Hans von Voltelini, Die Wiener Stadt- und Stadtgerichtsordnung Ferdinands I. von 1526 :: Digitale Edition Heino Speer 2012

Hans von Voltelini, Die Wiener Stadt- und Stadtgerichtsordnung Ferdinands I. von 1526 :: Digitale Edition Heino Speer 2012

Inhaltsverzeichnis

Editorische Hinweise

Vorlage: Wien Nationalbibliothek Hd. 7381 f 1-15.

Druck: Mitteilungen des Vereines für Geschichte der Stadt Wien ; 9/10. 1929/30, S. 105 - 129 [Seite: 105]

Die Wiener Stadt- und Stadtgerichtsordnung Ferdinands I. von 1526

I.

Oft schon ist die Wiener Stadtordnung Ferdinand I. von 1526 besprochen worden. Denn kein Geschichtsschreiber der Stadt Wien konnte an ihr vorbeigehen. Bildet sie doch das Ende der mittelalterlichen Stadtfreiheit, des städtischen Selbstbestimmungsrechtes. Und so hat man denn auch den Verfügungen über die Zusammensetzung der Räte und die Einsetzung des Bürgermeisters fast allein die Aufmerksamkeit zugewendet und hat darin mit vollem Rechte die Wirkung des Trauerspieles gesehen, das sich wenige Jahre vorher abgespielt hatte und in dem Auftreten der Landstände und der Stadt Wien gegen das alte, von Kaiser Maximilian I. eingesetzte Regiment, zum Teil auch gegen die Rechtstellung des Landesfürsten gipfelte und mit dem Blutgericht von Wiener Neustadt endete. Drehte es sich doch um die Frage, wem die Verwaltung des Landes vom Tode des Landesfürsten bis zur Erbhuldigung für den Nachfolger gebühre. Wenn die Landstände diese Verwaltung dem Nachfolger erst mit der Erbhuldigung zugestehen wollten, so schwebte ihnen unzweifelhaft der Gedanke des Staatsvertrages vor, den sie in der Erbhuldigung zu finden glaubten. Der neue Landesherr gelobt, die Rechte der Stände zu beachten, worauf ihm die Stände die Treue schwören und sich damit seiner Herrschaft unterwerfen.1 Ist es doch bezeichnend, daß ein Jurist, der bekannte Dr. Martin Kopinitz, mit seinem Humanistennamen Capinius oder nach seiner Herkunft Siebenbürger genannt, an der Spitze der Bewegung stand, dem solche Gedanken schon durch die Lex imperii des Römischen Rechtes nahegelegt sein mochten. Natürlich waren es wie immer zunächst nicht theoretische Fragen, die die Bewegung veranlaßten, sondern die allgemeine Unzufriedenheit mit dem alten Regiment wegen seiner tatsächlichen oder vermeintlichen Übergriffe, bei Capinius sicher dessen Verhalten in seinem Rechtsstreit gegen Leonhard Lauffner. Aber die Theorie diente zur Rechtfertigung des Vorgehens der Ständepartei. Wie gefährlich aber diese Theorie für den nach unbeschränkter Herrschaft strebenden Landesfürsten war, liegt auf der Hand. Denn dem Vertragsgedanken war der des Widerstandes enge verschwistert. Wenn der Landesherr seine Zusagen, den Vertrag brach, schienen auch die Landstände ihrerseits an das Versprechen der Treue nicht mehr gebunden.2 Man sieht in dem Ausgange der Bewegung gemein den Sieg einer neuen Zeit über die alte.3 Gewiß mit Recht, wenn auch die Entscheidung in Österreich erst hundert Jahre später erfolgte und die Stände sogar sich nicht abhalten ließen, später neuerdings die Ansprüche, die in Wiener Neustadt als hochverräterische gebrandmarkt worden waren, wieder aufzunehmen.4 Dieser Kampf der Landesherrschaft und der mit ihr verbündeten Beamten gegen die Landstände ist ja bekanntlich eine Erscheinung, die nicht auf Österreich beschränkt blieb, sondern sich in den meisten anderen deutschen Ländern, ja auch außerhalb Deutschlands in den meisten europäischen Reichen abgespielt und die fast überall mit dem Siege der absoluten Herrschergewalt geendet hat. Ob dieser Ausgang in den deutschen Landschaften ein günstiger war oder ob eine Entwicklung, wie sie sich in England vollzog, erwünschter gewesen wäre, mag bei aller Anerkennung der staatlichen und [Seite: 106] kulturellen Leistungen der deutschen Landesfürsten dahingestellt bleiben. Den österreichischen Ständen fehlte, so sehr sie gegen unfähige Landesherren, wie Friedrich III., oder gegen eine unsinnige Politik, wie die Maximilians I. , oder gegen eine unglückliche Wendung, wie sie die Gegenreformation bedeutete, Stellung nahmen, das politische Verständnis der Engländer für das Mögliche und Wünschenswerte und Persönlichkeiten von unbeugsamer Willensstärke und der Tatkraft wie Cromwell.

Wie der Kampf der Habsburger gegen die Macht der Stände nichts Vereinzeltes war, so auch nicht ihr Kampf gegen die städtische Autonomie, der sich namentlich gegen die Stadt Wien wandte. Denn diese allein hatte unter den Städten der österreichischen Erblande politische Bedeutung ob ihrer Bevölkerungszahl und wohl auch ihrer, wenn auch damals schon geschmälerten Steuerkraft. Die stadtrechtlichen Verfügungen von 1526 näher ins Auge zu fassen, sie in den Zusammenhang der allgemeinen deutschen Entwicklung hineinzustellen, soll die Aufgabe dieser Zeilen sein.

Die Abfassung der Rechtssatzungen, die künftig in Wien zu gelten hatten, als man eine Neuordnung beschlossen hatte, war Sache des Hofrates, den Ferdinand I. bald nach seiner Ankunft in Österreich 1521 eingesetzt hatte.5 Schon im Jahre 1522 beschäftigte sich dieser mit den Wiener Angelegenheiten.6 Er wählte nach der Aufhebung der Genannten zwölf Bürger von Wien als Beisitzer des Stadtgerichtes. Und sicher ist es in seinem Auftrag geschehen, daß der Sekretär des Hofrates, der bekannte Dr. Marx Treitzsauerwein , sich an den Generalschatzmeister und allmächtigen Günstling Ferdinands I. Gabriel Salamanca mit dem Ersuchen wandte,7 die "Ordnung von Nürenberg und ander orten" herabzusenden, um eine Ordnung für die Städte Österreichs zu entwerfen, die noch vor Weihnachten fertig werden sollte. Denn zu Weihnachten finde die Wahl der Ratsherren statt. Wenn die neue Ordnung nicht vorher aufgestellt sei, würden sich die Stadträte weigern, sie anzunehmen. "Aber auf das recht, das hie in der Neustat ergangen ist, und ee sie wider ir alte ordnung aufrichten, so mecht der fürst ietzund leichtlich ain neue ordnung zu sein gfallen und nutz aufrichten."

Wenn Treitzsauerwein damit gerechnet hatte, daß die neue Ordnung noch unter dem Eindruck des Wiener Neustädter Bluturteils erlassen werden sollte, so erfüllten sich seine Erwartungen nicht. Wir wissen nichts weiteres über die Vorberatungen, die wegen der Erneuerung des Wiener Stadtrechtes gepflogen wurden, ja nicht einmal, ob der im Jahre 1522 sicher vorhandene Hofrat weiter geamtet hat oder wer bis zur Neuordnung der österreichischen Verwaltung infolge des Augsburger Generallandtages von 1525, der den Sturz des Grafen Salamanca herbeiführte, an dessen Stelle trat. Vielleicht hängt mit der Wiener Angelegenheit das Schreiben des landesfürstlichen Anwaltes Dr. Johann Cuspinian zusammen, in dem er dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg , Herzog zu Preußen, erbetene Auskünfte über die Verfassung Wiens erteilt.8

Daß das Stadtrecht von Wien der Verbesserung bedürftig war, lag auf der Hand. Waren doch noch immer das Privileg Albrecht I. von 1296 und das Albrecht II. von 1340 seine Hauptquellen. Nun waren nicht bloß die wirtschaftlichen und staatlichen Verhältnisse gelindert, die Aufnahme des römisch-kanonischen Rechtes war in vollem Gange. Die landesfürstlichen Regimenter und Hofräte als Berufungsgerichte entschieden nach gemeinem Rechte, schon war es auch in die Rechtsprechung des Stadtrates und des Stadtgerichtes eingedrungen.9 Vieles entsprach nicht mehr den Anschauungen der Zeit, wie der Reinigungseid [Seite: 107] des Beklagten, gegen den sich aus der Mitte der Richter Widerspruch erhob.10 Zugleich waren an die Stelle der alten Fürsprecher Advokaten und Prokuratoren getreten, die mit dem gemeinen Rechte an der Universität vertraut geworden waren und dieses Recht zur Anwendung zu bringen suchten. Ihre Zahl war sicher im Wachsen, denn die an der Universität ausgebildeten einheimischen Juristen drängten sich nach diesem Stande, soweit sie nicht als Beamte des Landesfürsten oder auch der Stadt unterkommen konnten. Diese Beamtungen waren aber nicht sehr zahlreich. So mußte sich das Bedürfnis nach einer Erneuerung des Rechtes geltend machen, auch wenn nicht die Ereignisse von 1522 vorangegangen wären und dem Landesfürsten aus politischen Gründen einen Eingriff erwünscht erscheinen ließen. Es war die gleiche rechtliche Lage, die so viele deutsche Landesfürsten dazu brachte, das Landrecht neu oder auch zum ersten Male in umfassenderer Weise aufzeichnen zu lassen 11 und die Stadtrechte zu erneuern. Das geschah auch in Reichsstädten,12 wie in Cöln13 Lübeck, Nürnberg, Frankfurt am Main, Worms, Hamburg, aber auch in Landstädten, wie in Freiburg im Breisgau. Die älteste dieser Reformationen ist die Nürnberger von 1479,14 die schon im Jähre 1484 gedruckt und in der Folge wiederholt überarbeitet worden ist, wie 1522 und 1564. Zeitlich reihten sich an die Wormser Reformation von 149815 und die Frankfurter von 1509, der dann 1578 eine neue folgte.16 Alle diese Reformationen sind mehr oder weniger von der Nürnberger abhängig. Eine besondere Stellung kommt dem Neuen Stadtrecht und Statuten von Freiburg im Breisgau von 1520 zu, an deren Ausarbeitung der berühmte Jurist Ulrich Zasius einen hervorragenden Anteil genommen hat. Daneben erflossen zahlreiche landesherrliche Verfügungen in städtischen Angelegenheiten. Erwähnt sei nur die Polizeiordnung für die Mark Brandenburg von 1515 .17

Das also waren die Bestrebungen auf dem Boden des Stadtrechtes, als man in Österreich daran ging, das Wiener Stadtrecht zu reformieren. Die Frage, ob an der Neufassung die Bürgerschaft einen Anteil hatte, ist eher zu verneinen. Man hat sich die älteren Privilegien der Stadt vorlegen lassen, vielleicht auch andere Rechtsaufzeichnungen, die Entscheidung traf die Regierung. Die Mitwirkung des landesfürstlichen Rates bei der Abfassung der Stadtordnung erwähnt sie selber.18 War es doch mit dem städtischen Selbstbestimmungsrechte von Wien eine eigentümliche Sache. Die Macht des Rates war in den Privilegien König Rudolfs I. , am meisten gesteigert.19 Aber selbst in diesen hatte sich der König das Recht vorbehalten, die Privilegien zu ändern, da er durch die Schranken des Gesetzes nicht gebunden sei. An die Stelle des deutschen Königs trat seit der Unterwerfung Wiens durch Herzog Albrecht I. der Landesherr. So hat sich auch Rudolf IV. , als er die Ablösung der Burgrechte in Wien verfügte, vorbehalten, sein Gesetz zu mindern und zu mehren, zu erläutern und zu erklären.20 Es betrachteten somit die Landesfürsten die in den städtischen Privilegien den Städten gegebenen Rechte und Ordnungen keineswegs als für sie bindend, sondern als abänderlich und widerruflich. Von diesem Rechte machte Kaiser Maximilian I. Gebrauch, als er im Jahre 1517 der Stadt Wien ihr Stadtrecht bestätigte.21 Er habe die Privilegien der Stadt: "ubersehen und zu diser zeit nach gelegenheit und verenderung der sachen und handlen notturftiglichen beratslagen lassen, ob zu mererem aufnemen und enthaltung bemelter unser stat Wienn in gedachten freihaiten [Seite: 108] durch uns etlich artikel zu declarieren zu senftigen zu milgern zu endern oder zu meren weren." Er hat sich, seinen Erben und Nachkommen dann "mit lautern ausgedruckten worten" vorbehalten, "daz wir nach gelegenheit der sachen in kunftig zeit die vorgeschriben artikel widerumben aufzuheben, mindern oder meren als regierunder landsfürsten macht haben solln." Darauf berief sich Ferdinand I. , als er seine Stadtordnung erließ. Die alten Freiheiten und Satzungen seien nicht mehr beobachtet worden, manche von ihnen: "nichts nucz gewest, sonder unter unser ... burgerschaft irrung gebracht." Deshalb hebt er alle älteren Privilegien und Freiheiten auf, die nicht ausdrücklich in seiner Stadtordnung bestätigt werden. Diese sollte von nun an ausschließliche Geltung haben.

Die Stadtordnung regelt die Verfassung und die Verwaltung der Stadt und alle Angelegenheiten, für die der Stadtrat zuständig war. Neben der Stadtordnung wurde ein Stadtgerichtsbuch oder -ordnung erlassen, wie sich aus der Stadtordnung unzweifelhaft ergibt. Dieses betraf das Verfahren im Stadtgericht. Daher ist nur die Stadtordnung in die Hände von Bürgermeister und Rat gekommen und liegt noch heute in besiegelter Urschrift im Archiv der Stadt Wien. Sie ist dann wiederholt im Druck erschienen22 und später im Codex Austriacus 1, 471 neuerdings abgedruckt worden. Die Stadtgerichtsordnung kam in die Hände des Stadtrichters und ist heute wie der größte Teil der Registratur des Stadtgerichtes verschollen.

Im folgenden soll zuerst die Stadtordnung und dann die Stadtgerichtsordnung betrachtet werden.

II.

Die Stadtordnung von 1526 führt keinen amtlichen Titel, die Urkunde selber spricht von "Freiheiten und Ordnungen",23 von "Satzungen und Ordnungen". Da sie zu ihrer Gänze vom Landesherrn ausgeht und den Bürgern wichtige Rechte nimmt, so wird man sie am besten als Stadtordnung bezeichnen, ein Ausdruck, den schon der letzte Herausgeber J. A. Tomaschek, gewählt hat.

Den Inhalt der Stadtordnung hat Karl Fajkmajr in seiner Darstellung der Verfassung und Verwaltung der Stadt Wien24 ausführlich und im ganzen richtig wiedergegeben. Aber er hat es versäumt, die verfassungsrechtlichen Bestimmungen der Stadtordnung mit dem Rechtszustande der Vergangenheit zu vergleichen und damit das Neue recht hervorzuheben. Denn wie schon das Stadtrecht Maximilians I. an älteres Recht anknüpft, Vergessenes zum Vorteil des Landesherrn wieder einschärft und neu belebt, so auch die Stadtordnung von 1526. Auch hat Fajkmajr es unterlassen, einen Blick auf die Rechtsentwicklung anderer deutscher Städte zu werfen, und ist ihm die Bedeutung der privatrechtlichen Bestimmungen, die er einfach nach der Ordnung anführt, teilweise entgangen.

Beginnen wir mit den Bestimmungen über die Zusammensetzung und Wahl der Organe der städtischen Verwaltung. Im 15. Jahrhundert lag das Schwergewicht der Verwaltung bei dem Stadtrate, den zweihundert Genannten, die bald nach dem Beginn des Jahrhunderts an die Stelle des äußeren Rates getreten waren, und der Bürgerversammlung.25 Diese spielte in den unruhigen Zeiten des 15. Jahrhunderts, namentlich während des Streites Kaisers Friedrich III. mit seinem Bruder Albrecht VI., eine große Rolle. Später tritt sie zurück und wird durch Ausschüsse ersetzt, die teils aus den Genannten, teils der Bürgerschaft entnommen waren. Einem solchen Ausschuß gehörten Dr. Siebenbürger und seine Gesinnungsgenossen, darunter der ebenfalls in Wiener Neustadt zum Tode verurteilte und hingerichtete [Seite: 109] Hans Rinner an.26 Nach einem Privileg der Herzoge Wilhelm, Leopold IV. und Albrecht IV.27 sollte der Stadtrat jährlich von der Gemeinde aus Erbbürgern, Kaufleuten und Handwerkern gewählt werden, wobei, obwohl die Urkunde nur vom rat hie zu Wienn spricht, sicherlich an beide Räte zu denken ist. Als der äußere Stadtrat bald nach 1408 durch die Genannten ersetzt wird, hatte dies eine eigentümliche Folge für die Zusammensetzung der städtischen Räte. Die Genannten sind wohl von Anfang an für die Lebensdauer erwählt worden, waren sie doch Zeugen von besonderer Glaubwürdigkeit.28 So ist nun einer der Räte mit lebenslänglichen Mitgliedern besetzt. Gewiß hat man neben dem Tode noch andere Gründe des Ausscheidens, Verzicht oder strafweise Ausstoßung zugelassen. Diese lebenslängliche Bestellung mußte um so mehr von Bedeutung werden, als im Laufe des 15. Jahrhunderts die Wahl des inneren Rates in die Hand der Genannten kam,29 der seinerseits wieder die Genannten erwählte, wenn eine Stelle frei geworden war.30 Daran hat das Stadtrecht Kaiser Maximilians nichts geändert. Wir erfahren nur, daß die Wahl schriftlich durch Wahlzettel erfolgte. Weiter hatte Kaiser Karl V. den Ausschuß, der neben Bürgermeister und Rat amtete, abgeschafft,31 da er ihn als ungesetzlich betrachtete, und seitdem ist von Ausschüssen aus der Gemeinde nicht mehr die Rede, denn auch das Stadtrecht von 1526 kennt keine solchen. Nun sind bekanntlich die Genannten von Ferdinand I. 1522 abgeschafft worden.32 An ihre Stelle trat 1526 ein äußerer Rat von 176 Mitgliedern. Sie werden auf Lebensdauer durch den inneren Rat und die Beisitzer des Stadtgerichtes erwählt.33 Dem Ableben werden auch hier Verzicht, dauernde Verhinderung und strafweise Ausstoßung gleichgestellt. Da der innere Rat aus dem äußeren ergänzt und erwählt werden sollte, so ergab sich, daß die Ratsherren auf Lebensdauer erwählt waren, eine Tatsache, die bisher nicht die gehörige Beachtung gefunden hat. Zum ersten Male werden sie geradezu vom Landesherrn ernannt.

Mit unseren Begriffen von Demokratie und Selbstverwaltung sind Ordnungen, wie sie sich bei den Genannten und vollends in der Stadtordnung von 1526 finden, nicht zu vereinigen. Aber die Entwicklung Wiens war keine vereinzelte. Wir treffen ähnliches in vielen anderen deutschen Städten, sowohl in Reichs- als in landsässigen, nicht schon in der Zeit ihrer Blüte, sondern in den Zeiten der Verknöcherung, seit dem Beginn der Neuzeit, und vor allem dort, wo die Geschlechter herrschten. So stand in Straßburg das oberste Regiment lebenslänglich in der Hand der Mitglieder der drei geheimen Stuben.34 Ebenso waren in Frankfurt am Main [Seite: 110] die Ratsherrenstellen lebenslänglich.35 Das gleiche war seit 1630 in Magdeburg der Fall.36 In Lübeck wurden bei einer Reform der Stadtverfassung 1666 den vorhandenen Räten auf ihre Lebensdauer die Ratsherrnstelle vorbehalten.37 In Rottweil waren wenigstens die acht Beisitzer des kaiserlichen Hofgerichtes, welche neben der alten und neuen Bank und einem Bürgerausschusse die Stadt verwalteten, auf die Lebensdauer gewählt.38 In Freiburg im Breisgau wurden 1548 zwölf beständige Ratsherrn den jährlich wechselnden achtzehn hinzugefügt.39 In der Mark Brandenburg waren die Stadträte nach der Polizeiordnung von 1515 lebenslänglich.40 Wie dies gekommen ist, müßte im einzelnen untersucht werden, wofür hier nicht der Ort ist.41 In den Reichsstädten mögen die Geschlechter in der lebenslänglichen Bestellung der Ratsherren eine Gewähr für dauernde Herrschaft, in den landsässigen Städten der Landesherr für die ruhige und tiefergehende Beherrschung der Stadt gefunden haben. Jedenfalls steht das eine fest, daß Wien, wenn die Ratsherrnstellen auf die Lebensdauer besetzt wurden, nur dem Zuge, wenn nicht der allgemeinen, so doch einer häufigen deutschen Entwicklung folgte.

Daß nur behauste Bürger und keine Handwerker in die Räte gewählt werden konnten, ist schon von anderen hervorgehoben worden42 und ebenso das konservative Ziel dieser Vertilgung. Das Bürgerrecht war in Wien nicht an den Besitz städtischen Grundes gebunden, und so gab es unbehauste Bürger.43 Es genügte vielmehr ehrbarer Lebenswandel, Zahlung einer Taxe von 2 fl. Rheinisch und Ableistung eines Bürgereides. So sollte die Bestimmung der Stadtordnung nicht bloß vermögenslose Leute, sondern auch jüngst eingewanderte vom Rate ausschließen. Waren diese behaust, dann konnten sie berücksichtigt werden. Ebenso sollten Handwerker ausgeschlossen sein. Da es im Wien des 16. Jahrhunderts keine ehrbaren Geschlechter mehr gab, griff man zu den Hausherren. Das entsprach einer Politik, die nach der Niederlage der süddeutschen Städte im Schmalkaldenkriege in diesen Städten das Zunftregiment beseitigte und die Geschlechterherrschaft wiederherstellte.

Um eine völlige Erstarrung der städtischen Verwaltung zu verhindern, war, wie bekannt, ein Wechsel in der Weise angeordnet, daß in jedem dritten Jahre einige Räte aus dem inneren Rat in den äußeren und aus dem äußeren in den inneren übernommen wurden. Die Bestimmung dieser wechselnden Personen erfolgte durch Wahl der Räte. Ein solcher Wechsel findet sich, soviel die allerdings nicht vollständig vorliegenden Stadtordnungen erkennen lassen, in anderen deutschen Städten nicht. Wohl aber hat die Polizeiordnung für die Mark Brandenburg vom Jahre 1515 einen jährlichen Wechsel zwischen den Mitgliedern des alten und des neuen oder regierenden Rates, dem die Besorgung der laufenden Geschäfte zukam, angeordnet.44 Sollte diese Brandenburgica etwa gar das Vorbild für Wien abgegeben haben?45 Dagegen war die Wahl der Ratsherren für die freigewordenen Stellen durch die Räte, und zwar derart, daß jeder Rat die Mitglieder des anderen wählte, auch anderwärts, wie z.B. in Frankfurt am Main, im Gebrauch.

Bei solcher Entwicklung konnte es nicht ausbleiben, daß in den Reichsstädten der Stadtrat vielfach als der eigentliche Träger der Staatsgewalt oder wenigstens neben den Stadtbürgern als solcher angesehen wurde,46 die Bürger somit dann in die Stellung von [Seite: 111] Untertanen dem Rate gegenüber gerieten. In Wien dagegen und in anderen landsässigen Städten erschien der Rat als landesfürstliche Behörde und dies um so mehr, als der Landesfürst seit Maximilian I. für Wien das Recht der Bestätigung der Gewählten im Anschluß an ältere Verfügungen47 kräftig geltend machte. So erschienen die Räte als vom Landesfürsten auf die Lebensdauer ernannte Beamte, die nur nicht, wie die landesfürstlichen, vom Staate besoldet wurden, und das um so mehr, als sie nach uraltem Gebrauche, wie die Beamten dem Landesherrn als Stadtherren vereidet wurden. Auch die Einsetzung des Bürgermeisters, der stets ein behauster Bürger, aber kein Handwerker sein durfte, behielt der Landesfürst sich in der Weise vor, daß er von den aus den Mitgliedern der Räte und den zwölf Beisitzern erwählten Anwärtern den bestätigte, der ihm am genehmsten war.48

Die Abhängigkeit der Stadtverwaltung von der staatlichen äußert sich auch darin, daß in der Stadtordnung von 1526 durch den Landesherrn nicht nur die Amtspflichten des Bürgermeisters genau umschrieben, sondern auch die der Räte eingeschärft werden. Ja noch mehr. Diese Stadtordnung regelt auch in weitem Umfang die Verwaltung der Stadt und die städtischen Ämter des Stadtschreibers, des Stadtkämmerers, Unterstadtkämmerers, Spitalmeisters, Brückenmeisters, Brückengegenschreibers, der Mautbeamten, der Kirchmeister, des Verwalters des Pilgrimhauses, der Rait- und Steuerpersonen, der Viertlmeister, der Grundbuchsführer.49 Gewiß waren so manche dieser Ämter auch für den Staat von besonderer Bedeutung, aber selbst die Kanzlei überließ man nicht der selbstherrlichen Ordnung durch die Stadt, sondern schrieb die Einführung eines Abschiedsbuches vor, in dem alle Entschließungen und Urteile des Rates eingetragen. werden sollten.50 Die städtische Verwaltung war damit zum guten Teile von Staats wegen geordnet und die Beamten in ihrer Amtsführung durch staatliche Weisungen gebunden. Von diesen Beamten wurde allerdings nur der Brückengegenschreiber für den Landesfürsten, die anderen für die Stadt vereidet.

Naheliegender ist es, wenn die Stadtordnung über die Einhebung der Steuern und die Rechnungslegung der dazu verpflichteten Amtsleute Bestimmungen trifft.

Die Verwaltung der Stadt, und vor allem die Verhandlungen der Stadträte wurden durch den landesfürstlichen Anwalt überwacht,51 der ein vom Landesfürsten bezahlter Beamter war und kein Bürger oder Gewerbsmann sein durfte. Seine Hauptaufgabe war es, den Vorteil des Landesfürsten in allein zu wahren und kein ihm nachteiliges Vorgehen des Rates zu dulden. Er ist bekanntlich schon 1396 eingesetzt worden. Aber er scheint früher nicht viel bedeutet zu haben. Wir hören nichts von einem Auftreten des Anwaltes zur Zeit des Aufstandes der Wiener gegen Kaiser Friedrich III. und ebensowenig während der ständischen Bewegungen nach dem Tode Kaiser Maximilians I. Oder hing das Ansehen des Anwaltes von dem Ansehen des Herrschers ab und wurde er, wenn dieses schwach war, bei Seite geschoben? Daß vor dem Jahre 1526 das Amt bestand und besetzt war, ergibt schon der mehrfach erwähnte Brief des Stadtanwaltes Cuspinian .

Was in der Stadtordnung von 1526 sonst steht, sind Bestimmungen, die für die Bürger in wirtschaftlicher Beziehung von Wert waren und die ihnen zu entziehen keine Veranlassung war, wie das Niederlags- und Stapelrecht, die allerdings so ziemlich unwirksam geworden waren, weil die oberdeutschen Kaufleute sich nicht mehr daran hielten,52 Bestimmungen über das Recht der Weinberge, die Einfuhr fremder Weine und den Ausschank ihrer Weine durch geistliche Grundherren und landesfürstliche Räte und Diener, das Verbot der Anlage neuer Weinberge im Weichbild der Stadt, die Abhaltung eines Jahrmarktes, die Burgmaut, die Schule zu St. Stephan, das Bürgerspital, dem der alleinige Bierausschank bestätigt wird, die Erbgüter [Seite: 112] und heimgefallenen Güter usw., wobei zum Teile ältere Privilegien wörtlich eingefügt oder einige Sätze aus solchen bestätigt werden.

Begreiflich ist es endlich aus dem oben Gesagten,53 wenn man die Gelegenheit benützte, in die Stadtordnung auch privatrechtliche Bestimmungen aufzunehmen, insofern sie Verhältnisse betrafen, die den Stadtrat angingen. Das waren hauptsächlich das Liegenschaftsrecht an bürgerlichen Grundstücken, das eheliche Güterrecht, Testamente und Vormundschaften. Die Gerichtsbarkeit über Grund und Boden hat bekanntlich Rudolf IV. dem Stadtrat überwiesen, vor dem auch Rechtsgeschäfte über diese Grundstücke abgeschlossen werden sollten.54 Die Gerichtsbarkeit des Stadtrates in Vormundschaftssachen und bei letztwilligen Verfügungen und anderen Erbsfällen und den damit zusammenhängenden ehelichen Güterrechte hatte sich allmählig im Anschluß an die städtischen Privilegien schon seit Rudolf I. entwickelt.

Über das Grundbuch freilich enthält die Stadtordnung nur wenige Sätze. Zunächst wird den geistlichen und weltlichen Grundherren, die seit 1360 wieder die Grundgerichtsbarkeit an sich gebracht hatten, diese Gerichtsbarkeit nur in sehr beschränktem Maße zuerkannt, nur dann nämlich, wenn sie die Einziehung eines öden Grundstückes verlangten. Alle anderen Streitigkeiten über herrschaftlichen Grund und Boden werden vor den Stadtrichter gewiesen. Der Grundherr hat dann bei Verkauf des Leiherechtes den Kaufbrief auszustellen und empfängt dafür ein Siegelgeld, ebenso hat er die Handänderung in sein Grundbuch gleichfalls gegen eine bestimmte Taxe einzutragen. Im übrigen gehören Streitigkeiten über diesen Grund vor den Stadtrichter.

Auch für das städtische Grundbuch, in dem die Rechtsgeschäfte über die bürgerlichen Grundstücke eingetragen werden, enthält die Stadtordnung einige Regeln. Ja sie schreibt sogar vor, wer die Grundbücher zu führen hat. Nicht mehr Mitglieder des inneren Rates, sondern solche aus dem äußeren, sowie aus der Bürgerschaft. Im übrigen wird auf eine zu erlassende Grundbuchsordnung verwiesen, die uns nicht erhalten ist.55 Es folgen noch eine Bestimmung über die Berechnung des Gewergeldes, namentlich in dem Falle, wenn sich mehrere zugleich an die Gewere schreiben lassen, und eine grundsätzliche Entscheidung der Frage, ob der auf Grund eines Rechtstitels in den körperlichen Besitz eines Grundstückes Eingewiesene dem nachträglich in das Buch Eingetragenen vorgehe. Die Entscheidung erfolgt zugunsten des Besitzers. Dem im Grundbuch Eingetragenen wird nur der Anspruch auf Schadenersatz zuerkannt. Damit ergibt sich, daß die Eintragung keine dingliche Wirkung hatte.

Auf das Eherecht bezieht sich eine Strafbestimmung, gegen den Diener oder Knecht, der ohne Willen eines Bürgers dessen Tochter oder andere weibliche Verwandte oder eine Frauensperson, die in dessen Gewalt steht, heiratet.56 Diese Bestimmung ist keine neue. Schon die ältesten Stadtrechtsprivilegien schützen die Ehrbaren gegen die Ehe mit einer Person "longe inferioris conditionis".57 Was damals für die Geschlechter festgesetzt wurde, gilt nun für alle Bürger. Derselbe Kastengeist, wie einst die Ehrbaren, erfüllt nun sie alle.

Mit der ohne Zustimmung der Eltern geschlossenen Ehe beschäftigt sich der Artikel: Widerwertige heirat betreffend,58 der einzige, der eine, wenn auch nur entfernte Ähnlichkeit mit der Nürnberger Reformation aufweist und von ihr beeinflußt sein könnte.59 Das alte deutsche Recht knüpft die rechte Ehe des Kindes an die Zustimmung des Vaters. Doch hat man in deutschen Rechten des Mittelalters, vielfach dem Standpunkt des kanonischen folgend, [Seite: 113] die Ehe des Mündigen auch ohne Zustimmung des Vaters für gültig angesehen,60 hat aber doch vermögensrechtliche Nachteile daran geknüpft. Dabei wurde nicht nur die Zustimmung des Vaters, sondern auch die der Mutter gefordert, wie z.B. im Augsburger Recht.61 Man entzog den Kindern, die sich ohne Zustimmung der Eltern verheiratet hatten, unter Umständen das Erbrecht gegen die Eltern. So auch in der Wiener Stadtordnung von 1526. Ob hier älteres Wiener Recht nachklingt oder Nachahmung fremdes Rechtes mag dahingestellt bleiben. Die Stadtordnung unterscheidet Söhne und Töchter und weiter die Vermählung mit einer unehrlichen oder ehrlichen Person. Der Sohn, der sich unehrlich verheiratet, kann gegen den Vater nicht den Anspruch auf eine Abfindung oder Aussteuer und ebensowenig die Herausgabe des mütterlichen Erbes, das der Vater in Nutz und Gewer hat, verlangen. Ist die Heirat eine ehrliche, so bleibt dem Sohn der Anspruch auf Herausgabe des mütterlichen Erbes. Von dem Erbrecht gegen den Vater wird der Sohn nicht ausgeschlossen, die Tochter aber verliert bei einer unehrlichen Heirat ihr Erbrecht gegen die Eltern. Die Frage, ob die Heirat ehrlich oder unehrlich war, entscheiden Bürgermeister und Rat, von deren Urteil der Rechtszug an die Regierung geht.

Ein anderer Artikel: Witib heirat,62 faßt den Fall ins Auge, daß eine Witwe eine zweite Ehe mit einem Manne, der nicht standesgemäß ist, eingeht, einem ihrer Hausdiener, Hausknechte oder dem Erzieher ihrer Kinder ohne Zustimmung ihrer Verwandten oder, wenn keine da sind, des Bürgermeisters und Rates. Die Witwe verliert in solchem Falle ihren Anteil an der ihr gebührenden Fahrhabe zugunsten der Kinder,63 den halben Anteil, wenn keine Kinder vorhanden sind, zugunsten der Verwandten des Mannes, und wenn auch solche fehlen, zugunsten der Stadt. Auch verliert sie das Bürgerrecht, kann es aber wieder gewinnen, wenn der Ehemann drei Jahre lang sich ehrlich gehalten hat.

Alle diese Bestimmungen, in denen die eheliche Verbindung von Bürgern und Bürgerinnen mit gesellschaftlich unter ihnen stehenden Personen mit Nachteilen belegt ist, sollen das Eindringen und Seßhaftwerden solcher Bevölkerungsteile in die Stadt verhindern und damit die Gewährschaft für eine ruhige Entwicklung des städtischen Lebens bieten.

Ein anderer Artikel: von klösterlichem Eingang wendet sich, älteren Bestrebungen dieser Art entsprechend, gegen die Anhäufung von Liegenschaften in der toten Hand und besonders in der der Klöster.64 Vielleicht, daß hier auch die Bewegung der kirchlichen Reformation sich geltend macht. Es wird den Eltern verboten, ihre Kinder in jugendlichem Alter ins Kloster zu stecken; vielmehr ist der Eintritt für Männer erst im Alter von zwanzig Jahren, für Mädchen von achtzehn Jahren gestattet und darf nur freiwillig erfolgen. Die Ausstattung des Mönches oder der Nonne darf nur in Fahrhabe oder Bargeld, nicht in Liegenschaften geschehen. Liegenschaften dürfen nur als Pfand gegen einen Lösungsbrief gegeben werden. Der Mönch und die Nonne verlieren damit jeden Erbanspruch. Wenn die Klöster Leute unter dem festgesetzten Alter von zwanzig oder achtzehn Jahren aufnehmen, haben sie keinen Erbanspruch gegen diese.

Ausführliche Bestimmungen folgen dann über die Form der Geschäfte (Testamente).65 Auch diese Bestimmungen knüpfen an älteren Rechtsbrauch an. Dabei wird zwischen [Seite: 114] Männern und Frauen unterschieden. Für Männer ist das eigenhändig geschriebene Testament anerkannt, wenn es ganz von der Hand des Testators geschrieben und mit seinem Siegel oder seinem Petschaft versehen ist. Das sind die Anfänge des holographischen (eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen) Testaments, das für das moderne, Recht von so ungeheurer Bedeutung geworden ist. Daneben stellt die Stadtordnung dem Schreibkundigen noch eine andere Form zur Auswahl, das eigenhändig unterschriebene Testament. Sie verlangt zur eigenhändigen Unterschrift noch das Siegel oder das Petschaft des Ausstellers und das Siegel eines oder die Petschaften von zwei Zeugen. Für Männer, die des Schreibens unkundig waren, wird, wenn das Geschäft im gesunden Zustand errichtet werden soll, die Besiegelung durch drei oder das Aufdrücken von Petschaften durch vier Zeugen verlangt. Das mündliche Testament läßt die Stadtordnung nur im Falle der Todeskrankheit, also als außerordentliche Form zu. Es muß vor fünf Zeugen errichtet werden, die über den Inhalt sofort vor dem Rate auszusagen haben. Für Frauen besteht die Schriftform, wobei die Urkunde von drei Männern besiegelt oder von fünfen mit ihren Petschaften versehen sein soll, und das mündliche Testament in den Formen und der Voraussetzung, wie für Männer. Als Grenze der Testierfähigkeit werden für Männer zwanzig, für Frauen achtzehn Jahre festgesetzt. Doch werden Minderjährige an die Zustimmung des Vormundes und ihrer nächsten Verwandten gebunden. Verboten wird jeder widerrechtliche Einfluß auf den Verfügenden durch Drohung oder Betrug, auch die Beeinflußung durch den Beichtvater. Beichtväter sollen als Zeugen der Geschäfte und als Testamentsvollstrecker ausgeschlossen sein. Auch der Testamentsvollstrecker sollte nicht Zeuge sein.

Alle diese Bestimmungen entsprechen zweifellos der Gewohnheit, wie sie sich in Wien ausgebildet hatte und haben auf das spätere österreichische Recht eingewirkt.

Eine Verlassenschaftsabhandlung war dem Wiener Rechte nicht bekannt. Es sollten aber die Geschäfte durch Bürgermeister und Rat eröffnet und in die Geschäftsbücher eingetragen werden. Zu dem Zweck sollte binnen acht Tagen nach dem Tod des Erblassers die Anzeige an den Bürgermeister geschehen, der dann die Eröffnung des Geschäftes anordnen sollte. Die Eintragung erfolgte nur zu Beweiszwecken. Es war auch nach Ablauf eines Jahres noch möglich, das Geschäft anzufechten; es fand also keine Verschweigung des Widerspruches statt. Auch die Testamente von Geistlichen, die nur ein Manualbenefizium, das ist ein auf bestimmte Zeit oder Widerruf verliehenes, besaßen, sollten vor Bürgermeister und Rat eröffnet werden.

An die Bestimmungen über die Geschäfte schließen sich solche über Erbverträge und Vermächtnisverträge unter Ehegatten,66 die außerhalb der Heiratsbriefe errichtet wurden. Der Ehemann konnte Vermächtnisse für seine Ehefrau durch Urkunde errichten, die außer ihm durch zwei Zeugen besiegelt wurde; hatte er kein eigenes Siegel, so bedurfte er dreier Siegler. Die Ehefrau aber sollte vor der Errichtung eines Vermächtnisses mitsamt ihrem Ehemanne vor dem Bürgermeister erscheinen und ihm ihren Willen vortragen. Dieser bestimmte zwei Ratsherren zur Entgegennahme der Erklärung; sie sollten auch die Urkunde über das Vermächtnis mitbesiegeln.

.Ausführliche Bestimmungen bringt die Stadtordnung dann über die Vormundschaft. Sie soll bei Männern bis zum zweiundzwanzigsten, bei Frauen bis zum zwanzigsten Jahre dauern. Nach dem älterem Wiener Rechte war man mit achtzehn zu seinen bescheidenen Jahren gekommen.67 Somit war eine Hinaufsetzung der Mündigkeitsgrenze wahrscheinlich unter dem Einfluß des römischen Rechtes, dessen Zeitgrenzen aber doch nicht angenommen wurden, erfolgt. Durch Heirat wird man, wie im heutigen Schweizer Rechte mündig.

Über die Vormundschaft hatte schon das Stadtrecht Maximilian I. von 1517 Bestimmungen getroffen,68 in denen ältere in dem Stadtrecht von 1340 enthaltene ergänzt [Seite: 115] werden.69 Maximilian hat den Bürgermeister und Rat beauftragt, wenn nicht schon der Vater Vormünder bestellt hatte, für die hinterlassenen minderjährigen Kinder einen ihrer Verwandten und noch zwei Männer zu Vormündern zu ernennen. Dem Rate sollten die Vormünder jährlich mit Zuziehung der Verwandten der Mündel Rechnung legen. In der Stadtordnung von 1526 wurden die Pflichten des Vormundes und die Obervormundschaft des Rates weiter ausgebaut. Eine bestimmte Zahl von Vormündern wird nicht mehr gefordert. Datür soll über das Vermögen der Mündel ein Inventar errichtet und dem Vormund eingehändigt werden. Der Vormund soll über die Führung der Vormundschaft jährlich vor den dazu verordneten Räten und einigen Verwandten des Mündels Rechnung legen. Wenn die Rechnung genehmigt ist, sollen Bürgermeister und Rat Lossprechung erteilen. Ja, diese sind verpflichtet, jährlich das liegende Vermögen der Mündel zu besehen. Geschieht den Mündeln ein Schaden, so sollen Bürgermeister und Rat auf Ersatz dringen. Liegenschaften der Mündel dürfen zur Bezahlung von Erbschaftsschulden nur mit Zustimmung von Bürgermeister und Rat veräußert werden. Den Vormündern ist es verboten, das Gut ihrer Mündel durch Kauf oder in anderer Weise an sich zu bringen. Ein Ratsherr darf nur dann Vormund sein, wenn ihn der Vater des Mündels dazu ernannt hat, da ja der Stadtrat die Aufsicht über die Vormünder zu führen hat. Die Verheiratung des Mündels darf der Vormund nicht ohne Wissen des Bürgermeisters und Rates veranlassen. Der Vormund hat sein Mündel rechtschaffen zu erziehen.

Verschwendern sollen Bürgermeister und Rat Kuratoren und "Aufseher" setzen.

So war das Wiener Stadtrecht durch die Stadtordnung von 1526 auf das gründlichste erneuert worden. Gewiß, vieles das sie bot, war sehr wertvoll, aber es war erkauft um den Preis der Selbstbestimmung. Denn von einer solchen konnte keine Rede mehr sein. Die Ratsherrenstellen wurden für die Lebensdauer und kraft landesfürstlicher Bestätigung besetzt, die Verwaltung verlief in Bahnen, die der Landesherr vorgezeichnet hatte. Da war es ein schwacher Trost, wenn Ferdinand I. zum Schlusse der Ordnung das Versprechen gab, daß bei ihrer zukünftigen Änderung, die er sich und seinen Nachfolgern vorbehielt, die Bürger um ihre Meinung und ihren Rat gefragt werden sollten, denn es war die Frage, ob man sich in Zukunft daran halten werde. Bei der Neuordnung des Wiener Magistrates im Jahre 1783 wenigstens wird nirgends einer Befragung der Bürgerschaft Erwähnung getan.70 Doch Wien teilte nur das Schicksal, das so viele andere deutsche Städte traf, nicht nur landesherrliche, sondern sogar Reichsstädte, vor allem auch die preußischen. Ja, in der Folge sind diese zum Teil noch tiefer gesunken wie Wien. Doch Wien mußte länger warten, bis es nach dem Schlafe in der Zeit des Absolutismus zu neuem bürgerlichen Leben erwachte.

III.

Aus dem Wortlaut der Stadtordnung von 1526 ergibt sich, daß damals noch eine besondere Stadtgerichtsordnung oder ein Stadtgerichtsordnungsbuch erlassen worden ist.71 Dreimal wird dieses Buch in der Stadtordnung erwähnt. An die Stelle des aufgehobenen Stadtrechtes von 1340 habe Ferdinand I. "welcher massen unser richter und beisitzer unsers statgerichts hinfüran handeln sollen, ain besonder buch aufgericht."72 Ebenso ist an Stelle des Privilegs des Herzogs Albrecht I. von 1296: "nach ausweisung unsers statgerichtsbuch ... zu handeln". Endlich wird der Stadtrichter angewiesen: das statgericht mitsampt unsern beisitzern nach inhalt unsers statgerichtsordnungpuech treulich und aufrichtiglich zu handlen.73[Seite: 116]

Dieses Stadtgerichtsbuch ist heute verschollen und ebensowenig findet sich eine jüngere Fassung davon,74 so daß man daran denken könnte, daß die Stadtgerichtsordnung zwar geplant, aber nicht zur Ausführung gelangt sei. Aber die Mitteilungen der Stadtordnung lauten zu bestimmt und das Schicksal der Akten des Stadtgerichtes war ein widriges. Nur ein geringer Teil ist erhalten und dem Archiv der Stadt Wien überlassen worden. Anderes soll sich noch beim Landesgericht in Strafsachen befinden, obwohl eine dort eingeholte Auskunft dahingehend lautete, daß der ganze Rest bis 1800 an das Archiv der Stadt Wien ausgeliefert worden sei. Mag dem sein, wie ihm wolle, schon der Umstand, daß eine solche Ordnung so eifrigen Sammlern älterer österreichischer Rechtsquellen, wie dem Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Karl Grafen Chorinsky und seinem treuen Gehilfen, dem Landesgerichtsrate Dr. Theodor Motloch, von denen das Archiv des Landesgerichtes jedenfalls für ihre Sammlung ausgebeutet worden ist, unbekannt blieb, spricht dagegen, daß sich diese Ordnung noch im Landesgerichte befinde. So werden wir sie wohl verloren geben müssen, wenn sie nicht doch noch einmal ein Zufall an den Tag bringt. Nachdem aber in denselben Jahrzehnten eine Ordnung für das adelige Landrecht und für die Landgerichte in Niederösterreich erlassen worden ist, dürfte um so eher der Erlaß auch einer Stadtgerichtsordnung wahrscheinlich sein.

Das Stadtgericht war landesfürstlich. Nach dem Privileg Kaiser Friedrichs war den Bürgern ein gewisser Einfluß auf die Einsetzung des Stadtrichters eingeräumt worden.75 Aber das Stadtrecht von 1296 schweigt davon und zeigt den Stadtrichter völlig vom Landesherrn abhängig. Auch in der Zeit Kaiser Maximilians I. wurde der Stadtrichter vorn Regiment im Namen des Kaisers ernannt. So geschah es dem Dr. Martin Siebenbürger im Jahre 1512, wie er selber erzählt.76 Nur insofern besaß die Bürgerschaft Einfluß auf das Stadtgericht, als die Stadträte, manchmal verstärkt durch Ausgewählte aus den Genannten und der Bürgerschaft, die Urteile fanden Damit war Gewähr gegeben, daß der Bürger durch seinesgleichen und nach dem Stadtrecht beurteilt werde. Daran änderte die Stadtordnung von 1526 im wesentlichen nichts. Der Stadtrichter blieb landesfürstlicher Beamter. Er brauchte nicht einmal ein Bürger zu sein, sondern wurde vom Landesfürsten nach Belieben ernannt und für ihn vereidet. Vom Landesfürsten empfing er den Blutbann (Bann und Acht) und konnte wieder von ihm abgesetzt werden. Er war Mitglied des Stadtrates, was er auch bisher gewesen war, aber nicht verpflichtet, die Sitzungen zu besuchen. Die Beisitzer zählten nach dem Namen, Rang und ihrer Amtstracht noch zum Stadtrat, aber auch sie nahmen an den Ratssitzungen nicht teil. Sie wurden vom Landesherrn aus dem äußeren Rat erkoren77 und besoldet. So sind auch sie zu landesfürstlichen Beamten geworden und nur der Umstand, daß sie aus dem äußeren Rat genommen wurden, gab den Bürgern Gewähr, von Standesgenossen gerichtet zu werden, denn noch immer sind es die Beisitzer, die das Urteil sprechen. Doch sind sie dem Stadtrichter untergeordnet und zu Gehorsam verpflichtet, der somit wohl den maßgebenden Einfluß auf die Rechtsprechung gewinnt. So ist das Gericht völlig zu einem landesherrlichen geworden und es führt auch schon nach wenigen Jahrzehnten den Titel: Kaiserliches Stadtgericht.78

Das Stadtgericht war Kriminalgericht. Deswegen empfängt der Stadtrichter die Ermächtigung, über das Blut zu richten und die Acht zu verkünden.79 Nur in Fällen des Hochverrates war der Landesherr und seine Regierung Richter auch über die Bürger. Dieses Recht des Landesherrn ging wohl auf die Rudolfinischen Privilegien zurück,80 obwohl es dort nicht [Seite: 117] in dieser Weise festgelegt ist. Aber der Stadtrat selber hat in seinem Streitgegen das landesfürstliche Regiment 1519 dieses Recht anerkannt,81 und nach ihm handelte Ferdinand I. , als er Martin Siebenbürger und Genossen vor das Blutgericht von Wiener Neustadt zog.82 Weiter kam dem Stadtrichter die Gerichtsbarkeit über nichtbürgerlichen Grund und Boden, dann in Klagen um Fahrhabe und Schulden zu.83 Genauer wurde die Zuständigkeit erst durch die Schrannenordnung von 1566 geregelt.84

Damit ist der Inhalt der Stadtgerichtsordnung bestimmt. Wenn in der Stadtordnung das Stadtrecht Albrecht II. von 1340 aufgehoben wird mit allen Bestimmungen: in allen strafmäßigen, frävenlichen auch bürgerlichen handlungen, was das recht, auch das richterlich ampt, geltschulden, erbgüter, testament, handwercher, mass und aller ander guter ordnungen betrifft und dafür was dieselben satzungen, handvesten und ordnungen unser stat Wienn berürt, welcher massen unser richter und beisitzer unsers statgerichts hiefüran handeln sollen, auf ein besonderes Buch verwiesen wird, das Ferdinand I. erlassen habe, wenn das Privileg Albrechts I. von 1296 mit aller satzung, ordnung und handvesten gesetzt in allen richterlichen und burgerlichen sachen gleichfalls aufgehoben und dafür angeordnet wird, daß nach dem Stadtgerichtsbuch zu richten sei, wenn endlich Stadtrichter und Beisitzer des Stadtgerichtes angewiesen werden, nach dem Stadtgerichtsordnungsbuch zu richten, so müssen wir uns dieses Buch als ein Gesetz denken, das nicht nur den peinlichen und bürgerlichen Prozeß regelte, so wie er vor dem Stadtgericht stattfinden sollte, sondern auch das materielle Strafrecht, sowie das bürgerliche Recht, insofern bürgerliche Sachen unter die Zuständigkeit des Stadtrichters fallen. Wir werden es uns ähnlich wie die Nürnberger Reformation oder das Landgerichtsbuch Kaiser Maximilian I. für Niederösterreich von 1514 vorzustellen haben, die auch umfassende Gesetzeswerke sind.85 Um so mehr ist der Verlust dieser Stadtgerichtsordnung zu bedauern. Denn sie wird auch für die Geschichte des österreichischen bürgerlichen Rechtes Bedeutung gehabt haben, wie wir aus den in die Stadtordnung aufgenommenen und oben besprochenen, so wichtigen Bestimmungen schließen dürfen.

Denn was uns in der Handschrift 7381 der Wiener Nationalbibliothek erhalten und in den Tabulae codicum als Stadtgerichtsordnung Kaiser Maximilians von 1570 angeführt und ebenso im Vorsteckblatt von moderner Hand als solche bezeichnet ist, führt diesen Titel zu Unrecht. Allerdings beginnt die Handschrift auf dem zweiten alten Vorsteckblatt mit den Worten: Römisch khais. May. stattgerichts ordnung zu Wienn Unter Österreich und auf f. 1 steht wieder an der Spitze der Ordnung: Römisch khais. Maj. stattgerichts ordnung. Aber schon die folgenden Worte tun dar, daß es sich um eine Ordnung handelt, die der Stadtrichter und die Beisitzer des Stadtgerichtes für die Sachwalter (Prokuratoren) und Advokaten erlassen haben.86 Und auch später noch wird gesagt, daß Stadtrichter und Beisitzer zur Abschneidung von Verzögerungen: dise ordnung und mass fürgenommen.

Wie kommt die Aufzeichnung zur Bezeichnung Stadtgerichtsordnung Kaiser Maximilian II.? Wohl deshalb, weil irrtümlich das Römisch khais. Maj. auf die Ordnung und nicht auf das Stadtgericht, das sich selbst als kaiserliches bezeichnet, bezogen worden ist. Immerhin muß, so lange die Stadtgerichtsordnung nicht zum Vorschein gekommen ist, diese Ordnung für die Advokaten und Parteienvertreter als Ersatz dienen, als ein kümmerlicher freilich, da er nur über den Prozeß in bürgerlichen Sachen Auskunft gibt, aber doch als ein nicht unbedeutender, weil er sich auf die Advokaten bezieht, die schon damals eine gewiß nicht zu unterschätzende, wenn auch nicht immer erfreuliche Rolle im Rechts- und Geschäftsleben der Stadt Wien gespielt haben.[Seite: 118]

Die Ordnung ist nur in Abschrift von 1688, ebenso wie eine Zusatzordnung, die in der Handschrift des Datums entbehrt, erhalten, dank des Fleißes eines Hanns Jacob Stetlinger.87 Da er von seiner Lerung spricht, möchte man ihn als Studenten der Rechte vermuten. Aber ein Mann dieses Namens findet sich in den Jahren 1670-1688 nicht in der Wiener Universitätsmatrikel und ebensowenig in der Matrikel der Juristenfakultät. Doch kann er auch bei den Jesuiten studiert haben, ohne auf der Universität immatrikuliert gewesen zu sein.88 Es ist aber auch möglich, daß er bei einem Advokaten in der Lehre stand. Denn die Handschrift enthält lauter Stücke, die für einen angehenden Rechtsanwalt oder Notar von Bedeutung waren. Außer unserer Advokatenordnung und ihrem Nachtrag (f. 1-17) eine ausführliche Abhandlung über den Prozeß (f. 18-65), eine weitere über Testamente und Kodizille (f. 66-95), über Zitationen in Prozessen und Exekutionen (f. 96-103), über Anwälte und Stellvertreter (f. 103-106), über Errichtung von Inventaren (106-112), Eidesformeln, darunter auch der Eid des Malers, der zum Augenschein bei einem Todschlag und zur Zeichnung eines Erschlagenen zugezogen ward, eine deutsche Rhetorik, ein Verzeichnis der möglichen Klagen und Einreden, weiter eine Darstellung des kanonischen Eherechtes, eine Zusammenstellung der gebräuchlichen Verzichte auf Rechtswohltaten, wie sie in den Urkunden eingefügt wurden, eine Erklärung lateinischer juristischer Fachausdrücke, eine kurze Abhandlung über die Behandlung der stehenden und eingesammelten Früchte im Eigentumsstreite und zuletzt eine gedrängte Darstellung des Prozesses in deutschen Versen, das alles ohne jede Beziehung auf Österreich und Wien, sondern eher auf den Prozeß, wie er sich vor dem Kammergerichte oder Reichshofrate abspielen mochte.

Die Ordnung des Stadtrichters für die Sachwalter im Stadtgerichte beruft sich zum Teil auf Gewohnheiten, aber auch auf eine Gerichtsordnung. Im Eide, der den Sachwaltern auferlegt wird, werden sie verpflichtet, sich in allein an: "die gerichtsordnung in allen ihren articln, clausulen und puncten und obe dieselbe hinfüro gemindert oder gemehrt würdet" zu haften. Diese Worte beziehen sich wohl sonder Zweifel auf die Stadtgerichtsordnung und nicht, woran man wohl auch denken könnte, auf die vorliegende für die Sachwalter. Diese wird zwar auch angeführt, aber mit den Worten: "hievor geschribene breich und ordnung".

Im übrigen steht die Ordnung völlig auf dem Boden des fremden, gemeinen Rechtes. Schon die Fähigkeit als Sachwalter aufzutreten, war an das juridische Studium an der Universität Wien und die Erlangung des Grades eines Doktors, Lizentiaten, Magisters oder Baccalaureus an der juridischen Fakultät dortselbst geknüpft. Davon wurde nur zugunsten der bereits beim Gerichte zugelassenen Sachwalter eine Ausnahme gemacht. Damit war der Beruf des Anwalts gelehrten Juristen vorbehalten und waren die alten deutschen Vorsprechen abgetan, die damals wohl auch dem gemeinen Rechte gegenüber versagt hätten. Doch bestand kein Anwaltszwang. Vielmehr blieb es den Parteien unverwehrt, ihre Rechtssachen selber vor dem Stadtgericht zu führen. Nur mußten sie sich dann auch der für die Sachwalter geltenden Ordnung unterwerfen.

Die Rechtsanwälte und Sachwalter hatten vor der Zulassung als Parteienvertreter einen Eid abzulegen, die Prozesse nach bestem Wissen und Gewissen zu führen, keine Verschleppungen zu versuchen, als Honorar keinen Teil der Streitsumme zu begehren, die ihnen von den Parteien anvertrauten Geheimnisse zu wahren, die Gerichtspersonen zu ehren, gegen ihre Genossen keine Schmähworte zu gebrauchen, die übernommenen Sachen zu Ende zu führen und endlich die Gerichtsordnung in allem zu befolgen. Jedes Zuwiderhandeln sollte bestraft werden. Sie mußten dann auch dem Stadtrichter an Eidesstatt geloben, diese für sie erlassene Ordnung zu befolgen.[Seite: 119]

In der Ordnung selber wird ihnen eingeschärft, pünktlich mit den Parteien zu erscheinen, sobald die Schrannenglocke läutet. Dann mußten sie die Schriften der Ordnung nach einlegen, mußten in den Schriften und bei ihren mündlichen Vorträgen sich jeder Ungebührlichkeit, jedes Spottes oder Geschimpfes enthalten und sich kurz fassen und hatten zuletzt mit den Parteien wieder abzutreten. Da ihnen das wiederholt aufgetragen wird, mögen sie es daran nicht selten haben fehlen lassen. Ebenso wird jede mutwillige Verschleppung wiederholt untersagt. Bei offensichtlich ungerechten Sachen oder wenn die Partei unbillig gegen den Gegenteil vorging, durften sie die Vertretung nicht übernehmen. Es war ferner verboten, ohne schriftliche oder mündlich durch die Partei vor Gericht und im Beisein des Gegenteils erklärte Vollmacht Rechtssachen zu übernehmen, aber auch die Vertretung ohne gerechten Grund zurückzulegen oder vor den Landgerichten Rechtsstreite zu beginnen und vor das Stadtgericht an ihrerstatt einen nicht tauglichen Vertreter zu senden. Ebenso durften sie nicht mehr Sachen übernehmen, als sie ordentlich durchführen konnten. Als Entlohnung durfte nicht ein Teil des Streitgegenstandes oder der Streitsumme bedungen werden, da man fürchtete, daß sie alsdann der Streitsache auch mit unrechten Mitteln zum Siege verhelfen würden. Sie sollte nach Billigkeit bemessen werden. Wegen Überschreitung der Lohnforderung konnten die Parteien sich an das Stadtgericht um Ermäßigung wenden. Die Sachen der Gefangenen sollten vor den andern behandelt werden, auch wenn die Anwälte keine Entlohnung von solchen zu erwarten, hatten. Zur Kollation der Akten und Verkündigung der Urteile hatten sich die Advokaten selber einzufinden und sich dabei nicht durch ihre Diener und kleine Knaben vertreten zu lassen. Vor dem Schluß der Akten sollten die Advokaten in gemeinsamer Zusammentretung Sorge tragen, daß die Akten vollständig seien und sie mit ihren Petschaften versiegeln.

Was läßt sich aus der Advokatenordnung für den Gang des Prozesses vor dem Stadtgericht entnehmen? Die Advokatenordnung kommt in Betracht, wie sie selber sagt, in gerichtlichen und extraordinari Sachen, wobei es unklar bleibt, was unter diesen zu verstehen ist, vermutlich die nicht streitigen Sachen, soweit sie im Stadtgerichte zur Verhandlung kamen. In den extraordinari Sachen wurde im Gegensatz zu den ordentlichen mündlich verhandelt. In peinlichen Klagen ist Stellvertretung ausgeschlossen. Den Verteidiger kannte der Inquisitionsprozeß, der alle Tätigkeit im Richter vereinigte, nicht. Wenn von Sachen der Gefangenen in der Ordnung die Rede ist, so ist wohl an Leute zu denken, die sich in Schuldhaft befanden, vielleicht wegen Injurien und in anderen leichteren Fällen eingezogen waren. Der Kriminalprozeß bleibt deshalb mitsamt der peinlichen Frage unerörtert.

War einmal ein Prozeß anhängig, so war es nicht gestattet, daß sich die Parteien ohne Wissen des Gerichtes verglichen, wohl weil damit das Gericht seiner Sporteln verlustig ging.

Im übrigen steht dieser Prozeß völlig unter der Herrschaft des römisch-kanonischen Rechtes, wie es auch sonst in dieser Zeit in den deutschen Gerichten angewendet wurde. Vor allem war er ein schriftlicher. Nicht nur wurde vom Gericht ein Protokoll oder eine Schrannentafel geführt, in der die mündlich erteilten Vollmachten der Advokaten, alle Erklärungen der Parteien und die Entscheidungen und Urteile des Gerichtes eingetragen wurden, sondern die Klage und Antwort usw. erfolgten schriftlich. Doch war ein mündliches Verfahren nicht ausgeschlossen, blieb aber wohl auf die extraordinari Sachen beschränkt; dann wurden die Erklärungen der Parteien zu Protokoll gegeben. Alle Schriften der Anwälte mußten von ihnen eigenhändig mit Tauf- und Zunamen unterzeichnet werden, nicht durch ihre Diener oder andere Personen, sonst sollten sie zurückgewiesen und die Dawiderhandelnden bestraft werden. Anführungen aus den geschriebenen Rechten (dem römischen und kanonischen) waren gestattet, aber nur nach der Sachlage und nach teutschen rechten verstand und nur am Rand und nicht mit dem deutschen Texte vermengt, sicher eine Anordnung, die nicht nur von Vernunft, sondern auch von gutem Geschmacke zeigt.

Zuerst wurde die Klage dem Urteilsschreiber überreicht, damit er sie zu den Akten lege. Dem Geklagten mußte eine Abschrift zugestellt werden: Dann wurde sie vor dem Gerichte [Seite: 120] angebracht, wobei jeder Anwalt nach der Reihenfolge, in der er stand, seine Erklärungen abgeben sollte. Doch scheint es dabei nicht selten zu lauten Auftritten gekommen zu sein. Im ganzen durften drei Schriften und ein Rechtssatz überreicht werden. Wenns zum Beweise kam, konnten die Einreden gegen den Beweis wieder in drei Schriften und einen Rechtssatze vorgebracht werden. Die dilatorischen (den Prozeß hindernden) Einreden sollten auf einmal und in höchstens zwei Schriften und einem Rechtssatz geltend gemacht werden, die peremptorischen (das Recht ausschließenden) in drei Schriften und einem Rechtssatz. Man war also noch weit von der Eventualmaxime entfernt, nach der alle Einreden und Beweise unter einem geltend gemacht werden mußten.

Die Partei konnte auf die eingelegten Schriften mit der Generalklausel, in der sie sich alle Rechte vorbehielt, antworten und diese zu Protokoll geben. Wenn die Rechtssätze gegeben waren, konnten weitere Äußerungen der Parteien weder schriftlich noch mündlich erfolgen. Der Gegenteil mußte seine Schrift am dritten Rechtstage, nachdem der andere Teil die seine eingelegt hatte, einlegen. Doch konnte aus berechtigten Gründen Aufschub durch das Gericht bewilligt werden. An den festgesetzten Tagen aber mußte die Einlage erfolgen, widrigenfalls sie nicht mehr zugelassen wurde.

Der Beweis und Gegenbeweis mußte unter Einheimischen binnen drei Wochen und drei Tagen erbracht werden, außer wenn gerechte Gründe für eine Erstreckung der Frist vorlagen. Was bewiesen werden und wer beweisen sollte, wurde durch ein Beweisurteil festgestellt, auf Grund dessen von den Parteien und, ihren Vertretern Beweis- und Gegenbeweisartikel aufgestellt wurden. Diese konnten angefochten werden, worüber wieder Schriften gewechselt wurden. Auf Grund der Beweisartikel wurden die Fragstücke angefertigt, die den Parteien und den Zeugen zur Beantwortung vorgelegt wurden. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Kommissäre des Gerichtes.

Wenn eine Partei vor dem Schluß der Akten ihren Rechtssatz vorgelegt hatte, so durfte sie keine Schrift mehr ohne Genehmigung der Gegenpartei vorbringen. Dieser aber war es nicht benommen, noch zwei Schriften zu überreichen.

Wie man sieht, war das Verfahren ein schwerfälliges und langsames, und die Vertreter der Parteien hatten es in der Hand, den Rechtsstreit in die Länge zu ziehen. Dagegen werden alle Mahnungen der Advokatenordnung zur Kürze nicht viel genützt haben, da sie selber Ausnahmen zuläßt und nicht kräftig genug derartige Bestrebungen unmöglich machte. Ja, selbst wenn die Partei oder ihr Vertreter bei der bestimmten Tagsatzung nicht erschienen und damit das Recht verloren, weitere Eingaben zu machen, konnte das Gericht sie doch noch hören. Es war auch den Parteien gestattet, sich einen bedacht zu nehmen, daß heißt, sich die Antwort zu überlegen, dann hatten sie am nächsten Gerichtstage ihre Erklärung abzugeben.

Vom Urteil war Berufung möglich. Wenn angeordnet wurde, daß die Advokaten die Urteile nicht ändern durften, ergibt sich neuerdings, welche Kniffe von ihnen geübt wurden. Binnen vierzehn Tagen sollten vorn Gericht die Apostel (Bericht an das Berufungsgericht) verlangt werden und es sollte dann der Schub an die Regierung erfolgen. Gegen ein kaiserliches Urteil war eine Appellation nicht mehr möglich; ein solches sollte sofort exequiert werden.

Die Berufung war auch in extraordinari sachen zulässig, das sind, die nicht streitigen Sachen.89 Auch diese sollte binnen vierzehn Tagen, vom Zeitpunkt des richterlichen Dekretes gerechnet, eingebracht werden. Auch bei ihnen gab es Schriftenwechsel an drei Rechtstagen. Von gerichtlichen Vergleichen war eine Berufung ausgeschlossen.

Jeder Bürger hatte das Recht, dreimal geladen zu werden. Erst beim dritten Ausbleiben galt er als ungehorsam. Von der Streitbefestigung (Klage und Antwort) an und in allen außerordentlichen Sachen aber mußte man schon auf die erste Ladung erscheinen. Das gleiche war für Fremde und Inwohner, die nicht Bürger waren, vorgeschrieben. Doch war wegen gerechter Ursachen eine Erstreckung der Tagsatzung möglich. Die Ursache mußte aber sofort dem [Seite: 121] Gerichte in glaubwierdtigem schein vorgelegt werden, eine Erinnerung an den alten Scheinboten , der die echte Not geltend zu machen hatte. Die Strafe des Ausbleibens war die spörr, das ist der Arrest des Vermögens.

Es war auch möglich, daß die Regierung auf Anrufen einer Partei den Abschluß eines Vergleiches anordnete. Dieser sollte binnen Monatsfrist zustandekommen.

Die Mißstände müssen durch die Advokatenordnung nicht beseitigt worden sein. Die Handschrift enthält eine zweite Ordnung, unbekannt von welcher Zeit, denn das Datum fehlt. Sie beschäftigt sich namentlich mit der Reihe, in der die Vetreter ihre Sachen anbringen sollten. Neuerdings wurde Schreien und Schimpfen verboten. Dafür wurde angeordnet, daß die Klage deutlich und bestimmt sein solle und bei Geldschulden die Höhe der Schuld nenne. Es wurde ferner verboten, daß ein Vertreter ohne Vollmacht Rechtssachen der Parteien an sich reiße, auch Angelegenheiten, die im ordentlichen Verfahren anhängig waren, mit den mündlich zu erledigenden Sachen vermische.

Es ergibt sich zugleich aus diesem Erlasse des Stadtrichters, daß das Stadtgericht um eine neue Ordnung bei der niederösterreichischen Regierung angesucht hatte. Da diese Ordnung von der Regierung ausgehen sollte, so ist es ausgeschlossen, daß damit die Ordnung von 1570 gemeint sein könnte, die wir vielmehr für älter, als diese kurze Erläuterung halten dürfen, wenn auch ein Hinweis auf jene in dieser fehlt. Es ist vielmehr dem Schreiber unserer Handschrift im Jahre 1688 ein jüngere Ordnung, als die von 1570, nicht bekannt gewesen und so wird sie wohl 1688 noch gegolten haben. Eine Änderung trat wohl erst mit der Wiener Magistratsordnung Kaiser Josef II. vom Jahre 1783 ein, durch welche nicht nur das Stadtgericht, sondern auch die Zusammensetzung des Rates eine gründliche Umgestaltung erfahren hat.

[Quellen]

[I.] Römisch khais. Maj. stattgerichtsordnung.

Röm. khais. Maj. stattrichters zu Wienn und N. der geschwornen herrn beisiczer hechsternennter Ihrer khais. Maj. stattgerichts daselbst ordnungen, wie und was gestalt sich hiefuro die gerichtsprocuratores verhalten sollen.

Von der Röm. khais. Maj. unsers a. g. herrn etc. stattrichter allhie zu Wienn allen und jeden bei gericht verwannten procuratorn, advocaten, schriftenmachern hiemit anzuzaigen. Nachdem etliche derselben auch die parteien, so vor disem stattgericht handtlen und rechten haben, der ordentlichen gebreuch des stattgerichts ein zeit hero wenig in acht und wahrgenommen, sich auch zu zeiten mit unwissenheit entschuldiget haben wellen, dardurch die parteien gegen einander in ihren handtlungen in rechten und mündlichen verhörn oftermals aufgezogen, verhündert und dem ordentlichen termin (wie doch bei angeregtem stattgericht von alterher mit gueter dem recht wolgewester gewonheit hergepracht) wenig nachgelebt, derohalben und aus erzehlter ursachen wohlgedachte herrn stattrichter und beisitzer dissmals die nachvolgende articl und ordnung im gericht der procuratorn, parteien und gwalttragern zu eröffnen fürgenommen, die ihnen hiemit auf dass hinfüron bessere ordnung in den mündlichen verhern und ordinarii sachen gehalten, publiciert und verlesen worden, wie in sonderheit die procuratores, die anderst ihrer sachen vor disem gericht handlen und füehren, sich auf das hechst derselben bevleissen und gebrauchen sollen.

Anfenklichen soll ein jeder, so vor disem khais. stattgericht procuriern oder fürstehen will, zuvor bei der löbl. universitet alhie sonderlichen a facultate iuridica ain sonder würklich membrum angenommen und approbiert, auch dessen dem herrn stattrichter ainen genuegsamen schein seiner persohnen qualitet und geschicklichkeit fürzubrüngen schuldig sein. Es solle auch hinfüran keiner uber die zuvor angenommene procuratores ausser examinierten oder graduierten persohnen, als doctorn, licentiaten, magistern und baccalaur iuris zue procuriern zuegelassen werden. So vill aber über die jetzige anzahl zue procuriern bei disem gericht an und aufgenommen werden, die sollen zuvor dem herrn stattrichter, das sie sich diser ordnung allerdüngs gemäss verhalten und derselben wissentlich noch fürseczlich zugegen nichts handlen wellen, an aidsstat vergreiffen und angloben [Seite: WSO.122] und solle in sonderheit keiner, er habe dann dessen zuvor bewilligung von disem gericht, weder schrift- noch mündlich in parteisachen zu handtlen verlaubt sein. Wo sich dann under dennen angenommenen procuratorn jemand diser ordnung in ainem oder andern articl zuwider verhalten oder sein parteisachen nit mit vleiss wie sich gebürt beiwohnen wurde, so soll gegen ainen jeden nach glegenheit seines verprechens mit unablessiger straff fürgangen werden.

Es sollen alle procuratores, so durch die herrn stattrichter und beisiczer des khais. stattgerichts zu Wienn bei denselben gerichten angenomben und zuegelassen werden, ihr vleiss, acht und aufmerkhen haben, dass wann die schranngloggen zu dennen gewendlichen gerichtstägen geleut wüerdt, ain jeder procurator mit seiner partei vor gericht erscheine, auf die herrn verharre und warte, alsdann so man zu gericht siczt, im anfang die gerichtlichen schrüften in ainer ordnung wie sich gebürt zu gericht zuhanden des urtlschreibers einlegen, dem gegenteil copi darvon zuestellen und nach einlegung der schriften aber in der ordnung umb recht anrueffen, auch verner wie ein jeder stehet, in verher und andern gemeinen händlen verfahren und in ihren gerichtlichen fürträgen guete zucht und ordnung halten, auch ainer dem andern in seinem fürtrag, anrueffen und begehren nicht in die red fallen, spötliche stumpfierung oder antastung enthalten, sondern sich khurzer und zu der sachen dienstlicher wort gebrauchen, mit zwoen reden schliessen und das gericht mit unnotwendigen ausfüehrungen nit behelligen, auch kheiner von gericht ehe die parteien abgeschafft werden, ohne zuegeben des gerichts nit abgehen, auch verner wann die parteien abgeschafft werden, sich weiter red und anrueffen enthalten und ain gericht verner darüber nit behelligen noch aufhalten, sondern unverzogentlich abgehen und sich diser gerichtsordnung wie hernach lauter austruckt und begriffen, gegeben und nachkhomben.

In der haubtsachen ainer jeden handlung, so im gericht stehet, sollen si mit drei schriften und ainem rechtsacz verfahren und bevleissen. So ain sachen zur weissung khombt, sollen und mügen sie ihre einreden auf die weissung auch mit drei schriften tuen und alsdann mit ainem rechtsacz, wie hernach angezaigt wierdt, beschliessen.

So ain partei in dilatoriis mehr als ein exception fürzuwendten, hat sie dieselben zu verhüetung lengerer umbfüehrung des gegenteils im rechten auf ainmahl auf einander einzubrüngen.

In dennen exceptionibus, so dilatoriae genennt werden, soll ein jeder teil nit mehr als mit ainer oder aufs maist zwoen schriften verfahrn und darauf mit ainem rechtsacz schliessen. Aber in peremptoribus exceptionibus, nachdem dieselben die haubtsachen mit sich brüngen und füehrn, sollen dennen parteien mit drei schriften zu verfahren gegen einander und mit ainem rechtsacz zu beschliessen hiemit zuegelassen sein.

Wessen sich die parteien und procuratoren in ihren schrüften enthalten sollen.

Die parteien, procuratores, advocaten, schrüftenmacher oder supplicationschreiber sollen sich nit allein in ihren reden und mündlichen fürbrüngen vor gericht, sondern auch in allen ihren schrüften, die werden im recht, in verher oder sonst supplication oder berichtweiss für gericht eingelegt, aller ersambkeit bevleissen, sich in allweg kheiner schmach oder schimpfierung weder von ihren parteien, noch ihr selbst persohn wegen nicht brauchen, nichts so zur substanz oder notturft des handtls nit dienstlich ist, einfüehren, die oft beschechene repetierung vor eingefüehrter puncten oder argument aigentlich vermeiden und in summa ohne mitl allein bei dem grund der sachen bleiben, demselbigen mit dem kürzisten als es sein und die notturft erleiden khann zu brüngen und fürnemlich sich in der lesten oder schlussschrüften vor aller neuerung enthalten. Wo sich ain partei ainiger schmächung, stumpfierung, neuerung oder anderer dergleichen undienstlichen einfüehrungen münd- oder schrüftlich zugebrauchen nit wurde enthalten, so solle sich der gegenteil hinwiderumb in gleichmässiger schmächlicher undienstlichen und neuerlichen einfüehrung nit einlassen, sondern was er neues undienstliches in solcher schrüft befündet, daselbst in marginem verzaichnen und dem gericht fürbrüngen, damit sie solcher verbotenen einfüehrung übersehen und erwegen mögen und befünden, daß in ainigen puncten darwider gehandlet und gebrochen wurde, gegen dem, der die übertrettung tuet, nach gestalt der verbrechung mit straff verfahren.

In den rechtsaczen, darin ain zeithero in etlichen sachen nit allein mit übermessiger leng, so man durch khlein enge schrüft zu verdecken vermeint hat, sondern auch mit vill frembden einfüehrungen ain sondere unordnung gespürt worden, sollen sie hinfuron die parteien und ihre procuratores der khurzen mitl bevleissen und darinnen durchaus kheine neuerung gebrauchen und hierinen nemblich dise ordnung halten. So ain partei in ihrem rechtsacz ain oder mehr substantial puncten ihrer behelf per modum epilogi oder sonst der sachen notturft nach vermelden will, solle das schrüftlich beschehen.

Wo aber ain partei allein in der gemein auf die vorigen einkhomnen schrüften und acta mit der gewohntlichen generalclausul beschliessen will, das mag sie mit der khürz vor gericht [Seite: WSO.123] aufschreiben lassen tuen; und so die rechtsacz von den parteien beschehen, soll damit in der sachen beschlossen sein und weiter nichts mehr weder schrüft- noch mündlich eingefüehrt, sonder darüber nach gerichtsordnung vergriffen werden. Und nachdem die ordnung dises gerichts vermag, wann ein partei vor gericht eingelegt, daß der gegenteil darnach zu dem 3. rechtstag auch einlegen soll, sollen sich die parteien und procuratores mit einlegung der schrüften zu dem driten rechtstag solcher ordnung aigentlich gemäss halten und sich darinen kheiner nachlässigen oder gefährlichen verlengerung gebrauchen bei vermeidung der straff.

Wo aber die einlegung etwo auss genuegsamen ursachen oder verhünderung nit beschehen khundt, fürnemblich das die eingelegte schrüft so lang oder dermassen gegründt, dass dieselbe die partei mit dem procurator nit so eilend beratschlagen mecht oder ain partei briefliche urkundten khundschaften oder anders dergleichen darzue sie in recht zuegelassen wäre, fürzebrüngen hete und denselben nit bekhomen mechte, solle dem gericht durch die partei, an dennen wie gemelt das einlegen ist, die ursachen oder verhünderung ohne sondere disputation ehe und der drite rechtstag khombt, mit der khürz und in glaubwierdigen schein angezaigt und fürbracht werden und mit willen und wissen des gerichts verner termin erlangen und bescheids gewarten und nit ain procurator dem andern zeit geben und ainander der parteien zu nachtl verzug übersehen.

Gleicher weiss so ain partei oder procurator ein bestimbter termin zu der verfahrung oder einlegung geben wirdt, solle dieselbe gedacht sein, in solchem termin gewisslich einzulegen. Dann wo sie das ohne sondere ehehafte ursachen, die wie iezt oben gemelt dem gericht in glaubwierdtigem schein fürgebracht sollen werden, nit tuen, sollen sie ohne bewilligung des gegenteils ferner nit zuegelassen, sonder auf das so vor einkhomen, was recht ist, gehandlet werden.

Wann ain sach zur weissung khombt, sollen solche weiss- und gegenweissung durch ain jede partei im burgkfrid und inner land in drei wochen und drei tagen volfüehrt werden und ob ainem oder dem andern teil ehehaft ursachen und verhünderungen fürfüellen, derhalben er in dem aufgesetzten termin sein weiss- oder gegenweissung nit vollfüehren mecht, derselbe soll solche sein ehehafte verhündterung dem gericht von stund an als ihme die fürkhomen in glaubwierdtigem schein fürbringen, damit das gericht darüber gebürlichen beschaid geben müge und solches fürbrüngen gar nit auf den lesten tag des angeseczten termins anstehen lassen, wie bishero oftermals beschehen ist.

Welche partei oder derselben procurator und gwalttrager mit solcher fürbrüngung ihrer verhünderung in die letste täg des fürgesetzten termins verziehen und das gerücht befünden wurde, dass solches aus gefahr, unfleiss oder nachlessigkheit beschehen wär, demselben solle weiter tag oder dilation nit bewilliget noch zu weiterer volfüehrung der weissung nit zuegelassen, sondern auf des gehorsamen teil anrueffen und dasjhenige, so vor in der schrüft durch beede teil ankhomben, verner durch erkhanntnus wie sich gebürt und recht ist gehandlet werden. Demnach sich die procuratores mit willigung der weissarticl und fragstuckh wissen zu fürdern.

Weiter würdt befunden, ob den parteien in weissung durch urtl oder abschied lauter mass und austruckht geben wierd, was sie weisen sollen, dass sie vilmahlen demselben zuwider unfärlichen und zu der sachen substantz gar nichts dienstliches weissarticl oder gegenweissarticl einlegen und damit zu verlengerlicher disputation derselben inpertinentiis gleich etlicher massen fürseczlich ursach geben.

Widerumb befündt sich auch, dass mehrmals die weissarticl muetwillig angefochten werden, obegleich die zu der sachen dienstlich und dem gegebenen urtl und abschied gemess gestelt sein, dardurch auch die handtlungen nit wenig verhündert auch aufgezogen werden. Solches fürzukhomen, will ain gericht obgemelten parteien, ihren procuratoribus und gwalttragern aufgelegt und eingebunden haben, dass sie nun hinfüron ihre weiss- und gegenweissarticl den ergangnen urtln und abschieden gemäss und zu der sachen substanz dermassen dienstlich und schliesslich stellen, damit die dem gegenteil anzufechten und zu disputiern nit von neten tue, dass sich auch die parteien und ihre gwalttrager und procuratores wider die weissarticl so eingelegt werden ohne sondere bewegliche genuegsambe ursachen in solche disputation nit begeben, sonder sich also baiderseits zu endschaft der sachen als billich befürdern und so es aber zur disputation der weissarticl oder gegenweissarticl khombt, soll jeder tail darauf mit ainer schrüft und ainem beschlussverfahren allweg ain schrüft umb die ander in dem ordentlichen termin des driten rechtstag gegen einander einlegen und in kheinen aufzug stellen.

Nachdem auch mit den fragstuckhen derselben übrigen anzahl und unteüglichkheit durch ville parteien khein mass noch ordnung gehalten, sonder überhauft, auch der sachen weder anheng- noch dienstlich eingelegt werden, dardurch den commissarien in verhör- und erledigung der sachen nit wenig zeit vergebentlich aus den henden gezogen wierdt und aber von recht geordnet ist dass ain richter die übrigen unnotwendigen stuckh abschneiden möge, demnach hat ein gericht [Seite: WSO.124] solches zu tuen den verordneten commissarien bevolchen und aufgelegt, auch darneben, wo in solchen fragstuckhen ainige schmachwort befunden, gegen den parteien und ihren procuratorn, der solch fragstuckh eingelegt, mit straff fürgangen solle werden.

Nach dem rechtsacz.

So ein partei vor einlegung der ordentlichen schlussschrüft ihren rechtsacz, der beschehe gleich auf des gegenteils erste oder anderte schrüft [tut], so solle dieselbe partei so den rechtsacz getan in dem strit darinnen solcher rechtsacz beschehen ist, ferner mit kheiner schrüft zuegelassen werden, es wolle solches dann der gegenteil selbsten zuegeben, aber dem gegenteil unverhündert des beschehenen rechtsaczs solle damit nit benomben sein, mit ainer andern oder driten schrüft nach vermüg diser ordnung im rechten zu verfahren.

Es soll sich khein procurator vor gericht zue handtlen understehen, er habe dann des genuegsamen völligen gwalt, so ihme durch sein partei vor gericht mündlich beisein des gegenteils geben, in die prothocoll oder schranntafel eingeschriben worden.

Wo aber ainer ain geschribenen gewalt hette, soll er den vor allen handtlungen im gericht einlegen und so der gegenteil in solchem gwalt ainigen zweifel der unvolkhomenheit zu haben vermeint und desthalben den gwalt ersehen will, so soll solches in gegenwart der partei bei dem herrn stattrichter oder urtlschreiber beschehen, und so darinen ainiger mangl befunden wurde oder das der gwalt sonst nit genuegsam wäre, solle sich der procurator, auf den der gwalt gestellet ist, bei seinem principalln umb ainen andern genuegsamen gewalt bewerben und alsdann denselben mit ehistem im gericht fürbrüngen, darvon auch dem gegenteil glaubwierdige copei vor gericht zuestellen, in massen mit den schrüften, so im gericht eingelegt werden, beschiecht, und nur allein, es seie der gwalt als wie gemelt zu verstehen angenomen und zuegelassen, soll weder ainer oder der ander teil nichts handlen, so lang biss ain genuegsamer gwalt für gericht khombt und wie sich gebürt ain bestand zum rechten geton werde. So das beschiecht, alsdann mögen die parteien im rechten gegen einander verfahren.

Es soll sich auch khein procurator desshalben gewalt unerörtert dess streits, derhalben er sich dess gewalts angenomen, ausser sonder ehehaften ursachen und zu forderist ohne vorwisen und zuegeben des gerichts kheines wegs entschlagen und dardurch die parteien in ihren notturften zu verkhürzen oder in nachtl zueführen.

Es will auch den herrn stattrichter und beisitzer, dieweil sie der khais. Maj. unsers a. g. herren etc. darzue geschworen und an den geordneten rechtstagen auf der burgerschrann zu erscheinen verbunden sein, füron beschwärlich und lenger nit gedulden sein, dass die procuratores und gwalttrager auf das land auszuziehen, obe sie es gleich mit vergunstigung vermeint zu haben, dann durch das die parteien in rechtsachen vor disem gericht angehenkt und auch gericht und recht gespört verbleiben muessen. Demnach es bestelt, dass ain procurator oder so er also mit vorwissen und zuegeben des gerichts ausraiset der seinen parteien ainen andern mit genuegsamen gwalt und notturftiger underricht an seiner stat in das recht [sende], damit die gegenpartei in ihren sachen nit derfte angehenkt beleiben und unbillichen verzug leiden, sonsten unbillichen solle kheiner an leibsnoth oder dergleichen erhebliche entschuldigung und ursachen ausbleiben.

Khein procurator soll mehr sachen, dann so vill er ohne nachtl der parteien woll und statlich ausrichten mag, annehmen on auszug durch meng der handlung damit sie sich zu zeiten beladen, die parteien im rechten versaumbt angehenckt oder etwo auch verkhürzt werden.

Wo aber ain partei, so im recht schwebt und stehet, in derselben rechtsachen und handlung kheinen procurator mit volkhomnem gewalt zu gericht stellen, sondern denselben ihren rechtsachen selbst ausswarten, procedieren, verfahren und handtlen wolte, dass alsdann dieselbe partei ad omnes et singulos actus selbst persohntlich erscheine und ohne ehehafte ursachen und zuegeben des gerichts nit aussen bleibe, damit derselben gegenteil nit angehenkht und in vergebenen unkhosten und schaden gefuehrt werden. Wo aber ain partei also absaumig und ihren rechten und handlungen selbst oder durch ainen vollmechtigen gwalttrager nicht auswarten, sondern auf anrueffen dess gegenteils darüber weiter durch des gerichts geschwornen fronboten auf einen bestimbten rechtstag zu entlicher verfahrung verkhündt, erfordert, betretten und nit erscheinen, sondern sich also ungehorsam erzaigen wurde, das alsdann auf dess gehorsamben einkhumben mit erkhantnus fürgangen und der ungehorsamb zu weiter verfahrung oder fürbrüngen seiner notturft ausser güetlicher bewilligung des gerichts nit mehr zuegelassen und in diesen und dergleichen fällen ain gleichheit halten und zu erhaltung der gehorsam kheines für des andern verschont werden. Es sollen auch die procuratores, parteien gwalt und after gwalttrager alle anbot, bedacht, schub, vermeldung, gwalt- und aftergwalt, aufhalten der schuld, fürstellung und beaidigung der zeugen und anderer, meldung der exception, düngnus, abschied, entschied beiurtl und alles anders, so durch sie in rechtsaczen mündlich auf ainen [Seite: WSO.125] rechtstage fürpracht oder vor gericht verner erkhent oder gehandlet soll werden oder der teil und partei sich fürbass in wass mass und gestalt, dass sie betragen will, auf denselben rechtstag und vor gericht zu hand in die geschwornen schranntafel oder prothocoll oder gedächtnus, wie auch von alter herkhomen registriern und einschreiben lassen.

Welcher procurator, partei oder gwalttrager aber des also nit teten, so wellen die herrn stattrichter und beisiczer alsdann fürohin als obe es nit geschehen oder gehandlet und die teil oder parteien sich des nit heten vertragen oder gebrauchen wellen, achten und dass es wider ander teil und parteien im gericht von unkreften sein solle, halten.

Ein jede partei oder procurator, so ihme ain bedacht aus zuelassung des gerichts nimbt, es sei in was strit der sachen es welle genomben, solchen bedacht den ersten rechtstag darnach, an welchem offnen recht besessen oder verher gehalten wierdet ohne ainige verner fürforderung zu erscheinen und den bedacht zu eröffnen und die notturft zue handlen schuldig sei bei vermeidung der straff.

Subscriptio procuratorum.

Es sollen auch füron alle procuratores, advocaten, supplicationschreiber alle schrüften, supplicationen, begern, bericht, so sie vor gericht einlegen, wie ihnen das zuvor auch aufgelegt worden, neben der parteien mit ihrem tauf- und zuenahmen durch aigne hand unterschreiben und nicht durch ihre dienner oder andere persohnen. Welcher aber hierwider handlet, und ein gericht übertreters persohnen in erinderung khombt, denselben wer der sei wurde ain gericht neben dem, dass solche schrüft nit angenomen noch nichts darauf gehandlt werden solle, in gebürliche straff nemben und darinen zu erhaltung des gehorsam niemands verschonen.

Procurator parti suae non tenetur in non licitis patrocinari.

Wann ain procuratur sicht oder verstehet, dass ain partei ihrer sachen nicht recht oder fueg hat oder dass sie sonst dem gegenteil im recht oder verhör unbillicher weiss umb und in verlengerung füehren wolt, solte derselbe procurator oder advocat bei seinem aid und gewissen solches zu tuen nicht schuldig sein.

Khein procurator, advocat, schrüftenmacher oder supplicationschreiber solle mit den parteien umb ainigen teil der haubtsachen, schaden oder expens, darumben er von dem khais. gericht inner oder ausser rechtens procuriert oder handlet, pact oder gedüng machen, zu latein de quota litis genannt bei vermeidung schwärer straff, aber um ain zimlich erbar gedüng und billich besoldung mögen sie sich von den parteien in ihren sachen woll bestellen lassen, auch wo sie nit bestallung haben, sonst was zimblich und billich ist, umb ihr gehabte müehe von den parteien nemben, doch aigentlich bedacht sein, hierinnen niemand wider die billigkeit zu übernemben oder zu beschwären und wo desthalben ain advocat, procurator, supplicationschreiber oder schriftenmacher mit ainer partei stritig wurde, dasselbe für die herrn stattrichter und beisiczer des khais. stattgerichts darvor die handlung schwebt, fürbrüngen, darinnen ihren tax erwarten und dann beede teil bei solcher taxierung verbleiben.

Und wo abschied oder urtl ergehen, daß khein procurator dieselb prolongier oder anderst zu machen verner understehe, sondern sich der (wo er darin beschwert) mit zichtigen worten in gebürlichen tagen nach ordnung der rechten für die hoche obrigkheit dünge oder appeliere, doch in allweeg der appellant inner 14 tagen die acta apostl begern und haben und dann die schub inhalt der hechsternennter khais. Maj. unsers a. g. herrn etc. regierung ausgangen ratschleg und bevelch in gebürlicher termin zu gericht erlegen und solche überantwortung der schub wie sich gebürt in die schranntafel einschreiben lassen.

Nachdem sich auch bishero zu mehrmallen begeben hat, dass in fürbrüngung der acten an den originaln und andern schrüften und brieflichen urkhunden, darauf sich die parteien zu ihren eingelegten schrüften referiern und lendten, abgang befunden worden, dardurch mehrmals das gericht dieselben acta vergebens gelesen und darzue die zeit umbsonsten neben der arbeit verschwenden muess, will demnach ain gericht hiemit allen parteien und deroselben advocaten und procuratorn hiemit auferlegt haben, wann sie nun fürter in den gerichtlichen auch extraordinarii sachen beschlossen zu recht geseczt und darüber vergriffen haben, das sie sich alsdann ainer glegenen stund mit einander vergleichen oder ihnen die von dem urtlschreiber benennt und angestelt wierdet, daselbst in die canzlei gewisslich verfüegen und sich gehorsamb erzaigen und daselbst die neben den neuen acten vleissig collationiern und wo bei demselben ainiger mangl oder abgang, es sei an den brieflichen urkunden oder schrüften verhanden, den von stund an erstatten und alsdann nach ordentlicher collationierung die acta mit ihren pedtschaften verschliessen und dieselbige in solche richtigkeit brüngen und ordnen, damit man fürder in fürbrüngung der gerichtlichen auch extraordinari sachen [Seite: 126] nit dermassen wie ein zeither beschehen mangl oder abgang befunden. Dann welche darüber ferner ungehorsam, unfleissig oder ainiger ander abgang befunden, dieselben sollen vor gericht bestraft werden.

Und wiewolln die herrn stattrichter und beisiczer bishero zue mehrmallen den procuratorn in der gemein vor gericht eingesagt und auferlegt haben, der armen gefangenen handlung, so vor dem stattgericht im recht schweben und zue ihrer entschuldigung und purgation gelassen worden, mit dem hechsten zu befürdern, so wierdet doch durch etliche procuratores, so durch die gefangnen bestellet oder ihren anruffen nach vor gericht zu handlen oder gefangenen zuegeordnet und purgationsachen vill absaumigkheit und verzug gespürt und befunden. Wollen demnach die herrn richter und beisiczer allen procuratorn mit allem ernst aufgelegt haben, das sie hinfüron der gefangenen handlungen und sachen mit hechstem treuen embsigen vleis handlen und die vor allen anderen gerichtlichen sachen so vill muglich befürderen und in khain verlengerung oder aufzug stellen auch nit ansehen, das ihnen die gefangenen zu zeiten ihr bemüehung nit bezallen, sondern dise bezallung von gott dem allmechtigen zu empfangen haben. Dann wo solches nit beschechen, wurde ain gericht gegen ihnen, so also die arme gefangene aufziehen und verabsaumen, mit ernstlicher straff fürgehen.

Allegationes iuris permissae.

Weil zu disen zeiten mehr als zuvor sich begibt, dass in der parteien schrüfften die advocaten und procuratores aus den geschribenen rechten allegationes einführen, will ain gericht solches nit abschlagen, doch das es den sachen und handlungen gemäss und nach Teutschem rechtem verstand beschehe und allein ad marginem und gar nit under das Teutsche mischen und seczen sollen.

Collationierung.

Wie wolle ain zeit hero die procuratores und advocaten zu collationierung der acten, dergleichen zu eröffnung der urtl und abschied allein ihro diener, schreiber und zu zeiten khleine knaben geschickht, daraus bei der collationierung und in andere weg zu verlengerung der sachen und dem gegenteil zu nachtl allerlai irrung entstanden, demselben fürzukhomben ist den procuratorn auch hiemit auferlegt und bevolchen, das sie sich hinfüron zu collationierung der acten und zur eröffnung der urtl und abschied in gerichtlichen und extraordinari sachen selbst in aigener persohn verfügen und nit ihro schreiber oder khnaben und fürnemblich in der sach, daran dennen parteien etwas gelegen, an ihrer stat schickhen bei vermeidung der straffe.

Appellationes oder declarationen.

Nachdem sich bishero zu mehrmallen begeben und zuegetragen hat, das sich etliche parteien über das, dass die haubtsachen durch die ergangene urtl, abschied und darüber erfolgten khais. declaration zu entschaft geloffen und zu der execution khomen, nit weniger ganz muetwilliger weiss allein zu aufzug und verlengerung der sachen dasjhenige, als von gericht ihnen in den lautern executionsachen zu volziehung der ergangenen urtl und abschied auferlegt worden, zu appellieren understanden, dieweil aber behabt urtl und recht, wo die ihrer inhalt nach nicht vollziehen, khein frucht brüngen wollen, demnach ein gericht solche muetwillig appellation in den executionsachen verer nit zuelassen, sondern hiemit genzlich abgeschnidten haben, mit disem anhang, wo sich ain partei also dem ergangenen khais. declarationsurtl und abschieden zuwider einlassen wurde, das gegen derselben mit straff fürgangen solle werden.

Vergleichung in sachen ohne des gerichts vorwissen.

Dieweil sich auch oftmals zuetregt und begibt, dass [sich die parteien umb] die stritigen iniurii und andere sachen, derhalben die parteien gegen einander im recht oder extraordinarii verher und schrüftlichen sachen wachsen, aber in schwebendem strit ausser rechtlichen erkhantnus oder verabschiedung in güettige handlung und vergleichung ohne vorwissen des gerichts einlassen, so sollen solche vergleichung fürohin allweg mit vorwissen des gerichts, damit es dessen ain wissen habe, beschehen und dem gericht bei vermeidung der straff nit verhalten werden.

Von abschieds appellationen in extraordinariis.

Wo aber in den extraordinarii sachen auf der partei mündliche clag und antword abschied ergehen, darvon zum teil die parteien appelliern, nicht zu rechter weil und zeit prosequiern, sonder sich derhalben zwischen den teillen strit und irrungen begeben und sich derselben zu zeiten selbs under einander vergleichen mögen, auch weiters bescheids darüber begehren, welches dann dem [Seite: WSO.127] gericht aus lenge der zeit solcher beschechenen appellation und was von beeden parteien mündlich fürkhombt zu erhalten beschwerlichen und zu abstellung solches, daraus strit und irrung fliessen und ervolgen, ist verordnet und beschlossen, welche partei sich aines abschieds nun fürter in mündlicher verhör ergangen beschwärt und denselben zu hocher erledigung appelliert, dass beede parteien solche appellation in 14 tagen nach eröffnung des abschieds prosequiern und von stund an ihr clag und antwort ein- und gegenreden, was sie in mündlicher verher fürgebracht, in schrüften stellen und in dreien rechtstägen bis zum beschluss gegen einander verfahren, damit die appellation zu verer erledigung gebracht und die partei nicht über jahr und tag mit der verfahrung zu aufrichtung der appellation aufgezogen und in unkhosten gefuehrt werde, doch alle unnotwendig und muetwillige appellationen hierinnen ausgeschlossen. Welche partei aber obbegriffner ordnung und benennten termin ausser ehehaften ursachen mit aufrichtung der appellation nit nachkhomen, dieselben ohne bewilligung des gegenteils verner nit zuegelassen, sonder auf das so einkhomen, die gebühr weiter gehandlet werden, doch mit dem anhang, wo etwan genuegsame ursachen fürkhomen wurden, derhalben durch ein oder die ander partei die aufrichtung der appellation in bestimbtem termin nit beschehen mechte, dass alsdann der stattrichter und beisiczer nach vermüg solcher ursachen mit erkhantnus darüber was billich ist, handlen, damit niemand wider die billigkheit beschwärdt, übereilt oder versaumbt werde.

Und dieweiln auch die herrn stattrichter und beisiczer des khais. stattgerichts bisher in stattlicher erfahrung, was massen sich etliche ungehorsame parteien über dass si durch gericht auch geschwornen des stattgerichts fronboten ordentlich wie sich gebürt gegen ihrem gegenteil vor dem herrn stattrichter und beisiczer zu den gewondlichen ordentlichen rechtstagen und stunden vor gericht zu erscheinen verkhündt, erfordert und betretten werden, nicht weniger zu verachtung des gerichts muetwilliger weiss aussen bleiben und dann sich zu entschuldigung ihrer ungehorsamb vill unbillicher und muetwilliger ursachen gebrauchen, welches nit allein zu verkhliennerüng des gerichts, sonder auch dardurch ihre gegenteil neben dem unkhosten ihnnen mit fordergelt und in ander weg darüber lauffen und gehen unbillicher weiss in ihrem rechten angehenkht und aufgezogen werden. Damit aber solcher ungehorsamb abgestelt, auch sich füron ainiche partei, so also ordentlichen mit den gerichtlichen erforderungen, verkhündung und zuwissenthuen betreten und angesagt werden, kheiner unwissenheit zu bekhlagen haben, demnach die herrn stattrichter und beisitzer dise ordnung und mass fürgenomen:

Erstlichen nachdem ain jeder burger diser statt Wienn, so für den herrn stattrichter und beisiczer des khais. stattgerichts in recht beclagt und fürgewendt würdt, in crafft seiner burgerlichen freiheit nach altem und löblichen stattgerichtsbrauch zu drei mallen erfordert werden sollen, dass demnach ein jeder burger, so also für denen herrn stattrichter und beisiczer obbeschribner massen zu recht bekhlagt und also ordentlich zum driten mahle erfordert und betretten wierdt, auf solche drite erforderung zuwissenthue und verkhündigung vor der khais. Maj. stattgericht selbst ohne alle waigerung und aufzug erscheinen.

Wann aber zwischen den parteien und teillen der khrieg im rechten verfangen und in partei anrueffen derselben gegenteil aus zuefallenden rechtmessigen beweglichen ursachen für recht erfordert und betretten würdet, dass alsdann ain jede partei, so also mit der forderung betretten wierdt, auf solche anforderung der orten er für gericht erfordert würdt, ohne alle vernere waigerung wie sich gebürt, erscheinen und nicht ausbleiben.

Gleichsfalls auch ein jeder burger, so in den extraordinari sachen zu verher für die herrn stattrichter und beisiczer in des herrn stattrichters behaussung ordentlich erfordert und betretten werden, auf die erste erforderung ohne alle waigerung zu erscheinen schuldig.

Wo aber ain auslender oder inwohner diser statt so nicht burger zu recht oder verher ordentlich erfordert und betretten würdt, das derselbe auf solche erste erforderung ohn alle waigerung vor gericht erscheinen und nicht aussen bleiben solle.

Im fall aber das ain burger, inwohner oder auslender auf solche gerichtliche erforderung vor gericht aus ehehaften rechtmessigen beweglichen ursachen nit erscheinen mechte, das alsdann dieselben solche ihre entschuldigung gestrackhs dem gericht in glaubwierdigem schein fürbrüngen und darüber verer bescheid empfangen und gewarten sollen.

Wo aber ain partei, bürger, inwohner oder auslender so also ordentlich von gericht oder auf anlangen der parteien wie sich gebürt erfordert, betretten und nit erscheinen, sondern sich hierinnen ungehorsam erzaigen und halten wurde, dass alsdann gegen derselben partei, er sei burger, inwohner oder auslender darinen kheinesteils hierinen verschont, nach glegenheit solcher ungehorsam gestrackhs mit spörr und anderer geburlicher straff unablässlich fürgangen und gehandlet solle werden, damit der gehorsam erhalten, auch niemand im recht noch in verher durch seinen gegenteil unbillicher weiss aufgezogen und in vergebene unkhosten und schaden gefüert werde. [Seite: WSO.128]

Nachdeme sich iezt zu mehrmalln begibt, das etliche parteien, so vor dem khais. stattgericht von wegen schulden und anderer ihrer obligenden sachen in recht und ferner bekhlagt werden, von der hochlöblichen regierung ratschlag und bevelch zue güetlicher handlung, damit ihr gegenteil aufziehen, erlangen und ausbrüngen, derhalben ihnnen commissionen von gericht verordnet werden, aber derselben ausgebrachten commissionen nit nachkhomben, solle es demnach füran dermassen gehalten werden, da die parteien vor der hochlöblichen regierung zue güetiger handlung ratschlag und bevelch ausbrüngen, daß die solchen commissionen aufs lengist in monats früst gewisslichen nachkhomen; wo nit sollen die ferner nit stat haben und auf der gegenteil anrueffen die biligkheit gehandlet werden. Und weill auch bei gericht die parteien zu mermallen bei und in etlichen geringschäzigen sachen zu güetiger handlung und weissung gewisen worden und sich einlassen und so alsdann darüber mit erkhanntnus fürgangen worden, solche erkhanntnus zu appelliern und die sachen aufzuziehen understanden, so sollen füron, da die parteien sich in die güete einlassen und mit erkhanntnus fürgangen wierdt, die appellation abgeschniten und den beschehenen erkhanntnusen ein vollziehen zu tuen und nachzukhomben schuldig. Darnach sich also menigkhlich zu richten und vergwissen haben solle.

Juramentum procuratorum.

Ir werdet zu Gott ainen aid schwören, daß ihr die parteien, deren sachen ir zu handlen annemben, mit ganzen treuen dieselben nach eurm besten verstand und hechstem vleiss handlen, hierinnen khein betrug oder unrecht, gefehrlich aufzüg oder dilation gebrauchen, noch die parteien die zu begeren und zu suechen underlassen. Ihr sollt auch mit der partei khein vorgedüng oder pact machen ain teil von der sachen, deren procurator ihr im recht zu haben oder khonftig zu gewarten, und mit dem lohn eur müehe haben nit beschwären, auch haimbligkheit und behelf, so ihr von der partei erlehrnt, zu schaden oder wie sonst des menschen sin erdenkhen mechte, jemands offenbaren, des gerichts und desselben mitverwohnte personen ehren und auch erbarer gueter wort gebrauchen, schimpfliche und lesterliche wort bei straff vermeiden.

Wann ihr euch der sachen, so ihr angenomen zue handlen ohne erhebliche ursachen und erkhantnus des rechtens nit enschlagt und im fall es beschehe des gegenteill handlung bis zu end wartet und mit getreuem vleiss handlet, auch die gerichtsordnung in allen ihren articln clausulen und puncten und obe dieselbe hinfüro gemindert oder gemehrt würdet, haltet und nachkhombt.

Solche hievor geschribene breich und ordnung solle also hinfuron bei dem khais. stattgericht zu Wienn in ordinarii rechten sowoll auch in den mündlichen verhörn aigentlich gehalten, bis von der Römisch khais. Maj. unserm a. g. herrn etc. andere ordnungen geseczt werden. Demnach alle und jede advocaten, procuratores, gwalttrager und parteien so vor disem stattgericht procuriern und handlen erlaubnus haben zu halten und vor gebürlicher straff zu verhüeten wissen. Actum Wienn im 1570 jahr.

Soli Deo honor et gloria.

[II.] ERLÄUTERUNG UND NACHTRAG ZUR ORDNUNG FÜR DIE PARTEIEN VERTRETER IM WIENER STADTGERICHT. NACH 1570.

Wien Nationalbibliothek Hd. 7381 f 15'-17'.

Von der Römisch khais. Maj. unseres a. g. herrn etc. stattrichters und geschwornen beisiczers dises kheis. stattgerichts alhie zue Wien ernstlicher bevelch und mainung ist, nachdem sich ain zeit hero dermassen villerlei unordnung under den procuratorn, nemblichen dass täglichen ainer für den andern mit ihrem schrüft- und mündlichen fürbrüngen gestanden, mit unzimblichem ein- und fürschreien gegen einander geredt, also zum teil gar schrüftlich verhalten haben, dass demnach zu hinstellung solcher eingewachsenen müssbreich und unordnung hiefüron sie die procuratores hernachbemelter massen sollen stehen, sich solcher ordnung in ordinarii rechten sowoll und fürnemblich auch in dennen mündlichen verhörn gegen und wider einander gebrauchen, verfahren, schriftlich einlegen und reden, als nemblichen soll der erste procurator in seiner stund anfahen aller seiner parteien sachen, in dennen er clager und antwordter ist, sich anmelden, den numerum der erforderung, welche ordnüng sonderlich zu der parteien nucz steif zu erhalten fürgenomben worden, vleissig observiern und zu verhüettung langwürigen nachsuechen in dem forderbuech anzaigen, darüber und aüfs khürzest die zur sachen taugliche haubtpuncten sambt benennung seiner principal tauf- und zuenahmen fein austruckhentlich mit aigentlicher erzehlung der haubtclag dem gericht referiern, alle unnotwendige exceptiones undæ cavillationes auch der vorgeblicher eifersachen vilfeltiger zeit anzaigen, genzlichen vermeiden. Welcher aber hierüber aus nachlessigkheit den numerum oder summa gelts, destwegen er zu khlagen bevelch hat, nit waiss gründlich abzulehnen, derselbe soll nit gehört, sondern die forderung für unordentlich gehalten werden. Da sich aber begäbe und zuetrüege, dass diejhenigen procuratores vor meng der eltern auf ain rechtstag nit mügen zu handlen fürkhomben noch ihre schrüften einlegen und anderer ihrer parteien notturften handlen und fürbrüngen, demnach solle mit demselben hinfüron solcher weiss dise notwendige ordnüng gehalten werden, wann der ölteste und erste procurator in seinen stand anfecht zu handlen und nachdem ihme die andern, wie dann die ordnung ausweist und jhe zu zeiten ehe dann sie alle eingelegt und die gebührlichen notturft fürbracht, abgeschafft wierdt, so soll allweg der procurator, an welchem recht besessen der verher gehalten (wie derselbe anderst in seinem stand zeitlich erscheint) mit schrüften einlegen und ander notturft anfahen, also nach ordnung verfahren, bis widerumb auf den ersten. Welcher aber zür zeit vor gericht nit erscheint, der soll ferner alles anrueffen sich enthalten und nit gehört werden. Darneben wierdt allen procuratoribus hiemit ernstlich verboten, dass sich hinfüron kheiner ainiges gwalts oder parteien anmasse, es werde dann derselbe ordentlich bei gericht entweder prothocolliert oder von ihnnen den parteien genuegsamverfertiget und dann desselben glaubwürdiger sachen und auszug in gericht fürbracht. Und wann also ainer in ainer sachen genuegsamen gwalt und bericht empfangen, soll sich dessen ausser sonder erheblichen ursachen und vorwissen des gerichts nit entschlagen und dem gegenteil handlen. Welcher aber disem zuwider sich betretten lassen, soll nach glegenheit gestraft werden.

Dann so solle auch bishero eingewachsene misbrauche, deren sich die procuratores, da einer schon genuegsamen bericht hat, sich vollmechtigen gwalttrager zu sein berüehmbt und demnach der vermainten dilation sich der clag erst de nouo zu erindern und ad proximum zu antwordten ohne ursach nur muetwillig vergebentlich ohne not behelliget, sondern die parteien werden in überschwenkhlichen uncosten gesprengt, als ain neu eingerissener und schedlicher unbrauch genzlich aufgehebt und kheinem procurator mehr gestattet werden, sondern da ain partei für gericht citiert würdt, solle sich derselben khein procurator ausser genuegsames gwalts nit underwinden, noch mit unnotwendigem schreien zu verkhündigen understehen, sonderlichen würd bishero die unerfahrenheit bei etlichen procuratorn, deren sich mit vermischung mündlicher verhörsachen in des ordinarii rechten, dann auch daselbsten anhengige sachen in den mündlichen verhern fürzubrüngen brauchen täglich gespört, durch welches dann die iudicia erst confundiert werden und allerlai unordnungen entstehen wellen, dann derhalben herr stattrichter und beisiczer sie die procuratores hiemit züm letsten gewarnet haben, dass sie solcher confusionen bei ernstlicher straaf abstehen und der althergebrachten gerichtsordnung und khais. ausgangnen generalmandaten sich gemäss verhalten. Welcher aber solchen zuwider handlet, gegen dem soll mit gebürlicher straaf nach glegenheit fürgangen werden.

Dise ieczt verlesene ordnung hat man der zeite khurze halber dennen procuratorn wellen anzaigen, der entlichen mainung, das dieselbige forthin bei disem khais. stattgericht in ordinari rechten sowoll auch in mündlichen verhern also steif und aigentlich gehalten, so lang bis von der Römisch khais. Maj. unserem a. g. herrn etc. oder deroselben loblichen N Ö. regierung anderer mehrer weitleuffiger ordnung darumben man albereit angehalten, statuiert werden. Darnach sich alle und jede advocaten und procuratores, gwalttrager, so vor disem gerieht handlen wollen, auch zu handlen erlaubnus haben zu richten und allerlai unordnung zu enthalten und vor gebürlicher straaf mit der hierinen kheines wer der sei, so disem zuwider handlet, verschont werden solle, zu verhüeten wissen.

Und sollen die procuratores aniezo alsobald, wie sie nach ordnung benennt werden, sich stellen.

Fußnoten
1.
Vgl. Otto von Gierke, Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien 3. Aufl. 80f. ; Kern, Gottesgnadentum und Widerstandsrecht, 259f., 267 f.
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2.
Gierke und Kern, a.a.O. , Kurt Wolzendorff, Staatsrecht und Naturrecht in der Lehre vom Widerstandsrecht des Volkes (Gierkes Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, 126), 14 f.
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3.
So zuletzt Max Vancsa, Geschichte Nieder- und Oberösterreichs, 2, 653 .
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4.
Viktor von Kraus, Zur Geschichte Österreichs unter Ferdinand I., 1519-1522, 104f.
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5.
Vancsa, a.a.O., 644 .
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6. ↑ (Zurück)
7. ↑ (Zurück)
8.
Tomaschek, 2, Nr. 179, S. 130f. Die Anfrage kann nicht die Handwerksordnungen betroffen haben, sondern nur die Verfassung der Stadt, oder der Markgraf muß eine Abschrift des Stadtbuches gefordert haben. Über die Handwerksordnungen ist in der Antwort Cuspinians nichts gesagt, wohl aber wird ein gedrängtes Bild der Stadtverfassung gegeben.
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9.
Festschrift des akademischen Vereines deutscher Historiker, Wien 1914, S. 81 f., 85 f.
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10.
A.a.O., 86.
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11. ↑ (Zurück)
12. ↑ (Zurück)
13. ↑ (Zurück)
14. ↑ (Zurück)
15. ↑ (Zurück)
16. ↑ (Zurück)
17.
Georg Ludwig von Maurer, Geschichte der Städteverfassung in Deutschland, 4, 256 .
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18.
Ferdinand erklärt, daß er die Ordnung verfaßt habe: mit unsern getreuen räthen. Tomaschek, 2, 132 .
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19.
Vgl. des Verf. Anfänge der Stadt Wien, 133 .
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20.
Tomaschek, 1, S. 146 .
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21.
Tomaschek, 2, S. 123 .
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22.
Ohne Jahr, Anton Mayer, Wiens Buchdruckergeschichte, 1, Nr. 106 u. Nr. 1332 von 1650.
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23.
Tomaschek, 2, 132 u. 159 .
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24.
Geschichte der Stadt Wien, herausgegeben vom Altertumsvereine zu Wien, 5, 100 f. , hier nach einem Sonderdrucke angeführt.
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25.
Vgl. des Verf. Aufsatz, Zur Wiener Stadtverfassung im 15. Jahrhundert, Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich, 13 und 14, 288 f.
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26.
Kraus, 18 , Vancsa, 623 .
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27. ↑ (Zurück)
28.
Des Verf. Anfänge der Stadt Wien, 109 ; Karl Wahle, Die Wiener Genannten als Urkundspersonen, Mitteilungen des Instituts für österr. Geschichtsforschung, 34, 636 f. Den Wiener Genannten stehen nahe die zwölf Geschwornen in Kaiserswerth, die nach einer Verfügung Kaiser Heinrich VI. eingesetzt sind, ut quidquid eis presentibus vel duobus ex eis super vendicione vel emptione bonorum aliquorum aut pecunie accredicione aut alterius rei factum fuerit bezeugen sollen. So in der Urkunde Friedrich II. von 1219, August 7. Emil Ottenthal, Sieben unveröffentlichte Königsurkunden, Mitt. des öster. Inst., 39, 364 ; ebenso in der Bestätigung König Heinrichs (VII.), 1231, Jänner 18, a.a.O., 365. Darnach wird die fränkische Herkunft dieser Einrichtung wahrscheinlich.
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29.
Jahrbuch für Landeskunde, 13 u. 14, 283, 285 . Warum Vancsa in Geschichte Ober- und Niederösterreichs, 2, 393, n. 1 gegen die Ausführungen des Verf. Einspruch erhebt, ist ihm nicht erklärlich. Er hat dort weder behauptet, daß der Vorgang harmlos, noch für die folgenden Ereignisse belanglos gewesen sei, sondern nur, daß es dem Rechte nicht widersprach, wenn die Genannten wählten, und hat vermutet, daß das Dazwischentreten des Kaisers, vielleicht seine persönliche Einflußnahme den Anstoß erregten. Kaum aber die Auflösung des Rates und die dann notwendig gewordene Wahl zu ungewöhnlicher Zeit. So hat Karl V., 1520, September 10, die Neuwahl des Stadtrates für den 24. September angeordnet, Kraus, a.a.O., 61, n. 2. Tomaschek, 2, 128, Nr. 177 .
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30.
Schalk, Jahrb. f. Landesk. 13. u. 14, 302, n. 1.
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31.
Tomaschek, 2, 128, Nr. 177 .
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32.
A.a.O., 129, Nr. 178.
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33.
Ob in demselben jar aine oder mer personen aus dem stat- oder aussern rat mit tod abgangen, oder krankheit oder ander trefflich ursach oder verwuerkung halben nit mer in dem stat- oder aussern rat zu halten waren oder sein mochten, dann soll gewählt werden. Tomaschek, a.a.O. 139 .
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34.
Georg Ludwig von Maurer, Geschichte der Stadtverfassung in Deutschland, 4, 142.
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35.
A.a.O., 145.
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36.
A.a.O., 162.
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37.
A.a.O., 173.
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38.
Johann Jakob Moser, Reichsstädtisches Handbuch, 2, 204.
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39.
A.a.O., 238.
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40.
A.a.O., 256 ; Hugo Preuß, die Entwicklung des deutschen Städtewesens 1, 149.
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41.
Die spätere städtische Verfassungsentwicklung ist, wie die neuzeitliche des Reiches, noch wenig Gegenstand der Untersuchung gewesen.
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42.
Fajkmajer, 9.
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43.
Tomaschek, 2, 151 .
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44.
Maurer, a.a.O., 256.
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45.
Maurer, a.a.O., 145.
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46.
Maurer, a.a.O., 189 f.
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47.
Jahrbuch für Landeskunde, 13 u. 14, 297.
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48.
Tomaschek, 2, 140 .
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49.
Im einzelnen, vgl. Fajkmajer, 19 f.
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50.
Tomaschek, 2, 143 .
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51.
Fajkmajer, 10.
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52.
Theodor Mayer, Der auswärtige Handel des Herzogstums Österreich im Mittelalter, 149 f. [Der Fußnotenbezeichner fehlt im Druck. H.S.]
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53.
Vgl. S. 6.
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54.
Tomaschek, 1, Nr. 62, S. 149 f.
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55.
Die bei Tomaschek, 2, Nr.185, S. 169 abgedruckte Grundbuchsordnung von 1566 kann in dieser Form mit Fragen und Antworten. unmöglich eine amtliche Verlautbarung darstellen, sondern ist sicherlich eine nicht amtliche Arbeit zum Unterrichte für die Grundbuchsführer, bezieht sich auch gar nicht im besonderen auf die städtischen Grundbücher.
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56.
Tomaschek, 2, S. 152 .
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57.
Voltelini, Anfänge der Stadt Wien, 66.
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58.
Tomaschek, 2, S. 153 .
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59.
Reformation der kajserlichen Stat Nurmberg. Nürnberg 1503, 12, 2, f. 45.
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60.
So schon der deutsche Spiegel, Ld. a 50 und ihm folgend der Schwabenspiegel Laßberg, Ld. 55 mit den Altersgrenzen des kanonischen Rechtes von 14 und 12 Jahren und dem Satz: malitia supplet aetatem. Anders andere Rechte, wie das französische.
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61.
Christian Meyer, Das Stadtbuch von Augsburg, S. 154, a 76, § 8, Zusatz IV , wobei die Berufung auf Schwabenspiegel, Ld. 15, Laßberg , falsch ist.
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62.
Tomaschek, 2, 152 .
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63.
Die Ehefrau hat nach Wiener Recht Anspruch auf die Errungenschaft, Heinrich Maria Schuster, Das Wiener Stadtrechts- oder Weichbildrecht, a 85, S. 86 .
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64.
Heinrich Ritter von Srbik, Die Beziehungen von Staat und Kirche in Österreich während des Mittelalters, 167 f.
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65.
Über ältere Formen, Srbik, a.a.O., 188 ; Wilhelm Lederer, Verfügungen auf den Todesfall nach dem mittelalterlichen Wiener Stadtrecht, Monatsblatt des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich, 6, 311f.
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66.
Tomaschek, 2, 155 .
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67.
So nach dem Stadtrecht von 1340, Tomaschek, 1, S. 111, a 51 .
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68.
Tomaschek, 2, Nr. 176, S. 125 .
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69.
Gemeint ist wohl a 51, Tomaschek, 1, 111 .
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70.
Tomaschek, 2, Nr. 195, S. 204 f. Frühere Verordnungen, wie die des Kaisers Ferdinand II. von 1623, Juli 18, über das Einstandsrecht der Bürger in bürgerlichen Häusern, dann das Burgfrieden-Privilegium Kaiser Leopold I. von 1698, Juli 15 (Tomaschek, 2, Nr. 190 u. 194 , S. 195 f. u. 199 f,), sind auf Veranlassung der Wiener erlassen worden.
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71.
Darauf hat der Verf. schon in der Festschrift des Historikervereines, 82, n 15 verwiesen. Ebenso hat die Tatsache schon Fajkmajer, 12 , berichtet, ohne ihr aber weiter Gewicht beizulegen.
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72.
Tomaschek, 2, S. 133 .
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73.
A.a.O. S. 157 .
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74.
Es ist weder im Archiv der Stadt Wien, noch im Landesgericht in Strafsachen, noch im Niederösterreichischen Regierungsarchiv, noch im Landesarchiv aufzufinden. Die Handschrift der Nationalbibliolhek, 7831, trägt die Überschrift: Römisch khays. May. Stattgerichtsordnung zu Unrecht, siehe unten.
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75.
Tomaschek, 1, Nr. 11 ; Böhmer-Ficker, Regesta imperii V, 1, 3620 .
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76.
Kraus, Zur Geschichte Osterreichs, 90.
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77.
Tomaschek, 2, 139 .
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78.
So in der Advokatenordnung von 1570 ; siehe unten.
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79.
Tomaschek, 2, 157 .
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80.
Oswald Redlich, die Regesten König Rudolf I., 974, a 4 und 975, a 58 .
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81.
Kraus, a.a.O., 54.
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82.
Nicht aber Albrecht VI. in seinem Vorgehen gegen Wolfgang Holzer, bei dem nur der Stadtrat verstärkt wird, Jahrbuch f. Landesk., 13 u. 14, S. 289 .
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83.
Festschrift des akad. Vereines deutscher Historiker, 82.
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84.
Tomaschek, 2, 189, Nr. 186 ; Fajkmajer 5, 8 .
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85.
Die zweite freilich nur in sehr beschränktem Maße.
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86.
S. den Abdruck in der Beilage: Römisch khais. Maj. stattrichters zu Wienn und N. der geschwornen herrn beiseczer ... ordnungen, wie und was gestalt sich hinfüro die gerichtsprocuratores verhalten sollen.
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87.
Er nennt sich selber auf f. 1: Hanns Jakob bin ich gedaufft / Stetlinger bin ich genant / mein lerung stehet in gottes hant / Im 1688 Jahrs. Die Schrift der Handschrift entspricht dem angegebenen Jahre.
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88.
Gütige Mitteilung meines verehrten Freundes, des Herrn Hofrates Dr. Artur Goldmann, Universitätsarchivars, dem ich für die Auskunft besten Dank abstatte.
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