Thomas Fellner, Die österreichische Zentralverwaltung I. Abteilung 2. Band: Aktenstücke 1491-1681 (1907) Seiten 91-96.

Thomas Fellner, Die österreichische Zentralverwaltung I. Abteilung 2. Band: Aktenstücke 1491-1681 (1907) Seiten 91-96.

Inhaltsverzeichnis

Hofkanzleiordnung des Erzherzogs Ferdinand I. Augsburg 1526 März 6.

Späte Kopie (17. Jahrhundert). Wien, Staatsarchiv, Ms. 1271, fol. 355-359.

Fürstlicher Durchleuchtigkeit canzleiordnung am hof.

Als die secretarien und canzleischreiber der Fürstlichen Durchlaucht etlich beschwerung in schrift fürgebracht, darauf hat sich Fürstl. Durchl. diser ordnung hinfüren mit der canzlei bis auf irer Fürstl. Durchl. verrer wolgefallen zuehalten entschlossen:

[Artikel 1]

[1.] Erstlich sollen all und jed teutsch secretari, canzleischreiber und verwanten herrn Leonharden von Harrach zu Rorau für iren fürgesetzten herrn canzler halten und erkennen, ime in sachen und handlungen Fürstl. Durchl. canzlei betreffend gehorsamb, gewärtig und willig sein und dieselben canzleisachen gehandelt werden wie hernach volgt:

[Artikel 2]

[2.] Nemblich solle dem canzler alweg nach gelegenhait zunegst bei Fürstl. Durchl. herberg ein haus eingeben werden, darin vier stuben, nemblich ain zimer für den canzler, ain stübel für den Rabenhaubt, ain stübl für den Fernberger und ain stuben für die canzlei, darin Wisinger die registratores der lateinisch secretari und di ingrossisten all beieinander sein sollen.

[Artikel 3]

[3.] Ob es sich aber begäb, das der canzler und die canzlei nit in einem haus sein mechten, soll dem canzler ein besonder herberg [Seite: 92] und der canzlei zunechst dabei ain haus, das auf das drei stuben hat, eingegebn werden. Wo aber Fürstl. Durchl. in irn burgen oder geschlössern wohnet, darin man die canzlei halten mag, so bedarf man kain sonder haus zu der canzlei bestellen, sonder in denselben canzleien die hendl expediern; und sover es gesein mag, soll man darinen den zwain secretari wie obstehet ir sonder zimer geben; wo es aber nicht gesein mecht, so sollen fenster verschlagen werden, darin die secretari sein mögen; wo aber die gelegenhait nit statt haben möcht, das die obgemelten zwen secretari ir jeder sein zimer haben möcht, so solln si geduld tragen in der canzlei zu sein, wie dan der canzler nach gestalt der sach ordnung gibt, doch so solle die canzlei in ainem haus sein und in allweg die camerhendl, nachdem Fürstl. Durchl. daran vil gelegen, bedacht werden.

[Artikel 4]

[4.] Aber somerszeiten, sonderlich wo nit sovil stuben vorhanden, mugen die genannten secretarien anstat der stubn sonst in lustig, liecht und verspert gemach gelosiert werden.

[Artikel 5]

[5.] Zum andern sol gemelter Rabenhaubt als secretari all sachen der n. ö. lande, darzue all camerhändl aller erblande und ander in handen haben handlen und fertigen; dergestalt nemblich was solch n. ö. ausserhalb parteiensachen, die iusticiam betreffent oder camerhendl sein, soll gedachter Rabenhaubt zuhandn nemen, in rath tragen und dieselben wie sich gebüert beratschlagen lassen und ordenlich expediern.

[Artikel 6]

[6.] So sollen ime Hanns Hoffman, der ime helfe copiern und noch zwen ingrossisten, benanntlich Pantheleon Vogt und Felix Mändl, zuegeordnet werden. Bei demselben Vogt oder welcher ime gefelt der teuglich ist, soll Rabenhaubt daran sein, das er bei allen den hendlen, so ime dem Rabenhaubt zuverfertigen zuestehen, ein gedechtnuspuech halte und in dasselb die rathschleg, auch die gnötigen mündlichn abschied oder antworten, so aus der canzlei gegeben und darauf brief nit verfertigt werden, ordenlich von tag zu tag einschreib; item all suplication, missiven und dergleichn ander schriften, auch die gefertigten oder ingrossirten copeien, ordenlich aufheb, damit, wan man deren notturftig, das dieselben leicht und bald zu finden sein; zu welchem puchhalten er drei puecher habe, eins zu den camersachen, das ander zu den n. ö. handlen, die nit iusticiam betreffent und parteisachen sein, das dritt zu den iusticia oder parteihendln, die der Wisinger im parteihofrath tragen und beratschlagen lassen, wie hernach vernomen wirdet. Und zusambt solchem puech halten solle Panthaleon Vogt auch neben dem Felix Mändl ingrossiern verhelfen, dan Felix soll die brief copeien und [Seite 93] schriften, die im fürgelegt werden, ingrossiern und sich sonst in all ander weg als ein ingrossist brauchen lassen; und die obgenannten Hoffman Vogt und Mändl alles anders guetwillig und ohn widerred thun, so inen gedachter Rabenhaubt der canzlei halben nach gelegenhait auflegen und bevelhen wirdet und nemblich ir aufsehen auf in als iren fürgesetzten secretari haben und sich in handlungen nach ime allain richten.

[Artikel 7]

[7.] Johann Fernberger secretari soll all und jed sachen des reichs, der oberosterreichischen und vordern lande auch des fürstenthumbs Württemberg und was denselben landen und regierung angehorig und zuegewohnt, sambt der punds- und aidgenossen handlungen, doch ausserhalb sachen, camerguet betreffend, und was denselben anhengig, handln, in rath tragn und nachmalen, aller dermassen und gestalt dem Rabenhaubt, wie obstehet, die seinigen zu expediern aufgelegt ist, fertigen und solcher des Fernbergers fertigung sol ime zuegeordnet werden ..., der ime helf copiern und ime noch darzue zwen ingrossisten, als nemblich den Niclas Schmidtperger und den Hämerl und welcher ime darzue gefelt, bei demselben soll Fernberger daran sein, das er von allen obbenennten handln, so ime dem Fernberger zu verfertigen zuestehen, drei gedechtnuspuecher halt und die ratschleg auch genötiger mündlich abschied oder antworten, so den parteien gegeben und darauf brief nit gefertigt werden, ordenlich von tag zu tag einschreib; item all supplication, missiven und dergleichen ander schriften, auch die verfertigten oder ingrossirten copeien ordenlich halt und aufheb, damit wan man der nottürftig das dieselben leicht und bald zu finden sein; zu welchem puechhalten er auch drei puecher haben soll, eines zu den reichssachen, das ander zu oberosterreichischen und vordern lande und was den anhengig und zuegethan, und das dritt zu den württembergischen und pundssachen; und zusambt solchem puechhalten soll derselb neben dem andern ingrossiern verhelfen und auch die brief, copeien und die schriften die ime fürgelegt werden, ingrossiern und sich sonst in all ander weg als ein ingrossist gebrauchn lassen, und die obgemeltn ... auch Schmidtperger und Hämerl alles anders guetwillig und ohn widerred thun, so ihnen gedachter Fernberger, sovil die canzlei betrifft, nach gelegenhait auflegen und bevelchen wirdet, und nemblich ir aufsehen auf in als irn furgesetztem secretari haben und sich in handlungen nach ime allain richten.

[Artikel 8]

[8.] Weiter als oft die notturft erfordert, das vil zu schreiben ist oder sachn fürfalln, die ohn verzug zu fertigen sein, solln die, [Seite 94] so den secretarien zuegegeben, inen helfen zu copiern, auch helfen ingrossiern. Andree Wisinger soll all und jed supplication, die iusticiam betreffen, aus allen erblanden, die in den parteihofrath gehörn, handln dergestalt, nemblich dieselben hendl, so si ime durch den herrn canzler oder jemands andern uberantwort werden, in dem parteihofrath fürbringen, nachmals aus dem rath in die canzleistubn für den canzler tragen, das er die ratschlege besehe und ordnung geb, wer die fertigen soll und alsdan die partei und supplicationsachen nach vermög der ratschleg copiern und nachmals dieselben copeien mitsambt der supplication und ratschleg dem herrn canzler oder welche sachen aus den n. ö. landen sein, dem Rabenhaubt, aus den obernosterreichischen und andern landen, deren expedition dem Fernberger zuestehet, demselben Fernberger zu übersehen fürtragen und so dieselben copeien gegen dem ratschlag übersehen oder corrigiert worden sein, alsdan er Wisinger dieselben copeien sambt Bartlmee Strobl, als seinem zugeordenten ingrossisten, ingrossiern.

[Artikel 9]

[9.] Und soll kainer partei kain abschied oder antwort geben werden, der canzler hab die ratschleg dan vor besehen.

[Artikel 10]

Und nachdem an den parteisachen zu zeiten Furstl. Durchl. und den parteien vil gelegen ist, deshalben auch in gueter achtung zu halten von nöten ist, demnach sollen all und jed schriftlich ratschleg, die im parteihofrath beratschlagt, es werden brief darüber verfertigt oder nit, auch die gnötigen mündlichen beschaid, sovil die n. ö. lande berüeren, durch den n. ö. gedechtnuspuechhalter Panthaleon Vogten ordenlich und nach anzaigen des Rabenhaubts eingeschriben. Gleicherweis soll es in des Fernbergers parteiexpedition mit dem gedechtnus puechhalten auch gehandlt werdn.

Was aber für supplication, missiven oder ander schriften, die parteisachen betreffen und bei der eanzlei bleiben, auch die in- so grossierten copeien, die sol Wisinger als insonderhait darzue ver- ordenter secretari, mit vleiss aufheben, in der canzlei behalten, da- mit dieselben nit verlorn oder verlegt, sonder zu jeder zeit auch zu finden sein. Und wiewol hie oben vermelt ist, das Wiesinge' die kopeien, die er und sein mitgehilf ingrossiert haben, selbst aufheben 35 und behalten, so soll er doch allwegen zu ausgang jedes monats dieselben copeien zusambn pinden und den zwein gedenkpuech halten, jedem nach gelegenhait und austhailung der lande seinen gebarenden thail uberantworten, damit ir jeder solch copeien zu den andern in verwahrung und behaltnus zu legen wisse.

[Artikel 11]

Und wiewol den secretarien ingrossisten benennt und zuegethailt sein, sollen si doch, wan es die notturft erfordert oder [Seite: 95] der canzler bevilcht, aneinander helfen, damit nichts verabsäumbt werde.

[Artikel 12]

[12.] Und so nun die obberürtn hendl, si sein partei- oder ander sachen wie die obangezaigtermassen gefertigt und ingrossiert sein, sollen dem canzler — doch ausserhalb der camersachen — dieselben mit seinem als canzlers zaichen in margine zu signiern fürgebracht und nachmals durch die zwen vörderist secretari benenntlich Rabenhaubt und Fernberger dieselben signiertn brief, sovil eines jeden expedition wie obangezaigt, Furstl. Durchl. furter zu unterschreibn auch zuegebracht werdn und nachmals ein jeder aus den zwaien vorderisten secretarien sein expediertn brief mit irem gewöndlichen handzaichn auch verzaichn, sover dan vonnöten, solch brief auch registriern und nachmals mit dem secret oder aber was pergament brief sein mit dem anhangenden insigl dem taxator die ganz an die statt zuverfertigen zuestellen.

[Artikel 13]

[13.] Und in allweg solln die vorgemelten zwen vordristen secretari einen jeden brief mit gueter ubersehung und sondern vleiss mit irem handzaichen in der ordnung wie vorgemelt ist unterschreiben; dan sovil die tax berürter brief, die zu taxiern sein, betrifft, solln dieselben brief all dem taxator zuegestelt und durch ine taxiert werden, inmassen und gestalt solches dem taxator aufgelegt ist.95.1

[Artikel 14]

[14.] Waldenburger sol zusambt der tax die registratur halten und all und jed teutsch und lateinisch pergamenbrief auch die belehenen, so zu zeiten auf papier geschribn werden, darzue die bevelch und missiven camerguet oder ausgaben betreffend und all ander schriften, so jene durch obbenannter zwaier secretari ainen insonderheit bevolhen wirdet, mit vleiss zu registriern.

[Artikel 15]

[15.] Und damit solch copeien, die zu registriern sein, in gueter achtung gehalten und nit verlegt oder verlorn, sondern registriert werden, soll ein jeder ingrossist die copeien, so zu registriern sein, alsbald er die ingrossiert hat oder aber auf das lengst vor verscheinung desselben tags zu der registratur tragen und dem registrator uberantworten, und nachdem genannter Waldenburger die registratur nebn dem taxatoramt allain nit versehen mag, ist ime Sieglsmoser als der ander registrator zuegeordnet, der ime obangezaigtermassen zu registriern verhelfen, auch der tax gegenhandler sein soll. [Seite: 96] [Seite 96]

[Artikel 16]

[16.] Ferrer, wo die registratores nicht zu registriern haben oder als oft die notturft erfordert, solln si helfen ingrossiern.

[Artikel 17]

[17.] Es soll auch aus den zwaien registratoresen kainer ainichen brief, der mit dem zaichen "registrata" verfertigt werden soll, nit unterschreiben, er hab dan zuvor die copi, davon derselb brief ingrossiert worden ist, von dem ingrossisten empfangen.

[Artikel 18]

[18.] Und Johannes May soll die lateinischn brief, so ime der canzler zu copiern und fertigen bevelhen wirdet oder sonst in räthen beschlossen und erkant werden, auf der obgenannten zwaier secretari anzaigen auch fertigen und als weit er geraichen mag, selbst dieselben ingrossiern, darzue in die brief die Furstl. Durchl. zu verzaichnen furbracht solln werden, ein kurz lateinische relation inhalt oder vermügen derselben brief machen, wie er den bisher auch gethan hat.

[Artikel 19]

[19.] Und was einem jeden, wie vorangezaigt ist, zu machn und zuschreibn bevolhen wirdet, das soll er für sich selbst ausrichten und kainer dem andern in seine sachen sehen und sonderlich das den parteien oder andern, die der canzlei niht eingeleibt sein, nicht gestatt werde, selbst in den briefen oder schriften zu suechen oder ichtes darinen lesen ausserhalb des vorderisten secretari, dem dieselb sach in sein expedition gehört, zugeben und erlaubnus.

[Artikel 20]

[20.] Es solln auch die registratores und alle canzleischreiber zu der zeit und sonst, wie der canzler inen aufsegen und darin ordnung gebn wird, zu dem dienst in die canzlei komen und der schreiberei auswarten.

[Artikel 21]

[21.] Nachdem auch der canzler nit allweg in der canzlei sein mag, so sollen die secretari auf die ingrossisten und canzleischreiber ir vleissig aufsehen haben, damit die sachen gefertigt und die canzlei stätigelich in gueter ordnung gehalten werde.

[Artikel 22]

[22.] So sein hier inen die camersachn dermassen ausgeschlossen, das dieselben sachen gehandlt und gefertigt werden solln nach inhalt einer besondern ordnung, so Fürstl. Durchl. deshalben verordent und noch verordnen wird.

[Schluss]

Datum Augspurg am sechsten tag martii anno etc. im sechsundzwainzigisten.
Ferdinand.

Fußnoten
95.1.
Die erst im Jahre 1545 erlassene Taxordnung für die Hofkanzlei folgt als Beidruck S. 97.
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