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Da ich zugleich einige andere Arbeiten über die Verwaltungsorganisation unter Maximilian I. in diesem Repertorium digital publiziert habe, hoffe ich, zumindest einen Teil der einschlägigen Materialien dieser immer noch interessanten Erscheinung leichter zugänglich gemacht zu haben.
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Klagenfurt am Wörthersee
31. Mai 2013
Heino Speer
Die Verwaltungsorganisationen Maximilians I. Ihr Ursprung und ihre Bedeutung. Von Dr. Theodor Mayer Privatdozent an der Wiener Universität. Mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften in Wien. [= Forschungen zur inneren Geschichte Österreichs, hrsg. von A. Dopsch, Heft 14] Innsbruck. Verlag der Wagner'schen Universitäts-Buchdruckerei (R. Kiesel). 1920.
Die folgenden Ausführungen behandeln die Frage nach dem Ursprunge der neuzeitlichen Verwaltungsorganisationen in Tirol, Oesterreich und Deutschland auf Grund eines bisher nicht benützten archivalischen Materiales aus den ersten Regierungsjahren Maximilians I. Die umfangreichen Forschungen am Innsbrucker Landesregierungsarchiv waren mir nur durch ein weitgehendes Entgegenkommen von Seiten des Vorstandes dieses Archives, des jetzigen Staatssekretärs Prof. Dr. Michael Mayr und des Staatsarchivdirektors Dr. Karl Klaar möglich, wofür ich hiemit meinen aufrichtigen Dank abstatte; zu besonderem Danke bin ich Staatsarchivdirektor Dr. Karl Möser verpflichtet, der mich auf wichtige Quellen aufmerksam gemacht und mir auch eigene Aufzeichnungen zur Verfügung gestellt hat.
Wien, im März 1920. T. M.
Die Verwaltungsorganisationen, welche unter Maximilian I. in Tirol-Oesterreich eingeführt wurden, haben seit langer Zeit das besondere Interesse auf sich gezogen, da in ihnen jenes System erkannt wurde, nach welchem das neuzeitliche deutsche Behördenwesen ausgebildet worden ist.1 Die Verfassungshistoriker fanden hier die ersten Anläufe, die darauf hinzielten, aus dem verschiedenartigen habsburgischen Länderbesitz einen Gesamtstaat durch einheitliche Verwaltung zu schaffen. Andere Forscher wandten ihr Augenmerk hauptsächlich der scheinbar neuen, bisher in Deutschland unbekannten technischen Ausgestaltung des Behördenwesens zu. Man empfand allgemein Maximilians Tätigkeit als etwas Neues, vom Ueberkommenen ganz Abweichendes, das als Fortentwicklung der tirolisch-österreichischen Territorialverwaltung nicht erklärlich schien, so zwar, daß man meinte, nach fremden Mustern suchen zu müssen. In Burgund glaubte man sie gefunden zu haben, in jenem Burgund, in dem Maximilian, ehe er 1490 nach Tirol kam, durch rund 12 Jahre geweilt und regiert hatte. Wenn auch eine Reihe gerade österreichischer Historiker diese Uebertragung für nicht ausgemacht hielt, sich zurückhaltend äußerte und vor der endgültigen Entscheidung der Frage eine genaue Kenntnis der tirolischen Verwaltung des späteren Mittelalters für notwendig erklärte, so konnte doch im allgemeinen jene Ansicht als die herrschende bezeichnet werden, welche besagte, daß das neuzeitliche deutsche Behördenwesen nicht auf eigenem Boden erwachsen, sondern durch die Nachahmung eines fremden Musters entstanden sei2.
Gegen diese Meinung ist nun A. Walther aufgetreten,3 indem er, von den burgundischen Verhältnissen ausgehend, bestritt, daß [Seite: 6] sie das Vorbild für Maximilians Reformen gegeben hätten, da diese dem angeblichen Muster gar nicht in dem Maße entsprachen, wie man bisher ohne näheren Nachweis angenommen und vorausgesetzt hatte. Walther dachte an das tirolische Vorbild und führte besonders die allgemeine europäische Bewegung, den Humanismus, den überall erwachenden Reformtrieb als treibendes Element an. Es ist nicht verwunderlich, daß Walther, dessen Ausführungen eigentlich rein negativer Art waren, auf heftigen Widerstand gestoßen ist. Walther, der zu seiner mit voller Schärfe vorgebrachten Ansicht ohne genauere Kenntnis der tirolischen Verhältnisse mehr auf spekulativem Wege gekommen war und der alten Konstruktion eine neue gegenübergestellt hatte, fehlte die richtige Schätzung für die Organisationen Maximilians. Mit der Aufdeckung methodischer Fehler in der Forschung war deren Ergebnis in unserem Falle nicht aus der Welt geschafft. F. Rachfahl hat besonders scharf und eingehend auf Walthers Angriffe gegen die allgemeine Ansicht erwidert4 und zu diesem Zwecke auch archivalische Studien am Innsbrucker Landesregierungsarchiv unternommen. Er hat hiebei so vollständig jeglichen Zusammenhang mit den tirolischen Einrichtungen abgelehnt, wie vor ihm kein Forscher. Allerdings ist es seinen Ausführungen anzumerken, daß sie wohl von vorneherein die Verteidigung der alten Rezeptionstheorie bezwecken, für die ihm eine kurze Nachlese im Innsbrucker Archive die Quellenbelege zu liefern schien. Der wissenschaftliche Wert von Rachfahls Erörterungen liegt in der Zusammenfassung aller für jene Theorie geltend zu machenden Momente. Aus ihnen treten klar die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den Verwaltungseinrichtungen der meisten deutschen Territorien am Ende des Mittelalters und jenen Maximilians hervor. Allein auch Rachfahl fehlte eine genügende Kenntnis der tirolischen Verwaltung, er stellte diese ganz auf eine Stufe mit der vielleicht doch zu tief eingeschätzten Verwaltung der meisten deutschen Territorien des 15. Jahrhunderts und schied außerdem die technischen Fragen der Organisation zu wenig von den behördenrechtlichen. Weil er den Geist der maximilianischen Reformen, ihre Grundlagen als etwas ungewöhnliches erkannte, glaubte er diese seine [Seite: 7] Ansicht auf die technische Ausgestaltung der Verwaltungsorgane ausdehnen zu müssen. Und entsprach die angebliche Nachbildung durch Maximilian dem burgundischen Muster nicht, so erklärte er das damit, daß es sich nicht um eine sklavische Uebernahme von Einzelheiten handelte, sondern nur um die der allgemeinen Gedanken.
Durch die Angriffe Rachfahls veranlaßt, hat dann auch A. Walther archivalische Studien über die tirolische Verwaltung gemacht. Ohne die Quellen viel eingehender und umfangreicher heranzuziehen, ist Walther nunmehr zu einer noch schärferen Ablehnung der Rezeptionstheorie gelangt, ja er spricht sogar von einer Uebertragung tirolischer Verhältnisse auf Burgund.5 Zu einer wirklichen Erkenntnis der tirolischen Verwaltung genügen aber auch Walthers zu wenig gründliche Studien keineswegs. Walther hat die Bedeutung der technischen Aehnlichkeiten der tirolischen Verwaltung mit der maximilianischen, die er übrigens keineswegs voll erkannt hat, auf das behördenrechtliche Gebiet ausgedehnt und so von der anderen Seite her sich den richtigen Ausblick versperrt. Auf die zweite Schrift Walthers hat Rachfahl neuerdings geantwortet6. Da er aus äußeren Gründen neues Quellenmaterial nicht heranziehen konnte, beschränkte er sich auf die Widerlegung mancher Irrtümer und schiefen Auffassungen Walthers, ohne „die Frage noch einmal im ganzen und systematisch zu untersuchen" (S. 434). Die Tatsache, daß aber bisher entscheidende Quellen nicht benützt worden sind, ergibt begreiflicherweise einen unbefriedigenden Zustand. Für die wichtigsten ersten Jahre der Regierung Maximilians stützen sich Rachfahl und Walther nur auf das von S. Adler7 beigebrachte Material, das aber gerade für diese Zeit wesentliche Lücken aufweist. Es macht methodisch wenig aus, ob man für Maximilians Behördenorganisationen mit Rachfahl burgundische Muster oder mit Walther allgemein europäische Einflüsse als wirksam erklärt; solange man nicht den jeweiligen Ursachen der Reformen und ihrer tatsächlichen Durchführung quellenmäßig nachgeht, wird sich gegen jede Ansicht eine Gegenansicht finden, die Frage selbst aber nicht zur vollen Klärung bringen lassen. Weder aus Rachfahls [Seite: 8] noch aus Walthers Darstellung wird man einen anderen Grund für die Reformen schöpfen, als den der Freude am Reformieren; daß aber doch jede Reform von einem unmittelbaren Bedürfnis den Ausgang nehmen und einen praktischen Zweck haben mochte, wird kaum berücksichtigt. Daß jede Reform ihre Ursache in der Erkenntnis haben mußte, daß die alte Organisation fehlerhaft oder unvollkommen sei, daß daher vorerst diese Mängel festzustellen sind, um die Neuordnung zu verstehen, daß man den allmählichen Gang der Reform ergründen müsse, um sie in ihrer Bedingtheit zu erkennen, dieser Grundsatz wird von beiden Forschern nicht beachtet. Dadurch scheinen die Theorien selbst dort, wo sie das Richtige treffen, wirklichkeitsfremd und bekommen den Anschein einer nicht überzeugenden Konstruktion. Es ist klar, daß in Fragen, auf die es nur ein „ja" oder ein „nein" gibt, von zwei Forschern, die eine gegenteilige Ansicht vertreten, einer recht haben muß. Solange aber die Beweisführung nicht geschlossen ist, ist dadurch die Frage für die wissenschaftliche Erkenntnis nicht gelöst. Schließlich aber hat der vorwiegend polemische Charakter der Arbeiten das eigentliche Bild verdunkelt. So mag es gerechtfertigt sein, im folgenden das Hauptgewicht auf die Darstellung und weniger auf die Widerlegung einzelner Ansichten zu legen. Die folgende Darstellung soll aber nur bis ca. 1500 geführt werden, da in die ersten 10 Jahre der Regierung Maximilians in Tirol-Oesterreich die wichtigsten Neuorganisationen fallen und ausreichendes Material zur Beantwortung der Frage bieten.
Mit Recht führt Rachfahl an8, „wenn Tirol schon vor 1490 eine hochentwickelte Administration besessen hätte, die vielleicht, wie Walther andeutet, auf italienische Einflüsse zurückzuführen wäre, so wäre der französisch-burgundischen Rezeptionstheorie der Boden von vorneherein entzogen". Ehe wir daher die eigentlichen Reformen Maximilians besprechen, wird es notwendig sein, einen Blick auf die Verhältnisse in Tirol vor 1490 zu werfen, da erst dann festgestellt werden kann, ob die [Seite: 9] tirolische Verwaltung den Ausgangspunkt und das Muster für die Reformen Maximilians gegeben haben kann. Wir sind hierüber noch nicht genügend unterrichtet, außer einigen kurzen Bemerkungen bei Adler und den Ausführungen Walthers und Rachfahls haben wir keine Darstellungen. Verstreut findet sich manches bei A. Jäger9 und F. Hegi,10 ich selbst habe versucht, einige Beiträge zur Geschichte der tirolischen Finanzverwaltung zu liefern11. Vom Gerichtswesen am tirolischen Hofe haben wir aber gar keine Kenntnis, obwohl gerade dieses für die Entwicklung der kollegialen Behördenverfassung von großer Bedeutung gewesen ist.
Besser unterrichtet sind wir über die Verwaltung Tirols in der görzisch-brandenburgischen Zeit. Aus einer Reihe von trefflichen Arbeiten gewinnen wir ein sicheres Bild über die hochentwickelte Verwaltung, die Meinhard II. im 13. Jahrhundert eingerichtet hat und die noch bis an das Ende der brandenburgischen Zeit in ihren Grundzügen in Geltung blieb.12 Wurde diese Verwaltungsorganisation von den Habsburgern übernommen? Diese Frage nach der Kontinuität der Entwicklung von der görzischen zur habsburgischen Zeit läßt sich für die Zentralverwaltung im verneinenden Sinne beantworten. Die görzische stand in innigem Zusammenhange mit dem landesfürstlichen Hofe, Hofchargen übten zugleich Verwaltungsfunktionen aus. Das persönliche Vertrauen des Landesfürsten, aber auch politische Verhältnisse entschieden die Berufung zu einem Amte und damit die im 14. Jahrhundert oft schwankenden Verwaltungsorganisationen. Das war für diese Zeit das Gewöhnliche. Das Besondere für Tirol war, daß diese Verwaltung wirklich gut gearbeitet hat, daß die Kanzlei und die Kammer in Ordnung waren und daß die Schriftlichkeit des Verfahrens schon zur Durchführung gelangt und damit die Stetigkeit des Verwaltungsdienstes sichergestellt war. Allerdings ist nach dem Tode Meinhards II., der selbst immer richtunggebend eingriff, ein Nachlassen der festen Ordnung zu bemerken, wozu freilich auch die sich schnell verschlechternden Finanzverhältnisse beitrugen.
Infolge des Ueberganges von Tirol an Oesterreich im Jahre 1363 hörte der eigene tirolische Hof zu bestehen auf, damit auch, [Seite: 10] die von ihm ausgeübte zentrale Verwaltung.13 Diese wurde, soweit sie einen Teil der unmittelbaren Hoheitsrechte des Landesfürsten bildete, von ihm und seiner unmittelbaren Umgebung ausgeübt, die habsburgischen Landesfürsten hatten aber ihre Hofhaltung in Wien. Erst nach etwa anderthalb Jahrzehnten wurde Tirol wieder von den Wiener Zentralorganen losgelöst, da durch den Neuberger Vertrag (1379) der habsburgische Länderbesitz geteilt wurde, wobei allerdings Tirol auch jetzt nicht für sich allein ein selbständiges Land wurde, sondern mit anderen in Verbindung blieb. Nach manchen Veränderungen wurde endlich Friedrich IV mit der leeren Tasche Landesfürst von Tirol (1406).
Der Einschnitt hatte bei der in erster Linie in Betracht kommenden Finanzverwaltung unmittelbar zur Folge, daß vorerst eine eigene tirolische Zentralfinanzverwaltung nicht mehr bestand, sondern erst später von den tirolischen Landesfürsten wieder neu errichtet werden mußte. Aehnlich war es auch bei den übrigen Verwaltungszweigen. Doch machten sich bald verschiedene Momente geltend, so daß sich die tirolische Verwaltung bald auf eine besondere Höhe emporschwingen konnte.14
Bei der Finanzverwaltung am tirolischen Hofe entstand durch Uebertragung des österreichischen Musters15 schon im 14. Jahrhunderte eine gewisse grundsätzliche Scheidung zwischen der allgemeinen Finanzverwaltung und dem Zahlungsdienst für die Hofhaltung und die persönlichen Bedürfnisse des Landesfürsten. Der Amtmann an der Etsch, später oberster Amtmann genannt, hatte wie sein Vorbild, der österreichische Hubmeister, der auch den Titel Amtmann führte, die eigentliche Finanzverwaltung, der Kammermeister den Hofzahldienst zu leiten. Wenn sich dieser Grundsatz auch nicht ohne große Rückschläge durchzusetzen vermochte, so zeitigte er doch die günstigsten Folgen in verwaltungstechnischer Hinsicht, er schuf die Möglichkeit für die frühzeitige Entstehung eines Behördenrechtes. Noch in den 60er-Jahren des 15. Jahrhunderts erhielt das Kassenwesen eine grundsätzliche Selbständigkeit gegenüber der eigentlichen Finanzverwaltung. Andererseits wurde der [Seite: 11] Kammermeister16, der den Kassendienst zu besorgen hatte, vom Hofdienst im engeren Sinne losgelöst, während gleichzeitig sich auch schon Anläufe bemerkbar machen, die dem Kammerschreiber überlassene Buchführung zu einer kontrollierenden Buchhaltung auszugestalten. Außerdem entwickelte sich schon in den 50er Jahren des 15. Jahrhunderts ein eigenes Amt für das Hofbauwesen und daneben auch für die Erledigung gewisser Bedürfnisse des Hofes selbst, das Hauskämmereramt, dem auch das wichtige landesfürstliche Hüttenwesen anvertraut war. Der Hauskämmerer war für seine Funktion von den übrigen Finanzorganen unabhängig und gleichfalls nicht ausschließlich ein Organ des engeren Hofdienstes17.
Eine wohlentwickelte Kanzlei stand im Dienste der Verwaltung, die Schriftlichkeit des Verfahrens in den Verwaltungssachen war seit dem 13. Jahrhundert nicht mehr außer Uebung gekommen und bewahrte die Entwicklung vor größeren Rückschlägen. Die Rechnungskontrolle wurde ständig geübt und schon seit dem Anfang des 15. Jahrhunderts treten hiefür Kollegien auf, die später in ganz bestimmter Zusammensetzung zu einer eigenen Institution, dem Kollegium der „Räte in der Raitung" ausgebildet wurden18.
Als grundlegender Anfang für diese reiche Entwicklung, die in ihrem organischen Erwachsen kaum an einem anderen deutschen Fürstenhofe ein gleichzeitiges Gegenstück findet, wurde die Trennung der Finanzverwaltung vom Hofdienst bereits angeführt. Dazu kamen noch zwei Momente von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn auch die görzisch-brandenburgische Zentralverwaltung von den Habsburgern nicht übernommen worden ist, so ist doch die sicher arbeitende und hochentwickelte Lokalverwaltung in Bestand geblieben. Sie bildete den festen Untergrund, auf dem mit Leichtigkeit ein Oberbau nach den jeweils zweckmäßig erscheinenden Grundsätzen aufgeführt werden konnte. Die fortgeschrittene Zentralverwaltung in Oesterreich und die vorzügliche Lokalverwaltung in Tirol haben gegenseitig befruchtend aufeinander eingewirkt. Der weitere wirksame Umstand war der allerdings nicht bleibende Reichtum, der durch den seit der Mitte des 15. Jahrhunderts steigenden Bergsegen [Seite: 12] hervorgerufen wurde. Dadurch ergaben sich Aufgaben für die öffentliche Verwaltung, wie sie anderswo noch kaum auftraten; anderseits hatte man auch die Möglichkeit, neue Beamtenstellen zu schaffen und zu bezahlen. An einem Hofe, an dem es so viele Dutzende von Schmarotzern gab, von dem zahlreiche Provisionäre Solde erhielten, ging man naturgemäß auch bei der Errichtung von Aemtern nicht so sparsam vor, wie das vielleicht sonst an einem deutschen Fürstenhofe notwendig war.
Zu diesen Momenten kamen noch solche persönlicher und politischer Natur, In Tirol ist die Atomisierung der öffentlichen Gewalt nicht bis zu jenem Grade gediehen, daß schließlich die Lokalverwaltung fast ganz in private Hände überging. Trotz vielfacher kürzerer oder längerer Verpfändungen blieb doch ein großer Teil der Aemter und Gerichte landesfürstlich und es ist daher der Gedanke nicht ganz verloren gegangen, daß es sich hier um öffentliche Rechte und nicht um rein privaten Besitz handelte. Die Kämpfe Friedrichs IV. haben das Aufkommen einzelner übermächtiger Adelsgeschlechter verhindert und den gesamten Adel gleichmäßig und endgültig unter die Botmäßigkeit des Landesfürsten gebracht. Gleichzeitig wurde den Bauern schon am Beginne des 15. Jahrhunderts die Landstandschaft zuerkannt. Durch diese politischen und sozialen Momente wurden die Streitigkeiten zwischen dem Landesfürsten und den Ständen aus dem Fahrwasser des Kampfes um die einseitige Macht im Staate herausgeleitet. Es entstand ein alle umfassendes Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Idee einer allgemeinen öffentlichen Gewalt, die auf diese Weise eine wesentliche Förderung erhielt, mußte schließlich auch der Ausübung dieser Gewalt, der Verwaltung, zu gute kommen, da an ihrem richtigen Funktionieren unter den gegebenen Umständen alle ein Interesse nahmen. Die Regierung Herzog Friedrichs mit der leeren Tasche ist zwar der Ausbildung eines Behördenrechtes und selbständiger Behördenorganisationen nicht günstig gewesen. Der Herzog griff selbst überall unmittelbar ein, behielt sich die Entscheidung von Einzelfragen im weitgehendsten Maße vor; er war auch in der Praxis überall die oberste Instanz. Unter ihm arbeitete die Verwaltung so gut, daß ein unterstützendes [Seite: 13] Einwirken anderer Kreise nicht notwendig wurde. Nach seinem Tode freilich trat hierin ein gründlicher Wandel ein. Für seinen unmündigen Sohn übernahm Herzog Friedrich von der Steiermark, der spätere Kaiser Friedrich III., die Vormundschaft, die Verwaltung Tirols wurde einer aus Mitgliedern bestehenden Statthalterschaft der Stände überantwortet18a. Und als Friedrich zu dem vereinbarten Termine sein Mündel nicht herausgeben wollte, übernahm dieses Kollegium selbst die Regierung des Landes. Das tat es nicht mehr als die vom vormundschaftlichen Regenten eingesetzte Statthalterschaft, denn diesem wurden alle Regierungsrechte aberkannt, sondern als die vom Lande bestellte Stellvertretung des abwesenden Landesfürsten. Dies geschah aber nicht zum Zwecke, um sich einseitige ständische Rechte zu sichern. Diese ständische Regierung, der „geschworene Rat an Meran", welcher sich am 11. Juni 1444 konstituierte19, setzte sich aus 18 Mitgliedern unter dem Vorsitze des Landeshauptmannes zusammen und übte die höchste Regierungsgewalt aus, sowohl in Bezug auf die oberste Verwaltung, als auch bei der Rechnungskontrolle. Endlich aber war sie auch das oberste Gericht, indem sie die Agenden des landesfürstlichen Kammergerichtes übernahm. Von ihr wurden auch die Beamten ernannt, so Konrad Fridung zum obersten Amtmann, der als solcher Beamter, aber nicht Mitglied des geschworenen Rates war. Die soziale Eigenart Tirols, das doch einen zahlreichen Adel hatte, zeigte sich darin, wie die Sitze in dem Kollegium auf die einzelnen Kurien des Landtages verteilt waren. Sechs Mitglieder des geschworenen Rates waren dem Herrn- und Ritterstande und der Geistlichkeit entnommen, sechs waren Vertreter der Städte, sechs waren Bauern, Vertreter der Gerichte. Es wird sich kaum in dieser Zeit ein Gegenstück hiezu in der Geschichte der deutschen Territorien finden lassen; dieses stark ausgebildete politische Recht der bürgerlichen Klassen ist aber bestimmend geworden für die ständische Geschichte Tirols, denn die Tiroler Stände haben sich niemals so sehr als Mitglieder einer bevorzugten Korporation, sondern vielmehr als Vertretung des Landes gefühlt. Dieser in der Verfassung auch praktisch in Erscheinung tretende Repräsentationscharakter hat [Seite: 14] also den Dualismus des ständischen Staatsrechtes nicht in dem Maße aufkommen lassen, wie dies anderswo der Fall gewesen ist, er hat im Gegenteil auf ein allgemeines Zusammengehörigkeitsgefühl hingewirkt, für das die Interessen des Landes wichtiger waren als die besonderen Korporationsrücksichten20
Als endlich Herzog Sigismund 1446 die Herrschaft wirklich antreten konnte, war er den Ständen und den von ihnen bestellten Verwaltungsorganen zu sehr zum Danke verpflichtet, als daß er sie ohne weiteres entsetzen oder ihre Befugnisse stark hätte einschränken können. Jung und unerfahren, mit Land und Leuten wenig vertraut, dabei selbst nicht von jenem Arbeitseifer beseelt und mit der Tüchtigkeit ausgestattet wie sein Vater, mochte er nicht allzutief in den eingelebten Verwaltungsapparat eingreifen, Er hat sich zeitlebens nicht sehr viel mit diesen Geschäften befaßt, sondern sie ruhig anderen überlassen, ohne besondere Rücksicht darauf, ob diese die normalen Verwaltungsorgane oder persönliche Günstlinge waren. Dieser Grundzug seines Wesens mußte auch für die Ausbildung und Entwicklung des Behördenrechtes, für die Ueberlassung der obrigkeitlichen Entscheidung an Verwaltungsorgane bedeutsam werden. Da die Günstlinge, vielfach landfremde Personen, wie die Brüder Gradner21 oder die „bösen Räte"22 ihre Macht für eigene Zwecke ausnützten, richtete sich das schließlich notwendig werdende Eingreifen der Stände auf die Erweiterung und Sicherung der Kompetenz und Stellung der normalen Verwaltungsorgane. Freilich war der dadurch hervorgerufene Zustand nur ein tatsächlicher, kein rechtlicher, noch waren die Verwaltungsstellen Hilfsorgane des Landesfürsten, nicht eigentliche Behörden mit einem ihnen innewohnenden Imperium. Sie waren zur Unterstützung des Landesfürsten da, in dessen Namen alle Entscheidungen hinausgingen, der Landesfürst konnte jede anhängige Sache selbst, ohne seine Räte, ja auch gegen sie entscheiden, denn die persönlichen Regierungsbefugnisse des Herzogs waren nicht eingeschränkt oder auf die Verwaltungsstellen übergegangen. Immerhin wurde aber für eine „Behörden"-verwaltung der Weg geebnet.
Walther23 hat in meist zutreffender Weise die Entstehung [Seite: 15] der kollegialen Behördenform im allgemeinen dargestellt und dabei auch im Anschlusse an Adler auf die Statthalterschaften hingewiesen, wobei ihm allerdings die soeben von uns besprochene unbekannt geblieben ist. Für die Einführung der Kollegialität wurde außer den von Walther angeführten Gründen in Tirol noch der Mangel an Vertrauen maßgebend, weshalb man in eine einzige Hand nicht zuviel Macht gab, sondern sie auf eine Reihe von Männern verteilte. Es wurden Regierungskollegien für das ganze Land und die gesamte Verwaltung eingesetzt, außerdem aber konnte noch eine Teilung in territorialer oder auch fachlicher Hinsicht erfolgen. Doch hörten die Statthalterschaften sofort mit der Rückkehr normaler Verhältnisse wieder auf, und es blieb daher noch der große Sprung zu den ständig arbeitenden Behörden. Gerade unter Herzog Friedrich IV. finden wir solche zweifellos dem Mißtrauen entsprungene kollegiale Statthalterschaften, die aber während seiner Regierung ohne Rückwirkung auf die normale Amtsorganisation geblieben sind. Kurze Statthalterschaften haben keine besondere Wirkung auf die Entstehung der kollegialen Verfassung bei den normalen Verwaltungsorganen ausgeübt, lange dauernde aber konnten eine politische oder persönliche Konstellation zur Folge haben, welche eine kollegiale Organisation auch für später nahelegte. Es ist vielmehr anzunehmen, daß der landesfürstliche Rat der Ursprung der kollegialen Behörden gewesen ist, denn er hatte in dem Augenblicke den Uebergang zum ständigen kollegialen Amt gefunden, in dem ihm bestimmte, dauernde Befugnisse eingeräumt wurden. War dies der Fall, dann wurde auch sofort die Schließung des Rates auf eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern durchgeführt, die natürlich nicht immer in der gleichen Höhe festgesetzt wurde. Wir wissen, daß der „geschworene Rat in Meran" zugleich als die „landesfürstliche Kammer", d. i. das oberste Gericht, tätig war. Diese Funktion, welche also 1444 als Aufgabe des regierenden Rates angesehen wurde, hatte aber sonst der landsfürstliche Rat zu besorgen, Wenn auch diesem Gerichtshof vielfach außerhalb des Rates stehende Männer beigezogen wurden, so brachte er doch eine ganz regelmäßige Betätigung mit sich und bewirkte daher die [Seite: 16] Ständigkeit des Ratskollegiums selbst in besonderem Maße; ja nach der Instruktion Maximilians von 149924 für die tirolische Regierung, die in dieser Hinsicht nichts Neues schaffen will, ist diese richterliche Tätigkeit überhaupt als die Hauptaufgabe der Regierung anzusehen.
Da dem Ratskollegium schon unter Herzog Sigismund das Merkmal der Ständigkeit zukam, konnte sich eine Tradition, ein Amtsbrauch ausbilden, der ja das wichtigste Erfordernis für das organische Erwachsen und sich Einleben von Behörden bildet. Auf diese Weise wurde die Ueberleitung des Rates zur Behörde angebahnt. In den 50er Jahren des 15. Jahrhunderts ist nach den Quellen, die mir zur Verfügung standen, die Organisation und der Wirkungskreis des Rates nicht klar erkennbar. Wohl war dieser im Gerichte und bei der Rechnungskontrolle tätig, aber seine Regierungsbefugnisse waren noch nicht so fest ausgebildet, daß nicht bei Abwesenheit des Landesfürsten doch für eine eigene Statthalterschaft gesorgt worden wäre. Die in diese Zeit fallende Wirksamkeit der beiden Gebrüder Bernhard und Vigilius Gradner mochte wohl auch die Entwicklung des Rates gehemmt haben. Aber in den 60er Jahren, als die schädlichen Wirkungen der persönlichen Regierung Sigismunds bereits stärker zu Tage traten, machte sich das Bedürfnis nach klaren Kompetenzen und einer von den Launen des Herzogs einigermaßen freien Verwaltung geltend. In diesen Jahren beginnen die ersten Ordnungen, welche darauf abzielen, dem Rat eine feste, behördenähnliche Gestalt zu geben.
Aus den Jahren 1465-70 ist eine Reihe von Ordnungen für den landesfürstlichen Rat erhalten, die in der vorliegenden Form Vorschläge an den Herzog darstellen. Sie sind wenigstens teilweise auch sanktioniert worden, was durch ausdrückliche Erwähnungen, durch Angaben über die Besoldungen, sowie durch Futter- und Speisezettel bewiesen ist. Der Rat trachtete ein ständiges, in der Zusammensetzung gleichbleibendes und wenige Personen umfassendes Kollegium zu schaffen, das durch straffe Organisation wirklich in der Lage wäre, eine brauchbare Regierung zu bilden. Den Anlaß zu den Vorschlägen haben die trotz der hohen Einkünfte traurigen finanziellen Verhältnisse [Seite: 17] gegeben und die Unfähigkeit des Herrschers, selbst die notwendigen Verbesserungen durchzuführen und sich an eine geordnete Verwaltung zu halten25. Daher erlangen die Erklärungen des Herzogs, daß von ihm die mit einem der Räte besprochenen Angelegenheiten noch im Rate selbst der Beschlußfassung unterzogen werden sollten,26 bereits den Charakter einer Einschränkung der landesfürstlichen Gewalt zu Gunsten des kollegialen Rates als des ordentlichen Verwaltungsorganes im Interesse einer geordneten und geregelten Verwaltung. Gleichwohl erblicke ich darin nicht eine Einschränkung der herzoglichen Rechte im ständisch-verfassungsrechtlichen Sinne; der Rat ist keine ständische Organisation, unter seinen Mitgliedern befinden sich mehrere (zeitweise bis vier) Doktoren27, während nirgends auf die Stände oder deren Mitwirkung hingewiesen wird. Die Zahl der Räte, die ständig am Hofe bleiben sollten und schon in jeder Hinsicht als Beamte zu bezeichnen sind, schwankt noch zwischen vier und sieben28. Rachfahl hat mit Recht hervorgehoben29, daß für die Erlangung des behördenmäßigen Charakters die Schließung des Ratskollegiums, d. h. die Festsetzung der Höchstzahl seiner Mitglieder erforderlich sei. Diese Schließung wurde in Tirol längstens in den 60er Jahren durchgeführt, denn wenn auch die Zahl der Räte zu verschiedenen Zeiten verschieden angegeben wird, jeweils galt doch eine bestimmte Zahl. In dem Augenblick, als der Rat die Regierungsgewalt erhielt, wurde die Zahl der Mitglieder wie bei einer Statthalterschaft festgesetzt, während, solange der Landesfürst die Regierung tatsächlich selbst führte, der Rat beliebig groß sein konnte. Seit der Schließung des Rates werden auch für die Zeit der Abwesenheit des Landesfürsten keine Statthalterschaften mehr eingesetzt, sondern die Regierung wird in solchen Fällen vom Rate ausgeübt, der seinen ständigen Sitz in Innsbruck hatte30.
Schwankend und ungeklärt blieb zunächst noch das Verhältnis des Rates zu den obersten Beamten, den sogenannten Amtsleuten31. Die Erwähnung der Amtsleute geschieht in den Ordnungen an verschiedenen Stellen; einmal im Anschlusse an den Rat, ein andermal aber werden die Räte nach den Amtsleuten [Seite: 18] genannt.32 Lange hat allerdings dieses nach den Ordnungen zeitweise unklare Verhältnis nicht gedauert,33 bis endlich mit voller Klarheit die Ueberordnung des Rates eingebürgert war.
An der Spitze des ganzen Hofes und auch des Rates stand der Haushofmeister,34 der deshalb auch der oberste Rat genannt wurde.35 Ursprünglich war nur beabsichtigt, daß der Haushofmeister die Aufsicht über das ganze Personale der Hofhaltung führen und dieses zur Rechnungslegung in Anwesenheit eines Rates und eines Mitgliedes der Kanzlei allwöchentlich verhalten sollte.36 Da er aber aus den Mitgliedern des Rates genommen werden sollte,37 war dadurch die weitere Steigerung seiner Macht und seines Einflusses von selbst gegeben. Allein die Macht des Haushofmeisters hing noch von der Person des Inhabers des Amtes ab und so kam es, daß er späterhin in dieser Stellung durch den obersten Amtmann Wernher von Zimmern verdrängt wurde. Dieser hat den Vorsitz im Rat und die Leitung der Geschäfte erlangt; „mit welhem er schafft ze reden, ze fragen oder antwurt ze geben, der sol im an stat meins gnedigen hern gehorsam sein". Wenn er aber vom Hofe wegreiten würde, sollte er für eine Stellvertretung sorgen.38
Die Kompetenz des Rates brauchte nicht genau umschrieben zu werden, weil es sich rechtlich ja doch um eine Delegation handelte und in der Praxis eben alle Angelegenheiten, die den Herzog berührten, zur Beratung in das Kollegium kamen39. Den Mitgliedern wird wiederholt die Geschenkannahme verboten40, anderseits aber wird dem Herzog empfohlen, seine Räte ordentlich zu besolden. Von der Tätigkeit des Rates als obersten Gerichtshofes wurde schon gesprochen, daß er auch mit der Leitung des Finanzwesens zu tun hatte, beweist abgesehen von dem Umstand, daß der oberste Finanzbeamte zeitweise sein Vorsitzender war und daß Mitglieder des Rates an der Rechnungskontrolle teilnahmen, vor allem die Bestimmung, daß der Rat über die Gebahrung mit den außerordentlichen Einnahmen fallweise zu unterrichten war41.
Diese Einschränkung des Landesfürsten durch den Rat genügte jedoch keineswegs, um die finanzielle Lage auch nur zu halten oder gar zu verbessern. Nirgends war bestimmt, wer denn [Seite: 19] eigentlich Mitglied des Rates sein und damit zur Macht kommen konnte. Ein Ratskollegium, dessen Mitglieder einzeln vom Landesfürsten ernannt und auch entlassen werden konnten, bot auf die Dauer keine Gewähr für eine Verbesserung der Verwaltung und Beschränkung des Aufwandes vielleicht auch gegen den Willen des Herrschers. So mehrten sich in den 70er Jahren die Schwierigkeiten ununterbrochen. Die kostspielige Hofhaltung, die großen Bauten, die unruhigen Zeiten und die ungeheure Anzahl von Hofbediensteten, Provisionären, Söldnern und sonstigen Nutznießern der verschwenderischen Freigebigkeit des Tiroler Erzherzogs verschlangen außerordentliche Summen; andererseits hatte man in der Finanzverwaltung keine Uebersicht über die verfügbaren Mittel. Die Buchführung und das Finanzwesen vermochte nicht das zu leisten, was unter den gegebenen Verhältnissen ihre Aufgabe gewesen wäre. Dazu kamen Umtriebe einer „bayrischen" Partei, die darauf abzielten, nach dem voraussichtlich kinderlosen Ableben des Erzherzoges seine Länder den bayrischen Herzogen zu sichern42. Seit dieser Zeit wurde die Verwaltungsorganisation und Besetzung der wichtigsten Aemter eine politische Angelegenheit, politische Machtverhältnisse bestimmten daher die Behördenorganisation am Tiroler Hofe. Es entstand allmählich ein heftiger Kampf zwischen den Ständen und der jeweiligen den Erzherzog beherrschenden Gruppe von Günstlingen, der in mehr oder minder scharfer Form bis zur Uebernahme der Herrschaft durch Maximilian andauerte.
Als sich der Erzherzog genötigt sah, zur Abwehr der Türkengefahr die finanzielle Hilfe der Stände in Anspruch zu nehmen, forderten diese auf dem Landtage von 1478 Verbesserung und Verbilligung der landesfürstlichen Verwaltung und Hofhaltung43 und Sigismund mußte sich dazu bequemen, die Willfahrung der Bitte in Aussicht zu stellen. Die Reformen wurden im Jahre 1481 durchgeführt und fanden in den zu Weihnachten des Jahres erlassenen Ordnungen ihren Abschluß44. Das Beamtpersonal, besonders auch bei der Finanzverwaltung, wurde ausgewechselt und die Regierungsgeschäfte auf ein durch Stimmenmehrheit beschliessendes Kollegium von acht „geordneten [Seite: 20] Räten" übertragen, wobei aber dem Erzherzog, wenigstens nach der Instruktion, die Genehmigung der Beschlüsse vorbehalten blieb. Das Kollegium der „geordneten Räte" von 1481 war nicht eine rein ständische Regierung, denn es gehörte ihm auch Dr. Konrad Stürtzel, der nicht Mitglied der Tiroler Stände war, an45. Der Zweck der Reform war hauptsächlich die Behebung der Mißstände am Hofe und die Ordnung der mißlichen finanziellen Verhältnisse Sigismunds, der sich selbst zu einer Beschränkung der für seinen Hofhalt aufzuwendenden Summe auf wöchentlich 200 fl. bequemte, und nicht die Erzwingung eines verfassungsmäßigen Mitregierungsrechtes und die Erlangung von dauernden Privilegien. Der Landesfürst war nicht fähig, allein die Regierungsgeschäfte zu führen, darum forderten die Stände, daß kundige und verläßliche Männer an der Regierung Anteil erlangen sollten. Die Verwaltungsorganisation war in den Grundzügen die nämliche wie in der vorhergehenden Zeit. Selbstverständlich mußte aber die Stellung des Rates eine viel gefestigtere werden, wenn die Mitglieder nicht vom Erzherzog frei abhingen, sondern ihre Tätigkeit einer Forderung der Stände entsprach und sie daher auch an den Ständen eine Stütze hatten. Diese erhöhte Selbständigkeit machte aber ausführlichere Instruktionen notwendig, welche bei dem geringen Einflußkreise, der dem Erzherzog vorbehalten blieb, eine ordnungsgemäße Abwicklung der Verwaltungsagenden mit Hintanhaltung von Mißbräuchen sichern und daher die regelnde und überwachende Tätigkeit des Landesfürsten bis zu einem gewissen Grade ersetzen sollten. Ihrem Inhalte nach gaben freilich die Ordnungen nur den schriftlichen Niederschlag für einen Zustand, der sich mittlerweile schon in der Praxis ausgebildet hatte. Hand in Hand damit geht auch die Vervollkommnung der Instruktionen; die ersten erhaltenen Ordnungen betrafen nur Aenderungen an den überlieferten Grundsätzen, also Einzelpunkte, nicht auf Vollständigkeit abzielende Regelungen des Dienstes, dann aber nehmen sie den Charakter von Generalvollmachten an, bis endlich wegen des Fehlens einer regelnd eingreifenden Stelle der innere Dienstbetrieb geordnet und der Wirkungskreis genauer bestimmt werden mußte45*.[Seite: 21]
Das Hinübergleiten von rein monarchischen Hilfsorganen über eine den Landesfürsten immerhin schon etwas einschränkende Beamtenregierung mit beginnendem Behördencharakter zu einer ständisch beeinflußten, aber noch landesfürstlichen Ratsregierung geschieht in Tirol so allmählich, diese Entwicklung geht so folgerichtig Schritt für Schritt, durch die Verhältnisse bedingt, vor sich, daß eine strenge Scheidung zwischen einer monarchischen und ständischen Organisation kaum gemacht werden kann46.
Die Dauer der Amtswirksamkeit der „geordneten Räte" von 1481 war nicht sehr groß. Bei dem alternden Erzherzog gewann eine Reihe von meist landfremden Günstlingen die „bösen Räte" alles Vertrauen, die „bayrische" Partei machte sich wieder geltend und wurde allmählich übermächtig47 Es gelang ihr im Laufe der nächsten Jahre die Entfernung der tirolischen Räte, die zur habsburgischen Richtung hinneigten. Der oberste Amtmann, der Schwazer Gewerke, Antoni vom Roß, der auch weiterhin als solcher mit dem Erzherzog Geschäfte abschloß und der den geordneten Räten zugezählt wurde, mußte gleichfalls sein Amt aufgeben und wurde sogar in Haft genommen, da ihm offensichtlich Unregelmäßigkeiten vorgeworfen wurden48. Die Leitung des Finanzwesens ging nicht zum Vorteil für die Sache auf den Hofmeister Vogt Gaudenz von Matsch über49.
Gegen diese sogenannten „bösen" Räte entstand allmählich eine wachsende, von Friedrich III. und seinem Sohne Maximilian gestärkte Opposition unter den tirolischen Adeligen.50 Allein die Unzufriedenheit wurde mit Gewalt niedergehalten51 und es gelang sogar dem im Frühjahr 1487 versammelten Landtage nicht,52 das verhaßte Regiment zu stürzen. Plötzlich und fast unvermutet brach schließlich die Gewaltherrschaft über einen Mißerfolg in der auswärtigen Politik zusammen. Der Unwille des Landes über die befürchtete Zuwendung Tirols an Bayern, die daraufhin einsetzende Agitation und Aufforderung des Kaisers, beim Haus Oesterreich zu bleiben, und endlich der schlecht geführte Krieg gegen Venedig hatten einen so kräftigen Vorstoß der Stände zur Folge, daß Sigismund seine frühere Politik aufgeben mußte, seine Günstlinge fallen ließ und die [Seite: 22] Herrschaft im Lande auf dem Landtage vom August 1487 an eine provisorische, habsburgisch gesinnte, rein ständische Regierung überantwortete.53 Gleichwohl trug auch dieses Vorgehen nicht den Charakter einer gegen die landesfürstliche Gewalt als solcher gerichteten Aktion, die von den Ständen für dauernde Zugeständnisse im Sinne der ständisch-dualistischen Verfassung ausgenützt wurde; ihr Ziel war nicht die Errichtung einer ständischen Nebenregierung zwecks Einschränkung der Rechte des Landesfürsten, sondern die Ersetzung des regierungsunfähigen Herrschers durch eine Art von Statthalterschaft für eine gewisse Zeit, bis voraussichtlich eine Ordnung der zerrütteten Verhältnisse eintreten würde54.
Man schritt sofort an die Liquidierung des venetianischen Krieges55 und schrieb einen neuen Landtag für den Spätherbst nach Meran aus, um mit dem Landesfürsten über das weitere Vorgehen und die Art der Verwaltung schlüssig zu werden.56 Auf der Novembertagung von 1487 wurde eine Ordnung vereinbart,57 kraft welcher der Erzherzog wöchentlich 200 Gulden für seine Bedürfnisse beziehen, sich aber sonst jedweder Eingriffe in die Regierung und Rechtspflege enthalten sollte. Diese wurde einem Kollegium von 16 Mitgliedern der tirolischen, 8 der vorländischen Stände und 2 Vertretern des Kaisers anvertraut; Gelehrte und Beamte wurden entsprechend dem rein ständischen Charakter der neuen Regierung nicht in das Kollegium aufgenommen. Was dieses Kollegium guthieß, hatte Geltung, nur das durfte vom Kanzler expediert werden. Zur Absetzung und Ernennung von Beamten war nur das Kollegium berechtigt. In schwierigen Fällen konnten die Landräte, ein weiterer ständischer Ausschuß, oder der ganze Landtag zur Entscheidung angerufen werden. Sollte der Erzherzog diese von ihm und von den Ständen, sowie von den Gesandten des Kaisers und des Königs beschlossene Ordnung nicht halten, so waren die Stände befugt, dem nächsten Erben aus dem Hause Oesterreich als Landesfürsten zu huldigen. Die Giltigkeit der Ordnung wurde auf drei Jahre festgesetzt.
Es wurden sofort 14 „geordnete Räte" aus Tirol und 8 aus den Vorlanden bestimmt. Die Stellen von zwei tirolischen [Seite: 23] Räten blieben unbesetzt und auch die Vertreter des Kaisers wurden nicht namhaft gemacht.58 Erst im April 1488 wurde die Zahl der Tiroler in der Weise auf 16 ergänzt, daß bei sonst geringfügigen Aenderungen der gegenwärtige und der gewesene oberste Amtmann, Hanns Ramung und Heinrich Anich, zugezogen wurden59. Gleichzeitig wurde eine eigentliche Ratsordnung zur Regelung des Dienstbetriebes verfaßt, durch die dem Erzherzog eine gewisse Mitwirkung an der Regierung eingeräumt wurde.60 A. Jäger meint deshalb61, daß diese Ordnung gegen die „geordneten Räte" gerichtet gewesen sei; die Zugeständnisse waren aber so gering und unwesentlich62, es wurde nur die den Amtsgang sehr verzögernde Berufung der Landräte und allenfalls der ganzen Landschaft fallen gelassen und dafür die Einholung des Gutachtens des Erzherzogs vorgesehen. Wäre die Ordnung wirklich gegen die „geordneten Räte" vom Erzherzog oktroyiert worden, so hätte man sich nicht mit dieser Formalität begnügt, durch die der Charakter der Regierung in keiner Weise berührt wurde. Sie war nach wie vor nichts anderes als die bloße Stellvertretung für einen regierungsunfähigen Landesfürsten63, der der augenblicklichen Schwierigkeit der Verhältnisse nicht gewachsen war. Diese Stellvertretung sollte nur solange dauern, bis die Schwierigkeiten behoben sein würden, was man in drei, bezw. fünf Jahren erhoffte, und ward mit Rücksicht auf die große Verantwortlichkeit und Wichtigkeit für das Land und mangels anderer Möglichkeiten von den Ständen übernommen. In dem Augenblick, da Sigismundals Regent nicht mehr in Betracht kommen konnte, gab es eben nur zwei Arten der Regierung: entweder es übernahm ein anderes Mitglied des regierenden Hauses Habsburg die Herrschaft, was damals für Maximilian — er war der einzige Habsburger außer dem Kaiser — infolge der bekannten Ereignisse in den Niederlanden ausgeschlossen war, oder es übernahmen sie die Stände. Sonst gab es niemand, der in dieser schwierigen Zeit die notwendige Verbindung mit dem Lande und dem Herrscherhaus gehabt hätte. Für die Entwicklung der Technik der Verwaltung spielte es keine Rolle, ob diese Einrichtungen eine ständische Tendenz [Seite: 24] hatten, oder ob sie in die „Sphäre streng monarchischer Verwaltungsordnung" fielen, — dieser Gegensatz machte sich in Tirol nur graduell, nicht meritorisch geltend, — es kommt vielmehr darauf an, daß eine Regierung eingerichtet wurde, an welcher der Landesfürst keinen oder beinahe keinen persönlichen Anteil nahm. Wo das Vorbild für diese Organisation von 1487, bezw. 1488 zu suchen sei, besagt schon der Name „geordnete Räte". So hießen ja schon die Mitglieder jenes Kollegiums, das sein Entstehen der Reform von 1488 verdankt. Damals wurde, wie wir gesehen haben, auf Veranlassung der Stände diesen „geordneten Räten" die Regierung übertragen, freilich noch unter der Leitung des Erzherzogs. In rechtlicher Hinsicht und an Macht kam das Kollegium als Regierungsbehörde dem „geschworenen Rate an Meran" von 1444 gleich, andererseits aber äußerte sich der Unterschied gegenüber dem Rate von 1481, der rechtlich noch als Ratsorgan anzusprechen ist, nur in gradmäßiger Form. Die äußere Einrichtung der Verwaltung war die nämliche. Unter dem Rat standen die besonderen Verwaltungszweige, geleitet von Einzelbeamten, dem obersten Amtmann, Kammermeister, Hauskämmerer, Salzmaier von Hall usw., seit 1487 endlich auch die eigentlichen Hofchargen, wie Marschall, Küchenmeister, Kämmerer, Türhüter u. s. w., und schließlich ein aus verschiedenen Beamten zusammengesetztes Rechnungskontrollkollegium, die „Räte in der Raitung".
Da das Kollegium der „geordneten Räte" volle Selbständigkeit besaß, mußte auch auf die glatte Abwicklung des inneren Dienstes Rücksicht genommen werden. Die Folge davon war die Notwendigkeit einer sehr genauen Instruktion. Es kam wenig darauf an, wie ein „Ratschlag" zustande kam, es mußte aber genau geregelt werden, wie der entscheidende Beschluß des mit dem obersten Imperium ausgestatteten kollegialen staatlichen Organes gefaßt wurde, daß einerseits die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder nicht zu groß sei, anderseits aber auch nicht unter eine gewisse Zahl sinke, daß die Räte unvoreingenommen und unbeeinflußt ihre Teilnahme an der Regierung ausübten. Wohl scheint der „geschworene Rat an Meran" von 1444 eine solche Ordnung noch nicht gebraucht zu haben, [Seite: 25] mittlerweile aber hatte man mit den Amtsinstruktionen angefangen und sobald einmal ein Bedürfnis nach einer schriftlichen Dienstordnung bestand, war deren Ausgestaltung in erster Linie von der Machtvollkommenheit der Amtsstelle abhängig. Hier eine Scheidung zwischen ständischen und monarchischen Organisationen hineintragen zu wollen, hieße einen Gegensatz herstellen, der gar nie bestanden hat, ganz besonders nicht in Tirol, wo der Kampf der Stände sich nicht gegen die monarchische Herrschaft als solche, sondern nur gegen deren Mißwirtschaft gerichtet hat. Infolgedessen geht es auch nicht an, die Organisationen aus der Zeit der ständischen Regierung auszuschalten.
In politischer Hinsicht lag in dem Regierungssysteme eine gewisse Halbheit, die zu Unzukömmlichkeiten führen mußte. Die Regierung war durch ihre Aufgabe gezwungen, gelegentlich auch gegen die Wünsche des Erzherzogs ihren Willen durchzusetzen. Der Erzherzog sollte aber nach einer gewissen Zeit selbst wieder die Regierung in die Hand bekommen, so daß er voraussichtlich Gelegenheit finden würde, seinen Unwillen über einzelne ihm mißliebige Persönlichkeiten zum Ausdrucke zu bringen. Sigismund scheint sich auch mit dem Gedanken einer dauernden Fernhaltung von jeder Regierungstätigkeit niemals ganz abgefunden und Verbindung mit seinen Getreuen gesucht zu haben. Aus diesem Grunde wurde ein scharfer Ueberwachungsdienst eingeführt, durch den der Erzherzog überhaupt von seiner Umgebung ganz abgesperrt wurde, was ihn naturgemäß noch mehr reizte.64 Ein weiterer psychologischer Fehler war die Festsetzung einer viel zu niedrigen Rente. Was Wunder, daß sich immer wieder Leute fanden, welche dem zu scheinbar vorübergehender Ohnmacht verurteilten Herrscher zu Gefallen waren und mit ihm gegen die Träger der Macht konspirierten, um sich bei ihm für die Zeit, da er wieder zur Herrschaft gelangen sollte, eine Stellung zu sichern. Die Sachlichkeit und Festigkeit, welche unter diesen Umständen das Kollegium der geordneten Räte an den Tag legte, ist nicht gering einzuschätzen und nur erklärlich durch das Vertrauen des Landes und die feste Stütze am Kaiser, dem viel daran gelegen sein mußte, daß nicht [Seite: 26] neuerdings irgend ein seinem Hause feindlicher Einfluß in Tirol zur Geltung käme.
Ein auf dem Landtage vom März 1489 erwählter ständischer Ausschuß beschloß im Vereine mit kaiserlichen und königlichen Räten außer der Herabsetzung der Zahl der geordneten Räte65 von 26 auf 10 zur Verringerung der Kosten scharfe Maßnahmen, Entlassung von unerläßlichen Beamten, Bestrafung derjenigen Personen, gleichviel, ob adelig oder unadelig, geistlich oder weltlich, die gegen die Meraner Ordnung sprechen oder handeln würden,66 und endlich die Schaffung der Stelle eines Hofmeisters zur Aufrechterhaltung der Ordnung am Hofe.67 Der Kaiser, der im Mai 1489 nach Innsbruck kam, bestärkte die Stände in ihrer Haltung, verlangte aber die schriftliche Versicherung, daß sie dem nächsten Erben aus seinem Hause, wenn es dazu käme, keinerlei Schwierigkeiten bei der Uebernahme der Herrschaft machen würden.68 Diese beiden Verbündeten wußten demnach recht gut, was sie für einander wert waren. Unverkennbar entwickelte sich zum Teil unter dem Drucke der Verhältnisse die Regierung der kaisertreuen Stände zu einer Gewaltherrschaft, so daß manche sich vom Hofe zurückzuziehen trachteten. Die Machthaber, vielleicht in dem ganz richtigen Gefühle, daß die Zeit für eine neuerliche Uebergabe der Gewalt an den Erzherzog noch nicht gekommen sei, waren bestrebt, durch Verleihungen von Pflegen und Aemtern Zweifelhafte für ihre Partei zu erhalten oder neu zu gewinnen.69 Auch wurde Ulrich Kneusel, der frühere Kanzler und jetzige Dompropst von Trient, der beim Erzherzog in Ungnade stand, als Kenner der Verwaltung dem Rate beigezogen. Man hatte allerdings getrachtet, den Landesfürsten umzustimmen, aber scheinbar ohne Erfolg, worauf die Berufung gegen den Willen Sigismunds vollzogen wurde.70
Nun waren unter denen, die vom Hofe wegstrebten, Leute, die schon lange in den Diensten des Erzherzogs gestanden waren, so daß dieser in dem Vorgange eine Verdrängung seiner Anhänger erblicken konnte,71 wodurch seine Stimmung nur noch gereizter werden mußte. Wohl hat seine Annahme gewiß nicht immer zugetroffen, aber es ist offensichtlich, daß das feindselige [Seite: 27] Verhältnis zwischen Sigismund und der Regierung zu Parteiungen unter den Ständen führte, die neue Schwierigkeiten hervorriefen und die Wiederübernahme der Herrschaft durch diesen zur Unmöglichkeit machten. Nach dem Vorausgegangenen hätte der Erzherzog mit einer starken ständischen Opposition rechnen müssen, die am Kaiser und am König eine Stütze gehabt hätte, andererseits waren aber die Stände selbst auf die Dauer unter sich über das Verhalten nicht einig, das sie gegenüber Sigismund, der ja doch der Landesfürst war und wieder in seine Rechte eintreten konnte, bewahren sollten.
So drängten die unleidlich gewordenen Verhältnisse zu einer dauernden Entscheidung. Der Landtag, der im März 1490 in Gegenwart König Maximilians zusammentrat,72 zeigte noch einmal die latenten Gegensätze und die Unmöglichkeit der Weiterführung des bisherigen Regierungssystems im hellsten Lichte. Niemand dachte wohl im Augenblick an die einzig mögliche Lösung, als unerwarteter Weise der alte Erzherzog die Herrschaft über Tirol und die Vorlande seinem jungen Neffen König Maximilian abtrat. Daß das letzten Endes so kommen mußte, mag wohl allen Beteiligten klar gewesen sein, aber daß es so schnell und unvermittelt eintreten würde, das hatte wohl außer Maximilian selbst kaum jemand geglaubt.
Alle neueren Darstellungen, die sich mit den Vorgängen vom 16. März 1490 befaßt haben, folgen der Schilderung A. Jägers.73 Danach erklärten sich die Stände „nicht nur mit Dank einverstanden", sondern erboten sich auch alsogleich zur Huldigung. Hernach habe Maximilian noch einige Zeit in Tirol verweilt, ohne daß wir darüber unterrichtet würden, ob Max schon damals in die Verwaltungsorganisation eingegriffen habe. Als Beginn seiner Reformtätigkeit wird allgemein das Mandat vom 28. Februar 1491 bezeichnet.74
A. Jäger versichert,75 daß mit dem Landtage vom März 1490 seine Quelle schließe, sie scheint aber gegen Ende nicht mehr ganz vollständig gewesen zu sein, denn eine Innsbrucker Handschrift [Seite: 28] enthält einen Bericht eines vorländischen Teilnehmers,76 aus dem zu ersehen ist, daß die Stände noch eine Reihe von Forderungen77 aufgestellt und erst nach deren Bewilligung sich zur Huldigung herbeigelassen haben. Der König bat noch um die Bekanntgabe eines Ausschusses, der am Vertragsabschluß mit dem Erzherzog teilnehmen sollte, damit man nicht glaube, daß er „hinder dem offen mit sinem vettern und vatter umbgangen78 sei. Er versicherte auch, daß einem allfälligen Leibeserben Sigismunds die Herrschaft gebühren und dieser selbst, wenn Maximilian vor ihm stürbe, wieder in seine Rechte als Landesfürst eintreten würde. „Daruff schwuren die botten von inndern lannden sin k. mt."79. Nach dieser Darstellung ist aber die Stellung Maximilians gegenüber Tirol doch ganz anders zu beurteilen, als dies nach Jägers Darstellung der Fall gewesen ist. Wenn auch eine große Anzahl der Forderungen nichts Ungewöhnliches bedeutete, so zeigen sie doch in ihrer Gesamtheit, daß Max an gewisse Zusagen gebunden und nicht in der Lage war, ganz frei über die Einrichtung der Verwaltung zu bestimmen. Schließlich kam aber auch das politische Moment dazu, daß die Leute, welche diese Forderungen erhoben, die habsburgische Partei gebildet hatten, der es Max zum großen Teil zu danken hatte, daß Tirol nicht dem Hause Habsburg entfremdet worden war80. Daß man aber mit den politischen Faktoren eines Landes zu rechnen hatte, darüber war Maximilian in Burgund reichlich belehrt worden. Er hatte dort auch ein ausgebildetes Behördenrecht kennen gelernt und gesehen, wie Behörden selbständig ohne die Mit- und Einwirkung des Landsfürsten entschieden. In Burgund gab es eben Behörden und nicht bloß Hilfsorgane des Landesfürsten, gleichgiltig, ob sie bureaukratisch oder kollegial organisiert waren. Max selbst ist überhaupt kaum gewillt gewesen, sich allzuviel in die Erledigung von laufenden Verwaltungsagenden zu vertiefen, klagt er doch einmal seinem Freunde, daß er soviel zu arbeiten habe, daß ihm keine Zeit zu ritterlichen Vergnügungen übrig bleibe, weshalb er der ärmste Mann der Welt sei81. Außerdem wußte er, daß er nicht lange in Innsbruck würde bleiben können, daß er also eine von der Mitwirkung [Seite: 29] seiner Person unabhängige Verwaltungsorganisation schaffen mußte.
Ist denn Maximilian82 wirklich mit einem klar ausgedachten Programme für Verwaltungsreformen nach Tirol gekommen? Hat ihm die burgundische Verwaltung einen so tiefen Eindruck gemacht, daß er sie in Tirol sofort nachahmen wollte? Wir wissen, daß er nach mehr als zehnjährigem Aufenthalt in Burgund eine dortige Hofbehörde nicht einmal dem Namen nach gekannt hat,83 Danach ist es wohl ausgeschlossen, daß er das burgundische Muster im einzelnen übertragen wollte. Was ist aber gerade das charakteristische Merkmal der burgundischen Verwaltung gewesen? Doch kaum die kollegiale Verfassung, die gab es auch anderswo. Ebensowenig die Einrichtung irgend einer besonderen Behörde, die vielleicht in den Verhältnissen am Hofe ihre Begründung hatte. Solche Behörden konnten zur Nachahmung nur unter annähernd gleichen Vorbedingungen einladen. H. Pirenne84 hat auf den Zusammenhang der burgundischen Verwaltung mit der eigentümlichen Verfassung des Reiches hingewiesen und hier ist m. E. das Besondere zu erblicken. Burgund setzte sich aus einer Reihe von gegenseitig unabhängigen Ländern mit eigener Verfassung und eigenen Landtagen zusammen, die durch eine gemeinsame Hofverwaltung verbunden wurden. Die Verwaltungsstellen in den Provinzen trugen schon ganz den behördlichen Charakter, während bei den Zentralstellen das Verwaltungsrecht noch nicht so ausgebildet war. Hier sehen wir, daß sich infolge der politischen Verhältnisse, eine Verwaltungsorganisation entwickelte, die in den deutschen Territorien nicht anzutreffen war und daß die Hauptaufgabe der Zentralverwaltung die Ausbildung des Gesamtstaates war. Freilich könnte man sich denken, daß die in Burgund maßgebenden Momente auch in anderen Territorien ebensolche Einrichtungen zur Folge haben müßten, sobald die Absicht und Notwendigkeit vorlag, eine Zentralverwaltung einzurichten, welche als Hauptaufgabe die Zusammenhaltung des ganzen Länderbesitzes, in den einzelnen Ländern die Durchführung der Geschäfte ohne unmittelbare Anteilnahme des Landesfürsten an den Einzelheiten hatte. Allein gerade in den [Seite: 30] habsburgischen Ländern, wo nach der Erwerbung Oesterreichs durch Friedrich III. infolge der Zusammensetzung des Hausbesitzes ein starker Anlaß vorhanden gewesen wäre, ist eine systematische Ausbildung von Zentralbehörden trotzdem nicht erreicht worden, denn es fehlte dort hauptsächlich an der Initiative des Landesfürsten. Friedrich war solchen Neuerungen nicht geneigt.85
Walther hat eine Finanzordnung vom 20. Dezember 1487 veröffentlicht86, durch die ein in Burgund bis dahin fremder kollegialer Finanzrat eingeführt worden ist. Rachfahl87 hat unter Hinweis auf die politische Lage im Zeitpunkt der Entstehung der Ordnung sie als von den Ständen erpreßt erklärt; durch sie sei der Landesfürst in der Freiheit seiner Handlungen so stark eingeschränkt worden, daß sie nicht unter die monarchischen Behördenreformen zu rechnen, sondern in das Gebiet der verfassungsmäßigen Einrichtungen zu verweisen sei; sie besage daher nichts für die Ansichten Maximilians über Verwaltungsorganisationen. Walther88 glaubte demgegenüber feststellen zu können, daß die Ordnung eine Nachbildung der Meraner Ordnung von 1487 sei, so daß mit ihr Maximilian tirolische Verhältnisse nach Burgund übertragen hätte89. Diese Annahme Walthers wurde schon widerlegt. Es ist auch kaum anzunehmen, daß Maximilian gerade Einrichtungen, die in einer den Landesfürsten in Tirol überhaupt vollständig ausschaltenden Ordnung enthalten waren, übernommen hätte.
Rachfahl scheint von der Ansicht auszugehen, daß Max der gute Wille fehlte und daß er gezwungen werden mußte, eine Finanzreform durchzuführen, als ob er selbst nicht in gleichem Maße wie die Stände an dem klaglosen Funktionieren der Finanzverwaltung interessiert gewesen wäre. Daß er diese Reform vielleicht auch unter dem Drucke der Stände vorgenommen hat, macht die neue Organisation noch nicht zu einer ständischen, der monarchischen Gewalt entgegengesetzten. Die Zusammensetzung des leitenden Finanzkollegiums aus adeligen Herren des Landes ist schließlich auch nicht verwunderlich. Die Beurteilung der politischen Stellung der Mitglieder des Rates ist bei Rachfahl durch den Umstand beeinflußt, daß Philipp von Kleve [Seite: 31] später und unter anderen Voraussetzungen Führer der Aufständischen geworden ist90. Es läßt sich aber m. E. an der loyalen Gesinnung Philipps und seiner burgundischen Kollegen im Dezember 1487 keineswegs zweifeln. Soviel ich sehe, liegt auch kein Grund vor, diese Männer als die Exponenten einer oppositionellen Ständepartei anzusehen, wir finden sie vielmehr alle in den folgenden Händeln treu an der Seite Maximilians. Ganz sicher aber wird der Charakter dieses Kollegiums dadurch bezeichnet, daß ihm auch Martin Polhain angehört. Martin Polhain ist zweifellos identisch mit dem österreichischen Adeligen und Vertrauten Maximilians Martin von Polheim, der sich zugleich mit seinem Vetter Wolfgang bei Max in Burgund befand91. Bald darauf finden wir unter den Mitgliedern dieses Kollegiums übrigens noch einen anderen Oesterreicher den Messire George Rottaler92, der niemand anderer ist als der Steirer Georg von Rottal93. In eine durch Verfassungskämpfe „abgepreßte und aufgedrängte" ständische Behörde in Burgund wären aber Oesterreicher jedenfalls nicht aufgenommen worden. Es war m. E. sogar trotz der späteren Erfolglosigkeit ein recht geschickter Versuch Maximilians, daß er zur Beruhigung der aufgeregten Volksmeinung ein Kollegium einrichtete, dem er besondere Macht gab. Daß dieses Kollegium gelegentlich auch Maßnahmen des Königs selbst rückgängig machen oder von ihm eingesetzte Beamte entfernen konnte, war mit seiner Aufgabe, die schlechte Verwaltung zu bessern, ohneweiters gegeben. Auch halte ich die Begründung, daß Max ohne die durch diese Behörde gegebene Entlastung seiner Person nicht Zeit für seine „grans et pesans affaires" fände, nicht für eine leere Phrase. Maximilians Gehirn war zeitlebens so mit weitfliegenden politischen Plänen beschäftigt, daß ihm das Arbeitsfeld der gewöhnlichen laufenden Verwaltung eher lästig erscheinen mußte. Allerdings hat er sich durch jene Ordnung zugleich bedeutsame Einschränkungen in Bezug auf seine persönliche Einwirkung und auf die Ernennung der Beamten auferlegt, die für die damalige Zeit etwas außergewöhnliches darstellten, wodurch Rachfahls Ansicht bestätigt scheint. Nehmen wir zunächst diese Tatsache ohne Rücksicht auf die möglichen Ursachen zur Kenntnis [Seite: 32]; sollte sich nämlich ergeben, daß Max sich auch sonst ohne unmittelbaren Zwang solcher Rechte begeben hätte, so ließen sich daraus wohl Schlüße ziehen, wie er sich überhaupt sein Verhältnis zu den Verwaltungsbehörden vorstellte.
In diesem Zusammenhange verdient noch eine andere Urkunde Maximilians aus der burgundischen Zeit besonderes Interesse, nämlich das Dekret vom 20. August 1488, mit welchem er seinen Vetter, den Markgrafen Christof von Baden zum Statthalter von Luxemburg und Chiny ernannt und zugleich seine Kompetenzen bezeichnet hat94. Christof erhält alle Regierungsrechte und eine außerordentliche Gewalt in der Ein- und Absetzung von Beamten mit der Begründung, daß die einzelnen Aemter und Beamten sich nicht unterstützen, sondern gegeneinander arbeiten. Allerdings handelt es sich hier um einen besonderen Vertrauensposten für den Vetter, aber immerhin zeigt auch diese Urkunde, daß Max auf die persönliche Ausübung der Herrscherrechte gar nicht eifersüchtig war, daß er der kollegialen Verwaltung nur beschränkten Raum zubilligte und mehr für die bureaukratische Spitze eingenommen war. Nur bei der Verteilung von Lehen machte er ganz bestimmte Vorbehalte. Mochte nun auch Maximilian diese weitgehende Ueberlassung von Regierungsrechten dem Vetter gegenüber leicht gefallen sein, so mag gerade in der Urkunde für seinen Vetter seine persönlich Meinung stärker hervorgetreten sein als bei anderen Gelegenheiten, wo er an der Ausarbeitung im einzelnen sicher nur wenig Anteil genommen hat.
Große Aufgaben harrten Maximilians, als er die Herrschaft in Tirol antrat. Die finanziellen Grundlagen des Landes waren durch die lange Mißwirtschaft zerrüttet, eine schwere Schuldenlast sollte abgetragen werden, während gleichzeitig eine Reihe ergiebiger Quellen nicht mehr dem landesfürstlichen Säckel zufloß, sondern verpfändet war. Mit der Gefahr, daß Tirol zu Bayern käme, war es der traurige Zustand des Finanzwesens gewesen, der zur Uebernahme der Regierung durch die Stände geführt hatte. Nicht die Organisation der Behörden hatte sich eigentlich als unzulänglich erwiesen, in der Zerrüttung des Finanzwesens und in der mangelhaften Buchführung lag die [Seite: 33] große Schwierigkeit, das Land wieder aufzurichten. Sparsamkeit, um die Schuldenlast zu verringern und die Einnahmequellen aus der Verpfändung zu lösen, ein Kreditsystem, das den Schuldner nicht der Verfügung über seine Einkommensquellen beraubte, eine ordentliche Buchführung, die eine Uebersicht über die finanzielle Lage ermöglichte, das tat not, hier war der Hebel einzusetzen, wenn es zu einer Verbesserung der Zustände kommen sollte.
In dem Vertrage, der die Uebernahme der Herrschaft betraf, erhöhte Maximilian die Rente des Erzherzogs Sigismund um jährlich rund 30.000 Gulden und versicherte gleichzeitig den Ständen, daß er für seine Person nichts aus Tirol beziehen wolle.95 Das wäre wohl auf normale Weise gar nicht möglich gewesen, denn wenn die Stände hervorheben, daß sie bei der niederen Rente für den Erzherzog in etwas über 2 Jahren 60.000 Gulden, d. i. 30.000 Gulden in einem Jahre, zurückzahlen konnten, so entspricht dieser Betrag eben der Erhöhung der Rente Sigismunds; das tirolische Finanzwesen war daher bis nahe an die Leistungsfähigkeit in Anspruch genommen, große Summen blieben im normalen Haushalte nicht mehr verfügbar.
Die Darstellungen über die Verwaltungsreformen Maximilians überspringen die erste Zeit und beginnen erst mit dem Mandat vom 28. Februar 149196, mit welchem die Verweser des obersten Amtes eingesetzt wurden. So schreibt Rachfahl97: „Sobald Maximilian die Regierung Tirols übernahm, war es daher das erste, was er gleichsam als ein Selbstverständliches tat, daß er an die Stelle des obersten Amtmannes die kollegiale Raitkammer mit einem Buchhalter setzte; er wußte nicht, wie man anders als mit solchen Organen regieren konnte." Das Mandat ist aber 11 ½ Monate jünger als die Regierungsübernahme und erging als zusammenhanglose Einzelverordnung. Was geschah während dieser Zeit? Diese Lücke hat sich aus den herangezogenen Quellen ergeben, denn die von Adler gegebene Liste der Mitglieder der Innsbrucker Regierung98 konnte ob ihrer ungenauen Datierung „1491-1496" kaum verwendet werden, ebensowenig die von Brandis99 gebrachte, die keine nähere Bezeichnung hat. Durch diese mangelhafte Kenntnis der Quellen erhalten die Darstellungen ein Moment der Unsicherheit, denn wenn Max [Seite: 34] die Reformen gleichsam als etwas „Selbstverständliches" vorgenommen haben soll, so zeigt das nur, daß ein unmittelbarer Grund nicht zu finden war; Lust am Reformieren und dogmatische Sucht, westliche Vorbilder nachzuahmen, wären die Ursache für die ersten Reformen gewesen, obwohl Max doch den Tirolern die Zusicherung gegeben hatte, die Dinge beim alten zu belassen und keine Regierung einzusetzen, die der Landschaft „arkwenig oder schad" wäre, was eher darauf hindeutet, daß er ohne Wissen und Zustimmung der Tiroler keine wichtigeren Veränderungen vornehmen würde. Die Folge dieser Anschauungsweise war ein Suchen nach den Mustern statt nach den unmittelbaren Anlässen und Abhilfe erheischenden Mängeln.
Der Cod. 118 des Innsbrucker Landesregierungsarchives enthält außer der von Adler abgedruckten Liste (C) noch zwei andere Personalstände (A, B)100, die nahezu gleichlautend sind, aber verschiedene Korrekturen und Nachträge enthalten, die eine genauere Datierung ermöglichen. In A war ursprünglich noch Sigmund von Wolkenstein eingetragen, der Anfang März 1491 bereits verstorben war101, so daß wir als terminus ad quem für die Entstehung etwa das Ende des Jahres 1490 haben. Bei Hermann von Eptingen ist von anderer Hand nachgetragen „juravit feria 2 a post trinitatis" (7. Juni im Jahre 1490), so daß wir vermutlich die Abfassungszeit vor Juni 1490 legen können. In der mit A gleichzeitig verfaßten und von derselben Hand geschriebenen Instruktion wird vermerkt „item hinfür als auf die quatember zeiten zu phingsten anzufahen und niemand zu lifern, sonnder geld zu geben" und in C steht hinter den Namen der „29. Mai" (das war im Jahre 1490 der Pfingstsamstag102. Diese verschiedenen Gründe lassen den sicheren Schluß zu, daß A tatsächlich noch vor Ende Mai 1490 fertig gestellt worden ist. In A ist bereits Jörg Gossembrot eingetragen und wir wissen, daß er am 12. April zum Rat ernannt worden ist103, so daß wir als terminus a quo diesen Tag erhalten. Damals war Max noch in Innsbruck und wir sehen, daß er sich selbst für die Zusammensetzung des Regierungskollegiums interessiert hat. In der kurzen Vollmacht ist von einem Gewaltbrief für das Regiment die Rede, den ich allerdings nicht mehr finden konnte, es ist aber sehr [Seite: 35] wahrscheinlich, daß dieser noch vor der Abreise Maximilians, die etwa am 23. April erfolgt ist104, und nach der vollständigen Fertigstellung der Mitgliederliste der Regierung ausgestellt worden ist. Wir können daher annehmen, daß A wahrscheinlich noch im April, sicher noch im Mai 1490 niedergeschrieben worden ist, und daß sie den Zustand wiedergibt, wie er sich infolge der durch Maximilian selbst vorgenommenen Ernennungen ergeben hat. Die Liste enthält Nachträge bis Juli 1491 und dürfte bis dorthin in Benützung gestanden haben.
Die Liste A enthielt ursprünglich den Namen des Bischofes von Brixen noch nicht, der wurde erst von anderer Hand später hinzugefügt, während er in B105 von der Hand, welche den ganzen Text geschrieben hat, bereits eingetragen ist. Da B auch noch den Namen des Sigmund von Wolkenstein bringt, stammt auch sie aus dem Jahre 1490. Nun ist in C auch beim Bischof von Brixen der „29. Mai" eingetragen, so daß wir annehmen können, daß sich auch B auf die Zeit vor Ende Mai 1490 bezieht. Die Aufnahme dieser bedeutsamsten Persönlichkeit106 des Kollegiums dürfte aber noch durch Maximilian selbst vorgenommen worden sein, und so möchte ich glauben, daß B die endgültige während der Anwesenheit Maximilians in Tirol erfolgte Zusammensetzung des Tiroler Regiments ins reine geschrieben wiedergibt. C endlich, jene bei Adler gedruckte Liste, nennt bereits Sigmund von Wolkenstein nicht mehr, dafür aber Hanns von Wolkenstein, der mit Dekret vom 14. Juni 1491 zum Rat und Statthalter ernannt worden ist107 und dessen Ernennung laut Nachtrag zu A am 22. Juni in Wirksamkeit getreten ist108; außerdem fehlt bereits Jakob von Spaur unter den Räten und Statthaltern, der bis 14. Dezember 1491 in den Kopialbüchern als solcher vorkommt109, so daß wir diesen Tag als den frühesten Zeitpunkt der Entstehung von C bezeichnen können. Als Hauskämmerer wird in C noch Peter Rummel genannt, der aber am 20. Dezember 1492 von Rudolf Harber abgelöst worden ist110, so daß wir als Entstehungszeit von C das Jahr 1492 bezeichnen können. Aus den späteren Personalveränderungen ist zu ersehen, daß C bis zum Ende des Jahres 1493 in Geltung geblieben ist, erst im Jänner 1494 trat eine neue größere Aenderung in der [Seite: 36] Zusammensetzung der Regierung ein111; von da ab blieb sie dann unverändert bis zum Jahre 1496, dem Tode des Erzherzogs Sigismund. Damit ist aber die bisherige Lücke im Quellenmaterial vollständig ausgefüllt, ja wir können in Bezug auf Personalveränderungen das tirolische Verwaltungswesen mit einer seltenen Klarheit überblicken.
Dem neuen Kollegium der Statthalter und Regenten in Innsbruck unter Maximilian gehörten an; der Hofmeister Sigmund von Wolkenstein, der Hofmarschall Pauls von Liechtenstein, Bischof Melchior von Brixen, Jakob von Spaur, Ulrich von Freundsberg, Lienhard Velser, Degen Fuchs, Balthasar von Thun, Sigmund Neidegger, Walther von Stadion, Jörg Gossembrot, Hermann von Eptingen, Christof von Hadstat, Ludwig von Rinach und Wilhelm von Lichtenfels (von diesen Vorländern sollten jederzeit zwei in Innsbruck anwesend sein); in der Handschrift werden dann ohne Absatz der oberste Amtmann Antoni vom Ross, der Kammermeister, der Hauskämmerer Peter Rummel, der Kammerschreiber, Rudolf Harber, Iseregger und Bartlme Käsler genannt112. Ob alle diese Männer auch Räte und Statthalter waren, ist nicht genau zu erkennen, Käsler und Iseregger hatten gegenüber den anderen eine so geringe Bezahlung (1-2 Pferde), daß ihre Eigenschaft als Statthalter wohl sehr zweifelhaft ist, Rudolf Harber und Peter Rummel werden aber ausdrücklich in Urkunden unten den „Statthaltern, Räten und Anwälten der röm. kgl. Mt." genannt113. Das Regiment zählte also gegen 20 Mitglieder, war somit stärker als das Kollegium der „geordneten Räte" zum Schluße gewesen war. Wir kennen fast alle diese Männer schon aus dem politischen Leben in Tirol und der dortigen Zentralverwaltung in der letzten Zeit Erzherzog Sigismunds114.
Grundsätzlich war dieses Kollegium von der früheren Regierung dadurch unterschieden, daß die obersten Leiter der Finanzverwaltung in den Rat aufgenommen sind. Sie blieben wie bisher in ihren Funktionen, waren daher als Finanzbeamte dem Rate unterstellt, aber zugleich Mitglieder desselben, Es wurde also vorerst die Finanzverwaltung durch diese Zuziehung enger mit dem Rate verbunden als das bisher der Fall gewesen war. [Seite: 37] Nur eine wichtige Veränderung weist das neue Kollegium in seiner Zusammensetzung gegenüber früher auf, das ist das Fehlen der bürgerlichen Elemente, soweit es sich nicht um Beamte handelte; die Vertreter der Städte und der Gerichte, welche dem Kollegium der „geordneten Räte" den eigenartigen und ständischen Charakter aufgedrückt hatten, fehlen jetzt. Das neue Kollegium weist also einen ausgesprochen feudalen und beamtenmäßigen Charakter auf115.
Alle Mitglieder des Regimentes gehörten zu der habsburgfreundlichen, antibayrischen Partei, die während der letzten Jahre die Regierung des Landes geführt hatte. Das war begreiflich, diese Leute kannten die Regierungsgeschäfte, ihnen war Maximilian verpflichtet, dem von ihnen geführten Landtage hatte er aber auch versprechen müssen, daß er keine Regierung einsetzen werde, die der Landschaft „arkwenig oder schad" wäre. Das hieß aber unter den gegebenen Verhältnissen nichts anderes, als daß Maximilian sich aus den hervorragenden Mitgliedern der Stände die Statthalter und Räte wählen mußte.
Wie sehr die in der letzten Zeit der ständischen Regierung durch die Flucht vom Hofe erwachsenen Schwierigkeiten nur mit der Person Erzherzog Sigismunds zusammenhingen, beweist der Umstand, daß nunmehr eine Reihe von Männern, die früher nicht mehr am Hofe bleiben wollten, wieder ein Amt annahmen, um es zum Teil noch durch Jahre zu führen.
Es ist selbstverständlich, wenn wir die politische Vergangenheit der Mitglieder der Innsbrucker Regierung und ihre frühere Tätigkeit in der Verwaltung verfolgen, daß wir von diesen Männern keinen Systemwechsel erwarten können, besonders in einer Zeit, in der es noch kein ausgebildetes, geschriebenes Amtsrecht gab, sondern der Amtsgang auf der Tradition und auf der Persönlichkeit des Inhabers beruhte. Die Festigkeit ihres Charakters hatten diese Männer aber sowohl Erzherzog Sigismund, als auch schon König Maximilian selbst gegenüber mit ihren Forderungen bewiesen, Die Belassung bedeutete daher ein Programm, nämlich die Beibehaltung der bisherigen Organisation. Max hat zwar ein Mandat erlassen, mit dem er dem Regimente die Vollmachten erteilte, er hat aber keine eigentliche Instruktion [Seite: 38] für die Verwaltung gegeben116. Die alte tirolische Verwaltung ist also ohne verwaltungstechnische Neuerung von Maximilian übernommen, ohne neue Geschäftsordnung sind die Geschäfte weitergeführt worden.
Der Wirkungskreis war gegenüber der ständischen Regierungszeit kaum eingeschränkt, die Machtfülle, welche der Innsbrucker Regierung überantwortet wurde, war außerordentlich groß117. „Die rat sollen gewalt haben zu regieren, was sy not und gut bedunckt, wil sein laut irs gwaltbriefs; item ob etlich ambtleut abgiengen oder sunst undeuglich wirden, die mit andern nutz auf verrer der kgl. mt. bevelh zu verstatten". „Item die kgl. mt. wil auch nicht in die embter weiter greiffen oder darauf verschaffen, dartzu niemand entsetzen oder aufnehmen, davornen noch in diesen landen an der rat wissen als der, so die ding kundt sein". Nur bei den Lehenverleihungen sind die Rechte der Statthalter beschränkt. „Item die lehen zu urlauben und nicht zu leihen. Item ob todval oder ander fall beschehen, die zu nemen zu handen der k. mt. Item desgleichen niemand dhein vellig lehen zu leihen untz verrer der k. mt. bevelh". Max hat sich also an sein Versprechen auf dem Landtage gehalten, daß er nichts für seine Person suche, sondern nur die Verhältnisse in Ordnung bringen wollte118. Viel wichtiger ist aber die Parallele zu jener Urkunde, mit welcher Max den Markgrafen von Baden zum Statthalter von Luxemburg und Chiny ernannt hat. Was er damals an Rechten einer besonderen Vertrauensperson überantwortet hatte, das gewährt er jetzt grundsätzlich auch dem Tiroler Regiment, nur wieder bei den Lehen ist er zurückhaltend und behält sich seine Teilnahme vor. Diese nun schon mehrfache Wiederholung — beim Finanzkolleg von 1487, beim Statthalter von Luxemburg und beim Innsbrucker Regiment — zeigt uns aber von Maximilian schon immer deutlicher, daß er überhaupt an der Verwaltung wenig persönliches Interesse nahm, daß er auf das Beamtenernennungsrecht nicht eifersüchtig war, daß ihm vielmehr die Ueberlassung derartiger Rechte an andere leicht fiel. Unbedenklich hat er hierin den Verhältnissen, die ja doch eine andere Lösung nicht zugelassen hätten, Rechnung getragen, statt sich mit irgendwelchen [Seite: 39] Notbehelfen zur Vorbehaltung der letzten Entscheidungen zu begnügen, wie das vielleicht noch im Sinne seines Vaters gelegen sein mochte. Es war bei Max, den soeben „grans et pesans affaires" nach Oesterreich riefen, um dieses Land von der ungarischen Besetzung zu befreien, nichts anderes als eine Anerkennung der tatsächlichen Verhältnisse, wenn er einer persönlichen Mitwirkung entsagte, die er nur schwer und nicht regelmäßig hätte ausüben können. Der Umstand, daß nunmehr der Landesfürst gar nicht mehr in der Lage war, seine Regierungstätigkeit in einer Weise auszuüben, wie etwa ein anderer deutscher Territorialfürst, der nur ein Land besaß und nur ausnahmsweise einmal außer Landes weilte, wie dies z. B. in Tirol unter Sigismund noch der Fall gewesen ist, ist also für die Entwicklung des Behördenwesens von großer und entscheidender Bedeutung geworden, Diese Stellung der Regierung bedeutete etwas ganz Neues, denn die Selbständigkeit der Organisationen unter Sigismund war entweder nur in der Uebung begründet oder trug den Charakter einer Notverfassung. Diese Grundsätze wurden aber jetzt grundlegendes Behördenrecht, sie bilden das verwaltungsrechtlich Neue, sie schufen Behörden, die nach oben und nach unten mit einer bestimmten Kompetenz und einem imperium ausgestattet waren, eine grundsätzlich für dauernd bestellte Statthalterschaft.
Das Regiment fungierte außerdem noch als oberstes Gericht des Landes. In der Regimentsordnung von 1499119 sagt Maximilian ausdrücklich, daß er bis dahin an der Verwaltung keine Aenderungen vorgenommen habe, ordnet dann das oberste Gerichtswesen, aber nicht in dem Sinne, als ob die Rechtssprechung erst neu dem Regiment überantwortet worden wäre. Das war auch nicht der Fall, denn aus den Prozeßbüchern,120 die schon mit dem Jahre 1497 einsetzen und die einzelnen beim obersten Gerichte zur Verhandlung gelangten Prozesse enthalten, ist leicht zu ersehen, daß die Statthalter und Räte schon vor der Regimentsordnung von 1499 tatsächlich als das oberste Gericht fungierten, eine Funktion, die schon der geschworene Rat in Meran von 1444 und in der Folge der landesfürstliche Rat überhaupt innegehabt hatte. [Seite: 40]
Ueber die innere Organisation und die Geschäftsordnung erfahren wir wenig: „die antwurt sol ain marschalk geben und die canzley die brief; niemand sol suplication annemen, dann die canntzley und ain marschalk"121 Der Marschall war also das Haupt des Kollegiums, der Hofmeister hatte nur die Siegel in Verwahrung, so schreibt die kurze Ordnung vor, die aber noch vor dem Eintritt des Brixener Bischofes niedergeschrieben war. Später scheint dann dieser Mann die erste Rolle gespielt zu haben und man wird kaum irre gehen, wenn man seine Bestellung in eine Parallele mit der Ernennung des badischen Markgrafen bringt, die ja den Zweck hatte, die auseinander strebenden Elemente zu vereinen und die notwendige Einheitlichkeit der Verwaltung zu gewährleisten.
Auch die Finanzverwaltung wurde in ihrer bisherigen Organisation übernommen. Das Kollegium der „ret, so der raitung warten sollen" bestand weiterhin und erfuhr in seiner Zusammensetzung keine Aenderung, die Leiter der einzelnen Finanzabteilungen bildeten auch die für die Rechnungskontrolle bestimmte kollegiale Stelle.122 Auch die einzelnen Aemter wurden unverändert übernommen. Antoni vom Roß ist von Maximilian neuerdings zum obersten Amtmann ernannt worden und hat am 4. April 1490 dieses Amt angetreten;123 er hat sogar in Hanns von Stetten einen Stellvertreter erhalten und der König erklärt, „was derselb von Stetten mit wechseln in namen obgemelts unnsers obristen ambtmans hanndelt, tut oder laßt", halten zu wollen.124 Daraus ersehen wir zugleich den Geschäftskreis des obersten Amtmannes selbst, seine Stellung glich der des obersten Amtmannes in den 80er Jahren und zeigt hauptsächlich wieder dieselbe Unabhängigkeit. Nun hat aber Maximilian außerdem an die Räte den Befehl ergehen lassen, vor allen Dingen darauf zu sehen, daß der Erzherzog und seine Gemahlin ihre vertragsmäßige Rente alle Quatember ausgezahlt erhielten; dann aber sollten sie trachten, daß auf „liferung, zinnsen und die notigisten schulden" Geld gegeben werde.125 Dadurch entstand eine gewisse Teilung, beziehungsweise ein Nebeneinander in der Finanzverwaltung in dem Sinne, daß die normalen laufenden Verpflichtungen in die Kompetenz des Regierungskollegiums [Seite: 41] fielen, die Geldaufbringung, die Finanzpolitik, aber Sache des obersten Amtmannes war, das heißt, daß der außerordentliche, für Maximilian persönlich wichtige Finanzdienst einem Einzelbeamten anvertraut wurde.
Noch im April 1490 hat Maximilian Tirol verlassen und wir hören nicht, daß er in der nächsten Zeit auf die tirolische Verwaltung irgendwie Einfluß genommen oder an ihr Aenderungen angeordnet hätte. Erst nach seiner Rückkehr aus Ungarn nach Oberdeutschland erließ er, ohne wieder in Tirol gewesen zu sein, jenes Mandat, durch welches an Stelle des obersten Amtmannes ein Kollegium von vier Männern gesetzt worden ist.126 Die Statthalter und Räte in Innsbruck erhielten den Auftrag, vier Anwälte und einen Buchhalter auszuwählen, ihnen den Kammermeister zuzuordnen; was diese vier Anwälte in der Raitung, wie sie auch genannt werden, „zu lesung der pfantschaften, bezalung der schulden mit reformirung der ambter, geltaufbringen, wechselmachen, zusagen, versprechen oder in ander von unsern wegen handlen, ordnen, furnemen und sliessen werden" ist Wille des Königs und die Statthalter sollten hierin nicht eingreifen.
Dieses Mandat ist die Maßregel, auf welche in erster Linie die Ansicht von der Einführung burgundischer Verhältnisse gegründet worden ist. Was mochte wohl der Grund für diese Neuerung gewesen sein? Sollen wir wirklich an eine Nachahmung burgundischer Vorbilder denken, nachdem Max im Jahre vorher, als er eben aus Burgund gekommen war, die tirolischen Einrichtungen in ihrer Gänze und Geschlossenheit übernommen und noch einen neuen obersten Amtmann ernannt hatte? Jetzt soll Max von Augsburg aus mit Reformen nach dem burgundischen Muster begonnen haben, ohne daß ein augenblicklicher Anlaß vorgelegen hat, bloß weil ihm eine solche Behörde als etwas "Selbstverständliches" vorkam? Und dabei wurde die Stelle eines Buchhalters neugeschaffen, die es in Burgund gar nicht gab127 Bevor wir uns eine solche Beweisführung zu eigen machen, wollen wir trachten, näher liegende Ursachen zu finden und uns über den Zweck der Reform klar zu werden, Eine Verwaltungseinrichtung wird im allgemeinen nur dann geändert, [Seite: 42] wenn sie sich als unzulänglich erweist oder wenn sich Mißstände ergeben. Hätte es am System im allgemeinen gelegen, so wäre zu einer Reform im Jahre 1490 die bessere Gelegenheit gewesen, die größeren Mängel müssen auch damals schon bekannt gewesen sein, da die Verwaltungsorganisation mit wenig Aenderungen schon seit Jahrzehnten in Uebung gestanden hat. Da liegt es denn nahe, an Unzukömmlichkeiten zu denken, die sich erst in der letzten Zeit ausgebildet hatten.
Leider spricht die Urkunde nicht von den Gründen, welche den Anlaß zu der Neuerung gegeben hatten. Es wurde oben hervorgehoben, daß Antoni vom Roß die wichtigsten Agenden der Finanzverwaltung ganz unabhängig von den Statthaltern und Räten ausüben konnte, während diesen nur die Besorgung der laufenden Finanzverwaltung zukam. Es ist begreiflich, daß dadurch ihre Eifersucht gegenüber dem obersten Amtmann wachgerufen wurde.128 Es wurde auch schon erwähnt, daß Antoni vom Roß bereits im Jahre 1486 offenbar unter dem Verdacht von Unregelmäßigkeiten von seinem Amte enthoben und auch von den Ständen nicht in irgend eine Funktion eingesetzt worden ist, obwohl er doch ein „Opfer" der „bösen" Räte war. Hier scheinen zwei Berichte der Innsbrucker Statthalter und Regenten einen Hinweis darauf zu geben, wo die Lösung zu finden ist. Am 24. März 1491129 bitten sie den König unter Berufung auf einen früheren Bericht, dem Antoni vom Roß das Hauskämmereramt abzunehmen, da er viel Zerrüttung in dasselbe hineinbringe. Auch möge Roß aufgefordert werden, bald zur Raitung zu erscheinen, da sie sonst ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, die Schweizer nicht bezahlen, dem Erzherzog die Rente nicht ausfolgen, die Baumgartner und Fugger nicht befriedigen könnten. Bald darauf schrieben sie nochmals an den König, daß die Raitung mit Roß angefangen, aber noch nicht beendet sei; Antoni rühme sich, der König werde ihm viel schuldig bleiben, „und es doch lautt erfindt, daz er mer eingenomen dann ausgeben hat".130 Diese Berichte stammen allerdings aus der Zeit nach dem 28. Februar 1491, sie beweisen aber, daß die Statthalter dem Roß feindselig gesinnt und auf ihn eifersüchtig waren und daß sie den Verdacht aussprechen zu können [Seite: 43] glaubten, er sei nicht ehrlich gewesen und seine Amtsführung habe Zerrüttung hervorgerufen. Da liegt wohl die Annahme nahe, daß der Grund für die Entsetzung des obersten Amtmannes einerseits die Eifersucht der Statthalter gewesen ist, die ein gedeihliches Zusammenarbeiten unmöglich machte, und andererseits der Verdacht, daß Unregelmäßigkeiten vorgekommen seien; dann ist aber auch die Bestellung eines Kollegiums leicht verständlich, denn bei einer größeren Anzahl von Mitgliedern waren Betrügereien weniger leicht möglich, als wenn die ganze Macht in einer Hand vereinigt war. So erklärt sich auch die Schaffung der Stelle eines Buchhalters, denn dadurch ist ja die Kontrolle noch mehr verschärft worden. Kontrolle ist ein Hauptzweck der Buchhaltung, dadurch unterscheidet sich der Buchhalter vom Schreiber oder Registrator, wäre sie nicht beabsichtigt gewesen, so hätte man nicht neben dem Kammerschreiber diese neue Stelle geschaffen. Allerdings war für diese Beamten nebeneinander kaum Platz, denn ihre Tätigkeit deckte sich fast ganz; es hat daher auch nicht lange gedauert, bis man zu dieser Erkenntnis gelangt ist und eine von den beiden Stellen aufgehoben hat.131
Noch ein Umstand weist darauf hin, daß das Mandat infolge einer Intervention des Statthalterkollegiums erfolgt ist; die Durchführung der Maßnahme war diesem vollständig überlassen, ja so ausschließlich, daß sich Maximilian gar nicht einmal darum kümmerte, wie sie geschah. Die Statthalter wählten aus ihrer Mitte vier Männer, den Salzmaier von Hall Lienhard Velser, Jörg Gossembrot, den ehemaligen Hauskämmerer Rudolf Harber und den augenblicklichen Hauskämmerer Peter Rummel. Buchhalter sollte Anton Pach werden und ihm Christof Stecher zugegeben werden132; tatsächlich ist aber Stecher selbst Buchhalter geworden. Bezeichnenderweise fehlt in dieser Liste der sachkundige Antoni vom Roß. In der ersten Behördenliste wurden daraufhin die Namen der „ret, so der raitung warten sollen", durchgestrichen und jene der vier Männer eingetragen und hinzugefügt, „sollen das obrist ambt verwesen", die Ueberschrift, „ret, so der raitung warten sollen", ist geblieben. Diese dem Wesen nicht entsprechende Auffassung konnte allerdings im [Seite: 44] Mandate eine gewisse Begründung finden, da die vier Männer dort einmal „anweld in unserer raytung" genannt werden, wodurch eine gewisse Unklarheit hervorgerufen wurde, weil dadurch das Vier-Männer-Kolleg als Fortsetzung der „Räte in der Raitung" erscheinen konnte, was es bei dem sonstigen großen Geschäftskreis keineswegs war. Diese Auffassung dürfte aber gerade dem Wunsch der Statthalter entsprochen haben — und so hat sich in der Folge die Stellung der Verweser des obersten Amtes auch weiter gebildet. Sie waren die Rechnungskontrollbehörde, während die Leitung der Finanzgeschäfte das Gesamtkollegium der Statthalter selbst übernahm, dem die vier Anwälte weiter angehörten133. Dadurch war für die Folge jeder Grund zur früheren Eifersucht behoben. Die in dem Mandat ausgesprochene Scheidung der Finanzverwaltung von der allgemeinen ist mithin gar nicht zur Durchführung gelangt, im Gegenteil, insoweit Antoni vom Roß früher unabhängig gewesen ist, hat das Statthalterkollegium die Agenden an sich gezogen und der König selbst, der sich um die Durchführung seines Befehles gar nicht gekümmert hatte, leitete schließlich seine Befehle finanzieller Natur an die Statthalter und Regenten und nicht an die Verweser des obersten Amtes. Dem Kammermeister blieb seine alte Aufgabe, die Führung der Kassa, er wurde aber jetzt der Leitung des Finanzwesens unterstellt. Die Stellung des Hauskämmerers blieb ganz unberührt.
So schmilzt also die große und scheinbar grundsätzliche Reform zu einer durch augenblickliche Mißstände und die Eifersucht der Statthalter hervorgerufene Maßregel zusammen, die von diesen beim König durchgesetzt und dann in dem von ihnen gewünschten Sinne ausgelegt und durchgeführt worden ist.
Die Gründe, welche Maximilian im Jahre 1490 bewogen hatten, einen Einzelbeamten und seinen Stellvertreter zum Leiter des Finanzwesens zu ernennen und ihm die Geldaufbringung zu übertragen, die größere Leichtigkeit und Beweglichkeit, bestanden weiter und so ist es begreiflich, wenn der König für dieses den Rahmen der tirolischen Provinzialverwaltung überschreitende Geschäft bald wieder besondere Vertrauensmänner verwendete. Der Protonotar Florian Waldauf von Waldenstein [Seite: 45] und Simon von Hungersbach erhielten am 15. Mai 1491 die Aufgabe und das Recht134, für den König und in seinem Namen Geld aufzubringen, Bezahlung und Versicherungen zuzusagen und Verschreibungen zu geben; also die Rechte, welche früher Antoni vom Roß gehabt hätte, wurden jetzt, jedoch ohne auf Tirol beschränkt zu sein, diesen beiden Männern verliehen. Es war dann nur ein kurzer Schritt weiter, wenn Simon von Hungersbach im August 1491 zum Generalschatzmeister ernannt wurde135, während Florian Waldauf anscheinend wieder eine andere Verwendung erhielt. Hungersbach vereinigte die oberste Verwaltung der Einkünfte Maximilians aus den österreichischen Ländern und dem Reiche in seiner Hand. Wieder zeigt sich bei Maximilian das Bestreben, jenen Teil der Finanzgebarung, der über die unmittelbare Verwaltung der Länder hinaus seine persönliche und die Bedürfnisse seiner Politik betraf, von einem Einzelbeamten besorgen zu lassen. Die praktische Bedeutung der Ernennung Hungerbachs ist allerdings nicht zu werten, es fehlen die nötigen Quellen, sie hing ganz von dem persönlichen Geschick ab, dürfte aber nicht allzu hoch einzuschätzen sein.
Die Ernennung Simons von Hungersbach gilt als der Ausgangspunkt für die späteren österreichischen Zentralbehörden136. Ich möchte die grundsätzliche Bedeutung nicht so hoch einschätzen. Maximilian mußte für seine verschiedenartigen Einkünfte eine Zentralkassa und eine allgemeine Uebersicht haben. Für ihn, dessen Politik weit über den Rahmen der österreichischen Erblande hinausgriff, bildeten diese eine Einheit und als solche mußte er sie wenigstens in jenen Punkten behandeln, wo er daran ein besonderes Interesse hatte und nicht ständisch-partikularistische Strömungen ein anderes Vorgehen notwendig machten. Dieses Bedürfnis war ganz natürlich, die Habsburger haben ihr Finanzwesen schon früher genau so zentralisiert; der Amtmann Ulrich Zink hat, wie sich aus seinem Rechnungsbuch ergibt, schon im Jahre 1392 die finanziellen Erträgnisse aller habsburgisch-österreichischen Länder eingenommen und zusammen verrechnet137, ein Zustand, der naturgemäß aufhörte, als durch die folgenden Länderteilungen der territoriale Besitz der [Seite: 46] Habsburger an verschiedene Linien kam. Zink führte nur den alten, einfachen Titel eines Amtmannes des Herzogs Albrecht, während die Stellung des Generalschatzmeisters durch diesen neuen, schön klingenden Titel besonders hervorgehoben wurde, im übrigen ward damit aber nur die altösterreichische Tradition wieder aufgenommen.
Als Maximilian nach seiner Abreise aus Tirol Niederösterreich von der Ungarnherrschaft befreit hatte, trat an ihn die Notwendigkeit heran, für dieses Gebiet eine Verwaltung neu zu bestellen, da hier an bestehende Einrichtungen nur zum Teil unmittelbar angeknüpft werden konnte. Wir sind über diese Organisationen ungenügend unterrichtet, da das Material nicht so gut erhalten ist, wie für Tirol. Adler führt an138, daß sich in Tirol „die Entwicklung frei nach den Absichten des Organisators vollziehen" konnte, während Max in Niederösterreich wegen der Herrschaftsrechte seines Vaters gebunden gewesen sei. Das trifft wohl nur in beschränktem Maße zu, denn erstens war Maximilian in Tirol durchaus nicht ganz frei und hat auch keine organisatorischen Absichten verwirklicht, zweitens hat er in Niederösterreich, ohne daß uns von irgendeiner Behinderung durch seinen Vater berichtet wurde, eine Regierung eingesetzt, welche sich „des Römischen königs statthalter und räte zu Wien" nannte139. Die Namen der Statthalter kennen wir erst aus dem Jahre 1493140, da finden wir unter ihnen auch Dr. Konrad Stürtzel, den früheren tirolischen Kanzler und auch geordneten Rat, während Ziprian von Northeim, gen. Sernteiner, der auch aus der tirolischen Verwaltung hervorgegangen war, den Posten eines Sollizitators bekleidete141. Es ist nun allerdings fraglich, ob Stürtzel schon im Jahre 1490 zur Regierung in Wien gehört hat, er hat sich aber schon damals in der unmittelbaren Umgebung des Königs befunden142 und es liegt daher die Annahme sehr nahe, daß er es gewesen sei, der auf die Organisierung der niederösterreichischen Verwaltung besonderen Einfluß genommen hat. Es zeigt sich nämlich, daß die Grundzüge der Organisation ganz der tirolischen nachgebildet wurden. Die politische und die Finanzverwaltung sind den Statthaltern anvertraut, ja auch die oberste Rechtssprechung war ebenso wie in [Seite: 47] Tirol ihre Aufgabe, was keineswegs der österreichischen Tradition entsprach143. Es paßt auch zu dem tirolischen Muster, daß von einer den Verwesern des obersten Amtes nachgebildeten, in einem nicht klar ausgesprochenen Verhältnis zum Regierungskollegium stehenden Rechenkammer gesprochen wird144. Wir sehen aber immerhin, daß Maximilian von Anfang an bestrebt ist, die Verwaltung der verschiedenen Länder gleichartig zu organisieren und landschaftliche Unterschiede tunlichst auszumerzen.
Freilich hat sich die niederösterreichische Verwaltungseinrichtung nicht so einfach und geradlinig wie die tirolische weiter entwickelt. Sie war dort nicht langsam und organisch erwachsen, sondern neu eingeführt und hatte daher in der Folge von zwei Seiten kommende Schwierigkeiten zu überwinden. Einerseits wurde ihr Bestand durch die zentralen Organisationen für alle Länder gefährdet, da diese ihren Sitz in Innsbruck hatten, andererseits aber waren die niederösterreichischen Aemter selbst schon Zentralstellen für mehrere Länder und hatten darum, da sie anscheinend nicht unter Mitwirkung der Stände errichtet worden waren, den Partikularismus dieser zum Gegner. Während in Tirol die an die Verwaltungsorganisation gewöhnten Stände selbst auf ihren Ausbau drängten, mußte das neue Werk in Niederösterreich den Kampf um sein Dasein gegenüber den neuen Ideen des Königs und dem Widerstand der Stände führen.
Die tirolische Regierung hatte vorerst einen ausgesprochenen Uebergangscharakter, das zeigt sich in der großen Anzahl von Statthaltern, die wohl aus dem Bestreben zu erklären ist, möglichst viele Adelige an der neuen Herrschaft zu interessieren oder ihnen für ihre früheren Dienste eine Pfründe zu verschaffen; in jedem Viertel des Landes wurden daher auch noch zwei Hauptleute eingesetzt145 Schon 1489 ward wegen der großen Kosten und wohl auch wegen der Schwerfälligkeit des Betriebes die Zahl der geordneten Räte, die ständig anwesend sein sollten, auf 10 herabgesetzt146; von diesen gehörten zwei dem geistlichen Stande an, vier waren tirolische und zwei vorländische Adelige, je einer war Vertreter der Städte und der Gerichte. Jetzt war man mit den dem Kollegium angehörenden [Seite: 48] den Finanzbeamten auf die Zahl von 20 Mitgliedern gekommen, ohne diese zählte es immer noch 15, obwohl jetzt dem geistlichen Stande nur der Bischof von Brixen angehörte und Vertreter der Städte und Gerichte überhaupt nicht aufgenommen waren. Man schritt daher Ende 1493 zu einer Verkleinerung des Kollegiums, indem man neun Statthalter und Räte teils entließ, teils anders verwendete147; zwei Personen von der Kanzlei und dem Kammerschreiber wurde gekündet, anderen der Gehalt gekürzt oder nur für den Fall weiter ausbezahlt, daß sie wirklich Dienste leisteten; an die Stelle des Kammermeisters Kaspar Lachsenfelder trat Bartlme Käsler, der bereits in dieser Stellung tätig war. Die Zahl der Statthalter und Räte sank so auf neun herab, wobei die Verweser des obersten Amts eingerechnet sind. Ausdrücklich wurde jetzt auch bestimmt, daß alle Schriftstücke, welche Geld betrafen, im Rate der Statthalter und der Verweser des obersten Amtes beschlossen werden sollten; es wurde also die Vereinigung der Finanzverwaltung mit der allgemeinen Verwaltung, welche bisher nur übungsgemäß stattgefunden hatte, ausdrücklich festgelegt148. Die Entwicklung der Organisation der Verwaltung ging also in den ersten Jahren der Regierung Maximilians den entgegengesetzten Weg gegenüber dem, wie er bisher in den Darstellungen gezeichnet worden war.
Es ist begreiflich, daß infolge der Erhöhung der Rente für den Erzherzog Sigismund und der kostspieligen Verwaltung bei dem großen Schuldenstand die Sanierung des tirolischen Finanzwesens auch bei geringer Beanspruchung durch Maximilian kaum gefördert werden konnte. Die tirolische Finanzverwaltung konnte auch nicht die Mittel liefern, die Max für seine Politik benötigte. Deshalb hat er immer wieder versucht, durch Vertrauensmänner außerhalb der normalen Verwaltung die nötigen Gelder aufbringen zu lassen. Antoni vom Ross und Simon von Hungersbach haben wir kennen gelernt, seit 1492 tritt aber ein anderer Mann auf, der alle anderen verdrängt, Jörg Gossembrot149, Pfleger von Ehrenberg, einer der Verweser des obersten Amtes in Innsbruck und endlich Bruder des Augsburger Großkaufmannes Sigmund Gossembrot. Max scheint [Seite: 49] Gossembrot schon vor Uebernahme Tirols gekannt zu haben, denn er berief ihn sofort in das Regierungskollegium. Gossembrot hat sein Amt nie ständig persönlich ausgeübt, aus seiner Korrespondenz ergibt sich vielmehr, daß er fast immer in Ehrenberg gewohnt hat. Von dort aus besorgte er die Finanzgeschäfte Maximilians.
Gossembrot erhielt die Aufträge Maximilians in finanziellen Angelegenheiten unmittelbar, er fungierte hierin auch als Vermittler zwischen dem König und der Regierung150. An ihn wandte sich der König, wenn er Geld brauchte, an ihn verwies er die Gläubiger, von ihm ließ sich der Hofzahlmeister, der Argentier Casius Haquenay151 Geld anweisen, nach Ehrenberg schrieben die Tiroler Statthalter, wenn sie außerordentliche Erfordernisse nicht aus ihren eigenen Mitteln bestreiten konnten, ja auch der Generalschatzmeister selbst empfing gelegentlich von Gossembrot Geldsummen, Gossembrot hat das Geld zum Teil aus eigenem vorgeschossen, teils im Wege von Anleihen bei Augsburger Kaufleuten aufgebracht, er empfing auch Ueberschüsse aus der Innsbrucker Finanzverwaltung. Seine Hauptgeldquelle scheint aber die Mitgift von 300.000 Dukaten gewesen zu sein, die Blanca Maria Sforza ihrem königlichen Gemahl brachte und die Gossembrot durch Vermittlung der Augsburger Kaufleute, besonders der Fugger, nach Deutschland überführte. Dieses Geld dürfte 1493-1494 die materielle Grundlage für Maximilian gebildet haben. Später mußte Gossembrot auf den gemeinen Pfennig einen Vorschuß von 50.000 fl. geben, da Maximilian auf die Eintreibung der Steuer nicht warten konnte152. Dem gegenüber spielte die Tiroler Finanzverwaltung eine bescheidene Rolle, da die großen Geld- und Kreditgeschäfte alle in der Hand Gossembrots lagen. Da ist es leicht begreiflich, wenn Maximilian einstweilen den Behördenorganisationen in Tirol kein besonderes Augenmerk zuwandte, da Tirol ihm eine genügende Basis für seine Politik nicht bieten konnte. So ergab sich der merkwürdige Zustand, daß Max einen Generalschatzmeister und in den einzelnen Ländern Finanzkollegien oder Beamte hatte, daß er am Hofe über einen eigenen Zahlmeister verfügte und daß der Mittelpunkt [Seite: 50] seiner Finanzwirtschaft Ehrenberg war, daß als der eigentliche Finanzminister Jörg Gossembrot fungierte.
Das Urteil, das wir über diese Finanzwirtschaft Maximilians gewinnen, ist sehr ungünstig. Wahllos werden ordentliche und außerordentliche Einnahmen durcheinander geworfen, die Mitgift Blancas wird wie eine normale, laufende Einnahme zur Deckung augenblicklicher Bedürfnisse verwendet. Wenn sich irgendwo Geld zeigte, wurde es für die augenblicklich dem König am wichtigsten scheinenden Angelegenheiten verwendet, ohne Rücksicht, für welchen Zweck es eigentlich bestimmt war. Casius Haquenay hatte die sorgenvolle Aufgabe, hinter dem Hof herzureisen und die allfällig als Pfand zurückgelassenen Mitglieder des Hofstaats oder die Pferde usw. auszulösen, ja es kommt vor, das der ganze Hof nicht abreisen konnte, weil vorher die Schulden gezahlt werden mußten. Von einer geordneten Buchführung war nicht die Rede, wenn auch Gossembrot153 abgerechnet und anscheinend die verschiedenen Briefe und Zahlungsaufträge als Belege eingereicht hat. Die Geschäfte, bei denen Gossembrot dem König gegenüber als Bankier auftrat, vermischten sich mit solchen, in denen er als dessen Beamter arbeitete. Für die Entwicklung des Behördenwesens aber war es wichtig, daß sich Max selbst an seine Organisationen ebensowenig gehalten hat, wie an irgend einen Finanzplan, sondern daß er, ebenso wie er die verfügbaren Gelder ganz willkürlich verwendete, auch ohne Rücksicht auf Kompetenzverletzungen die Aufträge gegeben hat.
Als die mailändische Mitgift aufgezehrt und der Vorschuß auf den gemeinen Pfennig verbraucht war, scheint allerdings die Tätigkeit Gossembrots, die wohl von der speziellen Betrauung mit der Heraufschaffung der Mailänder Dukaten ihren Ausgang genommen haben dürfte, zurückgegangen sein. Alle diese Einnahmequellen boten schließlich doch nur die Möglichkeit, sich für einige Zeit über Wasser zu halten, waren sie versiegt, so mußte neuerdings versucht werden, durch Anleihen, Verpfändungen und Verkauf von Bergwerkserträgnissen Geld aufzubringen.
Da trat ein Ereignis ein, das für Maximilian in seiner Geldnot [Seite: 51] von großer Bedeutung werden mußte; am 6. März 1496 ist Erzherzog Sigismund von Tirol gestorben. Damit war die Rente von 52.000 Gulden, die er jährlich bezogen hatte, frei, Max konnte diese auch nach Abzug einer Versorgung für die Erzherzoginwitwe noch bedeutende Summe als ständige Aktivpost für seinen Haushalt buchen. Er konnte nun mit den Einkünften von Tirol nach Belieben umgehen, denn bisher hatte er sich doch immer als Treuhänder gefühlt. Es gab jetzt eine Einnahme, die noch nicht verpfändet war und dadurch gewann das tirolische Finanzwesen plötzlich eine besondere Bedeutung für Maximilian, ja es konnte für einige Zeit das finanzielle Rückgrat für seine Politik bilden. Max mochte auch wünschen, sich von dem schon etwas unbequemen Tiroler Regiment frei zu machen154. Vielleicht hoffte er auch, in geordnete Verhältnisse zu kommen. Rasch wurde eine neue Finanzbehörde, die allgemeine österreichische Schatzkammer in Innsbruck155 errichtet, welche die Hauptstelle für den gesamten Finanzdienst werden sollte.
Die Anregung zu dieser neuen Schaffung scheint von Jörg Gossembrot und vom Sekretär Ziprian von Northeim, genannt Sernteiner, ausgegangen zu sein. Sie überbrachten die auf die Schatzkammer bezüglichen Befehle an die Statthalter und Sernteiner übernimmt in der Folge als „Sollizitator" die Vermittlung zwischen dem König und der Schatzkammer, so daß an ihn alle für die Schatzkammer bestimmten Befehle gerichtet werden; er gibt sie dann weiter und überwacht deren richtige Ausführung156.
Die allgemeine österreichische Schatzkammer war eine kollegiale Behörde und bestand aus vier Statthaltern und Räten, zwei Schatzmeistern, dem tirolischen Kammermeister und dem Haus-Kämmerer. Von den vier Statthaltern waren drei (Lienhart Velser, Peter Rumel, Jörg Gossembrot) früher Verweser des obersten Amtes gewesen. Nur Florian Waldauf, den wir schon im Jahre 1491 in einer finanziellen Tätigkeit kennen gelernt haben, ist neu dazugekommen. Der vierte Verweser des obersten Amtes, Rudolf Harber, hat der Schatzkammer als Hauskämmerer angehört. Außerdem waren Mitglieder der Schatzkammer Simon von Hungersbach für Oesterreich, Jean Bontemps für [Seite: 52] Burgund und der Kammermeister Bartlmä Käsler für Tirol. Der Kammerschreiber Christof Stecher und Ulrich Möringer sind gleichfalls vom obersten Amte übernommen worden157. In Bezug auf das Personal war also die Schatzkammer eine mit nicht sehr bedeutender Ausgestaltung verbundene Fortsetzung des obersten Amtes für Tirol, das jetzt zu bestehen aufhörte.
Der Zeitpunkt der Errichtung der Schatzkammer fällt in den Sommer 1496. Obwohl sie als Zentralstelle für das Finanzwesen aller habsburgischen Länder geschaffen worden ist, ist uns keine eigentliche Instruktion bekannt. Es ist sogar sehr fraglich, ob eine solche überhaupt jemals erlassen worden ist. Maximilian hat im August 1496 eine ganze Reihe von Befehlen finanzieller Natur158, Zahlungsaufträge und Vorschriften über die Aufbringung des Geldes gegeben, durch welche die Tätigkeit der Schatzkammer für einige Zeit bestimmt war. Dann hat diese selbst einen Entwurf für eine Ordnung ausgearbeitet und dem König übersandt.159 Eine Genehmigung durch den König ist aber nicht erfolgt und, als diese von Sernteiner betrieben wurde, antwortete der König am 21. Dezember 1496 mit einer Entschuldigung,160 daß er wegen anderer Geschäfte noch nicht Zeit zur Bestätigung der Ordnung gefunden habe; er werde binnen acht Tagen nach Imst kommen und dann die Ordnung aufrichten, dorthin sollten sich auch die Räte, besonders Gossembrot, begeben. Im übrigen möge die Schatzkammer, wenn auch bis dahin die Instruktion noch nicht genehmigt sein würde, sich von Weihnachten angefangen an sie halten. Tatsächlich scheint die Ordnung nicht genehmigt worden zu sein, denn sonst wäre sie wahrscheinlich im Original oder abschriftlich in den ziemlich vollständig geführten Kopialbüchern erhalten. Des Königs Entschuldigung aber beweist, wie wenig ihm an der neuen Schöpfung gelegen war, beziehungsweise wie sehr sein Interesse mittlerweile sich anderen Dingen zugewandt hatte, da die Ergiebigkeit der neuen Einnahmsquelle bald wieder aufgehört zu haben scheint161. Maximilian hatte eine Finanzstelle gewünscht, welche ihm das nötige Geld verschaffte, wie diese sich ihren Dienst zurecht legte, war ihm ziemlich [Seite: 53] gleichgültig, besonders als sie ihrer ursprünglichen Bestimmung nicht oder nicht mehr nachzukommen im Stande war.
Die sachliche Kompetenz der allgemeinen österreichischen Schatzkammer erstreckte sich nach den ihr gewordenen Spezialaufträgen auf das gesamte Gebiet der Finanzen, das Kredit- und Schuldenwesen inbegriffen. Sie war das, was instruktionsgemäß das oberste Amt, sei es, daß es von seinem Manne oder einem Kollegium versehen wurde, für Tirol sein sollte. Das Herauswachsen der Schatzkammer aus dem obersten Amte hatte die Vereinigung der Rechnungskontrolle mit der Finanzverwaltung zur Folge, weil ja die Aufgabe des obersten Amtes seit 1491 wesentlich die Kontrolle gewesen ist, die von den Mitgliedern der Schatzkammer beibehalten wurde. Eine Anordnung, welche diese Vereinigung befohlen hätte, ist nicht bekannt, dürfte auch gar nicht erfolgt sein. Unter der Schatzkammer standen als Einzelbeamte die Schatzmeister, gleichzeitig Mitglieder des Kollegiums, welche die Erledigung der normalen Finanzverwaltung auf Grund der Voranschläge für die ihnen zugewiesenen Gebiete zu besorgen hatten. Oertlich erstreckte sich das Wirkungsgebiet auf die gesamten habsburgischen Länder162. Die Schatzkammer allein sollte das Verfügungsrecht über alle Gelder haben, wie aus einer Mitteilung an den Mautner in Inner- und Vordernberg bei Leoben hervorgeht, wonach der niederösterreichischen Kammer das Anweisungsrecht entzogen war. Deßungeachtet blieb die niederösterreichische Raitkammer in Tätigkeit163, ja es scheint, daß sie von der Kompetenz der allgemeinen Schatzkammer gar nicht in Kenntnis gesetzt worden war, denn sonst wäre wahrscheinlich die Mitteilung an den Mautner nicht notwendig gewesen. Es scheint vielmehr, — was nach den Vorgängen bei Errichtung der Schatzkammer nicht zu verwundern ist, — daß die nach dem Organisationsplan notwendig gewordenen weiteren Verfügungen nicht oder erst viel später erlassen worden sind, so daß die Schatzkammer Aemtern vorgesetzt war, denen dies dienstlich gar nicht mitgeteilt worden ist.
Aber auch in einer anderen Hinsicht macht sich die Mangelhaftigkeit und Flüchtigkeit der Reform bemerkbar. Wenn früher [Seite: 54] die Finanzverwaltung in Tirol von den Statthaltern und Räten, d. i. von der Regierung geführt worden war, so konnte das nicht mehr so bleiben, die Schatzkammer mußte selbständig werden. Das oberste Amt erstreckte sein Wirkungsgebiet ebensoweit wie die Statthalter und Räte, auf die früher dem tirolischen Erzherzog gehörigen Länder. Damals war eine Vereinigung der gesamten Verwaltung leicht durchführbar, aber jetzt konnte doch die tirolische Regierung nicht nebenbei Finanzbehörde für alle Länder werden. Eine allgemeine Verwaltungsreform im Sinne der Errichtung einer Zentralstelle für die gesamte Verwaltung und Rechtssprechung in sämtlichen habsburgischen Ländern war aber nicht geplant. Deshalb war die Lostrennung und Verselbständigung der Finanzverwaltung durch die neuen Verhältnisse bedingt, ohne daß hier irgendwelche theoretische Grundsätze und Ansichten über Verwaltungseinrichtungen mitgewirkt haben müssen. Infolge der großen Raschheit, mit der die Schatzkammer gegründet worden war, hatte man aber vergessen, darauf bezügliche klare Anordnungen zu erlassen. Bei der Durchführung dieser Trennung ergaben sich daher Schwierigkeiten. Die Gläubiger legten eben sehr viel Wert auf die Namen, welche ein Schuldbrief trug. Bisher fanden sie nun die des Brixener Bischofes, Pauls von Liechtenstein und der übrigen Statthalter, weshalb die Schatzkammer diese Herren auch weiterhin um ihre Unterschrift ersuchte. Die Statthalter verweigerten sie jedoch mit dem Hinweise, daß es ihrer nicht würdig sei, Schriftstücke zu unterschreiben, auf deren Beratung und inhaltliche Feststellung sie keinen Einfluß nehmen durften. Der König, dem die Angelegenheit zur Entscheidung vorgetragen wurde, bestimmte daraufhin, daß die Statthalter ihre Unterschrift nicht mehr zu geben brauchten164.
Wie schon erwähnt, hat die allgemeine Schatzkammer schon bald nicht mehr das geleistet, was Maximilian von ihr erwartet und wozu er sie errichtet hatte. So dauerte es daher auch nicht mehr sehr lange und es trat wieder eine Aenderung in der Organisation ein. Max wollte jene Stelle, welche die Gelder verwaltete, in seiner unmittelbaren Umgebung haben. Aus diesem Grunde wurde für die Verwaltung, nicht aber für die Max [Seite: 55] weniger interessierende Rechnungskontrolle die Hofkammer ins Leben gerufen165. Es ist begreiflich, daß auch diese Behörde nicht ganz den Wünschen Maximilians entsprach, denn auch bei ihr kam es ihm nicht in erster Linie auf die Verwaltungsorganisation, sondern auf das finanzielle Ergebnis an. Dieses konnte aber nicht so sein, daß es für den König gereicht hätte. Er hat ja wiederholt die schönsten Vorsätze gehabt und Voranschläge machen lassen und dann auch genehmigt, aber schließlich sich nicht an sie gehalten. Eine Finanzbehörde, auf deren Gebarung Maximilian selbst Einfluß nahm, konnte auf die Dauer nicht bestehen. Hier lag die doppelte Schwierigkeit. Maximilians Politik war so abhängig von den Finanzen, daß beide in engster gegenseitiger Verbindung bleiben mußten. Eine vom Hofe unabhängige und räumlich getrennte Finanzverwaltung konnte politisch nicht entsprechen; eine am Hofe befindliche aber das Finanzwesen nicht sanieren. Das Ende war schließlich der Gossembrotsche Vertrag, der nichts weniger als die Sequestration der öffentlichen Finanzverwaltung bedeutete166. Dadurch, daß Maximilian auf eine bestimmte Rente gesetzt und ihm die Verfügung über die Finanzen entzogen wurde, schien allein noch eine Weiterführung der Verwaltung möglich. Nur die Landesbehörden, die ihre normale Verwaltungstätigkeit hatten, konnten in der in Tirol zur Ausbildung gelangten Form auch weiterhin bestehen.
Waren es bei den Finanzbehörden, der allgemeinen österreichischen Schatzkammer und der Hofkammer, ganz bestimmte finanzielle, nicht eigentlich verwaltungsorganisatorische Absichten, welche den Behörden, soweit Maximilian unmittelbar auf ihre Errichtung Einfluß nahm, das Leben gaben, aber auch ihren kurzen Bestand verschuldeten, so traten bei anderen Hofbehörden, wie beim Hofrat rein politische Beweggründe wirksam auf. Der Hofrat sollte ein Gegengewicht gegenüber dem Reichskammergericht sein. Dadurch war aber sein Bestand und seine Wirksamkeit, sowie auch das Interesse Maximilians an ihm an eine bestimmte politische Konstellation geknüpft. Beim Hofrat tritt die politische Absicht übrigens auch in der Wahl des Präsidenten und seines Stellvertreters klar hervor. Als solche [Seite: 56] wurden der Herzog von Sachsen und der von Bayern bestellt. Auch durch die Personen, welche bei den Behörden tätig waren, sollte deren Ansehen und Bedeutung gehoben, ja überhaupt das Amt so richtig lebensfähig gemacht werden. Schon bei der Finanzordnung von 1487 für Burgund lassen sich solche Tendenzen feststellen. Maximilian hat in das Kollegium neben einem unbedingten Anhänger hohe Adelige des Landes genommen, um das Kollegium lebensfähig zu machen und ihm Autorität und Vertrauen im Lande zu verschaffen, der ständischen Opposition die Spitze abzubrechen167. In demselben Sinne scheint mir die Bestellung eines so großen Kollegiums für das Regiment in Innsbruck und die Berufung des Brixener Bischofes in dasselbe zu beurteilen zu sein. Aber gerade bei der Berufung des Brixener Bischofes hat m. E. noch eine Erwägung mitgewirkt, nämlich die, daß es bei Kollegien notwendig sei, durch eine persönlich hervorragende Spitze eine feste Leitung zu sichern, ein Gedanke, den Maximilian offen bei der Bestellung des Markgrafen von Baden zum Statthalter von Luxemburg und Chiny ausgesprochen hat. Und als der Brixener Bischof infolge anderer Verwendung aus dem Tiroler Regiment ausschied, wurde er durch einen einflußreichen tirolischen Adeligen, Michael von Wolkenstein, ersetzt, der mit außerordentlicher Autorität ausgestattet wurde168.
Wir haben damit die Anfänge der maximilianischen Reformen soweit kennen gelernt, um uns ein allgemeines Bild verschaffen zu können169. Wir sehen, daß Behördenorganisationen nun einmal nicht immer eine rein administrative, sondern auch eine politische oder finanzielle Angelegenheit waren. Eine Behörde muß sich den politischen Verhältnissen anpassen, muß Autorität haben und arbeitsfähig sein. Darüber sich Gedanken zu machen, hatte das Oberhaupt des Deutschen Reiches im Zeitalter Bertolds von Henneberg Gelegenheit und Anlaß genug. Die Kämpfe um die Reichsform, die zum Teil auf Behördenorganisationen hinauslief, hatten schon vor dem Regierungsantritt Maximilians begonnen170, er selbst wurde unmittelbar nach der Uebernahme der Regierung in sie hineingezogen und dadurch gezwungen, zu diesen Fragen Stellung zu nehmen, ein Umstand, der sicherlich [Seite: 57] seine ganze Denkungsweise beeinflußt hat. Seine Anpassungsfähigkeit und geistige Gestaltungskraft aber ließ ihn rasch die neuen Ideen zu einem Systeme ausbauen. Auch seine eigenen Behördenorganisationen waren zumeist politische Schachzüge oder finanzielle Maßnahmen, die nicht verwaltungstechnische Neuerungen zum Endziel hatten. Traten daher in den Voraussetzungen Aenderungen ein, so ließ er selbst seine Schöpfungen ohne Bedenken oder schmerzliche Gefühle jählings fallen oder langsam eingehen. So erklärt sich der starke Wechsel in jenen Organisationen, mit denen er selbst zu tun hatte, so wird es auch begreiflich, daß Maximilian erst eigene, kollegiale Behörden (wie die Finanzbehörden) schuf, dann aber bald nach ihrer Errichtung wieder mit anderen Einzelbeamten arbeitete und so selbst eine konkurrierende Nebenregierung einführte, die die eigentliche Verwaltung ausschaltete. Max hatte gewiß immer die besten Absichten und Vorsätze, er sah die Notwendigkeit der Selbstbeschränkung besonders in der Geldgebarung ein, aber seine Unbeständigkeit und der Mangel an Selbstzucht, sowie die Ueberschwenglichkeit in den Erwartungen, die er an die Tätigkeit der Behörden knüpfte, ließen ihn das Interesse bald verlieren, wenn seine Einbildungskraft just anderen Plänen nachjagte oder seinen Hoffnungen die sofortige Erfüllung versagt blieb.
So wird es auch begreiflich, weshalb er sich um die innere Organisation nur so weit kümmerte, als sie für seine politischen Ziele von Wichtigkeit schien171. Deshalb nahm er es auch ruhig hin, daß seine Ideen gar nicht zur Ausführung kamen, wie dies bei den Verwesern des obersten Amtes der Fall war. So konnte es geschehen, daß er die Instruktion einer Behörde, die ihm zur Genehmigung vorgelegt wurde, nicht einmal durchsah, sondern es schließlich dieser überließ, sich nach der selbstverfertigten Ordnung zu halten. Wir vermissen bei Maximilians ersten Organisationen die große Linie, einen bestimmten, weitausgreifenden Plan, die „Reformen" bezeichnen sich als die Uebernahme der tirolischen Einrichtungen unter besonderer Bedachtnahme auf die politischen Verhältnisse, im übrigen aber setzten sie sich aus einer Reihe von Augenblicksmaßregeln zusammen.[Seite: 58] Später aber tritt bei Maximilian im Vergleiche zu seinen ersten Regierungsjahren eine gewisse Organisationsmüdigkeit ein, vielleicht ging ihm auch der Glaube an den Erfolg von Reformen verloren172. Bei der Schatzkammer tritt nun ein wichtiger Gedanke hervor, der der Errichtung einer Behörde für alle habsburgischen Länder. Ob Max hiebei das burgundische Recht im Auge gehabt und ob er die Anregung zur Errichtung einer Zentralverwaltung — um diese zwei Dinge würde es sich bei der Uebernahme handeln — aus Burgund genommen hat, nachdem dort die Verhältnisse genau so wie in Oesterreich lagen, d. h. auch eine Reihe von Provinzen durch eine landesfürstliche Zentralverwaltung zusammengehalten werden mußte, ist nicht sicher zu sagen, denn Maximilian spricht sich über die letzten Gründe für diese Schöpfung nicht aus. Wir müssen die Frage hier offen lassen, als eine notwendige Erklärung brauchen wir das burgundische Muster keineswegs, aber ebensowenig wird sich nachweisen lassen, daß eine Einwirkung nicht stattgefunden habe. Maximilian war nicht mehr ein mittelalterlicher Territorialfürst, der in patriarchalischer Weise als Landesvater und als großer Gutsherr, nachdem einmal die Landeshoheit durchgesetzt war, in der Verwaltung seiner Länder aufging. Er war in erster Linie Diplomat und Politiker, der sich um die Verwaltung seiner Länder nur so weit kümmerte, als er sie und ihre Hilfsquellen für seine politischen Zwecke brauchte. Unzweifelhaft war es ihm unmöglich und — können wir hinzusetzen — auch gar nicht erwünscht, in den vielen und verschiedenartigen Ländern seines Hausbesitzes als Landesfürst unmittelbar die Regierung zu führen, außerdem im Reiche der Kaiser zu sein und in Europa in alle Händel entscheidend einzugreifen. Da tritt nun sofort die in seiner Anpassungsfähigkeit wurzelnde, ans Phantastische grenzende Gestaltungskraft seiner Gedanken zutage. Rasch hat er die Form getroffen oder mit einer vorhandenen sich abgefunden, in welche das System gegossen werden sollte, die von ihm aber ebenso rasch vielleicht wieder verworfen wurde, wenn sein unruhiger Geist neue Pläne erwog oder den Erfolg nicht erwarten konnte. Klar erkennen wir die Stellung Maximilians in Bezug auf die technische Ausgestaltung der Organisationen. [Seite: 59] Er war allerdings in dieser Hinsicht nicht der grundsätzliche Neuerer, sondern der Fortsetzer, seine Tätigkeit stellt einen Abschnitt in der Entwicklung, nicht aber den Ausgangspunkt schlechtweg dar. Nun leiden aber alle Verwaltungsorganisationen an Kinderkrankheiten, sie brauchen Zeit, um sich einzuleben. Die hat aber Maximilian seinen persönlichen Schöpfungen nicht gelassen.
Maximilian wird als der Schöpfer des kollegialen Behördensystems oder als dessen mächtigster Förderer bezeichnet173; wir haben gesehen, daß dieses schon vor seinem Regierungsantritt in Tirol ausgebildet gewesen ist. Wir konnten auch feststellen, daß das kollegiale System eine Folge der behördlichen Tätigkeit von Verwaltungsstellen war. Ueberall dort, wo die Ausübung der Verwaltung ganz oder zum Teil auf dem freien Ermessen, also letzten Endes auf Willkür beruhte, machte sich das Bedürfnis geltend, eine beschränkende Kontrolle zu haben. Diese konnte geschehen durch den Landesfürsten selbst, oder durch Verteilung der Gewalt auf Kollegien, allenfalls durch die Kontrolle von Kollegien oder verfassungsmäßigen Vertretungen gegenüber Einzelbeamten, schließlich auch durch ein genau umschriebenes Amtsrecht, das die Tätigkeit der einzelnen Funktionäre in bestimmte und feste Schranken wies. Die Bestrebungen, den richtigen Ausgleich zu treffen zwischen der notwendigen Initiative und Aktionsfreiheit des Einzelnen und der Beschränkung und Sicherung gegen willkürliche und schädliche Eigenmächtigkeiten ist ja von altersher und noch heute das wichtigste Problem der Verwaltungsorganisation. Daß in der Zeit Maximilians im allgemeinen die einzige Lösung dieser Schwierigkeit die kollegiale Verfassung der Behörden bildete, braucht nicht besonders begründet zu werden. Für selbständige Behörden, deren Tätigkeit weder vom Monarchen noch von den Ständen oder einer Volksvertretung kontrolliert und durch Gesetze nicht genau umschrieben werden konnte, war von besonderen, zeitlich immer begrenzten Vertrauensmandaten abgesehen, immer nur die Kollegialität möglich. Kollegialität ist Machtverteilung und gegenseitige Kontrolle, die Art der Durchführung ist nach der Ueberwindung des verschiedenartig begründeten Absolutismus [Seite: 60] der Inhalt aller Verfassungskämpfe174. Von Maximilian wissen wir, daß er sich bei der Bestellung seines Vetters zum Statthalter in Luxemburg nicht als unbedingten Anhänger der Kollegialität gezeigt hat. In Tirol aber hat er das kollegiale System, freilich unter einem gewissen politischen Zwange, übernommen, aber auch gleich mit einem glücklichen politischen Griff benützt, um möglichst viele Adelige an seiner Herrschaft zu interessieren; das Innsbrucker Regiment könnte man vielleicht mit einem modernen Ausdrucke als ein Konzentrationskabinett bezeichnen. Damit war durch Max für eine lange Zukunft die Kollegialität als die Form einer Behörde sanktioniert. Bei der Finanzverwaltung war Max eigentlich wegen der rascheren und einfacheren Arbeit und wegen seiner persönlichen Interessen und Mitwirkung immer mehr ein Anhänger des Einzelbeamtentumes. Für die Ersetzung des obersten Amtmannes durch ein Kollegium haben wir die besonderen Gründe, die nicht prinzipieller Art waren, kennen gelernt, die kollegiale Einrichtung der Schatzkammer war damit gegeben, weil die Schatzkammer nur eine Ausgestaltung des obersten Amtes durch Erweiterung der Kompetenz war. Von da ist sie auch auf die Hofkammer übergegangen; das war aber der Grund, weshalb die Hofkammer nur eine kurze Lebensdauer hatte, da sich die kollegiale Form für ein ausführendes Organ des wechselnden Willens des Herrschers wenig eignete.
Für Tirol erschien uns ein Gegensatz zwischen monarchischen und ständischen Organisationsformen insoferne nicht berechtigt, als die Form mit einem geänderten Inhalte übernommen worden ist. In verwaltungstechnischer Hinsicht hat sich das Behördenwesen ohne jede Zaesur von rein monarchischen Hilfsorganen zur ständischen Regierung entwickelt und ist dann unter Beibehaltung der Form zur monarchischen Behörde übergeleitet worden. Freilich war bei dieser Entwicklung auch die eigenartige Stellung der Stände, die nicht im Sinne des ständerechtlichen Dualismus arbeiteten, ein entscheidender Faktor. Mit Recht hat Rachfahl auf den Unterschied zwischen den Instruktionen aus der Zeit Maximilians und jenen aus der Zeit Sigismunds, auf die größere Klarheit und Vollständigkeit und auf [Seite: 61] den bedeutend gewachsenen Umfang hingewiesen. Halten wir uns aber den Zweck und die Aufgabe der Instruktionen vor Augen. Die Ordnungen aus der Zeit Sigismunds legen in groben Umrissen den Geschäftsgang, die Art der Beratung und Schlußfassung fest; es ist leicht zu erkennen, daß sie nur Zusätze und Abänderungen zu einem in der Tradition schon bestimmten Systeme bilden. Vergebens sucht man Kompetenzabgrenzungen, Aufzählung einzelner Materien, der Rat soll „in unser sachen" schauen, mehr war nicht notwendig, solange es sich um ein Hilfsorgan des Herrschers handelte. Schon viel ausführlicher sind die Instruktionen von 1481 und dann gar jene von 1487-1489; als die Tätigkeit einer mehr oder weniger selbständigen Kuratelregierung zu regeln war, da war es schon notwendig, eine allgemeine Geschäftsordnung zu erlassen. Vergleichen wir aber damit die Regimentsordnung von 1499, so ist doch ein weiterer großer Fortschritt unleugbar, obwohl der Geschäftskreis im ganzen derselbe geblieben ist. Sicher war ein Grund dafür die größere stilistische Fertigkeit der Verfasser. Es war aber auch ein anderes Bedürfnis vorhanden. Der alte landesfürstliche Rat war ein weiches, jeder Umbildung fähiges Organ, das eine genaue Instruktion gar nicht brauchte, da er kein behördliches Recht besaß und seine Tätigkeit jederzeit vom Landesfürsten bestimmt, kontrolliert und korrigiert wurde. Gegenüber diesen patriarchalisch-traditionellen Verhältnissen mußte für eine „Behörde" die Kompetenz genau umschrieben und abgegrenzt werden, weil ihre Tätigkeit von der Anwesenheit und Mitarbeit des Herrschers unabhängig sein mußte. Das allgemein gehaltene Mandat Maximilians von 1490 genügte jetzt nicht mehr, es bedurfte einer festen juristisch unanfechtbaren Form, da der neuen Instruktion wesentlich konstitutive Bedeutung zukam. Es ist aber bezeichnend, daß die Anregung zur Abfassung der neuen Regimentsordnung von 1499 gar nicht von Maximilian selbst ausging.
Zur gleichen Zeit wurde auch die Tätigkeit der Behörden nicht bloß in Tirol stark erweitert und vertieft, der staatlichen Verwaltung wuchsen Aufgaben und Pflichten zu, die früher nicht beachtet wurden. In Tirol kam als besondere Aufgabe für die öffentliche Verwaltung damals noch die Versorgung des durch [Seite: 62] die Bergwerksbetriebe stellenweise stark übervölkerten und getreidearmen Landes mit Nahrungsmitteln dazu. Auf den Unterschied zwischen Tirol und anderen deutschen Territorien, daß in Tirol die landesfürstliche Gewalt in den untersten Instanzen nicht so vollkommen ausgeschaltet war, daß hier aus sozialen und ständepolitischen Gründen einer starken Zentralgewalt keine besonderen Hindernisse im Wege standen, ist auch schon hingewiesen worden, ebenso wie auf das Moment des festen Sitzes der Verwaltungsorgane und der fast ständigen Abwesenheit des Monarchen vom Lande.
Es wäre nun allerdings wichtig zu wissen, in wie weit die wichtige Tatsache der Uebernahme der alttirolischen Verwaltung und deren Uebertragung auf die anderen Länder, besonders auf Niederösterreich, das persönliche Werk des Königs selbst gewesen ist. Bei der Besprechung der Organisationen in Niederösterreich wurde schon auf die Wirksamkeit des Kanzlers Dr. Konrad Stürtzel hingewiesen, er dürfte es gewesen sein, der die Organisation durchgeführt hat. Stürtzel ist auch weiterhin in der Umgebung des Königs geblieben und konnte so seinen Einfluß ausüben. Neben ihm taucht jedoch bald der Sekretär Ziprian Sernteiner auf, der auch aus der tirolischen Verwaltung hervorgegangen war und zuerst Sollizitator bei der niederösterreichischen Regierung175 wurde, wo er den Verkehr mit dem König vermittelte, aber auch das Regiment überwachte und so für die wirkliche Anwendung der tirolischen Verwaltungsgrundsätze Sorge tragen konnte. Wenn auch der Anteil der beiden Männer an den Organisationen Maximilians im einzelnen noch nicht ganz klar gelegt ist, so scheint es doch sehr wahrscheinlich, daß sie die verwaltungstechnischen Einzelheiten auszuarbeiten hatten. Diese beiden hervorragenden Berater Maximilians sind aber gebildete Juristen gewesen, Stürtzel war sogar eine Zeit lang Professor an der Freiburger Universität. So werden auch die von Walther auf Rechnung des internationalen Diplomatentums gesetzten humanistischen Elemente ungezwungen erklärbar.
Das Bild von Maximilian als „Organisator" verliert durch unsere Ausführungen allerdings an Farbe, gewinnt aber vielleicht an Natürlichkeit, denn es wurde durch die bisherigen Schilderungen [Seite: 63] die Frage, weshalb eigentlich Maximilian Reformen durchgeführt hat, nicht restlos beantwortet.
Ueberblicken wir die dauernden Ergebnisse der organisatorischen Tätigkeit Maximilians im ganzen, so kommen wir zu dem Schlusse, daß von seinem persönlichen Werke wenig übrig geblieben ist. Nur diejenigen Behörden, die nicht unmittelbar mit ihm ständig zu tun hatten, konnten sich ruhig und allmählich entwickeln und einleben, das waren die Landesstellen, die in der damals festgelegten Form durch Jahrhunderte in Bestand geblieben sind. Sie sind allerdings nicht eine Schöpfung Maximilians, sondern aus Tirol von ihm übernommen worden. Dadurch aber, daß er sie auch auf die niederösterreichischen Länder übertragen hat, hat er eine Gleichartigkeit der Verwaltungsorganisation der zweiten Instanz bewirkt, die das Werden des habsburgischen Gesamtstaates und den späteren Ueberbau einheitlicher Zentralstellen ermöglichte. Maximilians Zentralstellen waren kurzlebig, aber die Idee, gesamtstaatliche Verwaltungsbehörden zu schaffen, wurde zu seiner Zeit der dauernden Verwirklichung nahegebracht und damit zugleich das Fundament für die späteren gelegt. Darin lag die politische Bedeutung der Reformbestrebungen Maximilians. Die äußeren Organisationsformen der Landesbehörden hat Max auch auf die Aemter am Hofe angewandt, aber deren Bestand war eine politische Angelegenheit und konnte daher die politischen Konstellationen, die ihre Errichtung zur Folge gehabt haben, nicht überdauern. In verwaltungsrechtlicher Hinsicht war der große Schritt, der unter Maximilian gemacht wurde, die Anerkennung der Verwaltungsorgane als Behörden, wodurch ein eigenes Behördenrecht und damit die Grundlage für die ganze neuzeitliche Entwicklung des Behördenwesens in Oesterreich und Deutschland geschaffen wurde. Hier hat Maximilian als moderner Fürst gedacht und danach gehandelt. Diese beiden Gedanken, die in den habsburgischen Ländern unter Max, zum Teil auch durch ihm wirksam geworden sind, haben durch die Anregung, die von ihnen ausging, weitergelebt und weitergewirkt. Dort aber, wo Maximilian selbst organisiert hat, hat er ebensoviel zerstört, als er geschaffen hat. [Seite: 64]
In der bisherigen Darstellung wurde nur die tirolische Verwaltung und die Tätigkeit Maximilians berücksichtigt, dagegen wurde eine Gegenüberstellung mit den Verwaltungszuständen in anderen deutschen Territorien vermieden, weil die Herstellung von Vergleichen und Analogien leicht zur Annahme ursächlicher Zusammenhänge führen könnte, die aber keineswegs nachgewiesen sind. Um aber die Bedeutung der Verwaltungsreformen in den österreichischen Ländern für die Organisation der Verwaltung in den deutschen Territorien würdigen zu können, ist es vor allem notwendig, die Entwicklungsstufe zu bestimmen, auf welcher am Beginne der Neuzeit die deutsche Territorialverwaltung hielt.
E. Rosenthal hat eine Geschichte der Verpflanzung der österreichischen Verwaltungsorganisationen in andere deutsche Territorien versprochen176, aber dieses Versprechen leider bisher noch nicht eingelöst. Immerhin führt er schon einige bemerkenswerte Hinweise an177. Im Folgenden soll versucht werden, aus der mittlerweile erschienenen Literatur über Verwaltungseinrichtungen in einzelnen Territorien Ergänzungen zusammenzutragen, die aber nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben wollen. In dieser Zusammenstellung beschränke ich mich auf die zweite Hälfte des 15. Jahrhundertes, da ein weiteres Zurückgehen für unsere Zwecke nicht notwendig erscheint.
In Bayern178 bestand ein landesfürstlicher Rat, dessen Mitglieder gleichzeitig als Beisitzer im Hofgericht tätig waren. Der Rat ist zeitweise eine verfassungsmäßige Einrichtung, an deren Mitwirkung der Landesfürst gebunden ist; der Einfluß der Stände hat zur Ausbildung der Kollegialität, zur Festsetzung der Zahl der Mitglieder, zur Hebung des Ansehens und der Autorität, die Verbindung mit dem Hofgericht zur Entwicklung des selbständigen Entscheidungsrechtes beigetragen. Die Mitgliedschaft war nicht auf die Stände beschränkt, seit der Mitte des 15. Jahrhunderts kamen dauernd gelehrte Juristen unter den Räten vor und die Stände begnügten sich schließlich damit, daß die Zahl der ständischen Mitglieder mit jener der Juristen in einem bestimmten Verhältnisse stand. Eine feste Form erhielt [Seite: 65] der Rat im Jahre 1466, einen behördlichen Charakter im Jahre 1489, als den „geordneten Räten"179 eine selbständige Entscheidungsbefugnis in Rechts- und Verwaltungssachen gegeben wurde. Ihren Abschluß erhielt diese Entwicklung durch die auf Forderung der Stände erlassene Landesordnung von 1501180 über die Hofräte und das Hofgericht. Eine reichere Ausbildung erfuhr dieses System erst nach der Mitte des 16. Jahrhunderts181. In sachlicher Hinsicht erstreckte sich die Kompetenz des Rates auf jene Gegenstände, die ihm der Herzog zuwies, er führte auch bei dessen Abwesenheit die Stellvertretung.
Der herzogliche Rat in Bayern hat sich überraschend ähnlich wie der tirolische entwickelt, sogar zeitlich fallen die wichtigsten Epochen fast vollständig zusammen. Die „geordneten Räte" von 1489 unterscheiden sich von jenen in Tirol nur gradmäßig, wie dies durch die politische Lage bedingt war, aber nicht grundsätzlich. Während Rosenthal annimmt, daß 1501 das Muster des maximilianischen Hofrates durch Herzog Georg, der selbst diesem angehört hatte, nachgebildet worden sei, scheint S. Riezler182 darin eine solche nicht zu erkennen, wenigstens spricht er nirgends von einer Nachahmung. Der Hofrat Maximilians, der inzwischen schon wieder fast eingegangen war, war behördentechnisch eine Nachbildung des tirolischen Musters, das in Bayern schon ein Gegenbeispiel gefunden hatte. Die Landesordnung in Bayern von 1501 spricht übrigens auch nicht von der Errichtung eines neuen Hofrates, sondern gebraucht nur den Ausdruck „Hofräte"183, meint aber den früheren Rat. Da schließlich die Landesordnung, deren Zweck es war, Mißstände in der Verwaltung abzustellen, auf Anregung der Stände erlassen worden ist, möchte ich von einer Uebertragung des österreichischen Musters nicht sprechen. Rosenthal hat zwar selbst wiederholt den ephemären Charakter derjenigen Behörden betont, die ihre Entstehung dem Eingreifen Maximilians verdankten, hat aber doch, wie mir scheinen will, diesen Organisationen ein Maß von Vollkommenheit zuerkannt, das in Wirklichkeit erst bei jenen Ferdinands I. — und von diesem sind ja Rosenthals Forschungen ausgegangen — erreicht wurde! Der Unterschied zwischen den Verwaltungsorganisationen Maximilians und jenen Ferdinands [Seite: 66] war doch größer, als nach den Instruktionen angenommen werden könnte, weil die Anordnungen Maximilians vielfach auf dem Papiere geblieben und gar nicht verwirklicht worden sind. Ich sehe daher in der Ausbildung der bayrischen Ratsverfassung eine organische Entwicklung, die erst viel später, im 16. Jahrhundert, in ihrer äußeren Einrichtung nach dem Muster des Kaiserhofes ausgestaltet wurde.
Weniger reich entwickelt war gegenüber Tirol die bayrische Finanzverwaltung184, für welche es lange Zeit eine einheitliche Zentralstelle überhaupt nicht gegeben hat. Besonders lange hat es gedauert, bis die Leitung des Finanzwesens selbständig wurde, denn noch bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts war diese dem Hofrate überlassen. Es fehlte in Bayern jene Stelle, welche für Tirol so wichtig geworden ist, die des obersten Amtmannes, der zwar auch dem Rate untergeben war, in Wirklichkeit jedoch ganz selbständig arbeitete. Mit ihm hatte die tirolische Verwaltung ein Organ für die Finanzverwaltung, nicht bloß für die Zentralkassenführung. Dagegen gab es auch in Bayern einen Kammermeister und für die Buchführung einen Kammerschreiber, deren Aufgaben sich mit den gleichnamigen Beamten in Tirol deckte. Der ungünstige Stand der Finanzen führte im Jahre 1550 zur Errichtung einer Hofkammer, diese „trat an die Stelle des Kammermeisters, in welchem bisher die Finanzverwaltung des Landes ihre leitende Spitze gehabt hatte, anderseits an die Stelle des Hofrates, von welchem die kollegialer Beratung und Beschlußfassung bedürftigen Kammersachen bisher mitbearbeitet worden waren"185 Unter der Hofkammer standen die Rentmeister für die Provinzialverwaltung, die also nicht kollegial, sondern bureaukratisch organisiert blieb. In den habsburgischen Ländern findet sich als Gegenbeispiel die Organisation der niederösterreichischen Kammer, da auch hier der kollegialen Kammer Einzelbeamte für die Länder unterstellt waren.
Die Entwicklung nimmt in Bayern den gleichen Weg wie in Tirol, nur mit einem zeitlichen Abstand von zirka 60 Jahren. Hier ist allerdings an eine Einwirkung des österreichischen Muster zu denken, aber nicht der Organisationen Maximilians, sondern jener Ferdinands. Herzog Georg hat die Einrichtungen der [Seite: 67] Finanzverwaltung Maximilians, die er jedenfalls auch kannte, nicht als nachahmenswert gefunden, sonst hätte er wohl irgendeine Neuorganisation in dieser Richtung getroffen.
Einfacher als in Bayern war die Verwaltung in Württemberg186) organisiert. Es gab auch dort einen landesfürstlichen Rat, dessen Mitglieder im Hofgericht tätig waren, auch dort wurde für die vormundschaftliche Regierung ein Kollegium eingesetzt, allein die oberste Leitung der Verwaltungsgeschäfte blieb in normalen Zeiten in den Händen von Einzelbeamten, in erster Linie des Landhofmeisters. In Württemberg trat im Jahre 1514 infolge der Verlegung des Hofgerichtes nach Tübingen, an dem nur selten Mitglieder des Rates teilnahmen, eine Scheidung der Justiz von der Verwaltung ein. Sonst ist es aber in Württemberg noch nicht zur Einführung einer geschlossenen Ratsverfassung gekommen.
Dagegen war die Organisation der Finanzverwaltung sehr ähnlich der in Tirol, gab es hier doch seit dem Jahre 1481 einen Kammermeister, der nach seinen Aufgaben dem obersten Amtmannne in Tirol entsprach187, während der Landschreiber die Agenden des tirolischen Kammermeisters versah. An einen Zusammenhang mit Tirol dürfte aber nicht zu denken sein, ich möchte vielmehr als einen Hauptgrund für die Errichtung dieser Stelle das Fehlen eines kräftigen und geschlossen Rates ansehen.
Eine Aenderung in der württembergischen Verwaltung trat erst nach der Wiedereroberung des Landes durch Herzog Ulrich ein, indem 1534 ein Hofrat und eine Rentkammer, beide kollegial organisiert, errichtet wurden. Allerdings konnte das Finanzwesen zunächst seine Selbständigkeit nicht dauernd behaupten, seine Leitung kam an den Hofrat und wurde erst 1597 wieder abgetrennt. Bei Württemberg braucht es wohl keinen näheren Beweis, daß im Jahre 1534 die Verwaltung, nachdem durch die österreichische Besetzung die Kontinuität unterbrochen war, nach dem österreichischen Muster neugebildet worden ist.
Auf den gleichen Stil, wenn auch etwas einfacher als in Württemberg, war die Verwaltung in Baden zugeschnitten.188 Auch dort finden wir im Mittelalter keine kollegialen Organe, selbst das aus verschiedenen Beisitzern zusammengesetzte Hofgericht [Seite: 68] bildete kein geschlossenes Kollegium. An der Spitze der Verwaltung stand der Landhofmeister, der hierin den Landesfürsten vertrat, Vorsitzender des Hofgerichtes war und zugleich als Haupt der gesamten Finanzverwaltung fungierte. Für die Finanzverwaltung gab es noch einen Landschreiber, der eine dem tirolischen Kammermeister ähnliche Stellung hatte. Außerdem besaß die Kanzlei einen gegen Ende des 15. Jahrhunderts durch die Person des Kanzlers steigenden Einfluß.
Unter dem Markgrafen Christof, dem Vetter Maximilians und Statthalter in Luxemburg und Chiny, wurden in Baden mehrere Reformen durchgeführt, mit welchen durch Dr. Jakob Kirser und Dr. Hieronymus Vehus zum Teil römisch-rechtliche Anschauungen eingeführt wurden. Die Reformen zielten in erster Linie auf eine Verbesserung der Verwaltung ab, sie brachten jedoch nicht die kollegiale Organisation. Die Verhältnisse waren in Baden kleiner und einfacher als in Tirol, man mochte den großen Apparat einer kollegialen Verwaltung wegen der Kostspieligkeit vermeiden, aber es verdient doch Beachtung, daß der Vetter und Vertraute Maximilians, der selbst dem Humanismus nahe stand, ebensowenig wie der bayrische Herzog bei der Finanzverwaltung seinem Lande eine Organisation nach den vermeintlichen Ideen Maximilians gab, obwohl von dem Statthalter in Luxemburg, der die Vollmacht erhalten hatte, die Verwaltung nach Belieben einzurichten, anzunehmen ist, daß seine Ansichten von vorneherein mit denen des Vollmachtgebers übereinstimmten.
Wenn dann in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die kollegiale Behördenverfassung auch eingeführt worden ist, so geschah dies natürlich nicht in unmittelbarer Nachahmung maximilianischer Organisationen, sondern der ferdinandeischen, so wie diese an den deutschen Fürstenhöfen Eingang gefunden hatten.
Noch einfacher als in Baden lagen die Verhältnisse in Braunschweig189, wo am Ausgange des Mittelalters der Kanzler allein alle Staatsgeschäfte leitete, bis er endlich im Jahre 1535 einen kollegialen Rat zugeteilt erhielt. Die Kanzlei hatte die Korrespondenz und die Entscheidung von Justizsachen in höchster Instanz, sie war also oberster Gerichtshof des Landes und wurde in dieser Hinsicht nach dem Muster des Reichskammergerichtes [Seite: 69] eingerichtet. Die Verschuldung des Landesfürsten führte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Schaffung einer kollegialen Kammer; damit hatte auch Braunschweig die Grundzüge jener Verwaltungsorganisation übernommen, welche damals in allen Territorien zur Einführung gelangt war.
Im Kurfürstentum Mainz190 bestand ein Hofgericht, das seit dem Jahre 1516 mit eigenen Beisitzern besetzt war, die Verwaltung wurde vom Kurfürsten mit einigen adeligen und gelehrten Räten besorgt. Diese Räte waren noch nicht ständig am Hofe und bildeten noch kein geschlossenes Kollegium. Erst im Jahre 1522 wurde von Erzbischof Albrecht II. ein Kollegium von „geordneten" Räten errichtet; diese Reform ergab sich aber aus den besonderen damaligen Verhältnissen in Mainz. Der Erzbischof mußte viel außer Landes sein, weil er außer Mainz noch Magdeburg und Halberstadt besaß. Wegen der ungünstigen finanziellen Lage weigerte sich das Domkapitel seinerseits die Stellvertretung in der Regierung zu übernehmen, so daß der Erzbischof gezwungen war, anderweitig Vorsorge zu treffen. Es tritt hier die Erscheinung zu Tage, daß ein Fürst, der mehrere Länder besaß, eher zur Errichtung von „Behörden" schreiten mußte als solche, die immer in ihrem Lande weilten. Außerdem entsprach diese Institution den Wünschen der Stände, an welche der Erzbischof mit Steuerforderungen herantreten mußte. Aus diesem Grunde errangen die Stände auch einen weitgehenden Einfluß, den sie allerdings nach der Niederschlagung des Bauernaufstandes wieder verloren. Der Rat blieb aber als kollegiale Behörde bestehen und hatte die Leitung aller Geschäfte einschließlich der Finanzverwaltung inne, für die er das Anweisungsrecht ausübte. Das Finanzwesen war ursprünglich vom Marschall geleitet worden,191 dem ein Kammerschreiber zur Seite stand. Dieser wurde durch die Reform von 1522 zum Leiter der Finanzverwaltung, wobei er dem disponierenden Rat unterstellt wurde. Die Finanzverwaltung wurde zwar im 16. Jahrhundert mit einer größeren Zahl von Beamten ausgestattet, allein die Umbildung in ein Kollegium erfolgte erst im 17. Jahrhundert.
Wir sehen auch bei Mainz den engen Zusammenhang des Rates mit dem Gerichte und das Aufkommen von kollegialen Behörden [Seite: 70] am Beginne des 16. Jahrhundertes für die allgemeine Verwaltung und ein Jahrhundert später für die Finanzen. Die mainzischen Verwaltungsorganisationen haben in ihrer Entwicklung im Mittelalter keineswegs die Stufe der tirolischen erreicht. Erst im 16. Jahrhundert wurde ein rascher Schritt nach vorwärts gemacht. Die Reformen wurden aber durch äußere Anlässe herbeigeführt; bemerkenswert ist dabei, daß die Anteilnahme der Stände wie in Bayern oder Tirol eine verfassungmäßige Organisation zur Folge hate, die dann ohne technische Aenderung durch Ausschaltung des ständischen Einflusses in eine rein monarchische übergeleitet wurde. Eine Nachahmung der maximilianischen Organisationen ist nicht nachweisbar und auch nicht anzunehmen, da kollegiale Behörden zur Zeit ständischer Vorherrschaft schon vor Maximilian in Deutschland ganz allgemein vorkommen.
Ueber die Einrichtung der Zentralverwaltung in Köln unterrichtet uns eine interessante Hof- und Kanzleiordnung192, die Erzbischof Rupprecht im Jahre 1469 erlassen hat. Durch diese Ordnung wurden alle Regierungsrechte auf einen Rat von vier Männern übertragen und zugleich die Ausübung der Verwaltung geregelt. Wir erfahren, daß es außer dem Rat der vier Männer noch andere Räte gab, daß ein Hofgericht bestand, daß die Finanzverwaltung von einem Rentmeister besorgt und die Rechnungskontrolle von einem Kollegium, in dem auch einer der vier Räte saß, ausgeübt wurde, sowie daß für eine gut arbeitende Kanzlei vorgesorgt war. Die Ordnung hatte aber einen doppelten Zweck, sie wollte nicht nur den Geschäftsgang regeln, sondern zielte auch auf eine verfassungsmäßige Ausschaltung des Erzbischofes ab. Sie ist mit der Meraner Ordnung von 1487 in eine Linie zu stellen, denn auch die vier Männer in Köln stellen eine Regentschaft und nicht eine Verwaltungsbehörde dar. Inwieweit diese Zustände, die zunächst wohl nur für die Dauer der Regierung des mit seinem Domkapitel und seinem Lande zerfallenen Erzbischofes Rupprecht galten, läßt sich leider aus dem Buche von Walter nicht sicher feststellen. Jedenfalls hat auch in Köln das mächtige Ständewesen auf die Entwicklung der Ratsverfassung eingewirkt193; diese scheint aber längstens am Ende des 16. [Seite: 71] Jahrhunderts in einen Hofrat mit überwiegendem Einflusse des Erzbischofes übergeleitet worden zu sein194, während 1587 die Finanzverwaltung einem selbständigen Kollegium übergeben wurde195. Auch in Köln bemerken wir, daß eine Ordnung über die Kompetenzen in dem Augenblick für notwendig erachtet wurde, als nicht mehr ein nur sich selbst allein verantwortlicher Landesfürst die Regierung leitete, sondern ein Kollegium damit betraut wurde.
Ueber die Verhältnisse in einem kleinen Bistum unterrichtet uns H. Aubin196. Wir ersehen daraus, daß sich in Paderborn der Rat im ganzen Mittelalter noch nicht klar als oberster Gerichtshof auszubilden vermochte, wenn auch dort die Entwicklung darauf abzielte. Die zentrale Finanzverwaltung bestand noch ausschließlich in der Kassenführung, die der Kanzlei oblag.
Wertvolle Aufschlüsse gewährt uns ein Vergleich der Verwaltung in Kleve-Mark197 mit der tirolischen. Die Verwaltung in Kleve hat schon im Mittelalter eine relative Vollkommenheit erreicht, ohne daß es aber zu Organisationen gekommen wäre, welche den neuzeitlichen an die Seite gestellt werden könnten. In dieser Hinsicht erfolgte der entscheidende Schritt im Jahre 1486198, als der Herzog sich wegen seiner Finanznot gezwungen sah, an die Stände heranzutreten. Daraufhin wurde eine Regierung eingerichtet, welche die Mitwirkung des Landesfürsten zu einem Schein herabdrückte. Ein Kollegium, bestehend aus dem Hofmeister, dem Marschall, dem Kanzler und aus einer Reihe von adeligen Amtleuten übte nunmehr die Regierungsgewalt aus. Die Stände konnten ihre Macht auch weiterhin behaupten und als 1521 Jülich und Berg mit Kleve-Mark vereinigt wurden, sind diese Organe in ähnlicher Weise wie in Tirol das Regiment in der Art einer ständigen Statthalterschaft beibehalten worden, weil der Herzog häufig außer Landes weilte199. Das Kollegium, dem seit Beginn des 16. Jahrhunderts auch gelehrte Juristen angehörten, war die oberste Verwaltungsbehörde und das höchste Gericht. Es unterschied sich von den Räten in den meisten anderen deutschen Territorien durch den behördlichen Charakter, der ihm zweifellos zukam. Für die Finanzverwaltung war ein Rentmeister bestellt200, welcher in erster Linie die Kassen führte [Seite: 72] und vor dem Herzog oder einem ad hoc dazu berufenen Rate Rechnung legte. Im Jahre 1486 wurden aber von den Ständen zwei Rechenmeister berufen, deren Zahl 1489 auf vier erhöht wurde201; ihnen oblag im Vereine mit dem ihnen zugeteilten Kammerschreiber die ganze Rechnungsprüfung, für welche ganz feste Termine festgesetzt wurden. Eine eigentliche kollegiale Finanzbehörde wurde erst 1601202 errichtet und damit die Finanzverwaltung auch in persönlicher Hinsicht unabhängig und selbständig von der übrigen Verwaltung gemacht. Soweit zu ersehen ist, war die Entwicklung in Jülich und Berg ganz ähnlich203, allein der Umstand, daß dort die Stände nicht zum Eingreifen kamen, hatte zur Folge, daß die Reform des Verwaltungswesens erst 1534 erfolgte. Es zeigt sich also, daß gerade in den vorgeschrittenen Ländern wie Tirol, Bayern und Kleve der Einfluß der Stände jene Ausbildung des Verwaltungsrechtes und auch der Behörden herbeigeführt hat, durch welche sich diese von den anderen Ländern abhoben. Ein dauernder Erfolg war den ständischen Verwaltungsreformbestrebungen aber nur dort beschieden, wo die Entwicklung bereits einen Grad erreicht hatte, daß der Uebergang zu vollkommen organisierten Behörden keinen allzugroßen Sprung bedeutete und die politischen Verhältnisse so konstant waren, daß der Fortschritt nicht schon in den ersten Stadien einer Reaktion zum Opfer fiel. Der hohe Stand der Verwaltung in Kleve war schon lange bekannt, allein er wurde auf eine unmittelbare Beeinflußung durch Burgund zurückgeführt204. Schon Sallmann hat bemerkt205, daß nirgends gesagt wird, worin diese Beeinflußung eigentlich bestanden haben soll. Gerade der Vergleich mit Tirol aber dürfte zeigen, daß es keineswegs notwendig ist, an äußere Einflüsse zu denken, sondern daß unter gleichen Voraussetzungen derartige Organisationen in verschiedenen Ländern in gleicher Weise ganz unabhängig und selbständig erwachsen sind.
Weiters wollen wir noch die Geschichte der Verwaltung in Brandenburg, über die wir durch eine Reihe von trefflichen Arbeiten gut unterrichtet sind206, in den Kreis unserer Betrachtungen einbeziehen. Wie überall gab es natürlich auch in Brandenburg einen Rat, der in seinem Werden mit dem obersten [Seite: 73] Gerichtswesen in engstem Zusammenlange steht, aber während des ganzen Mittelalters noch nicht zur festen Ausbildung eines geschlossenen Kollegiums gekommen ist. Die Reformen, welche Albrecht Achilles im Jahre 1470 durch eine Hofordnung eingeführt hat, gehören allerdings nicht in die regelmäßige Entwicklung, denn sie bezwecken eigentlich die Errichtung einer Regentschaft für den damals 15jährigen Landesfürsten, den Markgrafen Johann, dem nur eine repräsentative Stellung zugebilligt war. Immerhin ist die Regierung Johanns dadurch von einer gewissen Bedeutung geworden, daß dieser auch später, als er selbständig geworden war, sich nicht allzuviel um die Regierungsgeschäfte bemühte, sie großenteils seinen Räten überließ und sich auf die Genehmigung der vorgelegten Beschlüsse beschränkte, an deren Fassung er nicht Anteil genommen hatte. Die Kompetenz des Rates erstreckte sich ebenso wie in Tirol auf „unsere Sachen" und dann auf das Gericht, welches die Hauptaufgabe des Rates darstellte. Die endgültige Festlegung der kollegialen Verfassung erfolgte in Brandenburg erst um das Jahr 1540.
Die Finanzverwaltung wurde in Brandenburg von Einzelbeamten besorgt, an denen der Kammerschreiber wenigstens zeitweise ähnliche Befugnisse wie der tirolische oberste Amtmann besaß, während der Rentmeister ungefähr dem tirolischen Kammermeister entsprochen hat. Die Disposition über die Finanzen lag anfangs in den Händen des Landesfürsten selbst und dann des Rates. Für die Rechnungsabhör gab es ebensowenig wie in den meisten deutschen Territorien eine eigene Behörde, sie wurde vom Rentmeister durchgeführt, der fallweise um die Beigebung eines Rates bat. Erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts scheiden aus dem Rate eigene Kammerräte aus, zu einem festen Finanzkollegium ist es aber erst am Beginne des 17. Jahrhunderts gekommen. Man sieht, daß Brandenburg zwar den gleichen Weg ging wie Tirol oder Bayern, daß es aber noch ein gutes Stück zurück war. Da wäre wohl eine Beeinflussung durch die österreichischen Verhältnisse denkbar, wenigstens in der Form, in der Sache waren die späteren Zustände schon durch die frühere Entwicklung vorgezeichnet. Ich möchte mich aber lieber dem [Seite: 74] Urteile O. Hintzes anschließen, daß die Beeinflußung gering und kaum erkennbar ist207.
Von einer näheren Ausführung über die Verwaltung in Sachsen kann hier abgesehen werden, da die Verhältnisse dort sich in den wesentlichen Punkten mit denen in Brandenburg decken. Interessant ist nur die Einrichtung der Finanzverwaltung, die sich von der anderer Länder unterscheidet208. Von geringerem Belange ist m. E. die Betrauung Johanns von Mergenthal mit der Leitung des gesamten Finanzwesens im Jahre 1469, denn sie bedeutet nur eine Maßregel im Zuge einer Sanierungsaktion und hat eine dauernde Einwirkung auf die Einrichtung der Finanzverwaltung nicht hinterlassen. In eine Parallele mit Tirol kann die Bestellung des Leipziger Kaufmannes Jakob Blasbalg zum Leiter des Finanzwesens gestellt werden, weil auch hier die Bergwerksverwaltung zur Ernennung eines ziemlich unabhängigen Beamten geführt hat, der über besondere kaufmännische Kenntnisse verfügte. Die Stellung Blasbalgs glich aber schon halb der eines Bankiers, wie denn auch seine Agenden nach seinem Tode einige Zeit in den Händen seiner Witwe lagen, ein Beweis mehr wie sehr die Finanzverwaltung entsprechend den Bedürfnissen und nicht nach einem bestimmten Schema eingerichtet wurde.
Den hier besprochenen Beispielen ließen sich noch manche andere anreihen, wir sind über die Verwaltung in Sachsen-Weimar,209 Anhalt210, Ostpreußen211 usw. durch eine Anzahl von Spezialabhandlungen gut unterrichtet. Ueberall geht die Entwicklung denselben Gang, überall steht die Ratsverfassung in engstem Zusammenhang mit dem höchsten Gerichtswesen des Landes. In Sachsen wurde eine ständige kollegiale Regierung schon um die Mitte des 15. Jahrhundertes für längere Zeit eingerichtet, in Ostpreußen war wiederum der Umstand, daß seit Ende des 15. Jahrhundertes Söhne aus mitteldeutschen Fürstenhäusern, welche mit den besonderen Verhältnissen nicht vertraut waren und daher auch nicht in die Verwaltung eingreifen konnten, zu Hochmeistern gewählt wurden, für die Herausbildung von selbständigen Behörden von besonderer Wichtigkeit. Die Einrichtung der neuzeitlichen Verwaltungsorganisationen wurde nirgends vor dem 16. Jahrhunderte vorgenommen, damals wurde [Seite: 75] in den deutschen Territorien fast überall die Verwaltung auf den gleichen Fuß gebracht.
Schließlich sei noch auf die von Rosenthal212 erwähnten Uebertragungen des österreichischen Musters nach Baireuth, Bamberg und Kassel verwiesen, die alle im Laufe des 16. Jahrhunderts vorgenommen worden sind.
Fassen wir die Ergebnisse unserer Uebersicht zusammen, so kommen wir zu dem Schlusse, daß die Verwaltungsorganisation in allen deutschen Territorien grundsätzlich denselben Weg ging, daß aber die einzelnen Länder am Ende des Mittelalters ganz verschiedene Stufen erreicht hatten.213
Unter den einzelnen Territorien lassen sich zwei Gruppen unterscheiden. Wir sehen nämlich, daß die größeren den kleineren weit vorausgeeilt waren. Wegen der geringeren Arbeit war bei diesen das Bedürfnis nach Arbeitsteilung nicht so groß; die kollegiale Verwaltung bedeutete außerdem eine starke, für kleinere Länder recht fühlbare Mehrbelastung, die lange vermieden wurde. Wenn wir also derartige Beispiele wie Baden, Braunschweig, Paderborn ausschalten, so finden wir, daß schon im 15. Jahrhundert die Ausbildung kollegialer Ratsorgane voll im Zuge war, ja, daß in einzelnen Ländern, wie in Tirol, Kleve, Bayern bereits ein behördlicher Charakter erreicht worden war. Die Entwicklung der Ratskollegien steht allgemein in engem Zusammenhang mit der der Hofgerichte, für die Ausbildung der Behördeneigenschaft bei Hofstellen ist sie vielfach geradezu der Ausgangspunkt geworden. Die Bedeutung der Statthalterschaften in dieser Richtung darf nicht überschätzt oder verallgemeinert werden, derartige Bildungen haben ebenso wie die Regentschaftskollegien einen vorübergehenden Charakter und sind nach Eintritt normaler Verhältnisse wieder verschwunden, ohne bedeutende Spuren zu hinterlassen. Eine scharfe Unterscheidung zwischen monarchischen und ständisch-verfassungsmäßigen Organisationen ist im allgemeinen nicht berechtigt, die Ueberleitung der Form erfolgt unter Aenderung des politischen Charakters ohne besondere Schwierigkeit. Für die Entwicklung der landesfürstlichen Ratsverfassung ist die Einwirkung der Stände häufig, wie zum Beispiel in Tirol, Bayern, Mainz,[Seite: 76] Kleve-Mark sehr förderlich gewesen; man kann sogar sagen, daß die kollegialen Behörden, so sehr sie auch beamtenmäßigen Charakter tragen, der sich besonders in der Mitgliedschaft einer Reihe von gelehrten Juristen ausdrückte, ihre Ausbildung und die Erreichung des behördlichen Charakters hauptsächlich ständischen Einflüssen zu danken haben. Zweifellos kann man bei jenen Ländern, welche ohne Nachahmung eines fremden Musters einen besonders hohen Stand in der Verwaltung erreicht haben, wie Tirol, Kleve-Mark und Bayern, dies als ein Verdienst der Stände bezeichnen. Was Hintze für eine spätere Zeit bezüglich der Ministerien sagt,214 daß ihre Struktur unter Monarchen mit starkem persönlichen Willen und Regierungskraft lockerer ist, als bei einer Parlamentsherrschaft und -kontrolle, wo die Zusammenfassung zu solidarischer Einheit straffer ist, trifft für für unsere Zeit in dem Sinne zu, daß kraftvolle Herrscher, wie z. B. Herzog Friedrich IV. von Tirol mehr mit untereinander unabhängigen Einzelbeamten regieren, während bei schwachen, regierungsunfähigen oder -unlustigen Fürsten, sowie bei Vorherrschen der ständischen Macht die Regierung an Kollegien übergeht, welche dann möglichst alle Verwaltungsagenden, politische, richterliche und auch finanzielle an sich ziehen. Die Ratskollegien schieben sich so zwischen die normalen Träger der Verwaltung und den Landesfürsten ein. Sie übernehmen dabei, zunächst ohne scharfe Abgrenzung nach oben und unten, Agenden von beiden Seiten, ersetzen vielfach Einzelbeamte, wie die Hofmeister und schalten den Landesfürsten aus.
Der Ursprung des selbständigen Behördentums lag bei den untersten Instanzen, die der unmittelbaren Einwirkung von seiten der Landesfürsten entzogen waren und ein selbständiges imperium besaßen. Die Pfleger und Landrichter, die bayrischen Viztume und Rentmeister sind schon viel früher als Behörden anzusprechen als die Hofstellen. Von den untersten Instanzen ging die Selbständigkeit und damit der behördliche Charakter allmählich auf die höheren über. In dieser Hinsicht ist nun die Entwicklung in jenen Territorien vorbildlich geworden, die aus einer Reihe von Ländern mit eigener Verfassung und eigener geschichtlicher Entwicklung zusammengesetzt waren, so daß der [Seite: 77] Landesfürst nicht mehr in der Lage war, überall persönlich die Regierungsgeschäfte zu führen. Es wurden daher in den einzelnen Ländern Aemter mit selbständigem Entscheidungs- und Befehlsrecht und mit festem Sitz eingeführt, um den partikularistischen Wünschen entgegenzukommen. Diese selbständigen Behörden waren aber zunächst überall eigentlich Landesstellen, Mittelinstanzen in jenen Angelegenheiten, wo die letzte Entscheidung vom Hofe selbst ausging. Die Hofstellen blieben ja vielfach noch bis zur Schaffung der modernen Ministerien in einer rechtlich prekären Lage. Allerdings genügte es noch nicht, daß die Länder zusammengesetzt waren, es mußte noch die Einwirkung der Stände oder Organisationslust beim Herrscher dazukommen. Das war in Burgund und in Kleve-Mark der Fall. Für die habsburgischen Länder war es wichtig, daß die Bewegung von Tirol ihren Ausgang genommen hatte, denn dort war die Entwicklung schon bis zu einem Grade gediehen, der ein anderes Verhalten als die Anerkennung durch Maximilian kaum möglich machte, während es in Oesterreich unter Kaiser Friedrich III. zu keiner geordneten Verwaltungseinrichtung gekommen ist.215 Durch diese zwei Momente, die ständische Macht und die Zusammensetzung aus verschiedenen Ländern, wurde also der behördliche Charakter der Mittelinstanzen erreicht, diese aber wurden in der nach dem früher Gesagten naheliegenden kollegialen Formen organisiert.
Eine reiche Mannigfaltigkeit, die durch die verschiedenartigen Bedürfnisse hervorgerufen wurde, weist die Finanzverwaltung auf. Neben Territorien, in denen der zentrale Dienst noch von der Kanzlei besorgt wurde, finden sich solche, in denen schon eine stärkere Arbeitsteilung und das Bedürfnis nach Buchführung und Kontrolle die Einführung einer Reihe von Aemtern zur Folge gehabt hatte. Jedoch bildet noch die Scheidung in Finanzverwaltungs- und Kassenführungsdienst im allgemeinen die Ausnahme und wurde nur durch die in einzelnen Territorien der Finanzverwaltung auferlegten besonderen Aufgaben begründet. Die Disposition über die Finanzen blieb Sache des Landesfürsten, die Verwaltung blieb auf die Ausführung seiner Befehle beschränkt. War dieser ein kraftvoller Regent, so erhielt [Seite: 78] die Finanzverwaltung neben der allgemeinen eine ziemlich unabhängige Stellung.
Wo größere landesfürstliche wirtschaftliche Betriebe, wie die Bergwerke in Sachsen und in Tirol bestanden, die eine kaufmännische Verwaltung und technische Kenntnisse für die Leitung erforderten, wo durch den Kreditverkehr usw. die Verhältnisse schwieriger waren, treten neue Finanzbeamte auf, in Tirol der oberste Amtmann und der Hauskämmerer, die wegen ihrer technischen Fachausbildung größere Selbständigkeit hatten.
Eine kollegiale Verwaltung des Finanzwesens hat es im ganzen Mittelalter in keinem einzigen deutschen Territorium gegeben, auch ständige Kollegien für die Rechnungsabhör finden wir nur in Tirol und in Kleve-Mark, vielmehr übernahmen überall die Ratskollegien die Leitung auch des Finanzwesens und dieses ging der Selbständigkeit, die es gegenüber den übrigen Verwaltungszweigen besessen hatte, verlustig, wie wir das in Tirol im Einzelnen verfolgen konnten. Erst die Bildung von eigenen Finanzräten, die ungefähr 50 Jahre später erfolgt ist als die der übrigen Ratskollegien, hat wieder zur Trennung und Unabhängigkeit des Finanzwesens von der allgemeinen Verwaltung geführt. Nur in Tirol ist diese Scheidung schon nach einigen Jahren erfolgt, freilich nicht aus prinzipiellen Gründen, sondern, weil sich der territoriale Wirkungsbereich der allgemeinen Verwaltung nicht mit dem der Finanzen deckte.
Wenn wir die Reformen am Ende des Mittelalters und im 16. Jahrhundert überblicken, so werden wir zwei Gruppen unterscheiden. Die erste fällt in das 15. Jahrhundert und in den Beginn des 16. und bezieht sich hauptsächlich auf die Errichtung und Ausbildung des obersten Gerichtswesens und der damit in Zusammenhang stehenden Ratsverfassung216. Diesen Reformen liegt kein großer und allgemeiner Plan zugrunde, sie werden meist durch augenblickliche Mißstände hervorgerufen und bezwecken deren Abhilfe im einzelnen. Diese Reformen zeichnen sich dadurch aus, daß sie von innen heraus in den Ländern entstanden, also selbständige Bildungen sind. Die zweite Gruppe fällt in das 16. Jahrhundert und zwar angefangen mit den 30er-Jahren und reicht bis ins 17. Jahrhundert [Seite: 79] hinein. Sie bringt unter Benützung der schon vorhandenen Ansätze und Bildungen die volle Kollegialität der Verwaltung und die Errichtung eigener kollegialer Finanzbehörden, in den größeren Territorien auch von geheimen Räten. Bei diesen Reformen zeigt sich ein systematisches Vorgehen, wie es eben dann auftritt, wenn ein bestimmter Plan oder ein Muster vorhanden ist. Allgemein und wohl auch mit Recht werden diese Reformen als eine Nachbildung des österreichischen Musters bezeichnet. Für uns erhebt sich die Frage, ob es sich hier um unmittelbare Nachahmungen der maximilianischen Organisationen oder der späteren unter Ferdinand I. eingeführten handelt und zweitens, welche wohl die Gründe gewesen sind, die zu der allgemeinen Reformtätigkeit geführt haben.
Schon der Zeitpunkt, in dem alle diese Reformen durchgeführt worden sind — sie beginnen alle erst nach den Organisationen Ferdinands —, läßt es nicht als wahrscheinlich erscheinen, daß die Organisationen Maximilians nachgeahmt werden sollen. Eine andere Frage ist die, ob die Organisationen Ferdinands eine Fortsetzung der maximilianischen bilden oder ob sie neu unter Nachahmung des spanischen Musters errichtet worden sind.217 Vor allem ist zu bemerken, daß Ferdinand beim Verlassen von Spanien 17 Jahre alt war, daß er sich sechs Jahre später von seinen spanischen Räten getrennt hat und daß er erst weitere zwei Jahre später, nachdem mittlerweile Bernhard von Cles, der Präsident des geheimen Rates, in seine Dienste getreten war, mit der Errichtung der Zentralbehörden begonnen hat. Es liegt also hier wohl näher, an einen Einfluß von Bernhard von Cles zu denken. Gerade der Spanier Gabriel Salamanca hat gar nichts getan, was auf die Errichtung von kollegialen Behörden hindeuten könnte, sondern die ganze Verwaltung bei seiner Person konzentriert218. Dagegen forderten die Stände, bei denen sich der Gedanke an eine zentrale Verwaltung für alle Erbländer schon eingebürgert hatte, eine Anknüpfung an die im Jahre 1518 im Vereine mit Maximilian beschlossenen Organisationen. Wie weit bei der Errichtung des geheimen Rates die persönliche Initiative Ferdinands mitgewirkt hat,219 ob er dabei ein bestimmtes fremdes Muster im Auge [Seite: 80] hatte, ist wohl schwer zu sagen, da wir über die psychologischen Vorgänge bei einem Menschen niemals volle Sicherheit haben können. Hintze220 bezeichnet m. E. mit Recht als Antrieb für die Errichtung des geheimen Rates in Brandenburg die Verwicklungen dieses Landes in seinen äußeren Beziehungen, durch welche ihm die Aussicht auf die Erwerbung von Kleve und Preußen winkte, Brandenburg wurde dadurch „aus den territorialen Verhältnissen hinausgewiesen in die bewegte Welt der europäischen Politik". Dies trifft aber noch in viel höherem Maße für die Organisationen Ferdinands zu, da eben zu dieser Zeit die Türkengefahr auch Oesterreich bedrohte und Ungarn und Böhmen dem Habsburger zufielen. Aus diesen Gründen möchte ich in der Einrichtung der zentralen Verwaltung am Hofe Ferdinands den systematischen Ausbau auf der Grundlage der unter Maximilian entstandenen Verhältnisse sehen. Die österreichischen Verwaltungsorganisationen überwanden damit das Stadium der unsicheren und stürmischen Versuche und wurden in den ruhigen Strom allmählicher, der Erweiterung der Verwaltungsaufgaben angepaßter Entwicklung hineingeleitet.
Um die große Reformbewegung, welche in allen deutschen Territorien hier früher, dort später einsetzte, zu erklären, hat Walther neuerdings auf die mächtige Anregung hingewiesen, welche von der Errichtung des Reichskammergerichts auf die Gerichtsorganisationen der Länder ausgegangen ist,221. Er hat weiters auch die humanistische Freude an Neuerungen hervorgehoben222 und endlich von der Einwirkung des internationalen Diplomatentums gesprochen.223 Wir haben allerdings gesehen, daß für die Organisationen Maximilians diese Erklärung nicht notwendig ist, sie ist m. E. überhaupt so schwer faßbar, daß man sie kaum heranziehen kann. Gewiß aber hat die Aufnahme von gelehrten Juristen und die Rezeption des römischen Rechtes die Ausbildung der Verwaltung stark gefördert, sie unabhängiger von den dieses Rechtes meist nicht kundigen Landesfürsten gemacht; auch ist es zweifellos, daß der Humanismus vielfach eine ähnliche Wirkung wie der aufgeklärte Absolutismus gehabt hat, es fehlte auch ihm bisweilen die Liebe und der Sinn für das im Lande Gewordene mit seinen [Seite: 81] Unklarheiten und Schwierigkeiten, er neigte vielmehr zum rationalistischen Schematisieren. Allein alle diese Momente an sich genügen doch nicht, um die Reformtätigkeit zu erklären.
G. v. Below hat die Richtung gewiesen,224 in der die Erklärung zu suchen ist. Er hat auseinandergesetzt, daß am Beginne der Neuzeit vielfach Männer aus dem städtischen Dienst in den der Territorialverwaltung übertraten und daß diese sich anschickte, eine Reihe von Geschäften, um die sich bisher nur die städtische Verwaltung gekümmert hatte, selbst zu übernehmen und auf dem größeren Gebiete des Territoriums durchzuführen. Das bedeutete aber eine sehr große Vermehrung der Verwaltungsgeschäfte und damit des hiefür notwendigen Apparates. Dadurch wurde der Ueberblick für den Fürsten erschwert, während überdies gleich sein Interesse mehr und mehr von der inneren Verwaltung abgezogen wurde und sich der auswärtigen Politik zuwandte. Es lagen also neben jenen allgemeinen ideellen Gründen ganz bestimmte, praktische Anlässe vor, die zu einer Verwaltungsreform führen mußten.
Als unmittelbaren Anlaß für alle Reformen lernen wir im allgemeinen das gesteigerte Geldbedürfnis kennen225. Sie haben eine Neuorganisation notwendig gemacht.
Mit besonderem Nachdrucke ist die mit den Tendenzen, welche v. Below angegeben hat, im Zusammenhange stehende politische Entwicklung hervorzuheben. Durch Jahrhunderte haben die schließlich mißglückten Versuche der deutschen Kaiser gedauert, eine das ganze Reich umfassende Reichsgewalt zu errichten.
Die Möglichkeit eine Verwaltung wirklich auszuüben und durch sie das öffentliche Leben zu durchdringen steht in einem bestimmten Verhältnisse zum geographischen Raum, der seinerseits für die Verwaltung mit Rücksicht auf die Verkehrsverhältnisse eine relative Größe ist. Der Bau des deutschen Reiches war auf einen so weiten Grundriß berechnet, daß es der Organisationstechnik nicht gelang, eine straffe Reichsverwaltung als unbedingtes Organ des monarchischen Oberhauptes auszubilden und das Reich politisch zu organisieren. Beim Kaisertum war der Bau von oben angefangen worden, seine hauptsächlich auf das Universale [Seite: 82] gerichtete organisatorische Kraft reichte nicht genügend intensiv bis zum Einzelnen hinab, um es straff in das System einzugliedern und sich so feste Wurzeln zu schaffen. Hier in der Tiefe, für das Reich nicht mehr faßbar, erwuchsen kleine, aber der tatsächlichen Organisationstechnik angepaßte und darum lebenskräftige Bildungen, deren Kraft das Landesfürstentum für seine Ziele gebrauchte. Dieses hatte es verstanden, jene Verwaltungstechnik zu finden und auszubilden, durch die es das Territorium nach außen und oben abzuschließen vermochte. So gekräftigt, konnte die landesfürstliche Macht kaum noch gebeugt, nicht mehr gebrochen werden. Das Territorium ward ein staatlicher Organismus, der nur unter Aufrechterhaltung seiner staatlichen Individualität in ein größeres Ganze eingeordnet werden konnte. Das Mittelalter hindurch war man sich über den Zustand und seine Rückwirkungen noch nicht völlig klar, es wurden daher immer wieder Stimmen laut, welche eine Neugestaltung der Reichsgewalt anstrebten. Besonders die jammervollen Zustände im 15. Jahrhundert riefen solche Reformbestrebungen hervor, die hauptsächlich von den Reichsständen betrieben, von Kaiser Friedrich III. aber durch passives Verhalten verhindert wurden226. Der schaffensfreudige Maximilian erkannte, daß in dieser Richtung etwas geschehen müßte, er wollte die Initiative ergreifen und hat sich noch zu Lebzeiten seines Vaters mit Reformplänen beschäftigt. Auf dem Reichstage zu Worms von 1495 wurden endlich die entscheidenden Schritte getan. Max wollte durch eine Reichssteuer das Reich materiell auf eigene Füsse stellen, die Neuorganisation des Reiches unmittelbar für dieses durchführen, er trachtete die Reichsgewalt im monarchischen Sinne zu heben. Diesen Absichten arbeitete Berthold von Henneberg entgegen227; er wollte gleichfalls der Schwäche und Zerfahrenheit des Reiches abhelfen, nach seinen Plänen sollte aber die Reform im bundesstaatlichen Sinne mit einer aristokratisch-republikanischen Spitze erfolgen. Maximilian und Berthold waren sich darüber klar, daß in der Verwaltung die Organisationsform des Willens und der Kraft des Staates sich ausdrückt und daß nur sie die intensive Erfassung seiner Machtmittel ermöglicht. Sie erkannten die Bedeutung der Verwaltung für die [Seite: 83] Politik und die Ausübung der Herrschaft im Reiche. Während sie sich um die Form stritten, freuten sich als dritte die Reichsfürsten. Ihnen war natürlich keines von beiden Projekten genehm, war es doch ihr Bestreben, sich dem Reiche gegenüber möglichst unabhängig zu machen und einen Ausbau in der Richtung eines Staatenbundes zu erreichen. Zu Hilfe kam ihnen hiebei die schon seit langem eingeleitete Entwicklung der politischen Verhältnisse, welcher sowohl Maximilian wie auch Berthold entgegenzuwirken bemüht waren, für sie war daher jeder Zeitgewinn schon ein politischer Gewinn, den sie zu Gegenaktionen ausnützen konnten.
Jedenfalls war unter Maximilian die Entwicklung schon so weit gediehen, daß nur eine bundesstaatliche oder eine staatenbündische Form noch möglich war. Diese Bildungen hatten aber das Staatsrecht beinahe überschritten und ragten ins Völkerrecht hinein. Das Verwaltungsrecht blieb jedenfalls unbestritten den Territiorialstaaten überlassen. Hier ward eine Größe gefunden, deren organisatorische Durchdringung der damaligen Verwaltungstechnik wirklich möglich war. Für die weitere Geschichte wurde es entscheidend, daß diese am Beginn der Neuzeit zum Abschluß kommende, um die einzelnen Dynastien sich kristallisierende, politische Konstellation, einen weiteren organisatorischen Ausbau im Sinne der Vergrößerung der Verwaltungseinheiten nicht mehr zuließ, obwohl sich die Verwaltungstechnik allmählich so ausbildete, daß sie auch größeren Aufgaben gewachsen gewesen wäre. Als sie imstande gewesen wäre, das ganze Reich zu erfassen, war es schon zu spät. Die politische Macht war schon bei den Ländern, Verwaltung ist aber nichts anderes als Ausübung der Macht. Der moderne deutsche Staat wurde von dem rührigen Landesfürstentum in den Territorien geschaffen und durch eine intensive Verwaltung einer höheren Gewalt das Betätigungsfeld und die Möglichkeit Boden zu gewinnen entzogen. Das Reichskammergericht und die Pläne einer Reichssteuer, die für eine straffere Organisation des Reiches den Ausgangspunkt hätten bilden können, riefen den Selbsterhaltungstrieb der Territorien wach und führten in ihnen zu Verwaltungseinrichtungen, die jene befürchtete Wirkung paralysierten [Seite: 84] und so das letzte Tor schlossen, durch das die Reichsgewalt noch in die Territorien hätte eindringen können.
Das ungefähr ist der politische Inhalt und Zweck der Verwaltungsreformen in den deutschen Territorien im 16. Jahrhundert; sie hatten ein doppeltes Ziel, in negativer Hinsicht die Abschließung nach außen und die Verselbständigung gegenüber dem Reiche, in positiver die Ergreifung der Machtmittel und die Durchdringung des Staates nach innen. Die Verwaltungsreformen waren eine politische Angelegenheit, für welche den ummittelbaren Anlaß meist die finanziellen Schwierigkeiten gaben; daß sie im Kleide des humanistischen Reformgeistes auftraten und scheinbar oder wirklich die österreichischen Verhältnisse nachahmten, war schließlich eine Aeußerlichkeit.228
Die politische und verwaltungsgeschichtliche Bedeutung der deutschen Behördenreformen des 15. und 16. Jahrhunderts ist nicht in letzter Linie in der Einführung des kollegialen Systemes zu suchen. Sie bewirkte einen großen Fortschritt, denn es konnte sich traditionell eine Gleichmäßigkeit im Verfahren ausbilden, was bei Einzelbeamten nicht so leicht möglich war, weil da der Wechsel in der Person vielfach auch einen Wandel des Systemes mit sich gebracht hat. Das Verwaltungsverfahren und -recht wurde durch die Kollegialität vom einzelnen Träger losgelöst, es wurde objektiviert. Die Kollegialität war also der Ersatz für ein geschriebenes Verwaltungsrecht. Das war für den Landesfürsten notwendig, wenn er selbst die Verwaltung nicht überwachen konnte, weil dadurch die schädlichen Uebergriffe von Seiten einzelner Beamter erschwert wurden. Ebenso wurde die Ausbildung des Behördenrechtes begünstigt, denn Einzelbeamte waren der Willkür des Landesfürsten viel mehr unterworfen als Kollegien, besonders wenn diese einen Rückhalt an den Ständen fanden.
Die Organisationsform der deutschen Behörden der Neuzeit ist hauptsächlich in Tirol entstanden und nicht aus Burgund übertragen worden; wenn auch in anderen Territorien die Verhältnisse ähnlich wie in Tirol waren, richtunggebend ist das tirolische Muster geworden. Diese Form war es, die dann in erster Linie verpflanzt worden ist, der rechtliche Inhalt hingegen [Seite: 85] nicht so sehr. Dafür bildete das Vorbild die Stellung der Zentralstellen am Kaiserhofe mit ihrer Vermengung von Zügen ausgebildeter Behörden und unselbständiger Hilfsorgane, das Verwaltungsrecht der Mittelstellen zu übertragen lag in der Regel kein triftiger Grund vor, weil es in den meisten deutschen Territorien solche nicht gegeben hat.
1. Vgl. über die Neuorganisationen der Verwaltung in den deutschen Territorien im 16. Jahrh. G. v. Below, Territorium u. Stadt, München 1900, S. 283-98.
2. Vgl. über die Entstehung und Geschichte dieser Meinung A. Walther, Die burgundischen Zentralbehörden unter Maximilian I. und Karl V. Leipzig, 1909, Anhang 6. Oesterreich und Burgund. S. 168 ff.
3. a. a. O.
4. Die niederländische Verwaltung des 15.-16. Jahrh. und ihr Einfluß auf die Verwaltungsreformen Maximilians I. in Oesterreich und Deutschland. Histor. Zeitschr. 110, Bd. S. 1 (bes. 23)-66. Die Arbeit Walthers ist fast allgemein heftigem Widerspruche begegnet, besonders von Seite E. Rosenthals: Zur Geschichte der burgundischen Zentralbehörden. Vierteljahrschr. f. Soz. u. Wirtsch.-Gesch. 9. Bd. S. 406 ff., bes. S. 417 ff. Vgl. dagegen A. Dopsch in der Deutsch. Literat.-Zeitung 1911, S. 306, der im allgemeinen zustimmt.
5. A. Walther, Die Ursprünge der deutschen Behördenorganisationen im Zeitalter Maximilians I, 1913. S. 18.
6. Der Ursprung der monarchischen Behördenorganisation Deutschlands in der Neuzeit. Jahrb. f. Nat. Oekon. u. Statist. III, F. 50, Bd. S. 433 ff. Zum Unterschied von der früheren Arbeit zitiert mit „Rachfahl, Ursprung."
7. Die Organisation der Zentralverwaltung unter Kaiser Maximilian I. Leipzig. 1886.
9. Geschichte der landständ. Verfassung Tirols, 1882. Bd. II/1, 2.
10. Die geächteten Räte Erzherzog Sigismunds, Innsbruck 1910.
11. Forschungen u. Mitteilungen z. Geschichte Tirols und Vorarlbergs, Bd. 16.
12. F. Kogler. Das landesfürstl. Steuerwesen in Tirol, Arch. f. öst. Gesch. Bd. 90, Otto Stolz, Das mittelalterl. Zollwesen Tirols, ebendort. Bd. 90. Rich. Heuberger, Das Urkunden- und Kanzleiwesen der Grafen von Tirol, Mitteil. d. Inst. f. ö. Gesch.-Forsch. IX. Erg.-Bd. Die Literatur über die tirolische Geschichte ist am besten zusammengestellt bei E. Werunsky: Oesterr. Reichs- und Rechtsgeschichte, S. 7 u. 8, Lieferung 1912 u. 1917, S. 528-572. Auch Rachfahl, Nied. Verw., S. 27, erkennt den hohen Stand der tirolischen Verwaltung des 13. Jahrhdrts. an. Vgl. im allgemeinen v. Below. Territorium und Staat, S. 285 ff.
13. Vgl. für das folgende meine Beiträge zur Gesch. der tirol. Finanzverwaltung in den Forsch. und Mitt. z. Gesch. Tirols, Bd. 16 und H. Wopfner, Die Lage Tirols am Ausgange des Mittelalters, Abhandl. z. mittl. u. neuer. Gesch. Herausgeg. v. G. v. Below, H. Finke, F. Meinecke, Heft 4, 1908, S. 101 ff., 108 ff.
14. A. Walther, Ursprünge S. 10-11, 84 führt als Gründe für den Vorsprung der tirolischen Verwaltung vor anderen deutschen Territorialverwaltungen die Beziehungen zum italienischen Kulturkreis, das Münz- und Bergwesen und die Unfähigkeit Sigismunds, in den bisherigen Formen Ordnung zu halten, an.
15. Vgl. über die österr. Finanzverwaltung A. Dopsch in den Mitteilungen des Inst. Bd. 18, und K. Schalk, in Blätter d. Ver. f. Land-Kunde v. Niederösterr. Bd. 15 und 21, 1881 u. 87. F. Rachfahl bedauert (a. a. O., S. 30), daß die von Adler (a. a. O. S. 172) zitierte Finanzinstruktion Albrechts III. von 1392 nicht veröffentlicht sei. Sie ist gedruckt bei Schwind-Dopsch, Ausgew. Urkunden z. Verf. Ges. b. d. deutschösterr. Erblande, Innsbruck 1895, S. 280, Nr. 145. Mittlerweile ist Rachfahl auf diese Urkunde aufmerksam geworden, denn in Ursprung S. 436 Anm. 6 spricht er von ihr, es ist aber das wichtige Moment der Trennung der allgemeinen Finanzverwaltung vom Hofzahldienst nicht gewürdigt.
16. Die Annahme Walthers (a. a. O. S. 11), daß damals der oberste Amtmann dem Kammermeister untergeordnet werden sollte, ist nicht richtig, Walther übersieht, daß es in den 60er Jahren zeitweise einen obersten Amtmann gar nicht gegeben hat. Vgl. Rachfahl, Ursprung S. 443.
17. Die Bemerkung Rachfahls (Nied. Verw. S. 29), wonach mit dem Kammermeister und dem Kammerschreiber „das Personal der Zentralstelle für die Finanzen erschöpft" gewesen sei, trifft also nicht zu.
18. Vgl. über das Gesagte meine „Beiträge z. tir. Finanzgesch.", wo die näheren Nachweise zu finden sind. Dazu Rachfahl, Ursprung S. 448 f., der aber doch die Entwicklung des Kollegiums der Raiträte unterschätzt.
18a. [Die Fußnotennummer 18 ist zweifach vergeben. H.S.]
19. Abschriften der Protokolle des „geschworenen Rates", welche schon A. Jäger benützt hat, hat mir Staatsarchivar Dr. K. Möser zur Verfügung gestellt.
20. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß die Stände überall die Unfähigkeit oder Unmöglichkeit, daß der Landesfürst selbst regierte, nur für ihre Sonderprivilegien ausgenützt wurde.
21. Vgl. A. Jäger Denkschriften der Wiener Akademie, Bd. 9, S. 233 ff.
22. Vgl. F. Hegi a. a. O.
23. Ursprünge S. 47 ff. Was Walther speziell über Tirol bringt, bedarf der Richtigstellung. So faßt er (S. 15) die Räte in der Raitung irrtümlich als Finanzbehörde auf, während sie nur eine Rechnungskontrollstelle bildeten. Vgl. dagegen die Ausführungen von Rachfahl, Ursprung S. 447 ff. u. 463 ff. Ueber die Kämmerer: siehe unten S. 91 Anm. 64.
24. Rapp, Ueber das vaterländ. Statutenwesen, Beiträge zur Geschichte etc. von Tirol und Vorarlberg, Bd. V. 1829, S. 163.
25. Innsbr. Cod. 208. fol. 21. 38. 46. „Vermerkt des fürnemen und gutbeduncken der rate von wegen einer ordnung des hofs unnsers hern, dardurch s. gn. geholffen, ob die gehalten und volstreckt werde", „Vermerkt die ordnung, so mein gn. herr nach rat seines gnaden rate furgenomen hat", „also sind die rate darüber gewesen."
26. Innsbr. Cod. 208. fol. 11.
27. Innsbr. Cod. 208, fol. 53a, 75, 85b.
28. Innsbr. Cod. 208. fol. 29, 38, 53, 74.
30. Vgl. Innsbr. Cod. 203. Zwischen Fol. 9 u. 10 eingelegte Orig. Urk. von 1478, Aug. 21. Erzherz. Sigismund an die Räte „so yetz zu Innsprukg sein." „Nachdem wir ev der Ordnung halben bevohlen haben, getrevlich in unser sachen zu sehen und uns nit zweifelt, ir tut demnach hyerumb, so haben wir uns furgenomen, daz wir nit wollen, daz kainer den andern fürohin fürdem oder in ainicherlay anhengung eigens nuz oder in andern dingen zuschrieb ...
31. Innsbr. Cod. 208. fol. 53. „Und sind das die amtleut: hoffmaister, marschalkh, cammermaister, canntzley, hauskamrer, kuchenmaister." Undatiert, da der oberste Amtmann fehlt, vor Okt. 1467 zu setzen.
32. Innsbr. Cod. 208. fol. 29, 38, 53.
33. Es scheint, daß die Regierung zeitweise von einem aus den Leitern der obersten Aemter zusammengesetzten Kollegium geführt worden ist.
34. Innsbr. Cod. 208, Fol. 50.
35. Innsbr. Cod. 208. Fol. 21.
36. a. a. O. Fol. 50, 54.
37. Innsbr. Cod. 208. Fol. 54.
38. Innsbr. Cod. 208, Fol. 11.
40. Innsbr. Cod. 208. Fol. 29, 47.
41. Vgl. Rachfahl, Nied. Verw. S. 62, Anhang B.
42. Siehe F. Hegi: Die geächteten Räte, S. 49 ff.
43. Vgl. A. Jäger, Landsfd. Verf. II/2, S. 260, 272 ff.
44. Vgl. A. Jäger a. a. O. S. 275 ff., Adler a. a. O. S. 316, Hegi a. a. O. S. 55. Die Jahreszahl 1482 bei Adler ist unrichtig, es sollte 1481 heißen, da „Weihnachten 1482" infolge des Weihnachtsjahresanfanges auf den 25. Dezember 1481 fiel. Die Instruktionen erliegen im Innsbrucker Landesregierungsarchive und im Cod. 56 und 57 suppl. des Wiener Staatsarchives. Der wesentliche Inhalt ist bei Jäger und Adler angegeben.
45. Vgl. G. Buchwald, Konrad Stürtzel von Buchheim aus Kitzingen. Leipzig 1900.
45*. Vgl. über die Instruktionen Rachfahl, Ursprung S. 441 f., dessen Auffassung ich nicht ganz teilen kann.
46. Rachfahl, Nied. Verw. S. 34 f., 37, 38, sieht darin einen prinzipiellen Gegensatz, der ihm die Ausschaltung der ständisch bestimmten Behördenorganisationen gerechtfertigt erscheinen läßt.
47. Vgl. F. Hegi a. a. O. S. 60 ff.
48. Innsbr. Arch. Sigm. XIII. 521, 1483, Sept. 10. Anfang 1486. Innsbr. Arch. Sigmund II. b. Mehrere Bitten um freies Geleite von Anfang 1486, Kop. Bücher II, Ser. S. 34, 35, 72, Erteilung freien Geleites. Die Untersuchung muß ergebnislos verlaufen sein, da A. v. Ross, der „in unser ungnad kumen" ist, wieder in Gnaden aufgenommen wird. Schon im Sommer 1486 erhält er gegen Zahlung von 4000 fl. das Recht, ein Jahr lang Silber frei zu verführen. St. Worms: Schwazer Bergbau S. 87.
49. Innsbr. Arch. Raitbuch 1486.
50. Hegi, a. a. O. S. 82 ff., Rachfahl, Ursprung S. 445 f.
51. A. Jäger. Landst. Verf. II/2, S. 326, 331. Hegi S. 129. Es durfte bei schwerer Strafe nicht über das Regiment gesprochen werden.
52. Vgl. Hegi a. a. O. S. 71.
53. Vgl. Hegi a. a. O. S. 81 ff. und 126 ff. A. Jäger a. a. O., S. 334. Dort auch die Liste des Regierungsauschußes.
54. Vgl. ähnlich für Oesterreich, Adler a. a. O. S. 492, und Walther, Ursprünge S. 61.
55. Damals wurden die ersten dauernden und bedeutenderen Verbindungen mit dem Hause Fugger in Augsburg angeknüpft, da es nur dadurch möglich schien, die großen, augenblicklich notwendigen Geldsummen aufzubringen und flüssig zu machen. Vgl. M. Jansen, Die Anfänge der Fugger. Leipzig 1907. S. 114 ff.
56. Vgl. Hegi a. a. O. S. 98, Jäger a. a. O. S. 338-346; Rachfahl, Ursprung S. 446 ff.
57. Gedruckt bei Schwind-Dopsch; Ausgew. Urkunden, S. 414. Nr. 225 vom 23. Nov. 1487. Die Ordnung ist formell ein Erlaß des Erzherzogs, daher ergibt sich ein Unterschied zwischen dem Hof und der Regierung.
58. Die Namen der „geordneten Räte" bei A. Jäger, Uebergang Tirols an Kg. Maximilian. Arch. für öst. Gesch. Bd. 51, S. 445. Innsbr. Cod. 113, S. 123-124.
59. Was Walther, Ursprünge S. 25 über diese Ordnung, die Kämmerer und Räte sagt, ist ungenau. Vgl. dagegen Rachfahl, Ursprung S. 447 ff.
60. Gedruckt bei Rachfahl, Nied. Verw. S. 63-66.
61. a. a. O. S. 355-356.
62. Siehe Rachfahl, Nied. Verw. S. 36-37.
63. Erzh. Sigismund bezeichnet selbst als Grund für die Aufrichtung der Ordnung, „daz wir mit merklichem alter beladen und laider durch teglich zufallend Krankheit unsers leibs plöd und unvermüglich sein." Auffällig ist, daß nicht auch Antoni vom Roß, der doch als Opfer der „bösen Räte" gefallen war, in irgendeiner Weise Verwendung fand, was ja gewiß möglich gewesen wäre, wenn er auch nicht ein Mitglied der Stände gewesen ist. v. Schwind-Dopsch a. a. O. S. 414.
64. Die Ueberwachung des Erzherzogs wurde von den Kämmerern und Türhütern besorgt. „Die camrer, so beleyben und angehen sein, sol der rät beswärung geöffnet werden und in darzu sagen, daz sy sich fürbas mer vleyssen, zu dienen und irm dienst auswarten, auch mer aufsehen auf die rät und leuff ze haben, warnung tun, wo sy mercken geferlich practicken oder suchung, die seinen gnaden, lannden oder leuten wider dise ordnung und regimen zu schaden raichen möchten und kainen anhang machen, auch ye ir einer ein tag im rat sitzen, also daz sy wissen umgen, was im rat, desgleichen von in, was in der camer gehanndelt wirdet und also ein vertraulich wesen mit einander meinem gnädigen herrn, auch der regierung zu gut haben". (Innsbr. Cod. 113. fol. 114 b.)
Vgl. auch eben dort fol. 108 b: „Camrer, das sy sich baß des diensts vleissen, ir ainer albeg im rat sey und noch ernstlich mit in zu reden in maß wie vor. Fiat noch ain turhueter und mit den andern zu reden, pessern vleiss und aufsehen zu haben, auch niemand gevarlich zu meinem gnädigen herrn zu lassen und wurd mangl an ainem oder mer, den weg tuen und mit ainem andern zu verstatten. Idem die under thür albeg zuezusperren. Item ain rat albeg acht tag zu ordnen, der aufsehen hett, und ob icht an sein gnad gelannget daz sein gnad demselben zu den räten albeg verordnen mug". Vgl. die Verhandlungen des Tiroler Landtages von 1490. Jäger, Landst. Verf. II/2, S. 364, 365.
Damit ist auch die Stellung der Kämmerer und ihr Aufgabenkreis überhaupt geklärt, ebenso der Zweck, weshalb einer von ihnen dem Rat beigezogen wurde. Walther (Ursprünge S. 18) hat aus dem Titel „Kämmerer" auf einen Zusammenhang mit der „Kammer", der Finanzverwaltung geschloßen, hat darauf hin in den Kämmerern die leitende kollegiale Finanzbehörde zu erkennen geglaubt und weiter erklärt, daß diese Institution mit der Finanzordnung vom 26. Dezember 1487. (Gedruckt bei Walther, burgund. Zentralverw. S. 193) von Maximilian nach Burgund übertragen worden sei. Diese ganze Annahme ist hinfällig, weil schon die erste Grundlage falsch ist.
65. Innsbr. Cod. 113, fol. 99. „Ist auch furgenomen, daz der rat der geordennten rate halben zu vermeiden grossen costen enger einczogen sol werden, also daz von diser lanndschaft aus den geordneten raeten allweg acht und aus den vordern lannden zwen stets am hof sullen sein und die andern geordneten raete sullen dennoch beleyben und wenn sy erordnet werden gehorsam seyn".
66. Innsbr. Cod. 113. fol. 104 b.
67. Innsbr. Cod. 113. fol. 102. Vgl. Jäger im Arch. f. öst. Gesch. Bd. 51, S. 405.
68. Innsbr. Cod. 113. fol. 115 a—b. Verschiedene Bitten an den Kaiser um Unterstützung und die Forderung des Kaisers und Zusicherung des Schutzes und der Bewahrung vor Schaden.
69. Pauls v. Liechtenstain wurde Hofmarschall und erhielt Thaur und Sarnthein (Innsbr. Cod. 113, fol. 109, 110), Sigmund v. Welsberg wird eine noch nicht bestimmte Pflege versprochen (ebend. fol. 114 b), Degen Fuchs Fragenstein (ebend. fol. 114), Jakob v. Spaur „ob er ettwas mangl het, darein sullen die raet sehen", der oberste Amtmann, der Kammerschreiber und der Hauskämmerer Rudolf Harber, der zurücktrat, sollen durch Zusagen am Hofe fest gehalten werden (fol. 108). Einiges Personal (Küchenmeister, Futtermeister) wurde gewechselt (fol. 108).
70. Innsbr. Cod. 113. fol. 114 a. „Maister Ulrich halb sol mit vleys versucht werden ein gnädigen herrn zu machen". Vgl. A. Jäger, Arch. f. öst. Gesch. Bd. 51, S. 406-408.
71. Vgl. A. Jäger, Arch. f. öst. Gesch. Bd. 51, S. 406 ff. Der Erzherzog beklagt sich auf dem Landtage von 1490 über die Enthebung des Hauskämmerers Rudolf Harber, des Marschall Sigmunds von Welsberg und Walters von Stadion und darüber, daß Jakob von Spaur seine Pflege genommen worden sei. Die Stände geben gewundene Erklärungen ab, die kaum der Wahrheit entsprochen haben. So wird angeführt, daß Harber keine Kenntnis von Bergwerkssachen besessen habe. Harber hatte sein Amt schon seit ca. 12 Jahren inne und hat es später wieder übernommen. Welsberg sei die Besoldung zu gering, er habe einen Sitz haben wollen, wo seine Frau bei ihm sein könne. Doch gehört er auch nach 1490 wieder zum Hofstaat des Erzherzogs (Innsbr. Cod. 118. fol. 142 b). Der Küchenmeister Hans Dieperskircher zieht sich auf die Pflege von Steinach zurück (Innsbr. Cod. 113. fol. 109), nach dem Uebergang der Herrschaft kommt er sofort wieder als Küchenmeister an Erzherzog Sigismunds Hof (Innsbr. Cod. 118. fol. 142 b). A. Walther (Ursprünge S. 17, 67), führt die verschiedenen Veränderungen in den Jahren 1487-1490, ohne sie auf ihre Bedeutung und unmittelbare Ursache zu untersuchen, auf einen „lebhaften Reformtrieb", wie er sich kaum unter Maximilian gezeigt hat zurück. In Wirklichkeit hätten diese Männer lieber nicht „reformiert", sie waren aber dazu gezwungen. Vgl. auch Rachfahl, Ursprung, S. 464.
72. Vgl. darüber A. Jäger, Uebergang usw. im Arch. f. öst. Gesch. Bd. 51, S. 399 ff., und besonders F. Hegi, a. a. O. S. 357 ff.
73. a. a. O. S. 411.
74. Siehe Adler a. a. O. S. 506.
75. Arch. f. öst. Gesch. S. 412, Anm.
76. Innsbr. Landesreg. Arch. Cod. 113. fol. 43.
77. Insgesammt elf Forderungen:
78. Ueber die Bezeichnung „Vater" siehe A. Jäger, Arch. f. öst. Gesch. Bd. 51, S. 411. Anm. 2
79. Die vorländischen noch nicht, Jäger, Arch. f. öst. Gesch. Bd. 51, S. 411.
80. Vgl. Walther, Ursprünge, S. 54.
81. Vgl. Walther, Ursprünge, S. 79. V. Kraus, Maximilian I. vertraulicher Briefwechsel mit Sigm. Prüschenk, Innsbruck 1875, S. 28.
82. Vgl. über seinen Charakter, A. Walther in den Mitt. d. Inst. f. öst. Gesch.-Forsch. Bd. XXXIII. S. 320-349, wo auch die ganze Literatur angegeben ist.
83. Walther, Burg. Zentralverwaltung. S. 68, 196.
84. Geschichte Belgiens, II. Bd. S. 434-478, Die Entstehung und Verfassung des burgund. Reiches im 15. und 16. Jahrh., Schmollers Jahrbücher, Bd. 33, S. 912 ff.
85. Vgl. A. v. Wretschko, Das österr. Marschallamt, Wien 1897, S. 173 f.
86. Burg. Zentralverw. S. 193 ff., vgl. dazu S. 53 ff.
87. Nied. Verw. S. 16 ff., Ursprung S. 449 ff. u. 466 ff.
88. Ursprünge S. 16 ff.
89. Ob nicht vielleicht an eine durch Philipp v. Kleve veranlaßte Nachahmung der Zustände in Kleve-Mark gedacht werden könnte, müßte noch festgestellt werden.
90. Vgl. J. Molinet, Chroniques Bd. III.
91. Vgl. Beiträge zur Gesch. der niederösterr. Statthalterei. S. 130. Siebmachers Wappenbuch, IV. Bd. 4. Abt, S. 354, IV. Bd. 5. Abt. S. 259.
92. Walther, Burg. Zentralbehörden, S. 57, Anm. 1.
93. Vgl. Beiträge zur Geschichte der niederösterr. Statthalterei. S. 133 ff. Schon Walther, Ursprünge S. 80, Anm. 52, hält Rottaler für einen Deutschen.
94. J. D. Schoepflin, Historia Zaringo-Badensis. Karlsruhe 1765, Bd. VI, S. 430 ff. Die Mutter Christofs war eine Schwester Kaiser Friedrichs III. Markgraf Christof nennt sich „statthalter und gubernierer der lannd Lützenburg und Chini", Innsbr. Arch. Max. XIII, 241, 254, Max selbst nennt ihn Statthalter. Schoepflin, a. a. O. S. 455.
95. Vgl. A. Jäger, Uebergang etc. Arch. f. öst. Gesch. Bd. 51, S. 412.
96. Gedruckt bei Adler a. a. O. S. 506-507.
97. Nied. Verw. S. 55. Ursprung 457.
99. Geschichte der Landeshauptleute. S. 321-322. Diese Liste gehört der Zeit nach 1496 an, stimmt aber nicht genau und ist daher nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt zu datieren. Da aber der jeweilige Personalstand aus den Akten feststellbar ist, kann von der Benützung dieser ungenauen Liste überhaupt abgesehen werden.
100. Fol. 144-147 (A) und fol. 121 ff. (B), Die Liste von Adler wird mit C bezeichnet.
101. Innsbr. Land.-Reg.-Arch. Raitbuch 1490, Okt. 20. erhält S. v. W. noch Sold, nach Raitbuch 1491 fol. 78. März 2 ist er bereits verstorben.
102. Nur bei Ulrich von Freundsberg steht 9. April und bei Hanns v. Wolkenstein 22. Juni. Hanns v. W, hat am 22. Juni 1491 seinen Dienst angetreten, also mit diesem Tage Anspruch auf Besoldung erlangt, es ist daher anzunehmen, daß der 29. Mai der Zahlungstag für die übrigen Regierungsmitglieder war.
103. Kop. B. II. Ser. M. fol. 72 b.
104. Max traf am 25. April in München ein. Arch. f. öst. Gesch. Bd. 51. S. 418.
105. Innsbr. Arch. Cod. 118. fol. 121 ff.
106. Die Bischöfe von Brixen hatten seit langer Zeit ein Amt am tirolischen Hofe nicht mehr geführt. Vgl. Jäger Landst. Verf. II/2, S. 144. Vgl. über Bischof Melchior auch Al. Schulte, Die Fugger in Rom. S. 51.
107. Innsbr. Arch. Kop. B. II. Ser. 1491. fol. 9 b.
108. Cod. 118. fol. 14.
109. Kop. B. II. Ser. N. 1491. fol. 109.
110. Cod. 118. fol. 99.
111. Cod. 118. fol. 181 ff.
112. Die Angabe bei Adler a. a. O. S. 494, wonach Stürtzel Kanzler bei der tirolischen Regierung war, beruht auf einem Irrtum. Stürtzel wird in keiner der Listen A, B und C, auf welch letztere sich Adler beruft, überhaupt erwähnt, geschweige denn als Kanzler, er kommt auch in den Kop.-Büchern nicht in dieser Funktion vor, vielmehr läßt sich nachweisen, daß er in der nächsten Zeit in der unmittelbaren Umgebung Maximilians war.
113. Innsbr. Arch. Kop. II. Ser. N. fol. 24. 1491 Okt. 12.
114. Sigmund von Wolkenstein war seit der Neuordnung von 1487 Marschall, (Innsbr. Cod. 113. S. 124, 145, 177.), wurde vom Ausschuß des Landtages, den Landräten, im März 1489 zum Hofmeister bestellt. (Innsbr. Cod. 113. fol. 102). Erzherzog Sigismund hat gegen die Errichtung dieses Amtes auf dem Landtage von 1490 protestiert. Vgl. A. Jäger, Arch. f. öst. Gesch. Bd. 51, S. 403. Sigmund war Rat Kg. Maximilians am Hofe Erzherzogs Sigismunds. Wiener St.-Arch. Chronol. Max. fasc. I. 1486. Aug. 13. — Pauls von Liechtenstein war seit 1487 geordneter Rat, 1489 wurde er nach der Ernennung Sigmunds v. Wolkenstein zum Hofmeister Marschall (Innsbr. Cod. 113, S. 123, 176, fol. 102). — Jakob von Spaur seit 1487 geordneter Rat und Hauptmann des Inntalviertels (Innsbr. Cod. 113, 127, 145, 175, 221). — Ulrich von Frundsberg seit 1487-1489 geordneter Rat, bleibt dann weiter am Hof (Innsbr. Cod. 113, S. 123, 145, 173, 227). — Lienhard Velser 1487-1488 geordneter Rat, dann Salzmaier in Hall (Innsbr. Cod. 113, S. 123, 145, 191). — Degen Fuchs 1487-1488 geordneter Rat, bleibt weiter am Hofe (Innsbr. Cod. 113, p. 123, 145, 175, 221); war schon 1476 Druchseß, später Salzmaier von Hall (Innsbr. Cod. 208, fol. 56 b). — Balthasar von Thun 1489 geordneter Rat (Innsbr. Cod. 113, p. 175). — Sigmund Neidegger 1481 geordneter Rat, 1487-1489 Oberster Schenk und geordneter Rat (Innsbr. Hofordnungen, Innsbr. Cod. 113, p. 122, 123, 145, 175, 189, 221). — Walther von Stadion 1478, 1482 Kämmerer, 1487-1489 geordneter Rat (Innsbr. Cod. 208, fol. 86, Wiener StaatsArch. Cod. 56 suppl. fol. 24, Innsbr. Cod. 113, p. 124, 147. Vgl. A. Jäger, Arch. f. österr. Gesch. Bd. 51, S. 407). — Ueber Jörg Gossembrot vgl. F. Hegi: Ritter Hans v. Puch, in Forsch. und Mitteil. z. Gesch. Tirols und Vorarlbergs. Bd. XI, 1914, S. 2. — Hermann v. Eptingen: 1488-1489 geordneter Rat (Innsbr. Cod. 113, S. 147, 175). — Ludwig v. Rinach 1487, 1489, geordneter Rat. (Innsbr. Cod. 113, S. 124, 147, 175, 221) — Christof v. Hadstat, 1488-1489 geordneter Rat (Innsbr. Cod. 113, S. 122, 147, 175). — Antoni vom Ross 1481-1486 oberster Amtmann, vgl. oben S. 21 und meine „Beiträge zur Gesch. d. tirol. Finanzverwaltung", A. Zycha in Viert.-Jahresschrift. f. Soz. und Wirtsch.-Gesch. 1907, S. 264. — Kammermeister war seit 1481 Kaspar Lachsenfelder, vgl. die Raitbücher. — Peter Rummel 1489 als Anwärter auf den Posten des Hauskämmerers genannt und dann offenbar geworden (Innsbr. Cod. 113, S. 189), Vgl. Forsch. und Mitteil. z. Gesch. Tirols und Vorarlbergs. Bd. 16. — Kammerschreiber seit 1481 Wilhelm Kostentzer, (Wiener Staats-Arch. Cod. 56 suppl. fol. 5, J. Cod. 113, S. 145, Raitbücher). — Rudolf Harber 1477-1489 Hauskämmerer, (Lichnowsky, Gesch. d. H. Habsburg, Reg. Bd. VII. Nr. 2014, Wiener Staats-Arch. Cod. 56 suppl. fol. 6, Innsbr. Cod. 113, S. 122, 143, 189). — Iseregger seit 1487 geordneter Rat in der Raitung (Innsbr. Cod. 113, S. 113, 229). — Bartlme Käsler 1489 Kämmerer und Anwärter auf die Stelle des Hauskämmerers (Innsbr. Cod. 113, S. 178, 189, 221).
115. Vgl. die charakteristische Bemerkung Maximilians, abgedruckt bei Hegi a. a. O. S. 358.
116. Das wird auch in der Instruktion für das Regiment in Innsbruck von 1499 angeführt. Rapp. Vaterl. Statutenwesen. Beiträge zur Gesch. etc. von Tirol und Vorarlberg. V. Bd. 1829, S. 163.
117. Innsbr. Arch. Cod. 118. fol. 146-147.
118. Vgl. A. Jäger, Arch. f. öst. Gesch. Bd. 51, S. 412.
119. Abgedruckt bei Rapp. a. a. O. S. 163 ff.
120. Verwahrt im Innsbr. Landesreg.-Archive.
121. Innsbr. Arch. Cod. 118, fol. 147 a.
122. Innsbr. Arch. Cod. 118, fol. 146.
123. Vgl. Adler a. a. O. S. 334, Anm. 2. Ross legt von diesem Tage an Rechnung.
124. Innsbr. Arch. Kop. B. II. Ser. M. fol. 69. 1490. Apr. 20.
125. Innsbr. Arch. Cod. 118. fol. 146 b.
126. Adler, a. a. O. S. 506-507 [Digitaler Volltext]. Vgl. dazu Rachfahl, Ursprung, 455 ff.
127. Siehe Walther, Ursprünge S. 23.
128. Vgl. Walther Ursprünge S. 22.
129. Innsbr. Arch. Maximil. VIII. 18. Ein ähnliches Schreiben, in dem sie unter Hinweis auf eine früher an den König abgegangene Meldung um Unterstützung bitten, an Veit von Wolkenstein, Dr. Konrad Stürtzel, Kaspar von Meckan; Maxim. XIII. 241, 1491 März 25.
130. Innsbr. Arch. Maxim. XIII, 241. 1491, April 20.
131. Innsbr. Arch. Cod. 118, fol. 182, 1493. „Wilhalmen Costenntzert cammerschreiber, sol man sein ambt abkunden, dann wir wellen hinfür keinen mer prauchen".
132. Innsbr. Arch. Cod. 118, fol. 148 b, sambstag vor Jorii (April 23).
133. Vgl. z. B. Innsbr. Arch. Kop. B. II. Ser. Nr. 1491. fol. 24, 26, 109, vom 12. Okt. 18. Nov. und 14. Dez. 1491.
134. Innsbr. Arch. Cod. 124, fol. 156.
136. Vgl. Adler a. a. O. S. 74 f.
137. Vgl. Forsch. und Mitt. z. Gesch. Tirols und Vorarlbergs Bd. 16.
138. a. a. O. S. 182. Vgl. auch Luschin Gerichtswesen S. 276 ff. Vgl. auch A. v. Wretschko, Das österr. Marschallamt. Wien 1897. S. 173 ff.
139. Adler a. a. O. S. 184, Anm. 1.
140. Adler a. a. O. S. 185, Anm. 1.
141. Adler a. a. O. S. 187, Anm. 2.
142. Vgl. oben Anm. 129. Die Statthalter in Innsbruck ersuchen auch ihn um Vermittlung beim König. Die Angabe bei Adler a. a. O. S. 49 wonach Stürtzel 1491 tirolischer Kanzler war, ist unrichtig, er wird in keinem der Verzeichnisse A, B oder C, auf welch letzteres sich Adler beruft, als solcher erwähnt. Siehe oben S. 94. Anm. 112.
143. Vgl. Adler a. a. O. 190-191. Adler sucht das Vorbild in der Statthalterschaft von 1438. Ich glaube, daß diese Analogie nur beweist, daß unter gleichen Umständen ähnliche Organisationen geschaffen wurden, nicht aber, daß im Jahre 1490 irgend jemand an die Statthalterschaft von 1438 gedacht habe.
145. Innsbr. Cod. 118. fol. 148 b, 1490 Juni 17.
146. Innsbr. Cod. 113, fol. 100, Später erfolgte die Herabsetzung auf 9. Cod. 113. fol. 128.
147. Antoni vom Ross und Jakob von Spaur waren schon ausgeschieden.
148. Vgl. Innsbr. Cod. 118. fol. 181 ff. „Ordnung unser cammer und ambter unser graveschaft Tirol und unnser vordern landen". Die Ordnung ist auf den 28. Dezember 1493 zu datieren. Die einzelnen Veränderungen wurden im Nov. 1493 bis Jänner 1494 durchgeführt, Vgl. Adler a. a. O. S. 335.
149. Vgl. über ihn, H. Ulmann, Gesch. Maximilian. Bd. I, S. 818, F. Hegi in Forsch. und Mitteil. z. Gesch. Tirols und Vorarlbergs Bd. XI. 1914, S. 2, J. Strieder, Zur Genesis des modernen Kapitalismus. S. 96, A. Ehrenberg, Zeitalter der Fugger. I. S. 191. Eine wirkliche Biographie dieser interessanten Persönlichkeit fehlt noch, ebensowie eine Darstellung der Finanzwirtschaft Maximilians, ohne deren Kenntnis soviele Handlungen des Kaisers unverständlich bleiben.
150. Im Innsbrucker Landesreg.-Archiv erliegt unter Maximilian XIII. 241 eine reichhaltige Korrespondenz Gossembrots, die zum Teil aus Zahlungsaufträgen besteht, die Gossembrot vermutlich für eine Abrechnung als Belege beigebracht hat. Als Beleg für die Angaben im Text sollen hier einige Hinweise gegeben werden, die in keiner Hinsicht vollständig sind.
Max XIII. 241. 1-2. Gossembrot als Vermittler zwischen König und Statthaltern.
5, 1492, G. verschreibt sich und seine Erben für einen Geldbetrag, den er beschafft hat.
10. 1493, G. soll 1500 fl. Rhein., die der König ausgeliehen hat, bezahlen.
13. 1493, Mai 1. G. soll sofort zum König nach Augsburg kommen, 1000 fl. mitbringen und 1000 fl. nach Ulm schicken.
14. 1493, August 9. G. soll 500 fl. an Jobst von Prant zahlen, „die in den stat des Maylandischen gelts gesetzt und den wir dier bey Ernsten von Walden unserm rat zugeschickt haben".
18. 1493, Juli 11. Max an G., er soll dem Johann Bontemps, dem burgundischen Schatzmeister, zwei Pferde, die in Augsburg stehen, um 20 fl. Rh. auslösen.
24. 1493, August 14. Jörg von Egk hat von Jörg Gossembrot für Simon von Hungersbach 1000 fl. empfangen.
28. 1493, Sept. 23. Der Kammerschreiber Ulrich Stoppel hat von G. für eine Reihe von Zahlungen 12.000 fl. Rh. erhalten.
35. 1493, Okt. 27. Max an die Statthalter in Innsbruck, sie sollen nicht von dem Geld, das Gossembrot für den Türkenkrieg aufgebracht hat, 3000 fl. verlangen sondern die Summe anderweitig aufbringen.
37. 1493, Okt. 30. Paul von Lichtenstein erklärt, daß er von G. für die Statthalter 7000 fl. empfangen habe.
39. 1493, Nov. 4. Max an G., Auftrag 25.000 fl. aufzubringen und davon Zahlungen zu leisten; „wellen wir die solls von dem Maylenndischen gellt, so auf weyhnechten nechstkomend als du waist gevallen und gegeben wirdet, enndrichten und betzalen".
46. 1493, Nov. 23. Statthalter in Innsbruck bezeugen, daß sie von Hanns Koler im Namen G. 1000 fl. bekommen haben.
59. 1494, März 1. Der Verweser des tirol. Kammermeisteramtes Bartlme Käsler hat von G. durch Ulrich Fugger zum Unterhalt für die Königin 10.000 fl. erhalten.
77. 1494, März 19. Bartlme Käsler hat von G. 19,500 fl. für Schulden und Provisionen erhalten.
81. 1494, März 19. Bartlme Käsler hat für den Hofstaat der Königin 12.000 fl. erhalten.
96. 1494, April 5. G. rechnet für die Zeit von 1493, Juni 6. bis 1494, April 5. Goss. hat ausgegeben 203.557 fl. Rh. 3 Pf. Perner 1 Kreuzer, dazu eine Remanenz von der letzten Abrechnung vom 5. Juni 1493 von 11,387 fl., zusammen also 214,944 fl. 3 Pf. 1 Kr. Einnahmen vom „Maylandischen gelt" 214,665 fl. dazu von den „geordneten retten, so unser obrist ambt zu Insprug verwesen, von der steuer der grafschaft Tyrol uns auff sant Andrestag des 92. jars gevallen, die sye in unserm (Maximilians) namen eintzichen sollen 2823 fl. Rh. zusammen 217,489 ff. 1 Pf. 4 Kr., so bleibt G. schuldig 2544 fl. Rh. 3 Pf. und 7 Kr. Diese Summe hat G. bei der Raitung bar ausbezahlt. Die Zahl der Briefe beläuft sich auf mehr als 200. Von Ende 1494 angefangen scheint Gossembrots Tätigkeit besonders für die erste Zeit der allgemeinen Schatzkammer zurückgegangen zu sein, er vermittelt wohl noch verschiedene Geschäfte; die Wirksamkeit G, stieg wieder 1498-1499, als auch die Hofkammer den Anforderungen Maximilians nicht Genüge leisten konnte. S. auch den langen Bericht Gossembrots bei Chmel, Urkunden, Briefe und Aktenstücke zur Gesch. Maximilians I. Bibl. d. liter. Vereines zu Stuttgart, X. Bd. 1845, S. 40-44, 101, 104. Vgl. ferner M. Jansen: Jakob Fugger der Reiche, Studien z. Fugger-Geschichte, 3, Heft, 1910, S. 196-205.
151. Casius Haquenay stammt trotz seines französisch klingenden Namens nicht aus Burgund, sondern ist ein Kölner Bürgersohn. Siehe über ihn L. Ennen, Gesch. d. Stadt Köln, 1869, III. Bd.; 1011 f. Vgl. Walther Ursprünge, S. 80.
152. Wiener Staatsarch. Chronol. Max. Fasz. 3 b, 1495, Sept. 9. Dieser Vorschuß wurde mit Zustimmung der Reichsfürsten angesprochen. Es ist nicht klar, ob Gossembrot diese Summen aus Eigenem aufgebracht hat oder ob er der Exponent einer Augsburger Finanzgruppe war. Vielleicht hat dieser Vorschuß aber die verfügbaren Gelder Gs. ziemlich aufgezehrt, so daß sein Zurücktreten in der nächsten Zeit hierauf zurückzuführen wäre. Vgl. über den gemeinen Pfenning E. Gothein: Der gem. Pf. 1877, S. 35 [PDF-Datei] und M. Jansen, a. a. O. S. 84.
154. Vgl. das Schreiben des Regiments an den König bei Adler a. a. O. S. 348-349 und M. Jansen, a. a. O. S. 84.
155. Vgl. Adler, a. a. O. S. 342-257 [357], Fellner-Kretschmayr, Oesterr. Zentralverwaltung, I/1, S. 10 f., I/2, S. 2-3.
156. Vgl. Fellner-Kretschmayr, a. a. O. I/2, S. 2; danach wäre die Ordnung für die Schatzkammer von Zyprian Sernteiner ausgearbeitet worden, Innsbr. Arch. Kop. I. Ser. 1496, Geschäft v. Hof betrifft fast nur solche Befehle, die durch Sernteiner an die Schatzkammer geleitet wurden
157. Vgl. Adler a. a. O. 349-350 und Innsbr. Arch. Maxim. XIII. 284.
158. Innsbr. Arch. Kop. B. I. Ser. 1496. Gesch. v. Hof fol. 5-9a, Wiener Staatsarchiv: Chronol. Maxim. 1496, Aug. 14.
159. Diesen Entwurf scheint Fellner-Kretschmayr, a. a. O., mit seiner obigen Bemerkung (Anm. 156) gemeint zu haben.
160. Innsbr. Arch. Kop. I. Ser. 1496, fol. 83, vom 21. Dezember.
161. Vgl. dazu M. Jansen, a. a. O. S. 84 ff.
162. Fellner-Kretschmayr a. a. O. I/2. S. 3.
164. Innsbr. Arch. Kop. B. II. Ser. 1497: S. 303.
165. Daß der Entwurf einer Hofkammerordnung (Adler a. a. O. S. 509, vgl. S. 78 ff.) nicht niederländischen Ursprungs ist, scheint mir mit Walther (Burg. Zentralverw. S. 59-61, 175-176) sicher, Sie entstammt den Hofkreisen. Ebenso sicher ist es m. E., daß „argentier" und „tresorier" aus dem französischen und nicht aus dem lateinischen kommt. Es ist doch bemerkenswert, daß Jean Bontemps, der Schatzmeister, von Walter Leyden in Basel „tresorier" genannt wird (Bibl. d. lit. Ver. v. Stuttgart. Bd. X, S. 46). Der Titel argentier im Sinne von Hofzahlmeister kommt für Casius Haquenay häufig vor (z. B. Kop. B. I. Ser. 1496, fol. 9, Kop. B. II. Ser. 1496, S. 37), nicht bloß in dem Entwurf, wie Walther (Ursprünge S. 89) meint. Außerdem hätte Walther (vgl. Burg. Zentralverw. 180 f.) in den Akten und Korrespondenzen nur nachsehen müssen und er hätte gesehen, daß der Ausdruck „Schatzmeistergeneral" tatsächlich auch in der Praxis gebraucht wird. Es ist gewiß mit dem Nachweise von der Uebernahme von Titeln nicht viel getan, es ist mir daher anderseits Walthers Versuch „tresorier" als unmittelbare Ableitung aus dem lateinischen „thesaurarius" (Burg. Zentralverw. S. 181) unverständlich.
166. Vgl. Adler a. a. O. S. 99 ff. und 536 ff. Ich kann gegenüber Adler den sogenannten Gossembrotschen Vertrag nur so auffassen. Aus diesem Grunde wurde ja auch die Verwaltung nach dem plötzlichen Tode Gossembrots für seine Erben von Kuratoren weitergeführt. Rachfahl, Ursprung S. 457, nennt die Verträge mit G. und mit Villingen „Rückfälle in das mittelalterliche System privater Verpachtung öffentlicher Einkünfte bedenklichster Art". Der Form nach ist das gewiß richtig, zieht man aber die Ursachen in Betracht, so ist die Bezeichnung „Sequestration" vielleicht treffender.
167. Nicht lange vorher hat er den bayrisch gesinnten Vogt Gaudenz von Matsch zu seinem Stellvertreter für Tirol ernannt.
168. Adler a. a. O. S. 384, Anm. 1.
169. Von einer Darstellung der weiteren Reformen wird abgesehen, da ein Innsbrucker Historiker, P. Dr. Pangraz Stollenmayer, bei seinen Arbeiten über Zyprian von Northeim, gen. Sernteiner diese Fragen behandeln wird. [Bibliographisch nicht nachweisbar. H.S. 29.05.2013]
170. R. Smend, Das Reichskammergericht, Quellen und Studien zur Verf.-Gesch. d. deutschen Reiches von Zeumer, Bd. IV/3, S. 1 ff. Vgl. besonders F. Hartung: Die Reichsreform von 1485 bis 1495. Hist. Viert.-Jahrschr. Bd. XVI, S. 24 ff. und 181 ff.
171. Es ist bezeichnend, daß der Hauptgegner Maximilians auf dem Gebiete der Reichspolitik und -reform, Berthold von Henneberg, sich um die Reform der Verwaltung seines Kurfürstentumes nicht bemüht hat. H. Goldschmidt, Zentralbehörden und Beamtentum im Kurfürstentum Mainz, Abhandl. z. mittl. und neueren Gesch. herausgegeben von v. Below, Finke und Meinecke, Heft 7, 1908, S. 5.
172. Zur Beleuchtung des „Reformeifers" den Maximilian dann entfaltete, wenn kein großer politischer Grund vorlag, dient der Umstand, daß er die tirol. Regimentsordnung von 1499 erst über Drängen herausgegeben, bis dahin sich mit der doch mehr provisorischen Uebernahme der alten Verhältnisse begnügt hat. Vgl. A. Jäger, Ldst. Verf. II/2, S. 423 ff.
173. Vgl. A. Walther, Burg. Zentralverw. S. 189, Rachfahl, Nied. Verw. S. 58. Vgl. über Kollegialität im allgemeinen die zutreffenden Bemerkungen S. 7.
174. Daher die früheste Ausbildung der kollegialen Verwaltung oder Ueberwachung dort, wo es eine absolute, einer irdischen Verantwortungspflicht entzogene Herrschergewalt nicht gegeben hat, z. B. bei den Städten, die deshalb in verwaltungstechnischer Hinsicht vielfach die Vorläufer für die landesfürstliche gebildet haben.
176. Arch. f. österr. Gesch. Bd. 69, S. 223.
177. a. a. O., S. 87 ff., 224 ff.
178. E. Rosenthal, Gesch. d. Gerichtswesens und der Behördenorganisation Baierns. I. Bd. 1889. Vgl. auch A. Stölzel, Die Entwicklung der gelehrten Rechtssprechung. II. Bd. 1910. S. Riezler: Gesch. Baierns III. Bd. S. 669-679.
179. Ob hier von einer Rückwirkung der tirol. Verhältnisse gesprochen werden kann, ist nicht sicher, aber unwahrscheinlich.
180. F. v. Krenner, Baier, Landtagshandlungen, Bd. XIII. S. 261, München 1808.
181. Vgl. Rosenthal a. a. O. S. 135, 142, 151, 254 ff.
182. a. a. O. S. 676.
183. v. Krenner, a. a. O. S. 272, 274-276.
184. Rosenthal, a. a. O. 284 ff., 288 ff., 461.
185. Rosenthal, a. a. O. 465.
186. Fr. Wintterlin, Gesch. d. Behördenorganisation in Württemberg, Bd. I. 1904.
187. Wintterlin, a. a. O. S. 33, Anm. 1, 2.
188. R. Carlebach: Badische Rechtsgeschichte, I. Bd. 1906.
189. Br. Krusch: Die Entwicklung der hgl. braunschweig. Zentralbehörden. Zeitschr. d. hist. Vereines f. Niedersachsen. 1893-1894.
190. H. Goldschmidt, Zentralbehörden und Beamtentum im Kurfürstentum Mainz. Abhandl. z. mittl. und neueren Gesch., hgg. von v. Below, Finke und Meinecke, Heft 7, 1908. Vgl. im allgemeinen auch A. Schulte: Die Fugger in Rom. S. 97 ff.
191. a. a. O. S. 107 ff.
192. F. Walter, Das alte Erzstift und die Reichsstadt Cöln. Bonn 1866. S. 405 ff.
193. a. a. O. S. 77.
194. a. a. O. S. 86.
195. a. a. O. 85.
196. Die Verwaltungsorganisation des Fürstbistums Paderborn im M. A. Abhandl. z. mittl. und neuern Gesch. hgg. von v. Below, Finke u. Meinecke. Heft 26, 1911. Vgl. für Osnabrück: H. Rehker: Die landesherrl. Verwaltungsbehörden im Bistum Osnabrück. Diss. 1905.
197. Vgl. K. Schottmüller, Die Organisation der Zentralverwaltung in Kleve-Mark, Staats- und sozialwiss. Forsch. hgg. v. G. Schmoller, Bd. XIV/4.
203. Vgl. K. Sallmann: Organisation der Zentralverwaltung in Jülich und Berg im 16. Jahrh. Beiträge z. Gesch. d. Niederrheins 17.-18. Bd. Die Arbeit beruht hauptsächlich auf den Ordnungen die v. Below und J. Geich in der Zeitschr. d. berg. Geschichtsvereines. Bd. 30, veröffentlicht haben und behandelt das Mittelalter nur ganz kurz.
204. Schottmüller, a. a. O. S. 2.
205. a. a. O. Bd. 17, S. 39.
206. H. Spangenberg, Hof- und Zentralverwaltung der Mark Brandenburg im M. A. Veröffentl. d. Ver. f. Gesch. d. Mark Brandenburg, 1908. G. Schapper: Die Hofordnung von 1470 und die Verwaltung am Berliner Hofe z. Zeit Kurfürst Albrechts. ebendort, 1912. O. Hintze, Hof- und Landesverwaltung in der Mark Brandenburg unter Joachim II. Hohenzollern, Jahrbuch 1906. Hier zitiert nach dem Abdruck in der deutschen Bücherei Bd. 96/97. Vgl. auch A. Stölzel, a. a. O.
207. a. a. O. S. 64.
208. Vgl. Al. Puff, Die Finanzen Albrechts des Beherzten, Leipzig, Diss. 1911 und Löbl, Die oberste Finanzkontrolle im Königreich Sachsen. Schanz, Finanzarchiv 1885, II/2.
209. F. Pischel, Die Entwicklung der Zentralverwaltung in Sachsen-Weimar bis 1743, Zeitschr. d. Ver. f. thür. Gesch. N. F. Bd. 20, 21.
210. G. Ulr. Schrecker, Das Landesfürstl. Beamtentum in Anhalt (1200-1574). O. Gierkes Untersuch. z. deutsch. Staats- und Rechtsgesch. Heft 86, 1906.
211. A. Horn: Die Verwaltung Ostpreußens seit der Säkularisation 1525-1875, Königsberg 1890. Vgl. auch A. Klein: Die zentrale Finanzverwaltung im deutschen Ordensstaate Preußen am Anfang des 15. Jahrh. G. Schmoller, Staats- und sozialwiss. Forschungen, XXIII, 2, Heft, 1914.
212. Arch. f. öst. Gesch. Bd. 69, S. 224-226.
213. Vgl. für das Folgende: G. v. Below, Die Neuorganisation der Verwaltung in den deutschen Territorien im 16. Jahrh. in „Territorium und Stadt", ferner G. Schmoller in Acta borussica, Behördenorganisation I. Bd. 1894, Einleitung S. 57-79.
214. Hist. Zeitschr., Bd. 100, S. 55.
215. Vgl. A. v. Wretschko, Das österr. Marschallamt, Wien 1897, S. 173 ff. bis 178.
216. Die Regentschaften und vorübergehenden Organisationen kommen hier nicht in Betracht.
217. Vgl. A. Walthers Ursprünge S. 83. Vgl. dagegen Rachfahl, Nied. Verw. S. 59 und Ursprung, S. 458.
218. Vgl. hiefür Fellner-Kretschmayr: Oesterr. Zentralverwaltung I. 1, S. 28 ff. und die dort zitierte Literatur.
219. a. a. O. S. 32, Anm. 2.
220. a. a. O. S. 65.
221. Ursprünge, S. 63 ff.
222. a. a. O. S. 70 ff. und an anderen Stellen öfter.
223. a. a. O. S. 77.
224. Vgl. neben dem schon erwähnten Aufsatz in „Territorium und Stadt". „Die städt. Verwaltung des M. A., als Vorbild der späteren Territorialverwaltung", Hist. Zeitschr., Bd. 75. S. 414 ff. Im Anschluß daran K. Sallmann in Beitr. z. Gesch. d. Niederrheins. Bd. 17, S. 35 ff. Die Ansichten v. Belows sind allgemein angenommen, aber für unsere Frage in ihren Folgerungen zu wenig berücksichtigt.
225. Für Maximilian selbst wurde dies oben dargetan. Für Bayern vgl. Rosenthal, Gerichtswesen I. S. 461, für Württemberg, Wintterlin, a. a. O. 33, für Mainz Goldschmidt a. a. O. S. 6 usw. Die Anlässe zu den Reformen werden leider in der Literatur nicht immer genau ausgeführt, die Reformen werden vielmehr als Ausgangspunkt für die Darstellung genommen.
226. L. v. Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, I. Bd., S. 57 ff.
227. Vgl. Fr. Hartung, Berthold von Henneberg, Hist. Zeitschr., Bd. 103, S. 527 ff. vom gleichen Verf. Geschichte des fränk. Kreises. (Veröffentl. d. Ges. f. fränk. Geschichte, 2. Reihe, 1. Bd., 1910, S. 68 ff.) und: Die Reichsreform von 1485 bis 1495. Histor. Vierteljahrschr., XVI. Bd., S. 38 ff., 184 ff. u. bes. 205 ff.
228. Zweifellos waren überhaupt nur die ersten Reformen unmittelbare Nachahmungen des Musters des Kaiserhofes, später kann man sie besser als den Uebergang auf ein in den meisten deutschen Territorien übliches Verwaltungssystem bezeichnen.