Im Rahmen meines Projektes "Repertorium digitaler Quellen zur österreichischen und deutschen Rechtsgeschichte in der Frühen Neuzeit" ist es mein Bemühen, nicht nur einen (möglichst) fehlerfreien Text zu erstellen, sondern auch und insbesondere die in einem Text vorkommenden Zitate aus anderen Texten zu "hypertextualisieren". Das bedeutet, dass der informationelle Mehrwert eines digitalen gegenüber einem gedruckten Text dadurch sichtbar gemacht werden soll, dass Zitate als Hyperlinks formatiert werden sollen, so dass mit einem Klick auf diesen Link die betreffende Stelle in dem zitierten Text angesteuert werden kann.
Dies stößt natürlich an vielen Stellen auf Schwierigkeiten. So konnten auch in dieser Gerichtsordnung längst nicht alle Verweise auf das römisch-kanonische Recht verlinkt werden. Die Ursache hierfür liegt darin, dass die Auflösung dieser Zitate nicht immer einfach, aber immer sehr zeitaufwendig ist. Es steht zu hoffen, dass sich irgendwann jemand findet, der bereit ist, diesen Arbeitsaufwand auf sich zu nehmen.
Hier genügt es zunächst, der rechtsgeschichtlichen Forschung eine digitale Textgrundlage zur Verfügung zu stellen.
Heino Speer, Klagenfurt am Wörthersee, den 8. März 2018
Die Olmützer Gerichtsordnung. Ein Beitrag zur Geschichte des Österreichischen Prozessrechtes. Von Dr. Alfred Fischel. Herausgegeben vom Deutschen Verein für die Geschichte Mährens und Schlesiens. Brünn 1908. [Seite: p.3]
Das Verfahren nach Olmützer Stadtrecht, welches für die meisten Gerichte Nordmährens vermöge ihres Rechtszuges an den Oberhof dieser Stadt bis zum Schlusse des 17. Jahrhunderts maßgebend war, ist in Dunkel gehüllt; und doch wäre es so schwer nicht gewesen, den Schleier zu lüften, da die Existenz einer Olmützer Prozeßordnung vom Jahre 1550, die doch zugleich über den Rechtsgang des späteren Mittelalters Aufschluß geben mußte, durchaus nicht unbekannt war. Dennoch beklagten selbst jene, die davon Kenntnis besaßen, daß man über die Olmützer Rechtspraxis im genannten Zeitalter bedauerlicherweise nichts Genaueres wisse.p.1 Im Notizenblatte der historisch-statistischen Sektion der mähr.-schles. Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues vom Jahre 1862, Seite 63, war aber schon auf dieses Rechtsbuch genauer hingewiesen worden, und auch Bischoff bezog sich in seiner Schrift über das älteste Olmützer Stadtbuch auf einige Bestimmungen desselben.p.5 Es war daher eine Verpflichtung der mährischen Geschichtsschreibung, endlich diese Gerichtsordnung zur Gänze an das Licht zu ziehen. Zwar ist Olmütz für die Rechtsentwicklung Gesamt-Österreichs nicht so bedeutsam, wie Brünn und Iglau. In der Mitte des 11. Jahrhunderts, als das Magdeburg-Breslauer Recht bereits eine hohe Stufe der Ausbildung erlangt hatte, damit bewidmet, vermochte es nicht zu einer selbständigen Rechtsentwicklung zu gelangen. Aber die ausdauernde Treue und zähe Tapferkeit, mit welcher diese Stadt zu einer Zeit an ihrer deutsch-volkstümlichen Rechtsüberlieferung festhielt, da der größte Teil der deutschen Erde sich widerstandslos unter die Herrschaft fremder Satzung beugte, ist bewundernswert, und auch die Gerichtsordnung zeigt, daß die Quellen deutscher Rechtsbildung bei Ausgang des Mittelalters hier im fernen Osten Deutschlands nicht völlig versiegt waren.
Das Rechtsbuch selbst bietet uns ein getreues Abbild des deutsch-rechtlichen Verfahrens, und das in einer Zeit der bewußten Zurückdrängung des Deutschtums seitens der höheren Stände des Landes. Es hat gewiß [Seite: p.6] durch die Präzision seiner Rechtsaufzeichnung mit dazu beigetragen, daß dem gesamten Norden Mährens noch ausgiebiger als in den sächsischen Landen die nationalen Grundlagen des Rechtsganges in der neuen Zeit, und zwar bis gegen das Ende des 17. Jahrhunderts erhalten blieben. Seine Veröffentlichung ist zudem geeignet, eine rechtsgeschichtliche Lücke auszufüllen. Die rechtlichen Zustände der Städte im Norden der Sudetenländer, die nach sächsischem Rechte lebten, aus der Zeit der Rezeption des gemeinen Rechtes, sind, soweit das Verfahren in Betracht kommt, nahezu unbekannt. Canstein in seiner verdienstvollen geschichtlichen Übersicht im ersten Bande seines Lehrbuches des österreichischen Zivilprozesses weiß darüber nichts zu berichten.p.6.1 War daher die Herausgabe vom rechtsgeschichtlichen Standpunkte geboten, so ist sie wegen der uns in der Gerichtsordnung erhaltenen uralten Rechtsgebräuche nicht minder vom kulturgeschichtlichen wünschenswert.
Der inzwischen verstorbene Gymnasialdirektor Saliger hatte eine paläographische Edition der einzigen ihm von der Prozeßordnung bekannt gewordenen Handschrift mit Hilfe des deutschen Vereines für die Geschichte Mährens und Schlesiens beabsichtigt und sich aus dem Olmützer Kodex eine Abschrift besorgt. Der genannte Verein glaubte, nicht länger zögern zu sollen, und betraute mich mit der kritischen Herausgabe dieses Rechtsbuches. Die Grundsätze, von denen ich hiebei ausgieng, sind in der Einleitung, welche ich dem Texte vorausschickte, ausgeführt. Wenn ich hier neben anderen Nachweisungen eine kurze Übersicht des Olmützer Verfahrens zu geben versuchte, so glaube ich damit einem Wunsche mancher Leser zuvorgekommen zu sein.
Indem ich diese Edition der Öffentlichkeit übergebe, kann ich nicht umhin dem Ausschusse des Geschichtsvereines und dessen hochverdienten Obmanne, Herrn Landesschulinspektor Dr. Karl Schober, für das mir entgegengebrachte Vertrauen meinen besten Dank zu sagen. Ich komme zugleich einer angenehmen Pflicht nach, wenn ich Herrn Landesarchivar Dr. Bretholz in Brünn und Herrn Stadtarchivar Dr. Kux in Olmütz für die mannigfache Förderung meiner Arbeit, dem letzteren insbesondere für die vielfältigen Mitteilungen aus dem Archive und die gütige Revision des Druckes, sowie auch Herrn Scriptor Dr. Baumhackel für die freundliche Beschaffung der von mir benötigten und nur auswärts erhältlichen älteren Literatur den tiefgefühlten Dank ausspreche.
Brünn, im Juni 1903.
Dr. Alfred Fischel.
Die derzeit nur einigen wenigen Forschern bekannte Handschrift der Olmützer Gerichtsordnungp.7.1 befindet sich unter den Schätzen des Olmützer Stadtarchivs und ist dort in einem Papierkodex mit der Signatur Nr. 64 erhalten. Er ist 29 cm hoch, 21 cm breit, 3½ cm dick. Der Einband besteht aus Holzdeckeln mit einem einfachen stark abgewetzten Lederüberzug, an welchem sich noch zwei Messingstangen als Überreste einer seinerzeit bestandenen Schließe vorfinden. Das Buch enthält 130 (zur Hälfte mit einem Wasserzeichen versehene, zur Hälfte desselben ermangelnde) Papierblätter, von denen die ersten 18 ebenso wie die letzten 25 ursprünglich unpaginiert, erst von moderner Hand mittels Bleistiftes mit den fortlaufenden Ziffern 1—18 und 106—130 versehen sind. Dazwischen läuft die vom Schreiber des Rechtsbuches durchgeführte Paginierung von Folio 1—87, von denen der eigentliche Text nur die Seiten 1—81 umfaßt. Auf Blatt 1 liest man ein landesfürstliches Reskript vom Jahre 1584 über das Verfahren in Kontrabandsachen, aber schon auf Blatt 2 steht der Titel "zusammengetragene Artikel in Form eines rechtlichen Prozeß, wie dieselben von alters her bei dieser Königlichen Stadt Olomuntz bei Gerichte und auch in und vor gehegter bank in ubung gehalten. Sambt andern nodturfftigen underweisungen und zutreglichen vellen". Daran reiht sich die "Vorrede zum Leser" und ein Register, welches alle Überschriften der Artikel und Distinktionen, die im Kontexte des Rechtsbuches enthalten sind, unter Angabe der Seiten-(Folio)zahl genau wiedergibt. Während aber das Rechtsbuch nur 33 Artikel enthält, folgt im Register noch ein Artikel, der XXXIV., "wie man den Teter in die Acht tut". Auch ist im Register zu Artikel III, Dist. 13 noch eine Nota des Inhaltes vermerkt: "Beklagter wil verweisen die schuld auff liegende gruende ader auf gewisse schulden", welche im Texte vergeblich gesucht wird. Darnach folgen ununterbrochen die Bestimmungen der Gerichtsordnung. Sie zerfällt in zwei Teile. Der [Seite: p.8] erste Teil reicht bis zum Artikel XIII, der zweite bis zum Artikel XXXIII. Der Schluß wird durch das Wort "Finis, das Ende" gekennzeichnet, aber dessenungeachtet sind noch die Worte angefügt: "Hierauff folget die acht, so es der kleger begehrt."
Auf den Text des Rechtsbuches folgen Ratsverordnungen betreffend den Nachrichter, Vogt, Gerichtsschreiber und Gerichtsdiener und deren Obliegenheiten sowie Taxordnungen der Olmützer Gerichtsstelle, welche im Anhange abgedruckt werden. Im verzierten Initialep.8.1 des Titels ist die Jahreszahl 1550 deutlich zu lesen. Die Schrift weist ganz unzweideutig ihrem Charakter nach auf das 16. Jahrhundert. Die Niederschrift rührt bis auf einige spätere Zusätze von einer und derselben Hand her. Sie enthält keinerlei Spuren einer bessernden Hand und ist, nach dem gleichmäßigen Flusse der Schriftzüge zu schließen, die Reinschrift nach einem Konzept oder einer Vorlage, die verloren gingen. Denn im Olmützer Stadtarchive selbst ist keinerlei anderes Exemplar vorhanden.
Die Gerichtsordnung mußte aber in zahlreichen Handschriften zirkulieren; denn manche Praktiker aber auch viele Gerichte, welche ihre Rechtsbelehrungen von Olmütz erhielten, mochten den Wunsch hegen, ein Exemplar der nie im Drucke erschienenen Gerichtsordnung zu besitzen. Urkundlich bezeugt ist, daß die Stadt Neutitschein im Jahre 1562 den Processus juris von Olmütz erhielt und sich noch im Jahre 1583 um einige Zusätze hiezu bewarb. Der Verfasser dieser Zeilen war mit Erfolg bemüht, solche Manuskripte ausfindig zu machen. Er vermochte in der Tat das Vorhandensein mehrerer derartiger Handschriften festzustellen und ist auch in der Lage, sie bei der Herausgabe zu vergleichen und zu benützen, wenn diese auch wesentlich auf dem Texte im Olmützer Kodex beruht. Alle Exemplare stimmen bezüglich des Wortlautes der Gerichtsordnung ziemlich getreu mit dem Olmützer Kodex überein und gleichen ihm insbesondere auch darin, daß sie mit dem Artikel XXXIII und den darnach folgenden Worten "hierauff folgt die acht, so es der kläger begert" abschließen und weder die im Olmützer Kodex im Artikel XXV fehlende Distinctio 4 noch auch den Artikel XXXIV enthalten. Im Olmützer Kodex ist also wohl das Original zu suchen, dem die anderen Niederschriften entstammen.
Vorerst besitzt das Brünner Stadtarchiv eine aus der Stadt Littau, welche gleichfalls von Olmütz Recht nahm, herrührende Papierhandschrift, die dem Ende des 16. Jahrhunderts anzugehören scheint und mit L bezeichnet werden soll. Sie ist 19½ cm hoch, 15½ cm breit, 2 cm stark, umfaßt 95 kleine Quartblätter und bildet den Hauptbestandteil eines schlichten Pappbandes, an dem noch Reste eines einfachen Lederrückens ersichtlich sind. Sie zeigt, auf einem Vorsetzblatte den gleichen Titel "zusammengetragene Artikel in Form u. s. w." und läßt auf die Vorrede zum Leser unter Auslassung des Registers gleich die Bestimmungen der Gerichtsordnung folgen. Ihnen schließen sich auf neun Blättern die Artikel über Nachrichter, Vogt, [Seite: p.9] Gerichtsschreiber und Gerichtsdiener und die Taxordnungen, wie im Olmützer Kodex an. Beigebunden sind endlich 33 Blätter juristische Ausführungen über instructio in causa, ubi plures homicidium fecerant, Bestimmungen über Geleitbriefe, ferner Leipziger Schöftensprüche u. s. w.
Eine andere Papierhandschrift verwahrt das mährische Landesarchiv in der Cerroni’schen Sammlung. Sie ist 19½ cm hoch, 16 cm breit, 3 cm starb, befindet sich in einem mit der Signatur S. II. Nr. 239 versehenen dünnen Pappband und umfaßt sämtliche 434 Seiten. Es ist dies die bis nun der Aufmerksamkeit der Forscher völlig entgangene glossierte Ausgabe dieses Rechtsbuches von der Hand des Paulus Marckowitzer von Olmütz aus dem Jahre 1612 unter dem Titel: "der königl. Hauptstadt Olmütz im Marg. Mährern gerichtlicher Prozeß und Stadt-Ordnung, wie derselbe nach alten hochlöblichen Sächsischen Rechten mit allen seinen Artickuln. Noteln, Puncten und Clausulen etc. alda gehalten wierdt, zusammengefaßt und beschriben durch Paulum Marckowitzer Anno M.D.CXII." In dieser Papierhandschrift ist uns die kleinere Fassung erhalten. Denn aus dem Manuskript selbst geht hervor, daß von Marckowitzer auch ein großes Exemplar "deutsch und lateinisch verfaßt", herrührte, auf welches er sich an mehreren Stellen beruft. Die gegenwärtige kleinere Bearbeitung gibt den Wortlaut der Olmützer Gerichtsordnung mit der Vorrede völlig getreu wieder und ist namentlich, was es die Zitate anbelangt, genauer als die vorige Handschrift. Marckowitzer selbst will den Text "aus etlichen Exemplaren in zimblicher Anzahl, welche man darüber hat", konferiert und restituiert haben. In der Vorrede zum Leser fügt er an der Stelle, wo von den zwei Teilen, in die das Buch zerfällt, gehandelt wird, einen Absatz über einen dritten Teil ein, in welchem "der gerichtliche Prozeß des beschriebenen Rechtens, gewohnhait und täglichen Brauchs in Germanien jetziger zeit üblich, darinnen kürtzlich eines jeden Ambt, darin gericht wandelt, gelehrt wirdt". Diesen dritten Teil sucht man aber vergebens, es wäre denn, daß er seine Zusätze und Anmerkungen zum Texte der Gerichtsordnung als einen solchen betrachtete. Nach der Vorrede zum Leser folgte ein mit Bibelstellen gewürzter "kurzer Unterricht", von wem die Obrigkeiten eingesetzt sind und wie sie sich verhalten sollen, und eine dem Artikel I des sächsischen Weichbildes wörtlich entlehnte Ausführung über die drei Arten des Rechtes. Daran schließen sich die Bestimmungen der Gerichtsordnung mit dem vorgesetzten Titel: "von dem saxsischen Gerichtsprozeß". Die von ihm geplante "nützliche Verbesserung" besteht darin, daß er weitere ausführliche, meist lateinische Allegate derselben Art, wie sie bereits im Olmützer Kodex vorkommen, zugleich mit Ausführungen in deutscher Sprache und zahlreichen Formularien zu Klagen, Zitationen, Litiskontestationen, Urteilen, Eiden, Zeugenbeweisen, Appellationen u. dgl. fortlaufend im Anschlusse an die Bestimmungen der Gerichtsordnung beibringt — "additiones" und "notae", welche namentlich in der ersten Hälfte des Manuskripts besonders reichlich fließen. Im allgemeinen können diese Zusätze kein besonderes Interesse beanspruchen, in der zweiten Hälfte der [Seite: p.10] Handschrift fehlen sie nahezu ganz. Das Register des Olmützer Kodex wird am Schlusse reproduziert, verzeichnet aber auch die von ihm herrührenden Zusätze. Die Nachträge, die oberwähnten Ratsverordnungen über Nachrichter u. s. w. und die Taxordnungen, die auch in der Littauer Handschrift vorkommen, fehlen hier zumeist. Aus dieser Handschrift geht wohl hervor, daß der Verfasser ein unterrichteter praktischer Jurist und insbesondere auch mit der Praxis der sächsischen Hofgerichte vertraut war, da er mehrfach auf Formularien des Leipziger Oberhofgerichtes Bezug nimmt. Von dieser mir bloß in der einen Handschrift bekannt gewordenen Ausgabe des Olmützer Prozesses existierten mehrere Exemplare.p.10.1
Der Originalwortlaut im Olmützer Stadtbuche differiert von dem Texte der letzteren zwei Handschriften nur in der Rechtschreibung und den grammatikalischen Formen, welche bei diesen einen jüngeren Charakter aufweisen.p.10.2 Daß das Littauer Manuskript von den beiden das ältere ist, beweist, abgesehen von den einer späteren Zeit angehörigen Zusätzen des kommentierten Exemplars, auch der Umstand, daß im Littauer Manuskript vielfach bei den Eidesformeln die Worte "und alle Heiligen" durch den Passus "und das heilige Evangelium" ersetzt sind. Es stammt also aus einer Zeit, in welcher der Protestantismus in den mährischen Städten noch das Übergewicht hatte, also aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, jedenfalls aber, nach den mitgeteilten Nachträgen zu schließen, aus der Zeit nach 1583. Bei dieser Handschrift fehlen auch einige der Marginalnoten des Originals, während Marckowitzers Kommentar auch in dieser Hinsicht eine genaue Wiedergabe darstellt. Bei beiden sind aber bereits die im Kodex von späterer Hand herrührenden Zusätze und Berichtigungen in den Text aufgenommen; dagegen ist bemerkenswert, daß die Unterteilung der Artikel in Distinktionen beim Littauer Manuskript nur zum kleineren Teile, bei Markowitzer gar nicht durchgeführt ist.
Es existieren ferner zwei Handschriften einer tschechischen Übersetzung der Gerichtsordnung. Man wird sie wohl von dem processus juris ableiten dürfen, welchen der Rat von Olmütz, wie bereits erwähnt, im Jahre 1562 der Stadt Neutitschein, die damals eine vorwiegend tschechische Verwaltung besaß, in dieser Sprache mitgeteilt hatte.p.10.3 Die gleiche Prozeßordnung muß auch in der Stadt Wall.-Meseritsch im Gebrauche gewesen sein. Diese Stadt nahm ebenso wie das verschwisterte Schönstadt (nun Krasna) Recht von Leobschütz in Schlesien, löste aber 1565 diese Verbindung und unterwarf sich freiwillig der Gerichtsbarkeit des Olmützer Oberhofes.p.10.4 Mit dem Olmützer Rechte muß auch das dortige Verfahren Eingang gefunden haben.
Die eine Handschrift dieser Prozeßordnung (proces práwa Olomucskeho genannt) findet sich auf Blatt 1—36 des sogenannten Wall.-Meseritscher Gedenkbuches (Nr. 293, mährisches Landesarchiv), eines Papierkodex, welcher mehrfaches auf die Stadt Wall.-Meseritsch und ihre Rechtsverhältnisse gegenüber der Herrschaft und den Oberhöfen Olmütz und Leobschütz bezügliches Material enthält. Der Prozessus ist von dem Bürger Johann Fuczik, der wiederholt in seiner Vaterstadt Wall.-Meseritsch Ämter bekleidete — er war 1625 Bürgermeister — im Jahre 1611 (zur Zeit des greuelvollen Passauer Einfalles, wie er getreulich berichtet) niedergeschrieben. Er besorgte sich diese Abschrift, wie er sagt, zu seinem und anderer Leute gegenwärtigen und zukünftigen Gebrauche — wohl ein Beweis, daß diese Prozeßordnung beim Wall.-Meseritscher Ortsgerichte in Anwendung stand.
Dasselbe geht auch aus einem anderen nun im Besitze des deutschen Vereines für die Geschichte Mährens und Schlesiens befindlichen Manuskripte hervor. Es bildet einen Bestandteil des sogenannten Přilauker Kodex (Handschriftenkatalog des Vereines Nr. 251), der in Wall.-Meseritsch 1593 von Johann Šiwy angelegt, von dessen Sohne Andreas, dem Bürgermeister dieser Stadt, bis 1651 fortgeführt worden war.p.11.1 Es ist dies ein schlichter, stark gebrauchter Pappband mit einfachem, etwas beschädigten Lederrücken, 27 cm hoch, 18 cm breit, 3 cm stark. Seine 298 Seiten sind an den Rändern stark abgenützt und vielfach vom Buchbinder ergänzt. Auf Seite 209 bis 266 liest man den Prozeß, aber das erste Blatt fehlt.
Beide Manuskripte geben bis auf den Artikel IV den vollständigen Text, der im Olmützer Kodex und den anderen oberwähnten deutschen Handschriften enthalten ist, in ziemlich getreuer Übersetzung wieder. Hie und da sind einige Ausführungen des Originals zusammengezogen, die lateinischen Stellen werden übersetzt, auch sind dem Texte an einigen Stellen Erläuterungen und Noten beigefügt, welche das Verständnis erleichtern sollen, so wenn der Ausdruck "Schwertmagen" (Artikel 14), der Rentenzins (Artikel 8), das Gericht im Gegensatze zum Rat (Artikel 1 des II. Teils) u. dgl. erklärt werden. Bei der Übersetzung einzelner Bestimmungen und [Seite: p.12] der Anführung einiger termini technici (wie eductio statt evictio u. dgl.) und Allegate unterliefen mitunter Mißverständnisse. Auch die Übersetzung juristischer Ausdrücke ermangelt bisweilen der Präzision. Besonders bemerkenswert ist die geänderte Anordnung des Stoffes. In einer auf Artikel 5 (entspricht dem Artikel VI des Olmützer Rechtsbuches) folgenden Note wird bemerkt, daß die Artikel 7, 8, 9, 10, 11, 13, 14, 15 und 16 als nicht eigentlich dahin gehörig und der Erörterung eher hinderlich ausgelassen und erst hinten nachgesetzt werden. Veranlassung hiezu gab aber wol der Umstand, daß die scharfe Unterscheidung zwischen dem Verfahren vor Gericht und gehegter Bank, welche dem Rechtsbuche im Olmützer Kodex eigentümlich ist, an anderen Orten ungebräuchlich sein mochte, es daher wohl am besten erschien, die Bestimmungen über den Vollzug der durch das "Gericht" geschöpften Entscheidungen nicht gesondert, sondern vereint mit den entsprechenden Vorschriften über die Exekution der Endurteile vor gehegter Bank vorzutragen. Demzufolge enthält der erste Teil 18 und der zweite Teil, wieder mit l beginnend, 10 Artikel. Nach diesem 10. Artikel wird der zweite Teil als abgeschlossen bezeichnet. Es folgen aber darauf dessenungeachtet die beiden Titel vom Prozeß des körperlichen Eides und wie man einen Toten mit Rechte aufhebt.
Wenngleich die beiden Handschriften bis auf die Orthographie und insbesondere die diakritischen Zeichen eine vollständige Übereinstimmung zeigen, so scheint doch die eine Abschrift nicht von der anderen entnommen worden zu sein. Die im Groß-Meseritscher Gedenkbuche enthaltene ist unzweifelhaft die ältere, aber ungelenk und flüchtig und namentlich bezüglich der Teilung des Stoffes in Distinktionen nachlässig, da die arithmetische Reihenfolge der Distinktionen nicht genau beobachtet wird. Die viel jüngere Přilauker Handschrift, deren Schreiber auch das fehlende erste Blatt des Wall.-Meseritscher Manuskripts ergänzt hatte, weist dagegen eine saubere, sorgfältige, beinahe schön zu nennende Handschrift auf und hält sorgsam die Einteilung im Artikel und Distinktionen durch das ganze Manuskript fest. Auch folgt hier nach Artikel 16 richtig Artikel 17, während das Meseritscher Gedenkbuch irrtümlich den Artikel 17 abermals mit 16 bezeichnet. Das Manuskript des Přilauker Gedenkbuches kann also nicht gut eine Abschrift des Meseritscher sein. Eher weisen beide auf eine Vorlage als gemeinsame Quelle hin, welche sich wohl ursprünglich im Besitze der Gemeinde Wall.-Meseritsch befunden haben mag, aber nicht mehr erhalten ist, und mit dem verloren gegangenen processus juris der Stadt Neutitschein nach dem Zeugnisse des erwähnten Geschichtsschreibers dieser Stadt völlig übereiustimmte.
Die Grundlage der gegenwärtigen Edition mußte selbstverständlich der im Olmützer Kodex enthaltene Text sein. Er wurde nur dort verbessert, wo sich dies nach dem Ergebnisse der Vergleichung mit den anderen Handschriften als unerläßlich herausstellte. Zumeist ist dies durch Anmerkung ersichtlich. Die in den Text verwobenen Hinweisungen auf die römischen und [Seite: p.13] kanonistischen Gesetzbücher und die italienischen Schriftsteller mußten selbstverständlich zum Abdrucke gebracht werden. Aus diesem Grunde konnte aber auch von dem Abdrucke der Marginalnoten nicht abgesehen werden. Wenn sie auch kein hervorragendes Interesse bieten, gestatten sie doch einen Einblick in die Auffassungen und Absichten des Verfassers. Bezüglich dieser Allegate war eine mannigfache Richtigstellung erforderlich. Verhältnismäßig am leichtesten war es, den Hinweisungen auf die Quellen des römischen und kanonischen Rechtes zu folgen, schon schwieriger hinsichtlich der gemein- und deutschrechtlichen Glossen, da nicht feststeht, welche Ausgaben dem Verfasser vorlagen. Die "Allegate" der Handschrift außer Text, die unter dem Strich zum Abdrucke gelangen, wurden zum Unterschiede von den Anmerkungen des Herausgebers durch Buchstaben unterschieden: also a), b) und 1), 2) u. s. w.
Die Nachträge im Anhange fußen vorzüglich auf der Littauer Handschrift, welche mit dem Olmützer Kodex verglichen und, wo es not tat, in Einklang gebracht wurden.
Bezüglich der Orthographie schließt sich die Ausgabe möglichst eng an das Original an. Nur wurde bezüglich des v vor Konsonanten und des u vor Vokalen sowie des y die neuere Schreibung vorgezogen.
Bezüglich der Verdoppelung des nn und tt am Ende der Silben und der Häufung der Konsonanten in der Verbindung ldt ist die Olmützer Handschrift selbst unkonsequent.
Der Herausgeber hielt sich daher für berechtigt, das zweite n und t im Auslaute fallen zu lassen und dem gegenwärtigen Brauche entsprechend ld oder lt zu schreiben.
Das abwechselnde "vndt, vnndt, vnd" geschriebene "und" wird nach der jetzigen Schreibung gedruckt.
Die deutsche Kolonisation des Ostens, eines der folgenreichsten Ereignisse der deutschen und österreichischen Geschichte, hatte auch auf dem Gebiete der Sudetenländer ungeheuere Umwälzungen im Gefolge.
Mit den deutschen Rittern, Bürgern und Bauern, welche seit dem 12. Jahrhundert die starrende Wildnis in blühendes Ackerland verwandelten und dies slavische Gebiet durch die Begründung des Städtewesens dauernd der Kultur gewannen, gelangte auch das deutsche Recht zu einer nahezu ausschließlichen Herrschaft und verdrängte das einheimische. Der Sonderung Deutschlands nach Stammesart entsprechend, verfolgte das deutsche Recht seinen Siegeslauf auf zwei Wegen. Der Norden und Osten fiel der sächsischen Art zu, und so waren alle die Städte, Märkte und Dörfer im Norden Böhmens und Mährens und im angrenzenden Schlesien bis nach Polen, die unter dem Wetteifer der Fürsten und Großen in rascher Aufeinanderfolge entstanden, zumeist mit Magdeburger Recht bewidmet. Dessen Geltungsgebiet wurde in Böhmen ungefähr durch den Lauf der Elbe bezeichnet und [Seite: p.14] hier erwarb bald Leitmeritz im Rechtsverkehre eine vorherrschende Stellung, indem alle nach dem gleichen Rechte lebenden Städte Böhmens seit 1325 mit ihren Rechtsbelehrungen dahin gewiesen wurden. Im Norden Mährens war Olmütz in gleicher Weise durch ein Privileg Markgraf Johanns von 1352 Oberhof für alle Orte geworden, die nach sächsischem Rechte ausgesetzt waren, und zwar seither in dauernder Unterordnung unter den Schöffenstuhl Breslaus, dessen Recht ihm im Jahre 1351 in einer vollständigen Fassung mitgeteilt worden war.p.14.1 So herrschte im Norden des heutigen Österreichs bis nach Krakau und Lemberg hin Magdeburg-sächsisches Weichbildrecht.
Südlich von der erwähnten Grenzlinie in Böhmen und im mittäglichen Teile Mährens überwog wesentlich süddeutsches Recht, dort die Altstadt Prag, hier Brünn und Iglau schon frühzeitig die Vororte einer großen Anzahl nach deutschem Rechte lebender Städte und Ortschaften. Jeder der beiden Rechtskreise nahm auch dem gemeinen Rechte gegenüber eine besondere Stellung ein. Während die Gebiete, in denen sächsische Überlieferung herrschte, dem eindringenden römisch-kanonischen Rechte beharrlich widerstrebten, faßte es auf dem der nordischen Rechtsentwicklung entrückten anderen Boden namentlich infolge des hohen Ansehens, in welchem das bekanntlich stark romanisierende Brünner Schöffenrecht stand, verhältnismäßig frühzeitig festen Fuß.p.14.2 Die Entwicklung hielt gleichen Schritt mit dem übrigen Deutschland. Die Lehren der Justinianischen und päpstlichen Gesetzbücher brachen sich auch hier unaufhaltsam Bahn und schufen in gewissem Sinne das gesamte Rechtsleben des Volkes um. Besonders stark erwiesen sich die Einflüsse der fremden Rechte auf dem Gebiete des Prozesses. Das auf Grund der besten Darstellungen desselben (eines Tancredus, Roffredus u. a.) von Guilielmus Durantis († 1296) verfaßte speculum judiciale stand allenthalben nahezu im Ansehen eines Gesetzbuches. Als nun diese von den italienischen Juristen ausgebildeten Grundsätze im Verfahren des 1495 in Deutschland errichteten ständigen Reichskammergerichtes herrschend wurden und das gemeine Recht nun auch formell rezipiert wurde, gab es keinen Widerstand mehr, und wurde das einheimische nun völlig verdrängt.
Anders, wo Sachsenrecht galt. Abgesehen vom landsässigen Adel hielten namentlich die Städte dem von den gelehrten Doktoren geleiteten Ansturme gegenüber Stand und wußten sich die nationale Rechtsüberlieferung wenigstens in den wesentlichsten Stücken zu erhalten. Ein direktes Eingreifen der Landesfürsten zu Gunsten des fremden Rechtes hebt hier nun mit dem Jahre 1548 an. Im Verfolg des schmalkaldiscben Krieges, verbot Ferdinand I. den Rechtszug nach Magdeburg sowohl für Böhmen als auch für Mähren und Schlesienp.14.3 und errichtete [Seite: p.15] am 20. Jänner 1548 auf dem Prager Schloß ein gemeinsames Appellationsgericht für sämtliche Städte der böhmischen Länder. Durch die Berufung rechtsgelehrter Doktoren als Beisitzer wurden der ausschließlichen Anwendung des gemeinen Rechtes die Wege geebnet. Hand in Hand damit gingen die Bestrebungen zur Einführung eines gemeinsamen Stadtrechtes für ganz Böhmen.
Die Altstadt Prag hatte durch die Annahme der Brünner Schöffensprüche (des cursus sententiarium civilium) als Hauptrechtsquelle ihres Stadtrechtes dem Eindringen der römisch-kanonischen Doktrin frühzeitig Vorschub geleistet und führte nun einen hartnäckigen Kampf mit den nach Magdeburger Recht lebenden Städten Leitmeritz, Laun, Schlan, Nimburg und Aussig, um an die Stelle des Magdeburger ihr eigenes "einheimisches" Rechtp.15.1 mit einer das ganze Land umfassenden Wirksamkeit zu setzen. Diese Bestrebungen fanden an Ferdinand I. und seinen Nachfolgern eine tatkräftige Unterstützung, wenn sie nicht von ihnen selbst veranlaßt wurden. Dieser Streit endete mit dem Siege des gemeinen Rechtes, da das deutsche in jenen Städten keinerlei Rückhalt an einem deutschen Bürgertum besaß; denn dieses war zumeist in den Hussitenstürmen zu Grunde gegangen. Paul Christian Koldin, Ratsschreiber der Altstadt Prag, hatte den Entwurf einer gemeinrechtlichen Reformation des Munizipalrechtes dieser Stadt verfaßt, welcher nach mannigfachen Versuchen, zu einer Einigung mit der Städtegruppe des sächsischen Rechtes zu gelangen, 1579 mit Bewilligung der Stände unter dem Titel "Böhmische Stadtrechte" in Druck gelegt wurde.p.15.2 Sie wurden nach der ausdrücklichen Unterwerfung der Stadt Leitmeritz seit 1610 allgemein verbindliches Gesetz für die Stadtgerichte in ganz Böhmen. Damit war hier das Vorwalten des römisch-kanonischen Prozesses entschieden.
Nicht so in Mähren. Der Norden des Landes erwehrte sich standhaft unter Vortritt der Stadt Olmütz des Rechtszuges an das Prager Appellationsgerieht und widersetzte sich nach Kräften der Beiseiteschiebung seiner nationalen Rechtsgewohnheiten.
In Deutschland hatte die Aufnahme des fremden Rechtes, insoweit nicht das Bestreben vorwaltete, das einheimische mit dem fremden Rechte zu verschmelzen (in den sogenannten Reformationen), zur Aufzeichnung des deutschen Gewohnheitsrechtes und zur partikularen Gesetzgebung, namentlich auf dem Gebiete des Prozesses, genötigt. Diese Verhältnisse mußten auch in den Sudetenländern dazu führen, daß mehrfach Aufzeichnungen des auf dem Boden des sächsischen Rechtes erwachsenen strittigen Verfahrens entstanden. Soweit bekannt, geschah dies aber nicht nur in Böhmen, Mähren und Schlesien, sondern sogar in den Städten Polens.
Aus Anlaß des oberwähnten Streites zwischen Prag und Leitmeritz [Seite: p.16] befahl Kaiser Maximilian II. der letztgenannten Stadt eine Darstellung ihres Rechtes zum Zwecke der Vergleichung mit dem Prager zu entwerfen und ihm vorzulegen. In dieser am 13. Februar 1571 in tschechischer Sprache überreichten Denkschrift,p.16.1 betitelt "Auszug der hauptsächlichsten und vernehmlichsten Artikel des sächsischen oder Magdeburger Rechts", geschehen vielfache Hinweise auf einen processus juris dieser Stadt. Tatsächlich findet sich in zeitgenössischen Mitteilungen die Nachricht, daß Nikolaus Mitas Austynus († 1574), Primas der Schöffen und wiederholt Primator (Bürgermeister) dieser Stadt, ein in den sächsischen Rechten überaus erfahrener Mann, den Prozeß des Leitmeritzer Schöffenstuhles zusammengetragen und verfaßt habe.p.16.2 Die Handschrift hat sich jedoch, soweit bekannt, nicht erhalten. Die Daten, welche aus dem Prozesse in den obigen wohl gleichfalls von Austynus verfaßten Extrakt des Magdeburger Rechtes übergegangen sind, lassen den Charakter dieser Gerichtsordnung und die damalige Gerichtsverfassung der Stadt Leitmeritz deutlich erkennen. Die Besetzung der Schöffenbank, die alten Hegungsformen, das Vorhandensein der prozessualen Vare, die Kategorien der Klagen, die Grundsätze über den Beweis, namentlich über das Nähersein zum Beweise und den Eid mit Eideshelfern, die Urteilsschelte gegenüber dem urteilfindenden Schöffen, nicht am wenigsten die Bestimmungen über die peinliche Klage im Falle der handhaften oder übernächtigen Tat, die Exekution und das ganze System der Gewetten und Bußen geben keinem Zweifel Raum, daß dieser wohl bis zum Jahre 1610 in Anwendung gebliebene Prozeß frei von jedem Einflüsse der römisch-kanonischen Grundsätze geblieben war und diese damals tschechische Stadt das strittige Verfahren nach den sächsischen Reehtsbüchern in seiner ursprünglichen Reinheit treulich bewahrt hatte. Diese Gerichtsordnung muß vor dem Jahre 1571 verfaßt worden sein, und die darin niedergelegten Bestimmungen und Förmlichkeiten hatten sicherlich, wie sich übrigens auch der Beschluß des böhmischen Landtages vom Jahre 1610p.16.3 deutlich vernehmen läßt, einen der wesentlichen Unterschiede im Gerichtswesen der beiden rivalisierenden Parteien gebildet.
In Breslau empfand man nicht minder das Bedürfnis, die zerstreuten Statuten und Willküren der Gemeinde zusammenzufassen und zugleich das geltende Prozeßrecht aufzuzeichnen. Es wurden in der Tat mehrere Sammlungen dieses Materiales vorgenommen, hinsichtlich des materiellen Rechtes wurde jedoch wohl nicht vor dem Jahre 1577 zu einer offiziellen Redaktion geschritten.p.16.4 Das Bedürfnis, gegen das seit Erlassung der Reichskammergerichtsordnung allenthalben eindringende und namentlich von den gelehrten Juristen begünstigte gemeinrechtliche Verfahren eine Schutzwehr zu errichten, muß aber schon früher zur Erlassung einer mit offizieller Geltung ausgestatteten Prozeßordnung geführt haben. Unter [Seite: p.17] den von Wendroth veröffentlichten Statuten der Stadt Breslaup.17.1 von 1527/1534, die seither als Privatsammlung erkannt wurden, befindet sich auch ein als "gerichtlicher Prozeß der Königklichen Stadt Breslaw" betiteltes Stück. Es ist das keine Prozeßordnung, sondern nur eine Zusammenstellung der bei den Gerichten in Breslau üblichen Förmlichkeiten und Taxen. Eine Gerichtsordnung der Stadt Breslau wurde bekanntlich im Jahre 1591 durch den Druck veröffentlicht und war, wie ausdrücklich in der Publikationseinleitung vermerkt wird, ein autonomer Akt der kommunalen Gesetzgebung dieses Jahres.p.17.2 Im Archive der Stadt Breslau befindet sich aber eine ausführliche Handschrift über Prozeß, welche als ein Entwurf zu dieser vorgedachten Prozeßordnung gilt.p.17.3 Es ist aber eher anzunehmen, daß diese Handschrift eine offizielle Aufzeichnung des geltenden Prozeßrechtes war, die aus dem Jahre 1535 stammen dürfte. Denn in der Vorrede zu der gedruckten Prozeßordnung vom Jahre 1591 wird folgendes ausgeführt: Es seien aus Unkenntnis der "alten Breslauer Gerichtsordnungen, Prozeß und Gebräuche" Neuerungen eingeführt worden. Aus diesem Grunde hätten daher die Ratmannen und Schöffen der Stadt es für notwendig erachtet, "die alten Gerichtsordnungen und Prozeß bei dieser Stadt, in massen die selbigen unsere liebe Vorfahren aus den alten kaiserlichen und Sachsenrechten und alten Gebräuchen in einen schriftlichen Begriff verfaßt und zusammengetragen" zu revidieren und in eine kurze und beständige Ordnung zu bringen, damit sich niemand mit der Unwissenheit entschuldigen könne. Dieser Hinweis kann sich blos auf die nur in Handschrift erhaltene Prozeßordnung (Breslauer Stadtarchiv H. S. J. 59) bezogen haben. Diese sehr ausführliche und sich von den späteren gedruckten Gerichtsordnungenp.17.4 in vielen Stücken unterscheidende Rechtsaufzeichnung gibt ein überaus klares Abbild des in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Breslau üblichen Verfahrens und der damaligen Gerichtsverfassung. Die Förmlichkeiten bei den Prozeßhandlungen werden wohl aus dem Grunde nicht mitgeteilt, weil eine solche Sammlung bereits bestand oder gleichzeitig vorgenommen wurde. Mehrfach werden bei einzelnen Bestimmungen die Worte: "so setzen und ordnen wir" vorangestellt, wohl ein Umstand, welcher um so eher auf eine autonome Satzung schließen läßt, als zudem Zitat und lehrhafter Ton vermieden sind.p.17.5 Sie ist sehr ausführlich, und es läßt sich an der Hand der einzelnen Bestimmungen genau nachweisen, wie das gemeinrechtliche Verfahren in den wesentlichen Stücken der artikulierten Klage, [Seite: p.18] der Ungehorsamsfolgen, des Beweises u. s. w. die einheimische Übung nicht zu verdrängen vermochte.p.18.1
Ähnlichen Zeitbedürfnissen und gleichen Anlässen entstammt auch die Olmützer Gerichtsordnung. Der Gedanke lag nahe, dem Beispiele anderer zahlreicher Städte zu folgen und durch die Aufzeichnung der den Rechtsgang in diesem Gemeinwesen bestimmenden Satzungen und Gewohnheiten den namentlich von Seite der gelehrten Juristen ausgehenden Bestrebungen zur Anwendung der fremden Prozeßgrundsätze wirksam entgegenzutreten. Dabei machte sich hier wenn auch in viel geringerem Maße wie bei den Reformationen der deutschen Stadtrechte das Bestreben geltend, die in einigen Stücken bereits vollzogene Annäherung an das rezipierte gemeinrechtliche Verfahren bei der Abfassung zu berücksichtigen. Auch mochte vielleicht unter Umständen der unwillkommene Bestand des Prager Appellationsgerichtes hiezu gemahnt haben. Daß in dieser Richtung ein unmittelbarer Zusammenhang mit Breslau stattfand, braucht nicht notwendig angenommen zu werden, wenn auch manche Förmlichkeiten des Verfahrens in Olmütz unleugbar denen des Breslauer Prozesses nahezu gleichen.p.18.2
Aus dem Inhalte aller Handschriften, insbesondere aber aus der "Vorrede zum Leser" geht die Absicht des Verfassers deutlich hervor. Er wollte das Gerichtsverfahren aufzeichnen, wie es sich auf der Grundlage des geschriebenen Rechts und der steten Übung in der Stadt Olmütz herausgebildet hatte, oder mit einem Worte, den Rechtsgang vor den Olmützer Gerichten sowohl im Zivil- als auch in Strafverfahren zusammenfassend darstellen. Diese Arbeit war für das Bedürfnis der Praktiker bestimmt, das ist für alle bei der Rechtsprechung in Olmütz beschäftigten Personen, also die Vögte, Schöffen, Notare (Stadt- und Gerichtsschreiber), Advokaten und Prokuratoren. Aus diesem Buche sollten sie alle zur Förderung der Gerechtigkeit und des gemeinen Nutzens Belehrung schöpfen. Zum Zwecke der leichteren Auffindbarkeit der einzelnen vorgetragenen Lehren dienen, wie der Verfasser ausdrücklich hervorbebt, ein besonderes Register und die Einteilung seines Buches in zwei Teile, welche wiederum in Artikel und Distinktionen zerfallen. Der Stoff ist so gegliedert, daß im ersten Teil der Rechtsgang vor dem Vogte (bei Gericht) und im zweiten Teil das Verfahren vor den Banrechten (Panteidingen) behandelt werden. Demselben Zwecke der Belehrung sollen auch die Allegate, die so überaus zahlreichen Hinweisungen auf die Quellen des positiven Rechtes, wie er es auffaßte, und deren [Seite: p.19] Ausleger dienen, welche sowohl in den Text verwoben, als auch unterhalb desselben und am Rande in Form von Anmerkungen angebracht erscheinen. Als das "geschriebene Recht", welches seiner Darstellung vorzüglich zu Grunde gelegt wird, gelten ihm in erster Linie der Sachsenspiegel, und zwar vornehmlich das Landrecht, während das Lehenrecht seltener erwähnt wird, sowie das sächsische Weichbildrecht mit den Glossen. Wiederholt erwähnt er auch der Rechtsgewohnheiten des Magdeburger und Leipziger Schöppenstuhles. Nicht minder scheint ihm wohl auch das gemeine Recht als das "geschriebene" zu gelten, wenn er es auch im Texte nicht ausdrücklich hervorhebt. Denn ebenso zahlreich wie die Hinweisungen auf die sächsischen Rechtsbücber sind auch die auf das gemeine Recht, namentlich auf die Pandekten und den Codex sowie auf die Quellen des kanonischen Rechtes. Neben ganzen Sätzen und aber auch bloßen Zitaten aus dem corpus juris civilis werden häufig Stellen aus den Werken der italienischen Juristen nach der Zeit der Glosse des Accursius, also der sogenannten Postglossatoren und namentlich deren Hauptvertreter Bartolus († 1359) und Baldus († 1400), aber auch vieler anderer angeführt. Beruft sich der Verfasser meistens auf Digesten und Codex und schon seltener auf die Institutionen und Novellen (Authentiken), so werden, abgesehen von der Bibel, von den kanonischen Gesetzbüchern am häufigsten die Dekretalen, minder oft das Decretum Gratiani, der liber sextus und die "Clementinen" genannt, mit diesen zugleich aber die berühmtesten Kanonisten, wie Johann Andreae, Nikolaus de Tudeschis (Abbas Siculus), Papst Innozenz IV. und vor allem der bereits erwähnte Guilielmus Durantis (der sogenannte Speculator). Dessen Speculum judiciale mit den Additiones des Johann Andreae und des Baldus sind sein wie aller Prozessualisten Leitstern.
Es wäre aber verfehlt, die zahlreichen Belegstellen selbst als Frucht einer besonders eingehenden Beschäftigung mit den Quellen und wissenschaftlichen Bearbeitern des gemeinen Rechtes aufzufassen. Schon in der Glosse zum Sachsenspiegel und Weichbild werden zahlreiche Stellen aus dem römischen und kanonischen Recht und aus Werken der Glossatoren angeführt — sie dienen dem Bestreben, die Übereinstimmung des nationalen mit dem gemeinen oder Kaiserrecht zu erweisen und bilden den gelehrten Apparat dieser Rechtsbücher. Auch die zahlreichen juristischen Schriftsteller in Deutschland vom Ende des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, von dem Verfasser des Klagspiegels und Tengler, Ulrich bis zu Perneder, Andreas, Gobler, Justinus, Rothschütz, Chilian König und anderen, gingen nicht anders vor. Von dem Bestreben geleitet, das gemeine Recht oder das partikuläre im Anschlusse an das fremde für die damals noch überwiegend ungelehrten Richter und Schöffen populär darzustellen, zitierten sie zur Unterstützung ihrer Ausführungen zahlreiche Bestimmungen aus den Quellen und Glossen. Diese Hinweise auf die Rechtsquellen und ihre Ausleger übernahm der Verfasser der Olmützer Gerichtsordnung, aber nicht genug damit, schrieb er auch ganze Sätze, ja Abschnitte aus den damals gangbarsten Schriften ab [Seite: p.20] und verwertete sie in seiner Darstellung. Seine Hauptquelle war Chilian Königs Processus und Practica, 1541, nach dem Tode des Verfassers herausgegeben. Einiges entnahm er auch Andreas Perneders gleichfalls erst nach dessen Tode 1544 zum Drucke beförderten Buche, betitelt "gerichtlicher Prozeß". Selbst den Schluß der Vorrede konnte er nicht umhin mit einer Stelle aus der Vorrede Hungers zu Perneders Verdeutschung der Summa Rolandina des Soccinus vom Jahre 1544 auszustatten. Seine meisten theoretischen Ausführungen, insbesondere über Klagevorbereitung, Prokuratoren, Litiscontestation, Gewere, Zeugenbeweis, Urteil u. s. w., entnahm er, wie erwähnt, vorzugsweise König, der auf dem Gebiete des sächsischen Prozesses ein großes und wohlverdientes Ansehen besaß, und verwob sie in den Text seiner Darstellung des Olmützer Rechtsganges. Es ist dies ein Vorgang, der in damaliger Zeit nicht ungewöhnlich war.p.20.1 Nennt er aber Chilian König und Andreas Perneder, denen er so viele Ausführungen wörtlich entlehnte, nicht, so beruft er sich dagegen ausdrücklich zur Unterstützung seiner Darstellung auf Ulrich Zasius, den einflußreichsten Juristen des 16. Jahrhunderts, und auf Henning Goden (richtig Göde, † 1521), indem er namentlich aus des letzteren Iudiciarii ordinis processus, gedruckt 1538, mehrere Stellen mitteilt. Der Verfasser scheint schon durch das Wort "zusammengetragene Artikel" haben andeuten wollen, daß er auch aus fremden Werken geschöpft habe. Der größere Teil der Gerichtsordnung besteht aber aus Bestimmungen und Rechtsförmlichkeiten, welche dem Olmützer Stadtrecht eigentümlich waren und ihren inneren Zusammenhang mit dem Breslau-Magdeburger Schöffenrecht nicht verleugnen können. Es wäre aber ungerecht, die Geschicklichkeit und den sichern Takt, welche bei der Zusammenstellung und Abfassung des Stoffes vorwalteten, nicht anzuerkennen. Arbeiten von geringerem Verdienst besaßen damals einen ansehnlichen Einfluß auf die Praxis und brachten den Verfassern hohe Ehren. Die Bedeutung der Olmützer Gerichtsordnung ist allerdings nicht in der Richtung zu suchen, ob es eine mehr oder minder wissenschaftliche Bearbeitung des damaligen Prozeßrechtes darstellt, sondern darin gelegen, daß in ihr getreu wie in einem Spiegel der gesamte Rechtsgang mit allen überlieferten und durch ihr hohes Alter und den nationalen Gehalt ehrwürdigen Förmlichkeiten des deutschen Rechtes für die späten Enkel zu schauen ist.
Der Zeitpunkt der Verfassung ist ungefähr um die Mitte des 16. Jahrhunderts anzusetzen. Vor 1541, aber auch vor 1544 kann das Buch nicht gut entstanden sein, da es Chilian König ausschreibt und zudem Stellen aus Andreas Perneders gerichtlichem Prozeß und aus dessen deutscher Übersetzung der Summa Rolandina des Soccinus enthält, also aus Schriften, welche erst nach dem im Jahre 1544 erfolgten Tode dieses Autors in Druck gegeben wurden. Dagegen müßen die in der Gerichtsordnung [Seite: p.21] mitgeteilten Ratsbeschlüsse, die alle in das Jahr 1547 fallen, die Möglichkeit der Entstehung der Gerichtsordnung in einem früheren Zeitpunkte nicht unbedingt ausschließen. Die zahlreichen Fälle, in denen der Rat von seinem jus statuendi Gebrauch machte, zeigen, daß die regere gesetzgebende Tätigkeit der Gemeindeverwaltung in dieser Zeit zugleich den Anlaß gegeben haben mag, eine Sammlung des auf dem Gebiete des Prozeßrechtes vorhandenen Materials zu veranstalten. Es konnte sich daher damals auch nur um dessen Ergänzung und Abänderung gehandelt haben. Die Ziffer 1550 im Initial des Titels wirkt also zwar für den Zeitpunkt der vorliegenden Niederschrift beweisend, muß aber nicht ohneweiters auch für die Zeit der Abfassung und ersten Niederschrift zutreffen. Unbedingt fällt aber die Entstehungszeit zwischen 1544(1541)—1550.
Was es die Geltung der Gerichtsordnung betrifft, so wird kaum bezweifelt werden können, daß diese einen offiziellen Charakter besaß. Sie enthält vornehmlich eine vom Stadtschreiber wahrscheinlich, wie anderwärts, auf Befehl des Rates vorgenommene Aufzeichnung des geltenden Rechtes unter Anlehnung an die Rechtsquellen und die gangbare juristische Literatur. Die Ratswillküren wurden, soweit bekannt, in damaliger Zeit überhaupt nicht förmlich publiziert, da ihre Eintragung in den Stadtbüchern als genügend angesehen wurde und es Aufgabe des Stadtschreibers war, die Kenntnis solcher Ratsbeschlüsse lebendig zu erhalten. Eine förmliche gesetzliche Geltung muß deshalb nicht unmittelbar beabsichtigt worden sein. Die Bestimmungen der Gerichtsordnung galten eben, weil sie den sächsischen Rechtsbüchern und dem im Anschlüsse daran überlieferten Gewohnheitsrechte der Stadt Olmütz entsprach, und erst später wird sich der Gedanke Bahn gebrochen haben, daß die Gerichtsordnung, wie sie im mehrerwähnten Kodex niedergeschrieben war, das geltende formelle Recht der Gemeinde Olmütz darstelle. Vor 1562 wird dies allerdings nicht der Fall gewesen sein. Noch 1559 übermittelte der Olmützer Rat der Stadt Proßnitz die erbetene Rechtsbelehrung über die Form der Eidesablegung, indem er den betreffenden Abschnitt der Gerichtsordnung (der Artikel XXXII) ausführlich in tschechischer Sprache dem Sinne nach wiedergibt; ähnlich der Ortschaft Groß-Senitz ein Weistum über die Klagegewere. Als aber die Stadt Neutitschein im Jahre 1562 um die Mitteilung des processus juris, wie er in Olmütz beobachtet werde, einkam, wurde die Ausfolgung eines solchen Prozesses vom Rate angeordnet.p.21.1 Es ist dies jener Processus juris, der unzweifelhaft in Neutitschein galt.p.21.2 Wahrscheinlich wurde es seither üblich, den Tochterstädten, welche um eine Belehrung über das anzuwendende förmliche Recht ansuchten, Abschriften der betreffenden Artikel der Gerichtsordnung zu überantworten. So übersendete der Rat auch im Jahre 1563 (F.V.p. Francisci) auf das Begehren der Stadt Mähr.-Trübau um eine Unterweisung, wie ein körperlicher [Seite: 22] Eid abgelegt werden solle, "den Prozeß, wie es alhie mit den corperlichen aiden im brauch von alters hero verhalden worden," unter dem Gerichtssiegel, also eine Abschrift aus der Gerichtsordnung. Da aber diese Abschrift offenbar unvollständig war, ließ der Rat Freitags nach Galli desselben Jahres "den fehlenden Anfang des Prozesses, wie uns alhie verhalten, den unsere vorfahren aus beweglichen Ursachen haben aufkommen lassen, damit man den eid nicht gering halten soll",22.1 an die Tochterstadt folgen. Als ferner der Markt Groß-Wisternitz im Jahre 1602 eine Rechtsbelehrung über die Einbringung fälliger Grundzinse (Erbzinse) begehrte, wird das eingehende den Inhalt des betreffenden Abschnittes der Gerichtsordnung in tschechischer Übersetzung getreu wiedergebende Weistum als der in dieser Hinsicht geltende Prozeß bezeichnet. In der Sammlung der Entscheidungen des Olmützer Oberhofes, die sich im Archive dieser Stadt erhalten haben, finden sich auch vielfach Spuren der steten Anwendung der Gerichtsordnung22.2, deren Handschrift im oberwähnten Kodex sich bis zum heutigen Tage in städtischem Besitze erhielt und Spuren andauernder Benützung trägt. Wird auch berücksichtigt, daß die später eingetretenen Änderungen in der Gerichtsverfassung, dem Verfahren und Taxwesen offenbar von einem anderen Stadtschreiber am Rande des Textes nachgetragen wurden, daß ferner an die Städte Neutitschein und Wall.-Meseritsch der ganze Text, an anderen Orte Teile desselben mitgeteilt wurden, sowie daß sehr viele deutsche und tschechische Abschriften davon im Umlauf waren, so muß wohl angenommen werden, daß die Gerichtsordnung nicht nur in Olmütz, sondern vermöge der auf Grund derselben ergehenden Rechtsbelehrungen mittelbar in allen nach Olmütz als Oberhof gewiesenen Orten gesetzliche Autorität besaß. Vor allem beweist dies aber das Zeugnis Paul Markowitzers, der im Titel seiner Ausgabe vom Jahre 1612 bemerkt, daß diese Gerichtsordnung in Olmütz "gehalten", d. i. wie ein geltendes Gesetz beobachtet wird. Dafür spricht schließlich auch der Umstand, daß die mit dem Neutitscheiner processus juris übereinstimmenden tschechischen Niederschriften zum Gebrauche der obgenannten Magistratspersonen der Stadt Wall.-Meseritsch angefertigt wurden.
Über die Person des Verfassers sind nach dem Ergebnisse der angestellten Erhebungen vorläufig nur Vermutungen gestattet. Der Umstand, daß die Aufzeichnung des usus fori d.i. die Darstellung des in Olmütz geltenden Prozeßverfahrens beabsichtigt war, und auch die ausgesprochene Absicht, einen gemeinverständlichen Leitfaden für die Bedürfnisse der Praxis zu entwerfen, müßten schon an und für sich auf einen Stadtschreiber als Verfasser schließen lassen. Darauf deutet auch der Umstand, daß in den Text an den passenden Stellen wörtlich die Willküren des Rates in [Seite: p.23] Sachen des Prozesses eingeschaltet sind, Bestimmungen, die einem anderen schwerlich so leicht zugänglich waren. Daß der Verfasser kaum ein anderer gewesen sein kann als ein Stadtschreiber, beweist aber namentlich der bei der Wiedergabe der Ratswillküren über Gegenstände des Prozeßrechtes an mehreren Stellen vorkommende Ausdruck "meine Herren, ein ehrsamer Rat". Nur ein Stadtnotar konnte von dem Rate, dem er unmittelbar untergeben war, so sprechen. Nun besaß aber Olmütz tatsächlich im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts einen gelehrten Stadtschreiber, der wohl, vorausgesetzt, daß er sich noch zwischen 1544 bis 1550 erweisen läßt, als Verfasser des Olmützer Prozesses angenommen werden könnte. Monse (Die Brünner Munizipalrechte, Seite 117) und Bischoff (Deutsches Recht in Olmütz, Seite 40) zitieren eine Sammlung von Entscheidungen des Olmützer Oberhofes unter der Überschrift "Sententiae definitive a feste S. Laurentii 1537 tempore Magnip.23.1 Gabrielis Gloczer, tunc civitatis Olomucensis Notarii — ad varias Moraviae civitatis latae, ut ad Romersdorf, Littau, Hundschov etc. idiomate germanico et bohemico usque ad annum 1549". Diese Handschrift ist derzeit unauffindbar. Der Lebensgang dieses Stadtschreibers Mag. Gabriel Glotzer läßt sich aber an der Hand des liber contractuum und des Testamenten- und Gerichtsbuches der betreffenden Zeit im Olmützer Stadtarchiv bis zum Jahre 1542 verfolgen.p.23.2 Anderseits erscheint im Olmützer Testamentenbuche von 1511 bis 1541 im Jahre 1534 als geschworener Schreiber Glotzers, später, d.i. 1552 und 1553, aber schon als Stadtschreiber Hans (Johannes) Schaffswol genannt. Wer in den Jahren 1544—1550 Stadtschreiber war, ließ sich bis nun nicht ermitteln. Eine Vergleichung der im Stadtbuche eingetragenen Ratsbeschlüsse vom Jahre 1547 mit ihrer Wiedergabe in der Gerichtsordnung ergibt zwar eine Übereinstimmung der Schriftzüge. Weder aber ist festzustellen, von wessen Hand die Eintragungen im Stadtbuche herrühren, noch würde sich daraus eine Evidenz ergeben, da die subalternen Schreiber sehr häufig zur Niederschrift der Eintragungen benützt wurden Auch darf nicht übersehen werden, daß häufig zwei Stadtschreiber gleichzeitig, zuweilen nach der Sprache geschieden, bestanden. Nur ein in der Rechtsliteratur jener Zeit belesener gelehrter Jurist konnte der Urheber dieser mit Geschick [Seite: p.24]abgefaßten Zusammenstellung sein. Sie konnte sehr wohl, wie bereits erwähnt, selbst vor 1547 erfolgt sein, so daß wir in diesem Falle im Kodex nur eine um die Ratswillküren des Jahres 1547 vermehrte neue Niederschrift besäßen. Bestimmtere Anhaltspunkte fehlen nach jeder Richtung. Es wird daher über die Person des Verfassers sobald nicht völlige Klarheit herrschen.
In Olmütz wurde wohl erst am Beginn des 13. Jahrhunderts der Grund zu der städtischen Verfassung gelegt. Hinter den anderen nordmährischen Städten an Bedeutung zurückstehend, wurde es späterhin, namentlich von König Johann, dem Luxemburger, mit reichen Privilegien ausgestattet und gewann den unangefochtenen Vorrang als Hauptstadt des Landes. Eine umfassende eigene Rechtsentwicklung auf Grund des Magdeburger Rechtes, mit dem es bewidmet worden, blieb ihm versagt. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts empfand die ansehnliche Stadt das Bedürfnis nach einer befriedigenden Ordnung der rechtlichen Verhältnisse. Es wurde die Anlage eines Stadtbuches beschlossen und von Breslau die Mitteilung seines Rechtes erbeten. 1351 geschah dies auf Geheiß Kaiser Karl IV. und es wurde zugleich bestimmt, daß die Stadt Olmütz für alle Zukunft ihren Rechtszug nach Breslau nehmen solle.p.24.1
Die Verfassung, deren Werdegang sich an der Hand der Stadtbücher verfolgen läßt,p.24.2 entwickelte sich in ähnlicher Weise wie bei anderen mit Magdeburger Recht bewidmeten Städten.
An der Spitze des Gemeinwesens stand der Vogt (advocatus, iudex), ursprünglich ein landesfürstlicher Beamter, ihm zur Seite 7 Geschworene oder Schöffen (jurati) und 4 Bürger (cives). Nachdem das Amt des Vogts vom Landesherrn zu erblichem Rechte veräußert worden war, blieb die Vogtei seit 1458 endgültig im Besitze der Stadt. Die Umwandlung dieses Amtes war offenbar die Ursache, daß der Vogt, welchem ursprünglich die Leitung des ganzen Stadtwesens zustand, auf die Verwaltung der Rechtspflege beschränkt wurde und nunmehr Bürgermeister und Rat in den Vordergrund traten.p.24.3
Seither bot die städtische Verwaltung folgendes Bild dar: Die oberste Leitung aller öffentlichen Angelegenheiten innerhalb des Weichbildes ruhte nunmehr in den Händen des aus eilf Personen bestehenden Rates (consilium).p.24.4 [Seite: p.25]
Die Gemeine, die Gesamtheit der Bürger, besaß aber das Recht der Entscheidung in bestimmten ihr vorbehaltenen Fragen (vorzugsweise in Steuersachen und Angelegenheiten des Gemeindevermögens). Die Erneuerung des Rates fand alljährlich am Tage des heiligen Laurentius im Beisein des Landes-Unterkämmerers, eines der obristen Landesoffiziere, statt. Gewählt wurden vier Ratmannen und sieben Geschworene. An der Spitze des Rates stand der Bürgermeister (Magister civium), dies Amt hatte der Reihe nach alle vier Wochen je einer der 4 Ratmannen (die Bankgenossen, consules) zu verwalten. Dem Rate beigeordnet war der rechtskundige Stadtschreiber (notarius civitatis). Die innere Verwaltung oblag ausschließlich dem Rate (dem sogenannten sitzenden Rat): er hatte auch eine eigene Gerichtsbarkeit in Markt- uud anderen Angelegenheiten, von ihm gingen die Rechtsbelehrungen aus, von ihm hatte auch der Vogt in schwierigen Fällen Weisungen einzuholen (Olm. G.-O. Art. IV, 9, XI, 6, XXXIII, 1). Bei besonders wichtigen Angelegenheiten wurden auch die Mitglieder des Rates des letzten oder auch mehrerer verflossenen Jahre beigezogen (die Senioren, die alten Herren, daher auch die drei Räte). Die Rechtspflege im eigentlichen Sinne war aber zunächst Sache des vom Rate gewählten Vogts, der sich im Falle seiner Verhinderung mit Zustimmung des Rates einen Untervogt setzen mochte, und der 7 Schöffen (jurati, scabini).
Die Olmützer Gerichtsordnung vom Jahre 1550 regelt nun einzig und allein das Verfahren vor dem Vogt und den Schöffen.p.25.1 Die Gerichtsverfassung zeigt sich in ihren Grundzügen durchwegs noch von der nationalen Rechtsüberlieferung beherrscht. Darnach ist zwar der Vogt (Richter) der ausschließliche Träger der Gerichtsgewalt, dessen Aufgabe es vornehmlich ist, das Recht zu verwirklichen, aber das Urteil finden die Schöffen.p.25.2 Daher gehören zu dem echten Dinge sowohl der Richter als die besetzte Schöffenbank. Die Schöffen haben allerdings nur dann zu verkünden, was im gegenwärtigen Falle Rechtens ist, wenn dies ungewiß ist, d. h. wenn es sich um ein zweifelhaftes strittiges Rechtsverhältnis handelt. Wo aber über den anzuwendenden Rechtssatz völlige Klarheit herrscht, der Beklagte sich beispielsweise durch sein Geständnis bei der einfachen Schuldklage selbst sein Urteil spricht, kann der Richter allein die Gebote erlassen, welche die Wiederherstellung der verletzten Rechtsordnung bezwecken.
Auf dieser schon dem Sachsenspiegel (Landrecht II, 10, § 5) geläufigen Anschauung beruht die der Olmützer Gerichtsordnung eigentümliche Unterscheidung zwischen "Gericht" im eigentlichen Sinne, d. i. dem Vogte als selbständigen Richter, und dem "Recht, Bannrecht, Bannteiding oder gehegten Ding" genannten Schöffenstuhl (iudicium bannitum), unter Vorsitz des Richters oder zwischen "richten" im Gegensatz zum "dingen". [Seite: p.26] Nur hat diese Machtvollkommenheit des Richters eine weit über den Sachsenspiegel hinausgehende Erweiterung erfahren, da der Rechtshandel nicht nur bei vorliegendem Geständnis, sondern auch im Falle des Ungehorsams des Klägers oder des vom Hause abwesenden einheimischen Beklagten (Art. VI, 2), ferner bei Beweislosigkeit der Klage und endlich auch bei freiwilliger Unterwerfung der Parteien unter den Spruch des Vogts von diesem allein ohne Zuziehung der Schöffen entschieden wird.
Diese Befugnis des Richters bei Eingeständnis des Geklagten zu "richten" wird sogar ausdehnend interpretiert, so zwar, daß er das Verfahren auch dann durchzuführen hat, wenn der Geklagte zwar den Bestand des Klagsanspruches zugesteht aber die erfolgte Zahlung oder die mangelnde Fälligkeit einwendet. Der Richter, der im Falle des Einbekenntnisses das Recht des Klägers feststellte, gewährt auch seine Hilfe zur Erzwingung der diesem zuerkannten Leistung und entscheidet schließlich über Arreste und Verbote.
Zu den uralten echten drei Dingen, zu welchen der Richter und die Schöffen nach altem deutschen Brauch alljährlich zusammentraten, gesellte sich das Nachrecht (Nachteiding) als das zur Entscheidung strittiger Rechtssachen berufene vierte ordentliche Stadtrecht (Art. XIV.).p.26.1 Außerdem ist, wenn ein außerordentliches Bedürfnis nach richterlicher Hilfe eintritt, das Not-, Gast- oder Elendrecht von Fall zu Fall einzuberufen. Es springt in die Augen, daß die vier ordentlichen Sessionen der Schöffen selbst mit den vorerwähnten außerordentlichen (in Breslau "beifällig" genannten) Gerichten den Anforderungen eines gesteigerten Verkehres nicht genügen konnten. Durch die Fortbildung, welche die Gewalt des Vogts erfahren hatte, wurde aber dem Bedürfnisse der Rechtspflege vollständig genügt, da ja die einfachen ohnehin die Mehrzahl aller Fälle bildenden Rechtssachen durch den Vogt ohne Zuziehung der Urteilsfinder entschieden wurden.p.26.2 [Seite: p.27]
Das Ding (Bannteidingp.27.1) und Nachteiding) wurde unter Vorsitz des Vogts oder Richters im Beisein der Schöffen in alterherkömmlicher feierlicher Weise gehegt, und vorerst durch mehrere Urteile das Vorhandensein aller hiezu gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen festgestellt. Der uralten Dingpflicht der Genossen außerhalb des begrenzten Kreises der Schöffen wird im Art. XXIX gedacht. Ob stets alle 7 Schöffen anwesend sein mußten, wird wohl mit Recht zu bezweifeln sein, da ja sonst die Gerichtssitzungen oft vereitelt werden mußten. Für das Verfahren nach Art. VIII, 1 und XXXIII, 6 war, wie ausdrücklich bemerkt wird, außer dem Vogte noch die Anwesenheit von 2 beziehungsweise 3 oder 4 Schöffen vorgeschrieben. Man wird also nicht fehlgehen, wenn angenommen wird, daß in Olmütz wie in Breslau und an anderen Orten die volle Zahl der Schöffen kein wesentliches Erfordernis der gehörigen Besetzung der Schöffenbank war,p.27.2 vielmehr 8 bis 4 Schöffen genügten. Der dem Richter und den Schöffen zu entrichtenden Wette im Gegensatze zur Buße wird verschiedentlich gedacht. Zu den niederen Gerichtspersonen gehörten der Fronbote (praeco), als Hilfsorgan des Richters mit der Ladung und anderen wichtigen Amtsverrichtungen betraut, ferner der Gerichtsschreiber, welcher die Vorkommnisse der Verhandlung "bei Gericht" in das Gerichtsbuch, und der Schöppenschreiber, der diejenigen im gehegten Ding in das Schöppenbuch zu verzeichnen hatte. Noch sind zu nennen der Nachrichter (subjudex), in dessen Obhut die Gefangenen standen, und der Züchtiger (tortor), der Vollzieher der peinlichen Urteile.
Die Parteien können sich unbeschränkt durch Gewalthaber vertreten lassen. Der gemeinrechtliche Unterschied zwischen dem Advokaten als dem rechtsgelehrten Beistand der Partei und dem an deren Statt bei den gerichtlichen Terminen handelnden Prokurator ist wol aufgenommen, aber die Stellung des in der Gerichtsordnung so genannten Prokurators, welcher der persönlich anwesenden Partei bei den verschiedenen Prozeßförmlichkeiten zur Seite stellt, gleicht vielmehr der des früheren Vorsprechers. Der Haß, der aus Anlaß der Rezeption des gemeinen Rechtes den gelehrten Juristenstand verfolgte, ließ es dem Verfasser der Gerichtsordnung [Seite: p.28] wünschenswert erscheinen, die Notwendigkeit dieser Parteienvertreter zu begründen. Die Prokuratoren oder Redner insbesondere bedurften einer schriftlichen Vollmacht und besaßen einen gesetzlich anerkannten Anspruch auf Entlohnung und einen Anteil an gewissen Gerichtstaxen. Ein gelehrter Bildungsgang war für sie nicht vorgeschrieben. Namentlich bei der Prozeßverhandlung bedürfen die Parteien ihrer Dienste, um sich vor der Gefahr (vare) zu schützen, die mit der Nichtbeobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten verbunden ist, ihre Beiziehung ist aber ebensowenig unbedingt geboten, wie die der Fürsprecher nach sächsischem Landrecht, wenn sie wohl auch die Regel bildet. In Olmütz fungieren zwei geschworene Prokuratoren.p.28.1 Bei dem Akte des Andingens (Art. XIX) und anderen Förmlichkeiten, namentlich bei der Eidesleistung (Art. XXXII) ist noch das alte Recht der dreimaligen Holung und Wandlung, wie nicht minder die Achte oder das Recht der Partei, jeweilen behufs Beratung mit ihrem Redner zum "Gespräch" abzutreten, in lebendiger Übung. Die Stellung der Vormünder im Prozesse erfährt hier auch ihre Regelung (insbesondere Art. XXV, 17, 18).
Das eigentliche Prozeßverfahren wird durch die Ladung eingeleitet, welche beim Vogt anzusuchen und durch den Fronboten (Gerichtsdiener) zu vollziehen ist. Durch die Ladung wird der Beklagte zu Gericht entboten und ihm Tag und Stunde zum Verhöre bestimmt. Daß die Ladung "unter Augen" geschehen müsse oder überhaupt an bestimmte Förmlichkeiten geknüpft sei, wird nicht ausgesprochen.
Die durch die Ladung herbeigeführte Verhandlung ist mündlich, denn das übliche "Einbringen von Mund in die Feder", also die teilweise Aktenmäßigkeit des Vorbringens der persönlich anwesenden Parteien, läßt bei der überlieferten strengen Unmittelbarkeit des Verfahrens die grundsätzliche Mündlichkeit unberührt. Das Verfahren ist auch öffentlich; nur wird die Öffentlichkeit bei Streitsachen, in denen Ratspersonen in der Rolle des Geklagten erscheinen, ausgeschlossen. Die prozeßleitende Tätigkeit der Richter ist eine verschwindende, die Parteien bestimmen völlig unabhängig den Verlauf des Verfahrens im betreffenden Rechtsstreite, dessen Ausgang wesentlich von der Beobachtung gesetzlich überlieferter Rechtsformen bedingt ist.
Die Gerichtssprache war unwandelbar die deutsche.p.28.2 Die Schöffen mußten verfassungsmäßig "guter deutscher Art sein".p.28.3 Der deutsche Charakter der Stadt hatte die Hussitenstürme überdauert und wurde auch [Seite: p.29] gegen den übermächtigen Adel behauptet, der in der eifersüchtigen Pflege der slavischen Landessprache einen Schutz seiner partikulären Interessen erblickte. Gegenüber Parteien, welche der deutschen Sprache nicht mächtig waren, enthielt der Sachsenspiegel eine jedem Streite vorbeugende Verfügung, die auch hier beobachtet wurde. Nach Buch III, Art. 71 des Landrechtes ist der des Deutschen Unkundige berechtigt, auf der Einbringung der Klage in seiner Muttersprache zu bestehen. Dagegen mußte der Geklagte erforderlichenfalls durch einen Fürsprecher dafür sorgen, daß er sich dem Kläger und dem Gerichte verständlich mache. Ungeachtet des Umstandes, daß ein kleiner Teil der Bewohnerschaft und namentlich der Adel, welcher in Olmütz Schoßhäuser besaß, der slavischen Nationalität angehörten, gab es aber bezüglich der Verhandlungssprache keinen Streit, da die Führung des Rechtsstreites in der Regel in den Händen der Prokuratoren lag.
Die Verhandlung wurde daher nahezu ausnahmslos, wie auch die im Stadtarchiv enthaltenen Gerichtsbücher bezeugen, in deutscher Sprache geführt und nie anders als deutsch protokolliert.p.29.1
Wenn die Parteien bei Gericht erscheinen, soll der Vogt nun oder auch später, jedesfalls nicht vor der Beweisaufnahme und nicht in Kriminalsachen den Weg der Sühne versuchen, indem er "die Sache auf gute Leute gibt", welche berufen sind, die strittige Angelegenheit, wenn möglich, durch einen Vergleich zu schlichten.
Der Prozeß selbst bewegt sich noch innerhalb der geschlossenen Formen des alten Rechtes und schreitet auf Grund der Anträge der Parteien, welche in Form von Fragen an die Richter gestellt, von diesen der Reihe nach erledigt werden, von Urteil zu Urteil bis zum Enderkenntnis fort (Art. XXVII, 2). Erst bei dem vom Vogte bestimmten Termin wird die Klage angestellt. Es bildet auch die Regel, daß die Klage zuvor "bei Gerichte", d.i. beim Vogte angebracht wird (Vorrede zum Leser). Falls es sich um strittige Rechtsverhältnisse handelt und die Parteien sich nicht dem Ausspruche des Vogts freiwillig unterwerfen, ferner wenn die Ladung an den Geklagten unter die Augen, d.i. persönlich erfolgt, derselbe aber nicht zu Gerichte "gesteht", sowie auch im Falle einer Eidesablegung wird die Klage bei dem mit Schöffen gehegten Ding oder Bannrecht fortgesetzt. Nur müssen die Parteien vor dem Vogte verbürgen, daß sie sich dem Rechte stellen und die Sache gehörig bis zu ihrer Austragung fortsetzen wollen (Art. XIII und XXIV "Bürgschaft zum Rechten", cautio de judicio [Seite: p.30] sisti). Ausnahmsweise wird eine Klage auch vor dem gehegten Ding angebracht werden können, da ursprünglich nach sächsischem Rechte jede Sache dort anhängig gemacht werden durfte.p.30.1
Unterschieden werden vorerst förmliche und unförmliche Klagen — eine Sonderung, die auf das Verfahren ohne nennenswerten Einfluß ist. Anders bei der Unterscheidung von bürgerlichen und peinlichen Klagen — die dritte Kategorie Johann von Buchs, die vermischten Klagen, wird nicht aufgenommen — einerseits und den schlichten und den durch Beweise verstärkten anderseits. Die Verschiedenheit zwischen Zivil- und Strafunrecht ist im Verfahren wenig ausgeprägt, hier wie dort ist es in der Regel Sache der Beteiligten und nicht etwa eines die öffentlichen Rücksichten wahrnehmenden Amtes, die Wiederherstellung der verletzten Rechtsordnung durch das zuständige Gericht zu betreiben. Der betreffende Prozeß, der sich an die Schuldigung anschließt, bewegt sich regelmäßig innerhalb der Formen, wie sie bei Ansprüchen um Geld und Gut üblich sind (Art. XXXIII, 1, 6), höchstens daß außerdem bei der peinlichen Klage die Beobachtung besonderer altüberkommener Förmlichkeiten vorgeschrieben ist (Bahrrecht) oder wegen der Schwere der Folgen auch die Erhebung der Klage an schwerere Voraussetzungen geknüpft ist (Art. XXIV 6, XXV, S. 10). Noch ist bei der peinlichen Klage der Gesichtspunkt der Deliktsobligation vorherrschend. Wichtiger ist der andere Unterschied zwischen schlichten und den durch Beweise verstärkten Klagen. Nach sächsischem Land- und Weichbildrecht sind alle Klagen, bei denen der Geklagte nicht mit Zeugen angesprochen wird, deren Folgen also dieser durch seinen Unschuldeid entgehen kann, als schlicht anzusehen. Beeinflußt durch die Beweislehre des römisch-kanonischen Rechtes, werden aber hier Klagen, welche ohne Beweis dastehen, also auch solche, in welchen die Sache nicht von vornherein in das Gewissen des Geklagten gestellt wird als schlichte bezeichnet, im Gegensatz zu denen, in welchen sich die Klage auf Beweismittel, insbesondere aber auch auf den Gewissenseid stützt.
Von den privilegierten Klagen des sächsischen Land- und Weichbildrechtes kennt die Gerichtsordnung, wenn auch nicht vom Standpunkte eines Beweisvorrechtes, noch die Klagen auf den fälligen Liedlohn oder den fälligen Erbenzins (Rentenzins).
Das an die Klagen anschließende Verfahren erscheint deutlich in Behauptung- und Beweisstadium geschieden. Dem erschienenen Geklagten (Antworter) gebietet der Richter auf die Klage zu antworten, also entweder die Schuldigung zu gestehen oder zu verneinen (versachen) (Art. I). Weigert der Geklagte die Antwort, d.i. die Einlassung in die Hauptsache, indem er einwendet, daß er wegen Unzuständigkeit des Gerichtes, mangelnder Rechtsfähigkeit oder Legitimation des Klägers u.s.w. nicht verpflichtet sei, die Klage zu beantworten, so zerfällt das Behauptungsstadium in zwei Abschnitte. Zunächst wird über die Verpflichtung des Beklagten zur [Seite: p.31] Antwort verhandelt und sodann, wenn diese durch Urteil bejaht ist, das Sachverhältnis entwickelt. Regelmäßig gliedert sich also die Streitverhandlung in drei Abschnitte, in eine Hauptverhandlung mit Vor- und Nachspiel.p.31.1 Wird aber zur Klage in der Hauptsache geantwortet, d.i. durch ja oder nein der Krieg befestigt, so entfällt Vor- und Nachspiel oder auch nur das erstere. Diese Litiskontestation ist aber trotz der genau an die Doktrin des gemeinen Prozesses angepaßten Formulierung durchaus von der römisch-kanonischen Litiskontestation verschieden. Die letztere ist ein strenger Formalakt, an welchen sich dann das schleppende, durchaus schriftliche Verfahren mit allen den Weitläufigkeiten der Positionen (und Artikel) und Responsionen anschließt.
Der Geklagte kann, abgesehen von diesen dilatorischen (prozeßhindernden) Einwendungen, vom Kläger die Klagegewere begehren.p.31.2 Diese Einrichtung hat den Zweck, daß der Kläger nach bestellter oder gelobter Gewere die Klage zu verfolgen schuldig ist, sie auch nicht mehr ändern, daher weder höhern noch bessern kann. Auch muß der Kläger dem Gegner wegen derselben Sache, wie beispielsweise im Falle der Eviktion, Vertretung leisten. Die Gewere wird mit Fingern und mit Zungen bestellt (Art. XV). Sie ist das Gelübde, an der angestellten Klage stets und unverbrüchlich festzuhalten und wird mit Pfand, Bürgschaft oder Eid versichert. Für denjenigen, welcher die Gewere bricht, ergeben sich wichtige Folgen in bürgerlichen Sachen, wie die Absolvierung des Geklagten ab instantia, in peinlichen Verlust der Hand oder des halben Wergelds. Dagegen ist auch der Geklagte auf Begehren des Klägers zu gleichem verpflichtet. Der erstere kann auch den Vorstand, d.i. eine Kaution begehren, daß der Kläger ihm die Gerichtskosten und Schäden im Falle seines Absiegens ersetze und sich zu seiner eventuellen Wiederklage stellen werde. Gewer und Vorstand begehrt man nur vor dem gehegten Ding, die Bürgschaft zum Rechten, wie erwähnt, vor dem Vogte allein.
Der Geklagte kann aber auch von der angesetzten Verhandlung ungehorsam ausbleiben. Läßt sich der einheimische Beklagte nicht antreffen oder ist er gar flüchtig, und kann daher die Ladung nur an die Hausgenossen erfolgen, so wird ihn der Vogt, wenn er von drei unmittelbar aufeinanderfolgenden Gerichtstagen unentschuldigt, d.h. ohne Dartuung einer ehehaften Not ausgeblieben ist, der Schuld für überwunden erklären und ihn vorerst durch Siegelung und Sperrung seiner Wohnung, dann durch Pfändung und Verkauf seiner Habe zur Bezahlung verhalten (Art. VI. und XI, 4). Der Geklagte, an welchen die Aufforderung, bei Gericht zu erscheinen, unter Augen d.i. persönlich, geschah, wird durch Zucht (Gefängnis) und Buße (Gewette) für seinen Ungehorsam gestraft. Der Geklagte, der ungeachtet der an ihn ergangenen drei Ladungen vom gehegten Ding ausbleibt, wird, nachdem die vom Kläger gegen ihn "erstandenen Tage" verzeichnet wurden, nach [Seite: p.32] Aufhebung des Dings der poena confessi unterworfen (Art. VI, 2, 11, 17 u. 31). Keinesfalls wird aber dem Kläger wie nach gemeinem Recht noch angesonnen, den ferneren Beweis für seinen Klagsanspruch zu führen — das deutsch-rechtliche Kontumazialverfahren ist völlig aufrecht erhalten.p.32.1 Bleibt dagegen der Kläger vom Dingtag aus, so wird der Beklagte ab instantia losgesprochen und Kläger zur Zahlung der Gerichtskosten verurteilt.
Erscheinen beide Parteien an dem vom Vogt bestimmten Tage, so erhält der Beklagte einen Termin zur Abgabe seiner Antwort. Erstattet dieser nun seine Antwort (Exzeption), so wird dem Kläger gleichfalls ein Tag zu seiner Einrede (Replik) erteilt. Mit der auf diese Einrede folgenden Widerrede (Duplik) des Geklagten werden die Akten geschlossen. Schriftliche "Auszüge" werden den Parteien auf ihr besonderes Verlangen, jedoch nur von Klage und Antwort zu teil. Ein weiteres Vorbringen in Form von Triplik u.s.w. wird erst im Zuge einer späteren Entwicklung gestattet.p.32.2
Dann wird durch Beweisurteil erkannt, wessen Beweis zugelassen wird. Das Beweisrecht selbst ist, wie anderwärts so auch hier, namentlich was die Ausbildung der anderen Beweise als den Eid der Parteien betrifft, am stärksten vom römisch-kanonischen Prozeß beeinflußt (leibliche Beweisung im Sinne der neueren Theorie, Art. III. 6p.32.3. Er hat aber noch nicht vornehmlich den Zweck, auf die richterliche Überzeugung einzuwirken, sondern ist nur die Erfüllung einer vom Gesetze vorgeschriebenen Form, an deren Beobachtung bestimmte Rechtsfolgen geknüpft sind. Der Geklagte schwört nicht, daß die dem Klagsanspruche zu Grunde liegenden Tatsachen schon ursprünglich nicht bestanden oder etwa später erloschen sind, sondern, daß der Anspruch nicht zu Recht besteht, d.h. er, der Belangte, nicht schuldig sei (Art. XXXII). Mit dieser Auffassung stimmt es überein, daß der Richter den Parteien seine Entscheidungsgründe nicht bekanntgibt (Art. XXVII, 5). Das Beweisvorrecht, die Frage des Näherseins zum Beweise ist daher noch von entscheidender Bedeutung,p.32.4 und auch der Gewissenseid des sächsischen Rechts, wornach der Geklagte durch Ablegung desselben der Schuld entgehen kann, wenn er dem Kläger den Eid nicht anheim schieben mag, ist in lebendiger Übung. Aber dies geschieht doch nur, wenn der Eid schon in der Klage und jedenfalls vor bestellter Gewere als Beweismittel angeboten worden war (Art. XXV, 12). Der gemeinrechtliche Gefahrde-(Calumnien-)Eid des Klägers in Verbindung mit dem Gewissenseid scheint aber erst nach Niederschrift der Gerichtsordnung in Olmütz in Aufnahme gekommen zu sein.p.32.5 Der Erfüllungseid eigentlich aus der überlieferten [Seite: p.33] Verstärkung des Parteieneides durch Zeugen entstanden, wird zwar nicht erwähnt, war aber bräuchlich.p.33.1 Die uralte Einrichtung der Eideshelfer, noch zu dieser Zeit in Leitmeiitz wirksam, ist hier schon außer Übung. Der Beweis durch Zeugen, der ja auf dem Gebiete des sächsischen Rechtes eine spätere Entwicklung darstellt, weist neben starken Spuren der Romanisierung die Züge des gemeinen Sachsenrechtes auf. Gleich in der Klage oder spätestens vor Bestellung der Klagegewere angeboten, verlegt er dem Beklagten den Unschuldseid; wenn aber der Belangte motiviert versacht, ist er näher zum Beweise durch Zeugen als der Kläger (arg. a contr. des schlichten Versachens, Art. III, 6). Das Erfordernis der Weisartikel und Fragestücke, welche aber auch mündlich vorgetragen werden können, das geheime Verhör der Zeugen, die wörtliche Protokollierung ihrer Angaben, die zur Zeit der Niederschrift der Gerichtsordnung nur dem Gegner des Zeugenführers erteilte Abschrift der Zeugenaussage, die Exzeption gegen die Zeugenaussage und deren Defension, die in die Feder diktiert werden, sind Ergebnisse der gemeinrechtlichen Doktrin. Das Verfahren zur Durchführung des Zeugenbeweises bei Gericht, d.i. vor dem Vogte, scheint formloser und einfacher gewesen, zu sein (Art. 4, 12).
Der Beweis durch Urkunden ist zugelassen, muß jedoch vor der Exzeption gegen die Zeugenaussage durchgeführt werden.
Gegen den richterlichen Ausspruch, welcher in End- und Beiurteil geschieden wird, ist binnen 10 Tagen die Appellation zulässig.
Die Urteilsfrist beträgt bloß für den Geständigen "bei Gerichte", weil nur dieser rücksichtswürdig erscheint, in der Regel sechs Wochen und drei Tage ("die Stadtrecht"), bei Klagen um fälligen Erbenzins jedoch drei Tage, der Liedlohn ist bei Sonnenschein zu erlegen. Geht das Urteil vom Bannrecht aus, so ist abweichend von den sächsischen Rechtsbüchern stets bei Sonnenschein zu zahlen, in gleicher Frist Gerichtskosten- und Schadenersatz zu leisten.
Die zwangsweise Einbringung der ersiegten Forderung ("Hilfe des Urteils") im Vollstreckungsverfahren, wenn sie nicht vom Richter vermöge seiner mehrerwähnten selbständigen Machtbefugnis, sondern vom Bannrechte ausgeht, erfolgt gemäß Urteil, welches von der obsiegenden Partei in gehegter Bank in der hergebrachten Form beantragt wird.
Die ursprüngliche Entwicklung ist noch klar erkennbar, namentlich bei Klagen um Schuld (in persönlichen Sachen, wie die Gerichtsordnung sagt). Der Vollzug des Urteils ist ursprünglich nur gegen die Person des Schuldners gerichtet. Ist die Schuldverbindlichkeit durch Geständnis oder Urteil festgestellt und leistet er, dem richterlichen Gebote ungehorsam, nicht Barzahlung, so wird er also vorhaftet. Er kann sich [Seite: p.34] aber jederzeit mit seinem freiwillig, angebotenen Pfande aus der Gefangenschaft lösen, woraus sich dann auf natürliche Weise die Ledigung aus der Haft auch im Falle der Möglichkeit der Befriedigung des Gläubigers aus Vermögensstücken des Schuldners selbst gegen dessen Willen entwickelte. Nur wenn sich der Schuldner in einem Schuld-(Gerichts-)briefe zur Zahlung "ohne weiter Recht und Pfand" verbindlich gemacht hatte, wird die Personalexekution allein wirksam (Art. IV, 13 und XI, 2).
Nach der Urteilsverkündigung oder dem Geständnis (Art. III, 2) wird demnach der Schuldner, wenn er nicht Bürgen für die Bezahlung stellt, sofort in Verhaft genommen. Der Anhaltung im Gefängnisse, welche eine Dauer von sechs Wochen und drei Tagen nicht überschreiten darf, wird er durch Pfandlegung oder jenenfalls ledig, wenn er Vermögen besitzt, das den Zugriff ermöglicht. Nur wird dann der Reihenfolge nach zuvörderst auf die Fahrhabe, dann im Falle solche nicht vorhanden ist, auf liegende Gründe und endlich unter der gleichen Voraussetzung auf ausstehende Forderungen des Schuldners gegriffen. Das Zwangsverfahren hat aber stets unter Schonung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners zu erfolgen.
Zwecks der Pfändung werden die beweglichen Sachen inventiert, geschätzt und endlich auf dem Markte durch eine Tandlerin an den Meistbietenden verkauft, nachdem die Pfandsachen durch sechs Wochen und drei Tage ausgeboten worden waren. Ist die Fahrhabe um den Schätzwert oder überhaupt unverkäuflich, so muß sie der Gläubiger zum Schätzwerte übernehmen. Je nach dem Verhältnisse dieses Schätzwertes zum Belaufe seiner Forderung wird er entweder den Überschuß dem Schuldner ausfolgen müssen oder aber sich wegen des Restes seiner Forderung an dem übrigen Vermögen des Schuldners zu erholen haben.
Die Exekution auf unbewegliche Güter geschieht in folgender Weise: Zunächst wird das betreffende Haus oder Grundstück des Schuldners in symbolischer Weise durch Spanung beschlagnahmt und dies in drei vierzehntägigen Fristen öffentlich ausgerufen. Nach Ablauf dieser sechs Wochen und drei Tage hat der säumige Schuldner den Besitz des Grundstückes dem Gläubiger zu überlassen, welchem es nach Verlauf von Jahr und Tag, wenn nicht inzwischen die Schuldigkeit berichtigt ward, ins Eigentum überantwortet wird. (Art. X, dann XXVIII, 8).
Die Zwangsvollstreckung durch Verweisung auf ausstehende Schuldforderungen geschieht mittels Verständigung der Schuldner.
War nun der Schuldner während der vollkommenen sächsischen Frist (von sechs Wochen und drei Tagen) in der Zucht und besitzt derselbe gar kein bewegliches oder unbewegliches Vermögen, das zur Befriedigung des Gläubigers dienen könnte, so wird er nicht länger im Gefängnisse angehalten, sondern dem Gläubiger bei der Hand überantwortet — eine gemilderte Form der Schuldknechtschaft. Des Schuldners Arbeitskraft gehört dann dem Gläubiger, die Leistungen werden geschätzt und von der Schuld in Abrechnung gebracht.
Bei Klagen um unbewegliche Güter u.s.w., oder wie die [Seite: p.35] Gerichtsordnung sagt, in dinglichen Sachen erfolgt die Befriedigung durch die Einweisung in das unbewegliche Gut einschließlich der gesamten darin befindlichen Fahrhabe in Gegenwart des Vogts und der Schöppen, gewissermaßen eine andere Auflassung. Durch diese Einweisung mit Friedewirken, welche in das Schöppenbuch verzeichnet wird, erwirbt der Gläubiger das Eigentumsrecht am unbeweglichen Gute.
Die Bestimmungen über die vorläufigen Sicherungsmaßregeln des Aufhaltens (Personalarrest), vermöge dessen der Schuldner, wo er betroffen wird, persönlich vom Gläubiger zu Gerichte gebracht werden kann (Art. XI, 1 und XXXIII, 4), und des Verbotes (auf bewegliche und unbewegliche Sachen) einschließlich des Repressalienarrestes (Art. XI, 5) sind von denselben Grundgedanken beherrscht wie die betreffs der Exekution.
Das ist ungefähr der Inhalt der wichtigeren Bestimmungen der Gerichtsordnung. Sie behandelt in der Tat ihren Gegenstand ungemein übersichtlich, wenn auch mancher Frage, die wir jetzt zu stellen hätten, keine genaue Antwort wird. Es darf aber nicht unbeachtet bleiben, daß die Redaktion zu einer Zeit stattfand, da das sächsische Recht noch im Volksbewußtsein lebte und durch die Schöffen unausgesetzt angewendet wurde. Aus den sächsischen Rechtsbüchern und dem usus fori konnten Richter und Schöffen sowie der Rat wie aus einer stetig sprudelnden Quelle schöpfen. Anderseits genügt die Ölmützer Gerichtsordnung, um aus ihr ein klares Bild über die Rechtszustände Nordmährens vom 15. bis zum 17. Jahrhundert zu gewinnen. Wir können an der Hand ihrer Bestimmungen alle Einzelheiten des Rechtsganges, insbesondere alle feierlichen Formen von der Hegung bis zur Aufgebung der Bannrechte genau verfolgen, gewinnen aber auch einen klaren Einblick in die Verfassung der Stadt Olmütz und ihr mannigfaltiges Rechtsleben. Noch geht die Auflassung unbeweglicher Güter in den Formen des strittigen Verfahrens vor dem Bannrecht vor sich (Art. XXX), zur Eintragung beweiskräftiger Urkunden dienen an drei hiezu hestimmten Stellen besondere Gerichtsbücher, wir können die kulturgeschichtlich merkwürdigen Bräuche bei der Eidesleistung (gestabter und körperlicher Eid), dem Bahrrechte u.a. an unserem Auge vorüberziehen lassen, und was dergleichen mehr ist.
Diese Triebkraft der uralten Rechtsüberlieferung ist um so erstaunlicher, als um diese Zeit die Schöffenverfassung der deutschen Städte allgemein im Niedergange begriffen war und die Rechtsprechung der Oberhöfe immer mehr dahinsiechte.p.35.1 In Olmütz hingegen beginnt für den Schöffenstuhl gerade zur Zeit der Abfassung der Gerichtsordnung eine neue Blüte. Ansehnliche Stadtgerichte, wie Neutitschein (1562), Wall.-Meseritsch (1565), Gitau (1559), Deutschhause (1565), Weischowitz (1585), Braunseifen (1600), Freiberg und Fulnek (sogar noch im Jahre 1617), nahmen erst seither Recht von diesem Oberhofe. Weit über 30 Städte und mehr als 80 Ortschaften ehrten Bürgermeister und Rat von Olmütz als [Seite: p.36] ihre "Elderen"p.36.1, auch unzählige Private wendeten sich hieher um Belehrung in strittigen Rechtsfragen. Olmütz selbst nahm bis etwa zum Ende des 16. Jahrhunderts ununterbrochen seinen Rechtszug nach Breslau, ungeachtet es auch in dieser Zeit an Bemühungen nicht fehlte, die Wirksamkeit des Prager Appellationsgerichtes auf Nordmähren auszudehnen.p.36.2 Bei dem Widerstande hiegegen kam den mährischen Städten das Streben der Stände nach möglichster Unabhängigkeit von Böhmen zu statten. Vermöge des vom Kaiser Rudolf II. genehmigten Landtagsschlusses vom Jahre 1579, der, 1583 neuerlich bekräftigt, in die Landesordnung von 1604 Aufnahme gefunden, sollte der Rechtszug der untertänigen Städte und Ortschaften an die bisherigen Oberhöfe des Landes unverkümmert aufrecht erhalten bleiben und nur in den Stadtrechtssachen der drei oberen Stände und der Bürger in den (sieben) königlichen Städten entweder an den Kaiser selbst oder an das Appellationsgericht in Prag berufen werden. Als selbst die mährischen Städte in der Folge endgültig unter das Joch des obersten landesherrlichen Gerichtes in Prag gebeugt waren, blieb daher Olmütz seine glänzende Wirksamkeit als Oberhof noch durch mehr als 100 Jahre gewahrt.
Die Grundsätze des Verfahrens, die hier beobachtet wurden, waren unwandelbar die in der Gerichtsordnung niedergelegten. Zwar machte sich seit Erlassung der vernewerten Landesordnung Ferdinands II. vom Jahre 1628, die für die privilegierten Gerichte ein völlig romanisiertes schriftliches Verfahren vorschrieb, der Einfluß des fremden Rechtes auch auf die Stadtrechte geltend, namentlich seit diesen vom Jahre 1641 ab wiederholt die Anwendung des schriftlichen Verfahrens zur Pflicht gemacht wurde.p.36.3 Aber erst nachdem die "böhmischen Stadtrechte" gemäß der kaiserlichen Resolutionen vom 7. und 17. Juni 1697 auch in Mähren eingeführt wurden, war dieser Gerichtsordnung endgültig der Boden entzogen. Obgleich der Oberhof noch bis 1705 allen landesfürstliclien Mandaten zum Trotze sein Dasein fristetep.36.4, herrschte nun der inzwischen vollends romanisierte Prozeß der Koldinschen Reformation.
Erst Maria Theresia und Kaiser Josef II. knüpften wieder an die nationale deutsche Rechtsüberlieferung an. Die allgemeine Gerichtsordnung (1781) bricht größtenteils mit den überlebten Formen des römisch-kanonischen Prozesses. Mehr als 100 Jahre blieb sie in Wirksamkeit. Die darin vorwaltende Schriftlichkeit des Verfahrens, ihre formale Beweistheorie und der schleppende Geschäftsgang wurden aber immer drückender empfunden, bis endlich jüngst (1. Jänner 1898) die neue Zivilprozeßordnung ins Leben trat. Ihre Hauptgrundsätze, die Mündlichkeit und Unmittelbarkeit [Seite: p.37] des Verfahrens, sind die des deutschen Rechtes, aber sie knüpfte auch in anderer Beziehung an die durch die Rezeption so jählings unterbrochene deutsche Rechtsüberlieferung an. Nationale Rechtsgedanken, welche uns auch in der Olmützer Gerichtsordnung klar entgegentreten, sind in dem neuen österreichischen Verfahren deutlich zum Ausdruck gelangt. Die Entscheidung der einfachen Rechtssachen "bei Gericht" durch den Vogt und die Verweisung der anderen vor die besetzte Bank, die Verzeichnung der wesentlichen Abschnitte des Verfahrens mit dem "Einbringen vom Mund in die Feder", Klage und Antwort und so verschiedenes andere — mahnen sie nicht an die heutige erste Tagsatzung mit der Erledigung der Kontumazial- und anderer einfacher Prozeßfälle durch den Einzelrichter und die Verweisung der verwickelteren an den Senat, mahnen sie nicht an die beschränkte Aktenmäßigkeit des neuen Verfahrens, die wohl im Widerspruche mit aus der Fremde geholten Schlagworten aber im Einklange mit den Bedürfnissen des heutigen Rechtslebens steht? Unsichtbare Fäden ziehen sich von der Olmützer zur neuen Zivilprozeßordnung — das Interesse an jener mag nicht am wenigsten auch darin ihren Grund finden, daß die bürgerliche Rechtspflege der Gegenwart wieder von denselben nationalen Rechtsgedanken beherrscht ist, welche einst in den von den Deutschen gegründeten Städten der Sudetenländer lebendig waren.
in Form eines rechtlichen Proces, wie dieselben von alters her bei dieser königlichen Stadt Olomuntz hei Gerichte und auch in und vor gehegter bank in ubung gehalten, sambt andern nodturfftigen underweisungen und zutreglichen vellen.
Es ist sehre gut und nutze, das man dem leser eine ordenliche, klare unnderrichthunge thue, wie ehr dis buch desto leichter, eher und bestenndiger weise fassen, lernen und vernemen koenne, und sonderlich das ime die Summa, Hauptstucke und Artickel richtigk und ainfeltigk hierinne angeweiset werden, doraus ehr koenne merken, was in diesem buche der kern, das principal, grundt, ursprungk und die ordenung der lehre sein.
Hierumb so hot man dieses sehre nutzliche buch der Artickl und Practica der Gerichtsleuffte, wie dieselben noch alt herkommner und im brauch gehaltener ubunge und gewonheit dieser koniglichen Stadt Olomuntz jedoch laudt und Inhalt der landtleuffigen beschriebenen Sachsischen Recht alhie gehalten worden, in Form eines rechtlichen Proces mit vleiß zusammen getragen, beschrieben und in eine ordenunge der Artickell bracht, welche Artickel, ein jeder seine sonderliche underschiedt und velle noch sich, alles noch der Zal, volgennde hot, und mit viele nutzlichen Addicion und bestenndigen allegaten der beschriebenen recht bei der materien der Artickel und velle auffm Rande erkleret mit anhengunge bei etzlichen Artickln dem Texte noch viele schoener lere und undterweisungen aus beschriebenen Goetlichen Rechten, beide lateinisch und deutsch, einem ieden hern Foyte und Scheppen, Notarien,1 Advocaten, Procuratoribus und Gerichtsperßonen dieser königlichen Stadt zu Furderunge des gemeinen nutzes und der gerechtigkeit sehre nützlich zu wissen: wehr auch gerne den Rechten nochsuchen wolde, so kan sich derselbe den Allegaten noch leichte richten, und ist auch sambt einem gewissen Register der fuernemblichsten Artickl und iren vellen, an welchem bladt eine jede Materia zufinden, illustrirt und erklert. So ist auch dieses buch in zwai tail in seiner materia getailt; im ersten taile wirt gehandelt, wie sich alle sachen und hendel bei dem hern Foyte und Gerichte gemainigklich mit iren vellen begeben, und wie dorinne procedirt wirt. Und das aus dieser urßache, dieweile gar selden eine Sache vor gehegte banck komt, sie werde den zuvor bei Gerichte gehandelt, angefangen und geuebt. Im andern taile wird gehandelt von den Banrechten, Hegunge der Recht und dem gantzen [Seite: 2] volgenden proces desselben rechtens und seinen vellen etc. und anderer nodturfftiger Sachen mehr, wie den hienoch im Register noch ausweisunge der Artickl klaerlich und deutlich zu befinden.
Dann obgleich wol vermuege der beschriebenen Recht2.a zuvermutten, das alle hern Foyte und rechtsitzer, desgleichen ire Notarien derselbigen Recht zuvor genugksam gelert und verstendigkh, so bleibt aber dannoch unwidersprechlich war, das dieses buch zu einem fuerderlichen und lautern verstandt der Recht den ungeuebten besonnder hochdienstlich ist. Dan dieweil ein jeder Artickell und vahl der gemainen Regel und practica einander noch gehet, doraus volget — wie dan der hochberumbte Jason2.b offte gesagt hot —, das undterweisunge sonderlich in den Rechten richtiger und verstendtlicher nicht kan gescheen, dan durch Artickl, Regel und Fallencien, welchs dan im grunde nichts anders ist, dan alle und jede zufallende Sache noch gelegenhait irer umbstende und jedes seiner art und ursache noch rechtmessigklich urteilen und eroertern.
Derhalben so wolte ein jeder freundtlicher leßer diese vleißige und treue arbeit gutwilliger und freundtlicher mainunge zu dancke annehmen und ime diß buch mit vleiß commendirt und bevohlen sein lassen.
Zu lobe unnserem Hern Jhesu Christo. Amen.
[Register überspringen und direkt zum Text.]
Im nochfolgendem Register2.1 sein kurtzlich zu finden alle Artickel mit iren Vellen ader underschieden, so in diesem Buche begrieffen. Und ist von wegen foerderliches suchen verzeichnet: Erstlich jeder Artickel an welchem bladt, und seine velle ader underschiedt, auch noch der Zal und auff welcher saidten des bladts. a bedeut die erste saidte und b die anndere saidte des bladts.
Art. I | fol. 1 a [3] | |
1.1. | Wie sich ein jeder Klaeger zum Rechten sal geschickt machen | fol. 1 a [3] |
1.2. | Wie der kleger den Richter suchen sal | 2 b [5] |
1.3. | Wie der kleger zum Richter zutrehten sal | 3 a [5] |
Art. II. | Citation. | fol. 4 a [6] |
2.1. | Was die Citation ist und alles was ane Citation gehandelt wirt, ist nichtigk | fol. 4 a [6] |
2.2. | Wie die Citacion geschieht | 4 b [6] |
2.3. | Des gerichts Diehners gerechtigkheit | 4b [7] |
Art. III. | Von der Clage bei Gerichte. | fol. 6a [7] |
3.1. | Beklagter bekennet sich zur schuld | fol. 6a [7] |
3.2. | Frist bei Gerichte zur betzalunge | 6 a [8] |
3.3. | Beklagter bekennet sich zur schuld, hot geld und will nicht betzalen | 6 b [8] |
3.4. | Beklagter sagt, ehr habe betzalet, wehr in diesem vhalle beweisen sal | 7 a [8] |
3.5. | Beklagter sagt, die Zeit zur betzalunge sei noch nicht komen, wehr in diesem vhal beweisen sal | 7 a [9] |
3.6. | Beklagter sagt Nain zur klage | 7 b [9] |
3.7. | Klaeger hot kainen beweiß | 7 b [9] |
3.8. | Klaeger stellet beweiß für | 7 b [10] |
3.9. | Was dem her Foyte zu schwer ist | 8 a [10] |
3.10. | Clage auf die gewissen | 8 a [10] |
3.11. | Die sachen auf gutte leuthe zu geben | 8 b [11] [Seite: 76] |
3.12. | Der Zeugen aussage gibt man bei Gerichte dem Widerpart kainen austzug | fol. 10 a [12] |
3.13. | Beklagter bekennet sich zur schuld und wil pfandt legen | 10 a [12] |
Nota: | Beklagter wil verweisen die schuld auff liegende gruende ader auff gewisse schulden | 10 a [12] |
Art. IV. | fol. 12 a [12] | |
4.1. | Wie man die Radtpersonen zu Gerichte beschicken sal | fol. 12 a [12] |
Art. V. | fol. 14 a [14] | |
5.1. | Von dem ungehorsam des Clegers | fol. 14 a [14] |
5.2. | Claeger mus den beklagten von neues beschicken | 14a [14] |
Art. VI. | fol. 15 a [14] | |
6.1. | Von dem ungehorßam des beklagten | fol. 15 a [14] |
6.2. | Underweisunge eines Erbaren Rats auf die ungehorßamen | 15 a [14] |
Art. VII. | Von Siegelung und Sperrunge. | fol. 17 a [15] |
7.1. | Worumb die Siegelunge und Sperrung geschieht | fol. 17 a [15] |
7.2. | Was der dem Gerichte gibt, der do sperren lest | 17 a [15] |
7.3. | Kombt dan der ungehorßame noch der Sperrunge zu Gerichte | 17 b [16] |
7.4. | Bleibt der ungehorßame noch der Sperrung aussene und kombt zu Gerichte nicht | 18 a [16] |
7.5. | Claeger kombt noch verscheinunge sechs wochen widerumb zu gerichte | 18 a [16] |
7.6. | Ist auch beklagter enndtwichen | 18 b [16] |
Art. VIII. | fol. 20 a [17] | |
8.1. | Von Inventirung und Schatzung | fol. 20 a [17] |
8.2. | Was noch der Inventirung und Schatzung folget | 20 a [17] |
8.3. | Das woertlen, (wehr am meisten dorumb gibt) | 20 b [17] |
8.4. | Who kein kaufmann kweme | 20 b [17] |
8.5. | Underweißunge der alten zwaiher raete von wegen der geschatzten farenden habe | 21 a [18] |
Art. IX. | fol. 23 a [18] | |
9.1. | Clage umb Erbgelt | fol. 23 a [18] |
9.2. | Clage umb liedlohn | 23 a [18] |
Art. X. | fol. 24 a [19] | |
10.1. | Von Spaehnunge der Heuser und anderer gruende | fol. 24 a [19] |
10.2. | Von ausruffunge der Heuser ader anderer gruende | 24 a [19] |
10.3. | Beklagter gibt in VI wochen die erbguelde nicht, wie denne zu thuen | 24 b [19] |
10.4. | Beklagter kombt in Jaresfrist und legt zwu erbguelden | fol. 25 b [20] |
10.5. | Beklagter lest dem Kleger das hauß ader den grundt widerumb haim gehen | 25 b [21] |
Art. XI. | Von Arrestiren und Auffhaltungen. | fol. 28 a [21] |
11.1. | Arrestiren einen selbschuld um geldschuld | fol. 28 a [21] |
11. 2. | Vertzihung der freiheit | 28 b [22] |
11.3. | Arrestiren umb ungerichte, boese tathen als todtschlag, lemnis, Iniurien etc. | 29 a [22] |
11.4. | Wo sich beklagter tehter nicht betrehten noch finden lossen wolle | 29 a [23] |
11.5. | Von aufhaltunge anderer leuthe, die nicht selbschuld sein | 29 b [23] |
11.6. | Auffhaltungen sollen nicht gescheen hinder vorwissen des her Burgermeisters | 30 a [24] |
11.7. | Wer auffhalten wil, der sal genugksam burgen setzen | 30 b [24] |
Art. XII. | fol. 32 a [24] | |
12.1. | Von verpoten auf liegende gruende und farende habe | fol. 32 a [24] |
Art. XIII. | Von Burgschaft zum Rechten. | fol. 34 a [25] |
13.1. | Burgschaft des klegers | fol. 34 a [25] |
13.2. | Bürgschafft des beklagten | 34 a [25] |
Des andern teils Register. | fol. 34 b [26] | |
Art. XIV. | Von Banrecht und anderer Recht. | fol. 34 b [26] |
14.1. | Was banrecht aigentlich haisse | fol. 34 b [26] |
14.2. | Wie viele Banrecht ubers yar alhie zu Olomuntz gehalten werden, und zu welcher Zeit | 34 b [26] |
14.3. | Das erste banrecht | 34 b [26] |
14.4. | Das ander banrecht | 35 a [26] |
14.5. | Das dritte banrecht | 35 a [27] |
14.6. | Der Nochtaidingkh | 35 a [27] |
14.7. | Von Gastrecht, Nodtrecht | 35 a [27] |
Art. XV. | fol. 35 b [27] | |
15.1. | Die Hegung des Stadtrechten zu Olomuntz | fol. 35 b [27] |
15.2. | Ruffen zum Rechten | 36 b [29] |
Art. XVI. | Von Lauperungen. | fol. 36 b [29] |
16.1. | Lauperung und verleßunge der parten aus gehegter banck am ersten tage | fol. 36 b [29] |
16.2. | Taegliche Lauperunge vor gehegter banck | 37 a [30] |
16.3. | Forma und Proces der Lauperunge | 37 a [30 S. 78] |
Art. XVII. | Erstandene Recht. | fol. 38 a [30] |
17.1. | Wen die erstandenen Recht beschrieben werden | fol. 38 a [30] |
17.2. | Welchem kain erstanden Recht vergunst wirt | 38 a [31] |
Art. XVIII. | Von den Procuratoren und Rednern. | fol. 38 b [31] |
18.1. | Der Redner ambt ist vonnoehten | fol. 38 b [31] |
18.2. | Wie sich ein Procurator vor gehegter banck halten sol | 38 b [31] |
Art. XIX. | Vom Andingen. | fol. 39 a [31] |
19.1. | Ein mohl angedingt ist genugkh | fol. 39 a [31] |
19.2. | Forma des Andingens | 39 a [32] |
19.3. | Eine schoene lere und undterweisunge allen und jeden Procuratoribus aus beschriebenen Rechten | 39 b [33] |
Art. XX. | Von Anwalden ader Machtleuthen. | fol. 41 a [34] |
20.1. | Wer ein anwalt ader machtman genant wirt | fol. 41 a [34] |
20.2. | Wie sich der machtman halten sal bei rechte | 41 a [34] |
20.3. | Der machtman sal seine macht forlegen ader wirt sonste bei Rechte nicht gehört | 41b [34] |
20.4. | Hot der machtman die macht im Gerichtsbuche | 41 b [35] |
20.5. | Eine volle macht zu Rechte sal alle Clauseln haben | 42 b [35] |
20.6. | Clausula zu einer volkommen macht | 42 b [35] |
20.7. | Cautela Iudicis | 43 a [36] |
20.8. | Ein machtman wirt kegenwertigk und auch abwehsens gesetzt | 43 a [36] |
Art. XXI. | Von dem Klaeger und seiner Klage vor gehegter banckh. | fol. 44 a [36] |
21.1. | Claeger sal seine klage formlich einbrengen | fol. 44 a [36] |
21.2. | Clagen sein zwaierlei | 44 a [36] |
21.3. | Was burgliche klage ist | 44 a [37] |
21.4. | Was peinliche klage ist | 44 a [37] |
21.5. | Von auszuegen ader abschriefften der klage | 44 b [37] |
21.6. | Replica: Einrede | 44 b [37] |
Art. XXII. | Von dem beclagten und seiner andtwort. | fol. 45 a [37] |
22.1. | Beklagter sal sich mit seiner andtwort wol fursehen | fol. 45 a [37] |
22.2. | Von abschriefften der Exception ader andtwort | 45 b [38] |
22.3. | Von Duplica und widerrede | 45 b [38] |
Art. XXIII. | Von litis contestation ader kriegs bevestung. | fol. 46 a [38] |
23.1. | Was kriegsbevestunge haist | fol. 46 a [38] |
23.2. | Von der wirkunge der kriegsbevestung und wotzu sie nutze sei, durch sechs velle erkleret | 46 a [38] |
Art. XXIV. | fol. 47 a [39] | |
24.1. | Von den Vorstenden und Caution | fol. 47 a [39] |
24.2. | Was Caution und vorstandt ist | 47 a [40 79] |
24.3. | Underscheidt zwischen der Caution und der burgschaft bei gerichte zum Rechten | fol. 47 b [40] |
24.4. | Wie der Vorstandt und Caution bestalt wirt | 48b [41] |
24.5. | Caution in burglichen sachen | 48 b [41] |
24.6. | Caution in peinlichen Sachen | 49 a [41] |
24.7. | Forma des elenden aidts zum vorstandt | 49 b [42] |
24.8. | Wehr den Vorstandt nicht bestellen darff | 49 b [42] |
Art. XXV. | Von der Gewehre der Clage. | 50 a [43] |
25.1. | Worumb die gewehre eingefurt | 50 b [43] |
25.2. | Die erste woltadt der gewehre | 50 b [48] |
25.3. | Die ander woltadt der gewehre | 50 b [43] |
25.4. | In was sachen die gewehre bestalt wirt | 50 b [43] |
25.5. | Gewehre in burglichen und auch in peinlichen sachen | 50 b [43] |
25.6. | Forma und proces in bestellunge der gewehre | 51 a [44] |
25.7. | Noch bestalter gewehre die klage nicht zu endern | 53 a [46] |
25.8. | Wen die gewehre gerurt, wie sich beklagter halten sol | 53 a [46] |
25.9. | Peen und Straffe gerurter gewehre in burglichen Sachen | 53 a [46] |
25.10. | Peen und Straffe gerurter gewehre in peinlichen sachen | 53 b [46] |
25.11. | Exempli gracia, womitte man die gewehre ruert ader bricht, durch etliche velle 12, 13, 14, 15, 16 | 53 b [47] |
25.17. | Der weiber vormunden sollen vor die fraue die gewehre bestellen | 54 a [47] |
25.18. | Die rechten vormunden muessen leisten und schaden leiden | 54 b [48] |
25.19. | Wer die rechten vormunden sein | 54 b [48] |
Art. XXVI. | Von der Beweisunge und den gezeugen. | fol. 55 a [48] |
26.1. | Weme gezeugen getailt werden, wie sich der halten sal | fol. 55 a [48] |
26.2. | Wie sein Procurator in gehegte banck frogen sal | 55 a [48] |
26.3. | Wie der her Foyt andtworten sal | 55 a [48] |
26.4. | Wen die Zeugen in einem andern koenigreich wehren | 55 a [48] |
26.5. | Der Zeugenfuerer makh ime balde einen Tagkh nehmen | 55 b [48] |
26.6. | Verßeumunge der Zeit Zeugen furzustellen | 55 b [49] |
26.7. | Von der furstellunge der gezeugen | 55 b [49] |
26.8. | Die Citacion Zeugen zu fuehren ist peremptorie | 56 a [49] |
26.9. | Proces in furstellunge der Zeugen | 56 b [49] |
26.10. | Worumb die beschuldigunge der Zeugen geschicht | 56 b [50] |
26.11. | Wie die beschuldigunge der Zeugen gescheen sal | 57 a [50] |
26.12. | Von den Interrogatorien und fragstucken | 57 a [51] |
26.13. | Fragstuck sollen kurtz und lauther sein | 57 b [51] |
26.14. | Forma der Fragstuck | 57 b [51] |
26.15. | Die Zeugen sollen schweren in kegenwart beider part | 58 a [52] |
26.16. | Forma der Zeugen aidt | 58 a [52] |
26.17. | Der Radthern eidt zum Zeugknis | 58 b [52 Seite 80] |
26.18. | Die Zeugen werden verhort in abweichen der part | fol. 58 b [52] |
26.19. | Eine schoene ermanunge den Zeugen furzuhalten | 58 b. [52] |
26.20. | Eine schoene vermanunge an die verhoerer der Zeugen | 59 a [53] |
26.21. | Eines jegklichen Zeugen sage sal durchaus gantz beschrieben werden | 59 b [53] |
26.22. | Von dem gezwange der Zeugen | 60 a [54] |
26.23. | Von dem kranken Zeugen | 60 a [54] |
26.24. | Von der eroeffnunge der Zeugen sage | 60 b [55] |
26.25. | Forma der eroeffnunge der Zeugen sage | 60 b [55] |
26.26. | Von abschriften der Zeugen sage | 61 a [55] |
26.27. | Dem Zeugenfuehrer wirt keine abschriefft geben | 61a [55] |
26.28. | Exception wider die Zeugen ader ire aussage | 61 b [56] |
26.29. | Des Zeugenfuerers defension seiner Zeugen | 61 b [56] |
26.30. | Gruendtliche ursache, worumb die eroeffnunge der Zeugen geschieht | 61b [56] |
26.31. | Brieffliche urkunde werden noch der eroeffnunge zugelossen | 62 a [56] |
26.32. | Von wider verhoerunge der Zeugen | 62 a [57] |
Art. XXVII. | Von den Urteiln. | fol. 64 a [57] |
27.1. | Das zwaiherlei Urteil sein | fol. 64 a [57] |
27.2. | Von dem beiurteil | 64 a [57] |
27.3. | Die woertlen (auf dis mohl) | 64 b [57] |
27.4. | Von dem endturteil | 64 b [58] |
27.5. | Kein Richter ist schuldigkh, die urßache ins urteil zu setzen | 65 a [58] |
27.6. | Ab der Richter noch seinen gewissen, ader wie fur ime einbrocht wirt, richten sal | 65 a [58] |
27.7. | Von tailunge der urtail in gehegter banck | 67 a [60] |
Art. XXVIII. | Von der Huelffe des Urteils. | 68 a [61] |
28.1. | Die huelffe ist vonnoethen | 68 a [61] |
28.2. | Forma und proces der huelffe in einer personlichen sachen | 68 a [61] |
28.3. | Schulden, Expens und gerichts kost erlegt man bei Sonnenschain | 68 b [61] |
28.4. | Wil ime der part vertrauen | 68 b [61] |
28.5. | Hot ehr nicht burgen | 69 a [62] |
28.6. | Sitzt beklagter in der Zucht und hot mit parem gelde nicht zu betzalen | 69 a [62] |
28.7. | Huelffe zu farender habe | 69 b [62] |
28.8. | Huelffe zu liegenden gruenden | 70 a [62] |
28.9. | Huelffe zu bekendtlichen schulden | 70 a [63] |
28.10. | Von uberandtwortunge bei der handt | 70 b [63] |
28.11. | Beklagter hot in einem andern gerichte guetter | 71a [63] |
28.12. | Forma und Proces in dinglichen sachen | 71b [63 Seite 81] |
Art. XXIX. | Forma Einweißunge in Heuser | 71 b [64] |
Art. XXX. | Auffgobe der Heuser | 72 b [65] |
Art. XXXI. | Auffgebunge des Stadtrechtens | 73 b [65] |
Art. XXXII. | Proces, den Eidt auffzufueren | 74b [66] |
Art. XXXIII. | Proces, wie man einen todten mit Rechte aufhebet | 78 b [70] |
Art. XXXIV. | Wie man den tehter in die Acht tut | 81b [74 [Seite: 3]] |
Wan einer ime furnimbt und gedenkt einen andern rechtlichen zu beclagen, so sol ehr vorhin, ehe danne ehr mit gerichte was anhebt3.a, bei frohmen, erfarnen rechtsverstendigen oder sonste bei einem verstendigen leihen und gutten freunde rath suchen, demselben seine sache und anliegen und derselben gelegennheit gruentlichen und warhafftigkh berichten und antzeigen. Ehr sol sich auch fursehen und bewaren mit einem gutten und erfarnen Advocaten, Beystant oder Procurator, und derselbe Beystant ader Procurator sal den jhenigen, der bei ime Beystandt und rath suchet, mit vleiß erfaren umb die warheit seiner sache, Brieff und schriften (soverre ehr die habe) von ime begeren, domitte ehr gruentlich rathen koenne; wan es magkh zu zeitten aus kleiner Seumbniß, ader unwissenheit die gantze sache vergeblich gehanndelt werden.
Antequam actor accedat ad litem faciendo reum citari, debet prius se preparare ad litem, ne confusus inde recedat et causam et expensas perdat. De huiusmodi preparatoriis potestis videre: Specu. in tit. de prepar. iud. et ibi Joan. (Andr.) in ad.
In primis autem debet deliberare cum amicis et eos consulere, an expediat sibi agere et litem adversario movere vel non, ne postea damnum patiatur. Item debet sibi providere de bono et perito advocato, ut in lege si aviam in fin. ibi: Si cum peritioribus tractatum habuisses C. de inge. (et) manu. [Seite: 4]
Alioquin accidet sibi illud quod scriptum est de Juda: De pen. dist. VI. c. I. versic. ubi dicitur: (Quod) Judas enim et versic. ivisset, ubi dicitur: Quod Judas penitens, dum ivit ad Phariseos pro consilio relinquens apostolos, nihil invenit sibi utile, sed augmentum desperationis sue4.1. Hec Henyng. in suo proces.4.2
Dornoch so ehr bei Rechtsverstendigen einen radt funden, sol er sich auch bei ime selbst wol bedencken und fursetzen und sonderlich eben acht haben und mit vleis erwegen, ob ehr seines fuernehmen und klage zu Rechte ordenlich rechtmeßigkh beweissunge und bewerunge habe, es sei durch Zeugen, glaubwirdige brieffe, rechtmessige Instrument oder ander wege, dan gemeinigklich dem kleger die burden der beweisunge aufgeladen4.a wen die klage versachet (das ist verneinet) wirt, es welle den der kleger seiner beweisunge abgehen und den beklagten [Fol. 2.a] auf seine gewissen noch Sachsischem rechte4.b und derselbigen lande brauch beschuldigen. Den who ehr felligkh wuerde und seine clage nicht beweisete, die sache verzeucht und nicht verfert, so sol der Richter den beklagten auf sein rechtlich begeren4.c von gethaner klage absolviren und ledigkh erkennen, mit erstatung der Expens. Das ist noch dem Sachsischen4.d Rechten zu vernehmen, who der klaeger nicht der zuschiebunge des eihdes, sonder der beweißunge gebraucht. Dorumb und sonderlich dieweil der ausgangkh des Rechten zweiffelich und ungewisse ist, tut vonnoeten4.e, das ein jeder klager sich vor anfangkh derselben aller dinge geschickt mache, dann er noch anfange der sachen und des kriegs nicht allewege zu statlichem und nodturfftigem bedacht4.f oder auffschub gelossen werden moechte. Es ist auch in sonderheit dem klaeger nodt, das ehr betrachte, ob ehr eine gutte und gerechte sache habe, auf das, who ehr die mit urteil und rechte gewuenne, domitte nicht das ewigkh verdamnis gewoenne4.g. Dofon sagt sauberlich das Sachsische lehnrecht. So goennen auch die recht dem [Seite: 5] beklagten mehr den dem kleger5.a, dorumb wirt ime auch keine zeit des bedenckens zugelossen, dan ehr geschickt sein mus, und auch alle zeit etwas mehr, den die persohne des beklagten geschickt und habilitirt sein sol. Dorumb ehr auch viel eher und leichter im Rechten verlegt wird: Ut lib. III. art XVI. et art. XXX. in glos., 1. I. C. de infamibus lib. X. etc.
[ Fol. 2b.] Wan aber der kleger mit seiner nodturfft statlich verfast zu sein bestendigklich verhoffen magkh, so soll ehr dennoch die rechtliche Citirunge und ladunge gegen dem widertail nicht von Stunden gebrauchen, sonder von freundtschafft und bürgerlicher erbarickheit wegen, inen zuvor guetlich durch sich selbst oder mittelpersohnen ersuchen und beschicken: who ihme denne derselbe sein widertail als denne der gebuern und billigkheit gemeß nicht zufrieden stellen wolte, so magk ehr alsdanne den wegkh ordenlichs Rechtens und austrags. wie sich gebuert und bei den gerichten und Rechten breuchlich, fuernehmen.
Ita sunt text. in l. Quidam Hiberus ff. de servitutibus urbanorum prediorum et l. debitores C. de pignoribus et hipotecis.
Es ist eine gemeine Regel5.b das ein jeder klager, er sei gaistlich oder weltlich, des andtworthers oder beklagten ordenlichem gerichte und Richter, dorundter ehr gesessen ist, nochfaren und ersuchen und inen doselbst, wie sichs gebueret und breuchlich ist, furnehmen und beclagen sal. Doch werden etliche vhelle ausgenommen, dorinne der klager nicht schuldigkh, dem andtworther nochzufaren; dorfon suche hernoch in dem artickel von Arrestiren und auffhalten. so viele desselben zu diesem Proces dienstlich.
Der klaeger sal auch zu bekwehmer fueglicher Zeit zu dem Richter oder Foyte sich verfuegen und furtrehten, nicht wen ehr ober tische sitzet und isset, oder in der kirchen und goetlichen sachen ist, oder auf dem wege, sonder wen ehr an den orthen und stellen, who ehr sonste breuchlich das Gerichte zu sitzen und die parthen zuverhoeren pflegt, erscheinen, sich kegen ime erbarlich und underthenigklich ertzeigen und durch sich selbst ader einen erbaren genugksammen gewalthaber seine sache und anliegen aufs allerkuertziste erzehlen und bitten, das ehr sein kegentail vor gerichte durch den gerichts diehner, oder wie es sonste breuchlich, citiren und beruffen woelle lossen und inen tagk und stunde zur verhoere bestimmen. [Seite: 6]
Qualiter in adeundo iudicem actor debeat se habere, tractat Guil. in Spec, de compe. iud. adicione § viso.: Quia, si est ordinarius, actor per se vel per procuratorem suum6.a accedat ad eum hora congrua, ut cum sedet pro tribunali, non quando commedit, vel est in divinis vel in via,6.b et factum suum coram eo proponat per se, si est discretus, alioquin per alium et petat adversarium citari seu vocari ad causam, quia per citacionem debet inchoari processus.
Citacion6.c oder vorladunge ist ein selbstendigkh thuen und der anfange des gerichts und gerichtszwanges und ein fundament des proces des gerichts.
Was ane Citacion gehandelt wirdt, ist unkrefftigkh.
Item alles was gehandelt wirt bei Gerichte und Rechte, zu welchem das widerpart nicht geladen wirt, taugk nicht, und solcher proces ist nichtigk und nullus6.d und dorum ist sie in keinem wege aussene zu lossen, sal anders das gerichte und derselbe proces bestehen, wie den die recht offendtlich sagen secundum Baldum in lege jubemus in I. col. verego tamen do consilium C. ad (S. C.) Trebellianum et per Joannem Andream, Abbatem et alios in c. Albericus [Fußnote 6.1: extra], de testibus, ubi dicitur: Quod in omni actu isti, quorum interest, citari debent, alias actus nullus est.
Den alle recht verbietten, das man niemandt, sein leib, oder ihnen sonste in etwas vertailen sal, der do nicht citirt und geladen ist,6.e und nemen des iren grundt von gothe dem Almechtigen, deme war nicht verborgen, das Adam im Paradiese gebrochen hatte und gesundigt; noch dennoch rieff ehr inen erstlich, ehe danne ehr inen straffet und sprach: Adam, who bistu etc.
[ Fol. 4 b.] Wan der kleger zu Gerichte kompt, sal ehr den her Foyt mit erbarlicher beschaidenheit umb den Gerichtsdiehner begruessen, noch seinem widerpart zu schicken, und bitten, inen einen tagkh und stunde [Seite: 7] anzusetzen; das sal ime der her Foyt vergoennen, auch tagkh und stunde ernennen, alles noch gelegenheit der Sachen und auch der perßonen.7.1
So der, noch deme man schickt, in der Stadt wohnet, gibt man dem diehner von alters her 3 den. Wohnet ehr aber vor einem tohre, gibt man ime einen halben groschen und also, vor so viele tohre er gehen mus, so viele halbe groschen gibt man ime. Verpeut und arrestirt ehr auch bei iemandes was, es sei was es wolle, gelt, roß, wagen etc., ists in der Stadt, so gibt man ime einen halben groschen, vor dem thore einen gr. und so furdann.7.2
[ Fol. 6a.] Wan nun also beide part, kleger und antworter, zur gelegten stunde vor Gerichte erscheinen, und kleger seine clage und beklagter auch seine andtwort und also beide tail ire nodturfft furbrengen, dorauff hot der her foigt zu merken und vleißigk achtunge zu haben, noch laut ires furbrengen die rechtlichen zu entscheiden;7.a dan alle richter sitzen gerichte an gottes stadt, den alle gerichte kommen von Gott,7.b ut Landt. l. I. art. 53; Weich. art. 8; Lehen, cap. 51 post prin. glos.; Weich. art. 16. glos. in fin.
Als who die klage umb Schuld und beklagter der klagen7.3 gestendigkh ist, so bedarffs nicht weither zankens,7.c den das der kleger den her Foyt bitte, dem beklagten auf solch sein bekennen zu schaffen und gebietten, das ehr im betzalunge und ausrichtunge thue; den der [Seite: 8] lso bekennet und der klagen gestendigkh ist, der bringt das urteil selbsta mit sich, das inen vertailet.8.a
Who aber der beklagte nicht zu betzalen hette und begeret Frist, wie diese Stadt zu Rechte hot, das bekommt ehr, und [ Fol. 6b] das sein drei vierzehen tage und drei tage, das machen sechs wochen und drei tage.8.b Wil ime kleger solche bekentliche schult diese sechs wochen langkh und drei tage gutwilligkh vertrauen und harren, ader aber bei seiner anglobunge dem her Foyte bei der Pusse und verschreibunge bleiben lossen, das stehet bei ime. Who ober nicht8.1, so mus es ime der beclagte genugksam verburgen. Hot ehr der burgen nicht beihendigkh, und der kleger ime dornoch zugehen nicht vertrauen wil, so gibt ehr dem fronebothen seine gerechtigkheit, als nemblich einen halben groschen; der behafftet inen mit der zucht, bis solange ehr burgen zu wege brengt.
Bekennet sich beklagter zur schult und saget, ich habe es ime jezund wol zubetzalen mit parem gelde, dieweil ehr mich aber gerichtlich beklagt, so wil ich ime auch jezund nicht betzalen, sonder begere die Stadtrecht, das sein VI wochen und III tage. Dieser kan also in diesem vhal die Stadtrecht nicht bekommen, dan die Frist der Stadtrecht sein deme zu gutte eingefurt, der zur zeit der beklagunge balde zu betzalen nicht hot, domitte ehr sich in dieser zeit bewerben und umbthuen magkh, das ehr seinen gläubiger zu ruhe stelle und betzale; den der gelt hot und nicht zalen wil, das ist ein betrugk, und kan dorumb die Stadtrecht nicht bekommen.8.2
[ Fol. 7 a.] Wo aber der beklagte in seiner andtwort sich zu der klage bekennet und gestendigkh ist, das ehr dem kleger schuldigkh gewest, oder [Seite: 9] das das gut oder die wahre sein gewest sei, und sagt, ehr habe ime betzalunge gethan und vergnuegt, oder ehr habe das gut über verwerte Zeit besessen und inne gehabt etc., dorauff kan alsdan der her Foyt nicht balde urteilen, sondern es wirt dem beklagten bekweme Zeit und Frist gegeben, diese seine schutzwehre und Exception der betzalunge oder die verjharunge und prescription zu beweisen.
Dan ein jeder andtworther, der in seiner andtwort oder Schutzwehre etwas setzet9.a, und der kleger es ime nicht gestehet, ist dasselbe auff nichtgestehen des klegers zu beweisen schuldigkh.
Wo der beklagte andtwort und sagt, ehr gestehe der klage, dass ehr schuldigkh sei, oder das ehr das gut inne habe, alleine die Zeit der betzalunge oder uberandtwortunge des guttes sei noch nicht kommen9.b, und who ehr des also beweiset, so kan inen der her Foyt zur betzalunge oder uberreichunge des guttes vor der Zeit nicht verteilen.
[ Fol. 7 b.] Hierauf ist aigentlich zu merken: Wen der beklagte zur klage nain sagt, was sich denne bei gerichte zu thuen gebuert, nemblich who der kleger dem beklagten in die gewissen (das ist auf seinen eidt) nicht stellet und der beklagte der klagen durchaus oder zum teile nicht gestendigkh, in diesem vhalle ist der kleger schuldigkh, seine angestalte klage, wie zu rechte genugksam9.c zu beweisen, und das heist bei Rechte leipliche beweisunge.
Who denn klager das nicht tut, oder gar keine beweisunge hot, so wirt der beklagte durch den her Foyt von solcher angestalten klagen absolvirt, kwit, loes und ledigk getailt.9.d [Seite: 10]
Stellet aber klaeger Zeugen fur oder sonste schrifftliche beweisunge, und bleiben also beide part bei des herFoyten erkendtnis, aus solcher furgestelleten Zeugen aussage oder sonste schriftlichen beweis hot der her Foyt seinem gethanen eihde noch rechtlichen zuerkennen und die parthen zubescheiden [ Fol. 8a] in der sachen, was recht ist. Die Zeugen aber sollen vor irer aussage einen aidt thuen und schweren, das sie die lauther warheit, was inen von der sachen wissende ist, aussagen wellen.10.a [ Fol. 8 a.]
Ist auch dem her Foyte was zu schwer in sachen, dorumb hat ehr den her Burgermeister und einen gantzen sitzenden Roth sich mit ihnen aus der sachen umb eine underweisunge zuberodtschlagen, und magkh die parten auff einen andern gelegenen tagkh und stunde noch gelegenheit der Zeit, vor ime widerumb zuerscheinen, bescheiden.
Who auch Claeger kaine Zeugknis hot, und den beklagten bei seinem schlechten nein nicht bleiben lossen will10.b, sonder begert, das ehr sein nein verfueren und thun sol, wie recht, so lest es der her Foyt auch dorbei bleiben10.c, [Fol.8b] alleine das beide parthen zum Rechten verburgen muessen. Dan solcher koerperlicher aid kan vor gerichte aus alt herkomner gewonheit nicht geleistet noch gethan werden, sonder vor gehegter banck.10.1 Und doher kombt das Sprichwort, das nain und jha zum Rechten gehoert.10.d Und doselbst vor gehegter banckh sein als denne die parthen schuldigkh, noch altem brauch ire klage und andtwort und ferner einbrengen durch sich selbst oder ire Procuratores in die Feder zu reden, domitte ferner in der sachen gescheen magkh, was billich und recht ist. Wie aber die burgschafft zum Rechten gescheen sol, dorfon suche hernoch in dem Artickel der burgschafft zum Rechten.10.3 [Seite: 11]
Es ist sehre gutt und ein loeblich dingkh, das der herr Foyt die sachen zuweilen auf gutte leuthe gibt; dan domitte werden viele sachen durch gutte leuthe in der suehne vertragen, die sonste zum Rechten gediegen, in viele und grosse unkost und schaden kwehmen. Wiewol der her Foyt noch kain Richter kain part von irem Rechten zu nehmen und zu sunlichen vertregen ader hendeln zu zwingen haben, so sagen doch [ Fol. 9 a] die Recht, das der Foyt oder Richter, welcher die part im anfangkh durch sunliche hendel und vertrege wol verainigen und vertragen koende und tut das nicht, das ehr doran toedtliehen sundige. Und dis ist aigentlichen zu merken, das solches gescheen sol, ehedanne die part ire gezeugknis verfuehren, furstellen und verhoeren lossen. Den wen das Getzeugknisse verhort ist, so kan der her Foyt oder Richter balde verstehen und merken, welchs part recht oder unrecht ist. Und wen also der her Foyt noch verhortem gezeugknis den parten zum sunlichen handel verner redt oder zum vertrage gibt, so sundigt ehr auch widerumb toedtlichen doran, dieweile ehr waiß, welches part recht ist, und derselbe gerechte nochmoles aus des her Foyten bevehl sich mit seinem schaden kegen seinem widerpart suhnlichen durch gutte leuthe vertregt; es wehre den dasselbe gezeugknis in ime selbst so tunkel und unlauther, das der her Foyt nichts gewisses doraus schlissen noch richten koende, als denne truege es ime auch keinen mangel.
Auch who eine hessige, peinliche sache oder bekendtliche ubeltadt furkweme, sal auch zu keinem vertrage noch sunlichen Handel gelossen werden. Dan offenbare laster und ubel sal man ungestrafft nicht hingehen lossen, sonste sal allewege friede gesucht und auffgerichtet werden. Wo [ Fol. 9b] aber Iniurien sachen furkwemen und zuvorab, wenn die sache an ihr selbst hessig wehre und dem parthe auf sein treuhe, ehre und gut gelimpffe gehen wolte11.a, oder so dorinne ein solcher zweiffel gefunden, der nicht leichtlich zu entscheiden sein wuerde, so sol alsdanne der her Foyt allen mueglichen vleiß thuen, die part miteinander in der guette durch gutte leuthe sunlichen zu vertragen, zu verhuettunge weithers unradts, so doraus endtstehen moechte.
Preclarissimus iureconsultus, famatissimusque practicus et utriusque Juris Doct. D. Henningius Goden Havelspergensis etc. in suo iudiciario processu Rub. 2 Num. 16 inquit, quod hii Judices optime faciunt, qui partibus concordiam et amicabilem composicionem persuadent et quod Judices tenentur hoc facere, licet eas non possint cogere ad concordiam acceptandam, ut probatur in cap. ut litigantes, de offi. ordi. in VI., c. si primates, V. q. II., ubi glos. l. et Abbas et Felin. de treu, et pa. super rub. et hoc [Seite: 12] tunc verum, quia Judex, qui potest in principio partes concordare et non facit, peccat mortaliter, sed in fine litis non. Nam postquam ex actis intellexit, que pars sit iusta et que iniusta, iterum peccat persuadendo iuste parti ad concordiam, ut cum damno suo concordat, ut probatur Antho. de But. in cap. 1 in glos. fin. [Fußnote 12.1: Extra] de mut. peti. De quo eciam per Speculatorem et Joan. Andre., in add. de prepara. iudi. versic. ceterum. [ Fol. 10 a]
Aller Zeugen aussage, so bei gerichte verfurt ader sonste eingelegt werden, gibt man dem widerpart keinen auszugkh, sonder wo die sache in ihr selbst wichtigkh und der part das begert, so verliest man sie ime, so offte es vonnoethen ist.
Wer bei Gerichte beklagt wirt und bekennet sich zur schuld, hot kein par gelt, sondern erbeutt sich pfandt zu legen vor die schult noch Stadtrechten, dorauf ist zu merken: Wils der glaubiger annehmen, so lest es der her Foyt auch gescheen; wo es aber der glaubiger nicht balde annehmen noch gescheen lossen wil, so mus der beklagte in die Zucht12.3, und dornoch aus der Zucht magk er sich widerumb loehsen und ledigen mit genugksamen pfande, die er vermagkh, und darff in solchem valle vom kleger weither mit gefengknis nicht gepeinigt werden, es wehre den sache, das ehr sich vormoles bei gerichte oder andern krefftigen stellen12.4 seiner rechtlichen freiheit vertziegen hette, und hette sich zuvor verschrieben zubetzalen mit parem gelde ane alle weiter recht und pfandt, so moechte er sich auch mit pfande nicht ledigen, wie den hernoch im XI. Artikl Num. 2 fol. 28 zu befinden.12.5
Noch deme vormoles alhie verhalten worden und in brauch12.a gewesen, who indert persohnen aus den Raethen, die jemandt was verpflicht und [Seite: 13] schuldigk gewesen, von weme haben furgenommen und beschuldigt wellen werden, das solche rathspersohnen bei einem burgermeister ader vor einem sitzenden Rathe beclagt sein worden, dieweil aber durch solchs einem Burgermeister und rath auch bis weilen den alten Herrn viele muehe und verunmuessigunge der Zeit und verhinderunge in anderen genoetigen Radtschlegen endtstanden und gescheen, des gleichen auch unordentlich gewehsen, haben sich die herrn alle drei Raethe heute miteinander vereinet, vergleicht und dorauff gesetzt, das hinfur ein jetzliche rathspersohne, die von jemandt umb schult und dergleichen hinfür beschuldigt wirt werden, bei Gerichte sol furgenommen und beklagt werden, und nicht vor dem her Burgermeister und einem sitzenden Rathe.13.a Jedoch dergestalt und mossen, das der her Foyt allewege solche rathsperson, die von ime umb schuld ader dergleichen gefordert wirt, nicht mit dem Fronebothen [ Fol. 12 b] ader Gerichtsdiener, wie einen gemeinen man, sonder durch einen knaben beschicken sal und dieselbige rathspersohne mit dem kleger alleine, in abwesen aller leuthe aus der gemeine, verhoren, und who her Foyt beide tail glimpflich koende von einander brengen und endtschaiden, das sol ehr thun; wuerde aber her Foyt indert ein beschwehre dorinne haben oder merken, so sal ehr beide tail vor einen sitzenden Rath verschieben, welcher Rath alsdenne ein vleisigs und treulichs einsehen haben und vor die beschuldigte rathsperson im besten gedencken auch sie noch hoechster muegligkheit (jedoch neben der billigkheit und gerechtigkheit) handthaben sall, domit derselben rathspersohn von dem kleger kein spott noch beschwerunge widerfahr, noch gaehlingkh von ime uberfallen und von seiner heusslichen wohnunge und nahrunge gedrungen werde.
Dieses haben die herrn alle drei Raehte zu gedechtniß hierein zu schreiben verschafft und bevohlen.
Actum feria secunda ante Scolastice festum Anno 1547, tempore domini Iheronimi Krtz, Magistri Civium.13.2 [Seite: 14]
[ Fol. 14a.] Wen der kleger zu dem selben tage und gelegter stunden, wie er dem beklagten durch den gerichtsdiehner hot verkundigen und ansetzen lossen, selbst nicht erscheint, weder durch sich selbst noch seinen anwalt, sonder ungehorsam außenebleibt und beklagter erscheinet, so sal ehr die gelegte stunde gehorsamlich auswarthen und dornoch den her Foyt bitten, die weile der kleger nicht kombt, sich von dem gerichtsstande und also ab observatione et instancia iudicii zu entbinden und loes zu teilen14.a, welchs alsden der her Foyt ungewegert thuen sal. Dan der ungehorsam des klegers ist bei gerichte und Rechte groesser zu bewegen den des beklagten.
Wil aber klager noch moles den beklagten was nicht erlossen, so mus er den beklagten mit gunst des her Foyten von neues citiren und beschicken, und seines Rechten zu rechter Zeit und weile mit vleiß auswarten.
[ Fol. 15a.] Der wirt fur ungehorsam geachtet, der zu Gerichte durch den gerichts diehner oder sonste bekweme persone citirt und beschickt wirt und aigenwilligkh aussene bleibt, nicht gestehet, noch furkommen wil.14.b Auf solche ungehorsame leuthe haben meine hern, ein ersamer Radt, eine underweisunge zu gerichte gegeben, wie hernoch folget.
Anno domini MDXLVII feria VI. ante festum sanct. Trinitatis haben sich die Hern, ein ersamer sitzender Rath, mit einander vereinet und beschlossen von wegen der ungehorsamen eigenwilligen leuthe, die sich zu gerichte, wen sie beschickt werden, nicht finden noch gestehen wollen, nemblichen also: Wen der her Foyt hinfuer, es sei der itzige, oder die kunfftigen Foyten, jemandt vor Gerichte beschicken ader fordern lassen [Seite: 15] werde, und solchs dem selbigen, der also beschickt, selbst angetzeigt und ime stunde, vor gerichte zu gestehen, ernennet wurde, und ehr zu Gerichte nicht kwehme, sonder also aussene bliebe, solchen jeden sol der her Foyt erstlich mit der Zucht und umb die gewonlich pusse namblich umb 4 gros.15.1 [Fol.15b] sollichs seines ungehorsams halben straffen. Begebe sichs aber, das der selbige, der zu gerichte gefordert wuerde, nicht dohaime und doch einhaimisch wehre und solchs seiner hausfrauen oder seinem gesinde angesagt wuerde, ein mohl, zwür und bis zum dritten, und sich der selbige, der also drei mohl mit Gerichte beschickt wehre worden, nicht gestellet und zu Gerichte nicht erschiene, dem selbigen sal der her Foyt sein vorhaus oder wohnunge15.2 sperren und mit dem Gerichts-Sigille versiegeln lossen,15.a wie es dan alles zuvor von alters her also verhalten ist worden.
Actum tempore domini Iheronimi Krtz, Magistri Civium. Anno et die ut supra.
Solch versiegelungkh und Sperrunge geschieht dorumb, das man den selben ungehorsamen dormitte zu gerichte brengt und zwinget.15.b
Der kleger, der dem ungehorsamen versiegeln oder sperren lossen wil, der gibt dem gerichte (so der ungehorsame in der Stadt wohnet) 5 ½ gr., wohnet ehr aber ausserhalbe der Stadt vor einem thore, so gibt er 6 gr., ist ehr vorm andern thore15.4 6 ½ gr. Dofon gebuert dem her Foyte 4 gr., dem schreiber 1 gr. und dem Geriehtsdiehner das ubrige. [Seite: 16]
Kompt dan der ungehorsame noch der sperrunge zu Gerichte, und wendet glaubwirdige ehehaffte nodt fur, die inen zu gerichte zu erscheinen verhindert haben16.a, so wirt ehr domitte gehort; alleine ehr mus dem kleger seine unkosten, die ehr aufs sperren gewandt, wie obene gehort, erlegen. So sperret man ime widerumb auff, domitte kombt ehr wider zu seinen Rechten und zu seiner andtwort.
Hette aber beklagter keine genugksame ehaffte nodt furzuwenden und die beschickunge wehre ime selbst personlich under augen durch den gerichts diehner angetzeigt, zu deme verhelt mau sich noch obbeschriebener undterweisunge meiner hern16.b, und mus nichts desto weniger dem kleger seine unkosten der sperrunge erlegen, wil ehr ime anders auffgesperret haben und zu seinen Rechten und andtwort kommen.
[ Fol. 18 a.] Who der ungehorsame noch der Sperrung aussene bleibt und kombt zu Gerichte nicht, oder aber von dannen gar endtweicht, so stehet die sperrunge drei viertzehen tage und III tage, das sein VI wochen und III tage.
Noch verlauffenen VI wochen und dreien tagen magkh der kleger widerumb zu gerichte kommen und aldo begeren, den ungehorsamen beklagten zu beschicken und das dorumb, wen ehr kweme, inen zu befrogen (who es umb schuld zu thuen wehre), ob ehr ime sein geld geben und sein gut also vertrehten und widerumb zu sich loesen wolde, who ers aber zu loesen nicht vermoechte, das ehr mit dem selben versperreten gutte weither handlen welde noch ordenunge der recht.
Ist den der beklagte endtwichen und sich under einen andern hern oder gerichte nidergelossen, so schreibt man von Gerichte auf des klegers unkosten eine Insinuacion an den selbigen Richter oder Foyt, under welchs gerichts zwangk sich beklagter nidergelossen, mit ansetzunge dem beklagten dorinne einen vertragkh und termin, ob ehr kommen welde und sein gut vertrehten etc., wie sich danne eine solche Insinuacion zu schreiben gebuert, mit beschliehslicher bit an den selbigen Foyt oder Richter dem beklagten [Seite: 17] solche Insinuacion und gelegten tagkh gerichtlichen an zu kundigen, und sol kleger dem frohneboten seine gerechtigkheit dorin verschließen mit begerunge einer andtwort, ob dem beklagten solchs verkuendigt worden ist, und welchen tagkh.
[ Fol. 20 a.] Kombt denn beklagter noch solcher beschickunge ader Insinuation nicht vor gerichte, so magk kleger begeren auffzusperren und die sache zu Inventiren und zu schatzen, welchs der her Foyt dem rechten noch gescheen sal lossen, und so die sache so gros und viele, sal ehr zwehn hern Scheppen und den gerichtsschreiber zur Inventirunge und Schatzunge nemen und die sache also von stucke zu stucke ordenlich auffschreiben lossen.17.a Die Schatzunge mus auch durch geschworne aus den czechen noch jeder wahre gelegenheit gescheen.
Noch solcher Inventirunge und Schatzunge mus der kleger umb eine getreuhe tandlerin aussen sein, derselben solche habe und guetter uberandtworthen und drei viertzehentage und drei tage auf dem tendelmarkte [ Fol. 20 b.] feilhaben lossen. Und welcher kauffman in den dreihen viertzehen tagen17.1 am meisten dorumb gibt, dem selben lest man noch außgange der dreier 14 tage17.2 solch habe und gutt folgen.17.b
Dis woertlein (wer am meisten dorumb gibt) verstehe also: So kauffleuthe kwemen, die mehr dorumb geben wolden, dan es geschatzt wehre, so liesse man es deme, der am meisten dorumb gebe.
Item wo kain kaufman kwehme, der so viele dorumb geben wolde, wie es geschatzt wehre, oder aber gar keiner kwehme, so mus alsdanne noch außgange der dreiher viertzehentage17.3 der klaeger oder glaubiger [Seite: 18] die ware annehmen, wie sie geschatzt worden ist18.a, und who sichs hoeher erstreckt, dan seine schult ist, dem beklagten das ubrige folgen lossen; who es aber vor seine schult nicht18.1 wehre, so magkh ehr sich des am beklagten ferner mit rechte erholen.
[ Fol. 21 a.] Item der geschatzten farenden habe halben. Die weile solche farende habe von den leuten bei iren eiden geschatzt werden aufs treulichste, so sollen auch die glaubiger dieselben geschatzten farenden haben, wie sie geschatzt werden, annemen, und die schuldiger sal man hoeher nicht dringen lossen, domitte den schatzleuten solchs ihre treulichs schatzen zu keinem nochtail geraiche, sonder bei der schatzunge bleibe, und der her Foyt sal allwege den schatzleuten solchs einbilden, domitte sie die farende habe neben iren eiden aufs treulichste schatzen, kain part angesehen, so ferre den schatzleuten wissende wuerde sein, wene es anging, so sal inen der her Foigt auch kein antzeig noch meldunge thuen dorfen, sonder sie gedochte fahrende habe (wie obengemelt) aufs treulichste schatzen lossen, mit welcher schatzunge die glaubiger gantzlichen sollen begnuegt sein und weither nicht greiffen, noch eine Obrigkheit dorinne bekommern.18.b
Actum tempore domini Sebastiani Haendel, Magistri Civium, Anno et die, ut supra.
[ Fol. 23 a.] Klagt einer zum andern umb vertaget erbgelt, es sei viele ader wenigk, und der beklagte bekennet sich dortzu, das es vertaget sei, und begert die rechtliche frist, die bekombt ehr, das sein III tage noch erbgeldes recht und nicht mehr.
Klagt einer umb seinen liedlohn, es sei viele ader wenigkh, und der beklagte bekennet sich dorzu. ehr mus es zahlen bei sonnen schein, es were den, das si mit einander umb ein lengere frist bereden und vergleichen koenden, so lest es der her Foyt auch dorbei bleiben. [Seite: 19]
[ Fol. 24 a.] Erlegt der beklagte in den dreihen tagen die erbguelde nicht, und klager kombt noch verscheinunge der dreiher tage widerumb zu gerichte, so erlegt ehr dem gerichte die gerechtigkeit, wie obene im Artikl (7) vom Siegeln und Sperren gehort, und lest den nochrichter den selben grundt spaehnen, das ist: ehr schneidet einen Spahn aus der tueren oder tuergericht und gibt in dem klaeger. Solche Spaenunge sal der gerichtsschreiber ins gerichtsbuch vertzaichnen zu ewiger gedaechtmis; dorumb nimbt ehr 1 gr. von dem Spaengelt.
Noch solchem Spaehnen lest der klaeger das selbe haus oder grundt am nechsten wochen markt tage dornoch offentlichen auf freihem ringe und markte durch den gerichtsdiehner zum ersten mohle ausruffen und dornoch uber 14 tage aber ein mohl, und also zu dreihen mohlen mus ers ausruffen lossen. allewege uber 14 tage. Und von solchem ausruffen gibt kleger dem gerichts diehner von jedem mohle 1 gr., das sein III gr. uberalle.
[ Fol. 24 b.] Wo beklagter in solchen VI wochen und III tagen der außruffunge die erbguelde nicht erlegt, so magk dornoch klaeger zu gerichte widerumb kommen und den hern Foyt mit erbarlicher bescheidenheit frogen, wie ehr sich verner seinem rechten noch verhalten sal. So bescheidet inen der her Foyt, das ehr den beklagten zu gerichte beschicken sal, und das mus der klager thuen, und gehet alle diese unkost dem beklagten zu schaden, gleich wie obene die Spaehnunge und ausruffunge. Und diese Citation ader beschickunge geschicht dorumb, ab sich der beklagte in dieser Zeit mit gelde versehen hette und wolde dem kleger die erbguelde erlegen mit sambt den unkosten der Spaenunge, ausruffunge und letzter beschickunge, so verbliebe ehr bei seinem haus und grunde. Hot aber beklogter des geldes nicht, und der kleger seinen rechten nochfolgen wil, so gebeut der her Foyt dem beklagten, das ehr aus dem hause oder grunde sich ziehen mus und es dem klaeger einreumen.19.a Solch einräumen sal ime kleger ins gerichtsbuch vertzeichnen lossen zu ewiger gedechtnis. Hierauff ist zu merken: Ap nu wol beklagter selbst personlich bei gerichte erscheinet, die weile ehr aber die erbguelde, die ehr von rechtes wegen zu erlegen schuldigh ist, nicht erlegt, so wirt [Seite: 20] ehr bei Gerichte und rechte vor einen ungehorsamen geachtet und gehalten. Dan ein jeder, der zu Rechte etwas schuldigkh und pflichtigk zu thuen ist, oder ime von Rechtswegen aufferlegt wirt und kombt demselben nicht noch zu bekwemer, gelegener oder ausgemessener Zeit, der wirt dordurch Contumax und velt in die straffe der Recht noch der sachen gelegenheit.
Der Klaeger aber magkh solch haus zu seinem nutze wohl geniessen ader auch einem andern umb einen Zins hinlossen und vermietten, doch in dieser gestalt, bis solange ime beklagter die versessenen erbguelde erlegt, so mus ehrs ime von Stunden oder aufs lengste in dreihen Tagen ane verzugk widerumb einreumen. Es mus auch kleger in dieser Zeit, die weile ehr solch haus oder grundt ex primo decreto innehelt20.a, denselben grundt nicht schwechen, nichts dorinne abbrechen noch aushauen oder ausroden, das allerwenigste nicht, noch niemandes von seinent wegen gestatten. Und who es auch umb die Zeit wehre, das beklagter etwas zu seinem nutz und frommen auf denselben grundt gesehet oder gepflantzet hette, ader aber fruchtbare baume dorinne wehren, es sei mit zeittigen oder unzeittigen obs, das selbe obs und fruechte gehoeren von Rechtswegen dem beklagten zu und nicht dem kleger, dan der klaeger in diesem valle und zu dieser zeit nicht anders geachtet wirt dan nur vor einen huetter des grundes.20.b Who ehr aber solchs tehte und den grundt schwechete, so ist kleger solchen schaden, wen der beklagte ime die erbguelden erlegt, dem selben beklagten zu ergetzen und erstatten schuldigkh von Rechts wegen.
Kombt beklagter in Jhare und tage und gibt dem kleger zwu erbguelde mit einander mit sambt der Gerichtskost, wie oben gehort, so mus ime kleger auch von Stunden ader aufs lengste in dreihen tagen solch haus oder grundt widerumb abtrehten und einreumen. [Seite: 21]
Kombt beklagter noch ausgange jhar und tagk zu gerichte ader wirt vom kleger dortzu gefordert und hot die zwu erbguelde miteinander nicht zu erlegen, und so als danne klaeger dem Rechten nochfolgen wil, so [ Fol. 26 a.] mus ehr den her Foyt bitten, in der sachen zu sprechen, was Recht ist. Dorauff so spricht der her Foyt, das ime dem klaeger solch haus oder grundt widerumb ledigklich haime gehet, das ehr domitte widerumb thuen und lossen magkh, als mit seinem erbaignen proppern gutte wie zuvor, und alles was der beklagte doran gegeben und betzalet hot, es sei viele oder wenigkh, das mus ehr doran gar verlieren, und ist ime klaeger das wenigste nicht schuldigkh her ausser zu geben von rechts wegen. Und solchen Spruch sal ime klaeger ins Gerichtsbuch vertzaichnen lossen von wegen besser sicherhait und ewiger gedechtnis21.a.
[ Fol. 28 a.] Es ist am ersten zu wissen, das die Aufhaltungen21.1 zwaiherlei sein, als nemblich aufhaltunge eines selbschulds und aufhaltunge anderer leuthe, die nicht selbschuld sein, und dorumb so mus man sie wissen zu underschaiden. Erstlich wolle wir sagen von aufhaltunge eines selbschulds bis auf den funften vhal ader underscheidt. Und dornoch im funfften unterscheidt wolle wir sagen von auffhaltunge anderer leuthe, die nicht selbschuld sein.
Ein Jeder glaubiger magk seinen selbschuld (who es umb vertagte geldschuld zu thuen ist) vor gerichte wol furfordern und furbrengen, who ehr inen am ersten uberthrethen und uberkommen kan21.b. Und das ist also zu verstehen, so sich ein schuldner verpflicht hette, seinem glaubiger an einem bestimbten ort betzalunge zu thuen, und derselben verpflichtunge nicht nachkommen wehre, so magk der glaubiger denselben seinen Schuldner nochmoles, an welchem ort oder ende er inen betrit, wol beklagen.21.2 [Seite: 22]
Item so sich der Schuldner der freiheit seines ordenlichen Gerichts vertziegen hette, magkh ehr auff begeren des glaubigers an den orthen im Contract bestimbt beklagt werden22.a. Wie den solchs offte und vielemahles bei Gerichte furkombt und furfelt, das sich manicher verschreibt oder verschrieben hot, who er die betzalunge auff die bestimbte zeit dem vertrage noch nicht tehte, daß inen der glaubiger oder sein anwalt macht zu beklagen22.1 habe, under wes gerichten ehr inen ubertrehten kan. wie den dieselbe Clausula in solchen verschreibungen in sich vermagk, als nemblich:
Dorfur mich nicht schuetzen noch helffen sall keinerlei Recht ader privilegium, Stattut und gewonheit, es sei gaistlich ader weltlich, gemainlich ader sonderlich etc.22.b
Als wen sich einer einschuldete, dieweil er ein burgersman wehre, und verschriebe sich also kegen seinem glaubiger, wie obgemelt, und wuerde dornoch ein edelman, so kan inen sein adel und privilegium22.c in seinem gehaltenen Contract nicht beschuetzen noch helfen.
Item wehr sich guttwilligkh bei gerichte verschreibet, betzalunge zu thuen auff eine bestimbte zeit ane weither recht und pfandt22.d, dieser verzeihet sich jha seiner freiheit, who er die Zeit nicht helt, das ehr sich mit seinem pfande nicht loesen kan, sonder ehr mus dasselbe einem andern versetzen, verkauffen oder verpfenden und den glaubiger mit parem gelde zalen, welchs ehr im andern vhall nicht thuen doerffte, who er sich seiner freiheit, die ime von Rechte zugelassen wirt, nicht vertzeihet. Dan ein jeder schuldiger loeset sich mit seinem pfande aus dem thurme und gefengknis, es wehre den sache, das ehr sichs vertziehen hette, ut supra.
[ Fol. 29 a.] Von wegen ungerichte als todtschlagkh. wunden, lembnis, schlehen und Iniurien etc. sollen die tehter an dem ort und stellen, [Seite: 23] doran die thadt bescheen23.a, oder do die rechtfertigunge angefangen, oder an dem orthe, wo der tehter heußlichen besessen und seine wohnunge hot, mit Rechte beklagt und furgenommen werden. Es wehre den sache, das die obrigkheit an demselben ort dem kleger die goetliche gerechtigkheit, wie sichs gebueret, nicht verhelffen wolten. Ader aber wen der tehter ein freilediger umblauffender und ungesessener fluechtiger mensch wehre, als denne so volget die auffhaltunge in mossen, wie im funfften underscheidt hernoch geschrieben stehet.
Item who der beklagte tehter ainhaimisch und rechtlichen zu dreihen mohlen citirt worden were und sich nich betrehten oder finden lossen wolte und also ungehorßamlich zu gerichte nicht erschiene, demselben magkh sich der [ Fol. 29 b.] her foyt verhalten mit Sperrunge und Siegelunge seines Hauses, habe und guetteren, wie obene im Artickell von dem ungehorßamen beklagten genugksam gesatzt ist.
Ita est textus in leg. I. ff. de requirendis reis et Autentica quia in provincia quis deliq. C. ubi de criminibus agi oporteat. Sortitur enim quis forum ratione delicti, ut est textus apertus in leg. III. ff. de officiis presidis, ubi dicitur, quod preses provincie in sue provincie homines tantum imperium habeat et interdum adversus extraneos homines, si quid malum commiserint. Nam et in mandatis principum est, ut curet is, qui provincie preest, malis hominibus provinciam purgare; nec distinguitur, unde sint. Hec sunt verba dict. leg. III.
Dis ist alhie zu Olomuntz dieser Zeit gar ein gemeiner vhall, das von fremden und ainhaimischen leuthen die auffhaltuugen sehre begert werden. Deme aber vorzukommen, domitte viele ubrige sorge, muhe und beschwerunge eines erbaren Rathes dem Gerichte und gemeiner Stadt, des gleichen den parten viele unkosten verhutt und vermieden bliebe, sal sich der her foyt wol fursehen und so eilendigkh gar keine auffhaltunge gestatten, sonder sal zum ersten dem hern, des underthanen man auffzuhaltten begert, freuntlicher und nockbarlicher mainunge auff des klaegers unkosten schreiben, dorinne aufs kuertziste und gruendtlichste meldunge thuen, wehr die auffhaltunge begert. auch uber welchs aigen und aus was urßachen, alles noch dem kuertzisten und gruendtlichsten; auch beineben begeren, who ehr solche sache in ander wege glimpfflicher weiße undernemen muege, oder who es umb bekandtliche schulden zu thuen wehre, das ehr zu betzalen verschaffen wolde, domitte solche [Seite: 24] auffhaltungen und hinderunge der leuthe underwegen blieben und im beschlus bitten umb richtige andttwort, dornoch ehr sich zu richten hette. Alhie ist zu merken, who mehr schreiben von noethen tehten, dan eins, sol alles zuvor gescheen, ehe danne man zur auffhaltunge greifft.
[ Fol. 30 b.] Wen nun die Sache nicht anders stehet, den das die auffhaltunge folgen soll, so sal der her foyt dieselbe nicht gestatten hinder forwissen des her Burgermeisters ader eines erbaren Rates, sonder inen die sache und gelegenheit derselben allenthalben klare berichtunge thuen und, who sie dornoch dortzu verwilligen, so magkh ers auch gestatten uud eher nicht.
Und ap schone nun die aufhaltunge von dem her Burgermeister ader einem erbaren Rothe zugelossen wirt, so sal doch der her foyt das gerichte, so ime bevohlen, und beineben gemaine Stadt also bewaren, das sie beides ane nochtail und schaden bleiben: Nemblichen, who der anmutter und begerer der auffhaltungen in diesen gerichten genugksam mit heußlicher wohnunge und nahrunge nicht besessen wehre, so mus ehr genugksam verburgen mit gesessenen leuthen undter einem pfande24.a noch bedenken und ermessunge des her foyten und gelegenheit der sache, das ehr die gerichte und gemaine Stadt der aufhaltung halben ane allen schaden halten woelle; sonste ane das wirt ime die aufhaltunge auch nicht gestattet.
[ Fol. 32 a.] Es werden gemainigklich einem Jeden die verpott24.2, es sei auff gruende, heußer, geld, fahrende habe und gutt gestattet und zugelossen, und sonderlich wen ehr auffrichtigkh ursachen antzaigt, die inen zu dem verpott bewegen, als nemblich wo der, deme also seine guetter verpoten sollen werden, nicht genugksam gesessen sei zu seinen schulden under diesen gerichten, item das ehr ein verschwenderer und ein hinbrenger sei seiner guetter, item das es zu vermutten, das er fluechtigk sei, item who ein gemain geschreihe, das er auff der Strassen erschlagen sei, item so er krank und in todes noethen lege etc. Diese und dergleichen ursachen, so sie der verpietter antzeigt, das er seine schuld in ander wege nicht weiß zu bekommen, dan durch solch verpott, so wirt ehr bei gerichte domitte [Seite: 25] zugelossen, jedoch in der gestalt, who er solch gutt rechtlich verbitte, das ehrs genissen sal, wo ers aber unrechtlich verhielte, das ehrs endtgelde. Dan einem jeden, deme also seine guetter verpohten werden, deme wirt von rechte zugelossen, sich kegen dem verpohte zu schuetzen, whomitte er kan, und so alsdenne noch solcher schutzwehre der herr foyt erkennet, das es der verpietter zu unrechte verpohten hot, so mus ehrs endtgelden.25.a
[ Fol. 34 a.] Der kleger mus bei gerichte burgen setzen, das ehr seiner klage bei rechte nochkommen und auch verharren wil, bis zu außtrage der sachen under einem pfande oder Summen noch gelegenheit der sache und ermessunge des her Foyten, welchs ehr dorauff zu setzen hot.25.b
Beklagter sal auch verburgen bei gerichte, das ehr sich auf anklage N. des klaegers zum rechten gestellen und bei rechte stille stehen, andtworthen und gerecht werden wil, bis zu austrage der sachen under dem pfande oder Summa, wie obene der kleger.25.c 25.2[Seite: 26]
[ Fol. 34 b.] Ban haißt zu Sachssenrecht so viele als gewalt, ein gerichte oder geding zu hegen; under banne haißt so viele als undter gehegtem Dinge. Dorumb heißt banrecht, aigentlichen dorfon zu reden, so viele als gehegt recht.
Es werden alhie zu Olomuntz alle Jhar drei banrecht gehalten und das vierde ein nochtaidingkh.
Ich fahe an noch Laurenti, wen man die wahle des Rates zu halten pflegt, und sage: Das erste banrecht wird besatzt und gehegt (den ersten montagkh nach Galli) und wirt widerumb aufgehoben allewege den freitagkh vor dem Advent. [Anm. Fischel: Dieser Termin ist am Rande berichtigt, indem an Stelle der eingeklammerten Worte der Termin: "allewege 14 tage noch Michaelis auff den montagk“ von derselben Hand angezeichnet steht.]
[ Fol. 35 a.] Das ander banrecht wirt besatzt und gehegt den ersten montagkh noch der heiligen drei koenige tagkh und wirt widerumb auffgehoben den freitagkh vor der verpotehnen zeit (oder Septuagesima).26.1 [Am Rande:] allewege 14 tage noch weihnachten betrifft sich allewege.26.2 [Seite: 27]
Das dritte banrecht wirt besatzt und gehegt den montagk noch Misericordia Domini und wirt widerumb aufgegeben am freitage vor Rogationum, das ist vor der kreutzwochen. (Am Rande steht: allwege 14 tage noch Ostern und triefft sich allewege).27.1
Der nochtaidingkh wirt allewege gehalten den montagkh vor Margarete und wehret viertzen tage. (Am Rande: 14 tage noch Joannis baptiste.)27.2 27.3
Welcher ein Gastrecht, Nodtrecht etc. begert zu besetzen, derselbe erlegt in gehegte Bank den hern Scheppen XVI gr.; dorfon geben die hern Scheppen den zwehen geschwornen Procuratoren VIII gr.27.4
[ Fol. 35 b.] Her N., Euer waishait sei gfragt, ob zeit und weile kommen ist, das man ding hegen magk zu einem:
1. Pahnteiding 2. Gastrecht 3. Nodtrecht 4. Elendenrecht27.6 | , wie recht ist. |
Peinlichem Recht vel peinlichem Halsgericht.27.7 S. S. 28) |
Her Foyt, Erßamer weißer herr, noch deme mich E. W. fragt, ob zeit und weile kommen ist, ding zu hegen zue einem Pahnteiding, wie Recht ist, dorauff sage ich, das zeit und weile kommen ist, das man ding hegen magk zw einem pahnteiding, wie recht ist.
Her N., euer w., sei gefragt, ob die Bencke besetzt sein zue einem pahnteiding, wie recht ist.
Her Foyt, Erßamer weißer herr, dieweil mich e. w. fragt, ob die Bencke besetzt sein zu einem panteiding, wie recht ist, dorauff sage ich, das sie genugksam besetzt sein zu einem pahnteiding, wie recht ist. [Seite: 29]
[ Fol. 36 a.] Seindt desmols, das zeit und weile kommen ist, das man ding hegen magk und die bencke besetzt sein zu einem panteidingkh, wie recht ist, so wircke ich alhie zu diesem rechten, foerderlich Gottes friede. Romischer (auch) konigklicher Maiest. unseres allergnedigsten hernn friede, Eines Ersammen Raths friede, des Gerichts friede, Einer erbaren gemain Friede, armen und reichen, wie diese koenigkliche29.1 Stadt zw Rechte hot. Derhalben alle, die vor diesen rechten zu thuen haben, die trehten herzu und abe und bringen ihre nodturfft und sachen fur mit erlaubnis. Thete aber iemandts dorwieder mit worthen, dem gieng es an sein freihes gelt; tehte aber iemandts dorwieder mit wercken, dem gieng es an ein hoehers pfandt, als naemlich an seinen freihen hals. Demnoch wisse sich ein Jetlicher hierinnen zu verhalten und sich vor schaden zu bewahren.
Her N. euer w. sei gefragt, ob ding also gehegt sei zu einem pahnteiding, wie recht ist.
Her Foyt, Erßamer herre, demnoch mich e. w. fragt, ob ding zu einem pahnteiding gehegt ist, wie recht ist, dorauff sage ich, das es gehegt ist, wie recht ist, man sols auch halten, wie recht ist.
[ Fol. 36 b.] Noch solchem gehegten dinge pflegt man den nochrichter ader Gerichtsdiehner bald drei mohl nocheinander zum Rechten zu ruffen lossen noch verhaltenem brauch der Stadt.29.2
So balde der Gerichtsdiehner zu dreihen mahlen nacheinander geruffen hot, so trehten die zwehen geschworen procurator, ein jeder mit gunst und laube vor gehegte bankh, ein ieder an seine verordnete Stadt. Dornoch hebt der Scheppenschreiber an und verlist die parthen, die zu dem rechten verburgt sein. Wehr als denne verhanden ist, der meldet sich; welcher aber nicht verhanden ist und auch kein machtman von seinetwegen, demselben macht man einen punct und von wegen solchs puncts ist derselbe [Seite: 30] verfallen dem her Foyte IV gr. die pusse, und das haist die erste lauperunge aus gehegter bankh.30.1
[ Fol. 37 a.] Wellen den die hern Scheppen denselben ersten tagkh indert ein part oder sache furnehmen, das stehet bei inen; who aber nicht, so setzen und bestimmen sie etzlichen parten tage an, an welchem tage sie ire sachen und klagen fuer nehmen und einbrengen sollen und stehen dornach widerumb auf.
Es moegen die parthen alle rechtstage, so gehalten werden, mit irem procurator vor gehegte Bank furtrehten, who ire widerpart nicht vorhanden ist, und sich aldo laupern und ansagen, mit nochfolgenden worthen:
Her Foyt und erßamen weisen hern. Mich beschaidet (oder mich berichtet) N., das ehr mit N. zu diesen loeblichen Rechten verburgt sei, und gestellet sich allhie als ein gehorßamer und N. sein widerpart bleibt ungehorßamlich aussene, was bescheidet mich e. w. dorumb?
[ Fol. 37 b.] Man bescheidet euch, das Ihr warthen sollet, dieweil dink wehret.
Her Foyt und Erßamen hern, wen sichs begebe, das e. w. auffstunden und dingk auffgeben, moechte ichs bekommen, das ich mit schreiben bewarete, das N. als ein gehorßamer zu seinem rechten erschienen ist.
Ihr bekomt es.
Noch diesem sal der part balde mit laube von gehegter banck abtrehten, dem Sckeppenschreiber seine gerechtigkheit als 2 den. geben und seinen gehorßam also vertzeichnen lossen.
Von solcher Lauperunge ist der ungehorßamme part dem hern Foyte zur busse verfallen IV gr., die mus ehr erlegen, ehe danne ehr zu seinem rechten kombt.30.a
[Fol. 38 a.] Die erstandene recht werden erst beschrieben am letzten tage, wen man die recht widerumb auffgeben hot, so trehten die part zum [Seite: 31] Scheppenschreiber und geben ime ein jeder seine gebuehre als 2 den. und lossen ire erstanden recht vertzeichnen.
Item deme wirt kain erstanden recht vergunstet oder gestattet, welcher gar keine lauperunge in wehrenden gehaltenen rechtstagen vor gehegter banck gethan hot, oder wen sein widerpart kegenwertigkh ist und widerredt es.
[ Fol. 38 b.] Der Advocaten und redner ampt ist ganz nutze, nodturfftigkh und gross vonnoethen31.a es ist auch an ime selbst erlich und dem gemainen nutze (so dasselbe recht und wol gebraucht wirt), so wol und so hoch als krieges tugent. ersch(l)iesslich juxta legem advocati, qui dirimunt ambigua Cod. de advo. diverso. iudiciorum.
Ein Procurator wirt auch im Rechten ein vormunde genandt, ut lib. I. art. 48 in glos. etc.
Es werden ir viele in rechten zu procurator nicht zugelassen, als: aigen leute, tauben, thoren, kinder, weiber, junckfrauen etc., ut in landt. lib. I. art. 60 et lib. III art. 30. et l. I. art., 16 et 47 in text. et gloss. et lege 2 ff. de reg. iur., cap. ex parte [Note31.1: Extra] de postu., Specu. in titt. de procu. § 1 vers. Item quod est mulier.
Ein jeder procurator oder advocat sal vor gehegte banck und widerumb von gehegter banck zu und abtrehten mit erlaubnis. Tut ehr dorwider, so ist ehr in der Straffe des hern Foytes und der hern Scheppen.
[ Fol. 39 a.] Wen der Procurator ain mohl sein part andingt mit folgenden wordten, so bedarff ehrs kain mohl mehr mit diesen worthen andingen bei demselben werennden rechten; dan was ime ein mohl mit urteil und mit rechte aus gehegtem dinge zugesprochen und erkandt wirt, dorbei bleibt es billich bis zu austrage der sachen, man hielte ime dan widerpart dorumbt. [Seite: 32]
Her Foyt und Erßamen weisen lieben hern, der erbare N. hot mich erbeten zu einem advocaten (oder vormunden), also das ich ime seine sache kegen dem erbaren N. vor diesem loeblichen rechten reden und fueren sal. Ich froge derhalben zu rechte, ab ehrs bekommen magkh von rechtswegen.
Anndtwordt.
Ehr bekombt es von rechts wegen.
Noch solchem urteil und rechts spruche magkh der procurator32.1 ferner bitten umb gunst zu reden und seinem part seine sache und nodturfft wort reden und furtragen bis zu austrage der sachen, und ist nicht nodt, das ehr zu einem jeden mohle, wen ehr mit ime furtridt, widerumb von neues andingen sal mit worthen, wie oben gehort, den es ist ein ubriges dingkh und verunmuessigunge der zeit; sonder magkh balde umb erlaubnis bitten zu reden und den handel dem nechsten abschiede noch fur die handt nehmen und procedieren.32.2 [Seite: 33]
Einem jeden Advocaten und Procurator gehoert fuernemblich und vor allen dingen zu, das ehr seinen parteien und clienten mit ernste vor anfangkh aller sache zuspreche, domitte sie ime furnemblich in allen handlungen nichts verhalten; dan dem beichtvater, dem artzt und dem Advocaten, bei dem man rath suchet, solle die warheit gesagt, desto leichter magkh inen allenthalben gerathen und geholffen werden. Und wan nun der [ Fol. 40 a.] advocat aller geschichte der sachen genugksam bericht hot, sol ehr seinen clienten alsdan weither frogen, ob ehr seine klage, oder so ehs der beklagte wehre, seine exception getraue zu beweisen, wie und durch wen ehr auch solche weisunge zu bekommen verhoffe; so ehr dan befindet, das die partei ire fuergeben im vhalle der nodturft zu rechte genugsam antzeigen und darbringen magkh, sol ehr ihr ferner das beste rathen; wuerde ehr aber vermerken, das keine bestendige hoffnunge einiges siegs sein moechte, solle ehr mit erinnerunge, was nochtail und schadens der partei in verlust der sachen erfolgen wuerde, getreuhe vaeterliche warnunge thuen und seinen klienten also vermahnen, domitte ehr sich vor unkosten und nochtail verhuet.33.a
Hette dan der Advocat bei ime ainichen zweiffel, so sol ehr bei seinen buechern, auch wo nodth wuerde, bei andern gelerten rath haben, mit dem selbigen, auch mit etlichen verstendigen leien von der sache disputiren und reden. Das alles ist ime zu erkundigunge des rechten grundes und rechtmessiger billigkheit zum hoechsten dienstlich. Ehr solle auch ime selbst so wol nicht vertrauen, das ehr seinem Clienten den sieg der sachen, dieweile derselbe nicht bei ime, sonder bei dem Rechte stehet, verheiße; und wan ehr [Seite: 34] die gehaim einer partei ain mohl entffangen, sol ehr wider dieselben in derselben strittigen sachen der gegenpartei gar nicht handeln.
Ita pulchre docet et probat specu. in tittulo de Advocatorum §. nunc tractemus, qualiter et vide C. in tittulis de advocatis diverso, iudiciorum et de advocatis diversorum iudicum per totum.
[ Fol. 41 a.] Ein anwalt ader machtman wirt im rechten auch ein procurator genant. Ut landt. l. I. art. 48 in gloss.
Und der ist ein machtman genandt, der frembde hendel ausbevehl seines hern34.a und principal guttwilliklichen zu handeln auf sich nimbt. Dan niemandts magkh wider seinen willen zum machtmanne oder anwalden gesatzt oder dortzu gedrungen werden.34.b
Noch dem bevehl, den der machtman von seinem hern und principal annimbt, mus er sich halten, dan so ehr aus deme schreitt oder ubergehet, so ist sein thuen und handlen nichtigkh34.c) und magkh seinem principal nicht schaden, es wehre den sache34.d, das sein principal solchs offentlichen oder stilleschweigende annehme und also dorein bewilligte, so bliebe es auch dorbei.
Wen der machtman des klegers seine klage anstellen wil, so ist es vonnoehten, das ehr seine macht im anfange, mit der klage einbrenge und fuerlege, wil ehr anders zugelossen werden;34.e und [Seite: 35] will inen der beklagte ane vollemacht nicht zulossen, so mus ehr die furlegen und beweisen: hot ehr aber keine volle macht nicht furzulegen, so wirt ehr von den hern rechtsitzern nicht zugelossen, sonder wirt repellirt.
[ Fol. 42 a.] Who der anwalde die macht bei gerichte entffangen hette und stunde im gerichtsbuche verschrieben, so mus ehr dieselbe macht unnder des gerichts Ingesiegel in gehegte banck furlegen, und ist nicht genugkh das ehr sage, sie sei bei gerichte verschrieben, und begerte das Gerichtsbuch in gehegte banck zu brengen und zu verlesen: dan in solchem vhalle ist der her Foyt nicht schuldigkh, das gerichtsbuch solcher macht halben in gehegte banck zu tragen und das aus dieser ursachen, das alhie zu Olomuntz drei krefftige stellen sein und eine jede stelle vor sich verordent, auch jede stelle iren geschwornen schreiber, auch sonderliche buecher hot, dorumb man eins ins ander nicht mengen sal, gleich so viele, als wen man das Stadttbuch in gehegte banck tragen solde.
Ein erbarer Rath aber, die dieser stellen aller drei herrn sein, moegen solche buecher und anders mehr, wen es inen geliebt, gar mitteinander wol fordern, dan sie sein doruber hern.
Die parten aber koennen solchs vor gehegter banck nicht schaffen noch bekommen, sonder glaubwirdige auszuege doraus under des Gerichts Sigille moegen sie wol furlegen, und deme wirt stadt gegeben alhie und bein allen Scheppenstuehlen.
[Fol. 42 b.] Es mus auch kein anwalt oder procurator schwehren oder aihde einem andern zuschieben, guetliche hendel halten und die beschliessen oder anders thuen, das einen besondern bevehl erfordert, solchs sei ime denne in seiner vollen macht mit deuttlichen worthen gegeben.35.a es were denne diese Clausel in der macht begrieffen mit diesen nochfolgenden worthen:
Auch so genandtem gewalttrager mehr macht und gewalt, denne hierinne begrieffen, vonnoehten sein oder furfallen wuerde, dieselbe macht und gewalt sal ime hiemitte so volkommenlichen zugestalt und gegeben sein, als wehre dieselbe macht und gewalt mit sonderlichen nahmen und ausgedruckten worthen hiebei beschrieben, alles gantz treulich und ane geverde.
Und diese Clausula haist bei rechte cum libera oder cum plena potestate und ist so viele, das der anwalt alles thuen und handlen moege. [Seite: 36] das sein herre und principal hette thuen moegen oder tehte. Sonste ane das kan ehr nicht thuen noch handlen das, welchs einen sonderlichen bevehlich haben wil, wie obene gehort.
[Fol. 43 a.] Qui enim vult agere in iudicio nomine procuratorio debet producere mandatum suum et suam personam legitimare, hoc est, debet primo ostendere mandatum suum, quod sit procurator actoris vel rei legittime constitutus, quia, antequam de eo constet, non debet audiri, ut in lege licet in principio C. de procur. et ibi per Bald. et Pau. de Cast.
Quinimo parte adversa non petente neque contradicente iudex debet ex officio inquirere de constitucionibus et mandatis legitimis procuratorum et eos ad ostendendum mandatum compellere, ne processus suus ob defectum reddatur inanis, quia deficeret una ex personis substancialibus in iudicio, ut in leg. supra alleg. et est glos. ordina. c. I. in verbo absencia de elect. in VI.
[ Fol. 43 b.] Es magkh einer einen zu seinem machtmanne setzen und stellen, ehr sei kegenwertigkh oder abwehsens, wen ehr nur gewisse ist oder waiß, das jhener die macht uber sich nimbt oder nehmen wil, als nemblich: Es magkh einer allhie zu Olomuntz eine macht und gewalt stellen lossen36.a auff einen zu Bresslaw, ab schone derselbe von Bresslaw alhie zu Olomuntz nicht kegenwertigkh wehre, und ist doran nichts anders gelegen, nur ab sie jhener zw Bresslaw guttwilligkh annemen wil, und dorumb lest man den machtgeber dorumb sorgen und sich bekoemmern, ab jhener zu Bresslaw den handel guttwilligkh auff sich nehmen wil oder nicht; dan es kan keiner dorzu getzwungen werden, ehr habe den selbst lust dortzu, wie obene am anfangkh gehort. Derhalben magkh einer kegenwertigkh oder abwesens zum machtmanne gestellet werden.
[ Fol. 44 a.] Es ist dem kleger viele an der klagen gelegen, das ehr die formlich und bekweme furwende36.b, und dorumb so wirt die auch viele feltigk angefachten.
Die klagen sein zwaiherlei36.c, nemblich burglich und peinlich. [Seite: 37]
Ein burgerliche klage ist, wen man klagt umb guetter, geldt und derglechen.
Ein peinliche klage ist37.a, wen man klagt umb ubeltat, missetadt und laster, und begert solche klage entzweder mit leibes straffe ader anderen rechtmessigen penen der Recht zu straffen.
[Fol. 44 b.] Merke: wen nun der klaeger seine klage, es sei burglich ader peinlich gethan hot, so gibt man dem beklagten derselben angestalten klage (so ehrs begert) einen außzugkh und auch einen tagkh zu seiner andtwort.
Es wirt auch dem kleger noch gethaner andtwort des beklagten nicht mehr dan nur eine rede, das ist eine replica, zugelossen. Aber derselben replica gibt man dem beklagten keinen außzugkh.
[Fol. 45 a.] Als wie obene gesagt, das dem kleger an der klage viele gelegen sei, und domitte wol geschickt sein muß, auch dieselbe formlich einbrengen, wo ehr domitte im rechten bestehen und verfahren wil, also wirt her widerumb im Rechten von der persone des beklagten nicht disputirt, ob er vor recht geschickt sei, zu stehen oder nicht. Dan ein Jeder, der citirt und vor Recht erfordert wirt, magkh erscheinen und sich wider den kleger mit exception (so ehr inderts eine hot) beschuetzen ader sonste veranthwordten37.b.
Und wie die Recht sagen, wen es schon ein teiffel aus der helle wehre37.c, der ins recht als ein beclagter getzogen wuerde, so sal man Ime seine exception oder schutzwern nicht abschlohen; dan die wehre und defension ist eines naturlichen und gleichen rechtens, die niemandts, ehr sei geschickt oder ungeschickt, sal abgetzogen werden. Und dorumb ist dem beklagten wol so nodt37.d, das ehr auff seine sache und [Seite: 38] gerechtigkeit achtung habe, dieselbe vleissigh beschirme als imer der klaeger, ab wol die beschriebenen recht dem beclagten mehr den dem klaeger goennen38.a, so mus ehr dennoch achtunge auff die Sache haben. Dorfon jetzt genugkh.
[Fol. 45 b.] Wen nun der beclagte seine exception oder andtwort einbrocht hot, so gibt man dem kleger derselben exception ader andtwort herwiderumb, so ers begert, einen auszugkh und eine frist zu seiner Replica, wie obene gehort im Cappittel vom kleger.
Es wirt auch dornoch dem beclagten noch gethaner Replica des klegers nicht mehr dan eine widerrede vergunstet und gestattet, und mit deme beschleust man die acten.
[Fol. 46 a.] 1. Das heist bei rechte den kriegk befestigen, als wen der beklagte zur klage jha oder nein saget38.b. Dan wer excipirt, der bekennet nicht und lauknet auch nicht38.c, und wer nicht bekennet noch lauknet, der befestigt auch den kriegkh nicht, den mit bekennen oder lauknen wirt zur klage geandtwort, und daraus fleust alleine die bevestigung des krieges. Und dornmb ist die befestigung des kriegs nichts anders, den eine ertzelunge des Geschichts38.d mit einer bitte vor dem bekwemen richter mit folgender andtwort.
Die wirkunge der kriegsbevestunge ist mannicherlei und sehre nutzlich zu wissen38.e. [Seite: 39]
Item wen der beklagte den kriegk bevestet, das ist, so ehr zur klage andtwortet38.a, so verbindet er sich kegen dem richter, der sonste sein bekwemer Richter nicht wehre, also das ehr inen zu seinem Richter nicht verwerffen kan.
[Fol. 46 b.] 3.Item die personlichen klagen werden dordurch ewigkh38.b, als wen einer einen mit worthen geschmehet hette; diese klage wehret alleine Jhar und tagkh, das der kleger dorumb macht hot zu klagen und dornoch nicht. So aber der kriegk dorinne befestet, so weret sie ewigkh, das ist dreißigkh jar, jhar und tagkh, und gehet auch wider den erben38.c.
4. Item die bevestunge des kriegs zureist und interrumpirt die verjharunge, also das der, welcher die verjharunge und prescription gebraucht, von neues anfahen muß38.d.
5. Item sie hot auch diese wirkunge, das der anwalde und auch also der vormunde, wen der kriegkh bevestet ist, einen andern anwalden zurechte undersetzen moege38.e.
6. Item wen der kriegk befestet, so werden auch erst die gezeugen und andern beweisunge verfurt und eher nicht, außgenommen in ettlichen sonderlichen fellen, welche, alhie zuertzelen, das werk verhindern wuerden38.f.
7. Item sie verhindert auch die deutunge und erklerunge der klage und auch die enderung der klagen, wie hernoch in dem artikel von der gewehre der klagen Numero 3 und Numero 7 et 14 gesagt wirt38.g.
[Fol. 47 a.] 1. Es muttet und begert zu zeitten der beklagte von dem klaeger noch gethaner klage die Caution oder vorstandt zu bestellen; derhalben ist zum ersten sehre nodt zu wissen, was diese Caution ader [Seite: 40] vorstandt in ime selber ist, und was vor underscheit zwischen dieser Caution und der burgschafft zum rechten, so bei gerichte geschicht, ist, und wie sie bestalt wird, auch wer sie nicht darff bestellen.
Caution und vorstandt ist bei rechte nichtes anders, den das der kleger vergwissen mus, who ehr mit seiner klage und sache felligk und verlustigkh erkandt wuerde, das ehr dem beklagten die Expens und schaeden, dorin ehr Inen fueret, gelden und erstatten mus, vors eine; zum andern40.a, das ehr dem beklagten zu seiner widerklage auch widerumb stille stehen und hafften muß.
[Fol. 47 b.] Dieser underscheidt ist hierinne leichte zu merken: Nemblich bei gerichte geschicht die burgschafft des klaegers alßo, daß ehr seiner klage bei Rechte nochkommen und auch verharren wil bis zu austrage der sachen under einem pfande oder Summen noch gelegenheit der sachen und ermessunge des her foyten40.b. Dieses merke eben: kweme der klaeger seiner klage vor gehegter bank nicht noch, oder gestellete sich nicht, oder entwiche von hinnen und wartete seiner klage und sachen, wie sichs gebuert, nicht aus, wie den seine burgschafft obene vermagkh, und der beklagte gestuende und ertzeigte sich allewege gehorßamlich und erhielde also seine sache auf inen: ader aber, das der kleger sonste bei rechte mit seiner sachen verlustigkh und felligkh getailet wuerde, so magkh der beklagte desselben felligen klegers burgen vor gehegte hank, wie recht, fordern lossen und aldo von Inen begeren, Iren Principal, vor denen sie burge worden, auff einen nambhafften bestimbten tagk vor gehegte bank zu gestellen und wen sie Inen also gestellen und das Urteil getailet wirt, und who es ein endurteil ist, also das es den gantzen handell und sache scheidet, so sein die burgen domitte Irer burgschafft frei, loß und ledigkh, und so die sache eine geldschuld ist, [Fol. 48 a.] ader aber die Expens und grichtscost antrifft, so muß solchs Ire Principal als der verteilte klaeger selbst gelden und zalen desselben tages bei Sonnenschein. Hot er aber des geldes nicht, und beklagter wil Ime auch ane vergwissunge von gehegter bank abzutrehten nicht vergoennen, so mus ehr ime solchs genugsam vergwissen und verburgen. Hot ehr auch der burgen nicht, so gibt beklagter dem geriehts Diehner sein gebuere, der vergwisset Inen mit der Zucht; kan ehr dornoch sitzende in der Zucht kain geldt zu wege brengen und beklagt sich des und erbeut sich mit pfande zu ledigen, so verhelt man sich kegen ime, wie man sich kegen anderen disfals zu verhalten pflegt. [Seite: 41]
Die Caution aber ist nicht eine solche burgschafft, das man den kleger gestellen dorffte, und das die burgen durch solch gesteltnuß frei wuerden, sonder es ist ein solcher vorstandt und burgschafft, who der klaeger mit seiner klage und sache felligk wuerde, das ehr alsdanne dem beklagten die Expens und schaeden41.a, dorein ehr Inen gefurt hot, gelden und betzalen muß; hot ers nicht zu betzalen, so mussen es seine burgen gelden und zalen ane alle außrede. Auch who der beklagte Inen widerumb beklagen wolde, so mussen Inen die burgen zur widerklage gestellen.
[Fol. 48 b.] Die Caution wirt in burglichen und auch in peinlichen sachen bestellet, wen sie der beklagte begert und fordert.
Wen der beklagte in burglichen sachen diesen vorstandt fordert, so mus Ime der kleger denselben entzweder mit burgen ader mit pfande ader, who ehr dero kaines vermoechte, mit geschwornem elenden aide thuen41.b und bestellen.
Who sie aber der beklagte nicht fordert, so ist auch der kleger die zu bestellen nicht schuldig41.c; den der Richter hot seines amptshalben hierinne nichts zu erfuellen oder zu supliren.
[Fol. 49 a.] Es wirt gemainigklich gebraucht, who der kleger einen zu leib und leben peinlichen anklagt ader zu peinlichen rechten setzen lest, das der selbe klaeger auf eine Summa geldes verburgen mus und also die Caution und vorstandt mit burgen bestellen, nemblich dorumb, das klaeger, wo er die peinliche rechtfertigunge nicht ausfueren ader dem rechten folge thuen wuerde und die geklagte missetadt ader aber redliche und genugksamme antzeigunge und vermuttunge derselben in zimlicher zeit, die man Ime von gerichts wegen ansetzen wuerde, nicht dermossen beweisete, recht und gerichte vor genugksam erkendten ader sonste im rechten felligkh erkandt wuerde, als danne die Expens und gerichts koeste, so dorauf gangen, auch dem beklagten umb seine zugefuegte schmach und schaden abtragkh thuen will, alles noch burgerlicher erkenndtnis, und dieser brauch ist wol zu halten.
Viewol die Recht setzen und wellen, wo der kleger burgen nicht hette und in dem gerichte genugksam nicht besessen wehre, das ist, wen ehr unbewegliche guetter nicht hette, so sal ehr mit geschwornem elenden Eide gleich wie in burglichen Sachen zugelossen werden. Dann wen der Kleger [Seite: 42] nicht Burgen weder Guetter hette, wie wolte er die verpfenden? Nu wirt doch ein jeder mit dem vorstandt und geluebde zugelossen, die ehr vermagkh, domitte ehr umb seine gerechtigkait nicht komme. Solchs pflegen auch die Scheppenstuole zu sprechen.42.a
Jedoch dringt man vor allen dingen aufs hefftigste auff burgschaft, domitte sich der kleger umb burgen bemuehe.
[Fol. 49 b. ] Ich N. schwere gothe dem almechtigen, das ich noch gehabtem vleiß weder burgen noch pfandt zum vorstandt bekommen noch zu wege bringen kan, und bestelle derwegen solchen vorstandt mit diesem meinem elenden eide, dem selben noch zu kommen und zu halten, wie recht ist, so ware als mir got helffe und alle seine heiligen.42.b Und dieser aid ist alßo genugk zum vorstandt; dan die Recht wellen, das die eide so viele mueglich sollen gemindert und vermieden werden, dorumb das ehs geverlich ist, von dem gerechten ader unschuldigen den eid zu nehmen.
Ut in cap. etsi Christus [FN. 2: Extra] de iure iurando: Scripsit enim Jacobus apostolus in sua cano. cap. V.: Nolite iurare neque per celum neque per terram, sed sermo vester sit: est, est, non, non.42.c
[Fol. 50a.] Allhie merke: Who der klaeger in dem Gerichte mit unbeweglichen guettern genugsam besessen und auch vormales, wie gebreuchlich, in dieser sachen bei gerichte genugksam zum Rechten verburget hette42.d, so bedarff ehr den geforderten vorstanndt und Caution nicht thuen noch bestellen; dis vernim, who ehr solchs in seiner Replica gruendtlich furwendet.
Und diese zwaihe worthe "genugksam besessen" mustu verstehen: so hoch sich ein wergelt und die gerichts kosten und schaeden ungeverlich erstrecken moegen; und also pflegen auch die Scheppenstuole gemeinlich zu sprechen. [Seite: 43]
[Fol. 50 b.] Die Sachsischen recht haben die gewehre der klagen dem beklagten zu gutte eingefurt, als nemblich dorumb, das ehr doraus zweierlei woltat entpfenglich ist, wie folget.
2. Die erste woltadt ist diese43.a, das der kleger dem beklagten die klage dermossen gewehren mus, who inen ein ander umb diese sachen ins recht ziehen und beklagen wolte, das ehr Inen vertrehten mus und hot also die gewehre in diesem vhalle die wirkunge der eviction.
3. Die andere woltadt ist diese, das der kleger noch bestalter ader gelobter gewehre die klage nicht hoeheren noch besseren und also den beklagten mit verenderunge der klagen nicht umbtreiben magkh, und in diesem vhalle hot die gewehre die wirkunge der bevestigunge des krieges.
4. In was Sachen die gewehre bestalt wirt [fehlt obgleich im Register angeführt].
[Fol. 51 a.] Die gewehre der klagen wirt in burglichen und auch in peinlichen sachen bestelt in dieser gestalt, wie folget: Nemblichen und also, das der kleger stehende vor gehegter bank mit handt und mundt angloben mus, dornoch erst verburgen ader mit alle seinen habe und guettern verpfenden, ader wo er dero kaines vermoechte, mit geschwornem eide thuen und bestellen, das er die stehte und veste, wie recht und ubelich, halten welle43.b, und hot keinen andern underscheidt in burglichen und auch in peinlichen Sachen; und solchs wirt auch in urteilen der scheppenstuole Magdeburgk und auch Leiptzigkh gehalten43.c, das ein jeder mit vorstandt ader gluebde zugelossen wirt, die ehr vermagkh. Daun es stehet in der wahle des klaegers, das ehr ime under diesen dreihen kiesen und erwelen magkh, welchs ehr wil. Dan wen ehr der guetter nicht hette ader aber, ap er sie schone hette und wehren sonste andern leuthen verschrieben, verpfendet ader verpohten, wie wolde ehr die denne weither verpfenden, und dorumb wirt jeder mit burgschafft oder mit dem eide seines gefallens, die ehr vermagkh, zugelossen. Und wen auch der beklagte dortzu bewilligte, das der kleger nur schlechts angelobte, ader Ime die gewehre gar [Seite: 44] nochliesse, so sein es die hern rechtsitzer auch zu friede und lossen es gescheen.
Wan nun klaeger und auch beklagter vor gehegter banck, beide mit iren procuratoribus, erscheinen und ire sache der nodturfft noch furbringen bis zu angreiffunge der gewehre, so hebet des klaegers Procurator an und fragt in gehegte banckh, wie folget:
Und wen also die gewehre bestalt ist, es sei in peinlichen ader in burglichen sachen, so muß es der kleger bei der angestalten klage bleiben lossen, und wirt das allergeringste dovon zu endern nicht zugelossen46.a; und who der kleger uber dis seine klage in der Replica ader sonste enderte, domitte rueret ehr die gewehre und felt domitte in die peen und straffe des rechten.
Item wehr also in diesem vhalle die gewehre rueret, so hot beklagter in seinem einbrengen zu bitten und zu erkennen lossen, ob nicht beklagter von der klage loes und ledigkh erkant solle werden ader was recht ist, so kombt von rechte, das ehr zu diesem mohle von dem kleger frei, loes und ledig ist; aber ehr (kleger) kombt mit verordneter wedtte und busse widerumb zu seinem rechten, wie folget:
In burglichen klagen, wen der kleger die gewehre rueret oder bricht46.b, so verbuesset ehr dem part auf xxx schillinge, das sein xxx patzen46.c, und mus dem her foyte zur wedte geben VIII schillinge, das sein VIII patzen, domitte kombt ehr widerumb zu seinem rechten.
[Fol. 53 b]. Aber wen der kleger die gewehre in peinlichen sachen rueret ader bricht, so ist seine busse noch peinlicher art die handt, domitte ehr die gewehre gelobt hot, ader sein halb wehrgelt, und das ist zu vernehmen: wen die klage ist umb todtschlagkh, lembnis und wunden etc. Wer wolte nicht lieber das halbe wergelt46.1 geben46.d, dan die handt verlieren, und [Seite: 47] dorumb so stehet es in der wahle des klegers, der die gewehre gerurt hot, ob ehr geld geben ader die pein leiden wil.
11. Als wen ich einen beklage, das ehr mir XX fr. schuldigkh sei, und bestelle dorueber die gewere, und noch bestalter gewehre so endere ich meine klage und sage, ich habe mich in meinen Registern geirret und ehr ist mir XXX fr. schuldigkh: hiemitte ruere und breche ich die gewehre und falle domitte in die peen und straffe der recht.
12. Als wen ich einen schlechts beklage ane beweisunge und ane aidt: bestelle ich die gewehre, Ich kan ime dornoch die klage auff die gewissen nicht schieben noch endern, sonder ich mus also im wege des gemeinen Rechten bleiben.
[Fol. 54 a]. 13. Item als wen ich einen als einen auslandischen man beklage: Ich endere die klage und sage, das ich Inen als einen burger beklage.
14. Als wen ich meine klage nicht formlich angestalt und ich welde sie noch bestalter gewehre enderen und formlich furbringen.
15. Item hette ich einen umb gewalt beklagt, Ich magkh Inen noch bestalter gewehre umb den mordt nicht ansprechen.47.c
16. Item hette ich einen burglich beklagt, ich kan Inen dornoch in dieser sache nicht peinlich beklagen.
Hienoch magk sich ein Jeder leichte verner richten.
Der frauen vormunde (so Ihr von gerichtswegen zu der strittigen sache und handel gegeben oder zugelossen wirt) sal auch die gewehre geloben für sie und auch entpfahen und weither keine nodt dorumb leiden, den das ehr der gewehre und warheit bekenne, wen er von rechts wegen dorumb gefrogt wirt; den seine vormundtschaft oder anwaldschafft, die [Seite: 48] weret nicht lenger, den als das gerichte und recht weret; dan dieser vormunde oder anwalt ist nicht mehr, den als ein fuerspreche der frauen, und [Fol. 54 b.] zu gleicher weise als der fuerspreche ane schaden bleibt, also bleibt dieser vormunde auch ane schaden, also das ehr nicht leisten darff, das ist, wie oben gehort, wen man sie rueret, das ehr dorumb nichtes leiden darff, sonder die fraue als die principalin.
Die rechten vormunden sollen auch die gewehre globen und entfahen und auch leisten vor ire mundlen, das dorffen die gesatzten vormunden nicht thuen, wie obene gehort.
Und merke: Dis heissen rechte vormunden, als des weibes ehelicher man, item des weibes ebenbuertiger nechster Schwerttmoge.
[Fol. 55 a.] 1. Weme aus gehegter bank beweisunge ader zeugen zu fueren zu fueren zuerkandt und getailt wirt, so sal sein procurator in gehegte bank frogen, wie folget:
2. Her foyt und erßamen weisen hern, ich froge zu rechte, in was frist oder was zeit der meinige solche beweisunge oder zeugen einbrengen oder furstellen sall.
3. Was innerhalbe des Landes ist, in viertzehen tagen, und was außerhalbe des landes ist, in dreihen viertzehen tagen, von Rechtes wegen.48.c
4. Die Zeugen sein in einem andern koenigreich.
Nota: So die Zeugen in einem andern koenigreich wehren, so bekombt ehr die frist: drei mohl drei viertzehen tage.
[Fol. 55 b.] Item so der Zeugenfuehrer seine Zeugen in der Stadt beihendigkh hette und wolde domitte nicht seuhmen, so magkh ehr balde [Seite: 49] auff unverwandtem fusse in kegenwart seines widerparts einen tagkh ernennen, wen ehr sie furstellen welle, und solchs wirt Ime gemeinigklich zugelossen, sonste muße ehr zu dem selben tage sein widerpart dortzu citiren lossen.
Alhie ist zu merken, das der, so beweißunge fueren sal, achtunge haben mus, das ehr die in gebuerlicher zeit und frist des rechtens (wie obene gehort) verfuere. Den wen ehr das nicht thut und die zeit verscheinen lest, so wirt ehr dornoch nicht mehr zugelossen; es were den die verßeumligkheit aus dem Richterlichen ambte furgefallen, so koende es ime keinen schaden brengen. Ader das ehr doran sonste aus einer redlichen und bewerlichen urßachen verhindert worden wehre49.b, als den wuerde er noch verschiener zeit mit seiner beweisung gehort und zugelossen.
Der part, der beweisunge fueren sal, der mus innerhalb der frist der beweisunge, die ime aus gehegter banck zugetailt ist, seinen Widerpart auf einen nambhafftigen tagkh [Fol. 56 a.] zu erscheinen (mit gunst und zulossung des her voigten) durch den gerichts diehner citiren und laden, zu sehen und hoeren die gezeugen furzustellen und schweren und anzunehmen.
Nota: Dis ist zu vernemen, wo sie vor moles keinen ernenten tagkh zu fuerstellunge des beweiß haben.
8. Und diese Citacio ist endtlich und peremptorie49.c, also ob der geladene aussene, bleibt, das nichts desto weniger mit der fuerstellunge, schweren und annehmunge der getzeugen verfahren wirt.
Wan nun der Zeugenfuerer mit seinen zeugen und auch sein widerpart auff bestimbten tagkh vor gehegter banckh erscheinen und ire preambulum machen, so spricht des Zeugenfuerers Procurator: [Seite: 50]
Nota: Alhie magkh der procurator anzeigen die weißartikl, die ehr mit denselben leuthen zu beweißen vermaint; dis vernim, who der artikl wenig sein, als einer, zwehne ader drei, so magkh sie der procurator wol mundtlich furwenden. Who aber der weisartikl mehr sein, so ist besser, das sie der procurator schrifftlich auff einer zedtl in gehegte banckh lege, und dis ist fur den zeugenfuerer und auch vor die hern rechtsitzer, domitte in dem verhoere nichts aussene gelossen, auch niemandts verkuertzt wuerde.
Und das ist dorumb, who das nicht geschech, das der zeugenfuerer in seiner beschuldigungkh gar kainen artikl antzeigte ader [Fol. 57 a.] einlegte, dorauff die Zeugen ire aussage thuen solden, so hette noch moles das ander part dorwider zu excipiren und den process des Gerichts als nichtigkh zu bereden50.b laudt und Innhalt beschriebener recht.
Es muessen auch die weißartickl aus dem Inhalt und intent der klage getzogen sein50.c, auch klare, gewisse, nicht tunckel noch weitleuffigkh [Seite: 51] sein, auch woerther in sich haben, die ettwas bekennen.51.a Den ane das sal sie der Richter nicht zulossen sonder verwerfen und zureissen und zum Zeugenfuerer und seinem Procurator sagen: Ihr wollet die Zeugen mit klaren, gewissen und kurtzen worthen und artickln beschuldigen, was Ihr von Ihnen vor ein Zeugknis begert, doraus man sich richten kan, und sie formigklich verhoeren, wie recht ist.
Fragstucke sind fragen51.b, welche der part, wider den die [Fol. 57 b.] Zeugen gefurt werden, auff die beschuldigunge ader weißartickl auch magkh furwenden und den hern foyt mit sambt den rechtsitzern bitten, das sie die getzeugen auch aigendtlich dorauff befragen wolden, das ist umb die urßache ires wissens und sonste umb alle umbstende der sachen, und dieses wirt also einem Jeden zugelossen. Dan who die hern Rechtsitzer dis underliessen und die getzeugen laudt der furgewandten ader eingelegten beschuldigung und artickl und fragstucken nicht befrogten, sonder fragten sie in ander wege, welchs für sie nicht einbrocht wehre, so taugkh der getzeugen aussage nicht.
Es sollen auch dieselben fragestuckh kurtz und lauther sein und den weißartikl der beschuldigungkh gemeß51.c, sonste haben sie die hern rechtsitzer zu verwerffen und bei sich vor nichtigkh zu achten und in der sachen fort zu procediren.
Her foyt und Erßammen weisen lieben hern, die weil N. mein widerpart die (Erßamen) (oder erbaren) etc. leuthe zu gezeugen vor gehegte bank furgestellet hot und von Inen ein bekendtnis der warheit begert, so bitte ich auch herwiderumb euch erßamen hem, who die gutten hern (vel leuthe) von der sachen was aussagen [Fol. 58 a.] wuerden, das sie E. weisheitten auch befragen wolden umb ursache ires wissens und umb alle umbstennde etc.
Zum andern: so wil ich mir zuvor behalten haben51.d hiemitte [Seite: 52] alle rechtliche nodturfft noch eroeffnunge der gezeugnis, es sei wider die perßone ader ire aussage, in meiner Exception einzubrengen, nichts ausgeschlossen, und bevehle also die verhoere E. w. und dem loeblichen rechten.
Man sol die Zeugen schweren lossen in kegenwart beider part.52.b
Ich N. schwere godt dem almechtigen, das ich in sachen N. als kleger an einem und N. beklagten am andern tail belangende, dorumb ich vor gehegte bank beschikt bin worden, die rechte warheit, worumb ich befragt werde, aussagen wil, niemandes zu liebe noch zu leide, wieder durch feindtschafft, noch durch freundtschafft, geld, gaben oder gunst. So wahre als mir Godt helffe und alle seine heiligen.52.c
Item alle die Rotherrn und seheppen dieser koniglichen stadt Olomuntz, junkh ader alt, wen sie zeugknis vor gehegter banck geben sollen, dieselben dorffen kainen sonderlichen aidt zu dem selben zeugknis thuen, sonder sie werden verhort bei irehm zuvorgethanen aihde, domitte sie Gothe und des Rathes ambt verbunden.52.d
Nach solchem proces, wie obene noch der lenge gehort, lest man die parten alle hinaus entweichen und werden die zeugen, ein Jeder in sonderhait, verhort.
Wan die Zeugen also beeidigt sein, so sollen der her foyt und die Rechtsitzer die selben, jeden in sonderheit, in abwehsen der anderen erfordern und Inen aldo zuvoran seines geschwornen eides auch der peen des mainaides mit dieser nochfolgenden furhaltunge erinnern: [Seite: 53]
[Fol. 59 a.] Zum ersten, das ein jeder falscher Zeuge fuernemblich Goth den almechtigen, bei deme ehr geschworen hot, verachtet.
Zum andern, das ehr auch die rechtsitzer mit fuergebunge der unwarheit betriege.
Zum dritten, das ehr die unschuldige partei unbillich und wider Godt belaidige und beschwere.53.1
[Fol. 59 b.] Wen nun solche erinnerunge, wie obene gehort, nodturfftigklichen den Zeugen furgehalten worden ist, so soll alsdanne einem jegklichen Zeugen die irrunge zwischen den parteien angezeigt, ime auch die weißartickel furgelesen und zum aller vleissigsten von worthe zu worthe erklaeret, und ferner auff jeglichen punct und derselben fragestuecke in sonderhait der hauptsache und aller umbstende halben von der Zeit und stadt, von sehen und hoeren sagen etc. wegen noch gelegenhait einer jegklichen handlunge aigentlich befragt und sonderlich die urßache seines wissens bei jegklichem artickl mit vleiß erfaren, dorneben auch eines jeden Zeugen geberde und ertzeigen, auch seinen standt und wesen eben angesehen und zuvorab, ab sich ein Zeuge in seiner sage unbestenndigkh, forchtsam oder sonste verdechtigkh gehalten hätte, und dornoch seine aussage mit besonderem vleiß ordentlich auffschreiben lossen.53.a
Und obgleich der ander Zeuge in aller mossen, wie der erste aussagt, so sol doch der scheppenschreiber nichtsweniger desselben andern Zeugens sage gleicherweiße, wie des ersten, von worthe zu worthe, auch von mainunge zu mainunge, wie ehr das alles von dem Zeugen hoeret, [Seite: 54] abermoles ordentlich auffschreiben54.a; dan dieweile gemainigklich den parthen an verhoere der Zeugen sage am meisten gelegen ist, und derhalben nichts underlossen, sonder aller mueglicher vleiß furgewendt werden sal, welchs alles an bescheidenheit der verhoerer mehrers tailes gelegen ist.
[Fol. 60 a.] Und so die Zeugen, welche also rechtlichen citirt und gefordert werden, ire aussage zu thuen nicht furkommen und sich hierinne widern und sperren54.b, die moegen dortzu, auf das die warheit nicht underdruckt bleibe, getzwungen werden54.c als vermittelst einer peen, die eine obrigkheit dorauff zu setzen hot, ader mit versperrunge seines Hauses ader schloffgemachs, wie sonste breuchlich ist, alles noch erkendtnis der Obrigkheit; dan ein jeder, der erfordert wirt, ist schuldigkh, zu sterke der warheit seine aussage zu thuen.
Item who der Zeuge kranck und unvermuegens wehre, so sal der her Foyt und zwehne herrn scheppen mit sambt dem Scheppenschreiber zue Ime geschickt werden, domitte ehr sein zeugknis der warheit zu steur aussagt. Dorumb ist es gar schweer und eine grosse sunde, die warheit zu verhindern und dieselbe auff erfordern des Gerichts nicht außtzusagen.54.d [Seite: 55]
Die eroeffnunge der Zeugen aussage ist hoch vonnoehten, den who das getzeugknis nicht eroffnet wuerde, so koende auch der getzeugen fuerer des nicht gebrauchen. Und dorumb wen die Zeugen verhorrt sein und die part widerumb vor gehegte banck trehten und also keine Zeugen mehr furzustellen haben, so moegen beide part ader aufs wenigste der Zeugenfuerer durch seinen procurator bitten, das die aussage der getzeugen eroeffnet werden, und solche eroeffnunge sal gescheen in beiwesen beider part, es wehre dan, das eine part ungehorßamlich und muttwilligkh aussene bliebe.
Who der Zeugen aussage nicht viele sein, so hot der her foyt dem Scheppenschreiber zu bevelen, das ehr die offentlichen in beider part kegenwertigkheit verlese. Sein aber der aussagen viele, so magkh der her foyt zu den parten sagen55.a: das sein die aussagen der getzeugen, die habt fur eroeffnet, ader ich habe die als vor eroeffnet.55.b
[Fol. 61 a.] Wen nu das getzeugknis also eroeffnet ist, so magkh der part, wider welchen die Zeugen gefurt sein, durch seinen procurator in gehegte banck bitten (so ehr wil) umb eine abschrieft der zeugen sage und umb einen termin zu ernennen, auff welchen termin oder tagkh ehr seine nodturfft gegen und wider das gezeugknis, die perßonen, und auch wider die form der verhoerunge etc. einbrengen und reden magkh55.c, wie ehr Ime denne bei seinen fragestucken, wie obene gehort, protestiret und zuvorbehalten hot; dieses wirt Ime vergunst und zugelossen und auch in der ubunge und practicen alßo gehalten. Und noch dieser seiner exception und einbrengen wider die Zeugen wirt dem Zeugenfuerer auch eine rede, defension und beschuetzunge seiner gefuerten Zeugen zugelossen, und nicht mehr, sonder also von beiden parten zum rechten beschlossen.
Es wirt dem Zeugenfuerer seiner Zeugen aussage und auch des widerparts exception gar keinen außzugkh gegeben noch alt verhaltenem brauch dieser stadt,55.1 und wen ehr schone dorumb bittet.55.d [Seite: 56]
[Fol. 61 b.] Wen nu der part, wider welchen die gezeugen gefurt sein worden, seine exception wider die Zeugen und ire aussage etc. in die feder tut, so wirt ime dornoch keine rede oder einbrengen mehr gestattet: alleine dem Zeugenfuerer wirt eine defension und schutzrede seinen gefurten getzeugen zu huelffe gestattet und zugelossen und domitte zum Rechten beschlossen.56.a
Noch gethaner Exception magkh der Zeugen fuehrer in seiner defension, die ehr auch in die feder bringen sal, die hern rechtsitzer bitten, das sie seiner gefurten Zeugen aussage under des gerichts Sigille mit diesen acten abfertigen wolden, und magkh ire aussagen, so viele ime mueglichen, verandtworten und beschirmen und domitte endtlichen zu rechte beschlissen.56.b
Die eroeffnunge der zeugen ist in sonderheit kegen dem taile, der die eroeffnunge bewilligt, ein ausschlieslicher termin (Et sic terminus exclusivus)56.c) gleich wie der termin der beweißunge, also wen der [Fol. 62 a.] zeugen fuerer, desgleichen das widerpart, noch der eroeffnunge erkuendet und verstanden, was die zeugen außgesagt haben, so wirt Inen weither Zeugen zu fueren nicht zugelossen, und das aus dieser ursache, die weile der part die aussage waiß, so ist zu befurchten, er moechte seine neue getzeugen underrichten und suborniren, was sie zu huelffe und stercke der ersten getzeugen aussagen solten, welchs die recht nicht leiden.
Nach eroeffnunge der gezeugen werden brieffliche urkunden zugelossen, den alhie hot es der subornation keine furchte und gefahr, jedoch das solchs geschee, ehe danne wider die zeugen excipirt und zum rechten beschlossen wirt; sonste wen die exception vom widerpart geschicht oder gescheen ist, wirt ehr auch domitte noch alt herkomnen brauch nicht zugelossen.56.d [Seite: 57]
Es werden offtemales noch eroeffnunge der Zeugen sage die getzeugen widerumb von neues verhort57.a, als nemblich, wen die getzeugen von den verhoerern auf unfleiß, auff einen ader mehr artickl, doran was gelegen ist57.b, nicht genugksam verhort weren. Den die weile sie auf dieselben artikl nicht genugksam verhort, so ist auch Ire aussage dorauff nicht eroeffnet.
Item who die zeugknis bei dem gerichte und rechte verloren worden were, so mus man auch eine neue verhoere fuernehmen.
Nun wehre von solchen fellen, dero sich eines tailes offte bei rechte begeben, wol mehr zu sagen; weil aber dieser proces in seiner materia sonste genugksam beschwert, derhalben wer dorfon mehr wissen wil, der lese Speculatorem und in sonderheit Marianum Soci. in C. fraternitatis, [Extra] de testibus in 44 col. et col. sequen. et 53.
1. Es ist zu merken, das zwaierlei urteil sein, als nemblich beiurteil und endturteil. [Fol. 64a.]
Ein Beiurteil wart zu Latein genandt: Sentencia interlocutaria und ist ein solch urteil, welchs die gantze hauptsache nicht scheidet noch endet, und werden also zwischen dem anfange und ende der sachen gebraucht.57.c Es moegen von anfange bis zu ende der sachen viele solcher urteil und auf einen jegklichen einfallenden irßal und strit in sonderheit gesprochen werden, als wen sich beklagter erkennen lest, ab er auf die angestalte klage zu andtworthen schuldigkh sei oder nicht, ader ab er die Caution oder gewehre zu bestellen schuldigkh sei, item ob weißunge ader Dilation etc. sollen zugelassen werden oder nicht. Solchs alles und dergleichen wirt durch beiurteil entschieden (Secundum iura vulgaria). und solche urteil heissen beiurteil; dan sie schaiden oder enden die gantze hauptsache nicht.
[Fol. 64 b.] Item wen das recht einen von dem gerichtsstande und also ab instancia loeß tailet und endtbindet mit diesen worten (auff dis [Seite: 58] mohl), solchs ist auch kein endturteil, sonder ein beiurteil. Den das urteil schaidet die sache nicht, und dorumb magkh der part, wider den es gesprochen ist, des rechtens sich widerumb gebrauchen etc.
Ein endturteil ist, das die gantze hauptsache und handel scheidet und das in der sachen, dorinne es gesprochen, nicht mehr gesprochen wirt. Es kan und magkh auch der Richter, der solch endturteil einmahl gesprochen hot, dasselbe, es sei gerecht oder ungerecht, nicht mehr endern, sonder mus es also, wie ers gegeben hot, unverkert bleiben lossen. Und wen es also gesprochen ist, so hoeret von stund an sein richterlich ambt auff, also das ehr in dieser sache nicht mehr richten kan, den alleine in den anhengigen fellen, welche der hauptsache nachfolgen, als in den gerichtskoesten, schaeden, Interesse etc. in diesen und dergleichen vellen magkh ehr noch seinem endturteil richten und urtailen.
[Fol. 65 a.] Und who es der Richter umbgehen kan, so ist es gut, das ehr in seinem urteil kaine urßache setze, was Inen bewegt, das er den beklagten verteilt oder von der klage loeß zehle. Den who dieselbe urßache irrigkh und nicht bestendigkh wehre, so wuerde domitte das urteil als nichtigkh beredt, wiewol sieben felle im rechten sein, darinne der Richter die urßach ins urteil setzen mus, welche alhie zusetzen das thuen verziehen wolten; wehr dorfon lesen wil, der suche: Abb. in c. sicut nobis extra de senten. et re iudica., ubi dicitur: Quod omnia, que iudicem movent, non exprimantur etc., et ibi in glos. pulch.57.1
Das urteil sal und mus57.a den gerichtlichen acten und den hendeln, wie die ins recht einbracht, gleichmessigk gesprochen werden; den das urteil mus aus den acten getzogen57.b und widerumb auff dieselben gestellet und getzogen werden: den es ist ein toerlicher richter,57.c der auf das, so for Inen ins recht nicht einbracht ist, erkennet.
[Fol. 65 b.] Wie aber, wen der Richter furwar waiß, das sichs dermassen nicht helt, wie fur Ime furgebracht und beweiset ist, sol ehr den auch noch denselbigen acten sprechen, ader sich noch seinem gewissen ader conscientien halten?
Die neuen Canonisten halten gemeinlich, das in burglichen und peinlichen sachen, es belange die verteilunge oder loeß tailunge, so sol ein richter sich im urteil noch den acten und hendlen, wie die fur Ime eingebrocht, halten; den die einbringunge der hendel und die beweißunge geschieht ime als einem richter, nun richtet ehr als ein richter und nicht als ein mensche. Und dorumb so gleich der richter ein anders in seinem gewissen hot, den fur ime beweiset ist, das sol ehr sich nicht irren lossen und dieselbigen gewissen ablegen und sich noch den rechten halten, die do ordnen, das der richter noch deme, wie furgebrocht, et sic secundum libellum, acta, producta et probata, urteilen sal. Als denne richtet nicht der Richter wider seine gewissen, den es sagt selbst der mundt der warheit: in zweihen oder dreihen munden stehet alles getzeugknis.59.a
[Fol. 66 a.] Aber die alten Cononisten halten59.b und wellen, das der richter in peinlichen sachen seinem gewissen folgen sal, auff das ehr nicht den unschuldigen vertaile und also wider die recht handle, die da wellen, das der Richter den unschuldigen nicht verdammen sal, ut in lege absentem ff. de penis et Exodi XXIII: du solt den gerechten und unschuldigen nicht tödten. Und dis vernim also: Who der Richter waiß, das der beklagte unschuldigkh ist und der kleger beweiset doch wider inen, das er die tadt begangen hot, alsdenne sol der Richter den beklagten wider seine gewissen nicht verteilen und wider die warheit. Den der Richter und sonste ein jeder sal der warheit folgen und sal mit dem gerichte ruhen und vleissigkh aufmerken, ob ehr die falsche beweisunge abwerffen moege, wie Daniel der prophet in der falschen beweißunge wider Susannam tehte. Who er aber die falsche beweisunge nicht abwerffen moechte, so sal er dennoch der warheit folgen und den unnschuldigen loes tailen, welchs auch die goetlichen recht also ordnen, den Esaie XI in prin. sagt der text, das der Richter nicht, wie er hoeret und fur Ime furgebracht wird, sonder noch der gerechtigkeit richten sal. Und ist nicht gut, das der Richter in diesem vhalle einen andern undersetze, den domitte gebe ehr urßache eines boesen, das nicht sein sal. Den es sagt der Apostel, das sich einer nicht alleine von dem boesen, sonder auch von allerlei gestalt des boesen enthalten sal.59.c [Seite: 60]
Herwiderumb wen der Richter waiß, das der beklagte der tadt schuldigkh ist, und der klaeger kan das nicht genugksam beweisen, so sal ehr Inen loes tailen noch den rechten, die do sagen: wen der kleger nicht beweiset, so sal man den beklagten loes tailen.60.a Aber ehr soll dennoch den beklagten nicht unschuldigkh erkennen, auf das ehr [Fol. 66 b.] auch domitte wider die warheit, die er waiß, nicht handele, sondern die loeßtailunge sol von dem gerichtsstande und also ab observacione judicii gescheen, also das ehr fuerder moege peinlich beklagt werden.60.b
In Summa Summarum zum beschlus dorfon zu reden, so ist der meiste hauffen der doctores dorwider und liegen straks auff deme, das der Richter sich sal im urteil noch deme, so ime furgebracht und fur ime beweiset ist, halten, wie den auch die Ertzte timen, die sich noch iren Canonen und Regeln richten, und obgleich der krancke stirbt, so wollen sie endtschuldigt sein. Aber warlich, warlich sage ich, es bedarff bei einem jeden richter ein vleissigkh und guttes auffsehen und sich noch seinem mueglichen vleiß dorinne wol bewaren, domitte ehr nicht mit dem urteil und mit sambt deme, der es findet, zum teuffel fahre. Do ist den zeit, der seelen zu helffen und penitentz zu thuen, wie Capistranus, der wirdige vater, Ordens Sancti Francisci, gethan hot, welcher, do ehr seine gewissen in der zeit, als er koenigk Ladislai obrister Richter gewesen, beschwert befanndt, das Richterambt ubergabe, die welt verlies und ein heiliger grosser vater wardt, wie dorfon Pari. de Put. in suo sind, in § sequitur modo notabilis quest. Von diesem ist genugkh gesagt.
[Fol. 67 a.] Wen beide part furtrehten fur gehegte banck, sal von den parten gebeten werden, das einkomne urteil zum ersten zuverleßen und noch verleßunge desselben fernerr bitten, einen spruch zu thuen und zu tailen, wehme es zu frohmen oder zu schaden kommen ist, und noch solcher tailunge sal der gewinsthafte part bitten, solch urteil von wegen ewiger gedechtniß in ein glaubwerdigkh Scheppenbuch zuschreiben, welchs ime auch vergunst wirt.
Und wen also das urteil getailt wirt und beide part dasselbe lieben, loben und annehmen und nichts auf unverwandtem fusse dorwider einbrengen, so kombt das urtel von Stundan in seine krafft60.c, welchs sonste erst noch verlauffunge zehen tage in seine krafft kweme, das ist in rem iudicatam, das ist zu vernehmen60.d, das man dornoch dorfon nicht appelliren kan. ut in Autentica hodie C. de appella. ubi eciam Bart. in corpore, unde sumpta est, et c. concertacioni eo. tit. in VI. et per gloss. notabi. in cle. sicut eo. tit. in verbo a die. Adde et per iura, que adducit Bart. in Authen. de appella. et infra que, col. III. § 1. constitu. 2. [Seite: 61]
[Fol. 68 a.] Es ist nicht genugkh, das das urteil gesprochen wirt, sonder es mus auch vollendet werden, den sonste hette der part, deme es zu gutte gesprochen, nichts doran, und dorumb ist nodt, das die huelffe und execution hernach folge.
Die huelffe in einer persohnlichen sachen, hoc est in actione personali, als wen einer zue einem um schulden, umb einer zusage, umb schaden, ader umb sonste anders geklagt und das mit urteil erlanget hot, und wen das urteil getailet ist, so sal der selbe part in gehegte bangkh durch seinen procurator frogen, wie folget:
Her foyt und erßamen weißen lieben hern, demnoch den N. mein part seine sache kegen dem N. mit urteil und mit rechte erlanget und gewonnen hot, so froge ich zu rechte, in was frist oder zeit ime N. solch erlanget geld etc. zu stellen und erlegen sal.
Bei Sonnen schein.
[Fol. 68 b.] 3. Nota: Alhie magkh auch der part balde umb seine Expens und gerichts kost in gehegt dingkh frogen, ab ehr ime die selben auch nicht zuerlegen und zuerstatten schuldigkh sei. Und dis ist zu merken, das es von alters her bei diesen gerichten zu Olomuntz also verhalten worden ist, das man aus gehegter banck schulden, schaeden, Expens, gerichtskost etc. bei Sonnenschein zu betzalen tailet, und dorfon ist nicht zu weichen.61.a Aber die beschriebenen Sachsischen recht geben zu den erlangten schulden etc. VI. wochen und III tage frist.
Wil Ime der part noch solchem gethanen spruche guttwilligkh vertrauen und von gehegter banck abtreten und wegkgehen lossen, das stehet beie ime; wil ers aber nicht thuen, so froge ehr in gehegte bank weither.
Her foyt und erßamen weißen herrn, ich froge zu rechte, ab N. meinem parthe die sache nicht genugksam vergwissen sal, ader was hierumb recht ist.
Er vergwissets ime billich, von rechts wegen. [Seite: 62]
[Fol. 69 a.] Alhie merke. Hot er der Burgen nicht beihendigkh und der part ime dornoch zu gehen nicht vertrauen wil, so bittet der part den hern foyt umb den gerichts diehner, deme gibt ehr seine gerechtigkheit, der vergwisset Inen mit der zucht, bis so lange ehr ime gerecht wirt und betzalet.
Es ist der glaubiger nicht schuldigkh, seine betzalnnge in einer anderen wahre, den mit parem gelde zu nehmen. Und das ist zuvernehmen: wen der vertailte schuldiger par geld hot: hot ers aber an parem gelde nicht und erbeut sich mit Pfande und geldes wert dem glaubiger zu betzalen, so kan man Inen weither uber sein erbieten mit der gefenknis nicht peinigen, es wehre den, das der glaubiger bar geld beie ime oder anderswo, dasto sein wehre, gruentlichen antzutzeigen wueste; who aber nicht, so hielfft ime der her foyt zu des vertailten schuldigere guettern, wie hernoch folget.
Am ersten ist zu merken: wo der her Foyt helffen wil laudt beschriebener Sachsischen recht und alt herkommenem brauch dieser konigklichen stadt, so sal ehr am ersten helffen zu farennder habe, nemblich zu der, die dem beklagten am wenigsten schaden tut, doch nicht zu denen, die zu ackergebeuhe oder fur den teglichen gebrauch des hauses des beklagten ader vertailten, seines weibes und kinder geordent, sondern am ersten zu kandlen, schuesseln, bedtten, kuessen, haußgerehte und des gleichen: item getraide, und was das ist, das dem beklagten am wenigsten verhinderunge brengt an seiner narunge. Hot er des nicht, ader ist sein nicht genugkh, so sal man erst das vieh angreiffen und nemblich das, doran dem beklagten am wenigsten schaden geschieht, als nemblich, wen ehr kalber, Ochssen und kue hette, so sal ehr von ersten zu den kelbern, ochssen etc., ehe danne zu den melke kuehen helffen, und sal mit solcher farenden habe gehalten werden, wie obene im ersten tail dieses buohes in dem artickl von der Inventirunge und schatzunge noch der lenge geschrieben ist.
[Fol. 70 a.] Hot ehr aber nicht bewegende guetter, so sal man verhelffen zu liegenden gruenden noch der Summa und antzal der verteilten schuld. Doch mit dem bescheide, das man umb wenigk schulden willen nicht ein groß gut angreiffe, sondern das geringste, das also der glaubiger betzalunge doran erlangen moege. und sal mit solchen liegenden grunden gehandelt werden, wie oben im ersten tail dieses buches im artickl von der Spaehnunge der liegenden gruende gesagt worden ist. [Seite: 63]
Wo ehr aber weder bewegliche noch unbewegliche guetter hot, so magkh der herfoyt in subsidium, die Verweisung, die huelffe seines urteils und also in seine gerechtigkheit und in die schuld, die der beklagte stehen hot, thuen, also das die schuldiger, who sie der schuld bekendtlich, an den kleger fur seine erlangte summa mit der betzalunge verweiset werden. Und von dieser Forma der huelffe sagt auch der XXVIII. artickl Weich. in pe. col. in tex. et glos et art. XXVII.
[Fol. 70 b.] Hot auch der beklagte oder vertailte gar kain par geld, weder bewegliche noch unbewegliche guetter, dortzu auch keine schulden, sonder ist gantz elende und arm, wen ehr also die recht als nemblich VI wochen und III tage aussitzt in dem gefenknisse, so gibt man Inen dornoch dem glaubiger bei der handt fur die schuld, den schuldiger zu seiner arbeit zu gebrauchen, also das die arbeit geschatzt und die schuld ime dorfur abgekuertzt werde; den man sal niemandt umb geltschuld ewigklich gefangen halten.63.a
Ich N. N. schwere got dem Allmechtigen, das ich die rechte Warheit sagen wiel, daß ich die schuld, so ich dem N. nach laut seines Schuldbrieffs schuldig worden bin. mit keinem bahren geld, noch sonst mit beweglichen noch unbeweglichen guttern, auch daß ich bei mir noch anders wo bei keinem Menschen von den selben wahren, außgenommen welche ich vermelt, nichts hab, allein was ich alhie auff gezeichneter schuld furlege, nicht zu bezalen vermag. Alß mir gott helff und seine Heiligen. Und wen solches volbracht, so procedirt man weitter, ut sup., wie obengesagt.
[Fol. 71 a.] Es begibt sich auch undterweilen, das der beklagte in den gerichten, dorinne ehr antroffen und vertailt ist, nicht guetter hot, dortzu man helffen moechte; in dem vhalle sal der Richter oder foyt dem klaeger an jhenen foyt, dorunder der beklagte guetter hot, schriefftliche kundtschafft und zeuknis geben, das vor ime der beklagte in einer solchen Summa dem kleger mit urteil und rechte verteilet und condemnirt ist, bittende, ehr wolle dem kleger verhelffen zu einer solchen Summa an den guettern zu bekommen, die der beklagte undter dem selben gerichte hot, und solche brieffe haist man Executoriales. Auff solche schriefft ist jhener foyt schuldigkh, huelffe zu thuen, dortzu ehr dem beklagten rechtlich gebot, Citirung und verkundigungkh thuen mus etc.
[Fol. 71 b.] Die huelffe in einer dinglichen sachen, hoc est in actione reali, als wen einer zu einem hauße, gaerthen, aecker etc., liegenden gruenden [Seite: 64] und erbfahl geklagt und das im urteil wider den beklagten erlangt hot, so hielfft ime der her foyt zu dem selben gutte, alßo das ehr ime die einweißunge in das selbe gut tut. Und in diesem vhalle ist nicht genugkh, das der beklagte dem kleger wolte pfandt geben ader burgen setzen, das ehr den kleger betzalen wolte; den domitte machet ehr eine neue sache und einen neuen kriegk, das ehr nicht thuen darff, sonder sich gebuert, das der kleger koerperlich eingeweiset werde.
Erstlich sal der her foyt mit den Scheppen und dem jhenigen denen man einweisen sal, in das hauß ader auff die hoffestadt, ob do kein hauß ist, gehen und sal jhenen bei der rechten handt nehmen und sal jhenen leiten vor den Scheppen in das hauß ader auff die hoffestadt und die Scheppen sollen ime nochgehen, und der foyt sal sprechen diese wort:
[Fol. 72 a.] In diese gobe, die dir gegeben ist vor gerichte, (ader in die erbschafft), die du durch rechtlichs erkendtnis erhalten host, weise ich Dich ein, als Dir das urteil ertailet hot, und setze des die Scheppen zu getzeugen und die andern dingkpflichtigen, das ich dich hie in dieses gut, hauß, hoff und alles, was dorinnen ist, es sei farend ader unfahrende, mit was nahmen das benendt werden maghk, eingeweiset habe, als recht ist. So trit den dieser, der also eingeweiset worden ist, vor gehegte banck und bittet den her foyt und Scheppen, das sie dieser einweisunge halben seine getzeugen sein wollen, das ehr in das gutt etc. eingeweiset sei worden, wie recht ist, und das solche einweißunge in das glaubwirdige Scheppenbuch eingeleibt mochte werden zu ewiger gedechtnis. und solchs mus der her foyt mit sambt den hern Scheppen bei ihren gethanen eihden thuen und auch einzuschreiben gestatten. Dornoch so gibt der selbe eingeweißte dem her foyte und Scheppen seine schuldige pfennige, so ist ehr den volkommen an seinem rechten.64.2 [Seite: 65]
[Fol. 72 b.] Der her voigt nimbt den hut von dem jhenigen, deme man das hauß oder grundt aufgeben sal und reckt inen in die hoehe und sagt:
Und von diesem auffgob des haußes geit der auffgeber 4 den. und der besitzer des haußes, dem es aufgegeben wirt, 14 den., darvon kumbt dem Schöppenschreiber 1 gr. und die 11 den. dem her voitten.
Alhie gehet der procurator mit ime hinaus, do mus sich der außziehen bis aufs hembde und nimbt nur seinen rokh widerumb umb sich und triedt also barschenklicht, barfus, mit blossem haupte und mit blossen armen bis ober die ellebogen zugericht, widerumb in die dingstuben.66.1 So trit sein procurator widerumb mit erlaubnis an seine stelle und sagt:
Alhie stehen aus bevehlich des her foyten zwehen heren Scheppen auf und wenden sich umb und schauen, ob er also zugerichtet stehet, wie obene [Fol. 75 a.] vermeldet, und keren sich wider umb und sagen in gehegte banck dem her foyte und hern Scheppen, wie folget:
[Fol. 76 b.] Alhie stehen widerumb aus bevehl des her foyten zwehne hern Scheppen auff und besichtigen Inen, ab ehr genugsam auffgelegt hot, und keren sich balde widerumb in gehegte bank und sagen: [Seite: 69]
So einer ermordet wird und seine freunde kommen [Fol. 78 b.] zu gerichte und begeren, Inen mit rechte auffzuheben, so sal der her foyt solichs zuvor dem her Burgermeister ungeseumet ansagen und, wo der her Burgermeister seinen willen dortzu gibt, so magk er es den freunden auch vergoennen.
Alhie ist zu merken, who die freundtschafft aigentlichen waiß, wer der tehter ist, so sollen sie den her foyt erstlich umb eine stunde bitten anzusetzen, zu ernennen, wen solche auffhebunge gescheen sal, und dornoch umb den gerichts diehner, das sie den selben in des tehters haus ader herbrigk schicken moegen und den tehter zu solcher angesagten stunde und auffhebunge citiren und fordern lossen. Dan so man die ubeltadt auf den mahn brengen wil, deme es das Gerichte oder der kleger schuld gibt, so wil von nodt wegen folgen, das der man kegenwertigkh sein mus. [Seite: 71] Den alle recht verbietten, das man niemandts seinen leip ader sonste in etwas verfallen sal, der do nicht citirt noch geladen ist, wie den obene im artickl von der Citation zum taile gesagt ist.
[Fol. 79 a.] Item der Gerichts diehner sal widerumb relation thuen und dem her foyte ansagen, ab ers also außgericht habe, wie er Ime bevolen hatte, und ab er auch den beklagten tehter ainhaimisch gefunden und selbst betrehten habe ader nicht, ader ab ehr in der flucht sei, und wehme ehr solche forderunge und Citacion in des tehters hauße ader herbrige angesagt habe, und wie sie mit nahmen haißen, und sal solche erste Citation in das gerichtsbuch verzeichnet werden.
4. Item es begibt sich offte, das der angegebene tehter balde mit gefencknisse entzweder von dem Gerichte ader von dem kleger angenommen und behafft wirt. Alsdene, die weile ehr kekenwertigkh ist, und so er sich auch zur tadt offentlich bekennet, (who die tadt bekendtlich), so bedarff man Inen dortzu nicht citiren noch laden, sonder man fueret inen zu der gelegten stunde aus dem gefengknisse und henget Inen mit einer kehten an die bare zu dem todten Cörper (dis haißt an die bahre geschmidt), wen man denselben vor das rothhauß und peinliche recht und auffhebunge brengt. Dorauff folget alsdenne der proces.
5. Who sich aber der gefangene zur tadt nicht bekennet, so darff man Inen auch an die bare nicht hengen, (wo die tadt nicht bekendtlich ist), sonder dorauff folget das gemeine peinliche recht, also das der kleger die tadt auff Inen klagen, darbrengen und beweisen muß, und in diesem valle mussen beide part leiden und dulden, was Inen beiden das recht [Fol. 79 b.] brengt71.a. Es magkh aber nichtsdestoweniger mit auffhebungkh des todten koerpers mit rechte fortgefahren werden, alleine das man den tehter dorbei mit seinem Christen nahmen nicht nennen darff, nur alleine in genere und in gemeine den moerder etc.
6. Item wo der tehter fluechtigkh und sich zur angesatzten stunde nicht funde noch niemandts von seinent wegen mit volkomner macht und gewalt Inen zuvertrehten und zuverandtworthen fuerkweme, so fehret man auch mit dem peinlichen rechten, als nemblich mit der auffhebunge des koerpers fort, wie recht ist, und benennet dorinne den fluechtigen tehter.
[Fol. 80 a.] Wen nun die angesatzte stunde kommen ist und der her foyt die hern Scheppen versamlet hot auffs Rathhauß, wie recht ist, dan der Scheppen sollen aufs wenigste drei oder viere neben dem her Foyte sein zu dieser sachen. Alsdenne so gehet der kleger ader freundtschafft mit irem procurator und mit dem gerichts diehner hin vor das hauß, who der [Seite: 72] tothe koerper liegt, und lossen Inen heraus tragen und setzen, das die bahre mit dem tohten koerper halb under dem hauße und halb under dem Himmel und trauffe stehe, und dem Gerichts diehner bevehlen, das ehr zum ersten mohle Czehter schreie uber den moerder, der diesen menschen ermordt und sein weip zu einer widtben und seine kinder zu waehsen gemacht hot. Dornoch lossen sie Inen ferner tragen, und sie gehen mit ime bis auf den halben wegkh zum Rothauße und lossen inen aldo widerumb nidersetzen und bevehlen dem gerichts diehner zum andern mohle Czeter zu schreihen, wie ehr oben zum ersten mohle gethan hot. Dornoch tragen sie Inen fort bis vor das rothauß. Alsdenne trehten die hern hinauß auff die Rothauß stiegen und lossen den gefangenen tehter aus der gefengknis brengen, (so er vorhanden ist), und an die bahre hengen. Who ehr auch nicht vorhanden, sonder fluechtigkh, so procedirt man nichts desto weniger fort, wie folget:
Alhie schickt der her foyt zwehne hern Scheppen hinab vom Rathauß, den tohten zu besichtigen, was ehr vor wunden ader leip zeichen habe, und an welchem ort. Und wen die zwehne hern widerumb noch der besichtigung des todten herauff kommen, so zaigen sie dem her foyte und den hern scheppen die mainunge an.
[Fol. 81 b.] Alhie hebt man die leiche ein wenigkh fort, nur von der stelle.
Vom Nottrecht.
Nottrecht wirt gemeiniglich gebraucht, wo lebendige Thier, so teglich atzung bedurffen, auch andere verderbliche wahre, oder aber so sonderlichen uncosten und warttung haben wollen (als Wein und dergleichen) zu Pfande gegeben oder aber arrestirt und besatzt seindt; den so mag der glaubiger und sperrer durch Nottrecht erlangen, solch Thier und waren zuverkauffen, mit diesem anhang und bescheidt, das er erkauff gelt in die Gerichte, auf rechtlich erkenttnuß (wem es endtlich und billich folgen soll) sequestrir und niederleg. Dergleichen ist in diesem Recht zu erkhennen, wo dem mitman die Mittung nicht wirt gehalten oder zu unrechter Zeit wirt aufgesaget, oder aber ein gemit oder gekaufft Haus und grundt auff bestimbte Zeit nit gereumet.
Ausserhalb diesen fellen moegen vill andere Ursachen vorfallen, dorumb billich ein Nottrecht gestattet und zu gelassen wirt. Welches dann bei erkenttnus der Richter, ob es forttgang haben soll, stehen, domit die ordentlichen Recht nit zurrutten werden.
Der arm elende mensch hat auch sein anttwort und defension vorzuwenden, Zeit und frist wirt nach erkenttnus der gericht gegeben.