Reichshofratsordnung 1654 (NSRA IV) :: Transkription Speer 2013

Reichshofratsordnung 1654 (NSRA IV) :: Transkription Speer 2013

Editorial

Textgrundlage: Neue u. vollständigere Sammlung d. Reichs-Abschiede, 4. Teil, Zugabe S. 44-75.

Wer sich wissenschaftlich mit der Ordnung des Reichshofrates auseinandersetzen will, wird die vorbildliche Edition dieser Rechtsquelle durch Wolfgang Sellert [Die Ordnungen des Reichshofrates 1550 - 1766, 2. Halbband 1626 bis 1766 [= Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich Band VII 2], Köln-Wien 1990] heranziehen.

Diese Transkription stellt sich eine andere Aufgabe: Die vielen Zitationen der RHRO 1654 in der rechtshistorischen Literatur verlangen — je weiter deren Digitalisierung fortschreitet — ein Referenzobjekt, das zumindest einen ersten Zugang zum Text eröffnet. Unter anderem deshalb wurde als Grundlage für die Transkription die weit verbreitete Edition in der Neuen Sammlung der Reichsabschiede IV (1747) Zugabe S. 44 ff. gewählt. Die Verfügbarkeit der Faksimiles erlaubt den ständigen Vergleich zwischen der Transkription und der Vorlage, so dass Zweifel leicht ausgeräumt werden können.

Des weiteren aber lässt sich eine solche Transkription als Volltext in dieses Repertorium einbinden, wo sie mit verwandten Texten zusammen wortweise durchsucht werden kann. Dies bedingt allerdings eine Abweichung von der diplomatisch genauen Transkription: In der Vorlage wird jeder Umlaut mit einem übergeschriebenen "e" dargestellt. Ich habe die normalen Umlaute benutzt, so dass statt "Gemuͤth" "Gemüth" zu lesen ist. Der Grund hierfür ist, dass Wörter mit übergeschriebenen Vokalen von der internen Suche im Text nicht gefunden werden.

Als Besonderheit für die Benützung sollte erwähnt werden, dass dank eines vom Deutschen Rechtswörterbuch bereitgestellten Javascript-Programmes ein Doppelklick mit der Maus auf ein beliebiges Wort dieses Wort und seine Vorkommen im DRW anzeigt.

In älteren Drucken, deren Grundschrift die Fraktur ist, werden Worte oder Wortbestandteile, die dem Lateinischen zugerechnet werden, häufig in Antiqua gesetzt. Da hier um der besseren Lesbarkeit willen die Grundschrift bereits eine Antiquaschrift ist, wurde der Ausweg gewählt, diese Worte oder Wortbestandteile in der Schrift Courier New darzustellen.

Heino Speer
Klagenfurt am Wörthersee
im Dezember 2013.

[Text]

Seite 44 Wir Ferdinand der Dritte, von GOttes Gnaden Erwählter Römischer Käyser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, in Germanien, zu Hungarn, Böhaimb, Dalmatien, Croatien und Sclavonien etc. König, Ertz-Hertzog zu Oesterreich, Hertzog zu Burgund, Steyer, Kärndten, Crain und Würtemberg, Graf zu Tyrol etc. Thuen kundt; demnach Wir von Zeit Unserer angetretenen Kayserlichen Regierung, Uns aufs höchste die Administration der heilsamen Gerechtigkeit, als die wahre Grundfest alles Regiments, darauf vorderist die Erhaltung der Ehre GOttes und gemeiner friedlicher Wohlstand beruhet, angelegen seyn lassen; dannenhero, und weilen wir um so viel mehr, die vielfaltige Obliegen, damit Wir von des Heiligen Reichs, auch Unserer Erb-Königreich und Landen wegen, beladen, deßgleichen auch, die geschwinde vorbrechende gefährliche Läufft und Zeiten, zu Gemüth führen, und mit sonderlichem Kayserlichen Eyfer und nothwendiger Sorgfältigkeit ermessen, wie beschwehrlich, ja unmüglich seye, ohne Erhaltung, und da vonnöthen, weitere Pflantzung und Anstellung guter Ordnung, solches Unser Väterlich Gemüth, zu gedeylicher durchgehender gleichmäßiger Gerechtigkeit, beständiglich ins Werck zu setzen, um dessen willen dann, und eben zu diesem Ende, wie Wir befunden, Unsere löbliche Vorfahren am Reich, sich guter Ordnung von Uralters her beflissen, und hierzu, damit solchem Ihrem Obliegen, allenthalben desto stattlicher vorgesehen werde, ihrem Reichs-Hof-Rath, so selbige zu Beförder- und Vollziehung der werthen Gerechtigkeit und Regiments im Römischen Reich, von unfürdencklichen Jahren erhalten, wie auch folgendes dero Kayserl. Cammer und andere Gerichts-Mittel, aufgerichtet haben, insonderheit aber Unser geehrter und lieber Ur-Anherr, Kayser Ferdinand der Erste, Christseeligster Gedächtniß, aus ebenmäßigen Gedancken, Se. Majest. und L[ieb]d[en] obgemeldten Kayserl. Reichs-Hof-Rath, auch ins künftig mit einer vermehrten Instruction versehen, welches auf Uns erwachsen, und dem Heil. Reich jederzeit zum besten angesehenes Kayserl. Reichs-Hof-Raths-Mittel nicht weniger gedencken, hinfüro in gleicher Gestalt, beständiglich und fest darauf zu continuiren

Also und aus abgehörten Ursachen, haben Wir obgemeldten Unsern Reichs-Hof-Rath mit ansehentlichen und tapffern und wolqualificirten Personen, in guter Anzahl besetzt, wie Wir nicht minder denselben hinfüro zu bestellen und zu unterhalten gemeynt seyn: Und haben die über solchen Unsern Reichs-Hof-Rath aufgerichte vorige Kayserliche Ordnung, alles Fleisses ersehen, verneuert, bestättigt, und mit allerhand von Uns nothwendig angesehenen Zusätzen und Erklärungen verbessert, endlich in diese nachfolgende Form bringen lassen, die Wir auch in allen Articuln und Begreiffungen festiglich gehalten und vollzogen haben wollen.

TITVLVS PRIMVS. Von Ersetzung des Reichs-Hof-Raths, und derselben Function, Abreisen und Verhaltung, etc.

§. 1.

Unser Kayserlicher Reichs-Hof-Rath, dessen Obristes Haupt und Richter allein Wir und ein jeder Römischer Kayser selbst ist, solle hinfüro jederzeit mit einem verständigen, und wie zu Führung eines solchen Amts vonnöthen, wol-qualificirten Præsidenten, der ein Reichs-Fürst, Graff oder Herren-Stands seye, Seite 45 mit genugsamer Anzahl Reichs-Hof-Räthen, gleichfalls von Fürsten, Grafen oder Herren, Rittermäßigen, graduirten, oder sonsten gelehrten, wolerfahrnen, ansehentlichen, frommen und geschickten Personen, so im Reich Teutscher Nation gebohrn, erzogen, und auch der Teutschen Sprach wolerfahren, gutes Namens und Herkommens, bevorab auch darinnen begüttert, in den Rechten und Reichs-Sachen wolgeübt, und die Gerichtliche Processen zu referiren tauglich und geschickt seyn, damit männiglich schleunige und unpartheyische Justitia administrirt, besetzt werden.

§. 2.

Und dieweil die allzugrosse Menge der Räthe nur zu mehrer Verlängerung der Raths-Geschäfften gereicht, also haben Wir Uns allergnädigst resolvirt, daß hinfüro jetztermeldtes Unsers Reichs-Hof-Raths Mittel über achtzehen Personen, mit eingeschlossen des Reichs-Hof-Raths-Præsidenten (ausser des Reichs-Vice-Cantzlers) sich nicht erstrecken soll; gestaltsam Wir auch keinen neuen Rath annehmen oder resolviren wollen, biß ein ordentliche Vacanz von obgemeldten achtzehen Personen sich ereignen wird.

Wir wollen auch unter diesen achtzehen Personen, Sechs vom Herrn- Ritter- und Gelehrten-Stand der Augspurgischen Confession Verwandte und der Reichs-Sachen erfahrne Männer, aus denen Reichs-Craisen, darinn entweder die Augspurgische Confessions-Verwandte allein, oder zugleich die Catholische Religion, im Schwang gehet, annehmen, damit auf begebenden Fall, die Gleichheit der Richter von beeder Religion Assessorn, observirt werden möge: Thun auch hiemit befehlen, daß nicht allein bey dem Cammer-Gericht, sondern auch bey Unserem Kayserl. Reichs-Hof-Rath so wol geistliche als auch weltliche Sachen, so zwischen den Catholischen und Augspurgischen Confeßions-Verwandten schweben, oder auch wann Catholische wider Catholische streiten, und der tertius Interveniens ein Augspurgischer Confeßions-Verwandter ist: und hinwiederum, wann der Streit zwischen der Augspurgischen Confession zugethanen Ständen wäre, und der tertius Interveniens ein Catholischer seyn würde, mit Zuziehung beederseits Assessorn in gleicher Anzahl erörtert und entschieden werden; und eben diese Gleichheit der Assessorn soll auch observirt werden, so offt ein Augspurgischer Confessions-Verwandter unmittelbarer Stand, oder ein unmittelbarer Catholischer, von einem mittelbaren Augspurgischen Confeßions-Stand, für Gericht besprochen wird. [Seite: 46]

§. 3.

Alle diese achtzehen Personen, sollen dem Reichs-Hof-Rath stets beywohnen, darinnen ohne Unterscheid des Stands gebührlich referiren, und Unserem Kayserl. Hof je und allezeit, welcher Orten derselbig gehalten wird, nachfolgen: Auch hinfüro keiner von Unsern Secretarien, (Er hätte dann das Secretariat vorhero verlassen, auch alle hinder sich noch habende Acta an gehörige Ort würcklich eingeliefert,) zur Reichs-Hof-Raths-Stell angenommen werden: Es sollen auch alle diese Räthe, der Reichs- und andern Sachen, so vor dieselbe kommen müssen, so wohl auch zum Theil der Nationen und Sprachen, so an unserm Kayserl. Hof Recht suchen, so viel möglich, kündig, in den Rechten wol fundirt, gelehrt und geübt, und insgemein allesamt dermassen beschaffen seyn, daß sie von den Reichs-Handlungen, deßgleichen anderen Sachen, Unser Kayserthum und demselben anhangende Reputation, Würde, Hochheit, Rechte und Gerechtigkeit betreffend, so oft es von nöthen, wissen Bericht zu thun, fürzutragen, zu tractiren und zu handlen, damit sie nicht allein in Unserem Kayserl. Reichs-Hof-Rath, sondern auch auf Reichs-Tägen und in anderen zutragenden Gelegenheiten mit Ruhm und Nutz mögen gebraucht werden, zu welchem End dann diejenige, so vorhero in des Heil. Römischen Reichs Churfürsten und Stände vornehmen Diensten nicht begriffen gewesen, bey ihrer Annehmung an Unserem Reichs-Hof-Rath dem examini unterworffen seyn, und einen definitive geschlossenen Proceß oder Acta selbsten, ohne Hülff oder Zuthun eines andern, vermög ihrer bey dem examine leistender Pflicht, referiren sollen.

§. 4.

In solchem soll Unser Reichs-Hof-Raths-Præsident, als das nachgesetzte Haupt, jederzeit den Vorsitz, die Umfrag, den Beschluß und die gantze Direction, auch derentwegen bey Unseren Reichs-Hof-Räthen in solchen Rath-Sachen eine willfährige Folg, rechten Gehorsam, und ehrerbietigen Respect, er hinwieder auf sie eine fleißige sorgfältige Obacht haben, damit ein jeder seinem Amt, treu und emsiglich abwarte, auch sonsten alle Unordnungen, Mißbrauch und Ubertrettung gäntzlich verhütet bleiben, und sie, die Reichs-Hof-Räth selbsten wider Ordnung und Gebühr nicht beschwehrt, sondern in denen Würden, wie sich geziemet, und von Alters herkommen, von männiglich tractirt und gehalten werden.

§. 5.

Da aber solcher Unser Ordinari Præsident an Unserm Kayserl. Hof nicht persönlich zur Stelle, und sein Amt nicht sonderbahr durch Uns mit einem Vice-Præsidenten ersetzt, oder auch derselbe Vice-Præsident gleichfalls nicht zugegen seyn würde, so solle obermeldtes Directorium der Nechste und Eltiste im Raths-Mittel vom Herren-Stand anfahend, und also fort nach Ordnung ihrer Seßion, biß zu des ordinari Præsidenten, oder respective Vice-Præsidenten Herwiederkunfft führen, damit einiger Saumsahl nicht erscheine, oder die wenigste Zeit in Handlung der Justitiæ, und Beförderung der Partheyen vernachläßigt werde; und welcher alsdann in allen oberzehlten Fällen des Præsidenten Amt und Stelle verwesen wird, deme sollen alle und jede Reichs-Hof-Räthe, und andere demselben Rath angehörige Personen gleichmäßigen Respect und Gehorsam erweisen, und er dessen, so hierinnen vom ordinari Præsidenten-Amt disponirt wird, in solcher seiner Abwesenheit völlige Macht und Gewalt haben.

§. 6.

Jedoch ist Unser Vorbehalt, Will und Meynung, wo Wir auf denen Reichs-Tägen einen Reichs-Fürsten in Unsern Seite 47 Reichs-Hof-Rath gebrauchen werden (die Wir dann so wol als Unsere Vorfahren billig in acht nehmen, sie sich auch hierzu von Alters hero, weil es einmal Unser und des Reichs höchstes Gericht ist, willig erwiesen) daß alsdann bemeldter Unser Præsident oder Verwalter, wann er Stands halber weniger als derselbe Reichs-Fürst ist, ihme den Vorsitz, auch die Umfrag und Beschluß im Hof-Rath folgen und zustehen lasse, nemlichen die Zeit er bey dem Rath zugegen seyn würde.

§. 7.

Da auch in Nahmen und aus Unserm Befehl Unser Obrister Hofmeister jemanden von Uns zum Reichs-Hof-Rath aufgenommen, darein zum erstenmal einführen, und die gewöhnliche Pflicht leisten lassen, oder sonsten etwas anzeigen wird; soll Unser Præsident oder dessen Amts-Verwalter, denselben mit geziemenden Respect in acht nehmen, und dem jenigen, so also eingeführt, nach abgelegter Pflicht und gethanem Hand-Streich, seine Stelle im Rath assigniren.

§. 8.

So ist auch Unser allergnädigster Befehl, Will und Meinung, daß Unsere Reichs-Hof-Räthe samt oder sonders allen Räthen von andern unsern Mitteln (ausserhalb Geheimbden Raths) in gleichem Stand vorgehen, und vor denselben die Præcedenz und Oberstelle haben sollen. Ingleichen soll Unser Reichs-Hof-Raths-Præsident und Räthe, auch andere Personen zum Reichs-Hof-Rath gehörig, Seite 48 so lang sie ihr häußlich Anwesen bey und an dem Reichs-Hof-Rath haben, samt allem ihrem Hauß-Gesind und Haußhaltung, auch ihren verlassenen Kindern und Wittiben, so lang sie sich nicht anderwärts verheyrathen, oder anderst wohin begeben, aller personal- Auflagen und Beschwehrung, Seite 49 auch von Vormundschafften und anderer Gerichts-Zwäng frey, und in Unserm Kayserlichen Schutz und Protection begriffen seyn; jedoch sollen sie sich Gastung und Kauffmannschafften nicht gebrauchen, da auch die Wittiben oder ihre Kinder sich in andere Ort begeben wollten, sollen dieselben ohne Unterschied der Religion freyen Abzug haben, und keine Nach-Steuer zu bezahlen schuldig seyn.

§. 9.

Die Session der Reichs-Hof-Räth belangend, sollen die Fürsten, Grafen oder Herren und Rittermäßige auf des Præsidenten Rechten: und die so unter die Gelehrten gerechnet (sie seynd gleich graduirt oder nicht) auf des Præsidenten lincken Hand, beyderseits in der Ordnung, wie sie nacheinander aufgenommen worden seyn, ihre Session halten, und derjenige Unterschied zwischen den Fürsten, Grafen oder Herren und Ritterstands Personen, gehalten werden, wie von Alters hero gebräuchlich und Herkommens ist.

§. 10.

Zu desto mehrern Ehren aber und Reputation dieses Unsers Kayserlichen Reichs-Hof-Raths, solle demselben allwegen in Unserm Kayserl. Hof-Läger sonderliche darzu verordnet-bequeme Zimmer in Unserer Kayserl. Residenz, oder so es der Gemach halben nicht seyn kan, an anderen gelegenen und nahenden Orten eingeraumt, darinnen alle vorfallende Justiti- und Parthey-Sachen gehandelt, auch dieselbe Zimmer durch den Reichs-Hof-Raths-Thür-Hüter wol verwahrt und sauber gehalten werden.

§. 11.

In der Rathstuben sollen die Reichs-Hof-Räthe jedesmahls und so offt sie der Præsident wird erfordern lassen, ordinaire zu Morgens, und so offt es die Nothdurfft erfordert, auch Nachmittag zu der bestimmten Stund (mit deren Ansagung der Præsident gleichwol die Gelegenheit der Jahrs-Zeit observiren solle, damit nemlich in dem Sommer etwas früher in- und aus dem Rath gegangen werde) erscheinen, und sich darvon nichts abhalten lassen, auch ohne Versaumniß eintziger Zeit sich alsobald setzen, und dem Ordinari Rath auf das wenigste drey gantzer Stund beywohnen, und dieselbig allein mit den fürgenommenen Rathshandlungen und sonsten keinen andern daher nicht gehörigen Gespräch, Discursen und Sachen zubringen, damit die Justiti und Parthey-Sachen um so viel mehr gefürdert, und niemanden, wer der auch seye, unsere gebührliche Hülff und Handhabung verzogen werde.

§. 12.

Wofern aber einer oder der ander diesem nicht nachkommen, und entweders ohne vorgehende rechtmäßige billige und erhebliche Entschuldigung gegen dem Præsidenten gar ausbleiben, oder ohne sondere Ursachen zumal über besagtes Præsidenten Warnung und Ermahnung, öffters erst nach der angesagten Stund erscheinen würde; solle alsdann solches vom Præsidenten Uns gebührlichen angezeigt werden, und gedencken Wir solches nicht zu gedulten, sondern damit die Befürderung der Sachen nicht eben an den Unfleißigen erwinden müsse, mit Ernst abzustellen.

§. 13.

Jedoch mag der Præsident, wann die Nothdurfft nicht ein anders erfordert, (so zu desselben Ermessenheit gestellet) zwey Seite 50 Tag in der Wochen hiervon aussetzen, es wäre dann, daß ausser jetztbenannter zweyer Tagen sonsten in der Wochen ein oder mehr offentlich- und gebottene Feyertäge einfallen thäten, alsdann solle der Præsident an gemeldten zweyen Tägen dafür in Rath ansagen lassen, damit also wochentlich zum wenigsten viermal Rath gehalten werde.

§. 14.

Es solle auch der Sachen Relation und Erörterung anderstwo nicht, als in der gewöhnlichen Reichs-Hof-Raths-Stuben und in Beyseyn aller oder ja genugsamer Anzahl eines Collegii, nach Maas hie oben vermeldt, keineswegs aber in andern privat-Orten, oder durch Absonderung etlicher wenigen Personen, insonderheit aber in Abwesenheit derjenigen, so da bevorn der selben Sachen principaliter beygewohnt oder darvon Bericht haben, (sie wären dann mit schwerer Leibs-Schwachheit beladen, oder ferr von der Stelle) nicht vorgenommen, weniger geschlossen werden, und also auch Unser Præsident, es wäre dann in gar geringen Sachen, sie unsere Räthe in keine absonderliche Collegia abtheilen.

§. 15.

Und weilen dann allein Uns, als Römischen Kayser, vielberührte Unser Præsident und Reichs-Hof-Räthe mit einem theuren Eyd verbunden, so sollen sie vor allen Dingen Uns jederzeit getreu, gehorsam und gewärtig seyn, Unsere Kayserl. auch des Heil. Reichs Ehr und Nutzen beförderen, Nachtheil und Schaden nach ihrem besten Verstand und Vermögen, allezeit warnen und wenden, sich alles ungebührlichen Anhangs, Geschäfften und Partheylichkeit, die entweder unrecht oder verdächtig, oder ja sonsten ihnen an ihrem Amt verhinderlich seyn möchten, enthalten, und ihr Amt und die liebe Gerechtigkeit mit Fleiß, Ernst, Tapffer- und Aufrichtigkeit, wie es behertzten Leuten, und welche die Justitiam eyferig lieb haben, von GOtt zustehet und gebühret, handeln, sich keiner Parthey mehr als der andern ungebührlich, auch keine Verehr- oder Schenckung anzunehmen, sondern die Sachen, so jederzeit fürfallen und vorhanden seyn werden, sie betreffen Hoch oder Niedere Stands-Personen, Geist- oder Weltliche, Reich oder Arm, in Unserm Namen und an Unser statt mit einem getreuen unpartheyischen Gemüth fürnehmen, ehrbar und redlich abhandeln, und die nicht übereylen, sondern nach Gelegenheit sie beschaffen, stattlich und mit höchstem Fleiß genugsam anhören, berathschlagen und erledigen, auch hierinnen, obgleich ein Sach Uns selbst betrifft, allein GOtt und ihren zu der wahren Justitien leiblich-geschwornen Eyd, allezeit vor Augen halten, sodann zuvorderist Unsere Röm. Kayserl. Wahl-Capitulation, Reichs-Abschied Religion- und Prophan-Frieden, und den jüngsten Münster- und Oßnabruggischen Frieden-Schluß, nach Ausweisung des 17. Art. §.1. & 2. wie auch jedes Stands, Lands, Orts, und Gerichts, sonderlich die gebührliche allegirte und probirte Privilegia, gute Ordnung- und Gewohnheiten, und in Mangel derselben die Kayserliche Rechten, und rechtsmäßige Observationes und Gebräuch in acht nehmen, und nach denselben ihre Decreta, Bescheid und Urtheil richten, aber mit nichten einigerley eigensinnige Meynung denselben fürziehen, und sollen bey Schöpffung der finitiv-Urtheil jederzeit aufs wenigst acht Räthe sich befinden. Seite 51

§. 16.

Nachdem sich auch zum öfftern zuträgt, daß der Præsident, oder ein oder anderer Rath wegen anderer Geschäfften und Commissionen den Raths-Sessionen nicht völlig auswarten kan, wie auch die nach der bestimmten Stunde später in den Rath kommen, und also zu Zeiten nicht bey allen Sachen, so dem Protocoll eingetragen werden, ihr Votum abgelegt haben: als sollen die Secretarien bey ihrem Protocoll mit Fleiß darauf Achtung geben, und fürmercken, wie lang, oder welcher Sachen so wol zu spat ankommende als abtrettende Räthe, bey- oder nicht beygewohnt haben, damit man eigentlich wissen möge, welche Räthe bey jeder Sach mit ihrem Voto concurrirt haben.

§. 17.

Hergegen wollen Wir sie, Unsern Reichs-Hof-Raths-Præsidenten und Räthe, ihrer Eyd und Pflichten, damit sie Uns (ausserhalb des Reichs-Hof-Raths Sachen) verwandt, in Krafft dieser Ordnung hiermit erlassen haben, auf daß sie frey und ungescheut, und ohne alle Gefahr allein der pur lautern Gerechtigkeit gemäß, männiglich in allen Sachen ein unpartheyisch Recht und Urtheil, ihrem Eyd gemäß, schöpffen und sprechen mögen.

§. 18.

Da auch jemand Unserer Reichs-Hof-Räthe einer Parthey mit Sippschafft, Schwagerschafft, oder sonsten dergestalt, daß er in Rechten vor einen Richter oder Zeugen recusirt werden möchte, verwandt, oder aber mit solcher Parthey in würcklicher Freundschafft stünde, oder in derselben Sachen advocirt, procurirt, oder in andere Weg gedient hätte, so soll er solches, wann dergleichen Sachen fürgenommen, alsobald dem Præsidenten anzeigen, von derselben allerdings und alsgleich ohne Aufschub abtretten, und sich deren Berathschlagung gantz enthalten.

§. 19.

Deßgleichen sollen auch Unsere Reichs-Hof-Räthe keinem andern Potentaten, Fürsten, Grafen, Herrn, Commun noch anderen sonderen Personen mit Dienst, Pflichten, oder dergleichen Bestallungen verwandt seyn, noch bestimmten Sold, so lang sie Uns zu diesem höchsten Gericht verpflichtet, von niemand haben oder nehmen, damit sie also in ihrem Gewissen und votis desto freyer seyn, und von männiglich desto weniger einiger Partheylichkeit können verdacht werden.

§. 20.

Und dieweil dannoch auch billig ist, daß einem jeden von Unserem Reichs-Hof-Raths-Præsidenten und Räthen im Jahr eine gebührliche Zeit zu Verrichtung ihrer selbst Sachen, oder auch Recreation zugelassen werde; also solle altem Gebrauch nach dem Præsidenten und Räthen, so verehlicht, Acht, und den andern so lediges Stands, Sechs Wochen, unbenommen seyn; jedoch, daß ein jeder, wann er solcher ordinari Absenz sich zu gebrauchen Vorhabens, dasselbe mit zeitlichem Vorwissen Unsers Obristen Hofmeisters, und des Reichs-Hof-Raths-Præsidenten ins Werck stelle, welcher hieran keinen leichtlichen verhindern, doch auch, daß die Absenz nicht zugleich von vielen vorgenommen, sondern das Collegium nach Nothdurfft besetzt erhalten, und die Erlaubnussen also der Gebühr nach Seite 52 eingetheilt werden, in fleißiger Obacht halten solle, gestalt es dann auch ebenmäßig also gehalten werden solle, wann ein Rath nur einen Tag zween oder drey seiner Ehehafften, oder anderer Vorfallenheit von der Stell verreisen wollte.

§. 21.

Da aber einer oder mehr Unserer Reichs-Hof-Räthe ansuchen würden, ihme extra ordinem und ein mehrer Zeit von Unserem Hof zu seyn, zu erlauben, solle solches ohne Unsere Erlaubniß nicht beschehen; da aber über bestimmte Ordnung oder ausser Unsers sondern Befelchs, anvertrauten Geschäfft, Verschickung oder sonst Bewilligung, Unsere Reichs-Hof-Räthe, und deren einer oder mehr sich absentiren, oder auch sonst ohne ehehaffte Verhinderung den Rath nicht besuchen würden; solle Uns solches angezeigt und ihnen dieselbe versaumte Zeit im Contralor-Amt, neben Vorbehalt Unsers weiteren Einsehens abgezogen; oder dieselbe nach Beschaffenheit der Sach, ihrer Stell gantz verlustig werden.

§. 22.

Mit dem Thür-Hüter oder Raths-Diener, den Wir bey diesem Raths-Mittel unterhalten, solle allein Unser Præsident zu befehlen haben, deine auch solcher Raths-Diener fleißig aufwarten, und dessen Befelchs zu geloben, auch die andere Räthe zu respectiren verbunden seyn solle.

TITVLVS SECUNDUS. Von Sachen in Reichs-Hof-Rath gehörig, und Erkennung der Proceß.

§. 1.

In Unserem Reichs-Hof-Rath sollen alle und jede Sachen, das Heilige Römische Reich, desselben Hochheit, Recht, Herrlichkeit, Gerechtigkeit, Pfandschafft, Lösung, Regalien, hohe und niedere Lehen, Privilegien, Indult, Confirmation und anders, wie solches Namen haben mag, und in Summa, was nach der unfehlbaren Justitien dirigirt und decidirt werden solle, insonderheit alle und jede Parthey-Sachen die Rechts, Gewohnheit, Connexität und Consequenz halber für Unser Kayserl. Gericht gehören, oder von den ersten Instantien durch Mittel der Appellationen, Supplicationen, Dictionis nullitatis, Implorationis Officii, oder in andere alleweeg sich dahin wenden, fundirt und gehörig seyn, die sollen alda angenommen, gerechtfertiget, darüber erkennet und die Nothdurfft ausgefertigt werden.

§. 2.

Wir befehlen auch hiemit Unserem Reichs-Hof-Raths-Præsidenten und Räthen ernstlich, und wollen, daß sie in Erkennung der Citationen, Rescripten, Mandaten und andern Processen nicht bloß allein Unser Kayserl. Hochheit, sondern auch Unsere und des Heiligen Reichs Churfürsten, Fürsten, Grafen, Herren, Stände, Gefreyter Reichs-Ritterschafft, Reichs-Städten und anderer mittel- und unmittelbahren Unterthanen Privilegia der ersten Instanz, Jura Austregarum, Privilegia de non appellando und der Summa, unter welcher man nicht appelliren und die Sach an höhere Gericht bringen kan, aller Gebühr nach sorgsamlich in acht nehmen und den Reichs-Ständen unberührt verbleiben lassen, darwider auch durch Mandata, Commissiones, Advocationes oder auf einige andere Weiß niemand beunruhigen oder beschwehren, sondern in Erkantniß der Proceß, auch Annehmung der Appellation sich den gemeinen Rechten, Reichs-Abschieden und wolverordneten Seite 53 Satzungen, ohne Verletzung der Ständ Privilegien, gemäß verhalten, und da etwa in Unserem Reichs-Hof-Rath Sachen fürkämen, darinnen die Unterthanen wider ihre ordentliche Obrigkeiten sich beschweren, soll es mit denselbigen also gehalten werden, wie es im Reichs-Abschied de Anno 1594. §. Wann aber von gemeiner Interlocutori etc. & seq. versehen, nemlich wann aus den narratis supplicationis vel appellationis erscheinen würde, daß die Obrigkeit tanquam pars und als ein Widersacher, nicht aber als ein Richter gehandelt, alsdann die Sachen an die Richter erster Instanz gewiesen, wann aber die Obrigkeit als Judex iure & vi suæ potestatis & Jurisdictionis für sich selbst oder auf eines anderen Anhalten ihren Untertanen oder einem anderen ausser Gerichts mit beschwerlichen Bescheiden, Gebott und Verbott oder Geld-Straffen gravirt und davon appellirt worden, solche Appellationes angenommen werden sollen.

§. 3.

Und zu desto richtiger Beobachtung dieses Articuli, solle in Unserer Reichs-Hof-Cantzley Registratur ein glaubhaffter Extractus deren von Unsern Vorfahren, Römischen Kaysern, und Uns, allen Hohen und Niedern Reichs-Ständen ertheilten, und in beständigen Herbringen habenden Privilegien, nicht weniger, wie hoch sich deren Summen, davon noch über die im Reichs-Deputations-Abschied gesetzte drey hundert Gulden Rheinisch nicht appellirt werden kan, erstrecken, auch welche Reichs-Stände absonderlich etwa special-gefreyte Austräg haben, schrifftlich verfertiget, und in das Reichs-Hof-Raths-Buch, damit in Erkennung der Appellations-Processen man stets nachsehen könne, geschrieben werden, da aber einige Stände wider die Appellationes allerdings befreyet wären, soll es bey derselben Privilegiis gleicher Gestalt gelassen werden.

§. 4.

Dieweil auch in Unserer Cammer-Gerichts-Ordnung part. 2 tit. 23 & seq. wohl versehen, in welchen Fällen a praecepto anzufangen, und per viam Mandatorum cum vel sine Clausula verfahren werden möge, so solle solcher Verordnung auch von Unserem Reichs-Hof-Raths-Præsidenten und Räthen in Erkennung dergleichen Mandaten nachgegangen, eines jeden Processus requisita vorderist wohl examinirt und observirt, auch den Mandatis, Rescriptis und anderen Processen, die Narrata Supplicationis gantz, und weder weniger noch mehr einverleibt: auch die Exceptiones contra Mandata sine vel cum Clausula nach Art und Eigenschafft eines jeden Processus, und so weit die darinnen zuläßig, beobachtet werden.

§. 5.

Dieweiln aber der Billigkeit nicht zuwider, sondern vielmehr an ihme selbst nutzlich, und der Partheyen, zu Ersparung vieler Zeit und vergebenen Unkostens, fürträglich, auch bey allen wolgeordneten Gerichten löblich Herkommen, die strittigen Sachen zur gütlichen Handlung und Vertrag zu weisen (jedoch daß kein Parthey wider ihren Willen zu einigem Vergleich getrungen werde) so sollen Unsere Reichs-Hof-Räthe sich dessen nach Gelegenheit, sonderlich aber auf der Partheyen Anruffen, zu gebrauchen nicht ausser acht lassen, und weilen darbey auch sehr gut, und dem Herkommen gemäß um besser Beförderung der Justiti- und Abhelffung der Beschwerden willen, (es wären dann sonderbahre Ursachen darwider vorhanden) daß die Clausul in Verbleibung der Güte, was recht ist, zu erkennen und auszusprechen, annectirt und einverleibt wird, Seite 54dannoch sollen sich vielgemeldte Unsere Reichs-Hof-Räthe ins künfftige dieses Unterscheids verhalten, wann nemlich vermög der Austräg, und mit diesen austrücklichen Worten eine Commission bey Uns gesucht wird, daß solches keiner Parthey, wann anderst die Jurisdiction fundirt, abgeschlagen werde, und stehet in diesem Fall, vermög Unserer Cammer-Gerichts-Ordnung, den Partheyen die Appellation von Urtheilen der Commissarien an Uns oder Unser Kayserliches Cammer-Gericht, bevor.

§. 6.

Und weil auch ferner bey Uns von Alters wol hergebracht, daß Wir zu mehrer Befürderung der Justiz und Rettung der Bedrangten, in Sachen, so ohne das in prima Instantia bey Uns angebracht und erörtert werden können, oder da Wir als unmittelbahrer Ober- und Lehen-Herr, angeruffen werden, oder sonsten anderer Umständ halber vor Uns als Römischen Kayser gehörig, Commissiones zu Verhörung der Sachen, allein ausgehen lassen, so vorderist zu Unserem Kayserl. Ausspruch an Unsern Kayserl. Hof remittirt und übersendet werden; Als thun Wir Unserm Reichs-Hof-Rath in obspecificirten Fällen dergleichen Commissiones hinfüro zu erkennen, gleichfalls vorbehalten; Doch daß denen Partheyen hierinnen, wider der Sachen Eigenschafft keine Summarii- noch übereilte Process oder zu kurtze Dilationes aufgedrungen, sondern ihnen ihre Nothdurfft also, wie sie es vor Unserm Reichs-Hof-Rath selbsten thun könten, zu handeln vergönnt werde.

§. 7.

Wann nun in solchen Extraordinari Commissionen, Sachen im Heiligen Römischen Reich fürfielen, die unter den Augspurgischen Confessions-Verwandten versirten, sollen allein deroselben Religions-Verwandte darzu deputirt: so unter Catholischen, allein Catholische: so unter Catholischen und Augspurgischen Confessionsverwandten Ständen, beeder Religion in gleicher Anzahl Commissarien ernennt und verordnet werden, welche zwar die Sachen, so sie geführt, referiren, und in Entstehung der Güte ihre Meynung darbey anzeigen, aber nicht schliessen noch erkennen sollen.

§. 8.

So wollen wir auch, daß Unser Reichs-Hof-Rath, sonsten und in denen Fällen, darinnen Wir und Unsere Vorfahren am Reich, Unserm Cammer-Gericht concurrentem Jurisdictionem zu mehrer Befürderung der Partheyen und Unserer Ubertragung mitgetheilt haben, demselben seinen stracken Lauff lassen, und per avocationem Seite 55 causarum nicht verhindern, wann nemlich solche Sachen allbereit daselbst durch ausgewürckt- und insinuirte Citation anhängig gemacht worden, darauf dann Unsere Reichs-Hof-Räthe ein sonderes Aufmercken haben, auch, so viel müglich, desselben Unsers Kayserl. Cammer-Gerichts Ordnung und in allen Sachen gewöhnlichen Process, Termin, und Solennitäten gebrauchen und observiren, insonderheit aber in allen Processen keine Substantialia auslassen, jedoch auch allen Uberfluß und Verzüchlichkeit abschneiden, die gegebene terminos ohne erhebliche Ursachen nicht erstrecken, und in alle Weeg, so viel die Substanz eines Gerichtlichen Process anlangt, sonderlich darinn unwiederbringliches Præjudiz zu befahren, von der Ordnung, wie sie im Kayserl. Cammer-Gericht eingeführt und verbessert werden möchte, in substantialibus requisitis processus nicht abweichen sollen.

§. 9.

Hingegen wollen Wir sie an andere unnöthige Gerichts-Solennia, dadurch dem Haupt-Werck und genugsamer Erkundigung der Wahrheit nichts zu- oder abgehet, keineswegs verbunden, sondern vielmehr auf den gemeinen Nutzen und Fürderung der heilsamen Justiz gewiesen und verpflichtet haben.

§. 10.

Dieweil auch vor Alters herkommen, daß von Unserm Hof-Marschalcken und desselben Erkanntnussen die Supplicationes und Revisiones an Unsern Reichs-Hof-Rath gangen, soll es dabey nochmaln, wie es vor Alters herkommen, verbleiben, jedoch die Haußgesessene Handels-Leut und Juden in der Juden-Stadt zu Wien davon ausgenommen.

TITVLVS TERTIVS. Wie es mit Uberreichung der Gerichtlichen Supplicationen, Memorialien und Schrifften, auch Complirung der Acten und Beschliessung der Processen zu halten.

§. 1.

Es sollen die geschworne und aufgenommene Agenten und Procuratores jederzeit, wann Reichs-Hof-Rath gehalten wird, eine halbe Stund vor dessen Endigung als Sommers, vor halber Zehen; Winters-Zeit aber vor halber Eilff, der Partheyen offene und von obgemeldten Agenten und Procuratorn unterschriebene Memorialia und Supplicationes, darinnen um Erkennung der processen gebetten wird, wie auch alle übrige zu den Gerichtlich schwebenden Processen gehörige Producten, Probationes und Documenta in dem Reichs-Hof-Rath durch Seite 56 den Thür-Hüter einlieffern lassen, alles anders, es seyen verschlossene Schreiben, oder was keine Gerichtliche Process-Sachen belanget, soll Unserm Reichs-Hof-Vice Cantzlern, wie von Alters herkommen, eingereicht werden, welcher darauf diejenige Schreiben und Sachen so im Reichs-Hof-Rath zu berathschlagen, signiren, und in einem verpetschirten fasciculo Unserm Præsidenten jederzeit zuschicken solle.

§. 2.

Damit auch die Expeditiones desto mehr befürdert werden, sollen die Agenten und Procuratores alle judicial-Producta in duplo, damit dem Gegentheil die eine Schrifft zugestellt, die andere aber apud Acta in Registratura gehalten, und hierdurch alle Verzüg abgeschnitten werden mögen, stets einreichen.

§. 3.

Es sollen auch alle Supplicationes pro extrahendis Processibus und darauf folgende Producta judicialia in offener Form in quarto zusammen gelegt, mit kurtzem überschriebenem Titulo beyder Partheyen Nahmen, wie auch der angestellten Action oder Klag, nebens den Beylagen (auf welchen auch äusserlich eines jedwedern Documenti oder Instrumenti titulus mit wenig Worten notirt seyen,) samt dem Numero oder Litera und in keiner andern Form producirt, damit dieselbe alsobald von andern Memorialien und Supplicationen unterschieden und darunter nicht vermischt werden.

§. 4.

Dabey die Procuratores auch diß in acht zu nehmen, daß allezeit im Anfang eines jedwedern Products, man sich auf den letzt-bewilligten Terminum referire, auch die Instrumenta insinuationum beylege, damit, ob die Befelch oder Decreta zu recht geliefert, und die Termin gehalten oder nicht, der Richter sich alsbald erholen könne.

§. 5.

Ferner soll in dergleichen Parthey-Sachen keine Schrifft in anderer Sprach, dann Teutsch und Lateinisch bey dem Reichs-Hof-Rath angenommen werden, es wären dann etwa Acta appellationum, Documenta, Zeugen Aussag und dergleichen, so zwar in der Sprach, darinnen sie geschrieben, anzunehmen; aber es solle dabey eine beglaubte, und von der Obrigkeit versiegelte und approbirte Translation in Teutscher oder Lateinischer Sprach stets mit producirt werden.

§. 6.

Welches vornemlich die Italiänische Procuratores und Agenten (als bey denen dißfalls Mangel gespürt worden) in acht nehmen sollen, das sie ihre Producta deutlich und leßlich geschrieben eingeben, damit die Reichs-Hof-Räthe in Ablesung der überreichten Acten nicht mit Verdruß aufgehalten und gehindert werden.

§. 7.

Gestalt auch die Agenten und Procuratores zu jedweder Gerichtlichen Sachen, nachdem die Mandata oder Processus Appellationis producirt werden, in primo termino stets ihre Mandata Procuratoria hinführo originaliter, neben einer collationirten Abschrifft damit solche dem Gegentheil communicirt werden möge, zu übergeben, es wäre dann Sach, daß der Original Gewalt schon zuvor ad omnes Causas wäre producirt worden, auf welchem Fall es genug ist, daß ein solcher Gewalt von dem Registratore collationirter wiederum producirt werde, ausser wann der Gegentheil auf Producirung des Original oder auch auf einen special Gewalt in Casibus jure expressis dringen thäte. Seite 57

§. 8.

Es sollen auch die Agenten und Procuratores, so offt die Reichs-Lehen zu empfahen, oder von neuem zu empfangen, ansuchen, neben ihrem Suppliciren, den letzten Kayserlichen ausgefertigten original Lehen-Brief, oder in Churfürstl. Mayntz zu Speyr am Cammer-Gerichts-Cantzley vidimirte, oder von der Reichs-Hof-Cantzley-Registratorn, collationirte, glaubhaffte copias einliefern, zu deme, wann einer, etliche oder alle, deren Namen in vorigen Lehen-Brieff einverleibt, Tods verschieden, alsdann genugsam Beweißthum und glaubige Attestationes, in welchem Jahr, Monath und Tag, wenn sich deren jedweder Tod-Fall zugetragen, angezeigt wird, gleichfalls mit beylegen, wie nahe auch der ansuchende Lehens-Folger solchem vorigen verwandt, ausdrücklich vermelden, und dann die nothwendige Gewalt zu Leistung des Lehen-Ayds zu gleicher Zeit, und alles auf einmal produciren.

§. 9.

So offt auch ein Lehen in viel Theil vertheilt und insgesamt gesucht, und darauf dergestalt die Belehnung erfolgt, solle jederzeit von allen der Gewalt verfertigt: und, wann einer von den Belehneten, so in den Lehen-Brieffen vermeldt, verstirbt, solle die Belehnung wieder gesucht und erneuert werden.

§. 10.

So solle auch bey der unmittelbahren Ritterschafft in Schwaben Belehnungen das von weiland Kayser Rudolpho dem Andern im längst-verlittenen Sechzehenhundert und Neundten Jahr über den Blut-Ban und Hoch-Gericht ihnen ertheiltes Privilegium in gute Obacht genommen und gehalten werden.

§. 11.

In der Nürnbergischer Einwohner geringer Kuhl-Lehen, wofern viel einem Lehen-Brief, so unvertheilt begriffen, und davon einer Todes verschieden, so nicht der Lehen-Träger, oder Possessor, soll solcher Fall durch genugsame Documenta erwiesen, und alsdann in dem Reichs-Hof-Raths-Protocoll und vom Cantzley-Taxatorn aufgezeichnet, sonsten aber die Renovatio der Belehnung gesucht, und der Lehens-Ayd im Reichs-Hof-Rath erstattet werden.

§. 12.

In welchen Geschlechten, und in denjenigen Reichs-Craisen, da die simultanea Investitura hergebracht, und im Gebrauch, dabey solle solche auch gehalten und derselben nachgelebt werden.

§. 13.

Dieweil auch die Recognitiones so von dem Protocollisten den Partheyen, auf geschehene Lehens-Muethung, bißhero ausgefertigt, in dermassen Mißbrauch gerathen, daß folgends die Lehens-Ayde nicht würcklich geleistet, noch die Lehen-Brieff aus der Reichs-Cantzley erhebt werden, wie auch die Agenten und Procuratores, wann sie die Mängel und Abgang der Lehens-Requisiten und nechsten Anverwandten, in gewisser præfigirten Zeit, von Monaten zu ergäntzen, Gerichtlich beschieden worden, nichts destoweniger solchem nicht nachkommen, und wol zumal um einige Belehnung weiter nicht ansuchen, dadurch dann Unsere Kayserl. Reichs-Lehen-Registratur in ein gefährliche Unordnung gesteckt wird: hierum soll Unser Reichs-Hof-Rath in obigen und andern dergleichen Fällen, Unserm Reichs-Hof-Fiscali, darwider sein Amt unnachläßig zu gebrauchen, erinnern lassen.

§. 14.

Wie dann auch, damit die Lehen-Sachen in aufrichtiger Ordnung gehalten, und die Räthe, ob dieselbe in gebührenden Zeiten requirirt worden, oder nicht, auch was sich von Zeiten zu Zeiten, der Lehen-Leut und Besitzer halber, für Veränderung begeben, in acht nehmen können: sollen beyde Registratores ein kurtzen Indicem aller Teutschen und Welschen Lehen, ordine alphabetico, aus den Lehen-Büchern extrahiren, so dem Reichs-Hof-Rath-Buch einzuverleiben, in welchem Extract die Namen der Lehen samt der Vasallen und der Tag und Jahr, wann die Lehen zuletzt empfangen worden, ordentlich verzeichnet zu befinden.

§. 15.

Wann um Kauff- oder andere Verträge Unser Kayserl. Confirmation gebetten Seite 58 wird, soll solcher Contract in originali, oder glaubhaffter Abschrifft, in Namen beyder Contrahenten und mit deren Vollmacht producirt: sonsten wegen Bestättigung und Confirmirung von vorigen Kaysern ausgewürckten privilegien von vornehmen Reichs-Ständen aufgerichten Testamenten, Erb-Verträgen und Vereinigungen, soll allezeit deren vidimirte Abschrifft dem Suppliciren beygelegt: aber in dem von Unseren Vorfahrern Römischen Kaysern den Reichs-Ständen gegen fremden und Unser Kayserl. Rothweilisch Gericht ertheilten Exemptions-Befreyungen solle die Clausul der Ehehafften, es wäre dann absonderlich solche seither An. 1582. nachgelassen, eingeruckt werden.

§. 16.

Wann nun obgedachte Schrifft solcher massen in dem Reichs-Hof-Rath eingegeben, soll der Reichs-Hof-Raths-Præsident alsobald das Praesentatum darauf zeichnen, und dieselbe Memorialia, in welchen um neuen Proceß angesucht wird, im ersten Rath-Sitz ablesen lassen, oder da es Nachdenckens vonnöthen, einem Referenten, zuvor zu examiniren, und folgenden Tags zu referiren, zustellen, und, nachdeme die übrige eingelieferte: und zu den Gerichtlichen Processen gehörige Schrifften vorhero von dem Reichs-Hof-Raths-Protonotario ordentlich registrirt, und dem Præsidenten mit der Verzeichnuß wieder geliefert worden, alsdann solle er solche, wie an Unserem Kayserl. Cammer-Gericht gebräuchig ist, unter den Räthen distribuiren, und den Namen derjenigen, welchen solche geliefert, neben dem Tag aufzuzeichnen, was auch in obgesetzter Zeit zu communiciren, soll unverlängt im Rath vorgebracht und ausgefertigt werden.

§. 17.

Sonsten soll keiner aus den Reichs-Hof-Räthen, als vorgemeldter Præsident, dergleichen judicial-suppliciren und Schrifften von den Partheyen und Agenten annehmen, noch selbige signiren, oder distribuiren.

§. 18.

Gestalt dann auch die Secretarii einiges Memorial in des Raths Protocollo, es seye dann dasselbe mit dem gewöhnlichen præsentato vom Præsidenten oder Reichs-Vice-Cantzlern signirt, nicht einschreiben sollen.

§. 19.

Dafern auch der Præsident dem gantzen Rath-Sitz nicht abwarten, oder persönlich, wegen anderen Geschäfften, im Rath auf jedesmal nicht erscheinen könnte, alsdann soll der Reichs-Hof-Raths-Thür-Hüter die Memorialia dem Præsidenten Amts-Verweser im Rath zustellen, so solche zusammen gebunden, durch obgemeldten Thür-Hüter, nach geendigter Raths-Seßion, dem Præsidenten in seine Behausung schicken, und selbiger es darmit, wie oben vermeldt, zu halten; da er aber in Unseren Kayserl. Geschäfften von Unser gewöhnlichen Hof-Statt verschickt, oder von dannen sonsten mit Unser Verwilligung, auf ein Zeitlang verreisen würde; alsdann solle der Vice-Præsident, oder derjenige Rath, so demselben am nechsten ist, die producirte Gerichtliche Memorialia signiren und distribuiren, gestalt Seite 59 auch in allen übrigen des Reichs-Hof-Raths-Præsidenten-Amt vertretten.

§. 20.

Wann auch vor der Relation die Acta zu collationiren, oder die Processus zu inrotuliren und sonsten Siegel, Handschrifft und original-Documenten zu recognosciren von den Partheyen, oder deren Procuratoren angehalten, oder je zuweilen die Nothdurfft solches erfordern würde, soll der Præsident darzu zwey aus den Räthen, als von jeglicher Banck einen, deputiren, welche alsdann in dem Reichs-Hof-Raths-Zimmer, und nirgends anderstwo, wann kein Rath gehalten wird, den Partheyen durch ein Kayserl. Decret die Zeit der Erscheinung verkünden lassen sollen, in währendem solchen Actu den Partheyen die Mängel oder Abgang ihrer Schrifften dafern einige vorhanden, kürtzlich anzuzeigen, und den Abgang zu ergäntzen, gestattet, und in ihrer Gegenwart die Acta richtig registrirt, was auch darüber vorgehet, soll der Reichs-Hof-Raths-Protonotarius ins Protocoll mit sonderbarlichen Fleiß aufzeichnen, und nach vollbrachter Inrotulation die Acta zu sich nehmen, und in die Registratur liefern.

§. 21.

Damit auch die Referenten bey solcher Inrotulation der Schrifften, oder sonsten in andere Weeg nicht erkennt werden, soll in den Actis mit ihrer Handschrifft nichts notirt oder ad marginem mit Buchstaben verzeichnet werden.

§. 22.

Es sollen auch die Secretarii nach gehaltenem Rath die erledigte Judicial Schrifften zu Verhütung derer Verstreuung und Verliehrung, auch, damit die Acta in guter Ordnung gehalten werden, jedesmals dem Protonotario einliefern, welcher solche alsbald numeriren, und eine jede Schrifft zu seinem gehörigen Proceß hinlegen, insonderheit aber bey einer jeglichen Gerichtlichen Sach ein absonderliches Protocoll, in welchen die Schrifften, wie dieselbe der Zeit nach auf einander gangen, richtig und unmangelhafft, auch alles und jedes, was producirt, es seyn Supplicationes, Mandata, Citationes, libelli executiones, Gewält, Haupt-Schrifften, oder Beylagen, mit Ziffern notirt und numerirt, verfassen, darauf jedesmahls solche in die Reichs-Hof-Cantzley dem Registratori überantworten.

§. 23.

Da auch in Sachen etwas weiters eingebracht wird, solle der Protonotarius solches im Protocoll gleichfalls stets ergäntzen, und alsdann die Acta wieder in die Registratur liefern, wäre es aber Sache, daß der Præsident die Acta bereits ad referendum ausgetheilet, so sollen aus dessen Befelch die Acta wieder abgefordert, und, wann es Seite 60darzu gelegt, darauf dem Referenten restituirt werden.

§. 24.

Nachdeme dann in ordine Processus die Haupt-Schrifften in ziemlicher Anzahl eingebracht, oder die Acta mehrentheils vorhanden seyn, sollen solche auf der Parthey Unkosten ohne eintzige Dilation oder Versaumnuß zusammen gebunden, und, was weiters einkommt, dabey angehefft, und, wann der Processus völlig geschlossen, in Pergament eingebunden werden, welches der Protonotarius und Registratores in fleißige Obacht halten sollen.

TITVLVS QVARTVS. Von Austheilung der Acten.

§. 1.

Die Austheilung und Vornehmung der Geschafften und Sachen, wie auch die Benennung und Anordnung der Referenten, solle, da nicht etwan von Uns eine sonderbare Verordnung gethan würde, wie an Unserm Kayserl. Cammer-Gericht gebräuchig ist, beschehen, und ohne solche Assignation und austrucklicher Anordnung solle keiner Unserer Reichs-Hof-Räthe ihme einige Supplication, geschweigens eine gantze Sachen, vor sich selbsten zu sich nehmen, oder Acta aus der Cantzley abfordern.

§. 2.

Nicht allein in wichtigen, sondern auch in allen definitiv-Sachen, sie seyn wichtig, oder nicht, soll Unser Reichs-Hof-Raths-Præsident dem Referenten bey Verfassung der definitiv-Urtheil einen Correferenten zuordnen, und zwar, da die Sachen beederseits Religions-Verwandten betreffen thäte, solche Re- und Correferenten auch von beederley Religions-Verwandten Räthen ansetzen, und solle die Austheilung der Acten, Sachen und Geschäfften, ohne eintzige Exemption unter allen Unseren Reichs-Hof-Räthen mit Rechter Gleichheit beschehen, die Referenten aber jederzeit in der Still und verschwiegen gelassen werden.

§. 3.

Wann es in einer Sachen durch Gerichtliche Verfahrung so weit gelangt, daß darinn entweder per interlocutoriam etwas zu verordnen, oder zu Unserem Kayserl. End-Urtheil Erkantnuß submittirt, solle alsdann der Protonotarius, ob die Acta complet vorhanden, deren protocoll ergäntzet, alle Schrifften notirt, auch numerirt seyn, fleißig nachsehen, in alleweg aber die Acta in Anwesenheit der Partheyen oder deren Procuratoren zu inrotuliren, und die völlige Acta auf eine im Reichs-Hof-Rath darzu verordnete Tafel hinlegen, und solches Unserem Reichs-Hof-Raths-Præsidenten, damit er darauf dieselbe einem oder mehr aus Unsern Reichs-Hof-Räthen zu referiren verordne, anzeigen.

§. 4.

So offt aber solche Austheilung und Verordnung geschicht, alsdann soll der Protonotarius solche von Unserm Præsidenten verordnete und ausgetheilte Acta, neben denen darzu gehörigen und beygebundenen Protocollis, dem designirten Referenten zustellen, dagegen alsbald der Referent in einem absonderlichen zu diesem Relations-Werck verfertigten Buch mit eignen Händen den Tag, Monat und Jahr, in welchem er dieselbe unmangelhafft empfangen, einschreiben, und, wann solche referirt, sollen solche Acta ohne einigen Abgang nach dem Rath von dem Secretario dem Protonotario wieder zugestellt, und er, wann es geschehen, und die Acta darauf geliefert, unter des Referenten obiger schrifftlicher Empfangs-Recognition ins Buch schreiben.

§. 5.

Das Buch aber soll der Præsident allezeit in seiner Bewahr behalten, auch, damit er die Austheilung der Acten und Referenten wissen könne, solches in dem Rath bey sich haben; da aber er von Unserer Kayserli. Hof-Statt verreist, alsdann vorhero selbiges dem Vice-Præsidenten, oder wer demselben damals am nechsten seyn wird, überantworten.

§. 6.

Ebenfalls soll der Registrator, wann er die Acta dem Protonotario geliefert, und wieder vom selbigen empfangen haben wird, damit an keinem Ort etwas verlohren, oder im widrigen Fall der Schuldige erfahren, und darum besprochen werden könne, mit allem Fleiß in ein anders Buch jedesmal aufzeichnen.

§. 7.

Und soll Unser Præsident in Austheilung, Vornehm- und Erledigung der Sachen diese Ordnung halten, daß nemlich allezeit diejenige Sachen, welche Wir, Seite 61 vermög Unsers Kayserl. schrifftlichen, und von Unserm Reichs-Vice-Cantzlern und Secretario verfertigten, auch versiegleten Decreti, mit Hindansetzung aller anderer ordentlichen Geschäfften alsbalden zu berathschlagen, und mit schrifftlichen Gutachten Uns vorzutragen, Unserm Reichs-Hof-Raths-Præsidenten und Räthen anbefehlen.

§. 8.

Zum Andern, welche Sachen keinen Verzug leiden, und welche GOttes-Häuser, Item Gefangene, so vornemlich deren Pfändung, oder Ubelverfahrung in deren Peynlichen Processen und sonsten belangend, vorgezogen werden.

§. 9.

Und weil zum Dritten der armen Leut, auch dergleichen Wittiben und Waisen Sachen vor andern im Rath und Relationibus befürdert, und derselben Elend mit billichen Mitleyden in acht genommen werden solle, welche dann etwa aus Noth, zum Theil aus Einfalt, auch wol aus Muthwillen, oder anderer unruhiger Leut Verhetzung Uns ferren Weg nachreisen, so solle Unser Præsident und Reichs-Hof-Räthe gegen solchen geziemende Discretion halten, also, daß diejenigen, so von Noth wegen und aus zimlichen Ursachen sich dieser Zuflucht gebraucht, um so viel mehr befürdert, ihnen in ihrer Armuth zu Recht fürderlich verholffen, die andern aber und muthwillige zeitlich abgeschafft, auch, da der Frevel so groß, der Nothdurfft nach abgestrafft werden.

§. 10.

Nach diesem aber sollen zum Vierdten Unsers Reichs-Hof-Fiscalis memorialia und Gerichtliche Processus fürgenommen werden, und Unser Reichs-Hof-Raths-Præsident auf dieselbige, damit sie, ihrer Würde, auch Nothwendigkeit nach, jedesmal vor andere sorgfältig, fleißig, unsaumlich und rechtmässig angebracht, verhandelt, vorgenommen und expedirt werden, ein sonderbar emsiges Aufmercken haben: und damit dieselben desto weniger hinterstellig verbleiben, wochentlich, oder ja alle vierzehen Tag, einen gantzen Rath-Sitz alleinig mit Expedition derselbigen zubringen lassen.

§. 11.

Hierauf sollen alsdann, zum Fünfften, diejenige, welche sonsten etwa einer vor der andern zu Recht sonderbar privilegirt, den gemeinen unprivilegirten vorgezogen, und dann endlichen, welche Sach vor der andern älter, oder darinnen ehender beschlossen ist worden, fürgenommen und befürdert, und, nach dieser jetztverstandener Ordnung, durch Unsern Reichs-Hof-Raths-Præsidenten dem Referenten bey Zeiten angezeigt werden, wie sie berührte Sachen nach und nach vornehmen und expediren, welche dieselbe Ordnung auch in allweg halten, und daraus ohne andere Befelch nicht schreiten sollen.

§. 12.

Welche Sache dann einem Rath einmal ad referendum gegeben, solche soll fürters demselben in allen Beyurtheln, auch in der Definitiv ungeändert, da der Sachen Nothdurfft nicht was anders erfordert, verbleiben, wie dann auch die Supplicationes, so um neue Process einkommen, wann sie sich auf andere voranhangende Sachen zeigen, oder mit denselben sonst connex seyn, sollen bessern Berichts und Fürderung willen, deroselben Sachen gewesten Referenten ebenfalls geliefert und eingeschrieben werden.

§. 13.

Da aber der Referent und Correferent durch die Partheyen verkundschafft oder bekandt seyn würde, soll er durch den Præsidenten der Sachen aus diesen oder andern erheblichen Bedencken entladen, und dieselbe einem andern, auch hingegen dem vorigen Referenten gleich andere Acta ad referendum gegeben: keines wegs aber solche Veränderung ihnen den Referenten, da sie selbsten nicht Ursach darzu geben, verweißlich, oder an ihren Ehren und guter Existimation nachtheilig gemacht und verstanden: gegen einem Schuldigen aber deßwegen Erfahrung eingezogen werden. Und wollen Wir zu dem End Unserm Præsidenten und Räthen eingebunden haben, da sie entweder durch die Partheyen oder andere, daß der Sachen Referenten verkundschafft, oder sonsten ein Raths-Geheimnuß offenbahret, oder ausgesagt wären, vernehmen würden, daß sie solches in offenem Rath anmelden, darüber dann soll Unser Præsident genugsame Inquisition einziehen, und nach Erforderung der Sachen, was er deßwegen in Erfahrung gebracht, an Uns gelangen lassen, damit gegen den Schuldigen, ihrem Verdienen nach, ferner von Uns unnachläßig möge verfahren werden.

§. 14.

Es sollen auch so wol die Referenten, als Correferenten, die ihnen vertraute Sachen nicht obenhin, oder nur zum Theil, viel weniger dieselbe durch ihre, oder andere ihnen selbst fürgenommene Leut, oder Diener durchlesen, und Extract daraus machen lassen, folgends aus demselben referiren, und ihre Vota darnach richten, sondern ihren Pflichten und Eyden nach, alles Seite 62 selbsten gantz und mit solchem Fleiß lesen, daß sie einer jeden Parthey billiges Recht, und derselben Behelff getreulich und vollkommentlich zu referiren wissen, und so wenig von den andern Räthen, als künfftig von den Partheyen selbsten aus den Actis mögen überzeugt werden, daß sie einer Parthey etwas nothwendiges zu referiren vergessen, übersehen oder fürsetzlich ausgelassen haben, immassen dann Unser Reichs-Hof-Raths-Præsident auf diesen gantzen Articul vor andern sein fleißiges Aufmercken tragen, und da er einen oder mehr Referenten zugleich, oder absonderlich darwider gehandelt, befindet, dasselbe durchaus von keinem, wer der auch seye, gedulten, sondern solches des erstmals stracks in gesessenem Rath, aller Nothdurfft und Gebühr nach, verweisen, das anderemal aber ohne Mittel Uns selbsten um nothwendiges Einsehen berichten, und hierunter keines verschonen solle.

§. 15.

Die Consilia und Informationes Juris aber, so die Partheyen selbst ihnen stellen lassen, sollen nicht pro parte Actorum gehalten, noch in dem Rath referirt werden, dann mit Abhör- und Verlesung derselbigen, und dergleichen, wollen Wir unsern Reichs-Hof-Rath nicht beladen, sondern bey dem verbleiben lassen, daß sie durch jeder Sachen Referenten daheim ersehen, aber darauf mehr oder weiters nicht gegangen, als so viel solche den Haupt Actis, und darinn erwiesenem facto gemäß befunden auch anderer Gestalt nicht in votis angezogen werden.

§. 16.

Es sollen auch Unsere Räth, bevorab die Gelehrten, fürnemlich in hochwichtigen und weitläuffig disputirten Handlungen, unter dem man referirt, oder die Schrifften verliest, die principal-Puncten und Motiven derselben, zu besserer ihrer Gedächtniß, alsobald im Rath in ihr Memorial aufzeichnen, auf daß sie demselben desto besser nachgedencken, und ihre Meynung darauf eröffnen können.

§. 17.

Da auch ein Referent oder Correferent in denen ihme anvertrauten Sachen, die vorigen Acta oder andere denselben anhängige Schrifften ersehen müste, sollen ihme dieselben durch den Protonotarium zugestellt, und es so wol mit dem Empfang, als Wiederlieferung solcher massen gehalten werden, wie hieoben in diesem Titulo §. "Wann dann ein Rath etc." disponirt ist worden.

§. 18.

So bald nun ein Referent mit seiner Relation fertig, wie er dann nach Müglichkeit dieselbe zu befürdern schuldig, so solle er solches unserm Præsidenten anzeigen, deßgleichen solle auch der Correferent thun, damit gedachter Præsident alsdann mit Anbefehlung der Relation die Nothdurfft und obangeregte Ordnung bedencken, und an die Hand nehmen könne, es soll auch die Relation und Correlation nechst aufeinander folgen, und keine Interruption darinnen geschehen, die sich auch beede nemlich der Referent und Correferent in grossen, bevorab definitiv-Sachen mit ihrer schrifftlichen Relation und angehefftem Voto, es werde nun darauf geschlossen oder nicht, gefast halten, daß auf Unser oder Unsers Præsidenten Verordnen, sie solche also gleich von Handen geben, und dadurch ihren Fleiß und Aufrichtigkeit desto besser erweisen können; Es sollen auch die gantze Re- und Correlationes wohl verpetschiert jederzeit bey den Actis, oder sonsten wol verwahrt aufgehalten, und zugleich die concludirte und aufs Papier gebrachte Urtheil, nachdem sie dem ordentlichen Protocoll einverleibt, von dem Re- und Correferenten mit eigenen Händen unterschrieben werden: wann aber wider den Re- und Correferenten der Schluß per majora gehen würde, alsdann sollen auch die rationes decidendi zu Papier gebracht, und den Re- und Correlationibus beygelegt: so dann jede definitiv-Sach schrifftlich re- und correferirt werden.

§. 19.

Die Sachen aber, deren Relation einmahl angefangen, sollen von Unserm Præsidenten ohne Unsern ihme angezeigten special-Befelch nicht zuruck gestellt, noch andere darzwischen, vielweniger, zwo oder drey miteinander vorzunehmen, gestattet, sondern in allweg die Wir zuvorderist, wann nicht gleich in angefangener oder zimlich fortgeschrittener Relation ein grosser Mangel in Actis, oder daß nicht genugsam die Sach instruirt, und dahero weitere Communication gerichtlich geschehen müste, erlediget, und dann erst zu dem andern geschritten werden. Seite 63

TITVLVS V. Von Relation der Acten, wie darauf zu votiren, und alsdann vom Præsidenten der Schluß zu machen.

§. 1.

Wann dann auf erfolgten Befelch des Præsidenten ein Relation angefangen worden, soll der Referent mit solcher guter Ordnung darinn verfahren, welche, den Rechten und Reichs-Satzungen gemäß, dahin gerichtet seye, damit in geschlossenen Sachen das gantze Protocollum, wie alle Schrifften gerichtlich nacheinander eingeliefert, und von dem Referenten, ob die Procuratoria dem hieunten gesetzten Formular gemäß, eingerichtet, auch sonsten keine Nullität begangen worden seye, mit kurtzen Worten erinnert, darauf des gantzen processus factum, darumben gestritten, von den Referenten mündlich oder aber summariter vorgetragen werden: auch daß alsdann das strittige factum und species Actionis desto besser könne von den Räthen verstanden werden, solle gerad darauf Libellus des Klägers, auch wie er solchen mit Documentis oder Zeugen bewiesen, darauf wie der Beklagte gegen dem Libell hauptsächlich excipirt, geantwortet, solchen abgelainet, seine Gegen-Intention zu beweisen, und dahero des Klägers Action zu elidiren, sich unterstanden, referirt, die Documenta aber, auf welchen der Sachen Ausschlag hauptsächlich beruhet, bevorab, wann sie kurtz seyn, völlig: da sie aber wegen ihrer Länge durch die Referenten selbsten in allen substantialibus fleißigst, und aller Nothdurfft nach extrahirt, daß die völlige Abhörung solcher Documenten nicht nöthig, so sollen jedoch allezeit aus denselbigen die importirende clausulæ, und die rechte verba formalia (deren sich die Partheyen behelffen wollen, oder sonsten in judicando zu beobachten) aus dem Original oder vidimirter copia de verbo ad verbum langsam und wolverständlich abgelesen werden, und hierinn der an Unserm Kayserl. Cammer-Gericht gebräuchige modus referendi, bevorderist in Nachtracht und Investigirung der Action, observirt werden. Also es auch in Lehens-Strittigkeiten zu halten, jedoch daß in deren Relation vornehmlich die originales Investituræ und was für pacta darinn ausdrücklich begriffen, wol erwogen, und dann gegen Unsern klaren Lehen-Rechten den allegirten, aber nicht zu recht probirten Lehen-Gebräuchen, sonderlich in Unsern Kayserlichen Welschen Lehens-Fälligkeiten, nicht zuviel in relatione, noch decisione deferirt werden.

§. 2.

In den summarischen privilegirten Mandat-Processen sollen die Supplicationes neben Unsern darauf erkannten Mandaten, Exceptionen und Replic, jederzeit fleißig abgelesen, und auf keine Weitläuffigkeit der Schrifften, oder zu tripliciren die Partheyen nicht leicht veranlast werden.

§. 3.

Im Fall aber der Referent nur ein extrahirtes Memorial referirt, sollen die gebettene Puncta vornehmlich beobachtet, wann aber in einem noch nicht zu End vollführten Processu, die Partheyen per interlocutoriam zu weiterer Verfahrung in specie anzuweisen, da sollen diejenige Puncta, darüber vorhero ein Bescheid ergangen, nicht in relatione, noch votis weitläufftig recapitulirt, und die Zeit umsonst zugebracht werden.

§. 4.

Es solle auch aus Unsers Præsidenten Erlauben und Befragen im Referiren keiner dem andern vorgreiffen, oder einreden, sondern einer dem andern ruhig und fleißig hören, und ein jeder, warum er etwan den Referenten zu fragen, oder zu erinnern möchte haben, dasselbe vor sich schrifftlich aufzeichnen, Seite 64 und nach End der Relation, oder biß das Votum an ihne kommt, spahren.

§. 5.

Wo dann einer oder mehr von Unserm Kayserlichen Reichs-Hof-Rath, in Sachen nach geschehener Verlesung und Relation, um bessers Nachdenckens willen, dieselbe Schriften ihme nach Hauß auf eine kurtze Zeit zu vergönnen, sich besser darinn zu ersehen, oder, wo vonnöthen, darauf zu studiren begehren wurde, das solle ihnen Unser Præsident, nach Ermessung und Gelegenheit der Sachen, doch in alleweeg daß hierinnen kein unnöthiger Aufzug gesucht, sondern die Acta in zweyen, drey oder meistens vier Tägen wiederum in Rath gebracht werden, nicht abschlagen, und, da von solchem Rath alsdann etwas mehrers, wenigers, oder gar was anders, dann referirt, und doch in den Actis begriffen, auch zur Substanz gehörig, und bey der Decision in acht zu nehmen, noth wäre, befunden wurde, solches solle ein jeder bey seinen Pflichten nicht verschweigen, und nicht allein in seinem Voto anzeigen, sondern aus den Actis zeigen, und alsdann auch der gantze Reichs-Hof-Rath dasselbe in acht zu nehmen verpflichtet seyn.

§. 6.

Wo auch etliche aus Unsern Räthen, ob sie gleich die Ersehung der Acten nicht begehren, jedoch sonsten mit ihren Stimmen auf die beschehene Umfrag so bald nicht könten gefast seyn, sondern einen ungefährlichen Bedacht begehren würden, das solle ihnen sonderlich in wichtigen und zweiffelhafftigen Sachen auf die Maas wie obstehet, gleicher Gestalt durch Unsern Præsidenten zugelassen werden.

§. 7.

Dafern sich nun ein oder ander Theil, durch die am Kayserl. Hof gefällte Urtheil gravirt zu seyn, vermeynen, und dannenhero entweder per viam nullitatis, syndicatus, restitutionis in integrum, oder sonst einig ander im Recht zugelassenes Mittel; dadurch die Urtheil infirmirt werden könte, vor- und an Hand nehmen wollte, das solle ihm, vermög des Münsterischen Frieden-Schlusses Art. 5 §. 20 Vers. quoad processum etc. per viam supplicationis zu thun erlaubt seyn, und auf solchen Fall, der in jetztgedachtem Frieden-Schluß vorgeschriebene modus procedendi observirt werden, allda verordnet wird, damit den Partheyen am Kayserlichen Hof-Gericht das Remedium suspensivum nicht benommen werde, so solle an statt der, bey der Cammer üblichen Revision dem gravirten Theil erlaubt seyn, von dem im Hof-Gericht gefällten Urtheil an Uns zu suppliciren, damit die Gerichtliche Acta nochmals mit Zuziehung anderer, die der Sachen genugsam gewachsen und keiner Parthey zugethan, in gleicher Anzahl beederley Religions-Räthen, und welche bey Fällung des ersten Urtheils nicht gewesen, oder doch des Re- und Correferenten-Stell nicht vertretten, revidirt werden mögen, Uns auch bevorstehen, in wichtigen Sachen, und von welchen im Heiligen Römischen Reich ein Aufstand zu befahren, etliche beeder Religion, Chur- und Fürsten mit ihrem Gutachten und Meynungen zu vernehmen. Seite 65

§. 8.

Demnach dann in diesem Unsern Raths-Mittel zwischen den Fürsten, Grafen, Herrn- und Ritter-Stands-Personen, und andern, so als Gelehrte dienen (inmassen hieoben in dem ersten Titul dieser Raths-Ordnung §. Die Seßion der Reichs-Hof-Räthe belangend etc. disponirt worden) von alten Zeiten hero, ein Unterschied gehalten, und dieselben auf zwo Bänck abgetheilet worden, so solle gleichwol Unser Præsident dieses Aufsehen haben, daß in Sachen die Justitiam betreffend, mit Frag, der ersten Stimmen an den Gelehrten aber in Staats- Lands- und dergleichen Sachen, an den andern angefangen werde, jedoch solle Unser Præsident in demselben, nach Gestalt und Gelegenheit der Sachen, Lands-Art, und voriger Relation nicht gefährt werden, sondern vielmehr ihme bevorstehen und gebühren, nicht nur nach Gelegenheit der unterschiedenen Bänck und Ständ, sondern jezuweilen, wann es der Sachen Beschaffenheit erfordern will, ohne Bedencken diejenige Räth nacheinander zu fragen, die vermuthlich um die Gelegenheit, Natur und vorige Relation der Sachen, mehr wissens haben, damit sich die anderen um so viel mehr in ihren Rathschlägen darein finden könten.

§. 9.

Unser Præsident solle auch daran seyn, daß ein jeder aus Unsern Räthen seine Stimme anders nicht, dann in seiner Ordnung und auf vorgehende Frag, sein des Præsidenten, gebe, einen andern in votiren nicht fürgreiffe, noch in die Red falle, gestalt dann auch gedachter Unser Præsident keinesweegs gestatten solle, daß einer von Unsern Räthen sein Votum anderst, dann den Gerichtlichen Acten und Documenten zufolg, nach den Reichs-Constitutionibus und gemeinen Rechten, formire, darzu auf vernünfftige und genugsam erhebliche Ursachen fundire, auf daß nicht unbedächtliche majora, oder andere Inconvenientien durch eigensinnige Vota verursacht werden.

§. 10.

Jedoch da einer vermercken wurde, daß seine zuvor gegebene Stimme von den andern nicht recht verstanden worden, und sich derselben erklären oder wo er aus deren Ursachen, so durch die nachstimmende Räthe angezeigt, seine vorige Meynung ändern, verbessern, oder sonst was erhebliches seinem Voto beysetzen wollte, das solle ihme mit kurtzen Worten, nach gehaltener Umfrag zu thun, unbenommen seyn, und von Unserm Præsidenten auf geschehene Anzeig erlaubt werden.

§. 11.

Welcher aber sonsten nichts neues oder erhebliches auf erfolgte Umfrag, über oder wider des Referenten, oder andere Räthe vor ihme gegebene Vota vorzubringen hätte, der soll mit gebührender Kürtze anzeigen, welches vorstimmenden Meynung er ihme gefallen lasse, aber desselben Votum unnothwendiger Weiß weitläufftig nicht erholen, oder da er je ein Bedencken darinnen anzumelden hätte, seine Verbesserung, nemlich auf was Grund der Rechten oder andern Motiven er darzu bewegt werde, kürtzlich vermelden.

§. 12.

Wo auch die Nothdurfft einer Sachen erfordert, oder ihne Unsern Reichs-Hof-Raths-Præsidenten es sonsten für gut ansehen würde, mag er über eine Sachen, oder auch nur wol über einen Principal-Puncten derselben zum zweytenmal umfragen, in dem sich die Räthe in ihren Votis auch der Kürtze befleissen, unnothwendiger Weise nichts erholen, sondern wann einer aus denselbigen, bey seiner vorigen Meynung durchaus zu verbleiben gesinnet, solches mit wenig Worten vermelden solle.

§. 13.

Wann Wir in Unser und des Reichs Hochwichtigen Geschäfften, in nothwendiger Eil einen Rath verschicken, alsdann soll derselbige den Tag vor seiner Abreise sein schrifftlich versiegelte Meynung über die referirte Sachen dem Præsidenten, alle Acta aber in den Reichs-Hof-Rath, und der Secretarius selbige darauf dem Registratori lieferen, und soll Unser Præsident alsdann, wann das Votum an den Abwesenden gelangt, das versiegelte Schreiben eröffnen und offentlich ablesen lassen.

§. 14.

Ob dann wol einem jedwedern Rath gebührt und obliegt, seine Stimm frey und nach seinem besten Wissen zu eröffnen, so sollen sich doch Unsere Reichs-Hof-Räthe aller unziemlicher Singularität gäntzlich Seite 66 entäussern, und da einer oder mehr sich derselben vorsetzlich und gefährlich, ober aber solcher Opinionen, die keinen Grund haben, annehmen, und darinnen eigensinnig öffter beharren wollte (dessen Wir Uns doch gar nicht versehen) so solle Unser Præsident demselben solches untersagen, denjenigen aber, so sich daran nicht kehren wollte, Uns nahmhafft machen, die Nothdurfft dargegen vorzunehmen.

§. 15.

Wann dann nach beschehener ersten und andern Umfrag die Räthe alle vernünfftig und wolbedächtig votirt haben, so solle alsdann Unser Reichs-Hof-Raths-Præsident, nachdeme, was die mehrere Stimmen Unserer Reichs-Hof-Räthe geben, beschliessen, und derselben mehrere Stimmen billig den Fürgang haben.

§. 16.

Da auch unterschiedliche Vota in der Anzahl gleich wären, so solle Unser Præsident einem Theil mit seiner Stimme Beyfall thun, und alsdann auf dasselbig, als das mehrere, schliessen.

§. 17.

Den Schluß aber, er sey einheilig per majora, oder durch seinen Beyfall richtig geschehen, solle Unser Præsident, oder sein Amts-Verweser, oder auf dessen Befelch der Referent in allen Haupt- und vornehmsten Puncten verständiglich selbst dem Secretario offentlich im Rath in die Feder und zum Protocoll geben, und wann es ein hochwichtige Sach betrifft, solle darauf der Secretarius den also schrifftlich ausgezeichneten Schluß, damit die Räthe, so selbiger Meynung obverstandener massen in ihren Votis gewest, im Fall sie darbey noch etwas zu erinnern, solches thun können, wiederum verlesen.

§. 18.

Wo aber die Stimmen in ziemlicher Anzahl zertheilt und Unser Præsident vermercken würde, daß beeder Theil Meynung mit stattlichen, grundfesten Ursachen bestärcket, oder da in Unserm Reichs-Hof-Rath Sachen vorkommen werden, darinnen Unsere Reichs-Hof-Räth sich nicht vergleichen möchten; dahero wegen ihrer Hochwichtigkeit deren Erledigung bey Uns vonnöthen, so solle Unser Reichs-Hof-Raths-Præsident ausserhalb Unserm Vorwissen nichts endliches schliessen, sondern nachdem selbige Sach zuvorderist am fleißigsten erwogen, beyder Theil schrifftliche Meynungen kürtzlich dem Secretario in die Feder und zum Protocoll gegeben werden, und alsdann dem Referenten ein schrifftliches Gutachten mit allen umständlichen und wichtigen Bedencken aufzusetzen, dem Correferenten aber andern Theils Meynung gleichfalls in ein anders Gutachten zu bringen, anordnen.

§. 19.

Was auch einmal in gemeldtem Unserm Reichs-Hof-Rath in contradictorio iudicio cum causæ cognitione, und mit Unserm Vorwissen ordentlicher Weise gehandelt und beschlossen ist, darbey soll es allerdings verbleiben, und von niemand anders von neuem in Cognition gezogen, noch dessen Execution gehindert werden.

§. 20.

Und demnach es sich dann zum öfftern in dergleichen zerspalteten zweyer Theil Meynungen begiebt, daß in formir- und schrifftlicher Begreiffung des facti mit seinen Umständen die Räthe sich nicht vergleichen können, so solle Unser Præsident allen sorgfältigen Fleiß, damit der Referent und Correferent in selbigen sich vereinigen, anwenden und auf sothanen verglichenen Fall alsobald im Rath das beschriebene factum ablesen lassen, dafern aber der Referent und Correferent in facto sich nicht vergleichen, solle in gesamten Reichs-Hof-Rath ex actis die facti species genommen und die Relation, wie oben angedeut, mit Gutachten an Uns gebracht werden; so wollen Wir darauf Unserem Reichs-Hof-Raths-Præsidenten, und wie Wir es nach Gelegenheit der Sachen vonnöthen befunden, auch den Referenten und Correferenten neben etlichen derjenigen Reichs-Hof-Räthen, so der unverglichenen Meynungen absonderlich Seite 67 beweglichen Bedenckens gewesen, vor Uns erfordern, der Sachen Nothdurfft und Umstände anhören, dieselbe folgends erledigen oder nach Unserm Willen und Gefallen, in andere Weeg der Gebühr nach zu geschehen befehlen.

§. 21.

Und was Wir Uns dann darauf jedesmals entschliessen, das solle durch den Secretarium schrifftlich begriffen, Unserm Reichs-Hof-Raths-Præsidenten unverzüglich zugestellt und durch denselbigen Unsern Reichs-Hof-Rath zu dessen Nachrichtung der Inhalt angezeigt, oder durch den Secretarium abgelesen, und alsdann solches, gleichwie andere Bescheid, dem Protocoll einverleibt werden.

§. 22.

Da über den Verstand der Reichs-Constitutionen und Abschied Zweiffel vorfallen oder in Erkäntnuß über Geist- und weltliche Sachen, so zwischen obbesagten Theilen schweben, aus Gleichheit beyderley Religions-Assessoren, nachdem selbige in vollem Rath, jedoch von beederseits gleicher Anzahl Richtern erwogen worden, ungleiche Meynungen entstünden; also daß die Catholische auf eine Seiten, die Augspurgische Confeßions-Verwandte auf die andere schlügen, so solle solches auf einen allgemeinen Reichs-Tag verwiesen werden, falls aber zwey oder mehr Catholische mit einem oder andern Augspurgischen Confeßions-Verwandten Assessorn eine, und hingegen die übrige in gleicher Anzahl, obschon nicht einer Religion, ein andere Meynung fassen würden, und dannenhero Zwiespalt entstunde, auf diesen Fall solle die Sach der Cammer-Gerichts-Ordnung nach, erledigt werden, und fernere Verweisungen auf einen Reichs-Tag, keine statt haben, und dieses alles solle in Sachen der Ständ (die unmittelbare freye Ritterschaft mit eingeschlossen), sie seyen Actores oder Rei oder Intervenienten, beobachtet werden; da aber unter den mittelbahren Ständen entweder der Kläger, oder der Beklagte, oder ein dritter Intervenient der Augspurgischen Confession zugethan ist, und gleiche Zahl der Richter aus beyderseits Religions-Assessoren begehren wird, sollen solche Gleiche auch gesetzt werden, da aber die Meynung deren gleich fallen sollte, so solle die Verweisung auf einen Reichs-Tag cessiren, und der Streit der Cammer-Gerichts-Ordnung nach entschieden werden.

§. 23.

Und damit um so viel desto besser im Gedächtnuß behalten werde, was jederzeit und in weß Gegenwärtigkeit gerathschlaget und geschlossen worden, so wollen Wir, daß Unsere Secretarien jeder ein eigen Buch zu Verzeichnuß solcher Rathschläg allezeit bey ihm im Rath habe, den Tag, Monat, und Jahr-Zahl, darnach den Præsidenten, Referenten und andere Reichs-Hof-Räthe, so darbey seyn, alle mit Nahmen fleißig darein verzeichne, und darnach die Rathschläge und Schlüsse, so dieselbige Raths-Zeit beschehen, ordentlich nacheinander setze, folgends bestandiglich in das gemeine Reichs-Hof-Raths-Protocoll einverleibe.

§. 24.

Es sollen auch Unsere Reichs-Hof-Räthe nicht allein bey der Stelle, sondern auch ausser dem Rath, und an allen Orthen sich ihrer geschwornen Raths-Verschwiegenheit allezeit fleißig erinnern, und darwider nicht handlen, auch deßwegen nicht allein die Vota und Rathschlüß, sondern auch alle Sachen, so ihnen anbefohlen, und derselben Acten und Schrifften vor männiglich, insonderheit der Partheyen und der Agenten, auch von ihren selbst-eigenen Dienern und Seite 68 Haußgenossen, geheim und verborgen halten, ihnen die Acta mit nichten vorlegen, oder in die Hand kommen lassen, noch in deren Beyseyn so viel davon reden, daraus im geheim zu vernehmen, oder was einer Parthey mag zu Schaden kommen; viel weniger sollen Unsere Reichs-Hof-Räthe, einigerley Partheyen Gesandte, Abgeordnete, Procuratores, Advocaten, Sollicitatores oder Diener, in ihre Wohnungen und Kosten nehmen, auf daß sie von dem Gegentheil und männiglichen desto weniger in Argwohn und Verdacht genommen, oder diesem Unserm höchsten Gericht und Tribunali übel nachgeredt werden möchte.

§. 25.

In Summa, es sollen Unsere Reichs-Hof-Räthe, in allen Reichs-Hof-Raths-Sachen, und was demselben billig zugehörig und anhängig ist, allezeit ihren zu der heiligen Justitien leiblich geschwornen Ayd, und dessen Verantwortung am jüngsten Tag wohl in acht behalten, und darwider von keinerley Ursachen wegen, wissentlich nichts handlen, sich auch sonsten in ihren Wandel, und in andere Weeg inner und ausser des Raths zu ihrem des gantzen Mittels gebürlichen Ansehen, ihres Ambts, Würden und Ehren, und aller Bescheidenheit, Zucht und Erbarkeit befleissen, auch deßwegen in allweeg verhüten, daß sie selbsten mit Schmach, und andern hitzigen Worten und Einreden, in der Raths-Versammlung sich gegen einander nicht einlassen, sondern vielmehr sich einer gerechten Einigkeit gegen einander befleissen, darauf auch Unser Præsident ein wachendes Aug halten, und sich gegen den Uberfahrern, seines Ambts Gebühr gebrauchen, und da vonnöthen, solches gar an Uns gelangen lassen solle.

TITVLVS SEXTVS. Von Ausfertigung Unserer Kayserlichen Ladungen, Mandaten, Rescripten, auch Publicirung Gerichtlicher Urtheil und gemeiner Bescheiden.

§. 1.

Was Sachen dann in ermeldtem Unserm Reichs-Hof-Rath, auch Unserer Erledigung, wie obstehet, beschlossen, darauf Ladungen, Mandata, Urtheil, gemeine Bescheid oder Rescripta zu verfertigen, solche sollen Unsere Secretarii in derjenigen, Teutschen oder Lateinischen Expedition es gehöret, mit höchstem Fleiß verständiglich aufsetzen, und alsdann das Concept dem Referenten, oder demjenigen Gelehrten, welchen Unser Præsident, hierzu deputiren wird, vorhero zu verlesen zustellen.

§. 2.

Wann es aber hochwichtige Sachen belangt, sollen die von dem Referenten oder Secretariis verfaste Haupt-Urtheil, Mandata und Resolutiones in Unserm Reichs-Hof-Rath in pleno jederzeit abgelesen, und per majora approbirt, und alsdann des Referenten Nahme und der Tag, wann es in pleno abgelesen, und approbirt, darauf verzeichnet werden.

§. 3.

So dann solches vorgangen, solle hernacher demselben Concept von niemand, wer der auch sey, mit einigem Wort, ichtwas zu- oder davon gesetzt, oder andere Wort, dann welche in Unserm Reichs-Hof-Rath abgelesen und ratificirt, (es wäre dann von Uns folgends in deren Abhörung ein anders selbst verordnet,) gebraucht, und in Unserer Reichs-Hof-Cantzley unverzüglich ingrossirt werden.

§. 4.

Damit die Stände des Reichs, auch gemeine Partheyen, wegen Unser Cantzley-Unkosten sich nicht zu beklagen haben, so sollen, wann pleni processus appellationis erkennt worden, die Citationes nicht absonderlich ausgefertiget, sondern mit und neben deren Inhibition und Compulsorialibus alles in ein Instrument gebracht werden.

§. 5.

Diejenige End-Urtheil, welche auf Gerichtlich referirte Processen zwischen Ständen des Reichs, obgehörter massen geschlossen und verfasset, sollen zu End der Session in Unserm Reichs-Hof-Rath von dem Secretario verlesen, gleicher Gestalt die Lehens-Eyd und andere auferlegte Juramenta Judicialia, zu End des Raths, offentlich abgelegt, und erstattet werden.

§. 6.

Damit auch Unser Reichs-Hof-Fiscal mit seinen Processen einen Stand des Reichs, oder ander gemeine Parthey, ohne genugsam rechtliches Fundament und Ursachen nicht vornehme, so solle Unser Præsident mit Unserm Wissen, aus Unseren Seite 69 Reichs-Hof-Räthen zween deputiren und obgemeldter Fiscal, ehe und bevor er einige Schrifft übergiebt, sich deren Raths und Bescheids in allen Sachen erholen, dieselbe Räthe aber sich in solchen Sachen, wann sie vorkommen, des Votirens allerdings enthalten.

§. 7.

Die gemeine und geringe Bescheid aber sollen von dem Secretario aus dem Reichs-Hof-Raths-Protocollo, nach Inhalt jedeswedern, in die Feder gegeben, und in das Protocoll aufgezeichneten Schluß geschrieben, und den Partheyen, oder deren Gewalthaberen ausgeliefert: und auf den Original-suppliciren, neben dem Tag der geschehenen Auslieferung verzeichnet, und so wol alle obgemeldte approbirte Concepta oder Processen, Mandaten und Rescripten, als publicirter Urtheil, und Memorialien, darauf der gemeine Bescheid signirt, dem Protonotario, damit er solche den Actis beylege und numerire, auch die Referenten jederzeit deren richtige Nachricht ersehen, und finden können, und wann solches in jedwedern Actis vollzogen, dem Registratori zugestellet, und aller Orten in obgemeldtem Buch aufgeschrieben werden.

§. 8.

So bald nun die verfaste Bescheid oder Urtheil verlesen, und dem Protocoll einverleibt worden, sollen Unsere Secretarien in acht: oder da die Sachen wichtig wären, in vierzehen Tagen dieselbe zu expediren, und den Partheyen die Expedition, ohne einige andere Erkantnuß oder Geschenck, als was die Tax-Ordnung mit sich bringt, abfolgen zu lassen schuldig seyn.

§. 9.

Wofern aber einer Parthey die Ausfertigung ihres Urtheils, nachdem solches gehörter massen offentlich verlesen worden, noch etliche Täg, da Wir Unsere Kayserl. Hof-Statt beständig halten, verschoben würde, so mag solches die Parthey oder derer Gewalthaber Unserem Reichs-Hof-Raths-Præsidenten anzeigen, welcher alsdann solchen Verzug Unserm Reichs-Vice-Cantzler für sich selbsten durch den Raths- oder seine eigene Diener, oder durch die Partheyen um die gebührliche Ausfertigung erinnern lassen, sintemalen Wir dißfalls keinen Verzug, der nicht aus rechtmäßigen Ursachen herfliesset, leyden noch gestatten wollen.

§. 10.

Ein jedwede Parthey soll, schuldig seyn, ihre Producta in duplo zu übergeben, und solchem nach, das eine zu den Actis geleget, das andere aber der Gegen-Parthey eingehändiget, und in Verbleibung dessen solches Product bey der Inrotulation pro parte Actorum nicht gehalten werden. Damit auch beede Product correct und gleichlautend seyen, und da sie erst nach beschehener Exhibition in der Registratur collationirt werden müssen, solches dem Registratori nicht beschwehr- oder verhinderlich, den Partheyen aber zu kostbar falle: So sollen die Agenten und Procuratores bey Vermeydung unausbleibender Straff, dergleichen Producta zuvor alles Fleisses revidiren, die befindende Errores corrigiren, und alsdann erst solche Schrifften gehöriger Orten überreichen.

§. 11.

Wann auch in Unserm Reichs-Hof-Rath Rescripta, in welchen der Parthey Memorialia, schrifftliche libellirte Klagen, oder deren extrahirte Narrata einverleibt, gegen den Beklagten zu dem End, damit er innerhalb darinn bestimmten Frist seine schrifftliche Nothdurfft einbringen, oder den Kläger klagloß stellen solle, anbefohlen worden, so mag der Kläger nach geschehener richtiger Insinuation, welche zuforderist der Gebühr glaubhafftig zu bescheinen, und nach verflossenen angesetzten Termin, auf des Beklagten Ungehorsam zuforderist klagen, wo aber etwas von erwehntes Beklagten Procuratore, eingeliefert, und der Kläger nach geschehener Communication in puncto Jurisdictionis & meritis, wie es sich zu Recht gebührt, solches genugsam abgelaint haben: und darauf um gerichtlichen Bescheid anhalten wird, soll ihm, dafern die Beklagte darüber weiter nicht zu hören, keines weegs solches abgeschlagen: sondern es damit, wie in causis Citationum & earum processu gehalten werden; Im Fall aber von einer Parthey auf seine gegen einem Reichs-Stand eingeführte Klag um Unser Kayserl. ernstliches Rescript, und die Jurisdictio genugsam fundirt, auch das factum dermassen beschaffen, daß der Process vermög der Cammer-Gerichts-Ordnung a mandato & praecepto angefangen werden kan, gebetten wird, so sollen vermög der Reichs-Satzungen jederzeit gerichtliche Mandata, oder nach Seite 70 Umständ der Sachen und Personen, in Fällen, die in der Cammer-Gerichts-Ordnung, und andern Reichs-Constitutionibus fundirt seynd, Rescripta, und darauf die Parition erkennt und ausgefertiget werden.

§. 12.

So sollen auch die Secretarii und andere Cantzley-Personen in Sachen, so die Raths-Handlung angehen, Unserm Præsidenten und Reichs-Hof-Räthen, jedoch unbenommen des Gehorsams und Aufsehens, damit sie Unserm Reichs- Ertz- und Vice-Cantzlern verpflichtet, mit aller gebührlicher Folg und Ehrerbietung observiren.

§. 13.

Und gleichwie Wir hieoben Unsern Reichs-Hof-Räthen die Partheyligkeit eingestellt, und dargegen die Verschwiegenheit als animam consiliorum gebotten haben, also sollen auch die Secretarien, wie nicht weniger der Reichs-Hof-Raths-Protonotarius alle Acta, deßgleichen der Referent die Vota, die Rath-Schlüß, die Gutachten, und in Summa alle andere des Reichs-Hof-Raths, und der Cantzley Geheimnussen an allen Orten und Enden verschwiegen halten, keiner Parthey, oder deren Gewalthabern weder heim- noch offentlich ungebührlich anhangen, viel weniger sich zu ihren Sollicitatoren bestellen, oder durch einigerley Mittel bewegen lassen, etwas, so verbotten, und geheim, schrifft- oder mündlich entdecken, noch communiciren, sich auch deßwegen so wenig als die Räthe mit den Partheyen, Agenten, Advocaten, Procuratoren, oder Sollicitatoren zu gemein und vertraut machen, weniger in ihre Häuser nehmen, sondern dißfalls ihren Ayd, den sie GOTT und Uns also theuer geschworen, und die darauf gesetzte Straff allezeit wohl bedencken, und wider denselben nicht handlen.

TITVLVS SEPTIMUS. Von Aufnehmung der Advocaten, Procuratorn, und Agenten, auch von deren Amt und Gebühr.

§. 1.

Wir setzen, ordnen und wollen, auch ist Unser gnädigster ernst- und endlicher Befelch, daß nun fürterhin alle und jede, so nicht in ihren eigenen, sondern anderer Herrschafften, Communen, oder sonderbahrer Personen Sachen und Geschäfften an- und vor Unserm Kayserl. Reichs-Hof-Rath advociren oder procuriren, und vor Unserer Reichs-Cantzley sollicitiren wollen, ehender vor Procuratores und Agenten (deren Anzahl sich doch über 24. biß 30. nicht zu erstrecken hat) nicht angenommen, noch admittirt werden sollen, sie haben sich dann vorhero bey Unserm Reichs-Hof-Raths-Præsidenten und Reichs-Vice-Cantzlern gebührlich deßwegen angemeldet, und darauf von zweyen Reichs-Hof-Räthen (so Unser Præsident hierzu deputiren solle) ordentlich über ihre Geburt, Heimat, ehrlichen Verhaltnuß, und wo sie studirt und practicirt, examinirt worden, auch deßwegen von glaubwürdigen bekannten Personen oder Communen Zeugnuß vorgezeigt, und der gemeinen Rechten, Reichs-Satzungen, Ordnungen, Gebräuchen, und darzu gehörigen Praxi also erfahren, wie es die Wichtigkeit der Geschäfften, so bey dem Reichs-Hof-Rath täglich vorkommen, erfordert.

§. 2.

Nach solchen verrichteten Examine sollen die deputirte Räthe ihre Relation und Gutachten, ob sie denjenigen, so examiniret, vor genugsam und sufficient befunden, Seite 71 Unserm Præsidenten in Gegenwart der sämtlichen Räthe zu End der Raths-Seßion, anzeigen, und wann obbemeldte beede Deputirte, denselben zuzulassen, qualificirt zu seyn erachten, alsdann soll der Præsident dem Secretario das Juramentum in folgender Raths-Seßion dem aufgenommenen vorzulesen, auch zugleich solches dem Reichs-Vice-Cantzlern, damit, im Fall er erhebliches Bedencken dargegen hätte, alsbald vorhero eröffnen könne, anzuzeigen anbefehlen.

§. 3.

Nach abgelegtem Ayd, soll in dem Reichs-Hof-Rath, wie auch der Reichs-Cantzley in ein besonders Buch des aufgenommenen Namen, Zunahmen und Haimat verzeichnet und geschrieben werden.

§. 4.

Und sollen sich die bey Unserm Kayserl. Reichs-Hof-Rath also aufgenommene bestättigt- und beaydigte ordinarii Procuratores und Agenten, zuvorderist gegen Uns als Römischen Kayser allerunterthänigsten Gehorsams, und dann gegen Unserm Reichs-Hof-Raths-Præsidenten, Reichs-Vice-Cantzlern, Räthen, Secretarien und Cantzley-Angehörigen, und jedes Stands Gebühr, aller Reverenz, Observanz und Ehrerbietung, insonderheit aber in allen ihren Schreiben, Reden, Thun oder Lassen, aller Bescheidenheit, Redlich- und Erbarkeit befleissen, und in allem, ihrem Amt gemäß, gelaisten Pflichten, auch dieser Unserer jetziger, wie nicht weniger allen künfftigen Verordnungen fleißig nachkommen.

§. 5.

Wir haben Uns aber hierbey aus gewissen erheblichen Ursachen reservirt und vorbehalten, daß aus Unsern Erb-Königreich und Landen keiner zum Procuratorn und Sollicitatorn bey Unserm Kayserl. Reichs-Hof-Rath soll zugelassen und aufgenommen werden, er habe dann von Uns absonderliche gnädigst-schrifftliche Erlaubnuß erlangt und vorgebracht; auch sollen alle angenommene Procuratores und Agenten bey keinem andern Tribunal in Unsern Erb-Königreich und Landen, ausser bey Unserm Kayserl. Hof-Marschalch-Amt allein in denen Sachen, in welchen die Revision an Unsern Reichs-Hof-Rath gestattet wird, einige Sachen advocando vel procurando zu führen, und zu sollicitiren befugt seyn, auch Unserm Kayserl. Hof je und allzeit, welcher Orten derselbe gehalten, und Unser Reichs-Hof-Rath sich darbey befinden wird, nachfolgen, und ohne Erlaubnuß und Substitution eines andern von dannen nicht abscheiden.

§. 6.

Weiters sollen ermeldte Procuratores, Agenten und Sollicitatores sich in ihren Schrifften aller Weitläufftigkeit und Verlänger- auch Verhinderung der Sachen, deßgleichen auch ungebührlicher hitziger Schmach-Schrifften gäntzlich enthalten, da auch dergleichen ihnen von ihren Principalen zugeschickt wurden, ihren Principalen solche zuruck senden.

§. 7.

Es solle auch hinfüro kein Supplication-Schreiben, Schrifft oder anders, wie das Namen haben mag, übergeben, noch auf- und angenommen werden, sie sey dann entweder von denen anwesenden Partheyen selbst, oder von deren Procuratores und Agenten, so dessen genugsamen Gewalt zuvorderist beygelegt, oder derentwegen, vermög Rechtens, genugsam cavirt haben, eigener Hand unterschrieben.

§. 8.

Gleicher Gestalt soll beym Reichs-Hof-Rath und Cantzley von eines andern wegen zu procuriren, sollicitiren, oder in andere Weiß noch Weg vor einem Anwaldt sich zu gebrauchen, niemands verhängt noch verstattet werden, er sey dann, wie obgedacht, aufgenommen, und zuvorderist eine general- und special-Vollmacht, so zu solcher intendirender Klag oder Action genugsam, übergeben, und in einer jeden Sachen, darinnen er sich solcher Anwaldschafft, oder Agirens gebrauchen will, beglaubter Form originaliter oder in vidimirter Copey exhibirt, und ad acta registriren lassen.

§. 9.

Da auch ein Churfürst, Fürst oder Stand des Reichs ihren eigenen Advocaten, Procuratorn oder Agenten, zu Gerichtlicher Ein- und Ausführung seiner rechtlichen Processen an Unserm Kayserl. Reichs-Hof-Rath halten, und gebrauchen wolte, das solle auch zugelassen werden, jedoch, daß auf solchen Fall selbiger sich auch zu dieser Unser Ordnung, ausserhalb des examinis, qualificire, und deroselben, wie andere sich in allen gemäß verhalte, auch nicht wieder verreise, er habe dann einen andern Procuratorn ad acta judicialia substituirt, und genugsam gevollmächtiget.

§. 10.

Es solle auch ein solcher Rath alsdann sich anderer Sachen, die seinen Herrn nicht concerniren, anzunehmen, und in einige Neben-Advocatur, oder Sollicitatur einzulassen nicht befugt seyn; es wäre dann Sach, daß auf einen Special Gewalt eines andern Churfürsten oder Stands sein Principal solches gutwillig zulassen, oder ihme auftragen und befehlen wolte, und sollen der Stände Advocaten, Procuratores und Agenten, sie seyn Catholisch, oder der Augspurgischen Confeßion zugethan, wegen der Religion nicht angefochten werden. Seite 72

§. 11.

So sollen auch alle Procuratores, Sollicitatores und Agenten sich alles ungeziemenden Practicirens mit Erkundschafftung der Referenten, Votorum, und was dergleichen des Raths Geheimnussen seyn, darzu widerrechtliche Gewinnung der Räthen Privat-Gunst, oder Favor zu einer oder andern Parthey und Sachen ungebührenden Vortheil, wie das immer durch Gab, Verheissungen, oder in alle andere Weeg durch Menschen-Sinn erdacht werden könte, allerdings müßig gehen und sich enthalten, darzu auch weder Anlaß, Hülff, Rath und That geben, in keinerley Weiß noch Weeg.

§. 12.

Da sie auch einige Geheimnuß der Personen, oder Sachen anderwerts erführen, so sollen sie solches nicht weiter bringen, sondern vor männiglich, insonderheit aber denen Partheyen, so es berührt, verschweigen, und verborgen halten, den Agenten und Procuratoribus auch soll gebotten seyn, sich aller verdächtigen unzuläßigen Correspondenzen zu enthalten.

§. 13.

Ferner sollen die Procuratores und Agenten, als auch die Partheyen selbst erinnert seyn, die Præsident und Räthe mit langen Informationibus, dadurch ihnen allein die Zeit benommen wird, (weil man auf solche Informationes in judicando doch nicht fussen soll oder kan) nicht aufzuhalten, noch unter solchem Schein, die Secreta Consilii zu erforschen, sich anmassen, wollen sie aber neben kurtzer Recommendation ihrer Sachen je einen Rath informiren, mögen sie solches schrifftlich thun, doch sollen solche schrifftliche Memorialia und Informationes von demselbigen Rath bey dem Judiciren weiter nicht, als sie mit den Judicialiter übergebenen Actis übereinstimmen, in acht genommen werden.

§. 14.

So soll bey unnachläßiger Straff allen Partheyen, Agenten und Procuratoribus, verbotten seyn, in die Cantzley zu gehen, in den Registraturen, Schreib-Stuben, oder andern Orten der Cantzley sich finden zu lassen, oder mit den Cantzley-Personen verdächtige Correspondenzen, ihren Pflichten zuwider zu haben, sondern die sollen ihren Bescheid und Expeditiones an Ort und End, da sich geziemt, nach vollendtem Rath, oder bey den Secretariis in ihren Behausungen suchen.

§. 15.

Und damit auch die Partheyen eigentlich wissen mögen, was für Expensen und Unkosten sie auf ihre Rechts-Sachen wenden müssen, oder würcklich gewendet haben: So soll ein jedweder Procurator oder Agent allezeit vor Eröffnung der Urtheil eine so wohl von ihme, als der Parthey selbst unterschriebene designationem expensarum zum Reichs-Hof-Rath überliefern, damit man sich in Erkantnuß der Urtheil und sonsten darnach zu richten.

§. 16.

Wo aber unter den Procuratorn, und Agenten einer, oder mehr ihrem geleisten Ayd, auch dieser Unserer Kayserl. Ordnung ichtwas zuwider sich unterstehen, oder vornehmen, oder ihren Principalen und Partheyen zu Nachtheil fahrläßig und unfleißig seyn, deroselben Handel und Sachen fürsetzlicher Weiß aufziehen, oder nicht gebührend fürdern, in vergebliche Kosten, oder sonsten in Schaden und Nachtheil führen, und in Summa, ihrem Amt und Beruff in wenig, oder viel zuwider handlen, thun oder lassen wurden; So sollen Unsere Præsident und Reichs-Hof-Räthe auf geschehenes Anklagen, oder da es sonst Unser Præsident in- oder ausser Raths erfahren wurde, das Verbrechen ordentlich vor den Reichs-Hof-Rath bringen, berathschlagen, und dargegen gebührend ernstes Einsehen haben, und nach Gestalt der Ubertrettung mit Verweiß, Geld-Straff, oder auch wohl Abschaff- und Verbietung ihrer Function, oder anderer gehöriger Straff wider selbige unnachläßig verfahren, und ingemein alles das, was zu Handhabung des Reichs-Hof-Raths gebührenden Ansehens und Respects, auch zu Pflantz- und Fürderung der heilsamen Justiz fürträglich, dienstlich und nothwendig ist, unnachläßig fürnehmen, befürdern und vollziehen.

§. 17.

Im Fall auch das Verbrechen dermassen bewandt wäre, das Unser Præsident vorhero es in pleno vorzubringen, Unser gemessene Verordnung einzuholen, nöthig erachten werde, so solte er von Uns, mit welchen Räthen solches zu berathschlagen, und Uns alsdann mit Gutachten gehorsamst zu berichten, darüber bescheiden werden.

§. 18.

Und hierauf so befehlen Wir allen und jeden an Unserm Kayserl. Hof jetzt gegenwärtigen und künfftigen Advocaten, Procuratorn, Agenten und Sollicitatorn, wie die Namen haben, hiemit ernst- und endlich, daß sie diese obbegriffene Ordnung nun hinfüro in fleißiger Obacht halten, derselben alles ihres Innhalts biß auf Unser weitere Verordnung (welche Wir Uns dann in allweg vorbehalten haben wollen) fleißig und würcklich geleben und nachkommen, so lieb ihnen allen und einem jeden insonderheit ist Unser Kayserl. Ungnad, und nach Gestalt des Verbrechens gebührende unnachläßliche Straff zu vermeiden. [Seite: ]

§. 19. JURAMENTUM Advocatorum & Procuratorum.

Ihr sollet der Röm. Kayserl. Majest. geloben, und einen Ayd zu GOtt und auf das Heil. Evangelium schwöhren, daß ihr die Partheyen, deren Sachen zu handlen ihr annehmet, in denselben Sachen mit gantz und rechten Treuen meynen, und solche Sachen nach eurem Besten verstehen, der Parthey zu gut mit Fleiß handlen, und darinnen wissentlich keinerley Falsch oder Unrecht gebrauchen, noch gefährliche Aufschub und Dilation zu Verlängerung der Sachen suchen, und dessen die Parthey zu thun, oder zu suchen nicht unterweisen, auch mit denen Partheyen kein Vorgeding, oder Vorwort machen, einem Theil von der Sachen, deren ihr im Kayserl. Reichs-Hof-Rath Procurator und Agent seyet, zu haben, oder zu warten, auch Heimlichkeit und Behelff, so ihr von Partheyen empfangen, oder Unterrichtung der Sachen, die ihr von euch selbsten mercken werdet, euren Partheyen zu schaden, niemands offenbahren, den Kayserl. Reichs-Hof-Rath und desselben Mittels-Personen ehren und fürdern, und vor Gericht Erbarkeit gebrauchen, darzu auch die Partheyen über gebührenden Lohn nicht beschwehren oder erhöhen, und ob des Solds oder Lohns halber zwischen euch und den Partheyen Irrung und Spänn entstunden, derselben bey dem Reichs-Hof-Raths-Præsidenten, oder der dessen Stelle vertretten thut, und den Reichs-Hof-Räthen zu bleiben, und wie sie durch dieselbe entschieden werden, des begnügig seyn, und es darbey bleiben zu lassen. Daß ihr euch auch der Sachen, so ihr angenommen habt, oder noch annehmen werdet, ohne redliche Ursachen und des Rechtens Erlaubnuß nicht entschlagen wollet, sondern euren Partheyen getreulich biß zum End des Rechtens handlen, auch in gemein der euch bey dem Löbl. Reichs-Hof-Rath vorgeschriebener Ordnung, in allen derer Begriff, nachkommen sollet und wollet, ohne Gefehrde.

"Was mir anjetzo ist vorgehalten worden, und ich alles seines Inhalts deutlich vernommen, demselben will ich getreulich nachkommen und geleben, so wahr mir GOtt helff und sein heiliges Evangelium."

§ 20. FORMVLA. Eines Gerichtlichen Gewalts.

Ich N. N. thue kund und bekenne, mit diesem offenen Brieff, daß für mich und meine Erben zu Vollführung meiner an dem Hochlöbl. Kayserl. Reichs-Hof-Rath, hievorigen, jetzigen und künfftigen Rechts-Sachen, gegen weme ich die haben und überkommen möge, jetzo zu meinem, und nach dem Tod, meiner Erben unzweiffentlichen Redner und Anwalt den (N. N.) fürnehmen Agenten am Kayserl. Reichs-Hof-Rath, und falls derselbe etwan frühezeitig mit Tod abgienge, gleichfalls den (N. N.) hochermeldten Reichs-Hof-Raths-Agenten, als dessen substituirten Anwalt constituirt, bestellt und ernennt habe, also und dergestalt, daß ich zuvorderst alles und jedes, was durch ihne und andere Anwält in angeregten Sachen von meinetwegen gehandelt worden, ratificire, und daß darauf derselbe wie auch auf dessen tödtlichen Hintritt vorbemeldter (N. N.) als in casum mortis substituirter Anwalt in allen angezogenen Sachen active und passive, bey meinem Leben in meinem, und nach dem Tod, meiner Erben Namen erscheinen, allerley Proceß aus- [und] die wieder einbringen, Fori declinatorias und andere Exceptiones übergeben, libelliren, Litem contestiren, articuliren, respondiren, Juramentum veritatis, malitiæ, calumniæ, dandorum, respondendorum, in Litem affectionis, æstimationis, purgationis, in supplementum probationis, expensarum, damnorum & interesse, quartæ dilationis, ejusdemque prorogationis, auch einen jeden andern ziemlich- im Rechten zugelassenen und mit Urtheil aufgelegten Ayd, etiamsi Litis decisorium fuerit, in meine und respective meiner Erben Seel erstatten, allerley Beweiß führen, derowegen alle Nothdurfft verhandeln, dieselbe tuiren, wider die Gegenbeweiß excipiren, Sigilla & manus recognosciren oder diffitiren, in contumaciam procediren, dieselbe purgiren, Zu- Bey-und End-Urtheil beschliessen, die zu eröffnen bitten, anhören, darwider auch Restitutionem in integrum (so vonnöthen) begehren, expensas, damna & interesse designiren, zu taxiren bitten, und dieselbige, auch was in der Haupt-Sachen taxirt und erkennet, erheben, annehmen, dafür quittiren, in executionem active procediren, biß zu endlicher Vollstreckung der Urtheiln, auch passive, da die Urtheil mir oder respective meinen Erben zuwider ergiengen, und darauf wider mich oder meine Erben in executionem procedirt wurde, in meinem oder meiner Erben Namen alle Nothdurfft biß zu endlicher Erörterung des puncti Executionis verhandlen, einen oder mehr Affter-Anwälte, so offt es ihme beliebt, substituiren, revociren, auch alles anderes thun und lassen soll, was ich, oder nach meinem Tod, meine Erben selbst zugegen, jeder Zeit handlen, thun und lassen Seite 74 solten, könten oder möchten. Und da mehrernannter, also constituirter Anwalt und substituirte eines mehrern Gewalts, als hierinn begriffen, bedürfftig wäre oder seyn wurde, denselben will ich in meinem oder meiner Erben Namen hiernit am allerkräfftigst- und beständigsten, wie das Vermög der Rechten, und de stylo hochberührten Kayserl. Reichs-Hof-Raths beschehen soll, kan oder mag, auch gegeben haben; und was also mehrermeldter Anwalt und nach seinem Tod der substituirte und dessen Affter-Anwälte in meinem und meiner Erben Namen handlen, thun und lassen werden, das verspreche ich für mich und meine Erben stät, fest und unverbrüchlich zu halten, auch Sie beede Anwälte und ihre substituirte Affter-Anwälte aller Bürden der Rechten, præsertim satisdationibus, de judicio sisti, & judicatum solvi zu entheben, und allerdings schadloß zu halten, bey habhaffter Verpfändung meiner jetzig- und meiner Erben nachlassender Haab und Güter, so viel deren jederzeit hierzu vonnöthen seyn werden; dessen zu wahrem Urkund hab ich dieses mit eigenen Handen unterschrieben, und mit meinem gewöhnlichen Pettschafft wissentlich bekräfftiget. Geschehen den N. Tag des Monats N. Anno etc.
(L. S.) N.N. Subscriptio

§. 21. JURAMENTUM Der Reichs-Hof-Räthe.

Ich N. gelobe und schwöhre, dem Allerdurchleuchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn (Nomen Sac. Cæs. Maj.) Römischen Kayser, auch zu Hungarn und Böhaimb etc. König, Ertz-Hertzogen zu Oesterreich etc. meinem Allergnädigsten Herrn, getreu, gehorsam und gegenwärtig zu seyn, Seiner Majestät Ehr und Nutz zu fürdern, Nachtheil und Schaden nach meinem besten Vermögen zu warnen und zu wenden, jetzige und künfftige des Heil. Reichs Constitutionen und Satzungen neben denen gemeinen beschriebenen Rechten, die Kayserl. Wahl-Capitulation, Reichs-Hof-Raths-Ordnung, und den jüngst getroffenen Frieden-Schluß in acht zu nehmen, in allen Sachen und Handlungen, Ihrer Majestät das best und nutzlichste zu rathen, die Raths-Geheimnuß biß in mein Gruben zu verschweigen, und sonst alles, das der Erbarkeit gemäß ist, zu handlen und zu thun, als ein getreuer Rath und Diener seinem Herrn zu thun schuldig und pflichtig ist; als wahr mir GOtt helff und das heilig Evangelium.

§. 22.

Demnach dann zu Erhaltung guter Ordnung die fürderliche Handhabung in allweeg vonnöthen, und dieselbe ersprießlicher von einem, als ihren vielen beschehen kan, so solle derowegen Unser Reichs-Hof-Raths-Præsident, oder in seinem Abwesen dessen Amts-Verwalter nicht allein diese Unsere Reichs-Hof-Raths- sondern auch der Agenten, Advocaten, Procuratorn und Sollicitatorn-Ordnung der Nothdurfft nach, mit Fleiß handzuhaben, hiemit von Uns allen Gewalt und genugsamen Befelch haben.

§. 23.

Und sollen die sechs ersten Tituli durch Unsern Secretarium im gesamten Reichs-Hof-Rath, damit deren Inhalt desto richtiger nachgelebt werde, wo nicht zwey- zum wenigsten einmal im Jahr unfehlbarlich verlesen, und jährlich ein- oder zweymal die Procuratores und Agenten an ein gewisses Ort zusammen gefordert, und ihnen der siebende Titul aus dieser Unserer Reichs-Hof-Raths-Ordnung Unserm Præsidenten, jedem Rath, und demselben, so vorderist aufgenommen und eingeführt, ein Exemplar in Unserer Reichs-Cantzley verfertigt, zugestellt werden.

§. 24.

So sollen auch Unsere Kayserl. Wahl-Capitulation, alle Reichs-Abschied, Cammer-Gerichts-Ordnung, Münster- und Oßnabruggischer Frieden-Schluß, Reichs-Matricul, Concordata Nationis Germanicæ, Corpus Juris Civilis & Canonici und der Stände Privilegia, auf der Reichs-Hof-Raths-Tafel, damit man sich deren in zweiffelhafftigen Fällen gebrauchen könne, stets verhanden seyn, und von selbiger nicht verruckt werden.

§. 25.

So viel aber die Visitation Unsers Reichs-Hof-Raths betreffen thut, lassen Wir es bey der Verordnung des zu Münster und Oßnabrugg aufgerichten Frieden-Schluß allerdings verbleiben.

§. 26.

Und dem allen geschicht Unser ernstlicher Will und Meynung, und Wir halten Uns bevor, obgeschriebene Ordnung jederzeit Unserm gnädigsten Nachdencken, Willen und Gefallen nach, zu mindern, zu mehren und zu ändern.

§. 27.

Dessen zu Urkund haben wir diese Ordnung mit eigenen Händen Seite 75 unterschrieben, und unter Unserm aufgetrucktem Secret-Insiegel verfertigen lassen. Signatum zu Regenspurg den 16. Martii, Anno 1654. Unserer Reiche des Römischen im 18. des Hungarischen im 29. und des Böhaimischen im 27.
Ferdinand
Vt.
Ferdinand Graf Kurtz. (L.S.)
Ad mandatum Sac. Cæs. Majest. proprium.
Wilhelm Schröder.



Date: