Quelle: Wilhelm Brauneder (Hrsg.), Juristen in Österreich. 1200 - 1980 (Wien 1987). Digitalisierung mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
Ulrich entstammt dem einflußreichen Ministerialengeschlecht der Kärntner Herzöge Karlsberg-Cubertel. Geburtsjahr, Geburtsort und auch sein Bildungsgang sind nicht überliefert. Die Vermutung, daß er an der Domschule Friesach, gegründet 1217, und danach in Bologna studiert habe, ist quellenmäßig nicht belegt. Ulrich ist seit 1233 Propst, wahrscheinlich der Gründungspropst, des 1231 vom Bistum Salzburg gegründeten Kollegiatstifts St. Ruprecht in Völkermarkt. Seit 1246 übt er als "Archidiaconus Carinthiae" Salzburger Jurisdiktionsbefugnisse über Kleriker und Laien in Kärnten aus. Beide Ämter hat er bis zu seinem Lebensende, vermutlich 1266, inne. Sein Rang als Propst und Archidiakon bringt ihm mehrere päpstliche Mandate als iudex delegatus ein; seine adelige Herkunft und seine politische Stellung im Gefolge des Herzogs von Kärnten prädestinieren ihn auch als Schiedsrichter in Rechtsstreitigkeiten von weltlichen Standesgenossen.
Ulrichs juristische Bedeutung liegt vor allem in der "popularisierenden" Form seiner kanonistischen Werke. Aus der Zeit vor der Promulgation der Dekretalen Papst Gregors IX. 1234 im "Liber Extra" datieren die (verschollenen) "Flores de compilationes decretalium" als Exzerpte zu den "Compilationes Antiquae", d. h. den Dekretalensammlungen zwischen dem "Decretum Gratiani” und dem "Liber Extra" Papst Gregors IX. Die "Excerpta decretalium Gregorii IX", auch "Tractatus flores", geben eine (unvollständige) Inhaltsangabe der Dekretalen dieses Papstes nach der Reihenfolge der fünf Bücher des "Liber Extra" in Hexametern; ihre Entstehung fällt in die Zeit nach dem Tod des Papstes (1241). Mit dem "Breviarium pauperum" legt Ulrich 1251 ein Kurzlehrbuch über den "Liber Extra" in Versform für den juristischen Elementarunterricht vor. Aus demselben Jahr datiert der "Cursus titulorum", ein Abriß kirchenrechtlicher Texte in Versform für Studenten und juristisch nicht gebildete Kleriker als prozeßrechtliches Hilfsmittel. Eine Inhaltsangabe über die Dekretalen Papst Innozenz IV. in Versform wurde zwischen 1251 und 1253 verfaßt. Derartige populäre Rechtsliteratur verbreitete die Kenntnisse des Kanonischen und mit ihm des Römischen Rechts vor allem in der Praxis der Gerichte. Ulrich hat hiezu auch durch seine richterlichen Funktionen konkret beigetragen.
Hauptdaten:
Geboren um 1210, gestorben um 1266;
1233 Propst des Kollegiatstiftes St. Ruprecht;
1246 Archidiaconus Carinthiae.
Hauptwerke:
Flores de compilationes decretalium, 1234;
Excerpta decretalium Gregorii IX., nach 1241;
Breviarum pauperum, 1251,
Cursus titulorum, 1251;
Inhaltsangabe über die Dekretalen Papst Innozenz IV., vermutlich 1253.
Hauptliteratur:
A. Jaksch, Geschichte Kärntens bis 1335 II, Klagenfurt 1929, S. 349;
E. Nussbaumer, Geistiges Kärnten, Klagenfurt 1956, 120 f.
K Dinklage, Völkermarkt zwischen Abt und Herzog in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 67, 1959, S. 292;
A. Ogris, Zwei Urkundenfunde zu den Anfängen des Kollegiatkapitels Völkermarkt in Kärnten, in: ebd. 80, 1972, S. 347 ff.;
W. Stelzer, Österreichische Kanonisten des 13. Jahrhunderts, in: Österreichisches Archiv für Kirchenrecht 30, 1979, S. 66 ff.;
ders., Gelehrtes [Recht in] Österreich, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Ergbd. 26, 1982, S. 120 ff.;
C. Fräss-Ehrfeld, Geschichte Kärntens I, Klagenfurt 1984, S. 252, 262, 492 f.