne geirret were, dann in diesem fall mochte einer furwenden, das in der rechenschaft geirret were, undt begehrte, das dieselbige noch einmal zugelegt undt gehalten wurde.
§ 4. Wann aber uber solche rechenschaft ein urteil gesprochen oder ein vertrag aufgerichtet were, so ist man nicht schuldig, newe rechnung furzunemen.
§ 5. Wer geschworn vertrege nicht haltet, der wirdet anruchtig undt verleurt sein recht undt nutz, den er sunst aus dem vertrage haben solte undt konte.
§ 6. Was mit willen vertragen ist, das mag mit beider theil willen wider uffgehoben werden, aber allein uff des einen theils willen kan es nicht geschehen. [Seite: 201]
§ 7. Wann zwen miteinander handeln oder sich vertragen, das kan einem andern weder nutzen noch schaden, dan es bindet allein, die miteinander gehandelt undt sich vertragen haben, undt derselbigen erben.
§ 8. Wan aber von wegen undt in namen eines andern gehandelt were, so mag derselbig solchs woll hernach bewilligen, bestettigen undt ratificiren.
§ 9. Wann zwen vertrege verhanden sein, die widereinander oder uber einerley sachen sein, so ist der letzte vertrag zu halten.
§ 10. Vertrege, die wider Gott oder beschrieben recht undt gute sitten sein, die ist man zu halten nicht schuldig, wie in nachfolgenden exempeln zu vernemen ist:
§ 11. Wan einer sich mit einem vertruge, das er einen solt todtschlahen oder ihme rauben oder stelen helfen oder dergleichen thadt thun, das Gott verbotten hat, solchs ist niemandt zu halten schuldig, ja, er soll es auch nicht halten, ob er gleich einen eide darzu geschwornen hette, dann der eide kan wider Gott nicht binden.
§ 12. Wucherliche contract undt vertrege ist man zu halten auch nicht schuldig, sie sein dan mit dem aide oder trewen undt gutem glauben verschrieben; alsdan soll man den verschrieben wucher bezalen undt ihnen mit recht widerfordern.
§ 1. Der contract kaufen undt verkaufen wirdet volnzogen, wan man sich des kaufgelts vereiniget.
§ 2. Es erlangt aber der kaufer den eigenthumb des erkauften guts nicht eher, dann es ihme ubergeben undt geantwurtet wurde.
§ 3. Darumb, wann dasselbig gut, das er gekauft hat, wurde darnach einem andern verkauft undt eingeantwurtet, so wurde es derselbig behalten, ungeachtet, das es ein ander zuvor gekauft hette undt ihme nicht uberantwurtet were. [Seite: 202] Dan wan zwen ein gut kaufen, so wirdet der furgezogen undt den vorgang haben, dem das gut uberantwurtet, ungehindert, das der ander die eldeste prief hat.
§ 4. Alles, was im rechten nicht verbotten ist, mag einer kaufen undt verkaufen; es sein aber etlich ding zu kaufen undt zu verkaufen verbotten, nemlich:
§ 5. Der minderjerigen ligende guter sollen nicht verkauft werden, dan durch die vormunder, aus erheblichen nodtwendigen ursachen, sonderlich aber von wegen obligender schulde, denen sunst nicht zu raten undt abzuhelfen ist.
§ 6. Solchs muß auch mit bewilligung undt decret der oberkeit geschehen, sunst ist der contract nichtig.
§ 7. Unbewegliche guter, die ein fraw ihrem man zupringet, kan der man nicht verkaufen, auch mit willen der frawen nicht; sie sein dan vor eine namhafte summa angeschlagen undt das der man sunst so viel habe, als das zugeprachte gudt werde ist.
§ 8. Lehenguter konnen ohne bewilligung des lehenhern undt lehenerben nicht verkauft noch gekauft werden, es were dann, das sie einer demjennigen verkaufte, der ihme ohne das nechst in dem lehen folgen und es ererben wurde.
§ 9. Erbzinsegut soll auch erstlich dem erbzinseherrn angebotten werden, ehe das es einem andern verkauft werde.
§ 10. Gestolen undt geraubt gut soll niemant kaufen; der es aber kauft, muß es dem beschedigten wider folgen lassen ohne erstattung des kaufgelts.
§ 11. Pferde, welche rotzig, hauptsiech, stettig, hartschlegig sein, ist der verkaufer widerzunemen schuldig, dann sie nicht kaufmansware sein. Er soll es aber in sechs monaten dem verkaufer wider uberantwurten.
§ 12. Wan ein kauf volnzogen ist, so gehoret nutz undt schaden des gekauften guts dem kaufer zu, ob es gleich noch nicht uberantwurtet were; doch so der schaden nicht aus list oder verwarlosung des verkaufers geschicht.
§ 13. Wann einer etwas mit eines andern gelt kaufet, so ist es sein undt nicht desjenigen, dem das gelt gehoret hat. [Seite: 203]
§ 14. Wer im verkauf uber die helfte betrogen ist, das ist, das ihme nicht halb so viel umb ein gut gegeben wirdet, als es werde ist, der mag den verkauf widerziehen, aber also, das er sich solchs vor der oberkeit beclage undt bitte, den contract zu rescindiren und zu widerziehen oder dem kaufer uffzulegen, das er ihme den rechten undt pillichen werde des guts erstatte.
§ 15. Wann der verkaufer sein furgeben, das das verkaufte gut mehr dann noch eins so gut als das kaufgelt ist, beweiset, so wirdet erkant mussen werden, daß der contract zu rescindiren und aufzuheben oder der kaufer schuldig sey, den rechten werde des guts, was es zu zeit des contracts werde ist gewesen, zu erstatten und zu erfullen.
§ 16. So stehet es auch in des kaufers willen, ob er sein gelt wolle widernemen undt den kauf nichts lassen sein oder ob er das pillich kaufgelt, was das gut zu der zeit, als er es gekauft hat, werde gewesen ist, wolle erstatten undt erfullen.
§ 17. Solchs hat auch statt in tausch und umbwechselung der guter, auch in transaction undt vertregen undt theilungen, do einer uber die helfte betrogen oder verkurtzet wirdet.
§ 1. Der verkaufer ist schuldig, dem kaufer das verkauft gut zu geweren; darumb, wann er desselbigen halber angesprochen wirdet, soll er es dem verkaufer zu wissen thun undt fordern, das er es ihme gewehre; so ist der verkaufer schuldig, den kaufer zu vertretten undt ihme das gut zu gewehren, es sey dan, das er im verkauf ausgedingt hette, das er es ihme nicht gewehren wolte.
§ 2. Gleiche gestalt hat es auch im wechsel und tausche, das einer dem andern, das er ihme antauschet, geweren soll.
§ 3. Wann aber einer aus seiner eigen verwarlosung umb das gut keme, ist der verkaufer ihme dasselbig zu gewehren nicht pflichtig. [Seite: 204]
§ 4. Also auch, wann einem das verkauft gut mit gewalt genommen oder durch einen richter mit unrechtem urteil abgesprochen wurde, ist der verkaufer zu geweren auch nicht schuldig.
§ 5. Auch in gaben, wann dieselbige aus eitel freien willen ohne ursachen oder vorgehende zusag geschehen, do ist der geber auch zur gewehr unverpflichtet.
§ 1. Wer ein haus mietet, so ist sein gut, das er darein fuhret, dem herrn des hauses vor die zinse verunderpfendet.
§ 2. Was einer mietet, das mag er einem andern furder vermiten.
§ 3. Wer ein haus oder pferdt oder anders mitet, undt es verdirbet durch fewer oder andere unversehenlichen fall, so ist der schade des, dem es gehoret.
§ 4. Wurde aber etwas verdorben aus verwarlosung, so muß es derjennige, der es gemietet hat, gelten.
§ 5. Wan einer auch ein pferdt mietet an ein gewiß ort zu reiten, und er reitet es anderst wohin, als wann er es mietet, gen Braunschweig tzu reiten, undt er ritte es gen Magdeburg, und es neme schaden, so muß er ihnen gelten.
§ 1. Einem, der noch under funfundzwanzig jar alt undt under vatterlichem gewalt ist, soll man nicht lehen, oder es verleurt einer, was er ihme leihet, es wurde dan bewiesen, das es in desselbigen oder seins vatters nutz gewendet sey oder das der vatter darbey gewesen oder es gewust hette undt es nicht widersprochen habe oder das es aus desselbigen bevelich geschehen sey.
§ 2. Der etwas entlehnet, der ist zu raub, brandt oder unversehenlichen falle, so das entlehnet gut darinne umbkeme, zu antwurten nicht [Seite: 205] schuldig, es were dan, das es aus seiner verwarlosung geschehe oder er den fleiß nicht darbey gethan hette, wie ein fleissiger hausvatter thun solle
§ 3. Entlehnet er aber gelt oder dergleichen, undt es kommet umb, so ist der schade sein.
§ 4. Entlehnet einer ein pferdt, an ein benant ort zu reiten, undt es wirdet ohne des reiters schulde gebrechlich und erger, so ist er umb solchen schaden zu thun nicht schuldig.
§ 5. Wan er es aber an ein ander ort reitet oder sunst ursach zum schaden gegeben hat, so muß er ihnen gelten.
§ 1. Welche contrahieren undt verkaufen mogen, die mogen auch geben und verschencken.
§ 2. Welche nicht contrahiren mogen, sein oben under dem tittel "von contracten" gemeldet
§ 3. Es mag einer geben undt schencken, weil er lebet oder von todes wegen, das ist, das es einer erst bekommen solte, wan der geber stirbet.
§ 4. Was einer bey lebendigem leib gibt, das soll er demjennigen, dem er es gibt, zustellen oder es ein ander von desselbigen wegen annemen undt empfahen, sunst ist die gabe nicht kreftig undt vollenkommen.
§ 5. Was einer vergibt, das muß er entperen undt kan es nicht widerrufen, dann allein in etlichen fellen, wie folget:
§ 6. Umb undanckbarkeit desiennigen, dem etwas gegeben undt geschencket wirdet, mag die gabe undt geschenck widerrufet undt gefordert werden.
§ 7. Undt ist die undanckbarkeit in dem, wan einer denjennigen, der ihme eine gabe oder geschenck gethan hat, hochlich schmehet undt [Seite: 206] iniuriirt oder gewalt mit schlagen undt verwunden an ihme ubet oder ihme grossen schaden an seinem gut zufuegt oder ihme nach seinem leben stehet.
§ 8. Es kann auch die gabe widerruft werden, wann derjenige nicht haltet, was bey der gabe beredet ist undt er zugesagt hat.
§ 9. Auch wan der geber verarmet, das er sich nicht erhalten kann, und, der die gabe empfangen hat, ihnen nicht erhalten will.
§ 10. Ferner, wann einer eine gabe thette, der keine kinder hat undt hernachmals kinder bekeme, so mag derselbig die gabe auch widerrufen.
§ 11. Undt solche widerrufung in obberurten fellen hat statt, es sey dan, das in oder neben der gabe der geber einen verzicht gethan hette, das er die gabe nicht wolte widerrufen, dan in solchem fall hette die widerrufung nicht statt.
§ 12. Aber in dem fall, wann einer nach der gabe kinder bekeme, mag die gabe widerrufen werden, ungehindert, das verzicht darauf geschehen.
§ 13. Die gabe von todtes wegen geschicht, wan einer einem etwas verordnet undt gibt, das er nach seinem tode soll bekommen undt haben; von dieser gabe wirdet hernach under dem tittel "von testamenten" weiter gesagt.
§ 1. Es mag ein jeder, der bey vernunft undt zu seinen jahren kommen ist, ein testament machen undt seine guter (doch ausbescheiden alte lehenguter) darinne verordnen, wem er sie gonnet.
§ 2. Es mag auch einer in seinem testament einem kinde vor dem andern vortheil thun undt einem mehr oder bessers geben undt verordnen dann dem andern.
§ 3. Es mag auch einer woll andern undt frembden etwas von seinem gut ohne bewilligung seiner kinder geben undt verordnen.
§ 4. Diese bescheidenheit muß aber in diesen beiden obgesatzten fellen gehalten werden, das den kindern ihr gepurender pflichtiger erbteil, legitima genant, nicht verkurtzet werde. [Seite: 207]
§ 5. Das ist, wan einer mehr dan vier kinder hat, so muß er ihnen die helfte seiner guter lassen. Hat er aber vier oder weiniger kinder, so muß er ihnen den dritten theil seiner guter lassen; und under solche gepur undt theil soll undt kann der vatter seinen kindern nicht lassen. Was aber uber solchs ist, das mag er etlichen kindern, denen er es gonnet, zuvoraus oder auch frembden in seinem testament woll geben undt verschaffen
§ 6. Es konnen die eltern die kinder ohne ursachen nicht enterben, sondern mussen ihnen aufs weinigst ihre gepurende erbteil lassen.
§ 7. Also konnen auch die kinder, so sie nicht auch kinder haben, ihre eltern ohne ursachen nicht enterben, sonder mussen ihnen auch gepurende theil, das ist der dritte theil, der erbschaft lassen.
§ 1. Wan ein kindt seine eltern groblich schmehet;
§ 2. oder gewalt an sie leget;
§ 3. oder nach ihrem leben mit der that oder verreterei stehet;
§ 4. oder bey seiner stifmutter oder seines vaters beischleferin schliefe;
§ 5. oder seine eltern peinlich verclagte;
§ 6. oder eine dochter ehrliche heirat ausschluge und begebe sich in unzuchtig leben;
§ 7. oder seine eltern verhinderte, testament zu machen;
§ 8. oder so die eltern gefangen weren undt einer nicht fleiß thette, sie zu erledigen und sie auszuborgen;
§ 9. oder so ein kindt die eltern in armut, kranckheit oder andern noten undt gebrechen hilflos liesse;
§ 10. oder so ein kindt einen ketzerischen glauben anneme.
§ 11. Gleich aus oberzalten ursachen, wan die eltern wider die kinder handeln, mogen die kinder auch ihre eltern enterben.
§ 12. Aber ein bruder ist nicht schuldig, in seinem testament seinen brudern undt schwestern etwas zu geben, sondern mag woll andere [Seite: 208] zu seinen erben undt all sein eigengut vergeben; doch soll er ehrliche leute zu erben setzen, dann sunst haben es die bruder und schwester anzufechten undt das testament zu vernichten.
§ 13. Es ist aber auch im lande zu Sachsen an viel ortern gepreuchlich, das einer nicht kan alt erbgut vergeben, sonder muß es bey den rechten erben pleiben lassen,
§ 1. Ein bestendig, zierlich testament muß derjennige, der es machet, selbs schreiben oder durch einen andern aus seinem angeben schreiben lassen.
§ 2. Das testament muß sieben zeugen haben, die sonderlich darzu erfordert sein; undt wann einer daran mangelt, so ist das testament unkreftig.
§ 3. Doch werden auch testament, sonderlich aber in milden sachen, zugelassen, die vor dem kirchhern am selbigen ort undt zweien zeugen aufgerichtet werden.
§ 4. So mag auch ein vatter ein testament undt verordnung zwischen seinen kindern machen; undt ist gnug, das er es selbs schreibe und versiegele; undt bedarf keiner zeugen darzu. Was er aber von andern personen dan seinen kindern darinne verordnet, dasselbig ist unkreftig.
§ 5. Die sieben zeugen zu einem zierlichen testament mussen alle das testament underschreiben undt versiegeln.
§ 6. Sie sollen auch auf eine zeit beyeinander sein undt so lang beieinander pleiben, bis das testament durch sie alle underschrieben undt versiegelt werde.
§ 7. Der das testament machet, muß dasselbig auch selbs underschreiben undt versiegeln; so er aber nicht schreiben kann, so muß es ein ander von seinentwegen underschreiben. [Seite: 209]
§ 8. Weiber konnen nicht gezeugen sein in testamenten.
§ 9. Es muß in dem testament ein gewisser erbe gesatzt werden, ir were dan viel oder weinig zum erben gesatzt, so muß gleichwoll einer uffs weinigst darinne zum erben benent und ausdrucklich gesatzt werden, das er ein erbe in dem oder anderm gut oder gelt oder in der gantzen oder eins theils der erbschaft gesatzt werde.
§ 10. Sonderlich aber mussen kinder zu erben gesatzt werden, dann sunst were das testament unkreftig, darumb, es werde einem kinde weinig oder viel im testament gegeben, so muß es im selbigen als ein erbe gesatzt oder solchs ihme zu seinem erbteil verordent werden, sunst kann es das testament als unkreftig anfechten.
§ 11. Und ob gleich nicht allezeit das wort "ein erbe sein solle" oder "ich setze ihnen zum erben", sondern andere als folgender wort etzliche gesatzt wurden, so haben sie auch kraft der einsetzung eins erben, als nemblich: "er soll mein gut haben", "ich gebe ihme mein gut" oder "ich will, das er es haben solle" oder "ich gibe" oder "verschaffe" oder "lasse ihme die helfte" oder "einen teil meiner guter" etc.
§ 12. Es mag einer sein testament so oft, als er will, verandern, ob er gleich hette abgeredt undt zugesagt, das testament nicht zu verandern.
§ 13. Wann einer nicht will, das die zeugen wissen sollen, was er in seinem testament verordnet hat, so soll er das testament, wann er es selbs underschrieben undt versiegelt hat, nemen undt es den gezeugen furhalten undt sagen, das sey sein letzter will, und sie bitten, das sie dasselbig auch underschreiben und versiegeln wollen, und ist nicht notig, das es die zeugen lesen oder horen lesen was darinne geschrieben ist.
§ 14. Dem etwas im testament gegeben ist, darf keine schuldt darvon bezalen; aber der erbe muß zun schulden antwurten, es were dan, das so viel vergeben were, das der erbe uber die schulde den vierten theil der erbschaft nicht haben konte, dann in diesem fall muß ein jeder, [Seite: 210] dem im testament etwas gegeben, nach anzal nachlassen, damit der erbe seinen vierten teil bekommen muge.
§ 15. Wann ein testament nichtig, derhalben, das es seine notturftige zirlicheit nicht hat, als wann mangel an zeugen, an underschreiben oder versiegeln, oder so kein erbe darinne gesetzt were, so sein die erben nicht schuldig, etwas, das darinne andern gegeben oder verordnet ist, zu bezalen.
§ 16. Wann es sunst unkreftig, als das ein kindt darinne were ubergangen undt zu erben nicht gesatzt, so sollen die legata undt gescheft im selbigen verrichtet werden.
§ 17. Es mag einer auch woll mundtlich seinen letzten willen bestellen; er soll ihnen aber durch einen notarium schreiben lassen, undt dasselbig muß dann auch sieben zeugen haben undt der gantze inhalt vor denselbigen gelesen werden, eher das sie voneinander gehen.
§ 18. Wan einer will jemandt etwas von todts wegen geben, das ist, das er dasselbig soll nach seinem absterben haben, das mag er vor funf zeugen thun, aber nicht weinigern, sunst ist es unkreftig.
§ 1. Wan ein mensch ohne testament stirbet, so fellet er alle sein gut auf seine erben in absteigenden linien, das ist auf seine kinder und kindeskinder.
§ 2. Sein die kinder allein verhanden, so teilen sie das erbe in die heupter, so viel kinde, so viel theil.
§ 3. Sein kinder und eins verstorben kindts kinder und also neben den kindern auch enckeln verhanden, so wirdet die erbschaft in die stammen getheilet, also das des verstorben kindes kinder, es sein so viel als immer wollen, alle samptlich nicht mehr nehmen, dan ein kinde allein nimmet, dann sie tretten in ihres verstorben vatters oder mutter stette, welche nicht mehr dann eines kindes theil genommen hetten, wann sie in leben weren.
§ 4. Wan ein oder mehr kinder zur ehe bestattet sein und wollen dan mit den unausgestatteten zu erbe und gleichen theilen gehen, so [Seite: 211] mussen sie dasjennige, das sie zu brautzschatz und anders zur ausstattung, empfangen haben, wider in die gemeine theilung einpringen oder an ihrem gepurenden theil lassen abkurtzen.
§ 5. Wann kein kinder undt allein verstorben kindes kinder verhanden sein, so wirdet das erbe auch in stammen undt nicht in die heupter getheilet, als das eines verstorben kindes einig kinde so viel nimmet als des andern verstorben kindes zehen kinder, dan jede an ihres vattern oder mutter stette dretten.
§ 6. Wann einer sturbe undt liesse keine echte kinder nach sich, sonder unechte, die er, als er ledig gewesen, mit einer ledigen menschen gezeuget hat, so erbet er den sechsten teil seiner erbschaft auf solche seine unechte kinder und die andere funf theil uff seine negste freunde, er mache dan ein testament, dan in demselbigen mochte er all sein erbgut den unechten kindern geben.
§ 7. Wan aber keine kinder oder kindeskinder, aber erben in aufsteigender linien, das ist vatter undt mutter oder großvatter und großmutter oder derselbigen erbe, verhanden sein, so fallet die erbschaft auf dieselbige, nemlich folgender underschiedtlichen gestalt:
Wan vatter und mutter verhanden sein, so fallet ihres kindes erbe auf dieselbige undt werden großvatter undt großmutter ausgeschlossen.
Wann aber der verstorben neben einem vatter undt mutter auch volle bruder und schwester nach sich lasset, so erben dieselbige mit vatter undt mutter.
Sturbe einer und liesse den vatter oder mutter allein undt einen großvatter oder großmutter von des verstorben vattern oder mutter, so erbet der großvatter oder großmutter mit dem vatter oder mutter, die noch in leben sein.
§ 8. Wann keine erben in ab- noch aufsteigenden linien, das ist weder kinder noch eltern, verhanden sein, so erben die seiterben, das ist bruder undt schwestern undt andere, ein jeder nachdem er dem verstorben verwant ist, als bruder undt schwestern von voller geburth erben zugleich.
§ 9. Wan mit bruder undt schwestern des verstorben vollen bruders oder schwester kinder verhanden sein, so erben sie mit ihres vattern [Seite: 212] oder mutter brudern undt schwestern. Es wirdet aber die erbschaft in die stammen getheilet, also das eines verstorben bruders oder schwester kinder, wan ihr gleich zehen oder mehr weren, nicht mehr dan ein bruder oder schwester nimmet; dan sie dretten in ihres vatters oder mutter stette, welche auch nicht mehr als einen theil genommen hetten, wan sie im leben weren.
§ 10. Halber bruder undt schwestern erben nicht mit vollen brudern und schwestern.
§ 11. Volle bruder- oder schwesterkinder erben vor halben brudern undt schwestern.
§ 12. Aber in lehen erbet halbbruder, so von einem vatter geborn sein, gleich mit dem vollen bruder, also auch halben bruders sone vom vatter verwanten.
§ 13. Wann kein bruder oder schwester verhanden sein, so erben die verstorben bruder und schwester kinder in die heupter, so viel heupter, so viel theil.
§ 14. Des verstorben bruders son undt dochter erben vor vatters bruder undt schwestern.
§ 15. Wann es furder kommet undt einer die obbemelte erben nicht nach sich liesse, so erben die nechste blutsverwanten, sie sein manlichs oder weiblichs geschlechts.
§ 16. Wann viel in einem grad dem verstorben verwandt sein, die nemen das erbe zugleich.
§ 17. Wann es weiter dann zwischen bruder, schwester undt bruder- undt schwesterkinder kommet, so gildt darnach kein underschiedt, es sey einer einem von halber oder gantzer geburt verwant, als ein exempel ist: Wann einer sturbe undt liesse nach sich seines vollen bruders sons son an einem undt seiner halben schwester sons [Seite: 213] son am andern theil, so wurden diese beide zur erbschaft zugleich zugelassen, ungeachtet, das ihme der ein von voller undt der ander von halber gepurt verwant were.
§ 18. Das ist aber in allen erbfellen zu mercken, das nach Sachsenrecht allezeit des verstorben nechste schwertmag das hergewette zuvor ausnimmet, wie auch das nechste frawbilde der verstorben frawen gerade zuvor ausnimmet.
Zu hergewett gehoret des verstorben beste pferdt, gesattelt und gezeumet, sein schwert, der beste harnisch zu eines mannes leib,auch ein herpfole, das ist ein bette, ein kussen, zwey leilachen, ein tischlaken, ein handtqwele, zwey becken, das sein zwo schusseln, einen vischkessel undt einen kesselhaken undt des verstorben tegliche kleider
Zu gerade gehoren alle schaf, so uff der misten undt vor dem hirten gehen, gense, enthen, kisten, kasten, laden undt truhen, darinnen die fraw ihr gezirde, kleider, leinen gerethe und geschmuck behalten undt darzu sie die schlussel bey zeit ihres mannes gehapt, alles garn, roh undt gesotten, lein, flachs, alles leinwandt, geschnitten und ungeschnitten, alle hauptpful, kussen, leilachen, tischlachen undt qwelen, ausbescheiden, was sich des zu hergewette gehoret, alle fedder, geschlissen undt ungeschlissen, badelaken, koltern, decklaken, sperlaken, umbhenge, vorhenge, schleiger, becken, leuchter, ein wasserkessel, brawpfannen, die man teglich vermietet undt die nicht eingemeuret sein noch stets stillstehen, sidelen, tepten, alle weibliche kleider, vorspan, ringe, heftlein, pantuffel, alles goldt undt silber, zu frawen [Seite: 214] gezirde gewirckt, perlin, krentze, krallen undt perlinschnure, alle gurtel und borten, mit goldt oder silber beschlagen, frawen betbucher, alle weibliche gebende, wocken, werfen, spilden, bursten, scheren.
§ 1. Zu morgengabe gehoret, was ein man seiner frawen am brauttag oder hernach zur morgengabe gegeben hat.
§ 2. Wie dan under dem adel gewonlich, das einer seiner braut am brauttag ein gulden ketten undt einen hoff zur morgengabe gipt.
§ 3. Wann aber solchs nicht geschicht, so gehoret nach Sachsenrecht in die morgengabe, wie folget: Alles veldtgenge weibliche viehe, als kuhe, kuhkelber, zigen, veldtgenge schweine, unbestelte mutterpferd, die alle tage zu velde laufen undt man noch nicht eingespannet hette.
§ 1. Zu mußteil gehoret die helfte aller gekaufter speise, nemlich die helfte des fleisches, gesaltzen undt ungesaltzen, die helfte alles gedrencks, es sey pier oder wein, die helfte alles gedroschens undt ungedroschen korns, weitzen undt gersten, auch alle erbis, molt, hirse, gruben, bonen, rubsamen, hanf, butter, schmaltz, kese, saltz undt die helfte alles, was zu essen undt drincken verschafft undt in den scheunen undt uff den bonen verhanden ist, aber haber, stro, hew etc. gehoret nicht darein.[Seite: 215]
Was von hergewette, gerade undt mußteil undt was nach Sachsenrechte in die morgengabe gehoren soll, geschrieben ist, das ist nach Sachsenrecht, aber die gemeinen beschriebenen keyserlichen recht wissen davon gar nichts.
§ 2 [1]. Eine frawe kann ihres ehemannes erbe nicht sein, es sey dann kein blutsverwanter freunde verhanden bis in den zehenden grad. Darumb werden ehestiftungen uffgerichtet, damit eine frawe wissen moge, was sie nach ihres ehemans tode haben solle.
§ 3 [2]. Aber neben deme nimmet die fraw auch die gerade, morgengabe und mußteil. So ist auch in des mans willen, das er seine hausfrawen bey seinem leben undt in testament kann versehen undt ihr geben undt verordnen, was sie nach seinem tode haben solle.
§ 4 [3]. Und soll ein jeder christlicher eheman, der ein from, ehrliche hausfraw hat, die ihnen mit lieb undt trewen meinet, sie freundtlich bedencken undt nach seinem vermogen reichlich besorgen, damit sie in ihrem betruebtem widtwenstande nicht auch noch mangel darzu leiden musse, dan man undt weib sein ein leib; wer wolte nun gern, das sein leib solte mangel leiden; so sagen die beschrieben keyserliche rechte, wer wolte sich der frawen nicht erbarmen, von wegen der dienste, die sie den mennern erzeigen, und von wegen, das sie kinder geperen undt darinne grosse gefar stehen mussen.
§ 5 [4]. Es sein auch an etlichen ortern sonderliche gewonheit, statut undt recht, was die frawen aus ihrer ehemenner nachgelassen guter haben sollen.
Als auch im furstenthumb Luneburg undter dem adel gewonlich, wann sunst keine eheberedung, contract oder testament verhanden ist, darinne maß gegeben were, was ein erbare fraw nach ihres mans tode haben solle, so wirdt ihr eine leibzucht auf noch eins so viel, als sie ihrem mann zu brautschatz zugebracht hat, aus des mans guter verordnet; darzu nimmet sie ihr morgengabe, gerade undt mußteil. [Seite: 216]
§ 6 [5]. Wan aber kein freunde in zehen graden, auch keine hausfraw verhanden sein, so fallet des verstorben erbschaft an die oberkeit.
§ 7 [6]. Es kann keiner mit dem andern sich vertragen, das er sein erbe soll sein, dann solche pact undt vertrege von kunftiger erbschaft sein im rechten verbotten undt nichtig, ob sie gleich mit dem eide bestettigt weren.
§ 8 [7]. Wan einer aber sich einer erbschaft, die ihme sunst als dem nechsten anfallen mochte, begeben undt verziehen wolte, das mag er woll thun und ist bestendig.
§ 9 [8]. Wan eine dochter ausgesteuret wirdet, undt sie thut verzicht uff ihr vetterlich undt mutterlich erbe, das ist nicht kreftig, sie bestettige dann die verzicht mit dem eide.
§ 10 [9]. Wan eine dochter verzicht gethan hat, ob es gleich mit dem eide geschehen were, undt sie stirbet vor dem vatter undt lasset kinder nach sich, so konnen dieselbige kinder gleichwoll zu ihres großvatters erbschaft kommen, ungehindert ihrer mutter verzicht, dan sie kommen alsdan zu ihres großvatters erbschaft aus ihrem eigen recht als enckeln undt nicht von wegen ihrer verstorben mutter, die den fall nicht erlebet hat.
§ 11 [10]. Wan einer oder eine verzicht auf vetterlich und mutterlich erbe undt guter thut, ob es gleich bestendiglich geschehe, so kann es doch an bruderlichen undt schwesterlichen erbfellen nicht hindern. Darumb, wan die vatterliche undt mutterliche guter alle auf zwen bruder fielen, undt der eine bruder sturbe darnach ohne kinder, so weren die ausgestatteten schwester gleich sowoll seine erben als der bruder, ungehindert, das sie auf vetterlich undt mutterliche erbe haben verzicht gethan, dann es alsdan nicht mehr vatterlich und mutterlich, sonder bruderliche erbschaft heisset undt ist.
§ 12 [11]. Wan eine erbschaft auf zwene sone fallet, so theilet der eltiste die guter uff zwen theil, und der junger kiset und nimmet, welchen theil er will.
§ 13 [12]. Wan aber die erbschaft auf mehr dan zwen fallet, so wirdet die erbschaft mit ihrer aller willen in so viel theil getheilet, als der erben [Seite: 217] personen sein, undt dann durch das lose getheilet, welchen theil einem jeden das lose gipt, den hat er.
§ 1. Unechte konnen die echten nicht erben, wie auch widerumb die echten nicht konnen die unechten erben.
§ 2. Ein unechter fellet seine erbschaft auf seine kinder wie die echten.
§ 3. Wan ein unechter keine kinder hat, so fellet er seine erbschaft uff seine mutter, bruder undt schwester, die von einer mutter geborn sein.
§ 4. Aber auf bruder undt schwester, die mit ihme nicht von einer mutter geborn sein, fallet er seine erbschaft nicht, ob sie gleich von einem vatter gezeuget weren.
§ 5. Er fellet auch sein erbe uff seine bruder- undt schwesterkinder, dero vatter oder mutter undt der verstorben sein von einer mutter geborn.
§ 6. Wan ein unechter stirbet undt keine kinder noch mutter oder bruder undt schwestern, die mit ihme von einer mutter geborn sein, oder derselbigen kinder nach sich lasset, so fallet sein gut undt erbschaft an die oberkeit.
§ 1. Wan einer umb forcht willen, das er seiner missethat halber mochte gestrafet werden, sich umb das leben pringet, so fallen seine guter undt erbschaft an die obrigkeit.
§ 2. Wann aber einer aus unsinnigkeit, kranckheit des haupts, zweivelmut, undt nicht aus sorg der strafe sich umb sein leben pringet, desselbigen guter undt erbschaft fallen auf seine nechste erben. [Seite: 218]
§ 1. Vormunder sein dreyerley: Eine, die einer in seinem testament undt letzten willen seinen unmundigen kindern verordnet.
§ 2. Die ander sein die nechste blutsverwante freunde.
§ 3. Die dritte sein, welche die oberkeit den unmundigen zu vormundern verordnet.
§ 4. Under diesen dreyerley vormundern werden die erste, das ist, die in testamenten gesatzt werden, vor den andern furgezogen undt ihnen die vormundtschaft befolen.
§ 5. Wan keine verordente vormunder im testament verhanden sein, so werden die nechsten freund zu vormundern gefordert.
§ 6. Under den nechsten freunden ist der kinder mutter, wan der vatter stirbet, die nechste vormunderin undt wirdet den andern freunden furgezogen. Die ist auch vormunderin ihrer unmundigen kindern, alledieweil sie im widtwenstande pleibet. Wann sie aber zur andern ehe greifet, so ist ihre vormundtschaft aus. Undt sie ist schuldig, wann sie sich wider verehelichen will, ihren unmundigen kindern vormunder vor der oberkeit zu bitten. Wan der unmundigen kinder mutter nicht verhanden oder sie aus ursachen sich der vormundtschaft ihrer kinder nicht undernemen will, so gehoret sie den nechsten freunden.
§ 7. Wan die auch nicht verhanden oder aus erheblichen ursachen dieselbige weigern oder ihnen nicht zu vertrawen ist, so soll die oberkeit den unmundigen vormunder setzen. Und solche verordnung der vormunder soll durch die oberkeit geschehen, darunder der unmundig ist.
§ 8. Es kann sich niemandt weigern, vormundtschaft anzunehmen, er habe dan der nachfolgenden entschuldigung eine, nemlich:
§ 9. Wan einer selbs funf kinder hette, darin auch des verstorben sons kinder anstatt ihres vatters gerechnet werden, doch daß dieselbige [Seite: 219] alle an ihres vatters stette undt also alle, wann ihrer gleich viel sein, nicht mehr als vor ein kinde gerechnet werden.
§ 10. Item der fursten rete. Item die gemeine ampter haben, als camer- undt rentmeister, schulmeister, pfarherrn, zoller und dergleichen.
§ 11. Item die von der oberkeit oder gemeinen nutzes wegen ausserhalb landts verschickt werden: Er hat auch die freyheit, wan er widerkommet, das man ihme in einem jahr darnach keine vormundtschaft wider seinen willen kan uffleggen.
§ 12. Item der zuvor dreyerley vormundtschaft hat, der kan mit der vierdten nicht beladen werden.
§ 13. Item wann einer arm were, der sich mit teglicher arbeit neren muß undt nicht so viel hette als der, des vormunder er sein solle, der mag sich woll entschuldigen, das er desselbigen vormunder nicht sein wolle.
§ 14. Item der uber siebenzig jahr alt ist, der hat auch entschuldigung.
§ 15. Item der mit dem mundtling grosse irrung undt zweitracht oder rechtfertigung etlicher ansehenlicher guter hat.
§ 16. Welchem vormundtschaft ufferlegt wirdet, der obbeschrieben entschuldigung hat, der soll in funfzig tagen, nachdem ihme zu wissen wirdet, das ihme die vormundtschaft ufferlegt ist, seine entschuldigung vor der obrigkeit furpringen, dan darnach wirdet sie nicht zugelassen.
§ 17. Wan aber einer vormundtschaft hat, so kan er sich derselbigen umb obberurter ursachen willen nicht entladen, sondern muß dieselbige bis zum ende tragen; aber von newen vormundtschaften kann sich einer mit obberurten ursachen entschuldigen.
§ 18. Vormunder sollen inventarium aller guter, ligender und farender, schulden und widerschulden, nichts ausgenommen, machen. Und solchs soll geschehen in beisein notarien undt jemants von der oberkeit wegen.
§ 19. Es kann der vormunder, ehe undt zuvor er ein inventarium machet, sich der verwaltung nicht unternehmen noch edtwas bestendiglichs handelen, ja, er kann auch als ein verdechtiger gehalten werden. [Seite: 220]
§ 20. Vormunder sollen einen eide schweren, das sie wollen dem mundtlingen getrewlich und nach ihrem besten verstande vorstehen und sein nutz schaffen undt schaden abwenden, auch seine person gepurenderweis schutzen, auch zu gepurender zeit rechenschaft ihrer verwaltung thun, undt, was dem mundtlingen zustehet, uberantwurten.
§ 21. Wann einer uber vierzehen jahr alt ist, so ist in seinem willen, furder vormunder zu haben oder nicht.
§ 22. Wan er aber gerichtlich clagen wolte oder beclagt wurde, so soll er bitten, ihme vormunder zum rechtlichen krieg zu geben.
§ 23. Weiber mogen nicht vormunder sein, es sein dan der kinder mutter undt großmutter.
Vormunder sein schuldig, nach geendter vormundtschaft rechenschaft ihrer verwaltung zu thun undt ihren mundtlingen dasjenig, was verhanden ist, zuzustellen.
§ 24. Was aus willen oder verseumnus der vormunder den unmundigen zu schaden geschicht, das sein die vormunder zu erstatten schuldig, wie sie auch schuldig sein, die expens undt unkosten selbs zu tragen, wann sie von wegen der mundtlingen eine muthwillige rechtfertigung furnemen oder sunst etwas muthwillig undt freventlich handeln.
§ 1. Was einer schuldig ist, das soll er bezalen.
§ 2. Wann einer schuldig ist, etwas auf eine namhafte zeit zu bezalen, so soll er uff solche zeit ungemanet bezalen.
§ 3. Wer seine eigene handtschrift leugnet oder versagt, das er das gelt empfangen habe, darauf der schultprief lautet, so er des uberwunden wirdet, so ist er es doppelt zu geben schuldig. [Seite: 221]
§ 4. Schulde mogen jegen schulden, die bekantlich oder sunst dar sein, gerechnet undt abgezogen werden.
§ 5. Wer erbe nimmet, der muß auch schulde bezalen.
§ 6. Der erben vertrege, die sie under sich uffrichten, schaden den gleubigern nicht. Darumb, wann sie die schuldtbezalung under sich selbs theilen oder sie einem allein ufflegen zu bezalen, undt derselbig konte die bezalung nicht thun, so schadet solchs den gleubigern nicht und mussen die andern darzu antwurten.
§ 7. Wan viel gleubiger verhanden sein undt umb ihre schulden sprechen, so haben sie den vorzug undt erstigkeit, die underpfande haben undt denen ihr schulden in des schultners guter verschrieben undt versichert sein; undt welche dann die eldeste verschreibung uber das underpfande haben, die gehen vor.
§ 8. Wan einer schulde in gemein in allen seinen gutern verschriebe undt hernach einem andern ein sonderlich gut, als ein haus, acker, wischken oder anders, austrucklich verpfendet, so hat der letzte den vorgang in demselbigen sonderlichen verschrieben gut; es were dan, das der erste, der in allen gutern versichert ist, seine vollenkommen bezalung aus den andern gutern nicht bekommen konte; dan in diesem fall hette er den vorgang umb seiner ersten verpfendung wegen.
§ 9. Eine ehefrau hat die freyheit, das sie von wegen ihres eingebrachten braudtschatzes wirdet allen personlichen, auch andern glaubigern, ob sie gleich altere ausdruckliche verunderpfendung haben, furgezogen, daß sie vor denen allen ihren braudtschatz erstlich aus ihres mannes gutern bekommet. Aber der widerlegung halber wirdet sie allein den personlichen gleubigern furgezogen, aber nicht denen, die austruckliche verunderpfendung haben.
§ 10. Wer einem gelt leihet, ein haus zu widerbawen undt zu bessern, so ist ihme das haus vor solch gelt verunderpfendet stilschweigende, also das er den vortrit an demselbigen vor seine schulde hat.
§ 11. Nach den gleubigern, die verunderpfendung haben, folgen die personliche glaubiger, das ist diejennige, die blosse schuldtverschreibungen undt kein underpfandt haben, zugleich, undt so die schulde nicht alle konnen bezalet werden, so wirdet einem jeden derselbigen personlichen glaubiger nach anzal seiner summen abgezogen, undt hat in [Seite: 222] dem keiner vor dem andern vorteil, ungeacht, das des einen schuldtverschreibung alter den des andern ist.
§ 12. Schulden sollen erstlich bezalet werden, ehe das man dasjennige bezalet, das im testament verordnet undt vergeben ist.
§ 1. Wucher ist in Gottes gebott, in beschrieben rechten undt der kayserlichen undt des reichs constitution undt ordnung verbotten.
§ 2. Wucher ist alles, das einer mehr bedinget undt nymet, dann er ausgeliehen hat. Darumb, wan er uff zehentausent gulden ausgeliehen geldts einen gulden mehr nehme, so were derselbig gulde wucher.
§ 3. Also auch, wann er korn, wein, honig, oli undt was dergleichen mehr ist, ausliehe, es were so viel, als es wolle, so soll er auch nicht mehr nehmen, dan er ausgethan hat; dann alles, das mehr genommen wirdet, dan ausgeliehen, ist wucher.
§ 4. Also auch, wann sich einer umb gelts willen liesse dienstgelt oder kleidung verschreiben, dafur er doch zu dienen wolt unverpflicht sein, das were auch wucher undt verbotten.
§ 5. Wann aber einer einem leihet gelt oder anders, wie obgemeldet, undt es wirdet ihme uff bestimpte zeit nicht bezalet, so mag er woll interesse darauf fordern, das ist vom hundert funf, oder das ihme erstattet werde, was er des schaden genommen hat, das ihme das gelt oder anders, was er ausgeliehen hat, zu rechter undt bestimpter zeit nicht ist wider bezalet worden.
§ 7. Wan einer wucher zu geben verschrieben hette, das ist er zu halten nicht schuldig, er habe es dan mit dem eide bestettigt oder bey trewen undt gutem glauben verschrieben, dan in diesem fall ist er zu halten [Seite: 223] schuldig: Dan wucher geben ist nicht sunde noch wider Gott, aber wucher nemen ist sunde undt wider Gott undt wider beschrieben recht undt gute sitten. Darumb, wan einer mit dem eide oder bei trewen undt gutem glauben (welche wort kraft eins eides haben) sich verpflichtet, so soll er Gott seine pflicht halten.
§ 8. Wan er aber den wucher bezalet undt seine prief undt siegel geloset hat, so mag er undt seine erben den bezalten wucher von demjennigen, der ihnen empfangen hat, undt auch von desselbigen erben widerfordern, undt sie sein ihnen widerzuerstatten schuldig.
§ 9. Damit aber dennoch handtierung in der welt sein undt sich mancher von seinen renthen undt zinsen erhalten konne, weil es nicht uberal von ligenden gutern sein kan, so haben die recht undt reichsordnung verordnet, das einer mag jerliche zinse undt renthen kaufen, doch mit dieser maß, das er vor hundert nicht mehr dan funf neme.
§ 10. Nimmet er aber sechs oder mehr uff das hundert, so ist derselbig sechste gulde, undt was er mehr nimmet, wucher undt unrecht.
§ 11. Es muß aber der contract undt verschreibung nicht auf leihen, sonder auf kaufen undt verkaufen gestalt werden, dan was im leyhen uber die ausgethane summen genommen wirdet, das ist wucher, aber in kaufen undt verkaufen hat es eine andere gestalt.
§ 12. Darumb soll die losekundigung bey dem verkaufer, der die zinse ausgeben soll, stehen, undt nicht bey dem kaufer, der die zinse einnimmet, dan sunst were es kein kauf, sonder ein geliehen gelt, wan derjenig, der es austhut, solte der hauptsum mechtig sein, wann er wolte.
§ 13. Also auch ist unrecht, wann einer ein gut kaufet undt die losekundigung seins gefallens oder uff eine namhaftige zeit zu thun vorbehaltet; aber der verkaufer mag die losung woll vorbehalten.
§ 14. Es mag aber einer ein schloß, ampt, dorf, zehende, acker, wischen undt ander ligende guter woll erblich oder widerkauflich kaufen undt an sich pringen; undt ob es ihme gleichwoll mehr traget undt nutzet, dan der kauf- oder pfandtschilling verzinsen konte, so hat er es gleichwoll mit recht undt gutem gewissen, dan es kein mutuum, das ist [Seite: 224] geliehen, sondern ein kauf undt durch die oberkeit undt satzung der rechte, welche in Gottes ordnung sein, zugelassen.
§ 1. In allen contracten undt verpflichtungen mogen burgen genommen werden.
§ 2. Weiber konnen nicht burge werden; darumb, wan ein weib vor einen andern burge wirdet, ist sie zu bezalen nicht pflichtig, es sey dan, das sie etwas dafur genomen habe, das sie burg ist wurden, oder wan sie vor einen brautschatz gelobet hette, dan in diesem fall ist sie auch zu bezalen schuldig. Aber was sie selbst schuldig wirdet, ist sie zu bezalen schuldig.
§ 3. Umb burgschaft willen mag nicht allein der burge, sonder auch seine erben besprochen werden, ob gleich in der verschreibung der erben nicht gedacht wirdet; es sey dan die gewonheit hirwider, wie in diesem lande under dem adel ist: Wan einer gelobet hat undt stirbet, so ist sein glubd erloschen undt konnen seine erben derhalben nicht gefordert werden, wo er nicht erblich oder vor sich undt seine erben gelobet hat.
§ 4. Wan viel eine summen schuldig sein oder vor eine summen gelobet haben, so ist ein jeder allein seinen antheil undt nicht einer die gantze summen zu bezalen schuldig, es were dan, das sie sich ein vor alle verschrieben undt also sich des beneficii divisionis in der verschreibung begeben hetten oder daß die andern so arm weren, das sie ihre anteil nicht bezalen konten, oder das sie abwesende in einem andern lande weren.
§ 5. Dan in dem ersten fall, do ein vor alle verschrieben weren, mochte die gantze summa von einem allein gefordert werden, aber in den andern beiden fellen, als wan einer oder mehr arm oder abwesende weren, mag einer vor seinen undt der armen undt abwesenden anteil gefordert werden.
§ 6. Wan auch einer von einem seinen antheil der schulde nehme undt nicht protestirte, das er dardurch die schulde nicht wolte theilen, [Seite: 225] so konte er darnach die gantze summen von einem nicht fordern, dan er hette sie selbs getheilet.
§ 7. Wan ein burg allein bezalet, so sein die andern ledig; aber der bezalet hat, soll ihme die schuldtverschreibung mit einem wilprief vom glaubiger ubergeben lassen, so mag er die andern auch fordern, welchs der glaubiger zu thun schuldig, oder er muß seiner bezalung mangeln.
§ 8. Es mag auch ein burg undt selbschuldener begeren, das der rechte schuldener erstlich gefordert undt seine guter angegriffen werden. Ein burg mag eben die exception undt einrede furwenden, die der schuldener selbs mag furwenden.
§ 9. Burgen konnen den selbschuldigen nicht beclagen, sie haben dan erstlich bezalet oder sey ihnen in recht ufferlegt, das sie die bezalung thun sollen, oder das der selbschuldener sein gut verthue.
§ 1. Es mag einer, der seiner guter verwaltung hat, sein gut — ausbescheiden lehen — woll verpfenden.
§ 2. Der pact, wan die schulde uff benente zeit nicht bezalt wurde, das dan das pfandt solle des glaubigers aigen undt erblich sein, ist im rechten verbotten undt unbindig.
§ 3. Wer under den glaubigern in pfandtschaften den vorgang undt erstigkeit habe, ist oben under dem titel "von schulden" angezeigt.
§ 4. Umb schulde mag man pfenden, aber durch die oberkeit, undt nicht selbs.
§ 5. Umb zinse undt dienste mag ein gudtherr seinen meiger woll selbs pfanden lassen, ob er gleich das gericht nicht uber ihnen hette.
§ 6. Desgleichen mag einer im velde pfanden umb alles, was ihme auf seinem velde geschicht.
§ 7. Wan man einen umb schulde will auspfanden, so soll man erstlich gelt, so es verhanden ist, nemen. Wan kein gelt verhanden ist, so [Seite: 226] soll man bewegliche guter nehmen, jedoch soll man nicht nehmen, was zum ackerbaw notig, noch der frawen undt kinder kleider, auch des mannes thegliche kleider nicht.
§ 8. Wan so viel bewegliche guter nicht verhanden, das dem glaubiger vor seine schulde kan gnug geschehen, so soll man die unbewegliche guter angreifen undt, letzlich erst, so die nicht gnugsam weren, des schuldeners ausstehende schulde; dan dieselbige schuldener soll die oberkeit vor sich fordern; undt wann sie bekennen, das sie dem schuldener, welchen man auspfandet, schuldig sein, so soll sie die oberkeit an den glaubigern weisen, daß sie demselbigen solche schulde bezalen.
§ 9. Pfande soll man dreymal aufbieten, ehe das man verkauft, oder die oberkeit soll sie schetzen undt wardieren undt sie dan vor solchen werde dem gleubiger uberantwurten.
§ 10. Wan ein pfandt durch unversehenliche felle, als brand, raub, diebstal etc., umbkommet, so ist der glaubiger darzu zu antworten nicht schuldig, so er anderst den vleiß darbey gethan hat als zu seinem gut
§ 1. Wan edtwas bey einem zu treuwer hande hindersetzt oder gelegt wirdet, so soll er getrewlich darbey handeln. Er soll es nicht zu seinem nutz geprauchen, oder er begehet einen diebstal.
§ 2. Der, bey welchem etwas hinderlegt ist, darf nicht darzu antwurten, ob das hinderlegt gelt oder gut in unversehenlichen fellen, als feur, raub etc., verdurbe oder umbkeme.
§ 3. Wan einer ist schuldig undt will bezalen oder rente undt zinse oder andere guter widerlosen, so soll er dem glaubiger zu rechter zeit die losung kundigen undt die bezalung anbieten.
§ 4. Wan der glaubiger das gelt nicht will annemen, so soll es bey einer oberkeit hinderlegt werden. [Seite: 227]
§ 5. Die hinderlegung soll folgender gestalt geschehen, das der schuldener soll dem glaubiger ansagen lassen, weil er das gelt nicht habe annemen wollen, so wolle er es bey N. auf N. tag und N. stunde und auf N. stette, wie es sich geburt, hinderlegen, das er zu solcher zeit undt stette erscheinen undt solche hinderlegung zu geschehen sehen undt horen wolle.
§ 6. Und soll den zu bestimpter zeit undt stette das gelt der oberkeit zuzellen undt dan in einen beutel thun undt versiegelen undt der oberkeit zustellen und sagen, das er solch geldt zu bezalung N. und widerlosung seines guts N. hiemit hinderlege.
§ 7. Solche hinderlegung hat kraft einer bezalung, undt ist der schuldener darnach die verschrieben renthen undt zinse zu geben nicht schuldig.
§ 8. Wan aber ein gut ist versatzt gewesen, so darf der schuldener, ob er woll das gelt hinderlegt hat, dannoch das versatzt gut nicht selbs wider angreifen undt den glaubiger desselbigen entsetzen, sonder soll den glaubiger vor seiner oberkeit beclagen undt anzeigen, das er solch gut geloset, das gelt uff des glaubigers weigerung hinderlegt, derwegen er bitte zu erkennen, daß der glaubiger ihme solch gut mit aller sidther uffgehoben nutzung, schaden undt expens abzudretten undt zuzustellen schuldig sey.
§ 9. Wan einer ein geloset gut selbs eigner gewalts angreift undt den glaubiger entsetzet, der verleuret seine gerechtigkeit daranne, ungeachtet, das er das gelt ausgegeben oder hinderlegt hat.
§ 1. Es ist ein sprickwort: Gemein ist selten ein, wie man auch sicht, das diejennige, so in gemeinschaft sitzen, ob sie gleich bruder, sein selten eins. [Seite: 228]
§ 2. Darumb haben die recht verordnet, das einer, der in gemein sitzet, mag die theilung des gemeinen guts fordern, dan keiner ist schuldig, in gemeinschaft zu sein.
§ 3. Die forderung der theilung eines gemeinen guts kann auch in hundert jahren nicht verjeret oder verseumet werden.
§ 4. Wann aber ein samptgut ist, das nicht fuglich kann geteilt werden, so soll einer dem andern vor seinen theil erstattung thun.
§ 5. Furstenthumb, graf- undt herschaften mogen nicht getheilt werden, es sey dann an selbigen orter der geprauch undt gewonheit, das sie getheilt werden.
§ 1. Einer mag auf das seine bawen, was er will, es were dan, das er seinem nachparn wolte zu nahe heimliche gemach oder andern unflat bawen, darvon er den stanck in sein haus bekommen wurde.
§ 2. Bachofen mag in stetten keiner in sein haus bawen, da zuvor keiner ist gewesen, sonderlich wann schade daraus zu besorgen stehet.
§ 3. Es mag einer so hoch bawen, als er immer will undt kann.
§ 4. Es soll keiner dem andern zu nahe bawen, sonder allezeit ein dachtriff zwischen den gebewen lassen, damit keiner mit seiner dachtriff des andern gebew verterbe.
§ 5. Wan eines haus oder gebew bawfellig undt also gestalt ist, daß zu besorgen, das es einfallen undt schaden thun mochte, so mag sein nachper ihme solchs ankundigen undt sagen, das er solchem schaden furkomme. Thuet er es dan nicht undt schaden daraus folget, so ist er denselbigen zu erstatten schuldig.
§ 6. Wer auf des andern grunde bawet, der verleurt das gebew, undt es folget dem grunde.
§ 7. Also auch, wann einer in eines andern grunde beume pflanzte.
§ 8. Wer ein ungepurlich oder einem andern schedtlich gebewe furnimmet, demselbigen mag das newe gebewe angekundiget undt angezeigt werden, das er sich des enthalte, dan es sey dem andern nicht leydtlich noch ihme gepurlich. So mag er auch woll einen stein oder holtz [Seite: 229] vom gebewe abwerfen undt also mit der that sein ankundigung und widersprechung des newen gebewes erzeigen.
§ 9. Wan einem dan solche ankundigung geschicht, so soll er sich weiterzubawen enthalten, bis erkant wirdet, das er es recht undt fug habe.
§ 10. Wan er aber versicherung thut, wann erkant wurde, das er des gebewes kein recht hette, das er es dan wolle wider abthun, so mag er auf solche caution undt vorstandt mit dem gebewe woll vortfaren.
§ 11. Wirdet aber hernach erkant, das er es nicht befuegt sey, so muß er das gebewe wider abschaffen undt verleurt den bawkosten.
§ 1. Besitz ist zweierley: Einer, do einer ein gut besitzet, geprauchet undt geneusset; dieser besitz heist naturalis possessio.
§ 2. Der ander besitz ist, das einer einen besitz im gemueth, aber ein ander im geprauch hat dieser besitz heist civilis possessio; als ein lehenher hat solchen besitz an dem lehengut, aber der lehenman, der das lehengut geneusset, der hat den naturlichen besitz.
§ 3. Es soll keiner ausserhalb recht den andern in seinem besitz betrueben, verhindern noch ihnen desselbigen entsetzen.
§ 4. Es mag sich ein jeder bey seinem wolerlangten besitz selbs schutzen; undt ob daruber ein ander, der ihme gewalt wolte thun, schaden an seinem leib undt leben empfinge, das muste er haben, doch das der ander nichts aus rachgirigkeit, sonder allein zu schutz seins besitzes thue.
§ 5. Wer den andern mit gewalt seins besitzes entsetzet, der verleurt sein recht undt gerechtigkeit, das er zu solchem gut gehapt, undt so er kein recht oder gerechtigkeit darzu gehapt hette, so muß er so viel geben, als das gut werde ist.
§ 6. Wan einer entsetzt wirdet, derselbig soll vor allen dingen restituirt undt wider eingesetzt werden mit erstattung uffgehobener nutzung [Seite: 230] undt alles erlitten schadens, wan gleich der ander alsbaldt wolte beweisen, das das gut ihme eigenthumblich zustunde. Es were dan, das alsbaldt undt ohne allen zweifel dargethan wurde, das der entsetzt kein recht zu solchem gut hette.
§ 7. Und solche clag, das einer einen habe entsatzt, mag nicht allein wider den entsetzer, sonder auch wider seine erben angestalt undt die restitution begert werden.
§ 1. Wan einer ein beweglich gut, das er mit gutem glauben undt tittel an sich gepracht hat, drey jahr geruwiglich besitzet, so hat er es verjeret undt behaltet es, ob es gleich eines andern, dan darvon er es bekommen, were gewesen.
§ 2. Es were dan ein gestolen oder geraubt gut, dan dieselbige konnen nicht verjaret werden undt mussen widergegeben werden ohne erstattung des gelts, damit es einer gekauft oder an sich gepracht hat.
§ 3. Wan einer ein unbeweglich gut mit gutem glauben erkaufet oder durch andern titel undt guter ankunft an sich pringet, so verjeret er es wider diejennige, die mit ihme in einem lande wonen oder sein, wan er es zehen jahr unangefochten besitzet; aber wider frembde undt die, so nicht mit ihme in einem lande sein, verjaret er es in zwanzig jahren.
§ 4. Undt wirdet die zeit des besitzes aneinander gerechnet; also wan der vatter das gut die zeit eins theils undt darnach der son oder ein ander es auch eins theils der zeit besessen hetten, so werden die zeit zusamengerechnet, undt so sie den zusamen 10 oder 20 jahr machen, so ist die verjarung volkommen.
§ 5. Aber solche verjarung kan wider einen minderjerigen nicht laufen, sondern stehet so lang still, bis er mundig wirdet.
§ 6. Wan aber einer ein gut besitzet 30 oder 40 jahr unangefochten, so verjeret er es, er sey daran kommen, wie er wolle; er bedarf auch, wan er darumb angesprochen wirdet, nicht anzeigen, wie er daran kommen, sonder ist gnug, das er sage, er habe es uber 30 jar geruiglich besessen undt verjeret. [Seite: 231]
§ 7. Undt solche verjerung laufet auch wider die minderjerigen, doch das ein knab 14 undt ein megdlein 12 jahr alt sein.
§ 8. Wann einer in 30 jahren umb schulde nicht gemanet were noch zinse darvon gegeben hette, so were er darnach sicher durch die verjerung, ob gleich ein ander prief undt siegel uber die schulde hette.
§ 9. Wan aber einer ein gut wolte ohne titel wider eine kirche verjeren, so weren 30 jahr nicht gnug, sonder er muste es 40 jahr besessen haben.
§ 10. Es kan auch keiner nach verlauf 30 jaren umb unthat willen peinlich beclagt werden.
§ 11. Ein meiger oder zinsman kan den hoff undt zinsgut wider seinen gutherrn zu keiner zeit verjeren.
§ 12. Also auch kan einer, der die leibzucht an einem gut hat, dasselbige nicht verjeren;
§ 13. auch der nicht, der ein gut pfandtsweis hat.
§ 14. Wer ein gerechtigkeit, als weide, holtzhawen, drift, wege oder andere gerechtigkeit, verjeren will, so ist notig, das derjennige, wider welchen solche gerechtigkeit will verjeret werden, wisse undt leide, das sich der ander solcher gerechtigkeit geprauchet.
§ 15. Wan er dan solchs weiß undt geduldet, so kann solche gerechtigkeit wider ihnen verjeret werden.
§ 1. Zu entscheidung der grenitzen undt nachperlichen irrungen ist der augenschein undt besichtigung derselbigen vonnoten.
§ 2. Wan durch prief undt siegel oder lebendige kundtschaft die rechte grenitze bewiesen werden kan, so pleibet es pillich darbey.
§ 3. Wan aber dero beweisung keine verhanden ist, so muß man sunst sehen, was vor anzeigung beiderseits sein, ob malstein, graben, alte [Seite: 232] creutz an bomen, wasserstrome, knicken oder dergleichen anzeigungen verhanden, welche eine grentze anzeigen mugen.
§ 4. Auch soll bedacht werden, wer in solchem streitigen platz acker, wisken, holtzungen, vischereien, jacht undt dergleichen habe.
§ 5. Undt welcher theil den besitz undt geprauch habe undt wie lang.
§ 6. Ob pfandungen oder andere verhinderungen undt einreden geschehen.
§ 7. Wer die oberkeit undt gericht daselbs habe. Ob sich felle von todtschlagen, verwunden undt dergleichen doselbs zugetragen haben undt wohin dieselbige gerichtet sein.
§ 8. Nach erkundigung undt befindung solchs alles hat man sich zu richten undt bescheidt zu geben oder die partheien durch gutliche mittel zu vertragen, welchs in zweifelhaftigen sachen am rathsamesten ist, domit niemandt aus unwissenheit an dem seinen verkurtzt werde.
§ 1. Ein ehe ist es, wann zwo ledige man- undt weibspersonen einandern die ehe, es geschehe mit was worten es wolle, zusagen.
§ 2. Es kann auch eins dem andern seinen willen uber felde zuentbieten oder schreiben, welchs so viel ist, als thette ers jegenwertiglich.
§ 3. Wan eins dem andern zusaget, es wolle das ander zur ehe nemen, undt neme darnach ein anders mit denen worten "ich nyme dich zur ehe" oder "ich sage dir die ehe zu", so were das letzte eine ehe undt wurde der ersten zusage, welche aufs kunftig gestalt ist, furgezogen.
§ 4. Es were dan, das die erste zusage mit nachfolgendem beischlafen bestettigt were.
§ 5. Wan aber einer zweien die ehe zusaget mit stracken worten, die darzugehoren, so ist die ehe mit der, welcher die erste zusage [Seite: 233] geschehen ist, bindig undt die ander zusage unkreftig, er hette dan die ander beschlafen.
§ 6. Darumb wann einer ein weib hette undt zuge seiner gescheft oder in krieg wegk undt pliebe lange aus, also das die fraw meinet, das er gestorben were, undt befreiet sich mit einem andern, undt der erste man keme wider, so muß sie den andern man verlassen undt dem ersten beiwohnen. Undt so sie kinder mit dem andern man gezeuget hette, die muß derselbig mit sich nehmen undt behalten, undt sein dieselbige kinder auch ehelich.
§ 7. Wan vatter, mutter, bruder oder freunde einer ander person seinen son, dochter, bruder, schwester oder freunde zur ehe zusaget, das ist undt bindet gar nicht, wan der person will nicht selbs darzukommet, ob gleich eine peen bey der abrede der ehe gesatzt were; dann die ehe soll frey sein, darumb auch die peen nicht zu bezalen ist.
§ 8. Darumb sollen die eltern undt freunde hirinne vorsichtig sein, das sie ihre kinder undt freunde niemandt zur ehe zusagen, sie haben sie dan erstlich gefragt undt ihren willen erlangt.
§ 9. Dan wo einer einem andern also zusage thuet, undt sein kindt undt freundt will es nicht erfolgen, undt der ander nymet es unkosten wie viel geschicht, das zu lobelpier undt brauthaus eingekauft undt geschlachtet wirdet, so ist er ihme denselbigen unkosten zu erstatten schuldig.
§ 10. Aber ein man- undt weibsperson mogen sich vermoge der recht woll ohne ihrer eltern undt freunde rath undt willen verehelichen, wiewoll etliche geistliche dawider sein.
§ 11. Es mag einer in seinem todtbette ihme eine verehelichen lassen, undt die kinder, die er zuvor mit ihr gezeuget hat, werden dardurch geehlichet.
§ 12. Wan ein vatter seine dochter nicht vereheliget innerhalb 25 jahren, undt sie ubertritt dan in unzucht, so kan ihr der vatter ihr alimenta, das ist ihre underhaltung, undt geburende erbtheil nicht entziehen.
§ 13. Thuet sie es aber, ehe das sie 25 jahr alt ist, so mag ihr der vatter den braudtschatz weigern, aber ihren erbtheil kann er ihr nicht abschneiden.
§ 14. Wan einer eine vor eine junckfraw oder fromme widtwen nimmet, undt sie ist es nicht, der mag darumb die ehe nicht aufrufen. [Seite: 234] Also auch, wan einer eine nimmet undt meinet, sie sey reich, undt ist es nicht, so kan er auch darumb sich von ihr nit scheiden.
§ 15. Es sein allein zwey ding, darumb die ehe gescheiden wirdet; das eine ist der ehebruch, das aber ein ehegade sich unrecht hielte undt mit einem andern sich gesellete; so mag das ander sich durch die oberkeit von dem andern zu scheiden bitten, welchs dan auch geschicht; dan der ehebruch scheidet die ehe nach Gottes undt der menschen satzung.
§ 16. Es soll aber ein ehegade, wann es von dem andern die untrew, das es ihme seinen ehelichen glauben gebrochen hat, erfaret, sich nicht wider bey derselbigen begeben, mit ihme eheliche pflicht zu treiben. Dan wan das geschicht, so were die unthat vergeben undt konte darnach auf die scheidung der ehe nicht geclagt werden. Aber sunst mag eins das ander im haus leiden, mit ihme essen undt drincken undt gemeinschaft haben bis zu austragt der sachen; allein soll es nicht bey dem verbrechenden theil schlafen.
§ 17. Solchs hat auch statt, wann ein breutigam oder braut sich nicht recht haltet.
§ 18. Wan der man undt weibbilde brechen, so kann keins die scheidung bitten, sonder die unthaten werden jegeneinander uffgehoben.
§ 19. Wan zwey umb des ehebruchs willen gescheiden werden, so mag der unschuldige wider freien, aber der schuldige nicht.
§ 20. Das ander, darumb die ehe gescheiden wirdet, ist, wan ein man- oder weibsperson ungeschickt ist, seinem ehegaden die eheliche pflicht zu leisten, das ist, wan ein man oder weibsbilde nicht hette, das es eheliche wercke uben mochte; dann in diesem fall wirdet die ehe auch gescheiden, dan die ehe zu kinder zeugen undt vermehrung der welt im rath Gottes eingesatzt ist. Weme aber sunst ohne solchen [Seite: 235] augenscheinlichen mangel Gott keine kinder gipt, der soll gedult haben.
§ 21. Wan aber solcher augenscheinlicher mangel nicht verhanden ist undt sunst einem durch bose leut oder sunst angethan were, so muß man nicht baldt scheiden, sonder ein zeit lang gedult haben undt Gott umb besserung bitten.
Wan aber eins nach gehaptem beilager mit kranckheit oder sunst vordorben wurde, das es dem andern die eheliche pflicht nicht leisten konte, so wirdet darumb die ehe nicht gescheiden, dan keine kranckheit oder aussatz kan die ehe scheiden.
§ 22. Zur ehe mogen sich nemen zwey ledige man- undt weibspersonen, ausbescheiden nachfolgende:
Eltern undt kinder; bruder undt schwester; deines vatters undt mutter bruder undt schwestern; deines bruders undt schwester kinde; des verstorben bruders weib oder schwester man.
Diese obbeschrieben sein in Gottes wort verbotten, einander zur ehe zu nemen.
§ 23. Nachfolgende sein in Gottes wort undt keyserlichen beschrieben rechten zugelassen, einander zur ehe zu nemen, aber die geistliche rechte verbieten es; undt ist also viel jahr gehalten, daß sie zur ehe nicht sein gestattet worden, darumb es schir abscheulich worden, das zwei so nahe blutsverwanten sollen einander zur ehe nemen. Undt were auch noch gut, das sie sich des umb der gemeinen erbarkeit willen enthielten, dan sunst die welt groß undt leute gnug sein.
Bruder undt schwester kinder; bruder undt schwester kindts kinder.
Es haben sich aber etliche felle hie im furstenthumb zugetragen, das bruder oder schwester kindts kinder haben sich in unzucht zusamengesellet undt einander zur ehe begert; undt es ist zugelassen worden, damit nicht noch mehr sunde undt schande daraus erfolgte, undt hat man also under zweien bosen das beste geschehen lassen. [Seite: 236]
§ 1. Wo einer mißhandelt, doselbst mag er gestrafet werden, er gehore zu haus, wo er wolle.
§ 2. Wan auch einer an einem ort mißhandelte, so mag er an einem andern ort, wo er angetroffen wirdt, gestrafet werden.
§ 3. Wan kein kleger verhanden ist, so mag ihnen die oberkeit, wo er begriffen wirdet, von ampts wegen strafen.
§ 4. Wer aber einen will peinlich anclagen, der muß versicherung thun, das er seiner clage will folgen, und ob er die nicht ausfuret, dem beclagten umb zugefugten schimpf undt schaden antwurten.
§ 5. In peinlichen sachen mussen clare beweisung oder eigen bekantnussen verhanden sein, sunst soll man niemandt richten.
§ 6. Undt wo ein ding zweivelhaftig ist, do soll man allezeit das milter verstehen undt thun.
§ 7. Und ist viel besser, das man einen schuldigen ledig lasse, dan das man einen unschuldigen strafe.
§ 1. Es soll niemandt peinlich gefragt werden, man habe dan gnugsame vermutungen undt anzeigungen wider ihnen.
§ 2. Uff eines andern ubelthetters bekantnus, ob er gleich saget, das ihme ein ander zu seiner missethat geholfen hette, soll man keinen peinlich verhoren, es were dan andere mehr vermutungen wider denselbigen undt das die that also geschaffen were, das der bekenner zu derselbigen hette hilf bedurft undt gepraucht.
§ 3. Wan einer einmal peinlich ist verhort, so soll man ihnen nicht weiter verhoren, es were dan newe anzeigungen verhanden, die man zuvor nicht gewust hette, oder das einer hernach vor gericht oder sunst verleugnete, das er zuvor in der verhor bekant hat, dan in diesen fellen mag einer zum andern mal peinlich gefragt werden.
§ 4. Wan einer etwas bekennet undt die missethat nicht wißlich ist, ob sie geschehen sey, so soll ein fursichtiger richter an das ort schicken, do die bekante missethat soll geschehen sein, undt sich erkundigen. [Seite: 237] Befindet er dan, das die that nicht also, wie bekant, geschehen, so soll er den gefangen auf beschehen bekantnus nicht richten lassen, dan er es vieleicht aus marter mocht bekant haben, undt soll es dem gefangen furhalten, worumb er sich selbs belogen habe etc., undt weiter bericht von ihme nemen.
§ 5. Wann einer in der marter bekennet, so soll es ihme nach 24 stunden furgehalten undt gehoret werden, ob er der bekantnus gestendig sey. Darzu sollen auch leute undt gerichtschreiber genommen undt seine sage uffgezeicht werden.
§ 6. Dergleichen, wan er fur gericht gepracht wirdet, soll ihme seine bekantnus abermals furgelesen werden, undt so er der bekanten that gestendig ist, darauf erkennen undt ihme widerfaren lassen, was recht ist.
§ 7. Wurde er aber die bekante that vor gericht leugknen, so soll er wider eingefurt undt weiter befragt werden.
§ 1. Wer einen falschen aide schweret, dem sollen die zwey fordern finger, domit er geschworen hat, abgehawen werden.
§ 2. Dem gebotten fridtbrecher soll die rechte hande abgehawen werden.
§ 3. Wer einen fursetzlich todtschlaget, dem soll das haupt abgehawen werden.
§ 4. Wan aber einer eine nodtwehr thut, soll er ungestraft pleiben; ist auch des entleibten freunden keine soene oder abtrag zu thun schuldig, dan es mag einer sein leib undt gut vor gewalt woll schutzen.
§ 5. Dem strassenrauber das haupt ...[Seite: 238]
§ 6. Den dieb an galgen hencken, aber umb geringe diebstal mit ruten aushawen oder sunst milter strafen.
§ 7. Den morder, den kirchenbrecher mit dem rade richten.
§ 8. Den mortbrenner, die zauberer verbrennen.
§ 9. Die ihr eigen kinde erwurget, lebendig begraben oder, wie an etlichen ortern gepreuchlich, ertrencken.
§ 10. Wan ein eheman mit eins andern eheweibe die ehe bricht, dem soll das haupt abgehawen werden.
§ 11. Wan ein eheman die ehe mit einer ledigen menschen bricht, den mag man ein zeit lang verweisen oder umb gelt strafen.
§ 12. Wer falsche muntze machet, den verbrennet man.
§ 1. Einen beschwerten undt angefochten soll man nicht weiter beschweren undt leides thun; derhalben, so einer, der keine vernunft hat oder von sinnen kommen ist, einen entleibet, feur anstecket oder andern schaden thut, denselbigen soll man nicht darumb strafen, dan er ist vorhin gnug beschwert. Man soll aber solche leute also verwaren, das sie keinen schaden thun konnen. [Seite: 239]
§ 2. Es soll einer des andern mißhandlunge nicht entgelten; darumb traget auch der son des vatters missethat nicht, dan allein in dem laster der beleidigten maiestat muß er seins vatters umb solcher mißhandlung willen entgelten.
§ 3. Es ist kein mensch seiner glider herr undt mechtig; darumb kan keiner sein leben oder glid an seinem leib versprechen oder verwetten undt sagen, er wolle sein kopf, handt oder finger verloren haben, wan das oder jenes nicht also sey, oder er wolle sein leib undt leben, sein haupt oder hande darbey verwetten, wan das geschehe etc.
§ 4. Es kan keiner eines andern that versprechen oder zusagen; darumb, wan einer sagt, "Hans soll die zehen gulden schencken oder etwas anders thun etc.", solche zusage ist nichtig, undt der es sagt, auch von dem er es sagt, sein darzu unverpflichtet.
§ 5. Es kan sich niemandt zu unmoglichen dingen verpflichten, undt das heist nicht allein unmoglich, das einer nicht thun kan, als gen himel steigen oder bom aus der erden reissen undt molenstein allein uffboren etc., sonder auch, was wider Gott undt beschrieben recht undt gute sitten ist. Als wan einer zusagte, er wolte einen todtschlagen oder rauben oder stelen oder anders, das wider Gott, recht undt gute sitten ist, dasselbig ist keiner zu halten schuldig undt wirdet auch vor unmöglich von rechts wegen geachtet.
§ 6. Wer in einer sachen irret undt es nicht verstehet, der bewilliget nicht darein.
§ 7. Wer schweiget, der volwortet, solchs aber hat statt, wan es ihme zu gutem kommet.
Wan es ihme aber zu nachteil raichet, so heist es, wer schweiget, der bewilliget oder volwortet nicht.
§ 8. Wer ursach zum schaden gipt, der wirdet geachtet, das er selbs den schaden gethan habe.
§ 9. Was viel belangt, das soll von allen bewilliget werden; aber in gemeinem rath oder capittel schleust der mehrer teil. [Seite: 240]
§ 10. In gemeinen dingen kan keiner wider seins gesellen willen etwas thun; darumb, wan zwen ein haus oder gut samptlich haben, so kann es einer ohne des andern willen nicht vereussern noch bawen oder brechen etc.
§ 11. Undt ist desjenigen will, der etwas in gemeinem ding verbeut, furgenglicher, dan der es thun will.
§ 12. Wan einer zweierley mit dem wort oder zusaget, als wann einer saget, "ich will dir das pferdt oder 30 thaler geben", so ist in des willen, der die zusage gethan hat, welchs er thun wolle, das pferd oder die 30 thaler geben, undt nicht in des willen, dem die zusage geschehen ist.
§ 13. Wan einer aber einem zusaget, er wolle ihnen bezalen zu Braunschweig oder Hannover, so stehet bey demjennigen, dem die zusage geschehen ist, in welcher der beiden stette er die bezalung haben wolle.
§ 14. Der cleger soll des beclagten richter folgen; darumb, so einer aus der marck zu Brandenburg wolte einen im lande zu Luneburg mit recht beclagen, so muß er ihme vor seinen, des beclagten, richter in das landt zu Luneburg folgen undt vor demselbigen clagen; es were dan, das einer umb ligende guter clagen wolte, dan in diesem fall muß der beclagt vor dem richter antwurten, do die guter gelegen sein.
§ 15. Wan der cleger seine clage nicht beweiset, so soll der beclagt von der clage ledig erkant werden.
§ 16. Wan zwo partheyen vor gericht kommen, undt es ist im zweifel, wer recht habe, so soll man vor den beclagten erkennen undt ihnen ledig sprechen.
§ 17. Wan auch zwen umb ein gut sprechen undt haben beide gleiche sachen, so pleibet derjenige bey dem gut, der es in besitz hat; als wan zwen ein gut gekauft hetten, so hat der den vorzug undt bestes recht, welcher das gut in besitz bekommen hat. [Seite: 241]
§ 18. Es mag einer durch einen andern thun, was er selbs thun kan; darumb mag einer durch einen andern kaufen, verkaufen, mieten, vermieten, im rechten handeln etc.
§ 19. Was einer durch einen andern thut, das ist gleich, als wan er es selbs thette.
§ 20. Darumb so einer durch einen andern den andern aus seinem besitz entsetzet oder todtschluge oder anders thette, were es gleich so viel, als wan er es selbs thette.
§ 21. Wan auch einer etwas in meinem namen thette, ob ich gleich nichts darvon wuste, so kan ich dasselbig darnach genem haben undt ratificiren, undt ist gleich so viel, als hette ich es ihme befolen.
§ 22. Wer einem glauben nicht halt, demselbigen ist man widerzuhalten nicht schuldig, ob sich gleich einer mit dem eide darzu verpflichtet hette.
§ 23. Solchs hat aber nicht statt in ehebruch, dan ob gleich eines der ehegaden die ehe undt also seine trewe undt glauben bricht, so ist darumb dem andern nicht erlaubt, auch dergleichen zu thun undt seinen glauben auch nicht zu halten, dan solchs were sunde undt wider Gott; darumb hat berurte regel in diesem fall nicht statt.
§ 24. Ohne besitz kann keine verjerung geschehen.
§ 25. Der besitz, als zur verjerung gehort, muß nicht underbrochen oder verhindert, sonder geruwig sein die zeit uber, die zur verjarung notig ist.
§ 26. Der ein gut mit bosem glauben bekommen undt besitzet, der kan es nicht verjeren.
§ 27. Undt besitzet derjennige ein gut mit bosem glauben, welcher es kaufet wider ordnung der rechte, oder uber das es derjenige, dem es gehoret, widerspricht, oder der den verkaufer mit list darzu bewogen hat, oder der es wissentlich von dem kaufet, der es nicht hat zu [Seite: 242] verkaufen gehapt, als von einem tollen oder jungen under 14 jahren oder von einem unrechten vormunder oder andern dergleichen etc.
§ 28. In peinlichen sachen, die nicht dar undt gnugsam bewiesen sein, soll man den miltern wege furnemen, dan es ist besser, das man einen schuldigen ungestraft lasse, dan das man einen unschuldigen strafe.
§ 29. Wan aber die ubelthat offenbar, bekant oder bewiesen ist, so soll sie gestraft werden; dan Gott hat der oberkeit das schwert gegeben undt befolen, dasselbig zu straf des bosen undt schutz undt handthabung des guten zu geprauchen, undt spricht selbs zur oberkeit: "Du solt den ubelthetter nicht leben lassen auf erden, oder ich will sein blut von deinen henden fordern." Item: "Verflucht sey der mensche, der sein schwert nicht auszeucht zu strafe des bosen".