Badische Hofgerichtsordnung 1509 :: Transkription Speer 2010 / 2016

Badische Hofgerichtsordnung 1509 :: Transkription Speer 2010 / 2016

Inhaltsverzeichnis

Editorial

Quelle: Rudolf Carlebach, Badische Rechtsgeschichte. I. Das ausgehende Mittelalter und die Rezeption des römischen Rechts unter Mitteilung der wichtigeren bisher ungedruckten Landesordnungen (Landrechte). Heidelberg 1906. S. 118 - 134. Transkription: Heino Speer Mai 2013. Aktualisierung 13. Mai 2016
Faksimile Deutsches Rechtswörterbuch
[Seite 118]

[Vorrede]

[Faksimile S. 118] Unser Cristofs, von Gottes gnaden margrave zu Baden und Hochberg, grave zu Spanheim, herr zu Rateln und zu Susemburg, satzungen, ordnungen und statuten unsers hofgerichts, die wir unsern richtern und rethen auch allen und jedem unsern amptleiten und herschaften auch allen andern, uns sonst von wegen unser furstlichen und hohen oberkait underworfen, und den spenen, so an demselben unserm hofgericht gerichtlich handlin werden, bevelhen und gepieten hinfur (bis auf unser oder unser erben widerrufen und änderung) zu halten, darauf zu urtheilen und der irs inhalts zu leben, die wir also ernewert und gesetzt haben anzaigende uf Sanct Martinus des heiligen bischofstag nechstkompt.

[§ 1] [Zeit, Ort und Besetzung des Gerichts.]

Erstlich so wollen wir, daß unser hofgericht hinfür eins jeden jars drei male, nämlichen das erst in der wochen nach dem sontag Quasimodogeniti, das ander in der wochen nach Bartholomei Apostoli, das drit in der wochen nach der hailigen Dreier Königtag allweg zu tagen, die wir in unserm usschreiben benennen, gehalten werden sollen.

Dasselb unser hofgericht soll mit einem richter und rethen besetz werden in einer zale, daß mit dem richter under sieben personen nit seien, und gehalten werden an enden unsers fürstenthumbs, dahin wirs beschaiden werden.[Faksimile S. 119]

[§ 2] Mit was form und wie die appellation geschehen soll.

Item welcher sich von einer urtheil an unser hofgericht berufen will, der mag das thon nach eröffnung der urtheil in gegenwürtigkait des gerichts, zuvor und ehe das ufstet, mit lebendiger stime und sich gebrauchen in der wirdigkait der wort „Ich bin der urtail beschwert und beruf mich davon für mein gnedigen heren und seiner gnaden hofgericht und bitt und begere an euch, stabhalter und urtelsprecher, ir wollet mir diser meiner berufung brief und urkundt geben". Ob aber ainer hernach, so das gericht ufgestanden, an rat funde, daß er beschwerdt wer, so lassen wir zu, daß er sich in zehen tagen nach eröffnung der urtail oder von der zeit seines erfarens, so er die urtail vormals nit gehört oder gewußt hete, vor dem gericht oder richter, davon er appellieren würde, in schriften oder nach gewonlich herbrachter übung vor einem bekanten notarien und gezeugen berufen und appellieren mege; doch daß soll ich berufen geschehe in geschrift und darüber ufgericht werde ein instrument. Und wan die appellation jetztgemelter massen in schriften vor notarien und gezugen geschieht, so soll der appellant die innerhalb dreissig tagen (anzurechnen von dem tag beschehener appellation) dem stabhalter der gericht oder seinem verweser verkünden und von im begeren appostelurkund und urtailbrief. Des gleichen wa in abwesen des appellaten oder seines anwaldts appelliert, soll dem appellaten die gethon appellation, deren verkündung dem richter beschehen und wo derselb der appellation deferirt oder statt gethon hett, verkündet werden nach form des rechtens.

[§ 3]

Item in fellen, so die hernach von einer vor- oder beiurtail an den undergerichten zu appelliren zugelassen ist, soll dieselb appellation allweg geschehen schriftlich und nit mundtlich und mit inhaltung und sonderlicher meldung der ursach seiner beschwerden und mit begerung der apposteln und verkundtsbriefe vom richter, auch verkündungen dem richter und den widerpartheien, wie in nechsten articuln vormals begriffen ist. [Faksimile S. 120]

[§ 4] Vom anbringen der appellation.

Item ein jede appellation, so die in obgeschribner maß beschicht, soll von den appellanten oder seinem gewalthaber inerhalb dreissig tagen, als sie geschehen ist, anbracht und verkundt werden in unser cantzlei und daselbs ufgezaichtnet werden, uf welchen tag solchs anbrangen geschehen sei.

[§ 5] In was sachen die appellation zugelassen ist.

Item es soll an unserm hofgericht kain appellation angenomen, noch rechtlich verhört werden, es sei dann daß die hauptsach darumb were zehn pfund penning oder darüber; und ob zwischen partheien der sum und tax halben spenen entstaun, soll sein zu dem aide des appellanten, wie er sein ansprach in dem ersten gerichtzwang achtet unnd taxiert. Doch so sollen in disem unsern gesatze nit begriffen sein sachen und hindele, die er oder stende zinß gulten antreffende, und mag derhalben an unser hofgericht wol appelliert werden unangesehen, ob es die sum erreicht. Aber von urtail, damit uns frefeln, busen nach lut unser landsordnung zuerkannt werden, soll nit mögen appelliert werden; doch was abtrag, busen oder straven herrürt userthalb freveln inhalt gemelter landsordnung, so uns zu- oder aberkannt würden, die nit den leib, glieder oder peinlich strafen inhaltend, davon mag wol appelliert werden, doch nit witer, dann fur unser hofgericht.

[§ 6]

Wie wol nun unser mainung, wie obstat, nit ist, daß einich appellationsachen, da die hauptsum under zehen pfund ist, an unserm hofgericht gehordt werden sollen, so lassen wir doch zu, daß in allen sachen, da die hauptsach fünf pfund oder darüber ist, an uns appelliert werden möge nach form und inhalt diser unser ordnung und, wan solchs appellation beschehen und in unser cantzlei anpracht wurde, so sollen und wollen uf der appellanten ansuchen wir oder unser stathalter bestimpte appellation, so fünf pfund oder darüber und doch die zehen nit ergriffen megen, zu rechtlichem entscheide und ustrag bevelhen und conmittieren usserthalb unsers hofgerichts in die empter, dannen appellation beschehen wer; wollen doch [Faksimile S. 121] gehapt haben, daß von solch unser commissarien spruch weiter nit appelliert.

[§ 7]

Item es soll an den undergerichten von keiner vor- oder beiurtheil, die die endurtheil nit uf ir tregt, oder der beschwerung durch die appellation, so von der endurthail beschicht, widerbracht werden mag, nach form des kaiserlichen rechten nit appelliert, noch an unserm hofgericht gehert und im selben falle die partheien wider an das undergericht gewisen und der appellant in costen verdampt werden.

[§ 8]

Wann auch von ainer beiurtheil an unsern undergerichten appelliert wurde, sover dann den unterrichter bedunckt, daß die frevlich oder unnotturftigliche, [so] mag er der appellation nit deferiren oder stat geben, sondern in der sachen volfaren, so lang und bis im von uns oder unserm hofgericht inhibits- und verpotsbrief zukomen —, doch so soll derselb underrichter, sover und ehe er der appellation nit stat geben will, uf beschehen begerung der appostel geben abschlegig, zu latin refutationes genant.

[§ 9] Vom gerichtshandel den undergerichten ufzuschreiben:

Item es sollen von den undergerichten uf begeren der partheien eins oder baider theils in sachen, davon an unser hofgericht appelliert wurdt, urtheilbrief uf costen der partheien, furtrege, clag, antwurt, wider- und nachreden, auch ingelegt briefe oder schriften und gefürte kuntschaften, auch anzaige gethaner appellation, tagszeit und form und, wie vor inen beschehen und was darauf zu antwurt gefallen sei, [ufgeschrieben] und solich gerichthindel mit fleisig besicherung des gerichts under irem oder eins amptmans daselbst sigel den begerenden partheien uf iren zimlichen schreibercosten geben werden. Ob aber ein urtail gienge, da kain schreiber were, sollen zwei von demselbigen gericht an ir obergericht unverzogenlich, weil sie die furtreg noch in frischer gedechtnus haben, geschickt werden, da sie einen schreiber finden, daselbs die sachen in vorgerüter maß ufzuschreiben und zu fertigen, doch nit zu versiglin, es haben dan andere ir mitrichtere die zuvor auch gehert und zu gelassen. Denselben zwaien richteren [Faksimile S. 122] soll dann der, der urtails-brief haben will, ir zimliches zu dem schreiber lon (der soll auch zimlich genommen und gehalten werden) ußrichten.

[§ 10]

Wo auch das undergericht uf ansinnen des appellaten die gerichtsacta, vor inen ergangen, zu geben weigern oder verzug und verbiegung thon würde, darmit dan die appellation ir formalien halb und sonst der fürderlich gerechtfertigt und auch in der hauptsach procediert werden möge, so lassen wir umb fürderung willen der sach zu: sover die appellation innerhalb dreissig tagen, wie obsteet, in unser cantzlei anbracht ist, daß alsdann us unser cantzlei wider dasselbs undergericht compulsoriales und zwangsbriefe bei einer nemlichen pene zehen pfund pfening, uns zu straf von den ungehorsamen zu bezalen, geben werden mögen, unangesehen ob wol in der appellationsach noch kain gerichtstag gehalten were, mit beheltnis uf begarung der ungehorsamen unser weiter straf nach gepüre. Es sollen sich auch die undergericht zum hechsten fleissen, die gerichtshindele, vor inen ergangen, mit meldung der appellation, sover die vor inen beschehen were, mit lauter und volkumen begreifung der parteien furtreg, allen inbrachten briefen, verhörung der zeugen und ergangen reden recht zu verfassen, damit durch sollich mingel, als an unserm hofgericht oftmals zu schaden der partheien hievor begegnet ist, die sachen nit gelingert und die parthei zu kosten gebracht werde. Dann wa unser hofrichter des säumnis an undergerichten befindet, soll er den partheien, die des schaden leiden würden, von den undergerichten zur billichen kerung des costens und schadens verhelfen.

[§ 11] Von Vertagung an unser hofgericht.

Item uf daß die sach gefürdert und hofrichter und rhete nit unnotturftiglich ufgehalten werden, so sollen hinfür all parteien, so an unser hofgericht vertagt werden, zu früwer tagzeit erscheinen, das ist nimlich zu somerszeiten zu sechs uren und zu windters zeiten zu siben uren, alsdan vor hofrichter und rethen zu erscheinen. Welche parthei aber uf dieselb zeit und stund nit gegenwurtig wer, so die nach dem register der tagsatzung beruft wurdet und irs usbleibens nit redlich ursach fürbrechte, die soll uns zu straf verfallen [Faksimile S. 123] sein ein ort eins guldens und nichts destominder der ungehorsam gehalten werden, wie nachvolgt.

[§ 12]

Item die vertagungen an unser hofgericht sollen mit schlichten offnen tagzedeln wie bisher usgen und baiden parteien under augen, wo man die gehaben möge, oder in die gewonlich wonungen zugeschickt werden; doch in kaiserlichen oder küniglichen commissionsachen soll es auch, wie bisher, gehalten werden nach forme des rechtens.

[§ 13]

Item in ansehung daß unser hofgericht haltung verzüglich und us fürgefallen gescheften etwan fürgeschoben werden möchte, damit dann die partheien fürderlichen ustrag erlangen, so sollen in allen appellationsachen nit mehr dann zwei vertagungen usgeen, deren die ander peremptorie sei und darin usgetruckt werden soll, es wer dann daß richter und rethe nach gestalt der sachen bedeucht, weiter vertagung usgen zu lassen; das soll mit dieser satzung unbenommen sein.

[§ 14]

Item zu veroffnung der endurteile oder, die kraft einer urtheil haben, soll ein jede vertagung peremptorie beschen, baiden parteien under augen oder in ir gewonliche wonung, wie obstet, durch geschworen boten oder in ander glaublich und bewerlich weiß verkundt werden.

[§ 15] Wie uf ungehorsamkait vor unserm hofgericht procediert werden soll.

Item die so der partheien für unser hofgericht werden vertagt und ainiche parthei ungehorsam were und rechtlich nit erschine, so soll als dann uf erforderung und anrufen des gehorsamen theils fürgangen und procediert werden nach des rechten und gestalt einer jeden ungehorsamei und gelegenhait der sach.

[§ 16]

Item ob uf die erste tagsatzung einich parthei ungehorsam ausbleibe, also daß sie zu bestimpten tag und stund nit herscheinen were, sover dann desselb usbleibent theil (zu der andern tagsatzung in recht) [Faksimile S. 124] nit erscheint redlich ursach und ehehafte seines usbleibens, so soll er schuldig sein, dem gegenthail zuvor und, ee weiter in der sachen volfaren werde, seinen costen und schaden, der ersten tagsatzung halb gelitten, nach messigung unser hofrichter und rethe abzulegen und zu bekeren.

[§ 17]

Item wo ein appellant in ungehorsamei seines widertails zu procedieren zugelassen würdet, so soll er zuerst unser hofrichter und rethe usgegangener tagsatzung und daruf der formalien seiner gethan appellation underrichten und die beweislich darthon und darnach in den beschwerungen und hauptsach gehort werden.

[§ 18]

Item ein jeder appellat mag aber, will er in endlichen ungehorsame seines widertheils procedieren, uf die defertion der appellation, dass die gefallen, und zur gründung des gerichtszwangs die formalien der appellation beibringen und daruf die behalten urtheil zu confirmieren und befestigen begeren.

[§ 19] Von gewalt zu recht.

Item so ordnen und setzen wir: welcher einem andern sein gewalt, für ine an unserm hofgericht zu erscheinen, geben würdet, daß er in solchem gewalt uns oder unser hofgericht als richter, sich selbs, seinen widerparthei und auch den gewalthaber, jeglichen mit seinem namen, die sach, darumb taggesetzt ist, bestimmen soll mit versprechens, „was der gewalthaber von seinen wegen in recht thun und lassen werde, daß er das stete und vest halten und dem nachkomen wolle, wie recht seie", und daß solch gewalt von einem edelman under seinem oder eins andern glaubhaftigen edelman insigel oder in ander weise, die im recht glaubhaftig sein, und von einem bürgerman under eins raths, gerichts, prelaten, edelmans oder amptmans insigel oder auch in anderweise dem rechten gemeß usgangen.

[§ 20]

Item so einer seine gewalt vor unserm hofgericht übergeben will, so soll der richter den fragen, in welcher sach er gewalt geben wolle und so, das von ime zu erkunnen geben würdet, so soll der richter im lassen vorlesen die form des gewalts also lutendt: [Faksimile S. 125] „Du gibst N. deinen vollen gewalt in der aller besten form, die sach im rechten zu handlin zu gewin, verlust und zu allem rechten und demselben nachzukumen, wie recht ist, auch den aid für geverde und einen jeden zimlichen eide, der vom richter ufgelegt würde, in dem falle zu schweren in obberüter sachen: das alles gelobst du an stabe ungeverlich".

Und so das beschicht, soll von unserm hofgerichtschreiber solchs gewaltsgebung actis vermerkt werden.

[§ 21] Wie in der appellation sachen, so baide parteien erscheinen, soll procediert werden.

Item sover die parteien erscheinen durch sich selbs oder ir anwelde, so soll der appellant anfenglich seiner gethon appellation formalien in recht beweisen, es wer dan daß der widertheil in seiner gethonen appellation gestindig oder die nit anfechten wolt.

[§ 22]

Item so das beschicht, würdet dann der appellation für tauglich herkennt oder vom widertheil nit angefochten, so sollen nach herkumen und brauch unsers hofgerichts die appostel und urkundbrief auch die gerichtsakten der ersten instantz, wo die gegeben weren, vor allen reden verlesen werden.

[§ 23]

Item dann im falle, so von einer vor- oder beiurthail oder beschwerde appelliert ist, so soll der appellant seine appellation, wie die in schriften mit inserierung der ursachen der beschwerden versehen und verfaßt ist, anstat der klag widerumb anziehen und darauf begeren zu erkennen „daß übel gehandelt oder geurtailt und wol appelliert sei"; wo aber von einer endurtail appelliert ist, so soll der appellant nach vorlesung der gerichtsacten, wo er die han möge, seine beschwerungen und clag müntlich oder in schriften fürbringen mit begeren zu erkenen „daß übel gesprochen und wol appelliert sei"; doch [wenn] von einer urtheil, damit der appellat ledig erkannt were, appelliert worden, mag der appellant begeren „zu urthailn laut seiner begerung in der ersten gerichts übung". [Faksimile S. 126]

[§ 24]

Item nachdem mag der appellat darauf sein antwurt geben oder uszuge thun.

[§ 25]

Item dargegen mag der appellant replicieren und der appellat sein duplic und jeder teil darauf noch ein red und nit mehr thun, also daß allweg in einer jeden sach, dar über man urthail sprechen soll, es sei in bei- oder endurtail, zum selben mal nit über [drei] reden von jedem teil geschehen, darin die parteien inbringen sollen und mögen, was inen not ist —, es wer dan daß richter und reth us redlichen ursachen sollichs mit urthail zuliessen.

[§ 26]

Item begebe sich aber, daß einich parthei icht neuwers fürbringen oder beweisen wolt durch briefen, schriften oder in ander rechtmessig wege, das in der ersten instants nit fürbracht oder gnugsamlich bewiesen were, das soll nit abgeschlagen, sonder zugelassen und gehort werden; doch wo unsere hofrichter und rethe amptshalb bedeucht oder die widerparthei vermeinen wolt, daß es zu geverlicher verlengerung des kriegs geschehe, mögen dieselbe unser hofrichter und rethe derselben partheien ufflegen, sich des mit dem eid zu benemen. Doch ob einich partheie uf punkten oder artickel oder derselben starken widersein, darumb vormals in erster instans auch zeugen wie recht gefürt und geöffnet worden durch nuw und ander zeugen, so in der ersten instants und gerichtsübung nit gehordt weren, beweisung thun wolte, die sollen nit zugelassen oder gehert werden — es were dann, daß richter und rethen nach art und gestalt der sachen ein anders recht bedeucht. Und so die partheien obgemelter maßen ichts news zu beweisen oder fürzubringen zugelassen werden, soll es damithin gehalten werden, wie die in dem articul hernach von verherung der zeugen begriffen.

[§ 27]

Item so hinfür von einem oder beiden theilen der eide für geverde, zu latin juramentum calumniae genant, an unserm hofgericht, es sei in erster instantz alda hangend oder appellation sachen, gesonnen würde, sollen die partheien den schweren und, wo sich der cleger des weigert, so ist er seiner clag verlustig, widert sich aber der antwurter, so ist er dem cleger laut seiner clag verfallen.

[§ 28]

Und sindt diß die artickel, so der eid für geverde inhelt:

[§ 29]

Item wann also die partheien ir fürbringen im recht, wie obstat, gethun und mit obgemelten dreien reden beschlossen haben, sover sie nichts newers zu beweisen haben oder darzu nit zugelassen werden, wo dann von einer vor- oder bei-urthail oder beschwernis appelliert ist, wurde dan gesprochen, „wolgehandlet oder geurthailt", so soll die hauptsach wider für den underrichter gewisen und daselbst in recht darauf vollfaren werden, [sofern aber über ein endurteil] gehandelt were, so soll die sach an unserm hofgericht beleiben und daselbs geendet werden.

[§ 30] Von verherung der zeugen und anbringung ander bewerung.

Item so hinfür einicher partheien an unserm hofgericht es sei in erster instants oder appellation sachen durch zeugen bewerung zu thun zugelassen würdet, so soll dieselb parthei uf gesinen der widerpartheien die sach und meinungen seiner beweisung artickelsweise mündtlich oder schriftlich angeben, darus zuvor zu sehen, was er beweisen will. Beducht dann unserm hofrichter und rethen oder herfunde sich durch anfechtung des widertheils, daß sollich artickel undeutlich und unfürtreglich weren, so soll sollich beweisung zu beschwerung des anderin theils nit zugelassen werden. Beheltlich so die artickel nit verworfen werden, [so soll] dem widertheil sein fragstück, darauf, nach dem aber nach gebrauch unsers hofgerichts merentheils zu verherung der zeugen commissarien gegeben werden. Haben die [Faksimile S. 128] partheien übergebung der artickel und fragstück vor hofrichter und rethen gegeneinander gesinnung, so mögen sie sollich artickel und fragstück dem commissarien übergeben mit beheltnus der inrede der undienstlichkait nach eröffnung der zeugen sage.

[§ 31]

Die Zeugen, so für unser hofrichter oder gegeben commissarien gestelt werden, sollen nach geschrieben eid schweren:

„Ir werden ewer traw geben und darauf schweren einen eid leiplich zu Got und den Hailigen, eine lautere volkomene warhait zu sagen mir dem richter oder commissarien, darzu geordnet, was kundt und wissen sei von den stucken in der sach, darumb dieser krieg ist, und darunder kain warhait und falschheit zu mischen und auch darin nit irren oder bewegen lassen nutz, freuntschaft, gunst, neid, gab, forcht, oder einich ander sach, wie die erdacht werden möchten, dan allein zusagen die warhait und dem rechten zu hilf."

Und wan im also der eid mit erinnerung der schweren übelthat und hohen strafen des meineides vorsagt wurdt, also dan sollen sie ir trew geben und darauf ufgeben und mit den worten inen vorgesagt werden, wie sie ir trew geben haben, und mit worten beschieden sein, daß sie dem nachkumen und das ware und stete halten wollen getreulich und ungeverlich, also bitten sie zum Gott, zu helfen und das hailig evangelium.

Es soll auch kainem zeugen diser eid one baider partheien bewilligen erlassen werden und daruf alle gezeugen insonderhait und alle ainer nach der andern in abwesen der partheien und ander zeugen und nit offentlich gehert werden, des gleichen der zeuge gefragt werden umb stand der sachen als statt, zeit und ursach seins wissens, wie sich nach gestalt der sach und was und wie dem verherer nach seiner beschaidenheit und vernunft im rechten dienstlich und notturftig bedeucht. Und damit die commissarien in verherung irer zeugnisse diser unser ordnung sich gemeß zu halten wissen, haben wir zu ende diser ordnung einen begriff thun setzen „form und maß der commission"; der gleich form sich ein jeder commissarius halten soll; und wo das nit geschehe, soll sein verhörung von unwerd sein.

[§ 32]

Item es sollen zu fürung die zugen nit mehr dann ain schub (dilation) gegeben werden, es wer dann daß eehaft ursach und [Faksimile S. 129] verhinderung in recht bestendig fürgebracht würde, daß richter und rathe billich gedücht, mer schub zu geben.

[§ 33]

Item nach öffnung der zeugen sag, so solls beiden theilen darnach auf die artickel, darumb kundtschaft gefürt ist, oder dem starken widersein derselben articul weiter zeugschaft zu leiten außers nit zugelassen werden, es were dann, daß richter und rath nach art und gestalt einer sach ein anders rechts bedeuch.

Und ob einicher theil nach öffnung und verherung der gezeugniß begerte [von] des andern theils kuntschaften abschriften oder copeien, damit er sein einred schriftlich oder mündtlich dester baß thon möge, so sollen im die uf sein costen gegeben werden.

Es soll auch jedem theil nach öffnung und verherung der gezeugniß sein zu- und inred in die personen der zeugen und ersagt, wie recht, zuthun behalten sein; und in demselben zu- und inreden jede parthei nit mehr dann zwei reden thun, damit auch baide partheien in der sach befleissen sollen, es wer dann daß richter und rethe einich partheien halb not bedeucht inen weither zuzulassen; das doch one merglich ursacht und rechtlich herkantnuß nit geschehe, so soll er doch über die drit red zuthun nit zugelassen werden. Wan auch die zeugen im ersten gerichtgang nit haimlich und einich, sonder offentlich oder samentlich oder, daß sie allein glaubet geben und nit den eid darzu geschworen heten, verhört worden weren und sollichs daselbst von den partheien geduldet und unangefochten bleiben, so soll sollich anfechtung wider die verhöre egerürter ursachen halb an unserm hofgericht nit mehr statt haben.

[§ 34] So schüb und tag begert würdet.

Item ob ainich parthei im rechten unserer hofgericht weither tag und schub begeren würde, es sei in der ersten instantz oder appellationsach, so mag ein hofgericht nach gestalt einer jeden sach, wie recht, sollichs erkennen; doch fürkomen lengung ursach, wo es richter und reth für not ansehe, daß dan dieselb parthei zuvor globe und swere, daß sie sollich schub und tag us irer notturft und [nit] zu lengerung der sach oder seiner gegenparthei mit geverdt und zutreiben begere. [Faksimile S. 130]

[§ 35]

Item zu fürderung der gerichtübung und die sachen des kriegs zu bekürtzen, sollen all und jede schub und tag, die nach befestigung des kriegs und vor endlichem beschlus und rechtsatz mit recht erkannt und zugelassen werden, peremptorie und endtlich sein, es würden dann rechtlich und ehaft ursachen und verhinderung fürbracht, die hofrichter und rethe bewegeten, weiter schub zu geben.

[§ 36] Von costen und scheden in appellation sachen.

Item wan der appellierer seiner appellation vorm hofgericht verlustig würdet, so soll er dem widertheil, der vormals ein behalten urthail gehabt hete, sein costen und schaden ablegen; würde aber der appellierer sein appellation vorm hofgericht behalten, ist er seinem widertheil, [welche der] gehapt hot umb costen und schaden der appellation halb gelitten, nichts schuldig. Doch so ist richtern und rethen vorbehalten, nach gestalt einer jeden sach umb den costen mit gebürlicher vergleichung desselben insehens zu han.

[§ 37] Wie es der hofgerichtschreiber halten soll.

Item der hofgerichtschreiber soll bei seinem geschwornen eid seinem ampt getrewlich vorsein mit ufschreiben, lesen und anderm, auch brief und anders, so in gericht brauch wurdet, getrewlich verwaren und die ratschlege der hofrichter und rethe one gehaiß derselben nit öffnen, auch kainer parthei wider die ander rathen und warnen umb kainerlei sach willen, darzu kain geschrift den partheien hinus geben on erlaubt deren, die es macht haben, und in der tax der briefe sich zimlich halten und niemand übernemen und in sonderhait bei seinem geschwornen eid einem jeden appellanten, so der urthelsbrif nimpt, an der gepürlichen tax solchs urtheilbriefs das gelt, so er in anbringung seiner appellation ingelegt (das ist nemlich ein gulden in sachen, da die hauptsach fünfzig gülden oder darunder, und, da die über fünfzig lauft, zwein gulden und nit darunder) widerumb abziehen und urtheilbrief bei obgemeltem eid darumb nit dester höher taxiren.[Faksimile S. 131]

[§ 38] Von fürsprechern und irem eid.

Item ist geordnet, daß die partheien allweg bei unserm hofgericht finden drei oder vir geschworen geordnete fürsprechen, die, und so dick sich ein änderung oder ersatzung mit fürsprecher begibt, schweren sollen den nachvolgenden eid „daß er, der fürsprech, die parthei, deren er sich irer sach annempt zu handeln, mit gantzen und rechten trawen meinen und sollich sach im rechten nach seiner besten verstandtnuß seiner parthei zu gut fürbringen und handlin und darin kainerlei falsch noch unrecht wissentlich brauchen wolle oder geverlich schub zu verlengerung der sach suchen, das die parthei zu thun im nit underweiset; auch mit der parthei keinerlei vorgedinge oder fürwort machen, im von der sach, der er in rechten redner ist, zu haben oder zu warten; auch haimlichent und gehelf, so sie von den partheien empfangen [zur] underrichtung der sachen, von ine selbs mercken werden, seiner parthei zu schaden niemands offenbaren; und vor gericht erbarkeit gebrauchen darzu auch die partheien über den soldt oder lone, der ime nach unserer ordnung gepürt, mit merung oder anderm geding nit beschweren oder erhöhen wölle und, ob solds oder lons halb zwüschen ime und ainich parthei irung entstünde, desselben zu bescheiden bei beschaid unsers hofrichters oder, wem der hofrichter us den rethen das bewillich; daß er auch der angenomenen sach sich on redlich ursach nit entschlagen, sonder iren partheien bis zu end des rechten handlen wöllen."

[§ 39]

Item welcher fürsprech sich einer sach annempt zu reden oder zuraten, der soll in derselben sach dem widertheil zu raten, zu reden oder ainichen beistand zu thun, nit zugelassen werden.

[§ 40]

Item es soll kain parthei mer dan einen der geschworen fürsprechen ufnemen oder bestellen, es wer dann daß die ein parthei einen frembden fürsprechen mit brächte. So mag die ander parthei der geschworenen fürsprechen, sovil ir geliebt, bestellen und annemen.

[§ 41]

Item es soll hinfür kain fürsprech einich parthei in ir sach rathen; [Faksimile S. 132] dieselb, die ine umb rath suchet, wolle dann ine zu fürsprech in der sache brauchen.

[§ 42]

Item uf daß niemand armut halb rechtlos gelassen werden, so soll unser hofrichter, so je zu zeiten sein würdet, die sachen der armen, die ir armut mit irem eid, ob der gesonnen würdet, beschweren, den fürsprechen bevehlen, ine one sold zu reden; und welchen redner sollich sachen vom richter empfalhen werden, der soll bei entsetzung seines ampts schuldig und pflichtlich sein, die sachen one widerreden anzunemen. Doch ob sollicher armenlut sachen mer dann ein weren oder wurden, die soll der richter gleich under die redner teilen.

[§ 43]

Weither ist geordnet, ob imands in appellation sachen ein frembden redner mit im brechte, der soll vor unserm hofgericht zu reden zugelassen werden, doch also mit dem underschid: damit die geschwornen fursprechen demselben hofgericht nit vergebentz ufwarten bederfen, hette dan die parthei, so solch frembde fursprech brechte, dieselben zuvor und, ee sie an das ende, da unser hofgericht gehalten würdet, komen, bestellt, so soll [sie] zuvor und, eh sie in recht zugelassen würdet, den halben gesetzten fürsprechen-lone zu gemeinem gericht under geordnete fürsprechen bezalen; wa aber die parthei solchs fürsprechen zuvor und, ee sie an das ende, da unser hofgericht gehalten würdt, [käme,] nit bestelt und in erst daselbst angenomen, so soll die in recht nit zugelassen werden, sie hab dann zuvor bezalt und ußgericht den gesetzten fürsprechen-lon, nemlich fünf schilling, die dan fürter die geordneten in gemain under sich gleich theilen sollen.

[§ 44]

Item nachdem zu unserm hofgericht drei oder vier fürsprechen bestelt, die auch dem aufzuwarten bei irem geschwornen eid verbunden sind, uf daß sie dann solchs deßbaß gethon und einer vor dem andern destweniger vortheils, sonder all umb ir wartung, müh und arbait zimliche nissung und belonung haben mögen, so sollen dieselben geschwornen fürsprechen jeder des halb theil der fünf schilling pfening irer gemainen gesetzten belonung von allen sachen, die in unser hofgericht vertagt, darin sie zu fürsprechen gebraucht, legen in ein gemaine buch und den allweg zu usgang jedes hofgerichts [Faksimile S. 133] daselb gelt under sich gemainlich und gleich theilen; und das ander halb theil des gesetzten lons oder, ob und was die partheien inen über den gesetzten lon weither geben, soll und mag ir jeder von den sachen, darin er geredet hett, für sichs selbs allein behalten.

[§ 45]

Item der fürsprechen lone soll sein von einer gemainen sach fünf schilling pfennig; aber sachen, da uf anzaige der redner unsern hofrichter bedeuch, daß ein fürsprech meren lone verdient hete, soll sich ein jeder fürsprech lassen begnügen des lons, wie ime der hofrichter über vorgemelt summe schepfet —, darmit nemandt übersetzt werde.

[§ 46] Form der comission, davon vorgemelt.

Wir Cristof etc. entpieten N. unser gnad und thun dir kundt: Als von unser hofrichtern und rethen zwischen N. an einem und N. anders theils in der rechtverfertigung, damit sie vor unserm hofgericht in recht hangend und verfaßt sind, jüngst ein urtheil gangen ist, die lut abschaids, deshalb ußgangen, bemelten N. seinem begeren und erpitten nach zulasst, durch zeugen etwas bewerung zu thun, haben die gemelten unsere hofrichter und reth uf begeren und bewilligen der partheien dich zu commissarien verordnet und gegeben. Demnach bevehlen wir dir, mit ernst, daß du baide partheien und die zeugen, so dir von genantem benent werden, uf einen benanten tag für dich mitierest und heischest und in gegenwürtigkait der partheien oder irer anwelde oder, ob eine ungehorsam ußbleibt, die zeugen dir geloben und schweren, sie auch des one der partheien willen und gefallen nit erlassest, „uf die articul und fragstuck, so dir die partheien überantwurten und die du inen fürhalten würdest, kuntschaft der warhait zu sagen irs wissens" und, wann die zeugen also gelopt und geschworen haben oder das mit willen der partheien erlassen sind, also dann sie, die zeugen, und jeglichen besonder in abwesen baider partheien articul und fragstuck, die von den partheien überantwurt und übergeben, fragest und, was sie also sagen, dasselb eigentlich nach der lengde in ein schrift stellest und die zusampt diser commission, articul, fragstucken, und allem prozeß unserm hofrichter und rethen verschlossen und versiglet überantwurtest. Wolt oder würde sich aber imand kundtschaft zu sagen, sperren oder ungehorsam [Faksimile S. 134] erzaigen, den zwing darzu mit gewonlichen penen des rechten. Des alles wollen wir uns zu dir verlassen zu urkund under unserm zurück ufgetrucktem secret, versigelt geben uf .....

Datum

Actum et datum montags nach sanct urseillentag ano C nono.