Tractatus De Juribus Incorporalibus 1679, aus: Codex Austriacus (1709) 581 - 607 :: Elektronische Edition 2012

Tractatus De Juribus Incorporalibus 1679, aus: Codex Austriacus (1709) 581 - 607 :: Elektronische Edition 2012

Inhaltsverzeichnis

[Editorischer Hinweis]

[Seite 581] [Editionshinweis: Die durch übergeschriebenes "e" gekennzeichneten Umlaute sind in solche umgewandelt worden. Die Antiqua, mit der im Druck lateinische Wörter hervorgehoben sind, ist durch einen farblich hervorgehobenen Font ersetzt. Das Suchfeld am Ende des Textes führt zum "Thesaurus Eruditionis" der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Dort sind unterschiedliche zeitgenössische Nachschlagewerke verfügbar. H. Speer 12. 2. 2012]

Tractatus De Juribus Incorporalibus.

[Vorrede]

Entbieten allen und jeden unsern nachgesetzten Obrigkeiten Geist- und Weltlichen / auch andern unsern treu-gehorsambsten Ständen / und Unterthanen / in unsern Ertz-Hertzogthumb Oesterreich unter der Ennß / auch sonsten männiglichen / was Stands und Würden die seyn / unsere Gnad und alles Gutes; Und fügen euch hiemit gnädigst zuvernehmen: Was massen Wir Zeit unserer Landsfürstl. Regierung wahrgenommen / daß zwischen denen Partheyen in materia Jurium incorporalium / die öfftere Stritt und Irrungen guten Theils darumben entstanden / weilen in diesem Land hierinfalls noch keine Lands-Fürstliche Satzungen publicirt worden.

Damit aber zuforderist Wir selbsten / als auch unsere nachgesetzte Gerichts-Stellen / mit unnothwendigen Rechtsführungen umb so viel weniger behelligt werden möchten: Als haben Wir die gnädigste Verordnung gethan / daß durch unsere Räth / mit Zuziehung der / von unsern getreu-gehorsambsten N. Oe. Land-Ständen erkiesten Außschüssen / die jenigen Jura incorporalia / darauß die mehriste Strittigkeiten bißhero erwachsen / vornehmlich zu der jenigen / welche nicht studirt / verläßlichen Nachricht / auff unsere teutsche Sprach / und ein solche Weiß / wie sichs in diesem Land am füglichsten practiciren lasset / in einen absonderlichen Tractat verfast / und solcher Uns / durch unsere Oesterreichische geheime Hoff-Cantzley / zu unserer schöpffenden gnädigsten Resolution / in Unterthänigkeit vorgetragen / derselbe auch ferners gnädigist resolvirter massen / wie hernach folgt / in Druck gebracht worden.

Erster Titul.

Von den Geistlichen Lehenschafften.

§ 1. Ein Geistliche Lehenschafft / zu Latein Jus Patronatûs / oder Jus praesentandi genant / ist nichts anders / als daß ein Lehens-Herr / oder Patronus / auff eine ledige Pfarr / oder anders [Seite 582] Geistliches Beneficium / einen Priester / nach Belieben / dem Ordinario / das ist / dem Bischoff / oder seinem Officialen / unter dessen Bißthumb die Pfarr / oder anders Beneficium gelegen / zu praesentiren befugt und schuldig ist.

§. 2. Jedoch kan der Lehens-Herr / ob er schon Priester / und sonsten tauglich wäre / sich selbsten auff seine Lehens-Pfarr / oder Beneficium nicht praesentiren. Wann aber der Ordinarius auß eigner Bewegnuß / ihme solche Pfarr / oder Beneficium verleihen wolte / oder im Fall der Lehens-Herren mehr wären / und er von denen andern seinen Mit-Lehens-Herren praesentirt wurde / so ist ihme selbiges anzunehmen / wie auch einem Lehens-Herren / seinen eigenen Sohn / und andere Befreundte / zu praesentiren zugelassen.

Von denen Praesentationen.

§. 3. Solche Praesentation muß in gewöhnlicher Schrifftlicher Form / unter deß Lehens-Herrn Handschrifft und Insigel / oder Pettschafft / und zwar / wann er Geistlich / inner Sechs- und wann er Weltlich / inner vier Monathen / von Zeit der wissentlichen Vacantz anzuraiten / geschehen; widrigenfalls / dafern keine rechtliche Ursach / oder Entschuldigung vorhanden / ist der Ordinarius / nach Verstreichung dieses Termins / einige Praesentation vom Lehens-Herren für dißmahl anzunehmen / nicht schuldig / sondern mag die ledige Pfarr / oder Beneficium / einem andern / nach Belieben / verleihen.

§. 4. Wann aber eine Stadt / Marckt / oder andere Gemein die Geistliche Lehenschafften haben / so ist genug / daß die Praesentation mit derselben Insigl / ohne weitere Unterschrifft / gefertiget werde.

§. 5. Ein Lehens-Herr / wann er Weltlichen Stands ist / kan auff die vacirende Pfarr / oder Beneficium / mehr Priester / entweders zugleich / oder nach / und nach / praesentiren / auß welchen der Bischoff dem jenigen / so er für den Würdigsten erachtet / oder da er sie alle für gleich hielte / einem unter ihnen / nach Belieben / das Beneficium zuverleihen hat. Wann aber der Lehens-Herr Geistlichen Stands / oder die Geistliche Lehenschafft einer Stadt / Marckt / oder Gemain zustehet / soll ihnen zwar auch zugelassen werden / mehr als einen / zu praesentiren / jedoch nicht nach und nach / sondern unter einsten / und wann einmahl eine Praesentation beschehen / ist der Ordinarius eine weitere anzunehmen nicht schuldig.

§. 6. Wann ausser einer Communität / oder Gemein / sonsten zwey / oder mehr / die Geistliche Lehenschafft über ein Beneficium mit einander haben / so sollen sie sich / so viel möglich / nur einer von ihnen insgesambt gefertigten Praesentation / vergleichen / es wäre dann unter ihnen herkommen / daß dem ältisten allein die Praesentation gebührt / wofern aber sie sich einer Praesentation mit einander nicht vergleichen könten / so soll allein die / von mehrern Theil außgehende Praesentation angenommen / und der andern ihre nicht beobachtet werden: es wären dann die mehrern mit ihrer Praesentation in dem hierzu obbestimbten Termin saumig / in welchem Fall der wenigern zu rechter Zeit fürkommende Praesentation gültig seyn solle. Wann aber je sich keiner mit dem andern auff ein Persohn vergleichen könte / sondern ein jeder einen absonderlichen praesentiren wolte / so ist es ihnen unverwöhrt / und hat so dan der Ordinarius das Beneficium einem auß ihnen / nach Beduncken oder Wohlgefallen / wie oben in §. 5. gemeldt / zu verleihen.

Ebenermassen / wann die Geistliche Lehenschafft selbsten / zwischen zween / oder mehrern in possessorio strittig / ist der Ordinarius mit der Einsetzung eines Priesters / biß zu Außtrag deß Stritts / zuwarten nicht schuldig / sondern wann er immittels einen Priester auff die Pfarr / oder Beneficium provisorio modo setzet / ist sodan der obsigende Theil dahin gestellten Priester dabey zulassen / nicht verbunden; jedoch solle er demselben / ohne erhebliche Ursachen / die Praesentation nicht verwaigern.

§. 7. Eines verstorbenen Lehens-Herren nachgelassene Erben seyn nur für eine Persohn zuhalten / und muß derselben Praesentation von ihnen allen / oder doch denen mehrern / und wann sie Gerhaben hätten / von denenselben unterschriben / und gefertiget werden.

§. 8. Der Geistlichen Lehenschafften seyn auch die Weibs-Persohnen fähig / und die von ihnen mit Handschrifft und Pettschafft gefertigte Praesentationen / auch ohne weitere Mitfertigung / anzunehmen. [Seite 583]

Von dem Jure nominandi.

§. 9. Es kan neben dem Lehens-Herrn / auch einem andern absonderlichen das Jus nominandi zustehen / daß nemblichen derselbe zu einer vacirenden Pfarr / oder andern Beneficio ein / oder mehr Persohnen dem Lehens-Herrn zubenennen befugt ist / inmassen dann etliche in diesem Land / insonderheit gewisse Communitäten / dergleichen Jus nominandi von Alters hergebracht haben / worbey es auch ins künfftig sein Verbleiben haben solle.

§. 10. Welchem nun das Jus nominandi gebührt / der solle nach Erledigung der Pfarr / oder andern Beneficii / worauff er zu nominiren hat / solche Nomination zeitlich / und wenigst ein Monath vor Verstreichung deß dem Lehens-Herrn zur Praesentation gesetzten Termins / unter seiner Handschrifft und Pettschafft / oder da es ein Communität / unter derselben gewöhnlichen Fertigung / ihme Lehens-Herrn einreichen / welcher alsdan den / oder die nominirten allein / und keine andere / dem Ordinario / auch zu rechter Zeit / zu praesentiren schuldig / und wann er hierinnen saumig wäre / so kan der jenige / dem das Jus nominandi gebührt / seine Nothdurfft bey dem Ordinario anbringen; herentgegen / da der Nominator im bestimbten Termin niemand benennte / mag der Lehens-Herr für sich selbsten einen / oder mehr praesentiren.

§. 11. Damit aber männiglich wisse / wie eines Lehens-Herrn Praesentation insgemein / gestelt werde / so ist nachfolgendes Formular hiebey gesetzt.

Dem N. entbiete ich N. N. Herr von N. und ich N. Frau N. unser respectivè gehorsambe und in gebühr unterthänige und demütige Dienst anvor / und geben hiemit euer N. gehorsamb zuvernehmen: wie daß die Pfarr N. N. durch freywillige Resignation (oder aber zeitliches Ableiben) Herrn N. gewesten Pfarrers allda / vacirend worden / Uns aber das Jus Patronatus / als Innhabern besagter Herrschafft N. unwidersprechlich gebühren thut: Als haben euer N. wir Zaigern / den ehrwürdigen Geistlichen / und Hochgelehrten oder Wohlgelehrten N. auff ernennte Pfarr N. gehorsamb praesentiren / benebens dieselbe bitten wollen / sie geruhen / vorernennten Herrn N. auff gedachte Pfarr N. und N. gebührender massen zuinvestiren / solches begehren Wir umb euer N. zuverdienen. Zu Urkund dessen / haben Wir diese Praesentation mit eigenen Händen unterschriben / und mit unsern Pettschafften verfertiget. Beschehen zu N. Tag deß Monaths N. Anno N.

Von andern Gerechtigkeiten eines Geistlichen Lehens-Herrn.

§. 12. Uber die Praesentation / gebühret einem Lehens-Herrn auch der Vorzug / sowohl in der Kirchen / worüber er die Lehenschafft hat / als auch in Umbgängen / und anderen Geistlichen dieselbe Kirchen betreffenden Zusammenkunfften.

§. 13. Wann ein Lehens-Herr durch Krieg / Feuers-Brunst / Wassergüß / oder andere dergleichen unversehene Zufäll in Armuth gerathet / so ist ihme die Kirchen von dem / über Abzug anderer ihrer nothwendigen Außgaben / verbleibenden Einkommen / nach zimblichen Dingen / Hülff zulaisten / verbunden.

§. 14. Wann ein Pfarrer / und Beneficiat / oder Zech-Leuth / mit der Kirchen / oder andern Geistlichen Stiffts-Gütern / und Einkommen / nicht / wie sichs gebührt / handleten / so ist ein Lehens-Herr darinnen gezimendes Einsehen zuthun befugt; zu welchem Ende dann ihme / denen Kirchen-Raittungen (so Jährlich / oder längst in zweyen Jahren auffzunehmen) wie auch denen Abhandlungen der verstorbenen Pfarren / und Beneficiaten Verlassenschafft / nach jedes Orths üblicher Gewonheit und Herkommen / entweder selbst / oder durch Gewalttrager beyzuwohnen / bevorstehet. Wie es aber mit Auffnehmung der Kirchen-Raittungen zuhalten / ist im nachfolgenden Anderten Titul / von denen Vogteyen §. 6. gemeldt.

§. 15. Es gebühret auch einem Lehens-Herrn / dem jenigen Priester / welchem die Lehens-Pfarr / oder Stifft auff seine Praesentation / von dem Ordinario verliehen worden / die Temporalia / und Einkommen solcher Pfarr / oder Stifft / bey dessen Installation zu übergeben. Und obschon seine Praesentation etwa auß erheblichen Ursachen / von dem Ordinario nicht angenommen / auch von ihme in gebührender Zeit kein anderer tauglicher Priester praesentirt / und darumben die Pfarr von dem Ordinario einem andern verliehen worden / so kan / und soll er gleichwol denselben in temporalibus installiren: Wie auch / im [Seite 584] Fall die Ursachen / warumben die Praesentation nicht angenommen wird / zwischen dem Ordinario / und Lehens-Herrn strittig wären / und destwegen die Pfarr provisoriô modô ersetzt werden müste / er Lehens-Herr entzwischen dem eingesetzten Pfarr-Verweser die Einkommen ebenfalls provisoriô modô erfolgen lassen. Und diß alles / so viel die Installation und Ubergab der Temporalien betrifft / ist allein zuverstehen / wo neben dem Lehens-Herrn / kein absonderlicher Vogt-Herr vorhanden / dann sonsten solche Installation nicht dem Lehens-Herrn sondern dem Vogt-Herrn zuständig.

§. 16. Ausser dieser erzehlten Gerechtigkeiten / haben die Lehens-Herren bey ihren Lehens-Pfarren / Beneficien und Stifftern / wie auch bey derselben Unterthanen / und Einkommen / ferner nichts zusuchen / die sollen sich auch aller anderer Anmaß= und Beschwärungen gäntzlichen enthalten / ausser wann ihnen / Krafft deß Stifft-Brieffs / ein mehrers gebührete / oder sie von unerdencklichen Jahren ein anders hergebracht hätten.

Was Gestalten eine Geistliche Lehenschafft erlangt wird.

§. 17. Wer eine Pfarr-Kirchen / oder anders Geistliches Beneficium stifftet / erbauet / oder den Grund darzu umbsonst hergibet / der erlangt hierdurch die Geistliche Lehenschafft. Und obschon solche Stifttung Erbauung und Hergebung deß Grunds / nicht nur von einem allein / sondern von mehrern beschiehet / so ist doch die Lehenschafft einem jeden auß ihnen zuständig / wann sie gleich solches nicht außdrucklich bedingt / und vorbehalten hätten.

§. 18. Nicht weniger wird die Geistliche Lehenschafft durch die in Rechten gegründte Verjährung erlangt.

§. 19. Wann ein Lehens-Herr in seinem Testament einen Universal-Erben einsetzet / so ist unter solcher Erbschafft auch die Geistliche Lehenschafft verstanden; da er aber ohne letzten Willen abstirbt / so fällt die Lehenschafft auff seine hinterlassene rechtmäßige Erben.

§. 20. Wann ein Herrschafft / Stadt / Marckt / Dorff / oder anders Gut / wie auch ein gesambte Erbschafft verkaufft / in Versatz oder Bestand überlassen wird / worbey sich eine Geistliche Lehenschafft befindet / so ist selbige auch unter dem Verkauff / Versatz / oder Bestand accessoriè / jedoch ohne Taxirung und Anschlag / umb Geld oder Gelds werth / zuverstehen; wofern sie nicht außdruckentlich davon außgenommen: Wie dann auch sonsten nicht zugelassen / eine Geistliche Lehenschafft allein / und absonderlich zuverkauffen / oder zuversetzen / noch in Bestand zulassen / noch auff einige Weiß umb Geld / oder Geldswerth zu veräussern.

§. 21. Eine Geistliche Lehenschafft kan auch mit keiner Weltlichen Sach / wol aber gegen einer andern Geistlichen Lehenschafft / oder sonsten mit einer Geistlichen Gerechtigkeit verwechslet werden.

Auß was Ursachen die Geistliche Lehenschafften verlohren werden.

§. 22. Wer ein Geistliche Lehenschafft besonders verkaufft / der verliehrt dardurch solche Lehenschafft / und wird die Lehens-Pfarr / oder Beneficium / davon allerdings befreyet. Es hat auch der Kauffer den dafür außgelegten Kauffschilling nicht wieder zuruck zubegehren / sondern ist gleichfalls der Pfarr / oder Beneficio verfallen.

§. 23. Wann ein Lehens-Herr selbsten / oder durch andere / seinen Lehens-Pfarrer / oder Beneficiaten / mit gefährlichen Straichen bößlich / und freventlich am Leib verletzt / oder gar umb das Leben gebracht / so hat er damit die Lehenschafft verwürcket / und ist die Lehens-Pfarr / oder Beneficium hinfüran davon gäntzlichen befreyet / auch die Collatur dem Ordinario zuständig.

§. 24. Wofern ein Lehens-Herr sich seiner Lehens-Pfarr / oder Stifft Güter / gefährlicher Weiß anmassete / oder sonsten in andere weeg demselben grossen Schaden und Beschwärnuß zufügete / solle er / neben Erstattung deß angethanen Schadens / auch der Geistlichen Lehenschafft verlustigt seyn / und die Collatur solcher Lehens-Pfarr / oder Beneficii / dem Ordinario zustehen. [Seite 585]

§. 25. Jedoch ist hiebey zumercken / daß keiner seiner Geistlichen Lehenschafft / auß einer oder andern hievor gesetzten Ursach / ohne vorgehender Rechtlicher Erkantnuß / entsetzet / und solche Erkantnuß / wie auch alle andere Stritt und Berechtigungen / die Geistliche Lehenschafften betreffend / vor unserer N. O. Regierung unmittelbahr fürgenommen werden sollen.

§. 26. Letztlichen ist zu wissen / daß im Fall bey einer oder andern Geistlichen Lehenschafft in den auffgerichten Stifft-Brieffen sonderbahr / jedoch sonsten zuläßige Bedingungen und Verordnungen begriffen / welche diesen unsern Satzungen etwan zugegen / oder hierin gar nicht bedacht wären / hierdurch solchen absonderlichen Bedingungen und Verordnungen nichts benommen / sonder es bey denenselben gleichwohl sein Verbleiben haben solle.

Anderter Titul. Von Vogteyen.

§. 1. Der Vogteyen seynd in diesem unsern Ertz-Hertzogthumb Oesterreich unter der Ennß zweyerley / Erb-Vogteyen und Bett-Vogteyen / über Geistliche oder Weltliche Güter / und haben ihren Ursprung von uralten Zeiten auß deme genommen / daß Geistliche und Weltliche Grund-Herren / fürnemblich zu Kriegs-Zeiten / ihre Grund-Unterthanen / umb bessern Schutzes willen / an mächtigere gevogt / und in derselben Schutz und Schirm / vorbehaltlich der Grund-Obrigkeit ergeben. Wann nun solche Anvogtung allein auff eine gewisse Zeit / oder auff Wohlgefallen deß Grund-Herrns beschehen / wird es ein Bett-Vogtey genennet. So es aber dergestalt beschehen / daß dieselbe für / und für Erblichen bey ihme Vogt-Herrn / seinen Erben und Nachkommen bleiben solle / ist und heist es ein Erb-Vogtey.

§. 2. Deßgleichen wann einer ein Gotts-Hauß / oder geistliches Beneficium stifftet / oder aber Holden darzu widmet / und ihme in der Stifftung die Vogtey darüber vorbehalt / so ist es auch für ein Erb-Vogtey zuhalten.

§. 3. Zwischen diesen beeden / als Erb-Vogteyen und Bett-Vogteyen / ist der Unterschied in deme / daß die Erb-Vogteyen ohne sonderbahre zu Verwürckung genugsame Ursachen unauffkündlich und unwiderrufflich: die Bett-Vogteyen aber nach bestimbter Zeit / und zu deß Grund-Herrns oder Stiffters Wohlgefallen / dem erkiesten Vogten / oder dessen Erben / widerumben auffgekündet werden mögen / darwider dann auch derselbe Vogt sich einiger Verjährung nicht zubehelffen.

§. 4. Wann einer ein Vogtey zwey und dreyßig Jahr in ruhiger Possess / oder Gebrauch gehabt / ob er schon darumben / daß es ein Erb-Vogtey seye / nichts Schrifftliches fürzuweisen / so solle es doch für ein Erb-Vogtey gehalten werden: es wäre dann / daß der Grund-Herr oder Stiffter / mit Briefflichen Urkunden / oder in andere Weeg genugsamb beweisen und darthun möchte / daß es allein ein Bett-Vogtey seye; Jedoch ist obvermeldte Verjährung der zwey und dreyßig Jahren / allein gegen denen Weltlichen Grund-Herren zuverstehen: dann die Geistlichen Grund-Herren betreffend / lassen Wir es bey denen / den Achten Martii Sechzehenhundert Ein und Dreyßig / und Neunten Martii Anno Sechzehenhundert Vier und Dreyßig ergangenen Resolutionen der Zeit allerdings verbleiben.

§. 5. Ein Vogt-Herr hat von seinem Vogt-Holden / den schuldigen Vogt-Dienst / jedoch ohne Staigerung / wie auch das jenige / was er Vogt-Herr sonst in alt hergebrachter Possess hat / einzunehmen und zufordern; hingegen ist der Vogt-Herr seine Vogt-Holden jederzeit treulich zuschutzen / verbunden.

§. 6. Der Vogt-Herr ist schuldig / fleißige Obsicht zuhaben / daß die unter seine Vogtey gehörigen Kirchen-Geistliche oder andere Geistliche Stiffts-Güter / und Einkommen treulich verwaltet / und darüber Jährlich oder längst inner zwey Jahren ehrbare Raittung bey der Kirchen / und zwar in dem Pfarr-Hoff / wo einer vorhanden / da aber nicht / in einem andern der Kirchen nahend gelegenen tauglichen Hauß / mit Vermeidung aller unnothwendigen Unkosten / gethan werde. Und solle sich der Vogt-Herr mit dem Pfarrer / wegen der Raittungs-Auffnehmung / eines gewissen Tags und Stund vergleichen / auch solches vierzehen Tag vorhero von der Cantzel / damit so wohl der Grund-Herr / als Pfarr-Mänge / und sonsten ein jeder / so darbey interessirt / erscheinen möge / verkündet: auch wann die Raittungen ordentlich auffgenommen / selbige vom Pfarrer und Vogt-Herrn also gleich in loco ratificirt / unterschrieben / und gefertiget werden. Was aber die Auffnehmung der Kirchen-Vätter / oder Zech-Pröbst anbelangt / solle zuvor von dem Vogt-Herrn die Pfarr-Mänge / [Seite 586] mit ihrem Vorschlag vernommen / und auß denen Pfarr-Kindern alsdann ehrliche gewissenhaffte und wohlhabige Männer bestelt werden.

§. 7. Was in vorstehendem §. der Kirchen-Raittung halber für den Vogt-Herrn geordnet / ist nicht dahin zuverstehen / als ob dardurch der Lehens-Herr darvon außgeschlossen wäre / sondern wann neben dem Vogt-Herrn / auch ein besonderer Lehens-Herr vorhanden / soll es gleichwohl bey dem / was oben in dem Titul der Geistlichen Lehenschafft von §. 14. zugelassen / sein Verbleiben haben.

Wann ein Vogt-Herr selbsten / oder durch andere / seinen Pfarrer / oder Beneficiaten / mit gefährlichen Streichen bößlich und freventlich am Leib verletzt oder gar umbs Leben gebracht: Nicht weniger / wann er seine Geistliche oder Weltliche Vogtey mißbrauchete / und der Kirchen-Güter oder Vogtey Güter gefährlicher weiß sich anmassete / oder sonst in ander weeg denselben / an statt deß Schuldigen Schutzes / selbst grossen Schaden / und Beschwärnuß zufügete / so hat er dardurch / neben gebührender Erstattung deß angethanen Schadens / die Vogtey verwürckt / jedoch soll er derer / ohne vorgehende Rechtliche Erkantnuß / nicht entsetzet werden.

§. 9. Was aber im Titul von Geistlichen Lehenschafften / bey dem letzten §. wegen absonderlicher Bedingungen und Verordnungen / gemeldet worden / ist auch von denen Geistlichen und Weltlichen Vogteyen zuverstehen.

Der Dritte Titul. Von der Dorff-Obrigkeit.

Welche Dörffer im Land von Alters hero eigne Dorff-Obrigkeit gehabt / die sollen noch forthin darbey gelassen werden / was aber einer solchen Dorff-Obrigkeit eigentlich zustehet / ist nachfolgends zuvernehmen.

§. 1. Erstlich / alles was zu Erhaltung deß gemeinen Wesens in einem Dorff nothwendig ist / als Politzey- Infections- und andere Lands-Fürstliche Ordnungen / gebührt der Dorff-Obrigkeit darüber zuhalten / und die destwegen nothwendige Anstalten fürzukehren.

§. 2. Der Dorff-Obrigkeit ist auch ins gemein das Schenck-Recht / oder Leuthgeben im Dorff das halbe Jahr / als von St. Georgen / biß St. Michaelis Tag zuständig. Jedoch solle hierdurch denen Unterthanen an deme / so sie diß Orths durch langwürrigen ersessenen Gebrauch in der Leuthgebschafft hergebracht / nichts benommen seyn.

§. 3. Die Rumor- und Rauff-Händel / welche sich ausser deß Dachtropffen / und Hauß-Hoffs auff Gassen und Strassen in und ausser deß Dorffs zutragen / und nicht Land-Gerichtsmäßig seynd / hat die Dorff-Obrigkeit abzuhandlen / und zubestraffen / auch im Fall die Sachen Land-Gerichtsmäßig wären / und der Dorff-Herr nicht zugleich das Land-Gericht hätte / die Thäter unserer außgangenen neuen Land-Gerichts-Ordnung gemäß / dahin zuliefern.

§. 4. Ingleichem gebührt auch der Dorff-Obrigkeit die Panthätung und Wandel / Kirchtag-Behuet / einnehmen deß Stand-Gelds / Obsicht der Rauchfäng / Bestellung deß gemeinen Dieners / Wachter und Stundrüffer / wie auch Weeg und Steeg / Rain und Stain / Waid und Gehültz / Einquartier- und Verpflegungs-Werck (jedoch allein bey denen Durchzügen) und andere dergleichen zur Gemein / in und ausser deß Dorffs gehörige Sachen / zubeobachten / und in gutem Wesen zuerhalten / und seynd anderer Obrigkeiten daselbst wohnenden Unterthanen / und Inleuth in allen diesen Fällen / der Dorff-Obrigkeit zugehorsamben / auch auff Verweigerung ihre Obrigkeiten sie dahin anzuhalten / ausser deren Gemeinschafftigen aber einige andere Robath der Dorff-Obrigkeit zuthun nicht schuldig.

§. 5. Es gebühret auch in das Gemein der Dorff-Obrigkeit der Blumsuech / Waidtrib und Viehtrib / neben der Gemein / als welcher an ihrem Recht diß Orths nichts benommen wird.

§. 6. Wir wollen aber in allen diesen Dorff-Obrigkeitlichen Fällen / durch obige unsere Satzungen / dem jenigen / was etwa in einem und andern Orth anderst verglichen worden / nichts benommen haben.[Seite 587]

Der Vierte Titul / Von der Grund-Obrigkeit.

§. 1. Einem Grund-Herrn seynd seine Unterthanen in Real- und Personal-Sprüchen (ausser deren Fällen / so Land-Gerichtsmäßig / oder der Dorff-Obrigkeiten Jurisdiction anhängig) unterworffen.

§. 2. Dahero über alle wider solche Unterthanen fürkommende Civil-Klagen / als erste Instantz / nach Vernehmung beeder Theil Nothdurfften / ordentlich zuerkennen / und zusprechen hat; jedoch die Appellation an unsere N. Oe. Regirung vorbehalten.

§. 3. Deßgleichen seynd alle Straffen / Wandel / und Fälligkeiten / von Schmach / Schelten / Rauff- Rumor- und andern dergleichen Händlen die unter dem Dachtropffen / und nicht auff offener Gassen und Strassen fürgehen / noch Land-Gerichtsmäßig seynd / dem Grund-Herrn zugehörig.

§. 4. Er hat auch die gewöhnliche Robath von denen Unterthanen zubegehren; Item die außgeschriebene Steur / und andere Lands-Anlagen von ihnen einzunehmen / und gehöriger Orthen abzustatten; es wäre dann / daß der Vogt-Herr die Unterthanen / und Gülden in seiner Einlag hätte / auff welchem Fall er die Steuren / und Lands-Anlagen / einzufordern befugt.

Von dem Pfund-Geld / Sterb-Recht und Abfahrt.

§. 5. Wann mit denen Häusern / und Grundstucken / auch Uberländen / es seye gleich durch Kauffen / Ablösen / Tausch / Abwechslen / Schanckung / Heurats-Mitlen-Geschäfft und Erbschafften / oder auch durch andere zuläßige Weiß / ein Veränderung fürgehet / lassen Wir zwar mit Nehmung deß Pfundgelds / wie es bißhero bey denen Städt und Märckten im Land / wie auch der gemeinen Stadt Wienn gehalten worden / so viel die Stadt Wienn / wie auch andere darinnen befindliche Grund-Obrigkeiten / so in und vor der Stadt denen von Wienn Steuerbahre Gründ und Häuser haben / belangt / noch hinfüran verbleiben; wie Uns dann auch bevorstehen solle / bey unserm Kayserlichen Grund-Buch eine oder keine Aenderung fürzunehmen. Betreffend aber die Herrschafften und Grund-Obrigkeiten dieses unsers Ertz-Hertzogthumbs Oesterreich unter der Ennß wollen Wir zulassen / daß durchgehend von dem Gulden 3. Kreutzer / und nicht mehr / hinfüro sollen genommen: Und wann in obbemeldten Veränderungen der Werth deß Grundstucks nicht selbst benennet wird / in solchem Fall die Grundstuck nach treuen Werth geschätzt / und sodann / wie erwehnt / die drey Kreutzer von jedem Gulden gereicht werden. Deßgleichen sollen bey ereignetem Todtfall der Unterthanen / von dero Verlassenschafften in ligenden und fahrenden / nicht mehr dann drey Kreutzer vom Gulden begehrt; Jedoch solle solches Pfund in denen Verlassenschaffts-Fällen nur allein von deß Verstorbenen Verlassenschafft und gar nicht von der überlebenden Con-Persohn Gut (wie bißhero bey etlichen Orthen durch Mißbrauch practicirt worden) genommen: Nicht weniger sollen die Schulden / welche mit Obrigkeitlicher Fertigung beschehen / wie auch die Waisen-Gelder / Heurathliche Forderung / Lidlohn / und dergleichen privilegirte / oder andere liquidirt und passirliche Sprüch vorhero abgezogen / und von dem übrigen richtigen Gut allein obbesagtes Pfund-Geld gereicht werden. Das Sterbhaubt aber / als nemblichen das beste Stuck an Pferden / Vieh / oder andern Fahrnussen / wie es Namen haben mag / oder den Werth darfür / wollen Wir bey allen Herrschafften / ungehindert des alten Herkommens / als ein unzulässige Betrangnuß / hiemit völlig auffgehebt haben / und solle selbiges bey würcklicher Bestraffung der Ubertretter ferners weder begehrt / noch genommen werden. Hingegen was das Abfarth-Geld anbelangt / lassen Wir zu / daß hinfüro von denen jenigen Erbschafften / welche bey denen Herrschafften im Land von einem hinweg / und unter einen andern Herrn gebracht werden / nach Abzug der Schulden / und andern nothwendigen Außgaben / von jedem Gulden drey Kreutzer / von deme aber / was ausser Lands geführet wird / von jedem Gulden sechs Kreutzer / billich möge gefordert und genommen werden.

§. 6. Ein Grund-Herr mag seine Grund-Obrigkeitliche Gerechtigkeiten einem andern nach Belieben verkauffen / oder sonst übergeben; Jedoch hat der Kauffer oder Ubernehmer nicht Macht wegen solcher Veränderung / die Unterthanen von ihren Erb-Gütern abzuschaffen / sondern es solle die darbey / allermassen sie dieselbe bey vorigem Grund-Herrn innen gehabt (ob gleich der Verkauffer und Ubergeber solches nicht vorbehalten / oder [Seite 588] die Contrahenten schon ein anders mit einander verglichen hätten) ruhig verbleiben lassen. Ingleichem / wann der Grund-Herr einen Grund nur allein auff gewisse Jahr / oder auff etliche Leiber hinumb gelassen / und dann seine Grund-Obrigkeitliche Gerechtigkeit einem andern zukauffen geben / sollen dieselben Bestandleuth / und Leibgedings-Genossen / biß zu Endung ihrer Zeit / bey denen hingelassenen Gütern / es seye gleich bey der Kauffs-Abred außdrucklich bedingt / oder nicht / unabgeschafft und ruhig gelassen werden.

§. 7. Die Unterthanen seynd schuldig / ihre noch in Gewalt und Brod habende Söhn und Töchter / deren sie zu eignen Diensten nicht bedürfftig / oder dieselben sonsten in frembde Dienst geben wolten / ihrem Grund-Herrn vor allen andern in Dienst erfolgen zulassen; Dargegen aber sollen dieselben von ihrem Herrn oder Frauen nicht wie Sclaven und Leibeigene / sondern wie andere freye Ehehalten und Dienstbotten / mit gebührender Kost und Lohn versehen und unterhalten / auch nach Verfliessung dreyer Jahren / wider ihren Willen ferners zudienen nicht gezwungen werden / ausser dessen ist denen Unterthanen ihre Kinder in die Städt / und anderst wohin zum studiren / Lernung eines Handwercks / oder anderer ehrlicher Sachen / jedoch mit Vorwissen der Obrigkeit / zuschicken unverwehrt.

§. 8. Ingleichen kan der Grund-Herr seiner verstorbenen Unterthanen hinterlassene Waisen in seine Dienst nehmen / und sie / biß auff das vierzehende Jahr ihres Alters ohne Lidlohn gebrauchen; Jedoch ist er dieselbe mit nothwendiger Unterhaltung und Kleidung / ohne Entgelt ihres etwa habenden Erbtheils / zuversehen schuldig. Wann sie aber das vierzehende Jahr ihres Alters erfüllt / seynd sie darüber drey Waisen-Jahr / gegen gebührendem Lidlohn zudienen / verbunden; ferner aber können sie von der Obrigkeit zudienen / wider ihren Willen nicht angehalten werden / allermassen solches auch in unserer Gerhabschaffts-Ordnung in dem sechsten §. deß neunten Tituls vorgesehen worden; im übrigen / wofern einem oder andern Waisen eine Heurath zustünde / so solle seine Obrigkeit ihne daran / ohne erheblich und billiche Ursachen / nicht verhinderlich seyn; wie dann auch kein Grund-Herr oder Obrigkeit befugt seyn solle / an statt der Dienste / eine Abfindung in Geld / weder von denen Waisen / noch der Unterthanen Söhn und Töchter / zubegehren.

Von Grund-Büchern / und Gewöhren.

§. 9. Die Grund-Herren seynd schuldig über ihre Güter ordentliche Grund-Bücher zuhalten / und selbige zu gewissen Zeiten / nach eines und andern Gelegenheit / auff ihren eignen Unkosten zubesitzen; jedoch daß es auß erheblichen Ursachen / über drey Jahr nicht anstehe. Und sollen alle und jede Grund-Holden / die zu selbigem Grund-Buch dienstbahr / ihre Dienst dahin entrichten. In solche Grund-Bücher sollen die Besitzer der dienstbahren Gründ / an Nutz und Gewöhr geschrieben / alle fürgehende Veränderungen (an Seiten der Grundholden / und nicht der Grund-Herren zuverstehen) wie auch die Satz-Verschreibungen eingetragen / auch davon denen Interessirten Gewöhr / und Satz-Zetl oder Außzüg / umb die Gebühr ertheilt werden.

§. 10. An Nutz und Gewöhr ist niemand zuschreiben / er habe sich dann zuvor zu deme / so zu nechst daran geschrieben stehet / genugsamb legitimirt / und entweder durch Testament / oder andern letzten Willen / oder auch durch Verwandtschafft erwiesen / daß das Grundstuck an ihne erblich kommen. Wann aber durch Kauff / oder andern rechtmäßigen Contract / eine Veränderung beschiht / soll der jenige / so die neue Gewöhr begehrt / eine ordentlich / von seinem Geber schrifftlich gefertigt / oder mündliche Auffsandung fürbringen: oder im Fall er damit nicht gefast seyn könte / mit habendem Kauff-Brieff / oder andern genugsamben Titul / oder aber mit lebendiger Zeugnuß darthun / und erweisen / daß er solches Gut auffrecht und redlich an sich gebracht habe / und sollen alle solche Brieffliche Urkunden und Zeugschafften in glaubwürdigen Abschrifften bey dem Grund-Buch fleissig auffbehalten werde.

§. 11. Wann dem Grund-Herrn in Erb-Fällen glaubwürdig fürkäme / daß mehr Erben vorhanden / so zu dem Erb-Gut Sprüch und Gerechtigkeit haben möchten / so ist er deme / welcher die Gewöhren suchet / solche ehender zufertigen nicht schuldig / er versichere dann ihne zuvor / daß er das Grund-Buch dißfalls ohne Nachtheil und Schaden halten wolle.

§. 12. In Beschreibung der Gewöhren sollen beede Theil / als der Erblasser / oder Ubergeber / und der Erb / oder Ubernehmer / mit Tauff- und Zunamen benennt / wie auch der Titul / dardurch die Veränderung beschiht: Item wo solches Gut gelegen / in welcher Riedt / oder Gebürg / die nechste richtige Anrainung / oder Stain und March / auch [Seite 589] was / und wie viel / wohin / und zu was Zeit im Jahr / davon der Dienst zureichen / alles klar / und lauter vermeldt / und einverleibt werden.

§. 13. Wann ein Grund-Herr einen Grund / der ihme umb nicht bezahlten Dienst / oder anderer Ursachen willen / Rechtlich heimbgefallen / und zuerkennet worden / jemanden auffgeben will / soll er den Rechtlichen Außspruch / darinnen ihme solcher Grund zuerkennt / zu der Gewöhr legen / und darauff die Gewöhr fertigen / wann aber der Grund-Herr den Grund erst von neuem auffgibt / so ist es an der blossen Gewöhr genug.

§. 14. Die Gewöhren können auff viererley Weiß / benenntlichen / 1. auff einen allein / 2. auff Mann und Weib / oder andere zugleich / 3. mit gesambter Hand / und 4. auff Uberleben / ertheilt / und genommen worden.

§. 15. Wann jemand allein an Nutz / und Gewöhr geschriben wird / so gehört das Gut ihme allein zu / und wann er dasselbe in Lebzeiten nicht veräussert / fällt es nach seinem Todt / ohne Geschäfft / auff dessen Erben / obschon deren in der Gewöhr nit wäre gedacht worden.

§. 16. Wann ein Mann / sambt seinem Weib / oder sonst ihrer mehr zugleich / an Nutz / und Gewöhr gebracht / so ist ihnen das Grundstuck zu gleichen Theilen zuständig / und wann eines unter ihnen mit Todt abgehet / so fallt sein Theil auff dessen Erben / oder wem er es etwan durch letzten Willen verschafft hat / jedoch dem Uberlebenden die Ablösung nach billicher Schätzung vorbehalten; es wären dann Eheleibliche Kinder verhanden / denen deß Verstorbenen Theil zufiele / in welchen Fall die Ablösung / ohne der Kinder / oder ihrer Gerhaben Einwilligung / nicht statt hat: in Lebzeiten aber solle eins / ohne deß andern Vorwissen und Willen / seinen Theil durch Verkauff / Tausch / Versatz / oder andere Contract zuveräussern nicht Macht haben / hingegen auch eines das andere an der vorhabenden Veräusserung / ohne erhebliche Ursachen nicht hindern. Und wann destwegen zwischen Mann und Weib / oder andern Stritt entstunde / worüber sie sich in Güte nicht vergleichen könten / soll die Entscheidung / nach Beschaffenheit der Sachen / entweder der Grund-Obrigkeit / oder der Instantz / unter welche beede Persohnen gehören / zustehen.

§. 17. Wann die Gewöhr zwischen Eheleuthen / oder andern / auff gesambte Hand gestellt ist / so ist ihnen das Gut auff gleichen Theil zuständig / und hat nach eines / oder andern Ableiben / die überlebende Persohn selbiges ihr Lebenlang völlig zugeniessen: jedoch sollen die contrahirende Persohnen dieser auff Leibs lebenlang gebührenden Nutznüssung halber / bey denen auff gesambte Hand auffrichtenden Gewöhren / jedesmahl certiorirt / und erinnert / solches auch in denen Gewöhrs-Instrumenten außdrucklich einverleibt werden. Wann aber die überlebende Persohn auch mit Todt abgehet / so fallt ihr Theil auff ihre Erben / oder wem sie es etwan verschafft hat / und der übrige Theil ist deß vorher verstorbenen Erben / oder wem ers vermacht hat / gehörig.

§. 18. Wann die Gewöhr zwischen Eheleuthen / oder andern / auff Uberleben gestellt / und eines davon mit Todt abgehet / so fallt das Gut auff die überlebende Persohn völlig / und kan ein Theil ohne deß andern Einwilligung / hierinnen kein Aenderung fürnehmen; jedoch alles mit dem Verstand / daß weder bey diesem / noch im vorigen Fall der gesambten Hand / denen etwan verhandenen Kindern / an ihrer natürlichen Erb-Gebührnuß dardurch ichtes entzogen werden solle.

§. 19. Die Geistlichen / als Prälaten / Pfarrer / Beneficiaten sollen / so offt sich mit ihrer Persohn eine Veränderung zutragt: die Ordens-Persohnen aber / so veränderliche Vorsteher haben / wie auch die Zechen / Bruderschafften / und Gemainden / in 10. Jahren einmal / alle andere aber bey nechster Besitzung jedes Grund-Buchs auff dem Land / die Gewöhr nehmen; widrigenfalls / so offt solches unterlassen wird / für jedesmal zum Wandel 45. Kreutzer / unerachtet sonsten der Grund-Dienst ordentlich entrichtet / zubezahlen schuldig seyn; es wäre dann einer oder der andere auß erheblichen Ursachen hieran verhindert worden.

§. 20. Ein Grund-Herr kan auch ohne vorgehende Rechtliche Erkantnuß keinen Grund einziehen / sondern wann er vermaint / daß ihme ein Grund / wegen nicht bezahlter Dienst / oder anderer Ursach halber heimbgefallen / stehet ihm bevor / ein unpartheyisches Grund-Recht niderzusetzen / vor demselben seine Sprüch vorzubringen / und darüber mit Vernehmung der interessirten Parthey / welcher der Grund angesprochen wird / Rechtlicher Ordnung nach / erkennen zulassen; jedoch dem beschwärten Theil die Appellation an unsere N. Oe. Regierung vorbehalten. In Unterlassung dessen kan er von den Grundholden bey gehöriger Instantz eines Gewalts beklagt werden / und ist er dem Grundholden / den eingezogenen Grund / sambt der auffgehobenen Nutzung / und deren / so auffgehebt werden können / wiederumben abzutretten / auch sich mit ihme umb den erwisenen Gewalt / [Seite 590] verursachte Expens / Unkosten / und Schäden / nach billichen Dingen / oder Gerichtsmäßigung / zuvergleichen schuldig: sodan mag er gleichwol wegen der vermainten Fälligkeit / die Rechtliche Erkantnuß / wie oben gemeldt / fürgehen lassen.

§. 21. Zu Ersetzung eines solchen Grundrechts / soll der Grund-Herr eine verständige / unpartheyische Persohn zum Richter / neben demselbigen wenigist noch vier andere / gleichfalls verständige und unpartheyische Persohnen zu Beysitzern erkiesen / welche die ihnen auffgetragene Erkantnuß entweder allhie / oder auff dem Land bey der Grund-Obrigkeit / oder anderwerts / nach ihrer Gelegenheit / jedoch nicht ausser Lands / fürnehmen mögen.

§. 22. Wann dem Grund-Herrn wegen unbezahlter Dienst / und also auß Verschulden deß Grundholds / ein Grund oder Gut zugesprochen wird / so hat er dieselbe Außständ an dem Dienstmann absonderlich nicht zubegehren / sondern muß sich mit dem zugesprochenen / und eingezogenen Gut begnügen lassen; hingegen ist ihme / neben solchem Grund auch die etwan darein verwendte Verbesserung verfallen / und er destwegen dem Dienstmann einige Erstattung zuthun nicht schuldig.

§. 23. Es ist zwar im Buch von Contracten tit. 14. §. 12. geordnet / daß / wann ein Grund-Herr seine Dienstforderungen und Grundforderungen über 3. Jahr lang / und öffters beruffen / von dem Dienstmann nicht bekommen könte / er in denen Uberländen / den Grund mit Besetzung eines Grundrechts einzuziehen befugt seye; jedoch sollen die Grund-Richter bey der Erkantnuß wohl in acht nehmen / und die Fälligkeit dißfalls anderst nicht erkennen / als wann sich befindet / daß der Zinßmann die Dienst fürsetzlich / und muthwilliger Weiß / so lang anstehen lassen / und dem Grund-Herrn vorenthalten; es wären dan verzuckte / oder Fall-Dienst / welche nach eines jeden Orths alter Gerechtigkeit / und Gebrauch abzustatten seynd.

§. 24. Die übrige Ursachen zur Fälligkeit eines Grunds / auch was sonsten der Grund-Obrigkeit weiters anhängig / und allhier nicht außgedruckt ist / hat man auß jetztgedachtem Buch von Contracten im 15. Titul mehrers zuvernehmen.

§. 25. So viel aber der Stadt Wienn / auch anderer Städt und Märckt / Grund-Buchs-Ordnung betrifft / lassen Wir es bey deme / wie es bißhero gehalten worden / noch ferners also verbleiben.

Von der Grund-Buchs-Tax / und Gebühren.

§. 26. Nachdeme Wir wahrgenommen / daß nicht allein bey unsern Landsfürstlichen / wie auch bey gemeiner Stadt Wienn / und andern unsern Landsfürstlichen Städt und Märckten / sondern fast bey allen und jeden Grund-Obrigkeiten deß gantzen Lands / mit Reichung der Grund-Buchs-Taxen ein grosser Unterschied gehalten wird: neben deme auch bey etlichen derselben vielfältige Beschwär- Staigerung / unbilliche Exactionen / und Mißbräuch unterlauffen: Als wollen Wir zwar bey deren von Wienn / wie auch andere / in der Stadt befindlicher Grund-Obrigkeiten / so inn und vor bemelter Stadt denen von Wienn steuerbahre Gründ und Häuser haben / dann auch bey denen übrigen unsern Landsfürstl. Städt und Märckten / an bemelter Grund-Tax-Ordnung nichts verändern; jedoch zu einer durchgehenden Gleichheit / wie es mit der Tax bey allen und jeden Grund-Büchern / auff dem gantzen Land / es seyen dieselben gleich Geistlichen oder Weltlichen Herrschafften / und Grund-Herrn zugehörig / ohne Unterschid hinfüran solle gehalten / und ausser dessen weiter nichts gefordert werden / nachfolgende Tax außgeworffen haben.

1. Für Abschreib-Geld oder Abthue-Geld von jeder Persohn 6. kr.
2. Einschreib-Geld ingleichen von jeder Persohn 6. kr.
3. Gewöhr-Geld / es seyen eine oder mehr Persohnen darinnen begriffen / wann dieselbe geben wird auff einen Hauß-Grund 1. fl. 30. kr.
Da es aber ein Gewöhr ist auff ein Uberlebendt 1. fl.
Von Anmeldung der überlebenden Persohn bey dem Grund-Buch 30. kr.
4. Für ein Gewöhr Außzug / wann selbiger begehrt wird 15. kr.
5. Für das Pfund-Geld / wann nemblich ein Veränderung mit denen Häusern und Grundstücken fürgehet / wie oben in diesem Titul bey dem sechsten §. vorgesehen / von jedem Gulden 3. kr.
6. Abfahrt-Geld von deme / was von einer Herrschafft zur andern im Land geführt wird / von jedem Gulden 3. kr.
Von dem aber / was auß dem Land geführt wird / von jeden Gulden 6. kr.
7. Einen Satz auffzurichten / und fürzumercken / vom Gulden 2. pf.
8. Für den gefertigten Satz-Brieff / gebührt der Obrigkeit 1. fl. 30. kr. 9.
Für den Satz-Außzug / wann er begehrt wird / Schreib-Geld 15. kr.
10. Einen Satz zu cassiren der Herrschafft 1. fl. 30. kr.
11. Beschau-Zettel oder Außmarch-Zettel 18. kr.
12. Beym Grund-Buch auffzuschlagen / oder nachzusuchen / wann dasselbe nicht offen ist6. kr.
13. Verbott-Geld 18. kr.
14. Von einem Weingarten zuverschlagen 6. kr.
15. Von denen Geistlichen Persohnen / welche unveränderliche Vorsteher haben / so offt sich mit ihnen Veränderungen ereignen / Gewöhr-Geld 1. fl.
16. Die jenige Communitäten / welche nach Innhalt deß hievorstehenden 20. §. die Gewöhr alle zehen Jahr nehmen / sollen reichen Gewöhr-Geld 1. fl.
17. Welcher die Gewöhr zu rechter Zeit / wie oben in §. 20. vorgesehen nicht nimbt / hat zum Wandel verfallen 45. kr.
18. Wer den Dienst bey offenen Grund-Buch nicht entrichtet / ist verfallen 22. kr. 2. pf.

Wir befehlen hierauff unserer N. Oe. Regierung / und andern nachgesetzten Gerichtern gnädigist / und wollen / daß nicht allein über die Tax-Ordnung festiglich solle gehalten / sondern auch die Ubertretter / neben Erstattung dessen / was sie zu viel genommen / noch darzu ernstlich gestrafft werden.

Der fünffte Titul. Von der Robath.

§. 1. Ein jeder Hold und Unterthan auff dem Land / ist von dem behaußten Gut seinem Grund-Herrn zu Robathen schuldig / er könne dann mit Briefflichen Urkundten / oder in andere Weeg erweisen / daß solches Gut / und dessen Innhaber / oder er selbst / von dem Herrn der Robath insonderheit befreyet worden.

§. 2. Von denen unbehaußten Gütern und Gründen aber / als Burgrechten / und Uberländen / seynd deren Inhaber dem Grund-Herrn einige Robath zuthun nicht schuldig.

§. 3. Denen Inleuthen mag zwar von dem Grund-Herrn eine Hand-Robath / doch nicht über 12. Tag im Jahr aufferlegt / jedoch von selbigen sonsten weiter einiges Schutz-Geld nicht gefordert werden.

§. 4. Die behaußten Unterthanen Robath betreffend / ist von unsern Vorfahrern noch Anno 1563. eine Resolution ergangen / daß unsere getreue Stände sich zwar einer ungemäßigten Robath gebrauchen können / dabey aber die Unterthanen wider die Billigkeit nit beschwären sollen. Nun lassen Wir es bey obiger Resolution der Unmäßigung auch annoch verbleiben / wollen aber wegen deß bißhero fast durchgehend eingeschlichenen Mißbrauchs / deß gar zu strengen / und überhäufften Anhalten zur Robath / alle Obrigkeiten dahin ernstlich ermahnet / und befelcht haben / daß sie ihre Unterthanen mit der Robath wider Billigkeit nicht beschwären / noch selbe dardurch an ihren selbst eigenen Unterhaltungen und Nahrungen verhindern / weder mit gar zu weit entfernten langwürigen Außbleiben / von ihrer Würthschafft abhalten sollen: widrigenfalls auff der Unterthanen einkommende Klagen / Wir solche Betrangnussen nicht allein einstellen / sondern auch gegen die Ubertretter mit würcklicher Straff / auch Veränderung der ungemäßigten / in ein gemäßigte Robath verfahren lassen wollen.

§. 5. Wo es von alters herkommen / daß denen zu Robath erscheinenden Unterthanen das Brodt / auch andere Speiß / und das Futter für ihre Roß und Ochsen gereicht wird / darbey soll es hinfüran allerdings verbleiben: wie auch bey andern Herrschafften und Orthen / wo deren keines bißhero im Gebrauch gewesen / ins künfftig wenigist das Robath-Brod / oder ein gewisses Getraid darfür gereicht werden.

§. 6. Ob zwar die Unterthanen ihrem Herrn / allein würcklich zu Robathen schuldig / so stehet doch beeden Theilen / sich an statt der Robath auff ein gewisses und billiches in Geld mit einander zuvergleichen / bevor / welches auch auff obbemelte / der Inleuth 12. Robath-Täg zuverstehen ist. Da aber ohne vorbeschehenen Vergleich / der Herr etwan das Robath-Geld von denen Unterthanen vorhin eingenommen hätte / ist selbiger gleichwohlen befugt / ins künfftig umb seiner bessern Gelegenheit willen / die würckliche Robath von denen Unterthanen wiederumben zubegehren. [Seite 592]

Der Sechste Titul. Von Zehend.

§. 1. In diesem Ertz-Hertzogthumb Oesterreich seynd von alters hero / sowohl die Weltliche als Geistliche Persohnen / der Zehenden fähig / wann sie anderst dieselbe mit rechtmäßigen Titul oder Verjährung an sich gebracht haben / worbey Wir es annoch ins künfftig verbleiben lassen.

§. 2. Der Zehend insgemein seyn zweyerley: als der grosse und kleine / zu Feld / und Dorff. Der grosse zu Feld / ist der Traid-Zehend und Wein-Zehend; unter dem Traid aber / Weitz / Gersten / Korn / Habern / Arbes / Linsen / Bohnen / Haiden / Brein / und dergleichen zuverstehen. Der kleine zu Feld / bestehet in Saffran / Kraut / Ruben / Haar und dergleichen; zu Dorff aber / in grossen und kleinen Vieh / Ayern / Käsen / und anderley Sorten.

§. 3. An welchen Orthen der klein / oder auch grosse Zehend von Alters / oder wenigist von 32. Jahren hero nicht im Brauch gewesen / oder die Zehend-Holden sich nicht besonderlich darzu verbunden / ist man denselben auch hinfüran zureichen nicht schuldig; doch solle in diesem Fall / da ein Vasall / oder Bestandmann dergleichen Zehend einzunehmen unterlassen / dem Eigenthumber / oder Lehens-Herrn / diese Præscription nichts præjudiciren.

§. 4. Von deme / was deß dritten Jahrs in Brach-Feldern und Traid-Feldern / auch sonsten jährlich in Pointen / oder Gärten Zehendbahres erbauet wird / davon soll man eben sowohl als von andern Baufeldern / den Zehend zureichen schuldig seyn. Wo aber ein Garten oder Wein-Sätz bey einem Hauß oder Hoff / mehr zum Lust / als Nutzbarkeit geziglet / und erbauet worden / die sollen Zehendfrey gelassen werden / und ob es schon alte Gärten und Sätz wären / die gleichwol ihre sonderbahre Nutzbarkeit hätten / jedoch über verjährte Zeit kein Zehend davon gegeben worden / solle nochmahlen keiner davon begehrt werden.

§. 5. Die Neubrüch / und Neugereith / werden genennt die jenige Gründ / allda zuvor weder Furch / Strang / noch Gräfften gesehen / auch nie was angebauet worden. Die Auffbrüch aber jene Gründ / welche vorhero zwar angebauet gewesen / aber kurtz / oder lang hernach in einen andern Bau verkehret worden. Was nun die Ersten / nemblichen die Neubrüch / und Neugereith anbelangt / sollen dieselben denen Geistlichen und Weltlichen Zehend-Herrn / welche auff diesem Grund die Zehend-Gerechtigkeit haben / wann solche zu Acker gebauet worden / die ersten fünff Jahr / da sie aber zu Weingärten außgesetzt würden die ersten acht Jahr / keinen Zehend / sondern erst nach Verfliessung deren / denselben jährlich zureichen schuldig seyn. Die Andern / als nemblichen die Auffbrüch / wann sie über zehen Jahr öd gelegen / sollen die Aecker drey / die Weingärten aber sechs Frey-Jahr haben / da aber auff einem gantz freyen Grund ein Neugereith gemacht würde / ist man davon keinen Zehend zugeben schuldig.

§. 6. Der Zehend von allem Getraid / so mit der Sichel abgeschnitten wird / soll in Mändel / oder bey weniger Ertragnuß Garbenweiß zu Feld gereicht werden / und der Zehend-Herr solche Mändel / oder Garben jedem auff seinem Bau-Grund abzuzehlen / auch seines Gefallens / ohne einige deß Zehendmanns Verhinderung / am ersten / und letztern / oder mittern Hauffen abzufahren / den Zehend außzustecken / und zuerheben befugt seyn: was aber das ringere Getraid anbetrifft / so nicht mit der Sichel abgeschnitten / sondern abgemähet wird / das solle der Madt / oder dem Häuffel nach / verzehendt / und der Zehend-Herr gleichfalls die zehende Madt / oder Häuffel zumercken / und zuerheben haben; wo aber der ungleichen Madten / oder Häuffel halber solches nicht seyn kunte / so ist der Zehend-Mann auff deß Zehend-Herrn Begehrn gleiche Schöberl zumachen schuldig.

§. 7. Damit aber der Baumann an Einführung seines Getraids nicht gesaumbt / und dadurch in Schaden geführet werde / noch der Fleißige deß Unfleißigen zu entgelten habe / so soll ein jeder Zehend-Herr / wann er von dem Baumann angelanget wird / auff seinen Grund den Zehend unwaigerlich außstecken / und erheben: auch wofern er nicht durch Ungewitter daran verhindert wird / solches über drey Tag nicht anstehen lassen; wurde er aber darüber saumig erscheinen / solle dem Zehend-Holden / sein Getraid durch Unpartheyische außzustecken / nach Gelegenheit einzuführen / und den Zehend / Mändl- Schober- Häuffel- oder Madtweiß im Feld ligen zulassen erlaubt seyn; jedoch von ihme hierinnen kein Gefährde gebraucht werden. [Seite 593]

§. 8. Den Wein-Zehend betreffend / solle derselbe auch aller und jeder Orthen im Land an denen Wein-Gebürgen / und vor denen Wein-Gärten / Mäschweiß beschrieben / so dann nach jedes Orths wohlhergebrachten / und wenigist von zway und dreyßig Jahren continuirten ruhigen Possess abgefordert / die Keller-Beschau aber nicht zugelassen werden / es hätte dann der Zehend-Herr / solche ingleichem von zwey und dreyßig Jahren hero ruhig / und ohne Widerred im Brauch gehabt / worbey ihme hinfüran entweder noch ferners zuverbleiben / oder die Beschreibung vor denen Wein-Gärten vorzunehmen / frey stehen solle.

§. 9. In gemein ist kein Zehend-Mann schuldig / Traid- Wein- oder andern Zehend / dem Zehend-Herrn selbst heimzuführen und zuzuführen / wäre aber solches von irgend Alters hero also gebräuchig gewest / dessen sollen sie sich die Zehend-Leuth daselbst auch künfftig nicht verweigern.

§. 10. Wann ein Geist- oder Weltlicher über verjährte Zeit / das ist / wenigist in zwey und dreyßig Jahren / von einem entzwischen nicht öd gelegenen / sondern angebautem Grund / keinen Zehend gegeben / noch derselbe vom Zehend-Herrn begehrt worden / so soll er auch hinfüran mit solchem Grund Zehendfrey verbleiben; jedoch kan eines Bestand-Manns oder Lehens-Vasallen nachsehen / dem Lehens-Herrn / oder Eigenthumber / nicht præjudicirlich seyn. Wäre aber der Grund immitels meiste Zeit öd / und ungebaut gelegen / und darumben kein Zehend darvon genommen worden / so solle der Inhaber sich der Verjährung nicht zubehelffen haben / sondern wann er solchen Grund widerumben aubauet / darvon den Zehend / wie oben §. 5. dieses Tituls vermeldt / zureichen verbunden seyn.

§. 11. Es ist aber nicht zuläßig / einen / oder mehr Aecker auß Unfleiß / oder dem Zehend-Herrn zum Abbruch / ungebauet ligen zulassen / sondern wann dergleichen vermerckt wird / solle das Anbau durch die Obrigkeit verschafft werden. Und wolte einer dieselbe zu Wiesen ligen lassen / so solle er alsdann den Heu-Zehend davon zugeben schuldig seyn; es wären dann solche Aecker vormahlen auch Wiesen gewesen / davon man keinen Heu-Zehend gegeben hätte / wann sie hernach wider zu Wiesen gemacht / man auch keinen Heu-Zehend davon zugeben schuldig seyn solle.

§. 12. Wann ein Zehend-Herr in einem Wein-Garten den Zehend hat / und derselbe Wein-Garten hernach zu einem Acker gemacht wird / so folgt dem Zehend-Herrn der Traid-Zehend / allermassen wie er zuvor den Wein-Zehend gehabt: also auch wann ein Acker zu einem Wein-Garten gemacht wird / solle dem Zehend-Herrn von solchem Wein-Garten der Wein-Zehend auch zustehen; Und hat solches auch diesen Verstand / wann in einem Gezirck zwey unterschiedliche Zehend-Herrn seynd / deren einem der Wein-Zehend dem andern aber der Traid-Zehend gebühret.

§. 13. Wann zu einem Traid-Zehend oder Wein-Zehend zween / oder mehr unterschiedliche Zehend-Herren seynd / so solle hinfüran / ungeacht vor diesem gehalten worden / im gantzen Land kein Zehend-Mann schuldig seyn / jedem Zehend-Herrn seinen Theil selbst zuabsöndern / oder absonderlichen zugeben: sondern wann er nach ihr sammentlicher Außsteckung oder Abzehlung deß völligen Zehends solchen ligen läst / ist er alsdann weiter nicht verbunden / und die Zehend-Herren mögen denselben selbst gleichwohl untereinander theilen; was aber den Wein-Zehend / wie auch den kleinen Zehend belangt / lassen Wir es bey deme / wie es jeder Orthen bißhero im Brauch gewest / auch noch künfftig verbleiben.

§. 14. Der Zehend solle dem Zehend-Herrn ohne Abzug deß Bau-Kostens / auch Berg-Rechts / und andern Grund-Diensts / wie auch der Land-Steur / oder einiger anderer Anlag gereicht werden / und der Zehend-Mann / umb ichtes dergleichen ihme was vorzubehalten / nicht Fug und Macht haben.

§. 15. Wann von einem Grund der schuldige Zehend mehr / als ein Jahr außständig verbleibt / und solcher Grund vor der Bezahlung an jemand andern verwendet wird / so kan der Zehend-Herr den Außstand nicht bey der künfftigen Fechsung / oder gegenwärtigen Inhaber / sondern bey dem vorigen suchen.

§. 16. Wann ein Zehend zu Feld / und zu Dorff / groß und klein / denen Zehend-Holden / nur auff gewisse Sorten überhaubt überlassen wird / ob schon solcher Verlaß so viel Jahr / als sonsten zu Verjährung vonnöthen / gewehrt hätte / so können doch die Zehend-Holden sich hernach / wann es von dem Bestand kommt / von Reichung deß völligen Zehends / in allen vor dem Bestand schuldig gewesten Sorten / nicht entschütten / noch einige Verjährung destwegen fürwenden.[Seite 594]

Der Sibende Titul. Von Berg-Recht / und Wein- Gart-Bau.

§. 1. Das Berg-Recht ist nach altem Herkommen und Gebrauch dieses unsers Ertz-Hertzogthumbs ein gewisser Dienst in Wein / oder auch Geld / so einer von Wein-Garten / als Berg-Herr / einzunehmen hat / und ist der Inhaber eines Bergrechtmäßigen Grunds / solchen Dienst davon zuentrichten schuldig / es wäre gleich unterschiedlichen Ungewitters halben / dieselbige Jahrs-Eintragnuß wenig / oder auch gar nichts gewesen; da aber einer einen Wein-Garten mit Fleiß öd ligen liesse / und über beschehene Anmahnung deß Berg-Herrn denselben wider zuerheben sich weigerte / oder sich dessen ferners nicht annehmen thäte / so ist alsdann nach verflossenen dreyen Jahren / der Berg-Herr einen solchen verlassenen Grund / mittels ordentlicher Erkantnuß einzuziehen / und mit selbigem (jedoch dem Grund-Herrn an seiner Gerechtigkeit unnachtheilig) seines Gefallens zuverfahren befugt; hingegen wann der Wein-Garten ohne deß Inhabers Schuld / verödet wurde / so ist er / so lang die Verödung währet / noch füglich wider erhebt werden kan / zu keinem Berg-Recht verbunden.

§. 2. Wann einer einen Bergmäßigen Wein-Garten zu einem Acker macht / so solle er nichts desto weniger dem Berg-Herrn das gewöhnliche Berg-Recht hinfüro davon entrichten.

§. 3. Der Berg-Herr ist nicht schuldig / den ihm gebührenden Wein-Dienst mit Geld ablösen zulassen / hingegen er auch den Berg-Holden / zur Ablösung nicht nöthigen kan. Da aber ein Berg-Herr zu wohlfeilen Zeiten / oder schlechten Jahren / sein Berg-Recht ab und einzufordern / es seye gleich nachläßiger Weiß / oder auch fürsetzlichen / darumben anstehen liesse / daß er hernach zu bessern und theuren Jahren solches sambt dem andern einzunehmen vermeinte / so solle er dessen nicht befugt seyn / sondern dem Berg-Holden / wann die Jährliche Reichung deß schuldigen Berg-Rechts an ihme nicht erwunden / von denen Außstands-Jahren / die Ablösung in dem Werth / wie der mittler Kauff derselben Orthen Jährlich gangen / zuthun bevor stehen; herentgegen auch / da bey guten Jahren der Berg-Herr seines gebührenden Wein-Diensts nicht habhafft werden können / und schlechtere Jahr darauff erfolgt / er das außständige Berg-Recht in dem schlechtern und ringschätzigern Gewächs anzunehmen nicht schuldig / sondern darfür den Werth / wie solcher vorige Jahr gegangen / zufordern befugt seyn solle; welches dann auch von dem Zehend-Herrn / und Zehend-Holden zuverstehen.

§. 4. Es kan auch der Berg-Herr die Außständ von vorigen Jahren bey der Fechsung suchen / destwegen die Verführung deß Maisches bey dem Wein-Garten verbieten / und selbst pfänden: es wäre dann mit dem Inhaber deß Wein-Garten / welcher die Außständ verursacht / ein Veränderung fürgangen / in welchem Fall die Außständ / so mehr als von drey Jahren herrühren / nicht bey dem gegenwärtigen Inhaber / oder seiner Fechsung / sondern bey dem vorigen einzubringen / und solle ein jeder Berghold / die Veränderung bey dem Berg-Herrn gewißlichen anmelden / der Berg-Herr aber solches ohne Tax fürmercken zulassen schuldig seyn.

§. 5. Es ist niemand zugelassen / solle auch weder vom Zehend- Berg- noch Grund-Herrn nicht gestattet werden / auß Aeckern / Wiesen / oder Waiden / welche nicht wenigist vor zwantzig Jahren Wein-Gärten gewesen / neue Wein-Garts-Gröfften und Sätz zumachen / es seye in der Ebene / Höhe / oder Gebürg / nirgend außgenommen / und da sich jemand dessen unterstehen wurde / soll derselbe von jeglichem Viertel Wein-Garten umb zehen Gulden Rheinisch unnachläßlich gestrafft / und nichts desto weniger die gemachte neue Gröfften von Stund an / wider außgerott und vertilget werden; was aber vor zwantzig Jahren ein Wein-Garten gewesen / und hernach in Abbau und Verödung kommen / mag wohl widerumben zu einem Wein-Garten erhebt und gebauet werden.

§. 6. Im übrigen lassen Wir es bey unsern / und unserer Vorfahrer jüngst außgangenen Zehend- Bergrecht- und Weingarts-Ordnungen / so lang und viel selbige von Uns oder unsern Nachkommen / nach Gelegenheit künfftiger Zeiten und Jahren / nicht verändert werden / allerdings verbleiben / denen auch von männiglich bey Vermeidung deren darinnen auffgesetzten Straffen gehorsambist nachgelebt werden solle. [Seite 595]

Der Achte Titul. Von Leib-Gedingen.

Es ist zwar im anderten Buch von Contracten Tit. 14. unter andern auch von denen Leib-Gedingen / Anregung beschehen; Wir haben aber zu mehrer / und vollkommener Nachricht über die daselbst gemeldte Satzungen / noch ferners verordnet / wie hernach folgt:

§. 1. In diesem unsern Ertz-Hertzogthumb Oesterreich unter der Ennß wird für ein Leib-Geding verstanden / und gehalten / wann jemand sein eigenes ligend behaustes oder unbehaustes Gut und Grund nicht auff ewig / noch allerdings erblich / sondern allein auff gewisse Jahr / und Leib / umb ein Jährliches gewisses Geld / Traid / Wein / oder andern Zinß / oder auch auff dritten / halben / oder vierten Theil deß Jährlichen Gewächs verlast / welches dann in der Contrahenten Willkur stehet / wie sie sich in einem und andern destwegen mit einander vergleichen / dabey es auch gelassen werden solle.

§. 2. Die Leib-Geding können Geistlich- und Weltlich- Mann- und Weibs- auch Vogtbar- und Unvogtbahren Persohnen verlassen werden.

§. 3. Wann ein weltliches Gut zweyen Eheleuthen / und ihren Erben nach Leib-Gedings-Gerechtigkeit verlassen wird / ist solches allein auff ihre miteinander ehelich erzeigte Leibs-Erben / und zwar weiter nicht / als Kinder und Enickel / zuverstehen; da aber in dem Leib-Gedings-Brieff der Erben nicht gedacht wäre / so kan auch das Leib-Geding auff dieselben / wider deß Eigenthumbers Willen / nicht gezogen werden.

§. 4. Wann ein Leib-Geding auff zwey / drey / oder mehr Leib beschiht / ob schon dieselben alle zu einer Zeit im Leben / so haben sie doch nicht alle mit einander zugleich und unterscheidentlich den Nutzen und Gebrauch / sondern allein einer nach dem andern / also daß der / so im Leib-Gedings-Brief erstlich vermeldet / dasselbe Gut sein Lebenlang / und nach seinem Todt erst die andern / auch nach einander in gebührender bedingter Ordnung / innen haben / nutzen und gebrauchen können; es wäre dann ein anders in dem Leib-Gedings-Brieff außdrucklich bedingt / oder wolten einander selbst gutwillig zu gleicher Inhabung und Nutznüssung kommen lassen; entgegen da keiner mit Namen benennet / sondern der Leib-Gedings-Brieff / auff deß ersten Leib-Gedings-Werber / und dessen Erben / oder auch weiters deren Erbens Erben / jedoch auff gewisse Anzahl Leiber / verlassen wurde / in solchem Fall solle / da einer mehr Kinder verlassen / dieselben einer nach dem andern / dem Alter nach genüssen / und wann diese abgestorben / erst die Enickel gleicher Gestalt in der Ordnung / wie es ihre Eltern genossen / besitzen; es wäre dann Sach / daß einer von ihren Eltern / ehe die Ordnung an ihne kommen / gestorben / und also zum Genuß deß Leib-Gedings / noch nicht gelangt wären / so solle alsdann solcher Enickel deß Juris repræsentationis zugenüssen / und in die Ordnung der Succession / wie es einem Vatter gebühret hätte / einzutretten haben; es solle aber / so viel unsere Land-Leuth betrifft / zu solcher Succession in Leib-Gedingen / so lang einer von deß Leib-Geding-Werbers / da er ein Manns-Persohn / männlichen Leibs-Erben / oder derselben Erbens Erben lebet / keine Weibs-Persohn zugelassen werden.

§. 5. Es kan die erst bedingte Ordnung hernach durch den Fruchtnüsser / zu deß Eigenthumbers / oder andern mit-Interessirten Leib-Gedingen / Nachtheil und Schaden / weder durch den letzten Willen / noch in ander weeg verkehret werden; als zum Exempel / wann das Leib-Geding auff den Vattern / Sohn / und Enickel verliehen / so kan der Vatter selbiges denen Enickeln vor den Sohn nicht überlassen.

§. 6. Der Leib-Gedinger solle den schuldigen Zinß dem Eigenthumber zu Zeiten und Fristen / wie sie sich mit einander verglichen / erlegen; Wann aber derentwegen kein Vergleichung verhanden / soll er den Zinß zu Außgang jedes Jahrs / von dato deß geschlossenen Leib-Gedings / bezahlen / und ob schon immittels durch Schauer / Wassergüß / oder andere Zufäll / er an dem Bau oder Früchten Schaden empfienge / wann anderst das Leib-Geding-Gut dardurch nicht gantz und gar hinweg genommen wird / ist er dannoch den Zinß völlig zuerlegen schuldig.

§. 7. Ingleichen soll er auch alle / von dem ihme verlassenen Grund und Gut herrührende gemeine Anlagen und Bürden / als Steuer / Bergrecht / Zehend und dergleichen / ohne Entgeld deß Eigenthumbers / Jährlich richtig machen / wann sie sich nicht eines andern außdrucklich verglichen. [Seite 596]

§. 8. Gleichwie der Leib-Gedinger alles unversehenen Zufalls / Gefahr und Schaden / dardurch sein Jährlicher Genuß geringert wird / selbst zuentgelten; also solle er / da entgegen ihm durch Wassergüß / oder in andere billiche Weeg / dem Leib-Geding etwas zustunde / worauß ein Mehr- und Besserung Jährlicher Nutzung folgte / so lang er das Leib-Geding innen zuhaben befugt / dessen auch selbst zugenüssen haben.

§. 9. Der Eigenthumber mag in währendem Leib-Geding / auch ohne Erinnerung / und Vorwissen deß Leib-Gedingers / es wäre dann derselbe ein Blutsfreund (deme die Anfailung / gemeinen Einstand-Rechts nach / beschehen müste) sein bey dem Leib-Geding habendes Eigenthumb einem andern wohl verkauffen / verwechslen / verschencken / verheurathen / verpfänden / verschaffen / und in all andere rechtliche Weeg (jedoch denen Leib-Gedingern an ihrem Leib-Gedings-Recht unnachtheilig) veräussern.

§. 10. Was aber das Leib-Geding betrifft / kan selbiges dem Leib-Gedinger / ohne sein Wissen und Willen / oder sonsten genugsambe Verwürckung vor dessen Endschafft / weder durch Contract / noch letzten Willen / entzogen / noch auch von dem Eigenthumber ob er schon seines verlassenen Leib-Gedings / nach beschlossenem Verlaß / über kurtz oder lang selbst bedürfftig wäre / wider zuruck genommen werden.

§. 11. Hingegen kan der Leib-Gedinger solch seine Leib-Gedings-Gerechtigkeit ohne Vorwissen und Bewilligung deß Eigenthumbers / weder verkauffen / verschaffen / verwechslen / verschencken / verheurathen / noch andern ferners Leib-Gedingweiß überlassen / noch in einig andere weeg veräussern; widrigen Falls er das Leib-Geding verwürckt haben / und dasselbe dem Eigenthumber alsobalden wider heimgefallen seyn solle: es wäre dann die jenige Persohn / worauff derley Verwendung von dem Leib-Gedinger geschicht / ein Mitbegriffener deß Leib-Gedings / deme er sein Leib-Gedings-Gerechtigkeit / auch ohne Vorwissen deß Eigenthumbers / zuübergeben wohl befugt.

§. 12. Also mag er auch die Jährlichen Frücht / wem er will / verkauffen / und ist nicht schuldig / dieselbe dem Eigenthumber vorhero anzufailen / und vor andern erfolgen zulassen. Gleichfalls ist ihme Leib-Gedinger zugelassen / seine Gerechtigkeit / auch ohne Vorwissen deß Eigenthumbers Pfandweiß und Satzweiß zuverschreiben / oder auch / so lang seine Gerechtigkeit währet / ein Dienstbarkeit darauff zumachen / und zugedulden; doch alles künfftig dem Eigenthumber ohne Nachtheil und Schaden. Das Leib-Geding aber / so sich mit deß Leib-Gedingers Todtfall endet / kan er durch letzten Willen niemand verschaffen / und da es beschehe / ist es für sich selbst ungültig / und solle dessen ungeacht / das Leib-Geding entweder dem Eigenthumber / oder weme es sonsten Vermög deß Leib-Geding-Brieffs gebühret / zufallen.

§. 13. Der Leib-Gedinger soll das ihme verlassene behaust- oder unbehauste Gut / in der Güte / wie er es empfangen / und da er sich mit dem Eigenthumber deswegen nicht außdrucklich verglichen / selbiges bey gemeinem Landbräuchigen mittern Gebäu erhalten / und wann er es über vorgehende Warnung nicht thäte / und das Gut in Abbau kommen liesse / so ist er Eigenthumber selbiges / auff vorgangene Erkantnuß / einzuziehen befugt; Jedoch stehet einem oder andern Theil bevor / das Leibgedingte Gut zur Zeit der Antrettung und Abtrettung ordentlich besichtigen / auch schätzen zulassen / und wann sich befindet / daß es auß Unfleiß und Unachtsambkeit deß Inhabers schlechter worden / ist der Leib-Gedings-Genüsser / dem Eigenthumber solchen Schaden abzutragen schuldig.

§. 14. Wann der Leib-Gedinger den schuldigen Zinß zur bedingten Zeit nicht entrichtet / so mag der Eigenthumber das jenige vornehmen / was denen Grund-Herren im Anderten Buch von Contracten Tit. 14. §. 12. Item Tit. 3. von der Grund-Obrigkeit §. 21. & seq. zugelassen.

§. 15. Wann der letztere Leib / worauff das Leib-Geding gestanden / mit Todt abgehet / solle es / im Fall bey Auffrichtung des Leib-Gedings / destwegen außdrucklichen nichts bedingt worden / desselben Jahrs Fechsung halber / also gehalten werden / daß nemblichen von Wein-Gärten / Aeckern / und dergleichen / so ohne Menschen Hand und Bau keine Frucht tragen / deß Abgeleibten Erben die Fechsung haben sollen / wann sich der Todtfall nach ersten Wein-Gart-Schnitt / oder der Feld Ansaat begeben; wäre aber der Todt-Fall vorhero beschehen / so solle dem Eigenthumber desselbigen Jahrs die Fechsung bleiben. Von andern Gründen / die ohne sondern Bau und Zuthun ihren Nutzen ertragen / als Wiesen / Waid / Obst-Gärten / und dergleichen / wann sich vor Georgii der Fall begibt / solle die Nutzung dem Eigenthumber: wann sich aber hernach der Fall zutrüge / deß Verstorbenen letzten Leib- Gedings Erben verbleiben. [Seite 597]

§. 16. Wann dem Eigenthumber die Leib-Gedings-Güter / auß Verwürckung deß Leib-Gedings / mit Recht zuerkennt worden / so hat es auch bey deme / was die Erkantnuß wegen der Fechsung gibt / sein Verbleiben.

§. 17. Wann ein Leib-Geding durch Todtfall dem Eigenthumber heimbfallet / und er dasselbe weiter verlassen wolte / so ist er deß verstorbenen Leib-Gedingers Erben vor andern zuverlassen / nicht schuldig: sondern mag es seinem Gefallen nach weiter verlassen / oder selbst behalten / und sonsten / wie ihme beliebet / als mit andern seinen frey eigenen Güter / damit handlen.

§. 18. Die in der Zeit deß Leib-Gedingers Inhabung / von ihme beschehene Besserung der Leib-Gedings Güter betreffend / wann derenthalben in Leib-Gedings-Verlaß ichtes außdrucklich bedingt worden / solle es demselben gemäß damit gehalten werden / widrigenfalls aber ist der Eigenthumber / wann ihme das Leib-Geding wieder heimfallet / von Weingärten / Aeckern / Wißmathen / und dergleichen Gründen / die beschehene gemeine Besserung zuerstatten / nicht schuldig; wann aber der Leib-Gedinger darnebens ein öden umbgerissen / dardurch die Aecker / oder Weingärten / mit neuen Gröfften erweitert / oder sonst dergleichen Vermehrung und Besserung fürgenommen / solle der Eigenthumber sich destwegen mit ihme / oder seinen Erben / nach billichen Dingen vergleichen / oder / welches zu seiner Wahl gestellt / ihnen dieselbe hinzugebrachte Vermehrung frey bevor lassen: welcher aber ein behaust / öd / oder baufälliges Gut Leib-Gedingweiß annimbt / und dasselbe wieder erhebt und verbessert / so ist der Eigenthumber / wann es gleich ohne sein Vorwissen beschehen / nach Außgang deß Leib-Gedings / die darein verwendte nothwendig- und nutzliche Bau-Unkosten / nach billichen Dingen zuerstatten schuldig / es wäre dann zwischen ihme / und den Leib-Gedinger ein anders abgeredet worden.

§. 19. Wann ein Leib-Gedinger kein eigenthumblich Gut hat / so mögen zwar seine Glaubiger ihre Bezahlung bey dem Leib-Geding suchen / auch die Gerichtliche Execution / jedoch nur allein auff die Nutzniessung seines Leib-Gedings / führen.

Der Neundte Titul. Von Gejaidern / wie auch Haltung einheimbisch- und wilder Thieren.

Demnach Wir über das jenige / was unsere Vorfahrer wegen der Gejaider und Jägerey / durch unterschiedliche Generalien und Ordnungen / von Zeit zu Zeit publiciren lassen / anjetzo ein gantz neue Jäger-Ordnung auffgerichtet: Als wollen Wir gnädigist / daß derselben in allem und jedem gehorsambist nachgelebt werde.

§. 1. Welche Land-Leuth / oder Inhaber der Land-Güter / mit auffgerichten Zeigen zu jagen / auch sonsten hoch- und niders Wildprätt zufällen / bißhero befreyet gewesen / oder aber solches in langwürigem stätem / ruhigem / und 32. Jährigen Gebrauch also hergebracht und erhalten / die wollen Wir noch hinfüran gnädigist dabey verbleiben lassen: doch Uns / und unsern Nachkommen an unserer Landsfürstl. Pahn / Wäldern / Forsten / und Gehögen unnachtheilig.

§. 2. Denen Burgern / Bauern / und andern gemeinen Leuthen aber ist gäntzlichen verbotten / auch dem kleinen Wildprätt / als Haasen / Füchs / und dergleichen / mit Schiessen / Abschröcken / Zainrichten / und in andere Weeg nachzugehen. Sie sollen sich auch alles Fleiß deß Vögel-Fangs / mit Netzen / Peern / Schilden / Leimspindl / Klöben / und dergleichen enthalten / es werde dann ihnen von denen / so der Orthen Gerechtigkeit haben / insonderheit vergünstiget / oder Bestandweiß verlassen; widrigenfalls mögen sie auff frischer That wohl gepfändet / oder sonsten nach Willkur der Obrigkeit gestrafft werden.

§. 3. Wann einer ein Wild / oder Geflügel erziehete / das von und zu Hauß zugehen / oder zufliegen gewohnt wäre / und jemand fienge / ihme dasselbe wissentlich auffhielte / der ist es schuldig wieder zugeben / sonsten soll er auff fürkommende Klag in Gewalt erkennt / benebens auch vor Gericht derentwegen absonderlich gestrafft werden. Deßgleichen ist keinem / auch in Gejaidern / ein solch Thier / so ein Ring / Glocken / oder anders Zeichen / dardurch es für ein erzogen Thier zuerkennen / an ihme tragt / zufällen gestattet; so aber bey jemanden ein solch Thier einkäme und er nicht wuste / wem es gehörig / mag er dasselbe entweder frey von sich lassen / oder in seiner Verwahrung auffbehalten / und wann sich inner drey Monathen niemand desthalber bey ihme anmeldete / soll es ihme eigenthumblich verbleiben; es wäre dann ein gemeiner Mann / der mit solchen Sachen / wie obgemeldt / für sich [Seite 598] selbst nicht zuthun hat / der soll es bey Straff über drey Tag nicht verhalten / sondern seiner Obrigkeit zubringen.

§. 4. Wölff / Beern / und dergleichen schädliche Thier / soll niemand erziehen / sonsten wann sie ihrem Zucht-Herrn entgehen / und jemand Schaden zufügen thäten / seynd sie denselben zubüssen schuldig.

§. 5. Die Bauern sollen bey ihren Häusern keine Rieden / noch andere grosse / dem Wildprätt schädliche Hund: auch ihre gemeine Hauß-Hund / dem Herrn deß Gejaids / ohne Schaden halten / und derowegen / wann solche Hauß-Hund ins Gehültz zulauffen pflegen / unter Tags sie an Ketten / oder aber ihnen Prügel anhengen; doch wo einem bey Tag oder Nacht das Wildprätt in seine Felder zuschaden gehet / mag es ein jeder mit seinen Hunden wohl darauß jagen / als auch der Orthen / wo die Leuth ihr Vieh vor Beern / und Wölffe behüten müssen / die Rieden zuhalten / unverwehrt seyn solle.

§. 6. Es soll sich hinfüran bey Vermeydung ernstlicher Straff / keiner dem andern seine Wind-Hund oder anders Vieh hinweg zulocken / weniger gar auffzufangen unterstehen.

§. 7. Wann einem ein Schwarm Immen / oder Bein (welche auch unter die wilden Thier gezehlet werden) entgehet / und sich über ein Gewandten Weegs / auff frembden Grund oder Baum anlegt / und der / dem er entflohen / demselben auß Sorg / daß er sich weiter legen möchte / nachkombt / so mag er ihne wohl schöpffen: doch soll er ihne hernach stehen lassen / biß er den / welcher denselben Grund sonsten zugenüssen / dessen erinnert / den er auch mit einem Hönigfladen davon zuverehren / schuldig.

§. 8. Wann sich ein Schwarm über ein Gewandten Weegs / auff einem frembden Grund oder Baum anlegt / deme niemand nachkombt / so mag der Inhaber selbigen Grunds oder Baums / solchen Schwarm wohl schöpffen / und hinweg nehmen / ist auch dem gewesten Eigenthumber deß Schwarms nichts davon zugeben schuldig.

§. 9. Wann ein solcher verlassener Schwarm von einem andern gefunden wird / so ist er / ohne vorgehende Erinnerung deß Grund-Inhabers / denselben zuschöpffen / und hinweg zunehmen / nicht befugt; da aber der Inhaber deß Grunds oder Baums / worauff sich der Schwarm angelegt / über beschehene Erinnerung / nicht bald hernach käme / und der Finder mit Binkörben ehender gefast wäre / so mag er ihn wohl einfangen / und welcher selbigen behalten will / soll halben Theil deß billichen Werths / nach Gelegenheit deß Schwarm / und Hönigsäms / sambt den Beinkörben / dem andern bezahlen; jedoch deme / so die Beinkörb darzu bringt / die Wahl gebühren / entweder die Bezahlung deß halben Theils anzunehmen / oder den Schwarm selbst zubehalten.

§. 10. Legte sich der Schwarm / so einem entgehet / in einer Gewandten Weegs an / so mag der / welcher ihm nachkombt / solchen ungeacht / wessen der Grund oder Baum ist (doch ohne dessen Nachtheil) wohl schöpffen.

§. 11. So jemanden seine Tauben / Gänß / Pfaben / und dergleichen entfliehen / ob sie schon auß der Eigenthumber Gesicht kommen / und ihnen nicht nachgesetzt wird / solle sie doch dem wissentlichen Eigenthumber / wo er sie antrifft / wieder erfolgen / ist auch der jenige / bey deme sie eingeflogen / dem Eigenthumber / wann er ihn wüssete / dessen zuerinnern schuldig: Und wer ein oder anders nicht thut / soll von der Obrigkeit darzu gehalten / auch benebens umb der unbillichen Vorenthaltung willen gestrafft werden. Damit auch der Schaden / so durch die Tauben / sonderlich denen Traid-Feldern geschehen kan / desto mehrers verhütet werde / sollen die Taubenköbel nirgends / als allein bey denen rechten Mayrhöfen gehalten werden. Andere gemeine Leuth / so Traidbau haben / mögen auff einer Stangen / so viel als ein Pflugrad begreifft / Tauben Nest zainen; denen Halblehnern / Hoffstättern / und Herbergern aber / ist nicht zugelassen / Tauben zum Außflug / sondern allein in Häusern zuhalten.

Der Zehende Titul. Von Fischereyen und Teuchten.

§. 1. Es soll keiner auff eines andern Wasser ohne Erlaubnuß fischen / noch ein Nachbar dem andern hierinnen eingreiffen / und wann darwider jemand betretten wird / mag er gepfändt / und ihme die Zeig hinweg / auch da er sich widersetzte / mit Gewalts-Klag fürgenommen werden. Wann es ein gemeiner Mann / der es zu fürsetzlicher eigennutziger Entfrembdung thut / ist er / als umb Diebstall / zubestraffen. [Seite 599]

§. 2. Teucht / Weyer / Fischgräben / Einsätzen / und dergleichen / mag ein jedwederer auff seinen Gründen zurichten / jedoch wann es von jemanden / ohne sonderbahre Vergleichung mit denen anrainenden beschicht / und dardurch derselben Gründ außgetränckt / oder sonsten Schaden zugefügt wurde / ist er solchen Teucht / Weyer / oder anders abzuthun / und die dardurch zugefügte Schäden / nach Gerichtlicher Besichtig- und Schätzung / zu widerkehren schuldig. Es solle auch ein jeder / welcher sonderlich grosse Teucht / oder Weyer auff seinen Gründen machen will / dieselbe mit genugsamben Dammen / Teresen / Flucht-Gräben / Ablässen / und andern Nothdurfften also versehen / und erhalten / damit durch Wolckenbruch / Güssen / und andere dergleichen Zuständ / denen / so darbey Gründ haben / nicht leichtlich Schaden beschehe / sonsten er auch der gebührlichen Abtrag / nach Gerichtlicher Erkantnuß / zuthun verbunden seyn. Wann aber der Teucht-Herr das Seinige genugsamblich gethan / und gleichwol durch Gottes Gewalt und Züfäll andern Schaden zugefügt wurde / soll er alles Abtrags befreyet seyn.

§. 3. Wann ein Teucht / oder Weyer / durch Wolckenbruch / Güß / oder in andere Weeg außbricht / oder überschiest / und dardurch die Fisch außgetragen werden / so mag der Teucht-Herr innerhalb Tag und Nacht solchen Fischen nachstellen / dieselbe in denen Feld-Bächlein / ob sie gleich einem andern gehören / wiederumb außfangen / die er auff eines andern Grund zu trucknen Land findet / ohne Irrung hinweg nehmen; wären aber die Fisch in eines andern Teucht / oder Fisch-Wasser geschossen / so hat der Verlustigte / ohne absonderliche Verwilligung / nicht Macht / seinen entgangenen Fischen der Orthen weiter nachzusetzen; es wäre dann der Teucht / darein sie kommen / damahlen unbesetzt gewesen / in welchem Fall der Herr desselben Teuchts / darein deß andern entgangene Fische kommen / ihme dieselbe gegen gezimbliche Verehrung folgen zulassen schuldig. Kombt aber einer in Tag und Nacht seinen entgangenen Fischen nicht nach / so seynd sie auff dem truckenen Land dessen / wer sie am ersten ergreifft / im Wasser aber / deme dasselbige gehörig.

§. 4. Wer im heimblichen Fischfang / und ohne Erlaubnuß / auff frembden Teuchten / Weyern / oder Einsätzen / betretten wurde / mit was für Zeig es seye / nichts außgenommen / der hat selbigen verfallen: und ist es ein gemeiner Mann / soll er / als umb Diebstall / gestrafft werden.

§. 5. So viel den Biber- oder Otterfang betrifft / wollen Wir zu Verhütung der Strittigkeiten / so sich zwischen denen / welchen die Fisch-Gerechtigkeit / und Wild-Pahn zugehöret / ereignen möchten / geordnet haben: daß sowohl der Biber- als Otterfang im Wasser / oder nechst daran an der Gestätten dem jenigen allein / welchem das Fisch-Wasser zuständig / gebühren solle.

§. 6. Im übrigen soll es bey denen unterschiedlich auffgerichten / und publicirten Fisch-Ordnungen / so lang Wir darinnen keine Aenderung fürnehmen / sein Verbleiben haben.

Der Eylffte Titul. Von Wasserschütten / Auen und Wöhren.

§. 1. Was ein Wasserfluß einem Gestatt oder Land / eintzig unsichtlicher Weiß / das ist / nach und nach / Grießweiß zuführt und anschüttet / das wird dessen Eigen / deme selbes Gestatt und Grund zugehörig; hätte aber der Gewalt deß Wassers ein Stuck von einem Grund oder Au weggerissen / und dem andern zugegeben / so bleibt es deme / von dessen Grund oder Au es weggerissen worden / es hätte sich dann dem andern Grund oder Au so lang angehängt / daß die Bäum / so es mit sich gerissen / darinnen eingewurtzelt / von solcher Zeit an / ist es für deß andern Gut zuhalten.

§. 2. Ingleichen wann das Wasser mit gantzen Fluß / oder einem Armb durch einen Grund bricht / so viel an selbigen Grund an beyden Seiten noch übrig / soll dem / welchem es zuvor gehörig gewest / verbleiben; die Fischwaid aber soll dem Herrn deß Fisch-Wassers / auch daselbsten zustehen. Kehrte sich das Wasser von dannen wieder in sein vorigen Rinsall / so solle der vorige Inhaber deß Grunds / seinem Gefallen nach / demselben wiederumben zugebrauchen haben / wie auch wann durch Güß / einem ein forder Orth seines Grunds weggewaschen wird / und hernach sich das Wasser wieder von selbigem Orth abkehrt / so weit dann vorhero deß anrainenden Grund-Inhabers Gerechtigkeit sich erstreckt / soll er ihm davon wiederumb zuzueignen Macht haben.

§. 3. Wann etwan die grossen Wasser-Güß im Rinsall truckene Orth anschütten / die man Wöhrt oder Insul nennet / wofern beyde äussere Wasser / Land / und Gestatt eines Grund-Herrn / so gehört ihm auch der gantze angeschütte Wöhrt: so sich aber der Wöhrt in mitten deß fliessenden Wassers erzeigte / kommet er denen Grund-Herren zu / welche von [Seite 600] beeden Seiten deß Wassers ihre Gründ nechst daran ligend haben / nach Grösse / Länge und Breite / als sich dieselbe Gründ erstrecken / und fornen dran stossen. Solte hingegen der Wöhrt in mitte deß Fluß nicht erwachsen / sondern einer Seiten näher seyn / so ist solcher denen allein gehörig / welche auff derselben Seiten nechst dem Ufer / und Gestatt ihre Gründ und Böden haben. Wann aber das fliessend Wasser getheilet wäre / und käme darnach unten zusammen / daß es also auß jemands Acker / oder Grund ein Insul machte / so bleibt denen jenigen der Acker oder Grund / dessen er eigenthumblich vorhin gewesen ist.

§. 4. Was deß Wassers Gewalt in Eißbrüchen oder Güssen von Holtzwerck einem frembden Grund antragt oder zutragt / das stehet desselbigen Grunds-Herrn billich zu; was aber von Schiffen / Zillen / Flössen / Kauffmanns-Güter oder andern Güter / es seye durch Wasser-Gewalt / Schiffbruch / oder ungefähr wegrinnete / solle dasselbe seinem rechten Herrn auff Ersuchen / jedoch gegen Erstattung der auffgewendten Mühe und Unkosten / wieder zugestellt werden.

Der Zwölffte Titul. Von verborgenen Schätzen / und verborgenen Gut.

§. 1. Es ist einem jeden auff seinem Grund und Boden / und Eigenthumb nach Schätzen (jedoch ohne Zauberey / oder andere verbottene Kunst) zusuchen / und zugraben zugelassen / und was er also findet / soll ihm allein zugehören. Welches auch auff die jenige Schätz zuverstehen / welche einer an gemeinen Strassen / und andern dergleichen Orthen / die niemand insonders eigenthumblich zugehören / ungesucht / und ungefähr findet.

§. 2. Wann jemand an eines andern Grund / Boden / oder Eigenthumb / ungefähr / auß sonderm Glücksfall einen Schatz gefunden / oder aber denselben mit Vorwissen / und Willen deß Grund-Inhabers nachgegraben / solle solcher Schatz in drey Theil abgetheilt werden / und der Erste dem Finder / der Anderte der Grund-Obrigkeit / und der Dritte deß Grunds Inhabern zugehören. Wann er aber auff frembden Grund und Boden ohne Einwilligung / nach solchen Schätzen gesucht / und gegraben hätte / ist ihme Finder davon nichts / sondern die Helffte der Grund-Obrigkeit / und die Helffte dem Grund Inhaber allein zuständig.

§. 3. Wann jemand mit Zauberey einen Schatz zu erobern sich unterstunde / es geschehe gleich auff seinem eigenen / oder frembden Grund / so ist das jenige / was er findet / Unserer Landsfürstl. Cammer verfallen / und noch darzu die Bestraffung / wegen solcher verübten Zauberey / dem Land-Gerichts-Herrn absonderlich überlassen.

§. 4. Wann auch jemand ungefähr auff der Obrigkeit Grund und Boden einen Schatz ungesucht gefunden / und solchen Fund nicht angezeigt / der hat dadurch seinen gebührenden Theil verlohren / und ist selbiger der Obrigkeit völlig heimbgefallen.

Der Dreyzehende Titul. Von Gebäuen / Saaten / Pflantzen / Gröfftungen / so auff frembden Gründen / oder frembden Saaten beschehen.

§. 1. So jemand auff einem frembden Grund fürsetzlich / ohne Wissen und Willen deß Eigenthumbers / von Mauerwerck etwas auffbauet / so gehört solches Gebäu dem Eigenthumber deß Grunds zu / und wann der Bauzeug / als Stein / Kalch / Ziegl und anders / wormit das Gebäu auffgebracht worden / deß Bau-Herrn eigen gewest / ist der Grund-Herr weder Bau-Zeug / noch einigen auffgeloffenen Bau-Unkosten / ihme zuerstatten schuldig: ob auch schon solch einmahl auffgebrachtes Gebäu / für sich selbst hernach wieder einfiele / könte doch dißfalls der Bau-Herr zum Bauzeug nicht greiffen / noch solchen ihme wieder zueignen.

§. 2. Wann aber einer dergleichen Gebäu auß ungefährlichem Irrthumb / auff frembden Grund fürgenommen hätte / oder selbigen Grund bonâ fide mit gutem Glauben / und Trauen innen hätte / so wird zwar das Gebäu auch deß Grund-Herrns eigen; jedoch ist er gegen der Abtrettung / sich mit dem Bau-Herrn deß Bauzeugs / und Unkosten halber / [Seite 601] nach billichen Dingen zuvergleichen schuldig. Wäre aber auch der Bau-Zeug nicht dessen / der den Bau auff frembden Grund gethan / sondern eines andern gewest / so bleibt nochmahlen zwar das gantze Gebäu dem Grund-Herrn; er solle sich aber umb den billichen Werth deß Bau-Zeugs / mit deme / dessen derselbe gewest / auff sein Begehren vergleichen / es habe der Bau-Herr wissendlich oder unwissendlich solchen frembden Zeug dahin verbraucht; doch so der Eigenthumber deß verbauten Bau-Zeugs / die Wider-Erstatt- und Vergnügung bey den Bau-Herrn selbst lieber suchen wolte / stehet ihme solches / wie all andere rechtliche Sprüch / bevor. Und dann so der Bau-Herr den frembden Zeug nicht fürsetzlich / sondern bonâ fide / und anderst nicht wissend / als derselbe gehörte ihme zu / dahin verbraucht / so stehet ihme der Regress gegen dem Grund-Herrn umb die Enthebung / oder gleichmäßige Erstattung und Vergnügung deß billichen Werths auch bevor.

§. 3. Entgegen wann einer auff seinem eignen Grund und Boden / ein Gebäu von frembder Materi / und Bau-Zeug fürnimbt / er thue es fürsetzlich / und mit Wissen / oder nicht / so ist er gleichwohl nicht schuldig / solch Gebäu wider abzubrechen / und den darzu verbrauchten frembden Zeug dessen rechten Herrn erfolgen zulassen / sondern wann er es bonâ fide gethan / solle er den Zeug mit billichem Werth wider erstatten / und bleibt ihm dann sein Gebäu ferner frey; hat er aber wissentlich frembden Zeug fürsätzlich verbraucht / darumben mag ihne der / dem solcher gehört / zu Widererstattung dessen / und Abtrag deß erwiesenen Gewalts / mit Klag fürnehmen: wie auch / da es ein Diebstall wäre / wegen der Entfrembdung anklagen / sondern auch mit Gewalts-Klag / oder auch umb die Entfrembdung fürnehmen.

§. 4. Wann jemand von frembden Holtzwerck ichtes auff seinem Grund und Boden auffrichten last / ob er schon dasselbe ungefährlich / und ohne unerweißlichen Irrthum thut / jedoch / daß solch Gebäu ohne sondern Schaden widerumben abzubrechen / und da der Holtz-Herr sein Holtz wider begehrt / solle ihme dasselbe erfolgen; es wäre dann über drey gantzer Jahr ungeandt gestanden / und solle hernach der fürsetzliche Bau-Herr / gegen eigenthumblicher Behaltung seines Gebäu / nur allein den billichen Werth deß frembden Holtzwercks zuerstatten schuldig seyn. Wäre aber das Gebäu von Holtz also beschaffen / daß es einem gemaurten ähnlich / und ohne sonderm Schaden nicht wider abzubrechen / so ist es damit / wie mit dem gemaurten Gebäu / zuhalten.

§. 5. Wann einer seinen Wein-Garten mit Stecken / die einem andern gehörig / besteckt / so bald die Reben daran gebunden / solle der Eigenthumber deren Stecken nicht Macht haben / weiter darnach zugreiffen / sondern sie sollen in demselben Wein-Garten gelassen werden / damit an der Frucht nicht Schaden geschehe / der Weingart-Herr aber solle sich / nachdem er wissentlich / oder ungefährlich solche verbraucht / mit deme / dessen die Stecken eigen gewest / nach billichen Dingen abfinden.

§. 6. Also auch wann einer frembde Bögen / Bäum / Pflantzen / oder dergleichen einer frembde Bögen / Bäum / Pflantzen / oder dergleichen in seinen Grund und Boden gesetzt / und dieselbe eingewurtzt haben / also daß sie ohne Verderben nicht wider außgegraben / und weggenommen werden mögen / solle der / deme sie gehört / solche gleichwohl dem Grund-Herrn für Eigenthumb lassen / und darfür / so anderst der Grund-Herr nicht fürsetzlich / sondern auff irrigem Wahn dasselbige gethan / die Widerkehrung billichen Werths einnehmen; wäre es aber durch den Grund-Herrn wissendlich und fürsetzlich / auch mit Entfrembdung beschehen / mag er ihne / neben Erstattung deß billichen Werths / noch absonderlichen umb Gewalt / oder der Entfrembdung halber beklagen.

§. 7. So lang derley Bögen / Bäum / Pflantzen / oder anders nicht eingwurtzt / bleiben sie ihres vorigen Herrn / der auch dieselbe / sambt Abtrag / Gewalt und Schäden / wider zubegehren Fug hat. Setzt aber einer seine Bögen / Bäum oder Pflantzen in einen frembden Grund / der mag solche / alldieweilen sie nicht eingewurtzt / doch dem Herrn deß Grunds ohne Schaden / wider außnehmen und außgraben. Nachdem sie aber eingewurtzet / stehen sie dem Herrn deß Grunds zu / der ist auch darfür Ergötzlichkeit / und Abtrag zuthun schuldig; es wäre dann von dem Baumann fürsetzlich / und nicht auß Irrthumb geschehen.

§. 8. Wer einen frembden Acker mit seinem Saamen anbaut / der verliert seinen Saamen / und der Eigenthumber deß Ackers mag die wachsende Frucht für sein eigen fechsnen / ohne einigen Abtrag; es hätte dann der Baumann solches nicht fürsetzlich / sondern auß irrigem Wahn gethan / so soll sich der Herr deß Ackers mit ihme umb den Saamen / wie solcher desselben Jahrs im mittern Kauff ist / vergleichen. Herentgegen / wann einer mit frembden Saamen seinen Grund besäet / so bleibt zwar auch ihme / und nicht deme / dem der Saamen gehört / die Fruchtfechsung / so er es auß unerweißlichem Irrthumb gethan / gegen Widerkehrung billich damahlig gängigen Werths / sonsten aber mag ihme gleichfalls der Herr deß Saamens / (wie droben) umb Gewalt und Entfrembdung beklagen. [Seite 602]

§. 9. Wann ein Baum auff einem gemeinen Rain / zwischen zweyer Gründ stehet / der gehört beyden zugleich zu. Stehet er aber gleichwohl auff eines andern Grund allein / und die Wurtzen und Aest / erstrecken sich auff eines andern neben ligenden Grund / so viel dann der Uberfall gibt / soll er der Baum-Früchten / neben den andern zugenüssen haben.

§. 10. Wann aber die Bäum sich so weit außbreiten / daß sie mit deren Aesten und Wurtzen deß Nachbarn Gründen schädlich seynd / so hat der Nachbar Macht / wann es der Baum-Herr auff Ersuchen nicht wenden will / solche schädliche Aest und Wurtzen / selbst ab und weg zuhauen.

Der Vierzehende Titul. Vom Schaden / so jemand durch frembdes Vieh / oder sonsten beschiht.

§. 1. Wann dem Inhaber eines Grunds durch frembdes Vieh / als Roß / Ochsen / Küh / Schwein / Schaaf / Gaiß / Gänß / und dergleichen / mit Verwirrung deß Saamens / Vertrettung oder Abzug deß Gewächs / und in ander weeg / Schaden beschiht / so ist er solches Vieh / da er es auff frischer That / und auff seinem gehörigen / oder inhabenden Grund findet / zupfänden und einzutreiben / auch so lang / biß man sich mit ihme um den erlittenen Schaden / und die auffgangene Fütterung nach billichen Dingen vergleicht / einzuhalten befugt. Da sich aber beede Theil derowegen gütig nit vergleichen könten / und der jenige / dem das Vieh gehörig / umb den Schaden gnugsamb gesessen / soll ihme der Inhaber deß Grunds auff vorgehende unpartheyische / nachbarliche Besicht- und Schätzung deß Schadens / daß Vieh erfolgen lassen / sodann der Obrigkeitlichen Erkantnuß erwarten. Gegen einem aber / der nicht gnugsamb gesessen / noch gnugsambe Bürgschafft leistet / mag das gepfändte Vieh / biß zu derley Erkantnuß / wohl behalten werden; Und wann der Schaden nicht ungefähr / sondern fürsetzlich / auß Feindschafft / Neid / Frevel oder Frechheit beschehen / soll die Obrigkeit destwegen auch gebührliche Bestraffung fürnehmen.

§. 2. Wann ein heimbisches Vieh auff frembdem Grund betretten wird / und doch keinen Schaden gethan / mag dasselbige nicht gepfändt / wohl aber von dem Grund / jedoch unbeschädigter / außgetrieben / widrigen Falls solle der zugefügte Schaden dem / welchem das Vieh gehörig / nach billichen Dingen / erstattet werden.

§. 3. Deßgleichen kan der Inhaber eines Grunds / deme der Schaden darauff beschehen / das Vieh auff einem andern Grund nicht mehr pfänden / sondern stehet ihme allein den zugefügten Schaden bey dem jenigen / deme das Vieh zugehört / entweder in Güte / oder aber bey dessen Obrigkeit zusuchen bevor.

§. 4. Es soll ein jeder vor- oder alsbald nach der Ansaat / so viel ihme an seinen Gründen von Alters einzufriden gebührt / solche Einfridung mit Gehögen / Gräben / Zäunen / Plancken / Gärten / oder sonsten dergestalt machen und versehen / daß dardurch ohne sondern Gewalt kein Schaden beschehen kan; widrigen Falls er den Schaden / so seinem Nachbarn darauß erfolgt / zu widerkehren schuldig.

§. 5. So einer schädliches Vieh hielt / als schlagende Roß / beissende Hund / stossende oder überspringende Stier / Ochsen und Küh / reissend und wühlende Schwein / und dergleichen / dardurch Menschen oder Vieh Schaden zugefügt wird / der soll neben der Straff / so er der Obrigkeit verfallen / auch denen Interessirten zu gebührlichem Abtrag deß Schadens / verbunden seyn.

§. 6. Wann einem sein Roß / oder anders Vieh entlaufft / und er es über kurtz oder lang erfangt / und betritt / soll ihme solches auff Begehren / gegen gebührlicher Erstattung deren entzwischen darauff gangenen nothwendigen Unkosten / nicht verhalten werden.

§. 7. Wann aber dergleichen entloffenes Vieh in der Obrigkeit Gewalt kommt / so soll es daselbst ein Monath lang behalten / und da sich in solcher Monathfrist der Eigenthumber / oder jemand von seinetwegen / mit gnugsamben Beweiß darumben anmeldet / ihme selbiges auch / gegen Erstattung deß auffgewendten nothwendigen Unkosten / und Erlegung deß gewöhnlichen Fürfangs / zugestelt werden; herentgegen da sich der Eigenthumer / oder jemand von seinetwegen / inner Monathsfrist nicht anmeldet / mag die Obrigkeit das Vieh umb billichen Werth verkauffen / und wann so dann der Eigenthumber inner Jahr und Tag sich angibt / solle ihme gleichfalls gegen Bezahlung deß Unkostens und Fürfangs / das empfangene Kauff-Geld hinauß erfolgen / hernacher aber der Obrigkeit destwegen [Seite 603] allerdings frey seyn. Und ist dißfalls die jenige Obrigkeit / es seye Land- Gerichts- Dorff- Grund- oder Vogt-Herr zuverstehen / bey welcher das entloffene Vieh Anfangs einkommen.

§. 8. Macht einer Traid- Wölff- oder Füchs-Gruben / oder aber richtet Fallbäum / Strick / Selbgeschoß / Legbüchsen und dergleichen / bey den Weegen / und an ungewöhnlichen Orthen / ohne offentliche Warnung / darein Mensch / oder Vieh fällt / und Schaden nimbt / denselben Schaden soll er zahlen.

§. 9. Welcher eines andern Bäum / oder Peltzer außgrabt / abhackt / stimblet / oder sonst verderbt / oder aber in eines andern Wald / oder Au / eigenthätig Holtz abmaist / der solle darumben nach Erkantnuß seiner Obrigkeit / dem Eigenthumber den zugefügten Schaden und Gewalt abtragen / und beynebens von der Obrigkeit / nach Beschaffenheit der Sachen / desthalber abgestrafft werden. Es mag ihme auch der Eigenthumber / so er ihne an wahrer That betritt / mit Nehmung der Hacken / oder andern Zeugs wohl pfänden.

§. 10. Wie es zwischen zweyen Benachbarten mit Stimblung der Felber / oder anderer Bäum / so in der nechsten Paan / Zaun und Frid stehen / von Alters herkommen / dessen sollen sie sich halten. Wäre aber dasselbe zweiffelich / so solle der jenige / welcher den Zaun / und Frid zumachen / und zuerhalten schuldig / selbiger Felber / und anderer Bäum / so auff jeder Seiten ein Schuch vom Zaun stehen / und wachsen / sich zugebrauchen haben. Greifft er aber weiter darumben / solle er sich mit deme / welchem das Holtz gehört / der Gebühr nach vergleichen.

§. 11. Ob einer ein Geried machen / oder Dorn und dergleichen auff seinem Grund außbrennen will / und thut das zu einer solchen Zeit / bey welcher ein Gefahr zubesorgen / und dardurch dem Nachbarn Schaden beschiht / der ist seines Unbedachts halber schuldig / solchen Schaden zuersetzen. Entstunde aber unversehenlich ein solcher Wind / dardurch das Feuer weiter geführt wurde / dessen soll er billich nicht entgelten.

Der Funffzehende Titul. Von strittigen Grundmarchen.

§. 1. Wann zwischen zweyen / oder mehr partheyen ihrer Gründ / und Güter Anmarchung halber Stritt / und Irrung entstehen / deren sie sich selbst nicht vergleichen könten / solle sie solches an die ordentliche Obrigkeit bringen / welche darauff taugliche Commissarien / auff der Partheyen selbst Vergleichung und Benennung / oder ex officio verordnen / mit der Aufflag / daß sie an dem strittigen Orth den Augenschein einnehmen / die Interessirte mit ihren Nothdurfften und Zeugenschafften anhören / und entweder sie in der Güte vergleichen / oder aber in deren Entstehung / den eigentlichen Befund der Sachen / neben Einschlüssung alles dessen / so fürkommen / schrifftlich berichten sollen. Und wann sich darauß so viel befindet / daß darüber rechtliche Entscheidung beschehen mag / soll die Obrigkeit solche Entscheidung alsobald fürnehmen; im Fall es aber mit der Erkantnuß noch einen Anstand haben müste / gehörige Verordnung thun / wessen sich entzwischen ein und anderer zuverhalten / und wo Gefahr zubesorgen / einem oder dem andern / oder auch beeden Theilen / nach Beschaffenheit / die Enthaltung aller Gewaltthätigkeiten / mit scharffen Pœn-Fällen aufferlegen / auch allenthalben in dergleichen fürfallenden Strittigkeiten darob seyn / daß die langwürige Process und Rechtsführungen verhütet / und abgeschnitten werden.

§. 2. Zu Abhelffung solcher Strittigkeiten / mögen die Obrigkeiten in unlautern Sachen / nach Billichkeit / einem Theil nehmen / oder geben / etwa auch einem Theil eine Summa Gelds für das / so dem andern an Gründen mehrers zugesprochen wird / zuerkennen: auch hierauff neue March setzen / alles nach Gelegenheit fürkommender Handlung / und wie es die Billichkeit / auch nachbarliche Einigkeit erfordert.

§. 3. Befindet sich / daß eine Parthey ihr einen Grund unbillich zugezogen / so solle selbiger Grund / sambt der darvon immittels auffgehobenen Nutzung / dem rechten Eigenthumber zugesprochen werden; Hätte aber einer solchen frembden Grund bonâ fide innen gehabt und genossen / ist er / neben Abtrettung deß Grunds / allein von Zeit der litis Contestation / oder Kriegs-Befestigung / so er verlustigt wird / die empfangene Nutzung zuerstatten schuldig.

§. 4. Die March sollen nach Inhalt Briefflicher Urkunden / wann die vorhanden seynd / sonsten aber nach eydlicher Aussag / glaubwürdiger alter Leuth / denen darumben [Seite 604] bewust seyn mag / entschieden werden; es käme dann für / und wurde in andere Weeg bewiesen / daß die alten March mit Wissen und Willen der Besitzer etwa geändert worden.

§. 5. Es soll keiner den andern überzäunen / überackern / oder sonst überrainen / sondern wie jeder Rain und Zaun von Alters / und bey vorigem Inhaber gelegen und gestanden / also sollen sie gelassen / und darüber nicht gegriffen werden: es mag sich auch ein jeder in solchem Fall / bey seinem ruhig besitzenden Grund mit Weghackung der übersetzten Zäun / wohl handhaben.

§. 6. Wann aber jemand ordentliche Marchstein / oder Bäum / fürsetzlich außgrabt / abhackt / oder sonsten vertilgt / der ist dem beschwärten Theil den Schaden / als viel er in Rechten schwören / oder sonsten Rechts gebührlich erweisen kan / daß ihme dardurch widerfahren / zuerstatten schuldig / und sollen darüber derley gefährliche Handlungen nach Außweisung unserer Land-Gerichts-Ordnung gestrafft werden.

Der Sechzehende Titul. Von allerley Dienstbarkeiten der Häuser und Feld-Güter.

§. 1. Die Dienstbarkeiten der Häuser in Städten / Märckten / Dörffern / bestehen gemeiniglich in deme / wann zum Exempel ein Nachbar schuldig / auff oder an seine eigne Mauer seinen nechsten Nachbarn bauen / oder die Trämb einlegen zulassen / oder zugestatten / daß in seinem Hoff oder Dach / deß Nachbarn Dachtropffen / und Regenwasser falle. Item / wann einer sein Regenwasser selbst nicht aufffangen darff / sonderm dem Nachbarn lassen muß: ingleichem da einer sein eigen Gebäu dem Nachbarn zu Schaden / nicht nach Gefallen erhöhen darff: oder auch dasselbe höher / als er gern wolte / führen / und sonsten dahin richten muß / daß er dem Nachbarn entweder Liecht und Außsehen geben / oder aber solches nicht nehme / und daß er gedulden solle / daß ihm der Nachbar Fenster oder anders Außsehen in seinem Hoff mache / und dergleichen. In welchen Fällen die Städt / Märckt / und Flecken / gemeiniglich ihr eigne Satzung und Anordnungen haben / darnach es zuhalten / und zuerkennen / und solle hierinnen zwischen den Frey Häusern / und Burgerlichen / in Städten und Märckten / kein Unterschied seyn / es wäre dann bey einem / oder andern destwegen ein absonderliche Freyheit verhanden.

§. 2. Die Dienstbarkeiten aber der Land-Güter und Bau-Güter seynd / wann einer einen Weeg und Steeg über frembde Gründ hat: Item befugt ist / das Wasser auff eines andern Grund zugraben / zunehmen / und über andere zulaiten: auß eines andern Brunn zuschöpffen: Vieh in frembden Auen / und auff anderer Leuth Gründen zuhalten / und zuwaiden: Stein zuklauben / zubrechen: Sand zugraben: auch anders dergleichen / so einer von seinem Grund / zu des Nachbarn Guts / und Nutzbarkeit / gedulden / und beschehen lassen muß.

§. 3. Beyderley Dienstbarkeiten mögen so wohl durch Testament / oder andern letzten Willen / als durch Vergleichungen zwischen denen Lebendigen / nach der Willkur gesetzt und auffgericht / wie auch durch rechtmäßige Verjährung der zwey und dreyßig Jahr erlangt / und zugeeignet werden. Wie es nun dißfalls auch an jedem Orth von Alters beweißlichen herkommen / darbey soll es annoch sein Verbleiben haben.

§. 4. Wann einem ein Weeg durch deß andern Grund / allein auff Wohlgefallen / und von Nachbarschafft wegen / zugelassen worden / hat er sich dessen länger nicht / als sein Nachbar will / zugebrauchen: und wer einen sonderbahren Rechtweeg fürgibt / es seye ein Fahrtweeg und Reitweeg / oder Gangsteig / und sich dessen behelffen will / der muß es beweisen: sonsten der ihme selbsten einen Rechtweeg zumachen / sich unterstehet / oder wider eines andern Willen über dessen Grund / demselben zu Schaden gehet / reitet oder fahret / oder auch bey dem Weeg / so ihme fürgewiesen / und bewilliget worden / ohne Noth nicht bleibt / sondern einen andern daselbst fürnimbt / der mag darauff gepfändet werden.

§. 5. Die gemeine Gangsteig / Weeg und Strassen zu Kirchen / auch von einem Eigen zum andern / sollen jeder Orthen verbleiben / und gelassen werden / wie es von Alters herkommen / und da dieselbe von anrainenden Wasserflüssen weggewaschen / oder gerissen werden / mögen sie besser hinein in den anrainenden Grund / auch wider deß Eigenthumbers Willen genommen werden / und muß der nechste Nachbar auff seinem Grund eine andere Strassen gedulden. [Seite 605]

§. 6. Wann auch einer Gemeinde ihr alte Außfuhrt durch Wasser genommen worden / und wann solche anderst nicht als durch frembde anrainende Gründ desselben Orths haben möchte / so ist ein jeder Anrainer einen ordentlichen Fahrtweeg / über / und durch seinen Grund / so viel die unvermeidentliche Nothdurfft erfordert / nach Obrigkeitlicher Außzeichnung frey zulassen schuldig.

§. 7. Welcher auß einem Brunquel / oder einem Schöpff-Brunnen auff frembden Grund / das Wasser zu seinem Hauß / oder Grund zunehmen befugt ist / der hat die Gerechtigkeit deß Steigs zu solchen Wasser / und also entgegen.

§. 8. Es soll niemand ein Wasser / so von alters her / vielen Gründen zu Nutz geflossen / zu seinem eigenen Nutz allein abkehren / widrigenfalls er solches nicht allein in vorigen Stand zusetzen schuldig seyn / sondern auch zu Erstattung deß dardurch verursachten Schadens angehalten / und noch darzu von der Obrigkeit absonderlich bestrafft werden solle.

§. 9. Wan mehr Nachbarn auß einem Bach zu ihren Gründen das Wasser zulaiten und zuführen haben / sollen sie sich dessen / einer dem andern ohne Schaden und Abbruch / zu gewissen Tägen und Zeiten / nach Beschaffenheit ihres höhern / oder nidergelegenen Grunds gebrauchen. Und obschon einer / der in verjährter Zeit sich dessen nicht bedient / dardurch sein Gerechtigkeit verlohren / so haben doch die andern hernach keine mehrere Gerechtigkeit / als zuvor / sondern sich allein der ihrigen nachmahlen zubetragen.

§. 10. Welcher durch eines andern Grund ein Wasser zuführen hat / der muß dasselbe auch selbst erhalten; hingegen ist ihme zugelassen / so offt es vonnöthen / den Graben zu raumen / oder zu den Röhren / und Rinnen zusehen / und dieselbe zu bessern / selbst / und mit seinen Werckleuthen am nächsten darzuzugehen / Holtz / und andere Nothdurfften dahin zubringen; doch soll er / so viel immer möglich / mit diesem allen deß frembden Grunds verschonen / wie auch bey dem erst verwilligten und verglichenen Rinsall verbleiben.

§. 11. Wann jemand einem andern gewilliget / von seinem Brunquell / das Wasser nach Nothdurfft / oder mit gewisser Maß in sein Hauß / oder andern Grund / durch Röhren zuführen / der kan hernach einem andern davon mehrers nicht / als dem ersten ohne Abbruch beschehen mag / verwilligen. Inmassen auch in andern dergleichen Fällen und Dienstbarkeiten / allweg die jüngere Bewilligung / der ältern unschädlich seyn / und verstanden werden solle.

§. 12. Wann ein Brunn / darauß einer das Wasser zuführen berechtiget ist / etliche Jahr außdörrt / und dardurch der Gebrauch der Dienstbarkeit dermahlen auffgehört / derselbe aber nach Verfliessung so vieler Zeit / als sonsten zu Verjährung dergleichen Dienstbarkeit vonnöthen / wieder Wasserreich wurde / soll dem jenigen / so hievor die Gerechtigkeit gehabt / selbige auff Begehren wiederumben verstattet / und zugelassen werden.

§. 13. Die Wasserläuff und Feldgüß sollen bey ihren alten Rinsallen gelassen / und weder ab noch auff ein andern Grund gekehret werden.

§. 14. Wessen sich einer erstlichen mit seinem Nachbarn / deß Viehtribs / Waid / und Halt halber auff dero Gründen verglichen: oder wie es darmit durch langwürige / ruhige Gebräuch / in verjährter Zeit der 32. Jahren hergebracht: also soll er sich auch dessen / und keines mehrern ohne absonderliche Bewilligung zugebrauchen haben.

§. 15. Also kan keiner / ausser der Dorff-Obrigkeit / etc. wie oben im dritten Titul §. 5. vermeldt worden / von neuem die Waid für sein Vieh / auff frembden Grund / wider desselben Eigenthumbers / oder Niessers guten Willen / suchen oder nehmen.

§. 16. Wann ein gantze Gemein / oder sonst jemand / einmal die Gerechtigkeit / ihren Viehtrib auff eines andern Grund zuhaben / entweder durch sonderbahre Bewilligung / rechtmäßige Verjährung / Rechtliche Erkantnuß / oder auff andere zuläßige Weiß erlangt / so kan der Herr desselben Grunds keine Veränderung damit fürnehmen / wordurch die Waid dem jenigen / welcher solche darauff vorhero gehabt / entzogen / oder geschmälert wurde: und wann er derley Veränderung fürzunehmen sich unterstunde / solle es ihme auff deß beschwärten Theils Anruffen / alsobalden durch die ordentliche Obrigkeiten eingestellt werden. Da er aber entzwischen / oder nach ergangenen Verbott / sein Vorhaben völlig / oder meistentheils ins Werck richtete / ist er solches wieder in vorigen Stand / (wofern es anderst möglich) auff eigenen Unkosten zubringen: sonsten aber denen Interessirten allen darauß erfolgenden Nachtheil und Schaden / nach Erkantnuß / abzutragen schuldig; es wäre dann / daß der jenige / deme die Waid gebührt / zu der fürgenommenen Veränderung wissentlich geschwigen / und auß gutwilligem Nachsehen / so weit kommen lassen / daß er sich der Waid ferner nicht gebrauchen könte / in welchem Fall er sich destwegen zubeklagen nicht [Seite 606] befugt. Und dieses auch in anderen dergleichen Dienstbarkeiten der Feld-Güter / also zuverstehen ist.

Der Sibenzehende Titul. Von Gewalthätigen Handlungen / und Lands-Friedbrüchigen Fällen.

§. 1. Ein Gewalt ist / wan einer von jemanden an Leib oder Gut / ohne Recht / oder Gerechtliche Behebnuß / und Mittel angegriffen / und benachtheilt wird.

§. 2. Es begehet auch der jenige einen Gewalt / welcher das / so ihme zugehörig ist / einem andern / der solches eine Zeitlang ohne deß Eigenthumbers Anspruch / ruhig besitzet / ohne Gerichtliche Hülff / selbsten / und eigener That / wider seinen Willen entziehet.

§. 3. Obwohlen alle Gewälthättigkeiten insgemein hoch verbotten / und von unsern nachgesetzten Obrigkeiten zubestraffen / so ist doch ein Gewalt grösser und straffmäßiger als der andere / nach Beschaffenheit der Sachen / und mit unterlauffenden Umbständen / welche der Richter fleißig beobachten / und gleich bey Erkantnuß deß Gewalts / den selbigen mässigen / und außsprechen / auff Maß und Weiß / wie in dem ersten Buch der Lands-Ordnung Tit. 51. §. 6. wie auch im 62. Titul §. 4. vorgesehen; in nachfolgenden Fällen aber / solchen höcher / als sonsten in gemeinen Gewalts-Sachen / taxiren / und schärffen solle.

§. 4. Nemblichen / 1. Wann der Gewalt einer Obrigkeit / oder derselben Officirn / in Verrichtung ihres Ambts:
2. Einer Communität / oder gantzen Gemein:
3. Geistlich / oder Weltlich-hohen-Stands Persohnen:
4. Von leiblichen Bluts-Befreundten:
5. Wittiben / und Waisen / angethan / und erwisen wird.
6. Ist aller Gewalt / und Frevel / welcher einem an seiner Persohn zugefügt wird / höher und Straffmäßiger / als die Vergwaltung von Haab und Gut.
7. Wann der Klager in hangenden Rechten / unerwartet desselben Außtrags / das Strittige mit gewalt nimbt / oder wo der Gewalt wider gebottenen Stillstand / auff auffgesetzte Pönfall verübet wird.
8. Wann es zu Heiliger Zeit / oder Nächtlicher Weil:
9. An befreyeten Orthen:
10. Auff gemeinen Zusammenkunfften / als an einem Marckt / oder in einem Gerichtshauß / vor der Obrigkeit / oder Kirchen / Klöstern / Gottshäusern / oder auff offenen Landstrassen:
11. Mit gewaffneter / und gewöhrter Hand / mit Auffbott / Glockenstraich / und dergleichen beschiehet.

§. 5. Wann bey unsern Landmarschallischen / und andern nachgesetzten Gerichtern / ein solcher Gewalt / darbey ein Lands-Fridbruch unterlaufft / fürkombt / solle über den geklagten Gewalt / von ihnen zwar erkennet / jedoch so viel den Land-Fridenbruch belangt / solcher Uns / als Landsfürsten / oder unserer N. Oe. Regierung angezeigt / dessen in dem Abschied gedacht / und Uns umb unsers darbey mit unterlauffenden Landsfürstl. Interesse willen / die Erkantnuß / und Bestraffung vorbehalten werden.

§. 6. Welcher sich in seiner rechtmäßigen Possess / wider eines andern Gewalt / und unbefugten Angriff / auff gebührend / und in Rechten zugelassene Weiß / selbst schutzt / und handhabt / der kan destwegen keines Gewalts beschuldiget / noch angeklagt werden.

Der Achtzehende Titul. Von Injuri- und Schmach-Handlungen.

§. 1. Obwohl alles / was einem an seinen Leib / oder Gut unbillich zugefügt wird / ein Injuri kan genennet werden / so ist doch eigentlich diß für ein Injuri zuhalten / wann einer an seinem wohlhergebrachten Nahmen / Stand / und gutem Leumuth / von einem andern mündlich oder schrifftlich (worunter auch die Pasquillen begriffen) angetastet / verkleinert / und geschmähet / oder auch mit Schlägen angegriffen / und verschimpffet wird. [Seite 607]

§. 2. Wie dann auch für ein Injuri zuhalten / wann ein Glaubiger seinen Schuldner bey Gericht in Arrest nehmen lasset / unterm Fürwand / als ob er nicht zubezahlen hätte / oder sich seines Außtritts zubesorgen wäre / da doch die Schuldforderung entweder schon zuvor bezahlt / oder doch unrichtig / oder aber der Schuldner darumben gnungsamb angesessen / auch sich deß Rechtens nicht verwaigert.

§. 3. Ingleichen / da jemand einer ehrlichen Weibs-Persohn mit ungebührlichen Worten / oder Gebärden zugesetzt / dardurch sie in bösen Verdacht / und Geschrey zubringen.

§. 4. Wie auch wann Kinder / Dienstbotten / oder Unterthanen / zu Verschimpffung ihrer Eltern / und Herrn / geschlagen / oder mit Worten schmählich angetastet werden / haben es die Eltern / oder Herrn nicht weniger / als ob es ihnen selbsten beschehen wäre / für ein Injuri anzuzaigen.

§. 5. Nicht weniger ein Ehemann / die seinem Weib zugefügte Injurien / und Schmach anderst nicht als sein eigene zuachten / und deßwegen zuklagen befugt ist.

§. 6. Welcher nun einen andern auff was Weiß und Weeg es wolle / an seinen Ehren / und guten Nahmen angreifft / schmähet / und verleumbdet / der ist nicht allein dem Beleidigten destwegen einen Abtrag zuthun schuldig / sondern solle auch von der Obrigkeit / Ambts halber / mit Ernst gestrafft werden.

§. 7. Obschon einer den andern mit Warheit schmähet / jedoch wann es Sachen halber / die weder ihne Schmäher / noch auch den gemeinen Nutzen berührt / noch ein solches Laster ist / welches umb offentlicher Aergernuß willen zubestraffen / und also die Schmähung allein auß Rachgier / und umb deß Andern Verleumbdung willen beschiehet / so ist er gleichwol den Abtrag zuthun schuldig.

§. 8. Wegen angethaner Injurien / mag auff zweyerley Weiß / als nemblich Criminaliter / und Civiliter geklagt werden.

§. 9. Criminaliter / oder Peynlich / wird geklagt / wann der Injurirte begehrt und anrufft / daß der Injuriant von der Obrigkeit gestrafft / und gegen dem Beleidigten zu einem offentlichen Widerruff angehalten werden solle.

§. 10. Civiliter / oder Burgerlich aber / wann einer die ihm zugefügte Schmach / auff eine gewisse Summa Gelds anschlägt und begehrt / daß ihme dieselbige zu Abtrag der empfangenen Schmach / von dem Injurianten erstattet werde.

§. 11. Es sollen alle angegebene Injuri- und Schmach-Wort nach Meinung dessen / der solche außgegossen / verstanden / und darumben / wann er die außgegossene Wort anderst / als die etwan außgenommen worden / von ihme gemaint zuseyn / sich erklärt / er umb keiner Injuri beklagt werden; es wären dann solche Wort für sich selbsten also klar und lauter / daß sie anderst nicht / als Ehrenverletzlich außgelegt werden könten.

§. 12. Damit eine Injuri-Klag statt habe / ist vonnöthen / daß der Geschmächte / die Injuri alsobald zu Gemüth führe: dann wann er hernach mit dem Injurianten isset und trincket / oder sonsten mit ihme / ungeantet der Injurien / freundlich umbgehet / so ist dardurch die Injuri gefallen / und kan destwegen weiter nicht beklagt werden.

§. 13. Wie aber in denen Injuri- und Gewalts-Sachen bey Gericht verfahren werden solle / ist theils in Unserer Gerichts-Ordnung Tit. 73. theils auch in der Land-Gerichts-Ordnung Part. 2. Art. 93. mit mehrerm zuvernehmen.

Beschluß.

Und wie Wir nun euch Eingangs ermeldten unsern nachgesetzten Obrigkeiten / Geistlichen und Weltlichen hiermit gemessen / und ernstlich anbefehlen / daß ihr über dieser unserer Landsfürstl. Satzung von dem Tage der Publication an / festiglich haltet und darwider zuthun niemand gestattet / sondern die Ubertretter der Gebühr nach abstraffet: Also behalten Wir Uns / dieselbe ins künfftig zu mindern / zu mehren / oder gar auffzuheben bevor. Und dieses ist unser gnädigster Will und Meinung.

13. Martii 1679.



Guarient / Rääl. Date: