Cammer-Gerichts-Ordnung so auf Churfuerst Johann Georgens Befehl abgefasset, aber nicht publiciret worden :: Transkription Speer 2011 / 2016

Cammer-Gerichts-Ordnung so auf Churfuerst Johann Georgens Befehl abgefasset, aber nicht publiciret worden :: Transkription Speer 2011 / 2016

Inhaltsverzeichnis

Editorial

Händische Transkription aus Mylius, Corpus Constitutionum Marchicarum VI. Theil, III. Abtheilung, No. I Sp. 9 - 20.
Zu Kurfürst Johann Georg von Brandenburg.

I. Vonn Persohnen vnd Sachen welche in vnser Cammer-Gericht gehorenn.

Vnser Cammergericht ist vornemblich vmb dero willen geordnet, die sonsten keinem vntergericht vnterworffen, von den vntergerichten beschwert werden, oder bei demselben kein Recht erlangen konnen.

Vndt ist vnsern Landtstenden und Steten in gehaltenen Landtagen auch zuegesagt vnd verschriebenn, die Sachenn in erster Jnstantz vor den vntergerichten zuelassen, derowegen werden die Burger billich vor den Gerichten und Rathen vnserer Stedte, die Pawren aber so in vnsern Embtern siczen, vor vnserm Haubt vnd Amptleuten vnd die andern vor ihren Junkern vnd Herschaften beclagtt, so seindt vnserer Altmerckischenn Vckermerckischen vnd Stolpirischen Vnterthanen zue Gnaden die Quartal Gericht zue Stendal vnd Prentzlau verordnett, vor denen die vonn Adell, vnd Andere, so in denen ortt landes gesessen, Jhre sachen auch wol suchenn vnd sich selbst mit vnnotturfftigenn Kosten, deß weiten anhero reisens verschonen muegen, also werden die Persohnen und sachen, welche vor vnsere verordnete Hoff vnd Landtgerichte, in der Altenmarck, Prignitz, Vckermarck vnd Landt zue Stolp gehoͤrigk daselbst auch billich gelassenn.

Demnach sollen vnsere Cammergerichts-Raͤthe nicht ohne vnderscheidt alle sachen alhier annehmen, sondern dieselben wue nicht wichtige Vhrsachen vorhanden, welche sie zue einem andern, vnd die Parteyen vor sich zuebescheiden bewegen, vor die iezo gemelte Vntergerichte weisen vnd demselbenn die zuuerhoren, vnd waß Pillich vnd Recht ist, darinnen zuebeschaffen befehl thuenn,

Es sollen aber vnsere Haubt vnd Amptleute, die Gerichte vnd Rathe vnserer Stedte die Herschafftenn auffm Lande, vnd anderer Gerichte Verwalter, die clagende Parteyenn, die sein Ein oder Außlendische vom Adel Burger oder Pawr, nicht vorgeblich oder lange auffziehen, Sondern einem Jeden, wo zue ehr befuegtt, wieder Jhre Beambte Mitburgere vnd Vndersaßenn, Jnn wessen Stande oder Ansehen die auch sein bei vormeidung vnnserer schweren Straffe vnd Vngnade, schleunigk vnd vnparteylich vorhelffenn, Es werenn dan die sachen so gantz zweiuelhafftich oder Vnclar, daß die ohne Rechtliche außfurunge oder Beweiß, nicht konten entscheiden werdenn, Alßdan muegen die Raͤthe in Stedten dieselbe vor ihre gerichte, vnd die Quarthal gerichts Raͤthe zue Stendal vnd Prentzlaw, deßgleichen vnsere Amptleute vnd die Herschafften der Doͤrffer die vor vnser Cammergerichte oder waß dahin gehorigk, vor die jeder ortts geordente Hoff vnd Landtgerichte zu rechtlichen Außtrag weisenn, vnd wan sie Partt vor vnser Cammer-Gerichte remittiren, der clagenden Partey einen [Sp. 10] Abscheidt oder Schreiben, an vnser Cammer-gerichts Rathe mitteilen, darauß sie zusehen, waß vor ihnen in der sache gehandelt, daß die Parteyen nicht vortragenn, oder dem Cleger auff seine forderunge vorholffen worden, vnd darauf fernern Vorbescheidt, Commission, Besichtigung, oder waß deß Handels Notturfft erfodert, anordnenn muegenn.

II. Vonn vorbescheidenn zue guetlichenn Vorhor vnd Handlung.

Damit mitt denn Tagesatzungen niemandt vbereilet, sollen vnnsere Cammergerichts Notarien die Tage zue guetlicher vorhor zuem wenigstenn, vier Wochen von Dato des Vorbescheides ansetzenn, es wehren dan die Parte so nahe an vnserm Hofflager gesessen, oder erforderte die sache eine solche eile, daß vnsere Rathe vhrsache hettenn, den tagk etwas zeitlicher anzuestellenn, die Cammergerichts Notarien sollen auch die vorbescheide mit geschwornen Cammergerichtsbotten wegkschicken, vnd derselben Relation, so wol alß den vorbescheidt selbst mit Fleiß in daß tagebuch registriren, wolte aber ein Supplicant den vorbescheidts Brief seinem Kegentheil selbst zuschicken, wollen sie denselben ihnen angeloben lassen, daß ehr solches unuorzuglich, vnd in so viel tagen als ehr den vngefehrlich erreichen kann, thuen, vnd die Briefe, oder Product, nicht hinderhalten will.

III. Vonn des Clegers oder Beclagten vngehorsamb in guetlichen vorbescheidenn.

Dieweil sich auch offte zuetregt, daß die welche andere vor vnser Cammergericht bescheiden lassenn, selber aussenbleibenn, oder daß der Beclagte, denn Cleger vorgeblich zuer stedte ziehen lesset vnd den Tagk gar nicht oder erst in Termino abescheidett, dadurch daß gehorsame theil in vergebliche muehe vnd vncosten gefueret wirdt, so ordnen wir, daß hinfurt ein jeder so den andern citiren lesset, oder vor vnser Cammergericht geladen wirdt, sich auf den bestimpten tagk zue rechter fruer tagezeit gehorsamlich einstellet oder wue ehr ehehaffte verhinderunge hatt, daß ehr den tagk nicht besuchen kan, dasselb so zeitlich abschreiben sol, daß er seinem kegentheil ehr der außzeucht, kan zuewissen gethan werden, Wurde der aussenbleibende aber solches nicht thuen, vnd den tag ghar nicht oder zu langsam abschreiben, sol auff beschuldigtenn vngehorsamb derselbe jedesmalß vnß funff thaler straff vorfallen, vnd den gehorsamen theil den veruhrsachten Vnkosten zue wiederstatten schuldigk sein, ihme auch gleich darauf ein ander termin angestalt werdenn, die funf thaler straf einzubrigen, vnd sich mit dem erscheinenden theil der vncosten halben zueuertragenn, vnd dan der hauptsache halben, wie zuuor beschehen sollenn, vorher vnd handtlung [Sp. 11] zuegewartten, vnser Raͤthe sollen auch die straf inn demselben termin vnnachleßig einfordern, es kente dan der vngehorsamb, wo ehr einige entschuldigung vorzuwenden, warumb ehr den vorigenn tagk nicht besucht noch zue rechter Zeit abgeschriebenn, dieselbe alßbalt beweisenn, oder mit seinem Eide beteuren. Wer aber der vngehorsam ein außlender sol ehr zu keiner clage oder andtwort gestattet werdenn, ehr habe dan die Straf, vnd veruhrsachten vergeblichen vncostens halber, Richtigkeit gemacht.

IV. Erstlich zwischen denn Parteyen guetlich zuehandeln.

Wenn die Part, auf den tagk deß vorbescheidts erscheinen, sollen vnser Cammergerichts-Raͤthe ehe sie die zue rechte weisen, dieselben iedesmahls zuuorn notturfftigk kegen einander horen, vnd allen muglichen vleis anwendenn, sie guetlichen zuentscheiden, sie sollen auch in sachen die offenbahres vnzweifelichen Rechtens, oder auf dem Landes gebrauch beruhen, oder aber, da clare vntadelhaffte Briefe vnd Siegel vnd Vortrege vnd Abscheide, dawider die Parten keine bestendige einreden haben, vorhanden werdenn, keinen theil muetwilliges Rechtens gestatten, sondern macht haben dieselben dauon abezueweisen vnd gebuerlichen Bescheid darinne zuegeben, Jnn dehm sich den ein jeder die Weitlaͤuftigkeit vnd beschwerlichen vncosten des Rechtganges zuuorhueten ihme selbst zum besten wirdt schiedtlich vnd geuolgigk zuerzeigen wissen.

Jm fhal aber, das die streitigen Parteyen zuer guetlichen vorgleichung je nicht folge geben, sondern sich lieber durch Recht wollen scheiden lassen, muegen sie ihre sachenn inn vnser Cammergericht, nach Jnhalt der Cammergerichts-Ordnung kegen einander außzuetragen vorwiesen werdenn,

Wiewol nun dieselbe vnsere Cammergerichts-Ordnung alß angestalt, daß der Außtragk des Rechtens nicht wol schleuniger vorfasset werden kan, also werden wir doch berichtett, daß allerhandt dawieder erdacht vnd eingefhurtt dadurch die sachen mehr aufgezogen dan zue schleuniger außubung befordert werden,

Dasselbe abezuwenden vnd weiter zuuorkommen, haben wir solche vnsere Cammergerichts-Ordnung, in etzlichen Artickeln etwas weiter zu ercleren vnd zuuorbessern, die notturfft geacht.

V. Die Clage vnd Andtwort zue articulirenn.

Ordnen demnach vnd wollen, daß hinfuro zue mehr schleuniger außtragk der sachenn, alle Clagen anders nicht dan articulirt vnd numeriret sollen uͤbergeben werdenn.

Daß auch der Beclagte auff solche articulirte Clage, alle seine Exceptiones auf einmahl vnd neben dennselben in euentum auch auf einen jeden Artickel der Clagen, insonderheit wiederumb clare vnd richtige articulierde Andtwort durch die wort gleub oder whar, sein oder nicht einzubringen sol schuldigk sein, vnd soll mit [Sp. 12] solcher Andwort ob die wol nicht in form einer gewonlichen litis contestation beschiehett, der Kriegk Rechtens nicht weniger vor befestiget geacht, vnd den Advocaten daruber daß lis nicht contestiret, zue disputiren vnd den Proceß auffzuehalten oder zuuornichten, nicht nachlassen werden, was itzo von der Clagen geordnet, sol von der Vorbesserung der Clagenn, auch der Wiederclage vnd derselben Andtwort, deßgleichen von allen Exceptionibus vnd Defensionalibus auch vorstanden, vnd dasselbe alles vmb mehr richtigkeitt der Proceß willen, articulirt vnd numerirt, einbracht werden.

VI. Von dem Eidt vor gefehrde.

Dieweil auch vber leistung des Eideß vor gefehrde die sachen offt gahr lang vnd gefherlich auffgezogen werden, sollen beide theill denselben ohne einige vorgehende rechtliche Erkendtnuß, baldt im Anfangk schweren, vnd sollen derowegen die Cammergerichtsschreiber wen sie den beclagten Abschrifft der Clagen zueschickenn, Clegern vnd Beclagten bescheiden, daß sie auffn tagk erscheinen, Cleger den eidt vor gefherde leisten, vnd vormittelß desselben seine articulirte Clage reproduciren, auch gewarten solle, wie der Beclagte bei gleicher Eideßleistung seine Andtwort darauf einbringe, Beclagter aber wie Cleger solchs thuen wirdt ansehen, vnd gefast sein solle, den eidt calumniæ seines theils gleicher gestalt zueschweren, vnd bei demselben alle seine auffezugliche vnd zersterliche Exceptionen, so viel ehr dehrer hatt, vnd damit zuegleich auch auff die Clage, von Artickelenn zu Articelenn, clare vnd richtige schrifftliche Andtwort, alles articuliret einzubringenn, mitt der Vorwarung, wue Cleger oder Beclagter vngehorsamb aussenbleiben, oder erscheinen vnd den Eidt nicht leisten wurdenn, das alßdann auff beschuldigung seines vngehorsambs, vormuege dieser ordnung rechtlich erkentnuß ergehen, vnd ehr zue eroͤffnung vnd anhoͤrung solches Vrtheils, damit peremptorie bescheiden sein solle, vnd solche vnd andere Citation, die in gerichtlichenn Proceßenn vorfallen, sollen die vorordenten Cammergerichtsschreiber, alleine mit Cammergerichts Boten bestellen, vnd Vnrichtigkeit deß Proceßes zuuorhueten, derselben Relationen vnd alles waß in Gerichtshendlen befholen wirdt, bei verlust ihres Dienstes jederzeit mit vleiß zue den Acten registrirenn.

Damit auch die Parteyen solchen eidt volgendst im Proceß desto mehr in Acht habenn, sollen sie denselben nicht durch einen Anwalden, sondern in der Persohn selbst leistenn, vnd ob die sachen ein Commun belangeden sollen zuem weinigsten die regierenden Burgermeister mit zween den eldesten Rathherrn, welchen vmb die sache am meisten bewust, vnd dem Syndico oder Stadtschreiber, in ihre selbst, vnd auf genuchsame Volmacht in des gantzen Raths Sehle, die Pawren in Dorffern aber alle selbst schwerenn.

Vnter den vnmundigen Vormunder, oder vielen Brudern sollen auf volmacht der Andern die in ihre, vnd der andern Sehle schweren, welche der vnmundigen, oder der andern Bruder [Sp. 13] sachenn am meisten vnderhanden habenn, vnd sonderlich die, welche die Rechtferdigung treiben, vnd wue darunder vnderschleiff oder auffzug gesucht, sollen sie alle zueschweren schuldigk seinn.

Also auch wue einer oder mehr Bruder, Vormunden oder andere litis consorten außlendisch wehren, vmb der Abwesenden willen die sachen nicht auffgezogenn, sondern der Eidt von den anwesenden genohmmen, vnd in den Proceß nicht weniger fortgefharen, vnd wan die abwesenden heimkommen, der Eidt von ihnen auch geleistet werden, Wurde aber auff den zuer Eidesleistung bestimpten termin, der Cleger selbst, oder der Beclagte aussenbleiben, soll nicht alleine nichts weiter von ihme angenohmmen werdenn, sondern wo der Vngehorsamb beschuldigt, soll neben vorteilung der Gerichtscosten der Beclagte in deß Clegers vngehorsam ab instantia loßgetheilet, der Cleger aber in des Beclagtenn vngehorsamb, ex primo decreto, in desselben gueter immitirt, vnd kein theil weiter gehort werdenn, es habe dan neben der gewonlichen Caution, de prosequenda lite, mitt der Eidesleistunge, dieser vnser Ordnung volge gethann.

Vnsere Raͤthe sollen auch in solchen fellen alsbalt ein Vrthel fassen, vnd auf ein oder des andern theils ansuchenn dasselbe publiciren.

VII. Von der Jmmissionn ex primo & secundo Decreto.

Nachdem auch in vnsern Cammergericht, bis anhero im Brauch herbracht, daß die Immission ex primo & secundo decreto, allein in der beclagten Vngehorsamb, ob der Cleger seine Clage gleich nicht beweisen, erkandt wurdenn, mach es hinfuro auch also gehalten werdenn.

VIII. Vonn der Vnmundigen Vngehorsamb.

Die sachen werden offte auch damitt gefherlich auffgetzogenn, daß die Mutter wan ihre Vnmundige Kinder beclagt, denselben keine Vormuͤnden bitten wollen, dennselben vortzuekommen, sollen vnsere Raͤthe wan sie solche gefherde vormerckenn, der Vnmundigen Mutter, oder Neheste freunde, einmal oder zweyer vorwarnen, daß sie den Kindernn vormunden Pitten sollen, Vnd wo solches daruber nicht geschicht, wieder die Vngehorsamen Vnmundigen die Immission ex primo & secundo decreto, oder was sie sonnsten nach gestalttenn sachen gebueret, so wol alß wieder Mundigen ergehen lassen.

IX. Von Dilationibus und alzu grossenn Setzenn.

Wann der Eidt vor gefherde geleistet, vnnd die Exceptionen vnd anndtwortten einbracht, vorfharen die Part weiter, mitt schrifftlichen gesetzenn, Vormuege der ordnung, wir werdenn aber berichtet, daß mit einbringung der setze offte lange vortzogenn, dieselben etwann auch langsam abgeschriebenn, vnd wann die abgeschriebenn, wol eine guete Zeit vnabgefordert liegen bleibenn, vnnd [Sp. 14] die Proceße damit, das die Aduocaten alleine vmb ihres vortheils willen, ohne Alle der sachen notturfft, ghar zu lange setze, Jn welchen doch offte weinigk zuer sachenn dienstliches, vnd nur mehr dan uberflußige wiederholung einerley berichts oder Arguments zuebefindenn, Desgleichenn mit den dilationibus, der Parteyen zuebeschwerlichen Vncostenn vnd Nachtheil sehr aufgehalten werdenn, Demnach sollen vnsere Cammergerichts Notarien, die Part mit den Abschrifftenn der Setze, Zeugnus vnd andere Producte vnuorzuglich fordern, die Part auch dieselben so balt sie abgeschriebenn außlosen, vnd sollen vnsere Cammergerichts Raͤthe den Procuratoren vnd Aduocaten in Jhren Eidt einbinden, das sie die sachen vber denn Jnhalt der ordnung, gefehrlichenn nicht auffziehen sollen, Auch darauf sehen, das demselben also nachgelebet werde, vnd ohne gemeine Berathschlagung vnd orhebliche große Vhrsachenn vber die geordente Cammergerichts frist, niemanden weitere dilation gebenn, Sie sollen auch ohne vorgehende gemeine berathschlagung vnd causæ cognition die zue langsam einkommene Setze nicht annehmen, Sondern auf des seumigen theils beschuldigten vngehorsam, mit Rechtlichenn erkentnus oder vorschickung der Acten fortfharen, Werden dann die Parte, durch Jhre procuratoren verseumnus in schaden gefuerett, des muegen sie sich an denselbnen erholenn, Vnsere Raͤthe sollen Jhnen auch darzue schleunigk vorhelffenn,

So sollen auch die Aduocaten sich inn Jhren Satzschrifftenn der Kurtze befleißigenn, vnd alleine was der sachen notturfft setzen, Allen vndienstlichen Vberflus der Allegaten vnd Anders vnd sonderlich die Vielfaltigen wiederholung einerley Berichts oder Arguments, domit sie die Bletter fullen abstellenn, sich auch bei 50 Thaler straf alles schmehens vnd scheltens kegenn einander endthalttenn.

X. Vonn Beweis vnnd Kegennbeweis.

Alß auch zue Vorzuege des Rechtens nicht wenigk vhrsache giebt, das mit vorfurunge der Beweis vnd Kegenbeweiß vnordentlich umbgangen, vnnd ghar langsam vorfharen, Sonderlich aber der Kegenbeweis von den beclagtenn gefherlich so lange hinderhalten wirdt, bis deß Clegers Zeugnus sol Publicirt werdenn, Sol hinfuro der, welchem beweis zufhueren auferlegt, Jn Cammergerichts frist nicht alleine seine Artickel vbergeben, vnd commissarien ausbitten, Sondern denselben die Artickel auch zuschicken, vnd mitt allen Vleis bei ihnen anhalten, daß sie die Zeugen vorher fordern woltten, Vnd sollen die Artickel von den Aduocaten und Procuratoren nicht ghar zu weitleuftigk gestalt, vnd auff des Klegers theil Jn dieselbenn nicht mehr gebracht werdenn, dan was der beclagte an der Articulirten Clagen auf des Beclagtten theil aber was der Cleger an seinen Articuliertenn Exceptionen oder defensionaln vorneinett hat.

Also soll auch die zue ghar vberheuffte antzal der gemeinen vnd sondern Jnterrogatorien, Jn welchen offte sachen mit eingemenget oder ein [Sp. 15] Dinck darumb vielmals repetiret vnd wiederholet wirdt, das die Zeugen damit Jrre gemacht eingezogenn werdenn, vnd wo dasselbe uberschritten, sollen die commissarien, welche zur abhorunge der Zeugen verordnet, solche interrogatorien nicht annehmen, sondern dieselbenn vnsern Raͤthen, neben den Artickeln zueschicken, welche die kegenden Artickeln vbersehenn, vnnd wo sich solche vnnotturfftige Weitleufftigkeit befindenn, den Aduocaten, der solche interrogatorien gemacht, vmb 20 Thaler strafenn, vnd Jhm darneben auferlegenn sollen, daß ehr in einer benanten Zeit Andere vnd alleine zuer sachenn, dauon Articulirett dienliche Jnterrogatorien vor den commissarien einbringe,

Gleichergestalt sol hinfuro nicht zuegelassen werden, daß zue angetzogener Reuelationn des beweises, der theil welcher Beweis oder Kegenbeweis fuerenn wil, erst newe Artickel vbergebe, vnd suche seinen Kegentheil aufftzuelegenn, vormittels des Juraments calumniæ darauf zueandtwortten, midt dem erbieten, das ehr als dan erst was vorneinet wirdt beweisen wolle, dan weil die beweis Artickel nichts mehr, dan was zuvorn in der Clage oder exceptionenn articulirt, Jnnhalten sollen, vnd auff dasselbe nach geleisteden Eydt vor gefehrde albereidt geandtwortet wurdenn, Jst dem Kegentheil mit solcher andtwort weiter zuebeschweren nicht von notenn, vnd beschier solche suchung alleine zue gefehrlichen auftzuge der sachenn,

Wen der beclagte so Kegenbeweis furen wil, sol dasselbe auch zeitlich vnd ehe des Klegers Zeugnus ins Cammergericht eingeschickt, vor dehnen commissarien, welche zue auffnehmung des Clegers beweises vorordnet, thuen, zue Dero behueff ehr dan, wie ohne das brauchlich, des Klegers außgebethenen commissarien vnd Notarien, seines Theils auch Commissarien vnd Notarien in gleicher antzahl zuezuordnen suchen magk, vnd sollen die verordente commissarien vnd Notarien zue befurderung der Justitien auch ihres Theils die Zeugen vorher so viel ihnen immer muglich forderlich fortstellenn, vnd die Notarien beide Zeugnuß also fertigen, daß sie mit einander ins Cammergericht eingeschickt vnd nach gelegenheit der sachen zugleich eroffnet, oder wue der Kegenbeweis zuehinderhalten, gleichwol die eroffnung des Clegers Zeugnuß, damit das des beclagten Zeugnuß noch nicht verfueret, nicht dorffe aufgetzogen werdenn.

XI. Ob der Proces vonn dem Beweis anzuefangenn.

Vnnsere Raͤthe haben bishieher Je zue Zeitenn eine Rechtfertigung nach guetlicher verhor der sachen, alsbalt von dem beweis anfahen lassenn, wie wol nun dasselb das ansehen hatt alß befordert es die Sachen, so befindet sich doch, daß es offte grosse vnrichtigkeit in Processen, vnd zue weitleufftigenn Disputationen Vrsach giebett, derhalben sollen die Proceß hinfuro von ordentlicher clage angefangen werden. Wurden es aber die Parteyen hieruber suchen, vnd sich des mit einander voreinigen, oder es wurde in [Sp. 16] sachen streitiger possession, oder derogleichen causis summariis sonsten vor guet angesehen, So sollen vnsere Raͤthe die sache auf die vorhor in einen richtigen Abscheidt fassenn, vnd darinnen sonderlich klar vormelden wen ein Jedertheil zuebeweisen auf sich genommen, oder ihme durch die Raͤthe ausfueren sey auferlegt wordenn, Welche abscheide die Parte auch neben den Beweis-Artickeln mit Produciren sollenn domit man sich in vorfassung der Vrthel darnach zurichten,

XII. Die Vhrsachenn der Beschwerdenn in der Supplication mit eintzuwenden.

Ob wol vnsere Cammergerichtsordnung vormagk, wan von vnsere Rathe Vrthel an vns suppliciret, daß die Supplication in derselben andernn Jnstantz des Liebels stad haben sol, vnd darumb die Vhrsachen warumb der Supplicant, durch vnsere Rathe Vrthel vormeinet beschwert zue sein, derselben Supplication billich mit sollen einuorleibt werden, So werden wir doch berichtet, daß die Procuratorenn sich vnderstehen sollen, wan ihnen ein Vrthel nicht gefellet, Jn den Zehen tagen nicht mehr dan ein kurtze Supplicationn darwieder einzubringenn, darein sie keine Vhrsachen der beschwerden antzeigen, vnd Jhnen allein vorbehaltenn, Solche beschwerunge in Cammergerichts frist weiter vorzubringenn, Wan nun solchs zue beschwerlichen auftzugk der sachen vorgenommen, Ordnen vnd wollen wir, daß die Jhenigen so von vnserer Raͤthe Vrtheilen oder abscheidenn an vns suppliciren wollen, Jn ihrer Supplication die Vhrsachen, warumb sie vormeinen, daß sie mit vnserer Raͤthe Vrthel oder abscheidt beschwert, wie oben von den Clagen gemeldet, auch Artickels weise deduciren vnd neben des Vrthels oder Abscheidts Abschrifft mit vorbringen sollen, domit wir nicht alleine berichtet werden muegen, ob dieselben also geschaffen, das die Supplication billich antzunehmen, sondern auch der Supplicanten gebuerliche frist seine notturfft wieder darauff einwenden, vnd also die sache desto ehe zum ende laufen muge,

XIII. Jn was zeit die Supplicationen vnd appellationen, so von vntergerichten an vns oder vnser Cammergerichte beschehen, sollen Jnsinuiret vnd Justificirt werden.

Mit den Supplicationen die von denen Geistlichen Consistorio oder vnser Quartahlgerichts Raͤthen zue Stendal vnd Prenzlow an vns selbst, vnd den Appellationen die von andern vndergerichten im Lande an vnsere Cammergerichts Raͤthe beschehenn, werden die sachen auch sehr auffgetzogen, dieweil dieselben zueweilen langsam vnd nicht ehe, dan wieder die Appellanten die Execution befholen wirdt, insinuirt oder justificirt werden,

Demselben vorzukommen, sollen die welche vor vnser Consistorial oder Quartalgerichts Rathen an vns suppliciren auch die Appellanten, welche von den Vndergerichten an vnser Cammergerichts-Rathe appelliren wollen, Solches [Sp. 17] inner zehen Tagen inn schrifftlichen thuen, vnd Jhre grauamina darinnen mit deduciren, auch alßbaldt apostolos bitten, vnd dieselben vnsern Cammergerichts-Raͤthen in den negsten 14 tagen von Dato der Aposteln uͤberandtwortten, darauf vnsere Raͤthe, wu sie die Supplication oder appellation annehmen, inhibition außgehen lassen, auch dem Supplicaten oder Appellaten Abschrifft sollen zuschicken vnd Supplicanten vnd Appellanten darnebenn aufflegen sollen, daß ehr die Abschrift der Acten ersten Jnstantz, Jn Cammergerichts frist einbringe, damit in solcher andern Jnstantz beide theil desto vngehinderter, vormuge der Ordnung procediren muegen, Wurde der Appellant aber, Jn itzo bestimpter zeit, seine Appellation midt den Aposteln, auch hernach die Acten erster Jnstantz nicht einbringen, soll die Appellation pro deserta vnd vorloschen geachtet, auch also von vnsern Cammergerichts Raͤthen erkandt, vnd mit der Execution verfharen werdenn,

XIV. Von Nullitaͤt-Processen.

Jn vnser Cammergerichtsordnung ist wol vorsehen, daß uber die Supplication Jnstantz, kein ferner Proceß zuezuelassen, dan des rechtens, ie auch ein ende sein, vnd muetwilligen zenkischen Leuten, die sich an keinem Rechten wollen gnugen lassen, die andern ihres gefallens zuebetrueben vnd vmbtzutreiben, nicht nachgehangen werden muß, Wir werden aber doch berichtet, daß noch bei vnsers Herrn Vater seliger vnd milder gedencknus regirung ie zu zeiten aus grossen vnd erheblichen Vrsachen nullitet proces zuegelassen, dabei lassen wir es auch nochmals beruehenn,

Es sollen aber vnsere Raͤthe solche Nullitet Proces vortzunehmen ander gestalt nicht nachgeben, es konne dan die angetzogene Nullitete alsbaldt aus den Acten bescheiniget werden,

So sol auch in solchen fellen, wan der so das Vrthel in der Supplication Jnstantz gewunnen Notturfftige Caution thuet, daß er auf den fal, wen auf die Nullitete Acten anders erkandt wurde, seinem kegentheil daß Jenige datzue oder darinne Jhme vorholffen wieder restituiren wolle, das zuuoren gesprochene Vrthel nicht weniger exequiredt werden.

XV. Von Verschickung der Actenn.

Alß vnter den Parteyen, die ann vnser Cammergericht Rechthengige sachen haben etwan auch verschickung der Actenn haben streit vorfellet, vnd der eine begehret, dieselben ausser Landes zuuersprechen zuuerschicken, der ander aber das darauff in vnserm Cammergericht solle geurtheilet werden, haben sich vnsere Raͤthe dahin verglichen, daß zu vermeidung alles Argkwohns, dehme so die vorschickung der Acten ausser Landes suchet, sol gewilfharet werden, doch daß ehr vnd sein Aduocat oder Procurator den ehr in der sachen brauchtt bei den Eiden vnd Pflichten, domit sie vns alß ihren Landßfuͤrsten vorwandt beteuren, daß sie sich an dem ortte, dahin sie die Acten zuuorschicken bitten, zuuorn [Sp. 18] nicht haben belehren lassen, vnd das Vrthelgelt vnd Botenlohn alleine erlegen, Hetten aber vnsere Raͤthe in einer sachen definitive gesprochen, vnd die Acten darumb an einen andern ortt musten vorschicket werden, sol das Vrthelgelt vnd Bothenlohn zuegleich von beiden theilen bezahlet werden, vnd wue sich die Part des ortts, wuehin die Acten auser landes zuschicken, nicht konnten vergleichen, sol bey vnsern Raͤthen stehen, dieselbe fuͤr sich, vnd ohn der Part vorwissen, an eine vnuerdechtige Juristen Facultet oder Scheppenstuel zufertigen, vnd wan das Vrthel einkommet, den Parten dasselbige kegen erlegung des Vrthelgeltdes zu publiciren.

Was nun aber diese vnsere erclerung zu der Direction der Rechtlichen Proceß weiter gehoͤrig, damit soll es allenthalben, nach inhalt vnserer vorigen Cammergerichtsordnung welche wir hiemitt allenthalben verneuert vnd confirmiret haben wollen, gehalten werden, wie wir den selbe darumb von Newen hernach trucken lassen.

XVI. Die Advocaten vnd Procuratorenn auff die ordnung vnd diese derselben vorbesserung zuuoreidenn.

Vnser Cantzler vnd Raͤthe sollen die Aduocaten vnd Procuratorenn welche Jn vnserem Cammergericht dienen wollen, auff die ordnung vnd diese vnsere derselben erclerung vnd verbesserung, von Newen schweren lassen, auch ein fleißiges vnd ernstes auffsehenn haben, daß sie derselben gehorsamlich nachkommen, vnd wieder die welche derselben nicht nachkommen, vnd die Leute vnd sachen auffziehen oder die Part in guetlicher Handtlung oder im standt des Rechten, in unnotturfftige weitleuftigkeit vorleiten vnd einfhueren wollen, mit abforderung des Eideß malitiæ, vnd wan sie sich nicht daran keren, mit verbott des Aduocirens vnd andern ernsten straffen vnnausleßig verfahren,

Es beschweren sich auch vnsere Vnterthanen hochlich, das sie durch die Aduocaten vnd Procuratoren an vnsern Cammergericht, vnd derselben Schreiber, desgleichen die Notarien ghar zu hoch uͤbersetzet werden, darauf haben wir verordnet, daß hinfuro sol gegeben werden, einem Advocaten vnd Procuratoren, der dem Part in einem guetlichen vorbescheide dienet, wen die sache in einem halben tage von den Rathen vergleichen oder darinnen bescheidt geben ½ Thaler, Wan aber ein gantzer tagk damit zubracht wirdt, ein gantzen Thaler, vnd do die sache noch muesamer vnd viel Artickel hat 2 Thaler zu meist.

Den Gerichtschreibern vnd Notarien in vorhorung der Zeugen, wan der Ar[tick]ell 15 oder darunter sein, die zuegehorige Interrogatoria mit zugemeint ½ Thaler, vnd wan Jhr ein Dreißigk vnd mehr sein 1 Thaler, davern aber die Artickel vnd Interrogatoria so gar weitleuftigk, sol es auf der Raͤthe ermessen stehen,

An Schreibegelt aber sol forthin von einem bogen darauf auf ide Seiten zum wenigsten 20 Zeilen geschrieben sein 1 sgl. geben werden.

Vnd hieruber sol keiner, wehr der auch sei, die Parteyen weiter beschweren oder darum [Sp. 19] gestalten sachen nach gestrafet werden, doch do wolhabende leute aus guetwilligkeit einem ein mehres zuwenden wollen ist demselben heimgestelt,

Was dan die Verfertigung der Producten vnd satzschrifften anlangen thuet, werden sich die Parteyen mit ihren Aduocaten vnd Procuratoren, nach gelegenheit vnd wichtigkeit der Hendel auch grosse ihrer in der sachen angewanten muehe vnd fleisse, vnd deren geschiklichkeit selbst wissen zuuortragen, in deme wir doch wie sichs iemandt beclagt, das er zur vnbilligkeit vbersatzt, auch gebuerliches einsehen wollen thuen lassen.

Gleichmeßige gelegenheit es mit vorreisen der Aduocaten, Procuratoren, gerichts vnd anderer Notarien, ausser der stadt in vorrichtung der sachen aufm Lande auch hat, vnd auf zimlich billige vorgleichung stehet.

Nach den meilen aber die zufordern vnd anzuschlagen, weil dahero keine ermessigung zunehmen, soll hiemit verbotten vnd abgeschaffet sein,

Dieweil auch Vngelartte leichtfertige Procuratoren manchen Armen man forfhuren, sollen vnsere Cammergerichts Raͤthe, desgleichen die Gerichte in vnsern Stedten keinen nachgeben, for den gerichten zureden, oder sachen zufhueren, er habe dan in Rechten studiret, vnd konne das, wan es von Jhme erfordert wird von seinen Preceptoren Zeugnus bringen,

Vnd alß offte arme Parteyen vorkommen, welche ihre notturfft selbst nicht forbringen, auch [Sp. 20] keinen Aduocaten lohnen kunnen, sollen vnsere Raͤthe demselben einen aus den Cammergerichts Procuratoren zuordnen vnd welchem sie es auferlegen, der sol solches auf sich zunehmen, vnd derselben Armen Partey nicht mit wenigern fleis dan wan sie Jhme gelt gebe zudienen schuldig sein, bei 30. Thaler straffe, Also muegen auch vnsere Rathe, wenn sich einer sonsten beclagt, das Jhme kein Procurator dienen wil, dasselbe einem zuthuen auferlegen.

XVII. Die Gerichtsverwalter in vnsernn Stedten sollen die streitigen Parteyen in erster Jnstantz, auch nach vnser Cammergerichtsordnung vnd dieser derselben vorbesserung procediren lassen.

Nachdem in vnserm Lande vnd Hoffgerichten, Auch von den Gerichten der Stedte, die streitigen Parteyen zuweilen zu keiner guetlicher Handtlung oder vorgleichung zuuormuegen vnd derowegen zum Rechtlichen außtragk mussen vorwiesen werdenn, so sol auff solchen fal der Proceß in den Vntergerichten vmb gueter richtigkeit willen, anders nicht, den nach inhalt vnser Cammergerichts ordtnung, vnd dieser derselben vorbesserunge, angestalt vnd gehalten, auch von den Raͤthen in vnsern Stedten, das einsehen gethan werden, daß die Leute sich ubermeßiger beschwerung vnd ubersetzung, die ihnen in den Gerichten begegnet, zuebeclagen nicht vrsache habenn,

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